Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 29. Juli 2015 - 3 U 54/14
Gericht
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 08.04.2014, Aktenzeichen 9 O 1295/12 (4), wird als unzulässig verworfen.
Der Nebenintervenient S. F. hat die gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens, die eigenen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin und des Nebenintervenienten O. N. zu tragen. Die Beklagten zu 1. - 3. tragen die eigenen Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.040.060,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Das Landgericht Rostock hat mit Zwischen- und Schlussurteil vom 08.04.2014, auf das zur Darstellung des Sachverhalts und des Entscheidungsinhaltes Bezug genommen wird, u. a. die Nebenintervention des Nebenintervenienten S. F. als unzulässig zurückgewiesen.
- 2
Gegen dieses ihm am 15.04.2014 zugestellte Urteil des Einzelrichters hat der Nebenintervenient am 24.04.2014 eine sofortige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Nebenintervention eingelegt. Dieser hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.05.2014 nicht abgeholfen. Der Senat hat die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten durch Beschluss des Einzelrichters vom 25.03.2015, auf den zur Darstellung des Entscheidungsinhaltes verwiesen wird, zurückgewiesen. Gegen den ihm am 02.04.2015 zugestellten Senatsbeschluss hat der Nebenintervenient am 15.04.2015 eine Anhörungsrüge gem. § 321 a ZPO erhoben, die mit Beschluss des Senats vom 07.07.2015, der ebenfalls zur Darstellung der Gründe in Bezug genommen wird, zurückgewiesen worden ist.
- 3
Am 08.05.2014 haben die Beklagten zu 1., 2. und 3. gegen das ihnen am 14.04.2015 zugestellte Zwischen- und Schlussurteil des Landgerichts Rostock Berufung eingelegt und anschließend - ohne die Berufung zu begründen und ohne Berufungsanträge zu stellen - innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 11.06.2014 die Rücknahme der Berufung erklärt. Der Nebenintervenient S. F. hat gegen das ihm am 15.04.2014 zugestellte Zwischen- und Schlussurteil des Landgerichts Rostock vom 08.04.2014 am 14.05.2014 gleichfalls Berufung eingelegt und diese innerhalb einer verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 16.07.2014 eingegangenen Schriftsatz von diesem Tage begründet.
- 4
Er beantragt,
- 5
das am 08.04.2014 verkündete und am 15.04.2014 zugestellte Zwischen- und Schlussurteil des LG Rostock - Az. 9 O 1295/12(4) aufzuheben und die Klage abzuweisen,
- 6
hilfsweise,
- 7
die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
- 8
Mit Schriftsatz vom 21.08.2014 haben die Beklagten zu 1., 2. und 3. der Fortsetzung des Berufungsverfahrens durch den Nebenintervenienten widersprochen.
- 9
Der Nebenintervenient S. F. hat die Auffassung vertreten, er dürfe die Berufung trotz des entgegenstehenden Willens der Hauptpartei als streitgenössischer Nebenintervenient weiterführen.
- 10
Die Klägerin und der Nebenintervenient O. N. sind der Auffassung, die Berufung sei von den Beklagten zu 1. - 3. wirksam zurückgenommen worden. Nehme die Hauptpartei das Rechtsmittel zurück, so werde ein selbständiges Rechtsmittel des Nebenintervenienten S. F. bei entgegenstehendem Willen der Hauptpartei unzulässig.
- 11
Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 26.03.2015 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, die Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, weil der Nebenintervenient S. F. nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens 3 W 84/14 dem Rechtsstreit nicht wirksam als Nebenintervenient beigetreten und die Berufung damit unzulässig sei. Mit Schriftsatz vom 23.07.2015 vertritt der Nebenintervenient S. F. die Auffassung, die rechtskräftige Zurückweisung der Nebenintervention berühre die Durchführung des vorliegenden Berufungsverfahrens nicht.
II.
- 12
Nach § 522 Abs. 1 ZPO hat der Senat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung zulässig ist. Mangelt es hieran, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wobei die Entscheidung durch Beschluss ergehen kann. So stehen die Dinge hier. Die Prozessführungsbefugnis des Nebenintervenienten S. F. ist bleibend entfallen und die Fortführung der Berufung durch ihn allein damit unzulässig geworden.
- 13
Der Nebenintervenient S. F. hat sich mit Einlegung seiner Berufung am 14.05.2014 der zuvor am 08.05.2014 eingelegten Berufung der Beklagten zu 1. - 3. wirksam angeschlossen. Die Berufung des Nebenintervenienten S. F. ist form- und fristgerecht innerhalb der für die Hauptpartei laufenden Rechtsmittelfrist erfolgt. Der Befugnis des Nebenintervenienten S. F., selbst ein Rechtsmittel einzulegen, stand dabei nicht entgegen, dass das Landgericht seine Nebenintervention zuvor mit Zwischen- und Schlussurteil vom 08.04.2014 zurückgewiesen hatte. Erst mit der rechtskräftigen Zurückweisung der Nebenintervention durch den Beschluss des Senats vom 07.07.2015 in dem Beschwerdeverfahren 3 W 84/14, mit dem die seitens des Nebenintervenienten S. F. erhobene Anhörungsrüge als unzulässig verworfen worden ist, ist dieser gem. § 71 Abs. 3 ZPO am Prozess nicht mehr beteiligt und hat die Befugnis verloren, Prozesshandlungen für die unterstützte Partei oder als streitgenössischer Nebenintervenient vorzunehmen.
- 14
Legen sowohl die Hauptpartei als auch der Streithelfer Rechtsmittel ein, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über welches nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg, Beschl. v. 30.12.1999 - 11 U 153/97 -, zitiert nach Juris). Da die von einem Nebenintervenienten bis zur Zurückweisung seines Beitritts wirksam vorgenommenen Prozesshandlungen auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit behalten (vgl. BGH, Beschluss v. 14.05.2013 - II ZB 1/11 - m.w.N., zitiert nach Juris), wurde das Berufungsverfahren nicht ohne weiteres durch die Erklärung der Rücknahme der Berufungen der Beklagten zu 1. - 3. mit Schriftsatz vom 11.06.2014 (Bl. 62 d. A. Bd. VI) beendet. Der Senat geht gem. §§ 81, 88 Abs. 2 ZPO insoweit zwar davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1. - 3. die Berufungsrücknahme im Rahmen der ihm vom im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer der Beklagten zu 1. - 3. erteilten Prozessvollmacht wirksam erklärt hat. Aus der Einheitlichkeit des eingelegten Rechtsmittels folgt jedoch, dass die Rücknahmeerklärung der Beklagten zu 1. - 3. insoweit lediglich als Rücknahme des eigenen Einlegungsaktes auszulegen ist (vgl. OLG München, Beschluss v. 21.03.2012 - 9 U 5189/10 Bau -, zitiert nach Juris). In der Folge sind die Beklagten zu 1. - 3. auch an der Fortführung des Berufungsverfahrens nicht mehr beteiligt. Diese Erklärungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. - 3. beendeten das Berufungsverfahren jedoch nicht. Wird ein Rechtsmittel nach Erklärung der Berufungsrücknahme durch die Hauptpartei auf der Grundlage eines Einlegungsaktes des Nebenintervenienten von diesem fortgeführt, so ist es nicht im Sinne von § 516 ZPO zurückgenommen (vgl. OLG München, a.a.O.). Dies gilt nicht nur, wenn die Fortführung des Rechtsstreits durch den Nebenintervenienten - wie in dem von dem Oberlandesgericht München entschiedenen Fall - im Einverständnis mit der Hauptpartei erfolgt, die nach Erklärung der Berufungsrücknahme nicht mehr als Berufungsführer auftritt, sondern auch und gerade dann, wenn ein Nebenintervenient unter Reklamierung einer eigenständigen Prozessführungsbefugnis als streitgenössischer Nebenintervenient das Rechtmittel gegen den Willen der Hauptpartei weiterführen will. Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass der Nebenintervenient auch in diesen Fällen bewusst das mit einem etwaigen späteren Unterliegen verbundene Kostenrisiko, welches sich aus dem Erfordernis einer späteren abschließenden und einheitlichen Kostenentscheidung ergibt, auch hinsichtlich der bereits entstandenen Kosten übernimmt, auf denen die weitere Prozessführung notwendig aufbaut. Vorliegend hat der Nebenintervenient S. F. an der Durchführung des Berufungsverfahrens mit der Begründung festgehalten, er sei streitgenössischer Nebenintervenient und deshalb berechtigt, das Berufungsverfahren auch bei entgegenstehendem Willen der Hauptpartei eigenständig fortzuführen. Bei dieser Sachlage sind die Wirkungen des § 516 ZPO durch die Erklärung der Rücknahme der Berufung seitens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. - 3. nicht ausgelöst worden.
- 15
Vielmehr ist die Berufung anschließend allein von dem Nebenintervenienten weitergeführt worden. Auf diesen ist das Kostenrisiko deshalb so übergegangen, als hätte er das Rechtsmittel allein eingelegt und durchgeführt (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1957 - VI ZR 171/56 -,MDR 1958, 419; OLG München, a.a.O.). Dessen Prozessführungsbefugnis ist jedoch nach seinem Ausscheiden aus dem Rechtsstreit infolge der rechtskräftig gewordenen Zurückweisung der Nebenintervention gem. § 71 Abs. 3 ZPO bleibend entfallen. Dementsprechend ist die nur noch durch den Nebenintervenienten S. F. geführte Berufung mit dessen Ausscheiden aus dem Rechtsstreit unzulässig geworden, so dass die Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO - worauf der Senat hingewiesen hat - als unzulässig zu verwerfen war.
- 16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO sowie auf einer analogen Anwendung des § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO. Der Nebenintervenient hat wegen des infolge der alleinigen Fortführung des Berufungsverfahrens auf ihn übergegangenen Kostenrisikos des Berufungsverfahrens die Kosten des Verfahrens 2. Instanz sowie die Kosten des Nebenintervenienten der Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. - 3. zu tragen, weil die unzulässig gewordene Berufung ohne Erfolg geblieben ist. Den Beklagten zu 1. - 3. fallen jedoch die eigenen Kosten des Berufungsverfahrens entsprechend § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Last.
- 17
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.
(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.
(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.
Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.
(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.
(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.