Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Okt. 2012 - 3 W 125/12
Gericht
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 05.12.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
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Zu Recht hat das Landgericht auf Antrag des Gläubigers mit dem angefochtenen Beschluss gem. § 850 c Abs. 4 ZPO angeordnet, dass die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners unberücksichtigt bleibt.
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Nach jener Vorschrift kann das Vollstreckungsgericht dies nach billigem Ermessen bestimmen, wenn die grundsätzlich unterhaltsberechtigte Person eigene Einkünfte hat. Das ist vorliegend der Fall, denn die Ehefrau des Schuldners verfügt nach den eigenen Angaben des Schuldners über eigenständige Einkünfte in Höhe von insgesamt 978,56 € monatlich (monatliche Altersrente von 518,39 € und monatliche Mieteinnahmen von 460,17 €).
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Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, verbietet sich bei der von Gesetzes wegen nach billigem Ermessen zu treffenden Bestimmung des Vollstreckungsgerichts eine schematisierende Betrachtungsweise (BGH, Beschl. v. 21.12.2004, IXa ZB 142/04, MDR 2005, 774; Beschl. v. 05.04.2005, VII ZB 28/05, MDR 2005, 1013; Beschl. v. 05.11.2009, IX ZB 101/09, FamRZ 2010, 123; insoweit ebenso bereits: LG Rostock, Beschl. v. 19.02.2003, 2 T 43/03, JurBüro 2003, 326). Bei der Ermessensausübung hat das Gericht seine Entscheidung unter Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers und des Schuldners sowie der von ihm unterhaltenen Angehörigen zu treffen. Dabei können jedoch Pfändungsfreibeträge und Unterhaltstabellen Gesichtspunkte für die Ausübung des Ermessens geben. Eine einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsmodellen scheidet allerdings aus, weil sie dem Sinn von § 850 c Abs. 4 ZPO widerspricht (vgl. BGH, a.a.O.). Eine solche nur einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsgrößen liegt jedoch nicht vor, wenn diese lediglich als Basis im Rahmen der nach § 850 c Abs. 4 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung herangezogen werden. Denn das Zwangsvollstreckungsverfahren ist nach dem gesetzgeberischen Willen auch praktikabel zu gestalten. Ermessensfehlerhaft ist es lediglich, dieselbe Berechnungsformel unterschiedslos auf verschiedenartige Fallgestaltungen anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 05.04.2005, a.a.O.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Senat keine Ermessensfehler des Landgerichts bei seiner Entscheidung, die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens unberücksichtigt zu lassen, zu erkennen. Vielmehr entspricht es auch zur Überzeugung des Senats unter Abwägung der beiderseitigen Interessen billigem Ermessen, die Ehefrau des Schuldners, die eigene Einkünfte in Höhe von monatlich insgesamt 978,56 € hat, entsprechend unberücksichtigt zu lassen.
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Dabei kann hier offen bleiben, ob es - zu Lasten der Interessen des Gläubigers - bei einem Unterhaltsberechtigten mit eigenständigem Haushalt regelmäßig billigem Ermessen entsprechen wird, als Orientierungshilfe den Grundfreibetrag des § 850 c Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Grunde zu legen (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.) und hiervon gewisse Abstriche zu machen, soweit der Unterhaltsberechtigte - wie hier - mit dem Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Da der Grundfreibetrag gem. § 850 c Abs. 1 Satz 1 ZPO aktuell 1.028,89 € beträgt und die eigenen Einkünfte der Ehefrau des Schuldners diesen Betrag annähernd erreichen, erscheint es dem Senat schon deshalb gerechtfertigt, die Ehefrau des Schuldners unberücksichtigt zu lassen, anderenfalls die Interessen des Gläubigers über Gebühr beeinträchtigt wären.
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Wenn in solchen Fällen bei der Berechnung des Freibetrages des Unterhaltsberechtigten die nach den sozialrechtlichen Regelungen die Existenzsicherung gewährleistenden Sätze herangezogen werden (vgl. BGH, a.a.O.; Beschl. v. 07.05.2009, IX ZB 211/08, MDR 2009, 1004) führt dies vorliegend - erst recht - zum gleichen Ergebnis. Bei einer Orientierung an den sozialrechtlichen Regelungen ist dabei zwar im Rahmen der Ermessensausübung in Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ein Zuschlag vorzunehmen, da die Pfändungsfreigrenzen dem Schuldner und seinen Unterhaltsberechtigten nicht nur das Existenzminimum sichern wollen, sondern eine deutlich darüber liegende Teilhabe am Arbeitseinkommen erhalten bleiben muss. Insoweit erscheint ein Zuschlag in einer Größenordnung von 30 % bis 50 %, der Rechtsprechung des BGH folgend, regelmäßig gerechtfertigt zu sein (vgl. BGH, a.a.O.). Im Hinblick auf den vom Landgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 20.08.2012 zutreffend dargelegten, seit dem 01.01.2012 geltenden, Regelbedarf gem. §§ 20 SGB II, 28 SGB XII in Höhe von 337,00 € führt auch ein Zuschlag von 50 %, also im obersten Bereich des vom BGH für angemessen erachteten Rahmens, nicht dazu, dass die Gesamteinkünfte der Ehefrau des Schuldners auch nur annähernd erreicht werden. Vielmehr lassen die Einkünfte der Ehefrau des Schuldners Raum für einen Zuschlag in Höhe von annähernd 200 %, ohne dass die Entscheidung gem. § 850 c Abs. 4 ZPO anders auszufallen hätte. Hierdurch erscheinen die besonderen Interessen der Ehefrau des Schuldners, die von der gemeinsam mit dem Schuldner begründeten Kreditverbindlichkeiten in Höhe von noch gut 1.100,00 € monatlich geprägt sind, für die die Ehefrau des Schuldners im Innenverhältnis zu diesem - lediglich - anteilig mithaftet, zur Überzeugung des Senats jedenfalls und allemal und unter Abwägung mit den Interessen des Gläubigers ausreichend gewahrt zu sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.
(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:
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monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, - 2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.
(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.
(5) (weggefallen)
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)