Oberlandesgericht Rostock Urteil, 14. März 2017 - 4 U 155/12
Gericht
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 29.11.2012, Az. 4 O 270/12, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 94.778,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2007 zu zahlen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.935,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.05.2012 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin fordert als Auftragnehmerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Vergütung für infolge verkürzter Bauzeit nicht erbrachte Leistungen sowie die Erstattung damit im Zusammenhang stehender vorgerichtlicher Anwaltskosten.
- 2
Die Klägerin unterbreitete der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung am 19.07.2004 (Anl. K 1 – AB 1 ff.) ein Angebot - betreffend den grundhaften Ausbau der Bundesautobahn A 19, RF Wittstock – Rostock, km 90,80 – km 104,250 - für Leistungen der Verkehrsführung und Verkehrssicherung in Höhe von insgesamt 1.076.416,75 EUR netto (= 1.248.643,43 EUR brutto), welches entsprechend der Ausschreibung unter der Position 00.03.0024 die Leistung „Stahlgleitwand von 14.800,00 m für 588 Tage vorhalten“ zu einem Einheitspreis von 1.184,00 EUR/Tag netto und dementsprechend zu einem Gesamtbetrag von 696.192,00 EUR netto (K 2 - AB 58ff, 68) beinhaltete.
- 3
In der Ausschreibung (B 1 - GA I 45) heißt es u.a.: „Frist der Ausführung: September 2004 - April 2006. Vorbehaltlich der Zuschlagserteilung des Bauhauptloses“.
- 4
Die am 02.09.2004 endende Binde- und Zuschlagsfrist wurde auf Bitten der Beklagten mit Zustimmung der Klägerin insgesamt fünfmal „aufgrund der verwaltungstechnischen Bearbeitung“ und wegen „Verschiebung des Hauptbauloses“ verlängert. Am 30.03.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag für das verfahrensgegenständliche Teillos über 1.186.211,26 EUR brutto nach Abzug eines Nachlasses in Höhe von 5% (K 14 - AB 96f.).
- 5
Wegen der enormen Verzögerung im Vergabeverfahren hatte die Klägerin bereits im Jahr 2005 und damit vor Erteilung des Zuschlags am 30.03.2006 begonnen, die zur Ausführung vorgesehene Stahlgleitwand von 14,8 km sukzessive auf anderen Baustellen einzusetzen. Bei Zuschlagserteilung sah sich die Klägerin daher gehalten, die benötigte Stahlgleitwand bei einem Nachunternehmer anzumieten. Mit Schreiben vom 13.04.2006 (K 15 - AB 98) zeigte die Klägerin Mehrkosten infolge der verspäteten Zuschlagserteilung an, welche sie mit Nachtragsangebot N 3.1 vom 22.11.2006 auf 648.832,00 EUR netto bezifferte. Dieser Nachtrag ist Gegenstand des Parallelverfahrens 4 U 69/12.
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Entgegen der Beauftragung, nämlich u.a. 14,8 km Stahlgleitwand für 588 Tage vorzuhalten, wurde die mobile Stahlgleitwand auf Weisung der Beklagten nur 333 Tage eingesetzt, da die Beklagte zum einen wegen der erheblichen Verzögerung in den Vergabeverfahren und zum anderen wegen der geforderten Fertigstellung des Autobahnteilstücks vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm die Baumaßnahme erheblich beschleunigte. Wegen der Verkürzung der Leistungszeit beanspruchte die Klägerin mit Nachtragsangebot N 4.1 vom 25.10.2007 auf Grundlage von § 2 Nr. 3 VOB/B Vergütung für den verkürzten Bauzeitraum in Höhe von 251.008,00 EUR netto (K 10 - AB 148).
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Diese Position hat die Klägerin auch in ihrer Schlussrechnung vom 11.10.2007 (K 9 - 125 ff., 131) unter N 4.1 abgerechnet. Ausweislich der Schlusszahlungsmitteilung vom 20.11.2007 (K 18 - AB 107) leistete die Beklagte Schlusszahlung, jedoch unter Streichung der vorgenannten Position.
- 8
Gegen diese und andere Kürzungen der Schlussrechnung machte die Klägerin mit Schreiben vom 19.12.2007 einen Vorbehalt gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B geltend (K 19 - AB 130). Auf Antrag der Klägerin vom 25.03.2008 haben die Parteien sodann zu den vorbehaltenen Schlussrechnungspositionen ein Schlichtungsverfahren gem. § 18 Nr. 2 Ziff. 2 VOB/B durchgeführt, in dessen Ergebnis die Beklagte Ansprüche der Klägerin infolge verkürzter Bauzeit zurückgewiesen hat.
- 9
Die Klägerin verfolgt ihren Vergütungsanspruch im Klagewege auf privatsachverständiger Grundlage der K. ... Baumanagement GmbH (K 27 - AB 231 ff.) in Höhe von nunmehr 94.778,24 EUR weiter. Sie hat mit Hilfe des für die Darlegung und Berechnung des Anspruchs eingeholten Privatgutachtens zunächst eine kalkulatorische Aufschlüsselung der Vertragspreise vorgenommen, da sie ihre Vertragspreise bei Angebotsabgabe aus Erfahrungswerten gebildet hatte. Die Klägerin beansprucht hierbei als Vergütung infolge vorzeitiger Vertragsbeendigung (lediglich) den sich aus dem Abschluss des Nachunternehmervertrages ergebenden Vergabegewinn, die Allgemeinen Geschäftskosten und den auf den nicht ausgeführten Leistungsteil im Verhältnis zur Beklagten kalkulierten Gewinn und berechnet ihren Vergütungsanspruch auf der Grundlage der mit dem Nachunternehmer ursprünglich vereinbarten Vergütung für die Vorhaltung der Stahlgleitwand in Höhe von 0,05 EUR je Meter und Tag und der eigenen Vorhaltekosten aus der Angebotskalkulation in Höhe von 1.029,57 EUR (s. Anlage zu K 27), mithin in Höhe von 0,0696 EUR je Meter und Tag (1.029,57 EUR / 14.800 m = 0,0696 EUR) wie folgt:
- 10
Vergabegewinn:
- 11
0,0696 EUR je Meter und Tag - 0,05 EUR je Meter und Tag = 0,0196 EUR je Meter und Tag
- 12
Entgangener Vergabegewinn:
- 13
0,0196 EUR je Meter und Tag x 14.876,10 m (tatsächliche Länge der Stahlgleitwand) x 255 (gekündigte) Tage
= 74.350,75 EUR
- 14
Allgemeine Geschäftskosten:
- 15
Nach der Angebotskalkulation entfällt auf die Position 00.03.0024 bei einem kalkulierten Deckungsbeitrag in Höhe von 8 % auf die Allgemeinen Geschäftskosten ein Betrag von 82,37 EUR für 14,8 km, woraus sich Allgemeine Geschäftskosten in Höhe von 0,0056 EUR je Meter und Tag und hieraus - bezogen auf die tatsächliche Länge der Stahlgleitwand von 14.876,10 m und 255 (gekündigten) Tagen - 21.243,07 EUR ergeben.
- 16
Gewinn:
- 17
Nach der Angebotskalkulation besteht für den Gewinn ein Vergütungsanspruch in Höhe von 16,24 EUR für 14,8 km Stahlgleitwand, woraus sich ein Gewinn von 0,0011 EUR je Meter und Tag ergibt und hieraus - bezogen auf 14.876,10 m Stahlgleitwand und 255 Tagen - 4.172,75 EUR Gewinn ergibt.
- 18
Aus den o.g. Einzelpositionen beziffert die Klägerin ihren Anspruch unter Berücksichtigung eines Nachlasses von 5 % (99.766,57 EUR - 4.988,33 EUR) auf insgesamt 94.778,24 EUR.
- 19
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B bestehe nicht, da die Anordnung der Beklagten zur verkürzten Bauzeit keine Änderungsanordnung im Sinne dieser Vorschrift sei. Auch ein Anspruch aus § 8 Nr. 3 VOB/B komme nicht in Betracht, da bereits eine schriftliche Kündigungserklärung nicht vorliege und im Übrigen eine Teilkündigung nicht möglich sei.
- 20
Die Klägerin hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. In ihrer rechtzeitigen Berufungsbegründung hat sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
- 21
Die Klägerin beantragt,
- 22
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Schwerin, verkündet am 29.11.2012, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 94.778,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2007 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.935,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 23
Die Beklagte beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Sie ist der Auffassung, wegen des Einheitspreisvertrages sei allein die tatsächlich ausgeführte Leistung maßgeblich. Die Klage auf Basis einer einzelnen Position aus der Schlussrechnung sei unzulässig. Im Übrigen würden sich der im Parallelverfahren verfolgte Anspruch wegen der verzögerten Vergabe und der hier verfolgte Anspruch wegen der vorzeitigen Rücknahme der eingesetzten Stahlgleitwand ausschließen. Ferner habe die Klägerin ihren Anspruch nicht prüfbar abgerechnet. Insbesondere stimme die nachträglich erstellte Angebotskalkulation nicht mit dem Angebotspreis überein. Nicht sämtliche Positionen des Leistungsverzeichnisses seien nachgerechnet worden. Ferner könne die fehlende Urkalkulation nicht durch eine nachträglich gefertigte Kalkulation ersetzt werden. Des Weiteren müsse sich die Klägerin ersparte Aufwendungen und anderweitige Erwerbsmöglichkeiten, auch solche ihres Nachunternehmers anrechnen lassen.
II.
- 26
Die zulässige Berufung ist begründet.
- 27
1. Der Klägerin steht aufgrund der erheblich verkürzten Bau- bzw. Vorhaltezeit ein Anspruch aus § 8 Nr. 1 VOB/B zu.
- 28
Die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, die ca. 14,8 km lange Stahlgleitwand bereits nach einer Standzeit von 333 Tagen (statt nach vereinbarten 588 Tagen) abzubauen, ist nach verständiger Auslegung als eine den Anspruch nach § 8 Nr. 1 VOB/B begründende freie Kündigung anzusehen. Die Beklagte hat aufgrund der Notwendigkeit zur vorzeitigen Fertigstellung der Baumaßnahme von ihrem freien Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. Angesichts der erheblichen Beschleunigung der Baumaßnahme wegen der enormen Verzögerung beim Baubeginn einerseits und der notwendigen Fertigstellung des Autobahnteilstücks vor dem G 8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 andererseits hatte die Kündigung ihre Ursache allein im Risiko- und Verantwortungsbereich der Beklagten.
- 29
Die als Kündigung auszulegende Aufforderung zum Abbau der Stahlgleitwand entsprach zwar nicht dem Schriftformerfordernis nach § 8 Nr. 5 VOB/B. Indes ist allgemein anerkannt, dass bei einem VOB-Vertrag die Kündigungsregelungen in §§ 8, 9 VOB/B jedenfalls auch dann Geltung erlangen sollen, wenn von einer einverständlichen Vertragsaufhebung auszugehen ist und die Parteien sich nicht über deren Folgen ausdrücklich verständigt haben (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen, VOB, 19. Aufl., § 8 Abs. 5, Rdn. 8).
- 30
Aufgrund des nach Aufforderung durch die Beklagte erfolgten Abbaus der Stahlgleitwand und der weiteren Baustellenberäumung sowie der Fertigstellung der Baumaßnahme ist hier die Annahme einer einvernehmlichen (konkludenten) Vertragsaufhebung berechtigt. Vorliegend haben sich die Parteien über die Folgen dieser einvernehmlichen Vertragsaufhebung ausdrücklich nicht verständigt. Daher ist nach dem ebenfalls konkludent zu ermittelnden Willen in aller Regel davon auszugehen, dass die sich aus §§ 8, 9 VOB/B ergebenden Kündigungsfolgen greifen, mithin vorliegend der Klägerin neben dem Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen auch ein Vergütungsanspruch für die infolge der Kündigung/einvernehmlichen Vertragsaufhebung nicht erbrachten Leistungen, verringert um die Beträge, die die Klägerin erstens infolge der Vertragsaufhebung an Kosten erspart und/oder zweitens durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft oder ihres Betriebes erworben hat oder drittens böswillig zu erwerben unterlässt, zusteht.
- 31
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag dahin auszulegen, dass die Klägerin die Vorhaltung der Stahlgleitwand entsprechend der Position 00.03.0024 in einem Umfang von 14.800 m für mindestens 588 Tage schuldete. Eine andere Auslegung des Vertrages ist auch mit Blick auf den hier anzunehmenden typengemischten Vertrag (mietrechtliche Komponente bezüglich der Vorhaltung der Stahlgleitwand) nicht interessengerecht. Bei einer Verkürzung der vertraglich vereinbarten Leistungs(Miet-)zeit wird der Auftragnehmer in seiner berechtigten Vergütungserwartung für den gesamten Zeitraum enttäuscht.
- 32
Aufgrund des überwiegend mietrechtlichen Charakters der streitgegenständlichen Bauleistung ist eine Anpassung nach den Regelungen zur Vergütungsanpassung für Mehr- bzw. Mindermengen beim Einheitspreisvertrag gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B nicht vorzunehmen. Im Übrigen kommt eine Anwendung des § 2 Nr. 3 VOB/B nur in Betracht, wenn sich die Verringerung der Leistung ohne Einwirkung des Auftraggebers wegen der an Ort und Stelle vorgefundenen Verhältnisse ergibt (Keldungs, aaO, § 2 Abs. 3 Rn. 33), was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Denn die Beklagte hat aufgrund einer in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Forcierung der Baumaßnahme die beauftragten Leistungen der Klägerin gekürzt.
- 33
3. Erhebliche Angriffe der Beklagten im Hinblick auf die Berechnung des geltend gemachten Vergütungsanspruchs für die nicht erbrachte weitere Vorhaltung der Stahlgleitwand vermag der Senat nicht zu erkennen.
- 34
Die Klägerin macht aufgrund einer nachträglichen Kalkulation ihres Angebotspreises den Vergabegewinn, den Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten als nicht ersparte Kosten geltend. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihrem Vergütungsanspruch nur solche Vergütungsbestandteile zugrunde legt, die ohnehin nicht erspart werden können und ihr unabhängig von einem anderweitigen Erwerb zustehen, mithin durch anderweitigen Erwerb nicht kompensiert werden können (vgl. zu nicht ersparten Kosten: Joussen/Vygen, aaO, § 8 Abs. 1, Rn. 67 ff.).
- 35
Die Berechnung des Anspruchs auf Grundlage des Privatgutachtens der K. ... Baumanagement GmbH unter erstmaliger Erstellung der Urkalkulation (vgl. zur Notwendigkeit und Zulässigkeit einer nachträglichen Erstellung der Angebotskalkulation: BGH, Urteil vom 07. November 1996 - VII ZR 82/95 -, juris Rn.10) ist in sich schlüssig. Entgegen der Behauptung der Beklagten hat die Klägerin sämtliche Positionen ihres Angebots nachvollziehbar aufgeschlüsselt und schließt in ihrer nachträglich erstellten Kalkulation mit dem Angebotspreis von 1.076.415,75 EUR ab, was sich aus der Anlage der baubetrieblichen Stellungnahme ohne Weiteres ergibt.
- 36
Das im Übrigen allgemeine Bestreiten der Beklagten, die Berechnung sei nicht prüfbar, überzeugt nicht. Substantiierte Angriffe, dass einzelne Positionen bzw. Zuschlagsätze unzutreffend seien, führt sie nicht.
- 37
4. Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Nachunternehmer der Klägerin die 14.876 Meter Stahlgleitwand nach der tatsächlichen Einsatzzeit von nur 333 Tagen nicht weiter eingesetzt bzw. vermietet habe, ist ihr entgegen zu halten, dass die Klägerin keinen Kündigungsschaden aus dem Rechtsverhältnis zu ihrem Nachunternehmer geltend macht.
- 38
5. Der hier verfolgte Vergütungsanspruch wegen des auf Weisung der Beklagten vorzeitig erfolgten Abbaus der Stahlgleitwand besteht unabhängig vom dem im Parallelverfahren verfolgten Entschädigungsanspruch aufgrund der vergabeverfahrensbedingten Behinderungskosten.
- 39
Wer wegen Annahmeverzugs des Bestellers seine Leistungen nicht erbringen kann, sondern Geräte, Arbeitskraft und Kapital vorhält und deshalb auch andere Aufträge nicht generieren bzw. ausführen kann, behält gleichwohl seinen Vergütungsanspruch wegen der beauftragten Leistungen. Werden diese Leistungen später gekündigt, führt dies grundsätzlich nicht zum Wegfall der Vergütung. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 642 BGB tritt neben den Vergütungsanspruch des Unternehmers und ist insbesondere nicht mit diesem zu verrechnen (Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 642 Rn. 27).
- 40
6. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die isolierte klageweise Geltendmachung der mit Schlussrechnungsposition N 4.1 beanspruchten bauzeitverkürzt bedingten Kosten zulässig. Es handelt sich um einen eigenständigen Anspruch mit eigener Grundlage, der unabhängig von der Schlussrechnung im Übrigen und damit unabhängig von der ansonsten beanspruchten Vergütung für erbrachte Leistungen geltend gemacht werden kann.
- 41
7. Wegen der von der Klägerin zu beanspruchenden Entschädigung stehen ihr auch die für deren Durchsetzung angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Mandatierung bereits in Zahlungsverzug.
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8. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB. Mit der in der Schlusszahlungsmitteilung erfolgten Streichung der von der Klägerin beanspruchten Entschädigung von Vorhaltekosten hat die Beklagte die Erfüllung der Forderung ernsthaft und endgültig verweigert.
- 43
9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- 44
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
- 45
10. Im Hinblick auf die im Parallelverfahren zu entscheidende und bislang nicht geklärte Rechtsfrage, ob und ggf. auf welcher Grundlage und in welchem Umfang infolge verzögerter Vergabeverfahren vorvertraglich entstandene Vorhaltekosten des Bestbieters zu erstatten sind, und hinsichtlich der nicht auszuschließenden Abhängigkeit beider Ansprüche war die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.
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Annotations
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.