Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 30. März 2022 - 12 U 1520/19

erstmalig veröffentlicht: 13.08.2024, letzte Fassung: 13.08.2024

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Beteiligte Anwälte

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil vom 30. März 2022

Az.: 12 U 1520/19

 

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.04.2019, berichtigt mit Beschluss vom 11.06.2019 (Az. 2 HK O 3068/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 788.933,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.05.2018 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 10.302,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.10.2018 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 9% und der Beklagte 91%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist, soweit die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 860.859,74 € festgesetzt.

 

Gründe

A.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten - den Geschäftsführer ihrer Komplementärin - wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Schädigung der Klägerin durch einen untreuen Mitarbeiter.

1. Die D. Aktiengesellschaft (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg unter HRB 8243) hat insbesondere den Vertrieb von Mineralölprodukten zum Unternehmensgegenstand. Im Jahr 2009 ist diese Gesellschaft als übernehmender Rechtsträger mit weiteren europäischen Gesellschaften verschmolzen und hat zugleich die Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) angenommen. Sie firmiert nunmehr unter B. (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg unter HRB 113611).

Die B. GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB 5461, Anlage K1) wurde 1981 gegründet (Anlage K4). Ihr Stammkapital beträgt 50.000 DM. Geschäftsgegenstand ist der Handel mit Mineralölprodukten sowie die Beteiligung an und die Übernahme von anderen Unternehmen einschließlich der Übernahme der Geschäftsführung, Vertretung und Verwaltung. Gesellschafter der B. GmbH (Anlage K2) waren und sind

- die B. (vormals D. Aktiengesellschaft) mit einem Geschäftsanteil von 25.000 DM (= 50%),

- der Vater des Beklagten B. (geb. 07.08.1941) mit Geschäftsanteilen von zunächst 12.500 DM (= 25%), seit einer teilweisen Geschäftsanteilsabtretung am 18.12.2020 mit einem Geschäftsanteil von noch 500 DM (= 1%) sowie

- der Beklagte (B., geb. 23.05.1966) mit einem Geschäftsanteil von zunächst 12.500 DM (= 25%), seit einer teilweisen Geschäftsanteilsübertragung am 18.12.2020 mit Geschäftsanteilen von 24.500 DM (= 49%).

Die B. GmbH & Co. KG (die Klägerin) wurde - noch unter ihrer vormaligen Firma B. GmbH & Co. Mineralöl Vertriebs KG - 1982 gegründet (Anlage K3) und im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRA 8488 eingetragen (Anlage K1). Persönlich haftende Gesellschafterin dieser Kommanditgesellschaft ist die B. GmbH. Kommanditisten der Gesellschaft sind seit 2006 - die B. (vormals D. Aktiengesellschaft) mit einer Kommanditeinlage von 125.000 DM (= 50%),

- der Vater des Beklagten B. mit einer Kommanditeinlage von zunächst 62.500 DM (= 25%), seit deren Herabsetzung am 05.02.2021 mit einer Kommanditeinlage von noch 2.500 DM (= 1%) sowie

- der Beklagte (B.) mit einer Kommanditeinlage von zunächst 62.500 DM (= 25%), seit deren Erhöhung am 05.02.2021 mit einer Kommanditeinlage von 122.500 DM (= 49%).

2. Geschäftsführer der B. GmbH war zunächst B., der Vater des Beklagten.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 03.04.2008 wurde der Beklagte zum neuen Geschäftsführer der B. GmbH bestellt und zugleich der bisherige Geschäftsführer B. abberufen; dies wurde am 06.08.2008 im Handelsregister eingetragen. Ebenfalls am 03.04.2008 schloss die B. GmbH mit dem Beklagten einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (Anlage K5).

Danach oblag dem Beklagten die Geschäftsführung der B. GmbH wie auch der Klägerin (in der die B. GmbH die Stellung der geschäftsführenden Gesellschafterin innehat).

Die Klägerin verfügt über einen Beirat, dessen Aufgabe es u.a. ist, die Komplementär-GmbH (bzw. deren Geschäftsführer) bei der Geschäftsführung zu beraten und zu überwachen (vgl. Anlage K3, §§ 12, 13).

3. Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen, in dessen Verwaltung (neben dem Beklagten als Geschäftsführer) nur 13 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Geschäftsgegenstand der Klägerin ist der Vertrieb von Mineralölprodukten. Die Klägerin betreibt hierzu u.a. den speziell für die Betankung von Lkw eingerichteten A. sowie den Tankpunkt S..

Die Klägerin gibt an ihre Kunden - Unternehmen mit größerem Fuhrpark - auf deren Antrag Tankkarten aus. Fahrer der Kunden können unter Verwendung solcher Tankkarten und bei Eingabe der entsprechenden PIN in den von Klägerin betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken.

Alle Tankvorgänge für alle Tankkarten des jeweiligen Kunden werden diesem sodann monatlich in Rechnung gestellt. Dabei wird für jeden Kartenkunden ein Kreditlimit festgelegt, bis zu dem auf diese Weise auf Rechnung getankt werden kann.

4. Bis zum Jahr 2006 wurde bei der Klägerin die Einhaltung des Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten und die jeweiligen Tankkartenkunden nicht kontrolliert.

Dies führte dazu, dass zwei Kunden der Klägerin (die S. und S.) ihre Fahrzeuge über das ihnen jeweils eingeräumte Kartenlimit hinaus betanken konnten. Obwohl die diesbezüglichen Rechnungen der Klägerin an diese Kunden nicht beglichen wurden, wurden die Tankkarten (mangels Kontrolle der Einhaltung des Kreditlimits) auch nicht zeitnah gesperrt. Dies führte letztlich zu Forderungsausfällen der Klägerin, die ihre Forderungen aus mittels der ausgegebenen Tankkarten erfolgten Betankungen gegen die beiden genannten Kunden nicht mehr realisieren konnte.

In der Folge fasste der Beirat der Klägerin am 07.04.2006 einen Beschluss über "beiratspflichtige Vorgänge" (Anlage K6). Darin wurde u.a. bestimmt, dass ungesicherte Tankkredite an Speditionen auf 25.000,00 € begrenzt werden; darüber hinausgehende Kredite sind dem Beirat zur Genehmigung vorzulegen (Ziffer 2). Die Einhaltung der Regelungen war wöchentlich durch Frau B. (Ehefrau des Beklagten; in der Abteilung Mahnwesen/Controlling tätige Angestellte der Klägerin) zu überprüfen und das Ergebnis dem Beirat mitzuteilen (Ziffer 5). Mit Kunden getroffene Vereinbarungen im Hinblick auf Preise, Zahlungsmodalitäten und gewährte Kredit-Limits waren schriftlich zu bestätigen (Ziffer 5).

Auf den Beiratsbeschluss wird Bezug genommen.

Am 20./21.09.2012 sowie erneut am 19./20.11.2012 fanden jeweils zweitägige Geschäftsführerschulungen der B. statt (Anlagen K20, K21), an denen jeweils auch der Beklagte teilnahm (Anlagen K20a, K21a). Themen dieser Tagungen waren das Insolvenzrecht, die Regularien der Kreditgewährung an Kunden, insbesondere das hierbei einzuhaltende Vier-Augen-Prinzip sowie die Pflichten eines Geschäftsführers im Rahmen des Mahnwesens / Lieferstopp / Mahnbescheid (vgl. Anlage K20, Seiten 4ff.; Anlage K21, Seiten 13ff., 41f.).

5. In den Jahren 2012 und 2013 kam es bei der Klägerin zu Untreuehandlungen.

a) Bei der Klägerin war der langjährige Mitarbeiter H. zuständig für die Akquise und Betreuung von Kartenkunden (also von Unternehmen mit größerem Fuhrpark, an die Tankkarten ausgegeben wurden). Hierbei war er insbesondere mit der EDVmäßigen Erfassung von Tankkarten und Kartenkunden befasst und befugt, in der Tankkarten-Abrechnungssoftware der Klägerin Kunden anzulegen und zu verwalten sowie ausgegebene Tankkarten bestimmten Kunden zuzuweisen (mit der Folge, dass Forderungen aus Tankvorgängen mit diesen Tankkarten den betreffenden Kunden berechnet wurden).

Für das Rechnungswesen, die Buchhaltung, das Mahnwesen und die Bearbeitung von Beschwerden war dieser Mitarbeiter nicht zuständig.

Herr H. hatte mehrere Speditionen als Kartenkunden akquiriert, nämlich

- Fa. R. GmbH & Co. KG (im Folgenden: RTS),

- Fa. T. GmbH (im Folgenden: TST) und

- Fa. S. (im Folgenden: S.).

b) Die vorgenannten Unternehmen befanden sich spätestens 2012 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einerseits waren sie auf die Betankung ihrer Lkw angewiesen, um Transportaufträge durchführen zu können und damit Frachtansprüche zu generieren, andererseits konnten sie die entsprechenden Tankrechnungen der Klägerin nicht bzw. nicht vollständig ausgleichen. Die ihnen von der Klägerin eingeräumten Kreditlimits waren jeweils ausgeschöpft. Dieser Umstand fiel dem Mitarbeiter H. der Klägerin auf.

c) In der Folge veranlasste der Mitarbeiter H. der Klägerin keine Sperrung der den vorgenannten Unternehmen ausgegebenen Tankkarten. Vielmehr duldete er die Überziehung der jeweiligen Kreditlimits durch die Firmen R., T. und S. Zur Verschleierung dieses Umstandes missbrauchte er seine Befugnis zur Anlage und Verwaltung von Kunden in der Tankkarten-Abrechnungssoftware, indem er Tankkarten, die für Fahrzeuge der vorgenannten Firmen ausgegeben waren oder von ihm ausgegeben wurden, anderen Kunden zuordnete. Auf diese Weise ermöglichte er den genannten Firmen die weitere Betankung ihrer Lkws über das jeweils eingeräumte Kreditlimit hinaus.

Diese Manipulation führte dazu, dass durch die Buchhaltung der Klägerin monatliche Rechnungen an die (vermeintlichen) Kunden über die angeblich an sie gelieferten, tatsächlich aber durch die Firmen R., T. und S. getankten Kraftstoffmengen erstellt wurden. Um eine Entdeckung dieses Umstands zu verhindern, ließ sich der Mitarbeiter H. diese Rechnungen von der Buchhaltung aushändigen, wobei er erklärte, er werde selbst für den Versand an die Kunden sorgen. Diese Vorgehensweise war absolut unüblich und stellte eine Überschreitung der Kompetenzen des Herrn H. dar. Sodann adressierte der Mitarbeiter H. die betreffenden Rechnungen mittels des Aufbringens von Adressaufklebern an die Firmen R., T. und S. um. In gleicher Weise verfuhr er bei der Übersendung von Mahnschreiben wegen Nichtzahlung der betreffenden Rechnungen.

Soweit trotz des Verhaltens des Herrn H. eine der vorgenannten Rechnungen "durchrutschte", also dem in der Buchhaltung als Schuldner des Tankvorgangs erfassten Kunden zuging und dieser daraufhin eine Beschwerde über die Berechnung von ihm nicht durchgeführter Tankvorgänge erhob, zog der Mitarbeiter H., obwohl er für das Beschwerdemanagement nicht zuständig war, diese Beschwerde an sich mit der Bemerkung, er werde die Angelegenheit klären. Hierdurch verhinderte er, dass die betreffenden Beschwerden der Geschäftsleitung bekannt wurden.

d) Da die Zahlungen der Firmen R., T. und S. nicht annähernd ausreichten, um die eigenen und die manipulierten Rechnungen auszugleichen, wuchsen die offenen Forderungen der Klägerin gegen diese Firmen immer weiter an.

e) Im Herbst 2012 führte der Beklagte mit dem Mitarbeiter H. der Klägerin ein Gespräch, bei dem es um den nach Vortrag des Beklagten weitgehend ausgeschöpften Kreditrahmen der Firma R. ging. Der Beklagte erwog insoweit eine Sperrung der Tankkarten für dieses Unternehmen. Der Mitarbeiter H. riet hiervon ab, da eine Kartensperrung zur Folge hätte, dass die Firma R. sämtliche Aufträge verlöre und so ihre Rückstände nicht mehr rückführen könne. Stattdessen schlug Herr H. dem Beklagten vor, dass er die Firma R. dazu bewege, Herrn H. dort als Prokurist zu beschäftigen; auf diese Weise habe er selbst Zugriff auf die Banken und könne dafür sorgen, dass Firma R. Zahlungen leisten werde. Der Beklagte stimmte diesem Vorgehen des Herrn H. zu.

f) Bei der Klägerin wurde für den Tätigkeitsbereich des Herrn H. - Akquise, Betreuung und Verwaltung von Kartenkunden - das Vier-Augen-Prinzip nicht eingehalten. Der Beklagte trägt hierzu vor, er habe sich zwar intensiv bemüht, hierfür einen weiteren Mitarbeiter zu finden, damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt werden könne. Hierzu habe er auch mehrere Mitarbeiter eingestellt, die aber allesamt während der Probezeit wieder entlassen wurden, da Herr H. deren Qualität bemängelt und gemeint habe, sie seien nicht in der Lage, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Trotz intensiver Bemühungen sei qualifiziertes Personal nicht zu finden gewesen.

6. Während eines Urlaubs des Mitarbeiters H. im Jahr 2013 ging bei der Klägerin eine Vielzahl von Beschwerden von Unternehmen ein, die jeweils bemängelten, dass angebliche Betankungen in Rechnung gestellt oder angemahnt worden seien, obwohl die Beschwerdeführer keine Tankkunden waren oder die betreffenden Tankvorgänge nicht durchgeführt hatten.

Im Zuge der daraufhin durchgeführten Überprüfung fielen die Manipulationen des Herrn H. auf.

Am 05.08.2013 sprach die Klägerin gegenüber dem Mitarbeiter H. die fristlose Kündigung aus (vgl. Anlage K11, Seite 16).

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth leitete gegen Herrn H. wie auch gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren ein (Az. 207 Js 20894/13), in welchem u.a. Untersuchungshaft gegen Herrn H. angeordnet wurde. Am 22.08.2014 erließ das Amtsgericht - Ermittlungsrichter - einen Durchsuchungsbeschluss (Anlage K19). Trotz eines Einstellungsantrags des Beklagten hinsichtlich des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens vom 19.09.2016 (Anlage K11) erhob die Staatsanwaltschaft unter dem 25.11.2016 Anklage gegen den Beklagten und gegen Herrn H., u.a. wegen Untreue bzw. wegen Beihilfe hierzu (Anlage K10). Das Landgericht Nürnberg-Fürth, 16. Strafkammer, hat mit Beschluss vom 20.07.2017 das Hauptverfahren eröffnet (Anlage K13).

Mit Verfügung vom 22.03.2017 hat das Landgericht eine vorläufige Erörterung der Aktenlage durchgeführt und hierbei die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO angesprochen (Anlage K12). Mit Beschluss vom 20.07.2017 hat es das Strafverfahren gegen beide Beklagte jeweils nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße - beim Beklagten in Höhe von 40.000,00 € - vorläufig eingestellt (Anlage K14). Nach deren Zahlung erfolgte mit Beschluss vom 02.11.2017 die endgültige Verfahrenseinstellung (Anlage K15).

7. Über das Vermögen der Fa. R. GmbH & Co. KG (vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRA 16069) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Insolvenzgericht - vom 01.04.2014 (Az. 821 IN 251/14) das Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Verfahren wurde an die Insolvenzgläubiger eine Quote von 10% der Insolvenzforderungen ausgeschüttet.

Über das Vermögen der Fa. T. GmbH (vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB 27550) wurde ein Insolvenzantrag gestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Insolvenzgericht - vom 26.11.2014 (Az. 840 IN 98/14) wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt.

Über das Vermögen der Fa. S. wurde im Oktober 2013 ein Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wird beim Amtsgericht Hof - Insolvenzgericht - (Az. IN 441/13) geführt.

8. Die Klägerin trägt vor, sie sei aufgrund des Verhaltens des Mitarbeiters H. mit Forderungen aus der Lieferung von Kraftstoffen in Höhe von insgesamt 860.963,94 € ausgefallen. Diesen Betrag habe der Beklagte selbst in einem Bericht vom 25.03.2014 genannt (Anlage K7). Diese Summe setze sich zusammen aus uneinbringlichen Forderungen

- in Höhe von netto 532.096,80 € gegen Fa. R.,

- in Höhe von netto 288.284,67 € gegen Fa. T.,

- in Höhe von netto 21.865,72 € gegen Fa. S.,

- in Höhe von netto 104,20 € gegen Fa. K.

- und aus einem keinem Kunden zuordenbarem Fehlbetrag von 18.716,75 €.

9. Mit Schreiben vom 04.05.2015 (Anlage K8) machte die Gesellschafterin der Klägerin B. für die Klägerin gegenüber dem Beklagten im Wege der actio pro socio Schadensersatzforderungen geltend. Der Beklagte sei schadensersatzpflichtig, da er es als Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin pflichtwidrig versäumt habe, den eingetretenen Schaden durch Verhinderung des betrügerischen Verhaltens des Mitarbeiters H. abzuwenden.

Mit Antwortschreiben vom 19.11.2015 (Anlage K9) bestritt der Beklagte seine Haftung. Es sei nicht ersichtlich, woraus etwaige Schadensersatzansprüche hergeleitet würden. Ein kausal verursachter Schaden werden nicht einmal ansatzweise dargestellt.

Die Klägerin hatte mit der C. - in Bezug auf den Beklagten - eine Directors & Officers-Versicherung (D& O-Versicherung) für Vertreter juristischer Personen und deren Aufsichtsorgane vereinbart.

Mit Schreiben vom 24.01.2018 (Anlage K16) machte die Gesellschafterin der Klägerin B. für die Klägerin gegenüber dieser Versicherung Schadensersatzforderungen gegen den Beklagten geltend, für welche die Versicherung eintreten solle.

Mit Antwortschreiben vom 08.02.2018 (Anlage K17) verneinte diese Versicherung eine Einstandspflicht wegen vorsätzlichen Handelns des Beklagten.

10. In einer Gesellschafterversammlung der Klägerin am 25.01.2018 (Anlage K18) wurde folgender Beschluss gefasst:

Die Gesellschafterin B. wird beauftragt und bevollmächtigt, als besonderer Vertreter Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten (und/oder dessen D& O-Versicherung) im Namen und auf Rechnung der Klägerin im Zusammenhang mit den Vorfällen der Jahre 2012 und 2013 (wie z.B. beschrieben im Bericht K7) gerichtlich geltend zu machen.

11. Die Klägerin - vertreten durch ihre Gesellschafterin B. - meint, der Beklagte habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, da er den Mitarbeiter H. nicht ausreichend überwacht habe, insbesondere die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips nicht gefordert habe, und da er im Rahmen der Unternehmensorganisation Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen unterlassen habe. Der ihr hierdurch entstandene Schaden liege im Ausfall der Forderungen der Klägerin gegen die Firmen R., T. und S..

Der Beklagte meint, ihm falle keine Pflichtverletzung zur Last. Die Manipulationen des Herrn H. seien ihm nicht bekannt und auch nicht ohne weiteres erkennbar gewesen. Ein der Klägerin entstandener kausaler Schaden sei nicht dargelegt und werde bestritten.

12. Hinsichtlich des Sachverhalts wird ergänzend auf die Darlegungen im angefochtenen Urteil vom 05.04.2019 (Bl. 97-105 d.A.), berichtigt mit Beschluss vom 11.06.2019 (Bl. 119-120 d.A.), verwiesen.

13. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen P. (Protokoll vom 05.04.2019, Bl. 92-95 d.A.). Es hat sodann mit dem angefochtenen Endurteil vom 05.04.2019 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung vom 860.859,74 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 11.052,50 € nebst Zinsen verurteilt und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Begründung des Urteils (Bl. 97-105 d.A.) und des Berichtigungsbeschlusses (Bl. 119-120 d.A.) wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser sein erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren vollumfänglich weiter verfolgt.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

I. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg vom 05.04.2019 (Az. 2 HK O 3068/18) wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

C.

Die Berufung des Beklagten hat indes in der Sache nur zum geringen Teil Erfolg.

Die erhobene Klage ist zulässig; insbesondere ist die Klägerin ordnungsgemäß durch ihre Gesellschafterin (Kommanditistin) B. vertreten (siehe unten I).

Die Klägerin macht einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten - ihren Geschäftsführer - gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG geltend (siehe unten II). Hierzu bedarf sie keines ermächtigenden Gesellschafterbeschlusses (siehe unten III).

In Anbetracht des Umfangs der Geschäftsführerpflichten des Beklagten (siehe unten IV) und unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast (siehe unten V) sind dem Beklagten mehrere schadensersatzbegründende Pflichtverletzungen anzulasten (siehe unten VI). Hierdurch ist ein kausal verursachter Schaden der Klägerin in ausgeurteilter Höhe eingetreten (siehe unten VII).

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist überwiegend begründet (siehe unten VIII).

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (siehe unten IX).

I.

Die erhobene Klage ist zulässig.

Insbesondere ist die Klägerin ordnungsgemäß durch ihre Gesellschafterin (Kommanditistin) B. vertreten.

Im Regelfall wäre die Klägerin vertreten durch ihre Komplementärin B. GmbH, diese wiederum durch ihren Geschäftsführer B. (den Beklagten). Gegen letzteren sollen aber gerade Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

Zum Zwecke der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen organschaftliche Vertreter können die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft in entsprechender Anwendung von § 46 Nr. 8 Halbsatz 2 GmbHG, § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen. Dies gilt insbesondere auch für die Durchsetzung von Ansprüchen der Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer der Komplementärin (BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 8 bei juris).

Mit Gesellschafterbeschluss der Klägerin vom 25.01.2018 (Anlage K18) wurde die Gesellschafterin (Kommanditistin) B. beauftragt und bevollmächtigt, als besonderer Vertreter Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten (und/oder dessen D& O-Versicherung) im Namen und auf Rechnung der Klägerin im Zusammenhang mit den strgg. Vorfällen der Jahre 2012 und 2013 gerichtlich geltend zu machen.

Die Voraussetzungen für eine wirksame Bestellung der Gesellschafterin (Kommanditistin) B. als besondere Prozessvertreterin für den Aktivprozess gegen den Beklagten liegen vor:

- Die Klägerin kann durch ihre Komplementärin - die ihrerseits durch den Beklagten vertreten wird - nicht vertreten werden, da der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der Komplementärin wegen des Verbots eines Insichprozesses von der organschaftlichen Prozessvertretung gegen sich selbst ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 - Sanitary, Rn. 20 bei juris).

- Die B. kommt als besonderer Prozessvertreter in Betracht; als solcher kann ein Gesellschafter (Kommanditist) oder ein Dritter bestellt werden (BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 18 bei juris).

- Der Grundsatz der Selbstorganschaft steht der Übertragung der Prozessvertretung (sogar auf Dritte) ebenfalls nicht entgegen. Dieser Grundsatz ist Ausdruck eines grundsätzlich gleichgerichteten Gesellschafterinteresses und gilt - wie § 146 Abs. 1 HGB zeigt - dann nicht, wenn ein solches Interesse nicht (mehr) besteht. Auch außerhalb der Liquidationssituation kann der Grundsatz der Selbstorganschaft für die werbende Personengesellschaft ausgesetzt sein, nämlich in "liquidationsähnlichen Sonderlagen". So liegt es auch bei einem Prozess der KG gegen den persönlich haftenden Gesellschafter bzw. dessen Geschäftsführer, weil insoweit gleichgerichtete Interessen der Gesellschafter gerade nicht gegeben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 19 bei juris).

Die Klägerin wird im Streitfall somit ordnungsgemäß vertreten durch die bestellte besondere Vertreterin B..

II.

Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist § 43 Abs. 2 GmbHG. Danach haften Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.

Zwar besteht im Streitfall zwischen den Parteien kein Geschäftsführer-Dienstvertrag; der Anstellungsvertrag des Beklagten (Anlage K5) war vielmehr mit der B. GmbH, der Komplementärin der Klägerin, geschlossen. Mit dieser - und nicht mit der Klägerin - bestand auch das Organverhältnis des Beklagten als Geschäftsführer.

Der Geschäftsführer einer GmbH hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG. Verletzt er diese Obliegenheit, so haftet er der Gesellschaft für den entstandenen Schaden, § 43 Abs. 2 GmbHG. Diese Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 17 bei juris).

Jedenfalls dann, wenn - wie im Streitfall - die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. In diesem Fall kann der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft dieser gegenüber nach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 15ff., 18 bei juris; Urteil vom 09.12.2014 - II ZR 360/13, ZIP 2015, 322, Rn. 12 bei juris). Die Klägerin kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, den Ersatz eines Schadens aus einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung mittelbar über ihre Komplementär-GmbH geltend machen zu müssen.

III.

Die Klägerin bedarf zur Geltendmachung der klagegegenständlichen Schadensersatzansprüche keines ermächtigenden Gesellschafterbeschlusses.

Zwar unterliegt nach § 46 Nr. 8 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafter auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Geschäftsführung gegen Geschäftsführer zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. Fehlt ein danach erforderlicher Gesellschafterbeschluss, so kann der Anspruch wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Voraussetzung auch im Außenverhältnis nicht wirksam geltend gemacht werden, so dass eine Schadensersatzklage allein deshalb (zurzeit) unbegründet ist (vgl. Liebscher in MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 46 Rn. 256 m.w.N.).

§ 46 Nr. 8 GmbHG ist jedoch nur anwendbar, wenn es um die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft - also der GmbH - geht. Im Streitfall geht es aber nicht um Ansprüche einer GmbH, sondern um solche einer Kommanditgesellschaft (deren Komplementärin die B. GmbH ist). Für eine Kommanditgesellschaft besteht keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift; die Geltendmachung von Ansprüchen einer Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer ihrer Komplementärin aus § 43 Abs. 2 GmbHG hängt damit nicht von einem Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG ab (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 20 bei juris; Urteil vom 24.03.1980 - II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, Rn. 33 bei juris).

IV.

Der Umfang der Geschäftsführerpflichten des Beklagten ist an der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsführers zu messen.

1. Wie ein Gesellschafter bei Handelsgeschäften im Außenverhältnis (§ 347 HGB) muss sich auch der Geschäftsführer einer GmbH (§ 43 Abs. 1 GmbHG) wie auch der Vorstand einer AG (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) an der "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns" messen lassen. Dies gilt für den Beklagten auch insoweit, als diesen auch in den Angelegenheiten der von ihm über die Komplementärin B. GmbH geleiteten Kommanditgesellschaft - der Klägerin - Sorgfaltspflichten treffen (siehe oben C II). Er muss insoweit wie ein selbstständiger, treuhänderischer Verwalter fremden Vermögens handeln. Das bedeutet, dass er den Gesellschaftszweck möglichst effektiv verfolgen muss. Für diese Beurteilung ist einerseits das Unternehmen (Art, Größe, wirtschaftliche Lage), andererseits die konkrete Geschäftsführungsmaßnahme (Umfang, Bedeutung, Folgen) zu berücksichtigen. Der Maßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG ist dabei (wie auch § 276 Abs. 2 BGB) objektiv; unerheblich sind daher persönliche Merkmale des Geschäftsführers (Alter, Unerfahrenheit, Unkenntnis) und dessen konkrete Belastungssituation (Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 8, 9).

2. Geschäftsführung impliziert riskante und ggf. nachteilige Entscheidungen. Um damit verbundene unangemessene Fehlurteile zu vermeiden, genügt ein eingetretener Verlust als solcher selbst bei riskantem Verhalten nicht, um einen Verstoß gegen 43 Abs. 1 GmbHG zu begründen. Vielmehr ist dem Geschäftsführer (außerhalb zwingender Verhaltensvorgaben) ein weitreichender Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der für jegliche unternehmerische Tätigkeit denknotwendig ist. (Wirtschaftliche) Zweckmäßigkeit der unternehmerischen Entscheidung unterliegt nicht gerichtlicher Kontrolle; ebenso wenig darf das Gericht eine eigene unternehmerische Entscheidung an Stelle des Geschäftsführers vornehmen. Nach der - in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG für die Aktiengesellschaft normierten, für die GmbH entsprechend anwendbaren - sog. business judgement rule liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn der Geschäftsführer bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 33 ff.; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 67ff., 71). Dieser Handlungsspielraum kann auch im Ansatz das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen umfassen.

Nach der Rechtsprechung ist der von der business judgement rule eingeräumte Handlungsspielraum dann überschritten, wenn aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und keine vernünftigen geschäftlichen Gründe dafür sprechen, es dennoch einzugehen.

So ist eine Pflichtverletzung insbesondere dann gegeben, wenn das Handeln gegen die in der jeweiligen Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt. Das Gebot, Risiken nur in sinnvoller kaufmännischer Interessenabwägung einzugehen, bedeutet etwa für Vorstandsmitglieder einer Genossenschaftsbank, dass sie Kredite grundsätzlich nicht ohne übliche Sicherheiten gewähren dürfen und zudem für die ordnungsgemäße Bewertung der Sicherheiten sowie die Beachtung der Richtlinien über Beleihungsobergrenzen Sorge zu tragen haben (BGH, Urteil vom 03.12.2001 - II ZR 308/99, NZG 2002, 195, Rn. 9 bei juris; OLG Koblenz, Urteil vom 24.09.2007 - 12 U 1437/04, juris). Auch außerhalb des Bankensektors wird die völlig ungesicherte Kreditvergabe an einen finanzschwachen Vertragspartner als unvertretbares Risiko und als gegen die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes verstoßend bewertet (vgl. LG Köln NJW-RR 2000, 1056; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 97f.; anders OLG Celle, AG 2008, 711).

3. Der Geschäftsführer ist gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Er hat daher für eine nachhaltige Rentabilität der Gesellschaft Sorge zu tragen und Verluste tunlichst zu vermeiden. Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers gebietet hierbei - gerade, wenn der Geschäftsführer nicht sämtliche Maßnahmen selbst beschließt und selbst durchführt -, eine interne Organisationsstruktur der Gesellschaft zu schaffen, die die Rechtmäßigkeit und Effizienz ihres Handelns gewährleistet. Insoweit konkretisiert die Sorgfaltspflicht sich zu Unternehmensorganisationspflichten. Der Geschäftsführer muss das von ihm geführte Unternehmen so organisieren, dass er jederzeit Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft hat. Dies erfordert ggf. ein Überwachungssystem, mit dem Risiken für Unternehmensfortbestand erfasst und kontrolliert werden können (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, Rn. 7 bei juris; Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 29, § 37 Rn. 11). Aus der Legalitätspflicht folgt die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern. Dabei ist der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann; er muss vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigen. Zwar haftet der Geschäftsführer nicht für fremdes Verschulden. Eine Pflichtverletzung liegt jedoch schon dann vor, wenn durch unzureichende Organisation, Anleitung bzw. Kontrolle Mitarbeitern der Gesellschaft Straftaten oder sonstige Fehlhandlungen ermöglicht oder auch nur erleichtert werden. Diesbezüglichen Verdachtsmomenten muss der Geschäftsführer unverzüglich nachgehen; weiterhin muss der Geschäftsführer geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, um Pflichtverletzungen von Unternehmensangehörigen hintanzuhalten (BGH, Urteil vom 08.10.1984 - II ZR 175/83, GmbHR 1985, 143, Rn. 13 bei juris; KG, NZG 1999, 400, Rn. 41 bei juris; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 134ff., 138; jeweils m.w.N.).

Zur Überwachungspflicht gehört außerdem eine hinreichende Kontrolle, die nicht erst dann einsetzen darf, wenn Missstände entdeckt worden sind. Ihre Intensität darf sich je nach Gefahrgeneigtheit der Arbeit und Gewicht der zu beachtenden Vorschriften nicht in gelegentlichen Überprüfungen erschöpfen. Über diese allgemeine Kontrolle hinaus muss der Geschäftsführer die Aufsicht so führen, dass Unregelmäßigkeiten auch ohne ständige unmittelbare Überwachung grundsätzlich unterbleiben. Danach sind stichprobenartige, überraschende Prüfungen erforderlich und regelmäßig auch ausreichend, sofern sie den Unternehmensangehörigen vor Augen halten, dass Verstöße entdeckt und geahndet werden können. Ist allerdings abzusehen, dass stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die genannte Wirkung zu erzielen, so bedarf es anderer geeigneter Aufsichtsmaßnahmen. In solchen Fällen kann es geboten sein, überraschend umfassendere Geschäftsprüfungen durchzuführen. Eine äußere Grenze finden alle Aufsichtsmaßnahmen an ihrer objektiven Zumutbarkeit. Dazu gehören auch die Beachtung der Würde der Unternehmensangehörigen und die Wahrung des Betriebsklimas, die überzogenen, von zu starkem Misstrauen geprägten Aufsichtsmaßnahmen entgegenstehen, vor allem für Maßnahmen, die ausdrücklich oder erkennbar mit der nicht durch Tatsachen belegten Befürchtung begründet werden, die Arbeitnehmer könnten vorsätzliche Gesetzesverstöße begehen. Weitere Zumutbarkeitsschranken ergeben sich aus der Eigenverantwortlichkeit der Unternehmensangehörigen und dem bei Arbeitsteilung geltenden Vertrauensgrundsatz. Infolgedessen wird den Geschäftsführern nicht abverlangt, ein nahezu flächendeckendes Kontrollnetz aufzubauen (Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 139 m.w.N.).

Eine gesteigerte Überwachungspflicht, bei der intensivere Aufsichtsmaßnahmen notwendig sind, besteht, wenn in einem Unternehmen in der Vergangenheit bereits Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind (Fleischer a.a.O. Rn. 140 m.w.N.).

Delegiert der Geschäftsführer seine Überwachungsaufgabe, reduziert sich die effektive Überwachungspflicht des Geschäftsführers auf die ihm unmittelbar unterstellten Mitarbeiter und deren Führungs- und Überwachungsverhalten ("Überwachung der Überwacher"). Man spricht insoweit von einer Meta-Überwachung. Ausdrücklich angesprochen wird diese mehrstufige Verteilung der Aufsichtspflichten in § 130 Abs. 1 Satz 2 OWiG, wonach zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen gehören. Auch bei mehrstufiger Verteilung der Aufsichtspflichten verbleibt die sog. Oberaufsicht aber unentrinnbar bei dem Geschäftsführer. Zu diesen unübertragbaren Kernpflichten gehört insbesondere die Organisations- und Systemverantwortung für die unternehmensinternen Delegationsprozesse (Fleischer a.a.O. Rn. 141 m.w.N.).

V.

Eine GmbH trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist.

Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre; die Beweislastregel des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG findet im GmbH-Recht entsprechende Anwendung (BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280; Beschluss vom 18.02.2008 - II ZR 62/07, GmbHR 2008, 488). Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, Rn. 6ff. bei juris).

Allerdings hat die klagende Gesellschaft nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast insoweit primär im Einzelnen zu den Umständen vorzutragen, aus denen sich ein pflicht- und sorgfaltswidriges Verhalten des Geschäftsführers ergeben soll (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280).

Die dargelegte Beweislastverteilung erfasst zudem nicht auch die Frage, ob der Geschäftsführer - selbst, wenn er etwa die zweckmäßige Verwendung von Gesellschaftsgeldern nicht beweisen könnte - diese auch vorsätzlich veruntreut und damit eine unerlaubte Handlung begangen hat. Vorsatz wird nicht vermutet; er ist dem Schädiger stets nachzuweisen. Die Darlegungs- und Beweislast für eine deliktische Haftung des Geschäftsführers liegt damit stets vollständig bei der GmbH (BGH, Urteil vom 08.07.1985 - II ZR 198/84, GmbHR 1986, 19; Urteil vom 16.09.2002 - II ZR 107/01, GmbHR 2002, 1197).

VI.

Nach diesen Maßstäben sind dem Beklagten mehrere schadensersatzbegründende Pflichtverletzungen anzulasten.

1. Die Klägerin behauptet solche Pflichtwidrigkeiten des Beklagten.

a) Dieser sei bereits durch den 2006 aufgedeckten Schadensfall (S. und S., siehe oben A 4) gewarnt gewesen, so dass eine gesteigerte Überwachungspflicht bestanden habe. Auch der Beiratsbeschluss vom 07.04.2006 (Anlage K6) habe eine entsprechende Überwachungspflicht begründet. Dem Beklagten hätte bereits im Vorfeld der Manipulationen durch den Mitarbeiter H. der stetig anwachsende Forderungsbestand der Klägerin aus nicht bezahlten Kraftstofflieferungen auffallen müssen, zumal dieser eine für die Klägerin bedrohliche Höhe erreicht habe, insbesondere die üblichen Jahresgewinne der Klägerin um ein Mehrfaches überstiegen habe. Der Beklagte habe insoweit pflichtwidrig überhaupt kein Kontroll- und Überwachungssystem eingerichtet, zudem das Handeln des Mitarbeiters H. im Bereich des Rechnungs-, Mahn- und Beschwerdewesens - wo dieser Mitarbeiter nicht zuständig gewesen sei - geduldet. Der Beklagte habe im Strafverfahren (vgl. Anlage K11, Seite 6) auch eingeräumt, dass ihm die erhebliche Höhe der offenen Außenstände der Firmen T. (170.000 €) und R. (400.000 €) bekannt gewesen sei.

b) Dem Beklagten sei auch bewusst gewesen, dass die Tätigkeit des Mitarbeiters H. überwacht werden musste; der Beklagte trage selbst vor, er habe sich bemüht, einen weiteren Mitarbeiter für diesen Tätigkeitsbereich zu finden, "damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt bleibt". Trotz seiner Verpflichtung, insoweit eine effiziente Überwachung zu organisieren, sei der Beklagte insoweit untätig geblieben.

c) Dies, obwohl der Beklagte gewusst habe, dass die von den Firmen R., T. und S. gestellten Sicherheiten (Forderungsabtretungen) unzureichend waren und stattdessen Warenkreditversicherungen (WKV) hätten gestellt werden sollen. Es werde bestritten, dass die Firmen R., T. und S. unter besonderer Beobachtung des Beklagten gestanden hätten und dass diese "allesamt unauffällig oder durch entsprechende Kreditversicherungen (WKV) abgesichert gewesen" seien.

d) Der Beklagte habe aufgrund mehrfacher Tagungsteilnahme (siehe oben A 4) von seinen Geschäftsführerpflichten auch positive Kenntnis gehabt.

e) Dem Beklagten sei konkret anzulasten, dass ihm nicht aufgefallen sei, dass sich Herr H. - der insoweit nicht zuständig gewesen sei - laufend die Abrechnungen bestimmter Kunden aushändigen ließ, um selbst für den Versand an diese zu sorgen, was auffällig, absolut unüblich und nicht nachvollziehbar gewesen sei. Der Beklagte hätte das Manko dieser Vorgehensweise erkennen müssen und ein solches Vorgehen abstellen müssen; zumindest hätte er eine entsprechende Meldepflicht der Buchhaltung ihm gegenüber anordnen (und überwachen) müssen. Die unübliche Aushändigung von Kundenabrechnungen an Herrn H. habe die Möglichkeit von Manipulationen an diesen Rechnungen geschaffen (wie sie im Streitfall durch Übersendung dieser Rechnungen nicht an die buchhalterisch erfassten Rechnungsempfänger, sondern stattdessen durch deren Übersendung an die Firmen R., T. und R. geschehen seien). Wären derartige Manipulationen des Herrn H. verhindert worden, wäre es bei den falsch abgerechneten Tankvorgängen zu Beanstandungen der belasteten Rechnungsempfänger gekommen, in deren Folge entdeckt worden wäre, dass aufgrund manipulierter Tankkarten die abgerechneten Tankvorgänge nicht den Rechnungsempfängern, sondern den begünstigten Firmen R., T. und R. zugutegekommen sind.

f) Dem Beklagten sei weiter konkret anzulasten, dass ihm nicht aufgefallen sei, dass Herr H. - der für den Bereich Mahnwesen und Beschwerdemanagement nicht zuständig gewesen sei - durch die Buchhaltungssoftware automatisch erstellte Mahnungen an zu Unrecht belastete Rechnungsempfänger (wegen Nichtbegleichung entsprechender Rechnungen) abfing sowie Beschwerden zu Unrecht belasteter Rechnungsempfänger über die Berechnung von Tankvorgängen, die dieser Kunde nicht durchgeführt hatte, an sich zog. Der Beklagte hätte das Manko dieser Vorgehensweise erkennen müssen und ein solches Vorgehen abstellen müssen, etwa durch technische Sperren oder durch organisatorische Maßnahmen. Dieses Unterlassen des Beklagten habe die Möglichkeit von Manipulationen hinsichtlich Mahnungen der Klägerin wie auch hinsichtlich Beschwerden von Kunden geschaffen (wie sie im Streitfall durch das Abfangen von Mahnungen der Klägerin an zu Unrecht belastete Rechnungsempfänger wie auch durch das Unterschlagen von Beschwerden solcher Kunden geschehen seien). Wären derartige Manipulationen des Herrn H. verhindert worden, wäre es bei den falsch abgerechneten Tankvorgängen zu Beanstandungen der abgemahnten Rechnungsempfänger gekommen, in deren Folge entdeckt worden wäre, dass aufgrund manipulierter Tankkarten die abgerechneten Tankvorgänge nicht den Rechnungsempfängern, sondern den begünstigten Firmen R., T. und R. zugutegekommen sind. Dies wäre in gleicher Weise aufgrund der Beschwerden dieser Kunden der Fall gewesen.

g) Dem Beklagten sei weiter konkret anzulasten, dass er auf den Vorschlag des Mitarbeiters H., als Prokurist beim Kunden R. tätig zu werden, nicht mit Kontrollmaßnahmen reagiert, vielmehr diesem Vorschlag zugestimmt habe. Der Vorschlag des Herrn H. habe deutlich einen Interessenkonflikt aufgezeigt, der sofortige effektive Kontrollmaßnahmen des Beklagten erfordert habe.

h) Weiter sei dem Beklagten anzulasten, dass er im sensiblen Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden auf die Durchsetzung des Vier-Augen-Prinzips verzichtet habe. Bei Wahrung dieses Prinzips wären die Manipulationen des Beklagten durch die missbräuchliche Zuordnung von Tankkarten der Firmen R., T. und S. an andere Kunden von vorneherein aufgefallen und verhindert worden. Der Umstand, dass der Beklagte kein hierzu geeignetes Personal gefunden habe, entlaste ihn nicht; notfalls hätte der Beklagte im sensiblen Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden selbst mitwirken müssen.

i) Dem Beklagten sei weiter anzulasten, dass er zur Unterbindung von Fehlverhalten von Mitarbeitern sowohl im Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden als auch im Bereich des Rechnungsversands, des Mahnwesens und des Beschwerdemanagements auch sonst jegliches Tätigwerden unterlassen habe, etwa Stichprobenkontrollen, Mitteilungs- und Dokumentationspflichten der Mitarbeiter, Compliance-Schulungen für die Mitarbeiter oder ähnliches.

j) Dass in der Vergangenheit ein Fehlverhalten des Herrn H. nie aufgefallen sei und es keine Anhaltspunkte hierfür gegeben habe, komme dem Beklagten nicht zugute. Unbeanstandetes Verhalten könne allenfalls dann zu einer Entlastung des für die Aufsicht Verantwortlichen führen, wenn der Beaufsichtigte einer entsprechenden Kontrolle unterlegen habe, was bei Herrn H. gerade nicht der Fall gewesen sei.

2. Der Beklagte bestreitet eine Pflichtverletzung.

Eine Überziehung des jeweiligen Tankkarten-Limits durch die Firmen R., T. und S. sei nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, da der Mitarbeiter H. der Klägerin entsprechende Betankungen buchhalterisch nicht bei diesen Firmen, sondern bei anderen Tankkartenkunden erfasst habe. Dem Beklagten seien die Manipulationen des Mitarbeiters H. nicht bekannt gewesen; er habe diesem vertraut. Herr H. habe seit vielen Jahren eine vertrauensvolle Position bei der Klägerin innegehabt; der Beklagte sei mit ihm "regelrecht befreundet" gewesen; der Beklagte habe auch regelmäßig die (aus der vom Mitarbeiter H. falsch geführten) Buchhaltung ersichtlichen offenen Posten kontrolliert.

Die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welche konkrete Pflichtverletzung der Beklagte begangen haben solle; die Klägerin habe insbesondere nicht im Einzelnen dargelegt, wie sich das manipulative und kriminelle Verhalten des Herrn H. abgespielt habe. Das Landgericht habe im angefochtenen Urteil einfach unterstellt, dass eine Obliegenheitsverletzung des Beklagten als Geschäftsführer vorliege, da aufgrund der internen Organisationsstruktur die Manipulationen des Herrn H. nicht verhindert wurden. Welche Obliegenheiten der Beklagte konkret verletzt habe, sage auch das Gericht nicht. Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der langjährige Mitarbeiter H. der Klägerin mit krimineller Energie seine Zuständigkeit für Tankkarten und für die Kunden, denen Tankkarten ausgegeben waren, missbrauchen und die Inhaberschaft dieser Tankkarten manipulieren würde. Vom Geschäftsführer einer GmbH könne nicht verlangt werden, dass er schon im Vorfeld eines möglichen Schadens ohne Anhaltspunkte für einen solchen jeden Vorgang im Einzelnen überprüfe und dabei den Mitarbeitern unterstelle, dass sie mit krimineller Energie zu Lasten der Gesellschaft Manipulationen zugunsten eines Dritten vornehmen.

3. Eine Pflichtverletzung des Beklagten ist bereits deshalb gegeben, weil dieser es unterlassen hat, im Rahmen der internen Unternehmensorganisation der Klägerin Compliance-Strukturen zu schaffen, die ein rechtmäßiges und effektives Handeln gewährleisten und die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter - auch mittels Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen - verhindern.

Dies zeigt sich insbesondere daran, dass der Beklagte keine Maßnahmen ergriffen hat, um das (von ihm selbst als relevant erkannte) Vier-Augen-Prinzip im schadensträchtigen Bereich der Ausgabe von Tankkarten sowie deren EDVmäßige Verbuchung und Zuordnung an Kartenkunden einzuhalten.

a) Das Vier-Augen-Prinzip (englisch two-man rule) ist in der Organisationslehre eine präventive Kontrolle, bei der bestimmte Ablaufabschnitte, Arbeitsabläufe, Arbeitsprozesse, Arbeitsvorgänge, Aufgaben, Entscheidungen, Handlungen oder Prozesse nur durch gleichlautende Entscheidungen von mindestens zwei Personen durchgeführt werden dürfen. Ziel des Vier-Augen-Prinzips ist es, das Risiko von Fehlern und Missbrauch zu reduzieren. Die Vier-Augen-Kontrolle ist branchenübergreifend bei einer Vielzahl von unternehmensinternen Arbeitsprozessen zu finden, die als kritisch gewertet werden. Kritisch sind Prozesse immer dann, wenn sie bei einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung Personenschäden oder erhebliche finanzielle Auswirkungen zur Folge haben können.

b) Bei der Klägerin war für die vom Mitarbeiter H. ausgeführte Tätigkeit der Verwaltung von Tankkarten und Kartenkunden die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips erforderlich. Diese Tätigkeit konnte zu weitreichenden finanziellen Folgen für die Klägerin führen und stellt seitens der Klägerin auch eine Art der Kreditgewährung an ihre Kunden dar. Hinsichtlich der Regularien der Kreditgewährung an Kunden geben die Schulungsunterlagen der Klägerin vom 20./21.09.2012 sowie vom 19./20.11.2012 die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips vor (vgl. Anlage K20, Seiten 4ff.; Anlage K21, Seiten 13ff., 41f.).

Jedenfalls soweit es um die Ausgabe von Tankkarten sowie deren EDVmäßige Verbuchung und Zuordnung an Kartenkunden ging, war deshalb bei der Klägerin für die vom Mitarbeiter H. ausgeübte Tätigkeit die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips erforderlich. Hiervon geht selbst der Beklagte aus, der vortragen lässt, er habe sich bemüht, einen weiteren Mitarbeiter für diesen Tätigkeitsbereich zu finden, "damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt bleibt" (Seite 3 der Klageerwiderung = Bl. 24 d.A.). Unerheblich ist, dass der Beklagte nach seinem Vortrag kein hierfür geeignetes Personal gefunden haben will; soweit aus diesem Grund eine Überwachung nicht delegiert werden konnte, hätte der Beklagte selbst die notwendigen Überwachungstätigkeiten durchführen müssen.

c) Daneben ist dem Beklagten als weitere Pflichtverletzung anzulasten, dass er bei den Eingriffen des Mitarbeiters H. in die Rechnungstellung bzw. den Rechnungsversand wie auch in das Beschwerdemanagement (siehe oben A 5 c) nicht eingeschritten ist, obwohl das entsprechende Tätigwerden des Mitarbeiters H. in Bereiche außerhalb seiner Zuständigkeit unschwer zu erkennen und leicht zu verhindern gewesen wäre.

Bei der entsprechenden Beurteilung ist insbesondere auch zu berücksichtigen,

- dass im Hinblick auf den vorangegangenen, 2006 aufgedeckten Schadensfall (siehe oben A 4) eine gesteigerte Überwachungspflicht bestand,

- dass der Beklagte von seinen Geschäftsführerpflichten nach entsprechender Tagungsteilnahme (siehe oben A 4) positive Kenntnis haben musste, was insbesondere für die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips durch seine Einlassung bestätigt wird, und

- dass auf den Vorschlag des Mitarbeiters H., bei dem Kunden R. als Prokurist zu arbeiten (siehe oben A 5 e) nicht reagiert wurde, vielmehr diesem Ansinnen sogar zugestimmt wurde, obwohl insoweit die Gefahr von Interessenkonflikten offensichtlich war.

Bei Bewertung der Gesamtumstände hält der Senat eine Schadensersatzpflicht begründende Pflichtverletzungen des Beklagten für gegeben.

4. Diese Pflichtverletzungen erfolgten auch schuldhaft, jedenfalls fahrlässig.

Soweit die Klägerin ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten, insbesondere ein kollusives Zusammenwirken mit dem Mitarbeiter H., behauptet hat, ist der Senat hiervon jedoch nicht überzeugt. Vorsatz wird nicht vermutet (siehe oben C V); den diesbezüglichen Beweis hat die Klägerin nicht geführt.

VII.

Durch die Pflichtverletzungen des Beklagten ist der Klägerin ein kausaler Schaden in Höhe von 788.933,31 € entstanden.

1. Die Klägerin hat einen weitergehenden Schaden in Gesamthöhe von 860.963,94 € behauptet; mit diesem (Netto-)Betrag sei sie aus der Lieferung von Kraftstoffen an die Firmen R., T., S., K. und andere ausgefallen.

Diese Schadenshöhe sei unter Mitwirkung des Beklagten ermittelt worden (Anlage K7). Der Beklagte habe einen Schaden in dieser Höhe damit eingeräumt und bestreite diesen nicht. Entsprechend dem Bericht des Beklagten vom 25.03.2014 (Anlage K7) setze sich der Schaden der Klägerin zusammen aus der Summe nachweisbarer Schäden in Höhe von 842.247,19 € und aus nicht zuordenbaren Schäden in Höhe von 18.716,75 €. Die exakte Schadensaufstellung ergebe sich auch aus dem gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss vom 22.08.2014 (Anlage K19).

Die Klägerin hat zur Schadenshöhe ergänzend mit Schriftsatz vom 30.11.2018 vorgetragen. Sie verweist auf die nunmehr vorgelegten Anlagen

- Anlage K21b (im Schriftsatz als Anlage K21 bezeichnet; diese Anlagennummer ist bereits anderweit vergeben): Gesamtübersicht der einzelnen Schadensvorfälle (sortiert nach fortlaufenden Rechnungsnummern) unter Angabe der jeweiligen Tankkartennummer, des jeweils begünstigten Unternehmens (Firmen R., T. oder S.), des jeweils zu Unrecht belasteten Unternehmens sowie des jeweiligen Betrages;

- Anlage K22: Gesamtübersicht der einzelnen Schadensvorfälle (geordnet nach jeweils zu Unrecht belasteten Unternehmen);

- Anlage K23: fehlerhafte Rechnungen an die jeweils geschädigten Unternehmen samt Empfangsbestätigungen für die jeweils verwendeten Tankkarten.

Die jeweils "geschädigten", also zu Unrecht belasteten Unternehmen hätten diese Forderungen nicht bezahlen müssen; soweit es tatsächlich schon zu Zahlungen gekommen war, seien die entsprechenden Beträge von der Klägerin zurückerstattet worden.

Von den jeweils begünstigten Unternehmen (Firmen R., T. oder S.) hätten die geschuldeten Beträge nicht beigetrieben werden können.

Die Kausalität der Pflichtverletzungen des Beklagten sei offensichtlich. Bei Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen des Risikomanagements hätte das Verhalten des Mitarbeiters H. von vorneherein verhindert werden können oder wäre zumindest so zeitnah entdeckt worden, dass der zugebilligte Kreditrahmen allenfalls minimal überschritten worden wäre und den Forderungen der Klägerin gegen die Firmen R., T. und R. daher ausreichende Sicherungsmittel gegenübergestanden hätten.

2. Der Beklagte bestreitet einen kausalen Schaden. Die von ihm in Anlage K7 genannte Summe sei zum Zeitpunkt 25.03.2014 gemutmaßt worden. Für die Feststellung eines Schadens sei jedoch nach der Differenzhypothese der Vergleich mit der hypothetischen Vermögenslage der Klägerin anzustellen, die ohne die behaupteten (und bestrittenen) Pflichtverletzungen des Beklagten eingetreten wäre. Insoweit sei kein substanziierter Sachvortrag erfolgt; insbesondere sei ein Forderungsausfall nicht mit einem Schaden gleichzusetzen.

Die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welcher konkrete Schaden aus welcher konkreten Pflichtverletzung kausal entstanden sein solle. Auch der Zeuge P. habe hierzu inhaltlich nichts ausgesagt. Das Landgericht setze sich im angefochtenen Urteil überhaupt nicht damit auseinander, welche konkrete Manipulation des Herrn H. zu welchem konkreten Schaden geführt haben könne. Das Landgericht habe allein darauf verwiesen, der Beklagte habe es unterlassen, den Mitarbeiter H. stichprobenartig zu überprüfen. Der Schluss, dass im Rahmen solcher stichprobenartiger Kontrollen das Handeln des Herrn H. überhaupt erkennbar gewesen wäre und dass dadurch auch der gesamte behauptete Schaden verhindert worden wäre, sei unzulässig. Der Verweis auf den Beiratsbeschluss vom 07.04.2006 sei insoweit unbehelflich, da es im Streitfall nicht darum gehe, dass Kreditlinien ohne Zustimmung des Beirats überzogen wurden, sondern darum, dass der Mitarbeiter H. Tankvorgänge falschen Kunden (mit nicht ausgeschöpften Kreditlinien) zugeordnet habe.

Zudem werde fälschlich darauf abgestellt, dass die Manipulationen des Herrn H. bereits vom ersten Zeitpunkt an dem Beklagten hätten auffallen müssen und zu verhindern gewesen wären. Auch ein aus bestimmten Manipulationen folgender konkrete Schaden sei nicht festgestellt. Zudem stelle ein bei Fa. K. entstandener Ausfall keinen Schaden dar.

Schließlich belaufe sich im Insolvenzverfahren der Fa. R. die den Insolvenzgläubigern ausgekehrte Quote auf etwas mehr als 10% der angemeldeten Forderungen. Insoweit sei ein etwaiger Schaden der Klägerin wieder entfallen.

3. Durch die Pflichtverletzungen des Beklagten ist der Klägerin ein kausaler Schaden in Höhe von 788.933,31 € entstanden.

a) Die Klägerin ist für einen durch das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten kausal verursachten Schaden darlegungs- und beweispflichtig (siehe oben C V).

b) Der von der Klägerin vorgetragene Forderungsausfall aus Lieferung von Kraftstoffen setzt sich zusammen aus uneinbringlichen Forderungen

- in Höhe von netto 532.096,80 € gegen Fa. R.,

- in Höhe von netto 288.284,67 € gegen Fa. T.,

- in Höhe von netto 21.865,72 € gegen Fa. S.,

- in Höhe von netto 104,20 € gegen Fa. K.

- und aus einem keinem Kunden zuordenbarem Fehlbetrag von 18.716,75 €.

Die Klägerin behauptet einen insoweit entstandenen Gesamtschaden in Höhe von insgesamt 860.963,94 €.

In diesem behaupteten Gesamtschaden ist - wie durch Addition der einzelnen Beträge unschwer feststellbar - der Teilbetrag von 104,20 € (Fa. KITLIK) bereits nicht enthalten.

c) Gleichwohl hat das Landgericht im Umfang von 104,20 € (Fa. KITLIK) die Schadensersatzklage abgewiesen, nachdem die Klägerin erklärt hatte, dass dieser Teilbetrag in Abzug zu bringen sei (Schriftsatz vom 02.04.2019, Seite 4 = Bl. 91 d.A.). Gegenstand der Verurteilung durch das Landgericht und des Berufungsverfahrens ist nur der verbleibende restliche behauptete Forderungsausfall in Höhe von (860.963,94 € - 104,20 € =) 860.859,74 €, der vom Landgericht der Klägerin zugesprochen worden ist.

d) Der Vortrag des Beklagten, im Insolvenzverfahren der Fa. R. sei den (einfachen) Insolvenzgläubigern (zu denen auch die Klägerin gehört) auf deren Forderungen eine Quote von 10% ausbezahlt worden, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 von der Klägerin unstreitig gestellt (Seite 4 des Protokolls, Bl. 185 d.A.). Dieser Vortrag war zudem durch die vom Beklagten vorgelegten Anlagen BK1 - BK5 belegt worden.

Damit ist die Klageforderung insoweit zu reduzieren; nachdem ein Schaden der Klägerin in diesem Umfang anderweitig ausgeglichen wurde, stehen ihr insoweit keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu. Ausgehend von dem behaupteten Forderungsausfall gegen Fa. R. in Höhe von 532.096,80 € ist diese Summe um 10% (= 53.209,68 €) zu kürzen. Damit verbleibt ein behaupteter restlicher Forderungsausfall in Höhe von (860.859,74 € - 53.209,68 € =) 807.650,06 €.

e) Soweit die Klägerin einen Schadensposten in Höhe von 18.716,75 € aus einem keinen Kunden zuordenbaren Fehlbetrag beansprucht, ergibt sich aus den vorgelegten Anlagen K21b, K22 und K23, dass entsprechende Tankvorgänge zwar durchaus bestimmten Rechnungsempfängern zuordenbar sind, insoweit jedoch ein durch die Tankvorgänge Begünstigter nicht festgestellt werden kann. Als Ursache hierfür kommen nach dem insoweit unstreitigen Sachvortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 Betankungen mittels sog. Jokerkarten in Betracht (wie sie auch etwa in Anlage K22 als "Jokertankungen ohne Zuordnung" erwähnt sind).

"Jokerkarten" sind nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 an Mitarbeiter der Klägerin ausgegebene Tankkarten, mittels derer Tankvorgänge von Kunden ermöglicht werden, deren eigentliche Tankkarten etwa vergessen wurden oder nicht funktionieren. Bei derartigen Tankvorgängen muss die mittels der Jokerkarte jeweils ermöglichte Betankung noch zusätzlich manuell dem betreffenden Kunden zugeordnet werden, damit sie diesem in Rechnung gestellt werden kann. Als naheliegende Möglichkeit des keinem Kunden zuordenbaren Fehlbetrags kommt damit in Betracht, dass mittels Jokerkarten ermöglichte Betankungen einem anderen Kunden (= Rechnungsempfänger) zugeordnet wurden als demjenigen, welcher getankt hat (= Begünstigter).

Damit ist zwar auch diese Position als Schaden der Klägerin zu qualifizieren. Insoweit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass es sich um einen durch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten kausal verursachten Schadensposten handelt. Insoweit ist bereits ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten nicht dargelegt, da nicht aufgezeigt wird, dass (nur) der Beklagte für die manuelle Zuordnung von Tankvorgängen mittels Jokerkarten an bestimmte Kunden (Rechnungsempfänger) zuständig war.

Damit verbleibt ein behaupteter restlicher Forderungsausfall in Höhe von (807.650,06 € - 18.716,75 € =) 788.933,31 €.

f) Die Rüge der Berufung, die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welcher konkrete Schaden aus welcher konkreten Pflichtverletzung kausal entstanden sein soll, geht fehl.

Zwar mag es zutreffen, dass durch die Pflichtverletzungen des Nichteinschreitens bei den Eingriffen des Mitarbeiters H. in die Rechnungstellung bzw. den Rechnungsversand bzw. in das Beschwerdemanagement nicht sämtliche behaupteten Schäden kausal verursacht wurden, sondern erst solche Schäden, die nach Erkennbarkeit der Eingriffe des Mitarbeiters H. für den Beklagten entstanden. Insoweit liegen keinerlei Feststellungen des Landgerichts vor.

Jedenfalls hat aber der Verzicht des Beklagten auf die Durchsetzung des Vier-Augen-Prinzips im Bereich der Tankkarten-Ausgabe und -Zuordnung an Kunden sämtliche Forderungsausfälle kausal verursacht. Bei Wahrung des Vier-Augen-Prinzips wäre das Handeln des Mitarbeiters H. von vorneherein aufgefallen und unterbunden worden, damit nicht möglich gewesen. Im Rahmen einer diesbezüglichen zusätzlichen Überwachung - notfalls durch den Beklagten selbst - hätte dieser die Abgabe von Treibstoff an die Kunden R., T. oder R. unterbinden oder aber auf der Stellung zusätzlicher Sicherheiten bestehen können und müssen, um weitere Tankvorgänge dieser Kunden zu ermöglichen. Auf diese Weise wäre der im (nach Verwertung der gestellten Sicherheiten verbleibenden) Forderungsausfall der Klägerin gegen die genannten Firmen liegende Schaden vermieden worden. Jedenfalls diese konkrete Pflichtverletzung war deshalb kausal für sämtliche behaupteten Schäden.

g) Die Rüge der Berufung, ein konkreter Schaden der Klägerin werde nicht aufgezeigt und sei weder substanziiert vorgetragen noch nachgewiesen, geht gleichfalls fehl.

Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.11.2018 vorgelegten Anlagen (K21b, K22, K23) bilden die Schadenshöhe insgesamt hinreichend ab. Daraus sind sämtliche einzelnen Tank- und Buchungsvorgänge nach Datum, Betrag, Rechnungsempfänger, Tankkartennummer sowie begünstigtem Unternehmen im Einzelnen aufgelistet und - durch Vorlage der entsprechenden Rechnungen - nachgewiesen. Zudem hat der Beklagte selbst mit dem von ihm erstellten Schadensbericht (Anlage K7) eine diesbezügliche Schadenshöhe rechnerisch ermittelt und mitgeteilt. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich das Bestreiten der Schadenshöhe bereits als unsubstanziiert und zudem auch als rechtsmissbräuchlich dar.

VIII.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist überwiegend begründet.

1. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind für diese bereits vorgerichtlich tätig geworden; insbesondere haben sie mit Schreiben vom 24.01.2018 (Anlage K16) die klagegegenständlichen Ansprüche gegenüber der D& O-Versicherung des Beklagten geltend gemacht.

Die Klägerin begehrt die Erstattung insoweit angefallener Anwaltskosten bei Ansatz einer 2,5-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 860.963,94 €. Das Landgericht hat solche Kosten in der geltend gemachten Höhe zugesprochen.

2. Grundsätzlich können vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB beansprucht werden. Als Teil des Schadensersatzanspruchs nach § 43 Abs. 2 GmbHG besteht ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Die Schadensersatzpflicht des Beklagten erstreckt sich nämlich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, insbesondere auf Rechtsanwaltskosten.

Diese Ersatzpflicht setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 249 Rn. 56, 57 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallgestaltung ist dies nach Ansicht des Senats gegeben.

3. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG sieht das Gesetz einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vor, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist von der Klägerin zwar nicht im Einzelnen konkret dargelegt, nach Bewertung des Senats jedoch bei der vorliegenden Fallgestaltung - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität der Sache - ohne weiteres anzunehmen. Der Ansatz eines Gebührensatzes von 2,5 wird vom Beklagten in der Sache auch nicht bestritten.

4. Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert berücksichtigt allerdings nicht, dass als Schadensersatz lediglich der ausgeurteilte Betrag von 788.933,31 € beansprucht werden kann. Entsprechend ist der Wert der anwaltlichen Tätigkeit in dieser Höhe zu bemessen.

Bei einem Gegenstandswert von mehr als 750.000 € bis 800.000 € beträgt eine Wertgebühr 4.113,00 € (§ 13 RVG in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung).

5. Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:

10.282,50 € (2,5-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG x 4.113,00 €)

20,00 € (Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG)

10.302,50 € (Summe)

Die Klägerin kann damit die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von netto 10.302,50 € beanspruchen.

IX.

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt sowohl hinsichtlich des Hauptanspruchs auf Schadensersatz als auch hinsichtlich der Nebenforderung auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten jeweils aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klage wurde dem Beklagten am 30.05.2018 zugestellt, so dass Rechtshängigkeitszinsen seit 31.05.2018 geschuldet sind. Die Klageerweiterung betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten wurde dem Beklagten am 04.10.2018 zugestellt, so dass insoweit Rechtshängigkeitszinsen seit 05.10.2018 geschuldet sind.

D.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist nicht der Fall.

Die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten; widersprüchliche Entscheidungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 30. März 2022 - 12 U 1520/19

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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil, 30. März 2022 - 12 U 1520/19 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil vom 30. März 2022 Az.: 12 U 1520/19     Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.04.2019, berichtigt mit Beschluss vom 11.06.2019

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Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil vom 30. März 2022

Az.: 12 U 1520/19

 

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.04.2019, berichtigt mit Beschluss vom 11.06.2019 (Az. 2 HK O 3068/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 788.933,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.05.2018 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 10.302,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.10.2018 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 9% und der Beklagte 91%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist, soweit die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 860.859,74 € festgesetzt.

 

Gründe

A.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten - den Geschäftsführer ihrer Komplementärin - wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Schädigung der Klägerin durch einen untreuen Mitarbeiter.

1. Die D. Aktiengesellschaft (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg unter HRB 8243) hat insbesondere den Vertrieb von Mineralölprodukten zum Unternehmensgegenstand. Im Jahr 2009 ist diese Gesellschaft als übernehmender Rechtsträger mit weiteren europäischen Gesellschaften verschmolzen und hat zugleich die Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) angenommen. Sie firmiert nunmehr unter B. (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg unter HRB 113611).

Die B. GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB 5461, Anlage K1) wurde 1981 gegründet (Anlage K4). Ihr Stammkapital beträgt 50.000 DM. Geschäftsgegenstand ist der Handel mit Mineralölprodukten sowie die Beteiligung an und die Übernahme von anderen Unternehmen einschließlich der Übernahme der Geschäftsführung, Vertretung und Verwaltung. Gesellschafter der B. GmbH (Anlage K2) waren und sind

- die B. (vormals D. Aktiengesellschaft) mit einem Geschäftsanteil von 25.000 DM (= 50%),

- der Vater des Beklagten B. (geb. 07.08.1941) mit Geschäftsanteilen von zunächst 12.500 DM (= 25%), seit einer teilweisen Geschäftsanteilsabtretung am 18.12.2020 mit einem Geschäftsanteil von noch 500 DM (= 1%) sowie

- der Beklagte (B., geb. 23.05.1966) mit einem Geschäftsanteil von zunächst 12.500 DM (= 25%), seit einer teilweisen Geschäftsanteilsübertragung am 18.12.2020 mit Geschäftsanteilen von 24.500 DM (= 49%).

Die B. GmbH & Co. KG (die Klägerin) wurde - noch unter ihrer vormaligen Firma B. GmbH & Co. Mineralöl Vertriebs KG - 1982 gegründet (Anlage K3) und im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRA 8488 eingetragen (Anlage K1). Persönlich haftende Gesellschafterin dieser Kommanditgesellschaft ist die B. GmbH. Kommanditisten der Gesellschaft sind seit 2006 - die B. (vormals D. Aktiengesellschaft) mit einer Kommanditeinlage von 125.000 DM (= 50%),

- der Vater des Beklagten B. mit einer Kommanditeinlage von zunächst 62.500 DM (= 25%), seit deren Herabsetzung am 05.02.2021 mit einer Kommanditeinlage von noch 2.500 DM (= 1%) sowie

- der Beklagte (B.) mit einer Kommanditeinlage von zunächst 62.500 DM (= 25%), seit deren Erhöhung am 05.02.2021 mit einer Kommanditeinlage von 122.500 DM (= 49%).

2. Geschäftsführer der B. GmbH war zunächst B., der Vater des Beklagten.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 03.04.2008 wurde der Beklagte zum neuen Geschäftsführer der B. GmbH bestellt und zugleich der bisherige Geschäftsführer B. abberufen; dies wurde am 06.08.2008 im Handelsregister eingetragen. Ebenfalls am 03.04.2008 schloss die B. GmbH mit dem Beklagten einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag (Anlage K5).

Danach oblag dem Beklagten die Geschäftsführung der B. GmbH wie auch der Klägerin (in der die B. GmbH die Stellung der geschäftsführenden Gesellschafterin innehat).

Die Klägerin verfügt über einen Beirat, dessen Aufgabe es u.a. ist, die Komplementär-GmbH (bzw. deren Geschäftsführer) bei der Geschäftsführung zu beraten und zu überwachen (vgl. Anlage K3, §§ 12, 13).

3. Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen, in dessen Verwaltung (neben dem Beklagten als Geschäftsführer) nur 13 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Geschäftsgegenstand der Klägerin ist der Vertrieb von Mineralölprodukten. Die Klägerin betreibt hierzu u.a. den speziell für die Betankung von Lkw eingerichteten A. sowie den Tankpunkt S..

Die Klägerin gibt an ihre Kunden - Unternehmen mit größerem Fuhrpark - auf deren Antrag Tankkarten aus. Fahrer der Kunden können unter Verwendung solcher Tankkarten und bei Eingabe der entsprechenden PIN in den von Klägerin betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken.

Alle Tankvorgänge für alle Tankkarten des jeweiligen Kunden werden diesem sodann monatlich in Rechnung gestellt. Dabei wird für jeden Kartenkunden ein Kreditlimit festgelegt, bis zu dem auf diese Weise auf Rechnung getankt werden kann.

4. Bis zum Jahr 2006 wurde bei der Klägerin die Einhaltung des Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten und die jeweiligen Tankkartenkunden nicht kontrolliert.

Dies führte dazu, dass zwei Kunden der Klägerin (die S. und S.) ihre Fahrzeuge über das ihnen jeweils eingeräumte Kartenlimit hinaus betanken konnten. Obwohl die diesbezüglichen Rechnungen der Klägerin an diese Kunden nicht beglichen wurden, wurden die Tankkarten (mangels Kontrolle der Einhaltung des Kreditlimits) auch nicht zeitnah gesperrt. Dies führte letztlich zu Forderungsausfällen der Klägerin, die ihre Forderungen aus mittels der ausgegebenen Tankkarten erfolgten Betankungen gegen die beiden genannten Kunden nicht mehr realisieren konnte.

In der Folge fasste der Beirat der Klägerin am 07.04.2006 einen Beschluss über "beiratspflichtige Vorgänge" (Anlage K6). Darin wurde u.a. bestimmt, dass ungesicherte Tankkredite an Speditionen auf 25.000,00 € begrenzt werden; darüber hinausgehende Kredite sind dem Beirat zur Genehmigung vorzulegen (Ziffer 2). Die Einhaltung der Regelungen war wöchentlich durch Frau B. (Ehefrau des Beklagten; in der Abteilung Mahnwesen/Controlling tätige Angestellte der Klägerin) zu überprüfen und das Ergebnis dem Beirat mitzuteilen (Ziffer 5). Mit Kunden getroffene Vereinbarungen im Hinblick auf Preise, Zahlungsmodalitäten und gewährte Kredit-Limits waren schriftlich zu bestätigen (Ziffer 5).

Auf den Beiratsbeschluss wird Bezug genommen.

Am 20./21.09.2012 sowie erneut am 19./20.11.2012 fanden jeweils zweitägige Geschäftsführerschulungen der B. statt (Anlagen K20, K21), an denen jeweils auch der Beklagte teilnahm (Anlagen K20a, K21a). Themen dieser Tagungen waren das Insolvenzrecht, die Regularien der Kreditgewährung an Kunden, insbesondere das hierbei einzuhaltende Vier-Augen-Prinzip sowie die Pflichten eines Geschäftsführers im Rahmen des Mahnwesens / Lieferstopp / Mahnbescheid (vgl. Anlage K20, Seiten 4ff.; Anlage K21, Seiten 13ff., 41f.).

5. In den Jahren 2012 und 2013 kam es bei der Klägerin zu Untreuehandlungen.

a) Bei der Klägerin war der langjährige Mitarbeiter H. zuständig für die Akquise und Betreuung von Kartenkunden (also von Unternehmen mit größerem Fuhrpark, an die Tankkarten ausgegeben wurden). Hierbei war er insbesondere mit der EDVmäßigen Erfassung von Tankkarten und Kartenkunden befasst und befugt, in der Tankkarten-Abrechnungssoftware der Klägerin Kunden anzulegen und zu verwalten sowie ausgegebene Tankkarten bestimmten Kunden zuzuweisen (mit der Folge, dass Forderungen aus Tankvorgängen mit diesen Tankkarten den betreffenden Kunden berechnet wurden).

Für das Rechnungswesen, die Buchhaltung, das Mahnwesen und die Bearbeitung von Beschwerden war dieser Mitarbeiter nicht zuständig.

Herr H. hatte mehrere Speditionen als Kartenkunden akquiriert, nämlich

- Fa. R. GmbH & Co. KG (im Folgenden: RTS),

- Fa. T. GmbH (im Folgenden: TST) und

- Fa. S. (im Folgenden: S.).

b) Die vorgenannten Unternehmen befanden sich spätestens 2012 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einerseits waren sie auf die Betankung ihrer Lkw angewiesen, um Transportaufträge durchführen zu können und damit Frachtansprüche zu generieren, andererseits konnten sie die entsprechenden Tankrechnungen der Klägerin nicht bzw. nicht vollständig ausgleichen. Die ihnen von der Klägerin eingeräumten Kreditlimits waren jeweils ausgeschöpft. Dieser Umstand fiel dem Mitarbeiter H. der Klägerin auf.

c) In der Folge veranlasste der Mitarbeiter H. der Klägerin keine Sperrung der den vorgenannten Unternehmen ausgegebenen Tankkarten. Vielmehr duldete er die Überziehung der jeweiligen Kreditlimits durch die Firmen R., T. und S. Zur Verschleierung dieses Umstandes missbrauchte er seine Befugnis zur Anlage und Verwaltung von Kunden in der Tankkarten-Abrechnungssoftware, indem er Tankkarten, die für Fahrzeuge der vorgenannten Firmen ausgegeben waren oder von ihm ausgegeben wurden, anderen Kunden zuordnete. Auf diese Weise ermöglichte er den genannten Firmen die weitere Betankung ihrer Lkws über das jeweils eingeräumte Kreditlimit hinaus.

Diese Manipulation führte dazu, dass durch die Buchhaltung der Klägerin monatliche Rechnungen an die (vermeintlichen) Kunden über die angeblich an sie gelieferten, tatsächlich aber durch die Firmen R., T. und S. getankten Kraftstoffmengen erstellt wurden. Um eine Entdeckung dieses Umstands zu verhindern, ließ sich der Mitarbeiter H. diese Rechnungen von der Buchhaltung aushändigen, wobei er erklärte, er werde selbst für den Versand an die Kunden sorgen. Diese Vorgehensweise war absolut unüblich und stellte eine Überschreitung der Kompetenzen des Herrn H. dar. Sodann adressierte der Mitarbeiter H. die betreffenden Rechnungen mittels des Aufbringens von Adressaufklebern an die Firmen R., T. und S. um. In gleicher Weise verfuhr er bei der Übersendung von Mahnschreiben wegen Nichtzahlung der betreffenden Rechnungen.

Soweit trotz des Verhaltens des Herrn H. eine der vorgenannten Rechnungen "durchrutschte", also dem in der Buchhaltung als Schuldner des Tankvorgangs erfassten Kunden zuging und dieser daraufhin eine Beschwerde über die Berechnung von ihm nicht durchgeführter Tankvorgänge erhob, zog der Mitarbeiter H., obwohl er für das Beschwerdemanagement nicht zuständig war, diese Beschwerde an sich mit der Bemerkung, er werde die Angelegenheit klären. Hierdurch verhinderte er, dass die betreffenden Beschwerden der Geschäftsleitung bekannt wurden.

d) Da die Zahlungen der Firmen R., T. und S. nicht annähernd ausreichten, um die eigenen und die manipulierten Rechnungen auszugleichen, wuchsen die offenen Forderungen der Klägerin gegen diese Firmen immer weiter an.

e) Im Herbst 2012 führte der Beklagte mit dem Mitarbeiter H. der Klägerin ein Gespräch, bei dem es um den nach Vortrag des Beklagten weitgehend ausgeschöpften Kreditrahmen der Firma R. ging. Der Beklagte erwog insoweit eine Sperrung der Tankkarten für dieses Unternehmen. Der Mitarbeiter H. riet hiervon ab, da eine Kartensperrung zur Folge hätte, dass die Firma R. sämtliche Aufträge verlöre und so ihre Rückstände nicht mehr rückführen könne. Stattdessen schlug Herr H. dem Beklagten vor, dass er die Firma R. dazu bewege, Herrn H. dort als Prokurist zu beschäftigen; auf diese Weise habe er selbst Zugriff auf die Banken und könne dafür sorgen, dass Firma R. Zahlungen leisten werde. Der Beklagte stimmte diesem Vorgehen des Herrn H. zu.

f) Bei der Klägerin wurde für den Tätigkeitsbereich des Herrn H. - Akquise, Betreuung und Verwaltung von Kartenkunden - das Vier-Augen-Prinzip nicht eingehalten. Der Beklagte trägt hierzu vor, er habe sich zwar intensiv bemüht, hierfür einen weiteren Mitarbeiter zu finden, damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt werden könne. Hierzu habe er auch mehrere Mitarbeiter eingestellt, die aber allesamt während der Probezeit wieder entlassen wurden, da Herr H. deren Qualität bemängelt und gemeint habe, sie seien nicht in der Lage, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Trotz intensiver Bemühungen sei qualifiziertes Personal nicht zu finden gewesen.

6. Während eines Urlaubs des Mitarbeiters H. im Jahr 2013 ging bei der Klägerin eine Vielzahl von Beschwerden von Unternehmen ein, die jeweils bemängelten, dass angebliche Betankungen in Rechnung gestellt oder angemahnt worden seien, obwohl die Beschwerdeführer keine Tankkunden waren oder die betreffenden Tankvorgänge nicht durchgeführt hatten.

Im Zuge der daraufhin durchgeführten Überprüfung fielen die Manipulationen des Herrn H. auf.

Am 05.08.2013 sprach die Klägerin gegenüber dem Mitarbeiter H. die fristlose Kündigung aus (vgl. Anlage K11, Seite 16).

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth leitete gegen Herrn H. wie auch gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren ein (Az. 207 Js 20894/13), in welchem u.a. Untersuchungshaft gegen Herrn H. angeordnet wurde. Am 22.08.2014 erließ das Amtsgericht - Ermittlungsrichter - einen Durchsuchungsbeschluss (Anlage K19). Trotz eines Einstellungsantrags des Beklagten hinsichtlich des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens vom 19.09.2016 (Anlage K11) erhob die Staatsanwaltschaft unter dem 25.11.2016 Anklage gegen den Beklagten und gegen Herrn H., u.a. wegen Untreue bzw. wegen Beihilfe hierzu (Anlage K10). Das Landgericht Nürnberg-Fürth, 16. Strafkammer, hat mit Beschluss vom 20.07.2017 das Hauptverfahren eröffnet (Anlage K13).

Mit Verfügung vom 22.03.2017 hat das Landgericht eine vorläufige Erörterung der Aktenlage durchgeführt und hierbei die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO angesprochen (Anlage K12). Mit Beschluss vom 20.07.2017 hat es das Strafverfahren gegen beide Beklagte jeweils nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße - beim Beklagten in Höhe von 40.000,00 € - vorläufig eingestellt (Anlage K14). Nach deren Zahlung erfolgte mit Beschluss vom 02.11.2017 die endgültige Verfahrenseinstellung (Anlage K15).

7. Über das Vermögen der Fa. R. GmbH & Co. KG (vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRA 16069) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Insolvenzgericht - vom 01.04.2014 (Az. 821 IN 251/14) das Insolvenzverfahren eröffnet. In diesem Verfahren wurde an die Insolvenzgläubiger eine Quote von 10% der Insolvenzforderungen ausgeschüttet.

Über das Vermögen der Fa. T. GmbH (vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB 27550) wurde ein Insolvenzantrag gestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Insolvenzgericht - vom 26.11.2014 (Az. 840 IN 98/14) wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt.

Über das Vermögen der Fa. S. wurde im Oktober 2013 ein Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wird beim Amtsgericht Hof - Insolvenzgericht - (Az. IN 441/13) geführt.

8. Die Klägerin trägt vor, sie sei aufgrund des Verhaltens des Mitarbeiters H. mit Forderungen aus der Lieferung von Kraftstoffen in Höhe von insgesamt 860.963,94 € ausgefallen. Diesen Betrag habe der Beklagte selbst in einem Bericht vom 25.03.2014 genannt (Anlage K7). Diese Summe setze sich zusammen aus uneinbringlichen Forderungen

- in Höhe von netto 532.096,80 € gegen Fa. R.,

- in Höhe von netto 288.284,67 € gegen Fa. T.,

- in Höhe von netto 21.865,72 € gegen Fa. S.,

- in Höhe von netto 104,20 € gegen Fa. K.

- und aus einem keinem Kunden zuordenbarem Fehlbetrag von 18.716,75 €.

9. Mit Schreiben vom 04.05.2015 (Anlage K8) machte die Gesellschafterin der Klägerin B. für die Klägerin gegenüber dem Beklagten im Wege der actio pro socio Schadensersatzforderungen geltend. Der Beklagte sei schadensersatzpflichtig, da er es als Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin pflichtwidrig versäumt habe, den eingetretenen Schaden durch Verhinderung des betrügerischen Verhaltens des Mitarbeiters H. abzuwenden.

Mit Antwortschreiben vom 19.11.2015 (Anlage K9) bestritt der Beklagte seine Haftung. Es sei nicht ersichtlich, woraus etwaige Schadensersatzansprüche hergeleitet würden. Ein kausal verursachter Schaden werden nicht einmal ansatzweise dargestellt.

Die Klägerin hatte mit der C. - in Bezug auf den Beklagten - eine Directors & Officers-Versicherung (D& O-Versicherung) für Vertreter juristischer Personen und deren Aufsichtsorgane vereinbart.

Mit Schreiben vom 24.01.2018 (Anlage K16) machte die Gesellschafterin der Klägerin B. für die Klägerin gegenüber dieser Versicherung Schadensersatzforderungen gegen den Beklagten geltend, für welche die Versicherung eintreten solle.

Mit Antwortschreiben vom 08.02.2018 (Anlage K17) verneinte diese Versicherung eine Einstandspflicht wegen vorsätzlichen Handelns des Beklagten.

10. In einer Gesellschafterversammlung der Klägerin am 25.01.2018 (Anlage K18) wurde folgender Beschluss gefasst:

Die Gesellschafterin B. wird beauftragt und bevollmächtigt, als besonderer Vertreter Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten (und/oder dessen D& O-Versicherung) im Namen und auf Rechnung der Klägerin im Zusammenhang mit den Vorfällen der Jahre 2012 und 2013 (wie z.B. beschrieben im Bericht K7) gerichtlich geltend zu machen.

11. Die Klägerin - vertreten durch ihre Gesellschafterin B. - meint, der Beklagte habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, da er den Mitarbeiter H. nicht ausreichend überwacht habe, insbesondere die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips nicht gefordert habe, und da er im Rahmen der Unternehmensorganisation Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen unterlassen habe. Der ihr hierdurch entstandene Schaden liege im Ausfall der Forderungen der Klägerin gegen die Firmen R., T. und S..

Der Beklagte meint, ihm falle keine Pflichtverletzung zur Last. Die Manipulationen des Herrn H. seien ihm nicht bekannt und auch nicht ohne weiteres erkennbar gewesen. Ein der Klägerin entstandener kausaler Schaden sei nicht dargelegt und werde bestritten.

12. Hinsichtlich des Sachverhalts wird ergänzend auf die Darlegungen im angefochtenen Urteil vom 05.04.2019 (Bl. 97-105 d.A.), berichtigt mit Beschluss vom 11.06.2019 (Bl. 119-120 d.A.), verwiesen.

13. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen P. (Protokoll vom 05.04.2019, Bl. 92-95 d.A.). Es hat sodann mit dem angefochtenen Endurteil vom 05.04.2019 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung vom 860.859,74 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 11.052,50 € nebst Zinsen verurteilt und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Begründung des Urteils (Bl. 97-105 d.A.) und des Berichtigungsbeschlusses (Bl. 119-120 d.A.) wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser sein erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren vollumfänglich weiter verfolgt.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

I. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg vom 05.04.2019 (Az. 2 HK O 3068/18) wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

B.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

C.

Die Berufung des Beklagten hat indes in der Sache nur zum geringen Teil Erfolg.

Die erhobene Klage ist zulässig; insbesondere ist die Klägerin ordnungsgemäß durch ihre Gesellschafterin (Kommanditistin) B. vertreten (siehe unten I).

Die Klägerin macht einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten - ihren Geschäftsführer - gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG geltend (siehe unten II). Hierzu bedarf sie keines ermächtigenden Gesellschafterbeschlusses (siehe unten III).

In Anbetracht des Umfangs der Geschäftsführerpflichten des Beklagten (siehe unten IV) und unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast (siehe unten V) sind dem Beklagten mehrere schadensersatzbegründende Pflichtverletzungen anzulasten (siehe unten VI). Hierdurch ist ein kausal verursachter Schaden der Klägerin in ausgeurteilter Höhe eingetreten (siehe unten VII).

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist überwiegend begründet (siehe unten VIII).

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (siehe unten IX).

I.

Die erhobene Klage ist zulässig.

Insbesondere ist die Klägerin ordnungsgemäß durch ihre Gesellschafterin (Kommanditistin) B. vertreten.

Im Regelfall wäre die Klägerin vertreten durch ihre Komplementärin B. GmbH, diese wiederum durch ihren Geschäftsführer B. (den Beklagten). Gegen letzteren sollen aber gerade Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

Zum Zwecke der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen organschaftliche Vertreter können die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft in entsprechender Anwendung von § 46 Nr. 8 Halbsatz 2 GmbHG, § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen. Dies gilt insbesondere auch für die Durchsetzung von Ansprüchen der Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer der Komplementärin (BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 8 bei juris).

Mit Gesellschafterbeschluss der Klägerin vom 25.01.2018 (Anlage K18) wurde die Gesellschafterin (Kommanditistin) B. beauftragt und bevollmächtigt, als besonderer Vertreter Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten (und/oder dessen D& O-Versicherung) im Namen und auf Rechnung der Klägerin im Zusammenhang mit den strgg. Vorfällen der Jahre 2012 und 2013 gerichtlich geltend zu machen.

Die Voraussetzungen für eine wirksame Bestellung der Gesellschafterin (Kommanditistin) B. als besondere Prozessvertreterin für den Aktivprozess gegen den Beklagten liegen vor:

- Die Klägerin kann durch ihre Komplementärin - die ihrerseits durch den Beklagten vertreten wird - nicht vertreten werden, da der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der Komplementärin wegen des Verbots eines Insichprozesses von der organschaftlichen Prozessvertretung gegen sich selbst ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 - Sanitary, Rn. 20 bei juris).

- Die B. kommt als besonderer Prozessvertreter in Betracht; als solcher kann ein Gesellschafter (Kommanditist) oder ein Dritter bestellt werden (BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 18 bei juris).

- Der Grundsatz der Selbstorganschaft steht der Übertragung der Prozessvertretung (sogar auf Dritte) ebenfalls nicht entgegen. Dieser Grundsatz ist Ausdruck eines grundsätzlich gleichgerichteten Gesellschafterinteresses und gilt - wie § 146 Abs. 1 HGB zeigt - dann nicht, wenn ein solches Interesse nicht (mehr) besteht. Auch außerhalb der Liquidationssituation kann der Grundsatz der Selbstorganschaft für die werbende Personengesellschaft ausgesetzt sein, nämlich in "liquidationsähnlichen Sonderlagen". So liegt es auch bei einem Prozess der KG gegen den persönlich haftenden Gesellschafter bzw. dessen Geschäftsführer, weil insoweit gleichgerichtete Interessen der Gesellschafter gerade nicht gegeben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 07.06.2010 - II ZR 210/09, ZIP 2010, 2345, Rn. 19 bei juris).

Die Klägerin wird im Streitfall somit ordnungsgemäß vertreten durch die bestellte besondere Vertreterin B..

II.

Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist § 43 Abs. 2 GmbHG. Danach haften Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.

Zwar besteht im Streitfall zwischen den Parteien kein Geschäftsführer-Dienstvertrag; der Anstellungsvertrag des Beklagten (Anlage K5) war vielmehr mit der B. GmbH, der Komplementärin der Klägerin, geschlossen. Mit dieser - und nicht mit der Klägerin - bestand auch das Organverhältnis des Beklagten als Geschäftsführer.

Der Geschäftsführer einer GmbH hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG. Verletzt er diese Obliegenheit, so haftet er der Gesellschaft für den entstandenen Schaden, § 43 Abs. 2 GmbHG. Diese Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 17 bei juris).

Jedenfalls dann, wenn - wie im Streitfall - die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. In diesem Fall kann der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft dieser gegenüber nach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 15ff., 18 bei juris; Urteil vom 09.12.2014 - II ZR 360/13, ZIP 2015, 322, Rn. 12 bei juris). Die Klägerin kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, den Ersatz eines Schadens aus einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung mittelbar über ihre Komplementär-GmbH geltend machen zu müssen.

III.

Die Klägerin bedarf zur Geltendmachung der klagegegenständlichen Schadensersatzansprüche keines ermächtigenden Gesellschafterbeschlusses.

Zwar unterliegt nach § 46 Nr. 8 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafter auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Geschäftsführung gegen Geschäftsführer zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. Fehlt ein danach erforderlicher Gesellschafterbeschluss, so kann der Anspruch wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Voraussetzung auch im Außenverhältnis nicht wirksam geltend gemacht werden, so dass eine Schadensersatzklage allein deshalb (zurzeit) unbegründet ist (vgl. Liebscher in MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 46 Rn. 256 m.w.N.).

§ 46 Nr. 8 GmbHG ist jedoch nur anwendbar, wenn es um die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft - also der GmbH - geht. Im Streitfall geht es aber nicht um Ansprüche einer GmbH, sondern um solche einer Kommanditgesellschaft (deren Komplementärin die B. GmbH ist). Für eine Kommanditgesellschaft besteht keine dem § 46 Nr. 8 GmbHG entsprechende Vorschrift; die Geltendmachung von Ansprüchen einer Kommanditgesellschaft gegen den Geschäftsführer ihrer Komplementärin aus § 43 Abs. 2 GmbHG hängt damit nicht von einem Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG ab (BGH, Urteil vom 18.06.2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304, Rn. 20 bei juris; Urteil vom 24.03.1980 - II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, Rn. 33 bei juris).

IV.

Der Umfang der Geschäftsführerpflichten des Beklagten ist an der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsführers zu messen.

1. Wie ein Gesellschafter bei Handelsgeschäften im Außenverhältnis (§ 347 HGB) muss sich auch der Geschäftsführer einer GmbH (§ 43 Abs. 1 GmbHG) wie auch der Vorstand einer AG (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) an der "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns" messen lassen. Dies gilt für den Beklagten auch insoweit, als diesen auch in den Angelegenheiten der von ihm über die Komplementärin B. GmbH geleiteten Kommanditgesellschaft - der Klägerin - Sorgfaltspflichten treffen (siehe oben C II). Er muss insoweit wie ein selbstständiger, treuhänderischer Verwalter fremden Vermögens handeln. Das bedeutet, dass er den Gesellschaftszweck möglichst effektiv verfolgen muss. Für diese Beurteilung ist einerseits das Unternehmen (Art, Größe, wirtschaftliche Lage), andererseits die konkrete Geschäftsführungsmaßnahme (Umfang, Bedeutung, Folgen) zu berücksichtigen. Der Maßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG ist dabei (wie auch § 276 Abs. 2 BGB) objektiv; unerheblich sind daher persönliche Merkmale des Geschäftsführers (Alter, Unerfahrenheit, Unkenntnis) und dessen konkrete Belastungssituation (Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 8, 9).

2. Geschäftsführung impliziert riskante und ggf. nachteilige Entscheidungen. Um damit verbundene unangemessene Fehlurteile zu vermeiden, genügt ein eingetretener Verlust als solcher selbst bei riskantem Verhalten nicht, um einen Verstoß gegen 43 Abs. 1 GmbHG zu begründen. Vielmehr ist dem Geschäftsführer (außerhalb zwingender Verhaltensvorgaben) ein weitreichender Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der für jegliche unternehmerische Tätigkeit denknotwendig ist. (Wirtschaftliche) Zweckmäßigkeit der unternehmerischen Entscheidung unterliegt nicht gerichtlicher Kontrolle; ebenso wenig darf das Gericht eine eigene unternehmerische Entscheidung an Stelle des Geschäftsführers vornehmen. Nach der - in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG für die Aktiengesellschaft normierten, für die GmbH entsprechend anwendbaren - sog. business judgement rule liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn der Geschäftsführer bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 33 ff.; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 67ff., 71). Dieser Handlungsspielraum kann auch im Ansatz das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen umfassen.

Nach der Rechtsprechung ist der von der business judgement rule eingeräumte Handlungsspielraum dann überschritten, wenn aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und keine vernünftigen geschäftlichen Gründe dafür sprechen, es dennoch einzugehen.

So ist eine Pflichtverletzung insbesondere dann gegeben, wenn das Handeln gegen die in der jeweiligen Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze verstößt. Das Gebot, Risiken nur in sinnvoller kaufmännischer Interessenabwägung einzugehen, bedeutet etwa für Vorstandsmitglieder einer Genossenschaftsbank, dass sie Kredite grundsätzlich nicht ohne übliche Sicherheiten gewähren dürfen und zudem für die ordnungsgemäße Bewertung der Sicherheiten sowie die Beachtung der Richtlinien über Beleihungsobergrenzen Sorge zu tragen haben (BGH, Urteil vom 03.12.2001 - II ZR 308/99, NZG 2002, 195, Rn. 9 bei juris; OLG Koblenz, Urteil vom 24.09.2007 - 12 U 1437/04, juris). Auch außerhalb des Bankensektors wird die völlig ungesicherte Kreditvergabe an einen finanzschwachen Vertragspartner als unvertretbares Risiko und als gegen die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes verstoßend bewertet (vgl. LG Köln NJW-RR 2000, 1056; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 97f.; anders OLG Celle, AG 2008, 711).

3. Der Geschäftsführer ist gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG dem Wohl der Gesellschaft verpflichtet. Er hat daher für eine nachhaltige Rentabilität der Gesellschaft Sorge zu tragen und Verluste tunlichst zu vermeiden. Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers gebietet hierbei - gerade, wenn der Geschäftsführer nicht sämtliche Maßnahmen selbst beschließt und selbst durchführt -, eine interne Organisationsstruktur der Gesellschaft zu schaffen, die die Rechtmäßigkeit und Effizienz ihres Handelns gewährleistet. Insoweit konkretisiert die Sorgfaltspflicht sich zu Unternehmensorganisationspflichten. Der Geschäftsführer muss das von ihm geführte Unternehmen so organisieren, dass er jederzeit Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft hat. Dies erfordert ggf. ein Überwachungssystem, mit dem Risiken für Unternehmensfortbestand erfasst und kontrolliert werden können (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, Rn. 7 bei juris; Beurskens in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 43 Rn. 29, § 37 Rn. 11). Aus der Legalitätspflicht folgt die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern. Dabei ist der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann; er muss vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigen. Zwar haftet der Geschäftsführer nicht für fremdes Verschulden. Eine Pflichtverletzung liegt jedoch schon dann vor, wenn durch unzureichende Organisation, Anleitung bzw. Kontrolle Mitarbeitern der Gesellschaft Straftaten oder sonstige Fehlhandlungen ermöglicht oder auch nur erleichtert werden. Diesbezüglichen Verdachtsmomenten muss der Geschäftsführer unverzüglich nachgehen; weiterhin muss der Geschäftsführer geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, um Pflichtverletzungen von Unternehmensangehörigen hintanzuhalten (BGH, Urteil vom 08.10.1984 - II ZR 175/83, GmbHR 1985, 143, Rn. 13 bei juris; KG, NZG 1999, 400, Rn. 41 bei juris; Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 134ff., 138; jeweils m.w.N.).

Zur Überwachungspflicht gehört außerdem eine hinreichende Kontrolle, die nicht erst dann einsetzen darf, wenn Missstände entdeckt worden sind. Ihre Intensität darf sich je nach Gefahrgeneigtheit der Arbeit und Gewicht der zu beachtenden Vorschriften nicht in gelegentlichen Überprüfungen erschöpfen. Über diese allgemeine Kontrolle hinaus muss der Geschäftsführer die Aufsicht so führen, dass Unregelmäßigkeiten auch ohne ständige unmittelbare Überwachung grundsätzlich unterbleiben. Danach sind stichprobenartige, überraschende Prüfungen erforderlich und regelmäßig auch ausreichend, sofern sie den Unternehmensangehörigen vor Augen halten, dass Verstöße entdeckt und geahndet werden können. Ist allerdings abzusehen, dass stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die genannte Wirkung zu erzielen, so bedarf es anderer geeigneter Aufsichtsmaßnahmen. In solchen Fällen kann es geboten sein, überraschend umfassendere Geschäftsprüfungen durchzuführen. Eine äußere Grenze finden alle Aufsichtsmaßnahmen an ihrer objektiven Zumutbarkeit. Dazu gehören auch die Beachtung der Würde der Unternehmensangehörigen und die Wahrung des Betriebsklimas, die überzogenen, von zu starkem Misstrauen geprägten Aufsichtsmaßnahmen entgegenstehen, vor allem für Maßnahmen, die ausdrücklich oder erkennbar mit der nicht durch Tatsachen belegten Befürchtung begründet werden, die Arbeitnehmer könnten vorsätzliche Gesetzesverstöße begehen. Weitere Zumutbarkeitsschranken ergeben sich aus der Eigenverantwortlichkeit der Unternehmensangehörigen und dem bei Arbeitsteilung geltenden Vertrauensgrundsatz. Infolgedessen wird den Geschäftsführern nicht abverlangt, ein nahezu flächendeckendes Kontrollnetz aufzubauen (Fleischer in: MünchKomm/GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 139 m.w.N.).

Eine gesteigerte Überwachungspflicht, bei der intensivere Aufsichtsmaßnahmen notwendig sind, besteht, wenn in einem Unternehmen in der Vergangenheit bereits Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind (Fleischer a.a.O. Rn. 140 m.w.N.).

Delegiert der Geschäftsführer seine Überwachungsaufgabe, reduziert sich die effektive Überwachungspflicht des Geschäftsführers auf die ihm unmittelbar unterstellten Mitarbeiter und deren Führungs- und Überwachungsverhalten ("Überwachung der Überwacher"). Man spricht insoweit von einer Meta-Überwachung. Ausdrücklich angesprochen wird diese mehrstufige Verteilung der Aufsichtspflichten in § 130 Abs. 1 Satz 2 OWiG, wonach zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen gehören. Auch bei mehrstufiger Verteilung der Aufsichtspflichten verbleibt die sog. Oberaufsicht aber unentrinnbar bei dem Geschäftsführer. Zu diesen unübertragbaren Kernpflichten gehört insbesondere die Organisations- und Systemverantwortung für die unternehmensinternen Delegationsprozesse (Fleischer a.a.O. Rn. 141 m.w.N.).

V.

Eine GmbH trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist.

Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre; die Beweislastregel des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG findet im GmbH-Recht entsprechende Anwendung (BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280; Beschluss vom 18.02.2008 - II ZR 62/07, GmbHR 2008, 488). Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, Rn. 6ff. bei juris).

Allerdings hat die klagende Gesellschaft nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast insoweit primär im Einzelnen zu den Umständen vorzutragen, aus denen sich ein pflicht- und sorgfaltswidriges Verhalten des Geschäftsführers ergeben soll (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280).

Die dargelegte Beweislastverteilung erfasst zudem nicht auch die Frage, ob der Geschäftsführer - selbst, wenn er etwa die zweckmäßige Verwendung von Gesellschaftsgeldern nicht beweisen könnte - diese auch vorsätzlich veruntreut und damit eine unerlaubte Handlung begangen hat. Vorsatz wird nicht vermutet; er ist dem Schädiger stets nachzuweisen. Die Darlegungs- und Beweislast für eine deliktische Haftung des Geschäftsführers liegt damit stets vollständig bei der GmbH (BGH, Urteil vom 08.07.1985 - II ZR 198/84, GmbHR 1986, 19; Urteil vom 16.09.2002 - II ZR 107/01, GmbHR 2002, 1197).

VI.

Nach diesen Maßstäben sind dem Beklagten mehrere schadensersatzbegründende Pflichtverletzungen anzulasten.

1. Die Klägerin behauptet solche Pflichtwidrigkeiten des Beklagten.

a) Dieser sei bereits durch den 2006 aufgedeckten Schadensfall (S. und S., siehe oben A 4) gewarnt gewesen, so dass eine gesteigerte Überwachungspflicht bestanden habe. Auch der Beiratsbeschluss vom 07.04.2006 (Anlage K6) habe eine entsprechende Überwachungspflicht begründet. Dem Beklagten hätte bereits im Vorfeld der Manipulationen durch den Mitarbeiter H. der stetig anwachsende Forderungsbestand der Klägerin aus nicht bezahlten Kraftstofflieferungen auffallen müssen, zumal dieser eine für die Klägerin bedrohliche Höhe erreicht habe, insbesondere die üblichen Jahresgewinne der Klägerin um ein Mehrfaches überstiegen habe. Der Beklagte habe insoweit pflichtwidrig überhaupt kein Kontroll- und Überwachungssystem eingerichtet, zudem das Handeln des Mitarbeiters H. im Bereich des Rechnungs-, Mahn- und Beschwerdewesens - wo dieser Mitarbeiter nicht zuständig gewesen sei - geduldet. Der Beklagte habe im Strafverfahren (vgl. Anlage K11, Seite 6) auch eingeräumt, dass ihm die erhebliche Höhe der offenen Außenstände der Firmen T. (170.000 €) und R. (400.000 €) bekannt gewesen sei.

b) Dem Beklagten sei auch bewusst gewesen, dass die Tätigkeit des Mitarbeiters H. überwacht werden musste; der Beklagte trage selbst vor, er habe sich bemüht, einen weiteren Mitarbeiter für diesen Tätigkeitsbereich zu finden, "damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt bleibt". Trotz seiner Verpflichtung, insoweit eine effiziente Überwachung zu organisieren, sei der Beklagte insoweit untätig geblieben.

c) Dies, obwohl der Beklagte gewusst habe, dass die von den Firmen R., T. und S. gestellten Sicherheiten (Forderungsabtretungen) unzureichend waren und stattdessen Warenkreditversicherungen (WKV) hätten gestellt werden sollen. Es werde bestritten, dass die Firmen R., T. und S. unter besonderer Beobachtung des Beklagten gestanden hätten und dass diese "allesamt unauffällig oder durch entsprechende Kreditversicherungen (WKV) abgesichert gewesen" seien.

d) Der Beklagte habe aufgrund mehrfacher Tagungsteilnahme (siehe oben A 4) von seinen Geschäftsführerpflichten auch positive Kenntnis gehabt.

e) Dem Beklagten sei konkret anzulasten, dass ihm nicht aufgefallen sei, dass sich Herr H. - der insoweit nicht zuständig gewesen sei - laufend die Abrechnungen bestimmter Kunden aushändigen ließ, um selbst für den Versand an diese zu sorgen, was auffällig, absolut unüblich und nicht nachvollziehbar gewesen sei. Der Beklagte hätte das Manko dieser Vorgehensweise erkennen müssen und ein solches Vorgehen abstellen müssen; zumindest hätte er eine entsprechende Meldepflicht der Buchhaltung ihm gegenüber anordnen (und überwachen) müssen. Die unübliche Aushändigung von Kundenabrechnungen an Herrn H. habe die Möglichkeit von Manipulationen an diesen Rechnungen geschaffen (wie sie im Streitfall durch Übersendung dieser Rechnungen nicht an die buchhalterisch erfassten Rechnungsempfänger, sondern stattdessen durch deren Übersendung an die Firmen R., T. und R. geschehen seien). Wären derartige Manipulationen des Herrn H. verhindert worden, wäre es bei den falsch abgerechneten Tankvorgängen zu Beanstandungen der belasteten Rechnungsempfänger gekommen, in deren Folge entdeckt worden wäre, dass aufgrund manipulierter Tankkarten die abgerechneten Tankvorgänge nicht den Rechnungsempfängern, sondern den begünstigten Firmen R., T. und R. zugutegekommen sind.

f) Dem Beklagten sei weiter konkret anzulasten, dass ihm nicht aufgefallen sei, dass Herr H. - der für den Bereich Mahnwesen und Beschwerdemanagement nicht zuständig gewesen sei - durch die Buchhaltungssoftware automatisch erstellte Mahnungen an zu Unrecht belastete Rechnungsempfänger (wegen Nichtbegleichung entsprechender Rechnungen) abfing sowie Beschwerden zu Unrecht belasteter Rechnungsempfänger über die Berechnung von Tankvorgängen, die dieser Kunde nicht durchgeführt hatte, an sich zog. Der Beklagte hätte das Manko dieser Vorgehensweise erkennen müssen und ein solches Vorgehen abstellen müssen, etwa durch technische Sperren oder durch organisatorische Maßnahmen. Dieses Unterlassen des Beklagten habe die Möglichkeit von Manipulationen hinsichtlich Mahnungen der Klägerin wie auch hinsichtlich Beschwerden von Kunden geschaffen (wie sie im Streitfall durch das Abfangen von Mahnungen der Klägerin an zu Unrecht belastete Rechnungsempfänger wie auch durch das Unterschlagen von Beschwerden solcher Kunden geschehen seien). Wären derartige Manipulationen des Herrn H. verhindert worden, wäre es bei den falsch abgerechneten Tankvorgängen zu Beanstandungen der abgemahnten Rechnungsempfänger gekommen, in deren Folge entdeckt worden wäre, dass aufgrund manipulierter Tankkarten die abgerechneten Tankvorgänge nicht den Rechnungsempfängern, sondern den begünstigten Firmen R., T. und R. zugutegekommen sind. Dies wäre in gleicher Weise aufgrund der Beschwerden dieser Kunden der Fall gewesen.

g) Dem Beklagten sei weiter konkret anzulasten, dass er auf den Vorschlag des Mitarbeiters H., als Prokurist beim Kunden R. tätig zu werden, nicht mit Kontrollmaßnahmen reagiert, vielmehr diesem Vorschlag zugestimmt habe. Der Vorschlag des Herrn H. habe deutlich einen Interessenkonflikt aufgezeigt, der sofortige effektive Kontrollmaßnahmen des Beklagten erfordert habe.

h) Weiter sei dem Beklagten anzulasten, dass er im sensiblen Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden auf die Durchsetzung des Vier-Augen-Prinzips verzichtet habe. Bei Wahrung dieses Prinzips wären die Manipulationen des Beklagten durch die missbräuchliche Zuordnung von Tankkarten der Firmen R., T. und S. an andere Kunden von vorneherein aufgefallen und verhindert worden. Der Umstand, dass der Beklagte kein hierzu geeignetes Personal gefunden habe, entlaste ihn nicht; notfalls hätte der Beklagte im sensiblen Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden selbst mitwirken müssen.

i) Dem Beklagten sei weiter anzulasten, dass er zur Unterbindung von Fehlverhalten von Mitarbeitern sowohl im Bereich der Tankkartenausgabe und -zuordnung an Kunden als auch im Bereich des Rechnungsversands, des Mahnwesens und des Beschwerdemanagements auch sonst jegliches Tätigwerden unterlassen habe, etwa Stichprobenkontrollen, Mitteilungs- und Dokumentationspflichten der Mitarbeiter, Compliance-Schulungen für die Mitarbeiter oder ähnliches.

j) Dass in der Vergangenheit ein Fehlverhalten des Herrn H. nie aufgefallen sei und es keine Anhaltspunkte hierfür gegeben habe, komme dem Beklagten nicht zugute. Unbeanstandetes Verhalten könne allenfalls dann zu einer Entlastung des für die Aufsicht Verantwortlichen führen, wenn der Beaufsichtigte einer entsprechenden Kontrolle unterlegen habe, was bei Herrn H. gerade nicht der Fall gewesen sei.

2. Der Beklagte bestreitet eine Pflichtverletzung.

Eine Überziehung des jeweiligen Tankkarten-Limits durch die Firmen R., T. und S. sei nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, da der Mitarbeiter H. der Klägerin entsprechende Betankungen buchhalterisch nicht bei diesen Firmen, sondern bei anderen Tankkartenkunden erfasst habe. Dem Beklagten seien die Manipulationen des Mitarbeiters H. nicht bekannt gewesen; er habe diesem vertraut. Herr H. habe seit vielen Jahren eine vertrauensvolle Position bei der Klägerin innegehabt; der Beklagte sei mit ihm "regelrecht befreundet" gewesen; der Beklagte habe auch regelmäßig die (aus der vom Mitarbeiter H. falsch geführten) Buchhaltung ersichtlichen offenen Posten kontrolliert.

Die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welche konkrete Pflichtverletzung der Beklagte begangen haben solle; die Klägerin habe insbesondere nicht im Einzelnen dargelegt, wie sich das manipulative und kriminelle Verhalten des Herrn H. abgespielt habe. Das Landgericht habe im angefochtenen Urteil einfach unterstellt, dass eine Obliegenheitsverletzung des Beklagten als Geschäftsführer vorliege, da aufgrund der internen Organisationsstruktur die Manipulationen des Herrn H. nicht verhindert wurden. Welche Obliegenheiten der Beklagte konkret verletzt habe, sage auch das Gericht nicht. Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der langjährige Mitarbeiter H. der Klägerin mit krimineller Energie seine Zuständigkeit für Tankkarten und für die Kunden, denen Tankkarten ausgegeben waren, missbrauchen und die Inhaberschaft dieser Tankkarten manipulieren würde. Vom Geschäftsführer einer GmbH könne nicht verlangt werden, dass er schon im Vorfeld eines möglichen Schadens ohne Anhaltspunkte für einen solchen jeden Vorgang im Einzelnen überprüfe und dabei den Mitarbeitern unterstelle, dass sie mit krimineller Energie zu Lasten der Gesellschaft Manipulationen zugunsten eines Dritten vornehmen.

3. Eine Pflichtverletzung des Beklagten ist bereits deshalb gegeben, weil dieser es unterlassen hat, im Rahmen der internen Unternehmensorganisation der Klägerin Compliance-Strukturen zu schaffen, die ein rechtmäßiges und effektives Handeln gewährleisten und die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter - auch mittels Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen - verhindern.

Dies zeigt sich insbesondere daran, dass der Beklagte keine Maßnahmen ergriffen hat, um das (von ihm selbst als relevant erkannte) Vier-Augen-Prinzip im schadensträchtigen Bereich der Ausgabe von Tankkarten sowie deren EDVmäßige Verbuchung und Zuordnung an Kartenkunden einzuhalten.

a) Das Vier-Augen-Prinzip (englisch two-man rule) ist in der Organisationslehre eine präventive Kontrolle, bei der bestimmte Ablaufabschnitte, Arbeitsabläufe, Arbeitsprozesse, Arbeitsvorgänge, Aufgaben, Entscheidungen, Handlungen oder Prozesse nur durch gleichlautende Entscheidungen von mindestens zwei Personen durchgeführt werden dürfen. Ziel des Vier-Augen-Prinzips ist es, das Risiko von Fehlern und Missbrauch zu reduzieren. Die Vier-Augen-Kontrolle ist branchenübergreifend bei einer Vielzahl von unternehmensinternen Arbeitsprozessen zu finden, die als kritisch gewertet werden. Kritisch sind Prozesse immer dann, wenn sie bei einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung Personenschäden oder erhebliche finanzielle Auswirkungen zur Folge haben können.

b) Bei der Klägerin war für die vom Mitarbeiter H. ausgeführte Tätigkeit der Verwaltung von Tankkarten und Kartenkunden die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips erforderlich. Diese Tätigkeit konnte zu weitreichenden finanziellen Folgen für die Klägerin führen und stellt seitens der Klägerin auch eine Art der Kreditgewährung an ihre Kunden dar. Hinsichtlich der Regularien der Kreditgewährung an Kunden geben die Schulungsunterlagen der Klägerin vom 20./21.09.2012 sowie vom 19./20.11.2012 die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips vor (vgl. Anlage K20, Seiten 4ff.; Anlage K21, Seiten 13ff., 41f.).

Jedenfalls soweit es um die Ausgabe von Tankkarten sowie deren EDVmäßige Verbuchung und Zuordnung an Kartenkunden ging, war deshalb bei der Klägerin für die vom Mitarbeiter H. ausgeübte Tätigkeit die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips erforderlich. Hiervon geht selbst der Beklagte aus, der vortragen lässt, er habe sich bemüht, einen weiteren Mitarbeiter für diesen Tätigkeitsbereich zu finden, "damit das Vier-Augen-Prinzip gewahrt bleibt" (Seite 3 der Klageerwiderung = Bl. 24 d.A.). Unerheblich ist, dass der Beklagte nach seinem Vortrag kein hierfür geeignetes Personal gefunden haben will; soweit aus diesem Grund eine Überwachung nicht delegiert werden konnte, hätte der Beklagte selbst die notwendigen Überwachungstätigkeiten durchführen müssen.

c) Daneben ist dem Beklagten als weitere Pflichtverletzung anzulasten, dass er bei den Eingriffen des Mitarbeiters H. in die Rechnungstellung bzw. den Rechnungsversand wie auch in das Beschwerdemanagement (siehe oben A 5 c) nicht eingeschritten ist, obwohl das entsprechende Tätigwerden des Mitarbeiters H. in Bereiche außerhalb seiner Zuständigkeit unschwer zu erkennen und leicht zu verhindern gewesen wäre.

Bei der entsprechenden Beurteilung ist insbesondere auch zu berücksichtigen,

- dass im Hinblick auf den vorangegangenen, 2006 aufgedeckten Schadensfall (siehe oben A 4) eine gesteigerte Überwachungspflicht bestand,

- dass der Beklagte von seinen Geschäftsführerpflichten nach entsprechender Tagungsteilnahme (siehe oben A 4) positive Kenntnis haben musste, was insbesondere für die Wahrung des Vier-Augen-Prinzips durch seine Einlassung bestätigt wird, und

- dass auf den Vorschlag des Mitarbeiters H., bei dem Kunden R. als Prokurist zu arbeiten (siehe oben A 5 e) nicht reagiert wurde, vielmehr diesem Ansinnen sogar zugestimmt wurde, obwohl insoweit die Gefahr von Interessenkonflikten offensichtlich war.

Bei Bewertung der Gesamtumstände hält der Senat eine Schadensersatzpflicht begründende Pflichtverletzungen des Beklagten für gegeben.

4. Diese Pflichtverletzungen erfolgten auch schuldhaft, jedenfalls fahrlässig.

Soweit die Klägerin ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten, insbesondere ein kollusives Zusammenwirken mit dem Mitarbeiter H., behauptet hat, ist der Senat hiervon jedoch nicht überzeugt. Vorsatz wird nicht vermutet (siehe oben C V); den diesbezüglichen Beweis hat die Klägerin nicht geführt.

VII.

Durch die Pflichtverletzungen des Beklagten ist der Klägerin ein kausaler Schaden in Höhe von 788.933,31 € entstanden.

1. Die Klägerin hat einen weitergehenden Schaden in Gesamthöhe von 860.963,94 € behauptet; mit diesem (Netto-)Betrag sei sie aus der Lieferung von Kraftstoffen an die Firmen R., T., S., K. und andere ausgefallen.

Diese Schadenshöhe sei unter Mitwirkung des Beklagten ermittelt worden (Anlage K7). Der Beklagte habe einen Schaden in dieser Höhe damit eingeräumt und bestreite diesen nicht. Entsprechend dem Bericht des Beklagten vom 25.03.2014 (Anlage K7) setze sich der Schaden der Klägerin zusammen aus der Summe nachweisbarer Schäden in Höhe von 842.247,19 € und aus nicht zuordenbaren Schäden in Höhe von 18.716,75 €. Die exakte Schadensaufstellung ergebe sich auch aus dem gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss vom 22.08.2014 (Anlage K19).

Die Klägerin hat zur Schadenshöhe ergänzend mit Schriftsatz vom 30.11.2018 vorgetragen. Sie verweist auf die nunmehr vorgelegten Anlagen

- Anlage K21b (im Schriftsatz als Anlage K21 bezeichnet; diese Anlagennummer ist bereits anderweit vergeben): Gesamtübersicht der einzelnen Schadensvorfälle (sortiert nach fortlaufenden Rechnungsnummern) unter Angabe der jeweiligen Tankkartennummer, des jeweils begünstigten Unternehmens (Firmen R., T. oder S.), des jeweils zu Unrecht belasteten Unternehmens sowie des jeweiligen Betrages;

- Anlage K22: Gesamtübersicht der einzelnen Schadensvorfälle (geordnet nach jeweils zu Unrecht belasteten Unternehmen);

- Anlage K23: fehlerhafte Rechnungen an die jeweils geschädigten Unternehmen samt Empfangsbestätigungen für die jeweils verwendeten Tankkarten.

Die jeweils "geschädigten", also zu Unrecht belasteten Unternehmen hätten diese Forderungen nicht bezahlen müssen; soweit es tatsächlich schon zu Zahlungen gekommen war, seien die entsprechenden Beträge von der Klägerin zurückerstattet worden.

Von den jeweils begünstigten Unternehmen (Firmen R., T. oder S.) hätten die geschuldeten Beträge nicht beigetrieben werden können.

Die Kausalität der Pflichtverletzungen des Beklagten sei offensichtlich. Bei Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen des Risikomanagements hätte das Verhalten des Mitarbeiters H. von vorneherein verhindert werden können oder wäre zumindest so zeitnah entdeckt worden, dass der zugebilligte Kreditrahmen allenfalls minimal überschritten worden wäre und den Forderungen der Klägerin gegen die Firmen R., T. und R. daher ausreichende Sicherungsmittel gegenübergestanden hätten.

2. Der Beklagte bestreitet einen kausalen Schaden. Die von ihm in Anlage K7 genannte Summe sei zum Zeitpunkt 25.03.2014 gemutmaßt worden. Für die Feststellung eines Schadens sei jedoch nach der Differenzhypothese der Vergleich mit der hypothetischen Vermögenslage der Klägerin anzustellen, die ohne die behaupteten (und bestrittenen) Pflichtverletzungen des Beklagten eingetreten wäre. Insoweit sei kein substanziierter Sachvortrag erfolgt; insbesondere sei ein Forderungsausfall nicht mit einem Schaden gleichzusetzen.

Die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welcher konkrete Schaden aus welcher konkreten Pflichtverletzung kausal entstanden sein solle. Auch der Zeuge P. habe hierzu inhaltlich nichts ausgesagt. Das Landgericht setze sich im angefochtenen Urteil überhaupt nicht damit auseinander, welche konkrete Manipulation des Herrn H. zu welchem konkreten Schaden geführt haben könne. Das Landgericht habe allein darauf verwiesen, der Beklagte habe es unterlassen, den Mitarbeiter H. stichprobenartig zu überprüfen. Der Schluss, dass im Rahmen solcher stichprobenartiger Kontrollen das Handeln des Herrn H. überhaupt erkennbar gewesen wäre und dass dadurch auch der gesamte behauptete Schaden verhindert worden wäre, sei unzulässig. Der Verweis auf den Beiratsbeschluss vom 07.04.2006 sei insoweit unbehelflich, da es im Streitfall nicht darum gehe, dass Kreditlinien ohne Zustimmung des Beirats überzogen wurden, sondern darum, dass der Mitarbeiter H. Tankvorgänge falschen Kunden (mit nicht ausgeschöpften Kreditlinien) zugeordnet habe.

Zudem werde fälschlich darauf abgestellt, dass die Manipulationen des Herrn H. bereits vom ersten Zeitpunkt an dem Beklagten hätten auffallen müssen und zu verhindern gewesen wären. Auch ein aus bestimmten Manipulationen folgender konkrete Schaden sei nicht festgestellt. Zudem stelle ein bei Fa. K. entstandener Ausfall keinen Schaden dar.

Schließlich belaufe sich im Insolvenzverfahren der Fa. R. die den Insolvenzgläubigern ausgekehrte Quote auf etwas mehr als 10% der angemeldeten Forderungen. Insoweit sei ein etwaiger Schaden der Klägerin wieder entfallen.

3. Durch die Pflichtverletzungen des Beklagten ist der Klägerin ein kausaler Schaden in Höhe von 788.933,31 € entstanden.

a) Die Klägerin ist für einen durch das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten kausal verursachten Schaden darlegungs- und beweispflichtig (siehe oben C V).

b) Der von der Klägerin vorgetragene Forderungsausfall aus Lieferung von Kraftstoffen setzt sich zusammen aus uneinbringlichen Forderungen

- in Höhe von netto 532.096,80 € gegen Fa. R.,

- in Höhe von netto 288.284,67 € gegen Fa. T.,

- in Höhe von netto 21.865,72 € gegen Fa. S.,

- in Höhe von netto 104,20 € gegen Fa. K.

- und aus einem keinem Kunden zuordenbarem Fehlbetrag von 18.716,75 €.

Die Klägerin behauptet einen insoweit entstandenen Gesamtschaden in Höhe von insgesamt 860.963,94 €.

In diesem behaupteten Gesamtschaden ist - wie durch Addition der einzelnen Beträge unschwer feststellbar - der Teilbetrag von 104,20 € (Fa. KITLIK) bereits nicht enthalten.

c) Gleichwohl hat das Landgericht im Umfang von 104,20 € (Fa. KITLIK) die Schadensersatzklage abgewiesen, nachdem die Klägerin erklärt hatte, dass dieser Teilbetrag in Abzug zu bringen sei (Schriftsatz vom 02.04.2019, Seite 4 = Bl. 91 d.A.). Gegenstand der Verurteilung durch das Landgericht und des Berufungsverfahrens ist nur der verbleibende restliche behauptete Forderungsausfall in Höhe von (860.963,94 € - 104,20 € =) 860.859,74 €, der vom Landgericht der Klägerin zugesprochen worden ist.

d) Der Vortrag des Beklagten, im Insolvenzverfahren der Fa. R. sei den (einfachen) Insolvenzgläubigern (zu denen auch die Klägerin gehört) auf deren Forderungen eine Quote von 10% ausbezahlt worden, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 von der Klägerin unstreitig gestellt (Seite 4 des Protokolls, Bl. 185 d.A.). Dieser Vortrag war zudem durch die vom Beklagten vorgelegten Anlagen BK1 - BK5 belegt worden.

Damit ist die Klageforderung insoweit zu reduzieren; nachdem ein Schaden der Klägerin in diesem Umfang anderweitig ausgeglichen wurde, stehen ihr insoweit keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu. Ausgehend von dem behaupteten Forderungsausfall gegen Fa. R. in Höhe von 532.096,80 € ist diese Summe um 10% (= 53.209,68 €) zu kürzen. Damit verbleibt ein behaupteter restlicher Forderungsausfall in Höhe von (860.859,74 € - 53.209,68 € =) 807.650,06 €.

e) Soweit die Klägerin einen Schadensposten in Höhe von 18.716,75 € aus einem keinen Kunden zuordenbaren Fehlbetrag beansprucht, ergibt sich aus den vorgelegten Anlagen K21b, K22 und K23, dass entsprechende Tankvorgänge zwar durchaus bestimmten Rechnungsempfängern zuordenbar sind, insoweit jedoch ein durch die Tankvorgänge Begünstigter nicht festgestellt werden kann. Als Ursache hierfür kommen nach dem insoweit unstreitigen Sachvortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 Betankungen mittels sog. Jokerkarten in Betracht (wie sie auch etwa in Anlage K22 als "Jokertankungen ohne Zuordnung" erwähnt sind).

"Jokerkarten" sind nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2021 an Mitarbeiter der Klägerin ausgegebene Tankkarten, mittels derer Tankvorgänge von Kunden ermöglicht werden, deren eigentliche Tankkarten etwa vergessen wurden oder nicht funktionieren. Bei derartigen Tankvorgängen muss die mittels der Jokerkarte jeweils ermöglichte Betankung noch zusätzlich manuell dem betreffenden Kunden zugeordnet werden, damit sie diesem in Rechnung gestellt werden kann. Als naheliegende Möglichkeit des keinem Kunden zuordenbaren Fehlbetrags kommt damit in Betracht, dass mittels Jokerkarten ermöglichte Betankungen einem anderen Kunden (= Rechnungsempfänger) zugeordnet wurden als demjenigen, welcher getankt hat (= Begünstigter).

Damit ist zwar auch diese Position als Schaden der Klägerin zu qualifizieren. Insoweit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass es sich um einen durch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten kausal verursachten Schadensposten handelt. Insoweit ist bereits ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten nicht dargelegt, da nicht aufgezeigt wird, dass (nur) der Beklagte für die manuelle Zuordnung von Tankvorgängen mittels Jokerkarten an bestimmte Kunden (Rechnungsempfänger) zuständig war.

Damit verbleibt ein behaupteter restlicher Forderungsausfall in Höhe von (807.650,06 € - 18.716,75 € =) 788.933,31 €.

f) Die Rüge der Berufung, die Klage sei unschlüssig, da nicht dargelegt werde, welcher konkrete Schaden aus welcher konkreten Pflichtverletzung kausal entstanden sein soll, geht fehl.

Zwar mag es zutreffen, dass durch die Pflichtverletzungen des Nichteinschreitens bei den Eingriffen des Mitarbeiters H. in die Rechnungstellung bzw. den Rechnungsversand bzw. in das Beschwerdemanagement nicht sämtliche behaupteten Schäden kausal verursacht wurden, sondern erst solche Schäden, die nach Erkennbarkeit der Eingriffe des Mitarbeiters H. für den Beklagten entstanden. Insoweit liegen keinerlei Feststellungen des Landgerichts vor.

Jedenfalls hat aber der Verzicht des Beklagten auf die Durchsetzung des Vier-Augen-Prinzips im Bereich der Tankkarten-Ausgabe und -Zuordnung an Kunden sämtliche Forderungsausfälle kausal verursacht. Bei Wahrung des Vier-Augen-Prinzips wäre das Handeln des Mitarbeiters H. von vorneherein aufgefallen und unterbunden worden, damit nicht möglich gewesen. Im Rahmen einer diesbezüglichen zusätzlichen Überwachung - notfalls durch den Beklagten selbst - hätte dieser die Abgabe von Treibstoff an die Kunden R., T. oder R. unterbinden oder aber auf der Stellung zusätzlicher Sicherheiten bestehen können und müssen, um weitere Tankvorgänge dieser Kunden zu ermöglichen. Auf diese Weise wäre der im (nach Verwertung der gestellten Sicherheiten verbleibenden) Forderungsausfall der Klägerin gegen die genannten Firmen liegende Schaden vermieden worden. Jedenfalls diese konkrete Pflichtverletzung war deshalb kausal für sämtliche behaupteten Schäden.

g) Die Rüge der Berufung, ein konkreter Schaden der Klägerin werde nicht aufgezeigt und sei weder substanziiert vorgetragen noch nachgewiesen, geht gleichfalls fehl.

Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.11.2018 vorgelegten Anlagen (K21b, K22, K23) bilden die Schadenshöhe insgesamt hinreichend ab. Daraus sind sämtliche einzelnen Tank- und Buchungsvorgänge nach Datum, Betrag, Rechnungsempfänger, Tankkartennummer sowie begünstigtem Unternehmen im Einzelnen aufgelistet und - durch Vorlage der entsprechenden Rechnungen - nachgewiesen. Zudem hat der Beklagte selbst mit dem von ihm erstellten Schadensbericht (Anlage K7) eine diesbezügliche Schadenshöhe rechnerisch ermittelt und mitgeteilt. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich das Bestreiten der Schadenshöhe bereits als unsubstanziiert und zudem auch als rechtsmissbräuchlich dar.

VIII.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist überwiegend begründet.

1. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind für diese bereits vorgerichtlich tätig geworden; insbesondere haben sie mit Schreiben vom 24.01.2018 (Anlage K16) die klagegegenständlichen Ansprüche gegenüber der D& O-Versicherung des Beklagten geltend gemacht.

Die Klägerin begehrt die Erstattung insoweit angefallener Anwaltskosten bei Ansatz einer 2,5-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 860.963,94 €. Das Landgericht hat solche Kosten in der geltend gemachten Höhe zugesprochen.

2. Grundsätzlich können vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten im Rahmen des § 249 Abs. 1 BGB beansprucht werden. Als Teil des Schadensersatzanspruchs nach § 43 Abs. 2 GmbHG besteht ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Die Schadensersatzpflicht des Beklagten erstreckt sich nämlich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, insbesondere auf Rechtsanwaltskosten.

Diese Ersatzpflicht setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 249 Rn. 56, 57 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallgestaltung ist dies nach Ansicht des Senats gegeben.

3. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG sieht das Gesetz einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vor, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist von der Klägerin zwar nicht im Einzelnen konkret dargelegt, nach Bewertung des Senats jedoch bei der vorliegenden Fallgestaltung - insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität der Sache - ohne weiteres anzunehmen. Der Ansatz eines Gebührensatzes von 2,5 wird vom Beklagten in der Sache auch nicht bestritten.

4. Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert berücksichtigt allerdings nicht, dass als Schadensersatz lediglich der ausgeurteilte Betrag von 788.933,31 € beansprucht werden kann. Entsprechend ist der Wert der anwaltlichen Tätigkeit in dieser Höhe zu bemessen.

Bei einem Gegenstandswert von mehr als 750.000 € bis 800.000 € beträgt eine Wertgebühr 4.113,00 € (§ 13 RVG in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung).

5. Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:

10.282,50 € (2,5-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG x 4.113,00 €)

20,00 € (Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG)

10.302,50 € (Summe)

Die Klägerin kann damit die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von netto 10.302,50 € beanspruchen.

IX.

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt sowohl hinsichtlich des Hauptanspruchs auf Schadensersatz als auch hinsichtlich der Nebenforderung auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten jeweils aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klage wurde dem Beklagten am 30.05.2018 zugestellt, so dass Rechtshängigkeitszinsen seit 31.05.2018 geschuldet sind. Die Klageerweiterung betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten wurde dem Beklagten am 04.10.2018 zugestellt, so dass insoweit Rechtshängigkeitszinsen seit 05.10.2018 geschuldet sind.

D.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist nicht der Fall.

Die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten; widersprüchliche Entscheidungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen liegen nicht vor.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung gegen die nach den §§ 46 bis 48, 53 verpflichteten Personen oder aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats oder aus § 117 müssen geltend gemacht werden, wenn es die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt. Der Ersatzanspruch soll binnen sechs Monaten seit dem Tage der Hauptversammlung geltend gemacht werden.

(2) Zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs kann die Hauptversammlung besondere Vertreter bestellen. Das Gericht (§ 14) hat auf Antrag von Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erreichen, als Vertreter der Gesellschaft zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs andere als die nach den §§ 78, 112 oder nach Satz 1 zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Personen zu bestellen, wenn ihm dies für eine gehörige Geltendmachung zweckmäßig erscheint. Gibt das Gericht dem Antrag statt, so trägt die Gesellschaft die Gerichtskosten. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig. Die gerichtlich bestellten Vertreter können von der Gesellschaft den Ersatz angemessener barer Auslagen und eine Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen. Die Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

8
a) Gesellschafter einer Personengesellschaft können bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen ihren organschaftlichen Vertreter in entsprechender Anwendung von §§ 46 Nr. 8 Halbs. 2 GmbHG, 147 Abs. 2 Satz 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen (Karrer, NZG 2008, 206 ff.; ihm folgend Hopt in Baumbach/Hopt, HGB 34. Aufl. § 124 Rdn. 42; für die GmbH & Co. KG vgl. Landgericht Karlsruhe, Urt. v. 19. Januar 2001 - O 123/00 KfH I, NZG 2001, 169, 171; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 46 Rdn. 177; Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG § 46 Rdn. 123).
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Nach der Rechtsprechung des Senats (Sen.Urt. v. 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1764) ist ein Verstoß gegen die aus der Organstellung resultierenden Pflichten sittenwidrig, wenn diese zur Durchsetzung eigener Interessen in einer Weise missbraucht wird, die als grobe Missachtung des Mindestmaßes an Loyalität und Rücksichtnahme zu werten ist, dessen Aufrechterhaltung die Gemeinschaft als für ihre Ordnung maßgebenden Wert für geboten erachtet. In einem Prozess gegen sich selbst als Gesellschafter konnte und durfte der Beklagte die Schuldnerin nicht organschaftlich vertreten (RGZ 7, 404, 405; 66, 240, 243; BGH, Beschl. v. 27. November 1974 - IV ZB 42/73, NJW 1975, 345, 346; außerdem Sen.Urt. v. 11. Dezember 1995 - II ZR 220/94, ZIP 1996, 227, 228).
8
a) Gesellschafter einer Personengesellschaft können bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen ihren organschaftlichen Vertreter in entsprechender Anwendung von §§ 46 Nr. 8 Halbs. 2 GmbHG, 147 Abs. 2 Satz 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen (Karrer, NZG 2008, 206 ff.; ihm folgend Hopt in Baumbach/Hopt, HGB 34. Aufl. § 124 Rdn. 42; für die GmbH & Co. KG vgl. Landgericht Karlsruhe, Urt. v. 19. Januar 2001 - O 123/00 KfH I, NZG 2001, 169, 171; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 46 Rdn. 177; Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG § 46 Rdn. 123).

(1) Die Liquidation erfolgt, sofern sie nicht durch Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern oder anderen Personen übertragen ist, durch sämtliche Gesellschafter als Liquidatoren. Mehrere Erben eines Gesellschafters haben einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten kann aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat; das Gericht kann in einem solchen Falle Personen zu Liquidatoren ernennen, die nicht zu den Gesellschaftern gehören. Als Beteiligter gilt außer den Gesellschaftern im Falle des § 135 auch der Gläubiger, durch den die Kündigung erfolgt ist. Im Falle des § 145 Abs. 3 sind die Liquidatoren auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht zu ernennen.

(3) Ist über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet und ist ein Insolvenzverwalter bestellt, so tritt dieser an die Stelle des Gesellschafters.

8
a) Gesellschafter einer Personengesellschaft können bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen ihren organschaftlichen Vertreter in entsprechender Anwendung von §§ 46 Nr. 8 Halbs. 2 GmbHG, 147 Abs. 2 Satz 1 AktG einen besonderen Vertreter bestellen (Karrer, NZG 2008, 206 ff.; ihm folgend Hopt in Baumbach/Hopt, HGB 34. Aufl. § 124 Rdn. 42; für die GmbH & Co. KG vgl. Landgericht Karlsruhe, Urt. v. 19. Januar 2001 - O 123/00 KfH I, NZG 2001, 169, 171; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 46 Rdn. 177; Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG § 46 Rdn. 123).

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

17
aa) Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1392; Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692; Urteil vom 21. April 1994 - II ZR 65/93, NJW 1994, 2027; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2001 - II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f. zu § 43 Abs. 3 GmbHG; vgl. ferner Born, WM Sonderbeilage 2013/1, 34; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 4; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG § 43 Rn. 1, 3; U.H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 43 Rn. 14, 17; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 43 Rn. 1, 3).

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

17
aa) Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1392; Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692; Urteil vom 21. April 1994 - II ZR 65/93, NJW 1994, 2027; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2001 - II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f. zu § 43 Abs. 3 GmbHG; vgl. ferner Born, WM Sonderbeilage 2013/1, 34; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 4; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG § 43 Rn. 1, 3; U.H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 43 Rn. 14, 17; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 43 Rn. 1, 3).
12
3. Der Beklagte haftet gegenüber der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 3 GmbHG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH für nach § 30 Abs. 1 GmbHG verbotene Auszahlungen aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft an einen Gesellschafter der Komplementär-GmbH (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 1990 - II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 353 zum Liquidator). Der Rückzahlungsanspruch nach § 30 Abs. 1 GmbH steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Kommanditgesellschaft zu, wenn Zahlungen aus ihrem Vermögen geflossen sind. Wegen der gesellschaftsrechtlichen Bindung an die GmbH & Co. KG könnte die GmbH aus dem Verstoß gegen das Verbot des § 30 GmbHG keinen Vorteil zu Lasten des Vermögens der Kommanditgesellschaft ziehen und deshalb nicht Leistung an sich, sondern nur Rückzahlung in das Vermögen der Kommanditgesellschaft zur Wiederherstellung ihres Stammkapitals verlangen (BGH, Urteil vom 29. März 1973 - II ZR 25/70, BGHZ 60, 324, 330). Aus diesem Grund steht auch der dem Anspruch gegen die Gesellschafter nach §§ 30, 31 GmbHG entsprechende Anspruch gegen den Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 GmbHG der Kommanditgesellschaft zu. Auch insoweit erstreckt sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organverhältnisses auf die Kommanditgesellschaft (vgl. zu § 43 Abs. 2 GmbHG BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 - II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 15).

Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
2.
die Einforderung der Einlagen;
3.
die Rückzahlung von Nachschüssen;
4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
2.
die Einforderung der Einlagen;
3.
die Rückzahlung von Nachschüssen;
4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

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aa) Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH knüpft unmittelbar an die Verletzung der Pflichten aus der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung an und ist nicht von der Existenz eines Anstellungsvertrags abhängig (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1392; Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692; Urteil vom 21. April 1994 - II ZR 65/93, NJW 1994, 2027; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Juni 2001 - II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f. zu § 43 Abs. 3 GmbHG; vgl. ferner Born, WM Sonderbeilage 2013/1, 34; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 4; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG § 43 Rn. 1, 3; U.H. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 43 Rn. 14, 17; Koppensteiner/Gruber in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 43 Rn. 1, 3).

(1) Wer aus einem Geschäft, das auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, hat für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen.

(2) Unberührt bleiben die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach welchen der Schuldner in bestimmten Fällen nur grobe Fahrlässigkeit zu vertreten oder nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.

(2) Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. § 30 Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Satz 3 gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

 

BUNDESGERICHTSHOF

Urteil vom 04.11.2002 -

Az.: II ZR 224/00

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das "Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil" des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Juli 2000 insoweit aufgehoben, als die Klage auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 720.571,72 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 2. September 1997 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte war ab 1. Januar 1978 zunächst Mitgeschäftsführerin, ab Februar 1991 Alleingeschäftsführerin der klagenden GmbH, die an zwei benachbarten Standorten Maschinen produziert. Alleingesellschafter der Klägerin war ursprünglich der Lebensgefährte der Beklagten, der am 31. Januar 1992 verstarb. Kurz zuvor hatte er seine Tochter aus früherer Ehe als Alleinerbin und die Beklagte als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin zunehmend, was zum Streit zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Alleingesellschafterin der Klägerin führte. Am 12. Dezember 1996 wurde die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte in erster Instanz auf Schadensersatz in Höhe von 777.743,63 DM, zum Teil wegen angeblich zweckwidriger Verwendung von Gesellschaftsmitteln, in Anspruch genommen. In Höhe eines Teilbetrages von 740.524,60 DM hat sie die Klage -insoweit für die Revisionsinstanz noch von Belang -unter Vorlage eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens darauf gestützt, daß die Beklagte auf die ungenügende Auslastung der Fertigungskapazitäten beider Betriebsstätten pflichtwidrig nicht rechtzeitig reagiert und es versäumt habe, im Zeitraum von August 1995 bis August 1996 Kurzarbeit anzumelden (§ 72 AFG). Dadurch sei der Klägerin ein Schaden in Form unnötiger Lohnkosten von 740.524,60 DM entstanden. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 728.995,81 DM stattgegeben, wovon 720.571,72 DM auf den Lohnkostenschaden der Klägerin entfallen. Hinsichtlich dieses Betrages hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung scheitert die Klage nicht an fehlendem Vortrag der Klägerin zu dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG als materiell-rechtlicher Voraussetzung (vgl. BGHZ 97, 382, 390) für die Erhebung von Ersatzansprüchen auch gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern (vgl. BGHZ 28, 355, 357; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 -II ZR 236/96, ZIP 1998, 332). Die Revisionserwiderung weist selbst auf den -vermeintlich "pauschalen" -Vortrag der Klägerin hin, ihre Gesellschafterversammlung habe am 29. Mai 1997 die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die Beklagte beschlossen. Da ein Bestreiten dieses Vortrags durch die Beklagte nicht ersichtlich ist, bedurfte es keiner näheren Angaben oder Nachweise zu dem Gesellschafterbeschluß. Ebensowenig brauchte die Klägerin ausdrücklich vorzutragen, daß sie keinen besonderen Prozeßvertreter (anstelle ihres Geschäftsführers) gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG bestellt habe (vgl. Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 -II ZR 79/91, ZIP 1992, 760).

II. Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Schadensersatzansprüche schon deshalb für unbegründet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, daß die Beklagte mit der Nichtanmeldung von Kurzarbeit ab August 1995 die Grenzen des ihr zustehenden unternehmerischen Ermessens (vgl. BGHZ 135, 244) überschritten und damit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG zuwider gehandelt habe. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht stelle mit seiner Ansicht nahezu unerfüllbare Substantiierungsanforderungen und verkenne vor allem die hier maßgebenden Grundsätze der Darlegungs-und Beweislast.

1. Nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und der §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG trifft die betreffenden Organmitglieder im Streitfall die (Darlegungs-und) Beweislast dafür, daß sie "die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände (vgl. Hüffer, AktG 5. Aufl. § 93 Rdn. 16) rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. Müller, GenG 2. Aufl. § 34 Rdn. 49). Für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf konkrete Weisung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 GmbHG) gehandelt hat, im Ergebnis nichts anderes gelten, mag auch das GmbHG für ihn (in § 43 GmbHG) keine ausdrückliche entsprechende Regelung enthalten.

a) Bereits das Reichsgericht hat lange vor Einfügung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG (durch Gesetz vom 9. Oktober 1973, BGBl. I, S. 1451) entsprechende Grundsätze auf den Vorstand einer Genossenschaft angewendet (RGZ 13, 43) und in späteren Entscheidungen ausgeführt, eine Genossenschaft brauche zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen ihre Verwaltungsträger nur darzutun, "daß ihr aus deren Geschäftsgebarung im Rahmen des ihnen obliegenden Pflichtenkreises ein Schaden erwachsen ist"; sei dieser Nachweis geführt, obliege dem Vorstand der Nachweis, daß er trotz entgegenstehenden Anscheins seine Pflichten erfüllt, also alles getan habe, um die Genossenschaft vor Schaden zu bewahren, oder daß ihm die Erfüllung dieser Pflicht ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (RG DR 1939, 723 m.N.; weitere Nachweise bei Goette, ZGR 1995, 648, 650 ff.). Für den Geschäftsführer einer GmbH folgert RGZ 98, 98 Entsprechendes daraus, daß er der Gesellschaft aufgrund seines Dienstvertrages auskunfts-und rechenschaftspflichtig sei (§§ 259, 666, 675 BGB).

b) Auf der gleichen Linie liegt es, daß auch der Senat von dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere in den Fällen eines ungeklärten Kassen-oder Warenfehlbestandes den Nachweis verlangt, daß er die gebotene Sorgfalt zur Verhinderung des Fehlbestandes angewandt hat oder unverschuldet dazu nicht imstande war (vgl. Sen.Urt. v. 26. November 1990 -II ZR 223/89, ZIP 1991, 159 m.w.N.). Zwar hat der Senat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1991 (II ZR 43/91, ZIP 1992, 108) und vom 21. März 1994 (II ZR 260/92, ZIP 1994, 872) ausgeführt, die Gesellschaft müsse nachweisen, daß ihr infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers ein Schaden entstanden sei. In beiden Fällen ging es aber nicht um den Nachweis der von der Gesellschaft behaupteten Pflichtwidrigkeit, sondern um deren Kausalität für einen Schaden der Gesellschaft. Auch nach den Grundsätzen des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG trifft die Gesellschaft -ggf. mit der Erleichterung des § 287 ZPO (vgl. unten III) -die Darlegungs-und Beweislast für einen Schaden und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsleiters in seinem Pflichtenkreis, das als pflichtwidrig überhaupt in Betracht kommt, sich also insofern als "möglicherweise" pflichtwidrig darstellt (vgl. Goette, ZGR 1995, 648, 671 ff.; Hüffer aaO, § 93 Rdn. 16). Ebenso wie der Vorstand nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG muß aber auch der Geschäftsführer einer GmbH -entsprechend der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der überwiegenden Ansicht im neueren Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Goette aaO, S. 649; Hüffer aaO; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 167 c) -sich dahin entlasten, daß er nach den Umständen, die er darzulegen und zu beweisen hat, seinen (mit § 93 Abs. 1 AktG gleichlautenden) Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Das schließt ggf. den Nachweis der Einhaltung seines -grundsätzlich weiten -unternehmerischen Ermessensspielraums (vgl. hierzu BGHZ 135, 244, 253) ein. All dies gilt auchdann, wenn dem Geschäftsführer das (pflichtwidrige) Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird, zumal die Abgrenzung gegenüber der Pflichtwidrigkeit einer statt dessen vorgenommenen Handlung häufig fließend ist.

Gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer (wie hier der Beklagten) gilt im wesentlichen nichts anderes. Vor einer Überspannung seiner Darlegungs-und Beweislast ist er dadurch geschützt, daß die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat. Soweit zu seiner Verteidigung erforderlich, hat die Gesellschaft ihm Einsicht in die dafür maßgeblichen Unterlagen zu gewähren.

2. Nach diesen Grundsätzen scheitert die vorliegende Klage nicht an fehlenden Darlegungen der Klägerin zur Pflichtwidrigkeit der Unterlassung der Beklagten, Kurzarbeit anzumelden.

a) Die Klägerin hat, wie die Revision im einzelnen ausführt, unter Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers mit zusätzlichen Beweisantritten detailliert dargelegt, daß die Auslastung ihrer Betriebe im Sommer 1995 zum Teil um mehr als die Hälfte zurückgegangen und die Beklagte sogar von Betriebsratsmitgliedern ab Mitte 1995 aufgefordert worden sei, Kurzarbeit anzumelden, weil die Mitarbeiter sich "die Beine in den Bauch gestanden" hätten. Weiter hat die Klägerin anhand einer Mitarbeiterliste 63 von 75 Mitarbeitern namentlich bezeichnet, die Kurzarbeitergeld hätten beanspruchen können. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen der §§ 63 ff. AFG (in damaliger Fassung) spätestens ab August 1995 vorgelegen hätten, die Beklagte schließlich selbst auf erhebliches Drängen des Betriebsrats Ende Mai 1996 -zu spät -Kurzarbeit bei dem Arbeitsamt angemeldet und daß für den Erfolg dieser Maßnahme die schlichte Begründung "Auftragsmangel" genügt habe.

b) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast mehr als genügt, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, den gegen sie erhobenen Vorwurf zu entkräften. Unzureichend ist dafür ihr von dem Berufungsgericht herangezogener, völlig unbestimmter Vortrag, daß die schlechte Auftragslage der Klägerin nicht zu einer Unterbeschäftigung der Mitarbeiter habe führen müssen, weil es auch andere wertschöpfende Tätigkeiten in den Betrieben gegeben haben könne. Zu ihrem Vortrag, sie habe das Risiko gescheut, von den Mitarbeitern bereits bezogenes Kurzarbeitergeld bei kurzfristiger Aufhebung der Kurzarbeit wegen plötzlichen Arbeitsanfalls an das Arbeitsamt zurückzahlen zu müssen (vgl. BAG DB 1991, 392), entgegnet die Revision zu Recht, daß die Klägerin in diesem Fall nur den betreffenden Teil des Kurzarbeitergeldes hätte zurückzahlen müssen und damit immer noch besser gestanden hätte, als bei durchgängiger Zahlung des vollen Lohns an die unterbeschäftigten Mitarbeiter. Sonstige übergeordnete Gesichtspunkte, welche das Abwarten der Beklagten als eine vertretbare unternehmerische Ermessensentscheidung erscheinen lassen könnten, sind nicht festgestellt.

Die Tatenlosigkeit der Beklagten läßt sich -entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -auch nicht damit rechtfertigen, daß es für die Kurzarbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einer Vereinbarung mit dem -nach dem Vortrag der Klägerin überdies dazu bereiten -Betriebsrat bedurft hätte und die Bewilligung von Kurzarbeitergeld zusätzlich von einer Entscheidung des Arbeitsamtes (§§ 63 ff. AFG) abhing. Ebenso wie ein Geschäftsführer bei Vertragsverhandlungen mit einem Geschäftspartner der Gesellschaft jedenfalls versuchen muß, deren Interessen zur Geltung zu bringen, muß er bei einer deutlichen Unterbeschäftigung der Arbeitnehmer infolge Auftragsmangels zumindest den Versuch machen, eine Kostenentlastung durch Kurzarbeit nach den gesetzlichen Möglichkeiten zu erreichen. Unterläßt er dies ohne überzeugenden Grund, liegt bereits darin eine Pflichtwidrigkeit. Davon ist im vorliegenden Fall nach den bisherigen Feststellungen revisionsrechtlich auszugehen.

III. Das Berufungsgericht hält die Klage weiter auch deshalb für unbegründet, weil die Klägerin die Höhe des behaupteten Schadens und dessen Verursachung durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit nicht substantiiert dargelegt habe. Auch das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zwar trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft im Grundsatz die Darlegungs-und Beweislast für den Schaden und dessen Verursachung durch das Verhalten des Geschäftsführers (vgl. oben II 1). Für das Beweismaß gelten jedoch insoweit nicht die strengen Voraussetzungen des § 286 ZPO, sondern diejenigen des § 287 ZPO, der auch die Substantiierungslast der klagenden Partei erleichtert. Danach genügt es, daß sie Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinreichende Anhaltspunkte bieten (vgl. BGH, Urteile v. 3. Dezember 1999 -IX ZR 332/98, NJW 2000, 509; v. 1. Dezember 2000 -X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340). Unter § 287 ZPO fällt auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Gesellschaft durch das dem Geschäftsführer vorgeworfene Verhalten ein Schaden entstanden ist. Denn bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang mit einem daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur haftungsbegründenden, sondern zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis ebenfalls die in § 287 ZPO vorgesehenen Erleichterungen gelten (vgl. BGH, Urteil v. 3. Dezember 1999 aaO, m.N.). Gegenüber einem Geschäftsführer, der -wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist -nicht einmal den Versuch einer schadensabwendenden Maßnahme unternommen und die Gesellschaft dadurch in die Schwierigkeit des Nachweises der hypothetischen Entwicklung gebracht hat, ist diese Darlegungs-und Beweiserleichterung um so mehr gerechtfertigt.

2. Wie die Revision zu Recht rügt, läßt das angefochtene Urteil die Beachtung obiger Grundsätze nicht erkennen.

a) Soweit die Klägerin mit der von ihr vorgelegten betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers die Auslastungsquoten ihrer Betriebe für die einzelnen Monate tabellarisch dargestellt und zu den gesamten Lohnkosten in Beziehung gesetzt hat, ergeben sich daraus zwar nur die auf die Unterbeschäftigung entfallenden Lohnkosten. Inwieweit diese durch Kurzarbeit hätten eingespart werden können, hängt von den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür ab, worauf das Berufungsgericht die Klägerin durch Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 hingewiesen hat. Soweit die Revisionserwiderung insoweit auf das Erfordernis einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verweist, geht dies daran vorbei, daß der Betriebsrat hierzu nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin grundsätzlich bereit war und auf sein Drängen Ende Mai 1996 tatsächlich auch Kurzarbeit in gewissem Umfang angeordnet wurde. Da der Vortrag der Klägerin der Sache nach dahin ging, daß der Betriebsrat mit Kurzarbeit im Umfang der jeweiligen Unterbeschäftigung einverstanden gewesen wäre, brauchte sie im Rahmen des § 287 ZPO -entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -nicht zusätzlich vorzutragen, wann und mit welchem Inhalt die hypothetische Betriebsvereinbarung zustande gekommen wäre.

Was die Voraussetzung eines vorübergehenden Arbeitsausfalls mit der Erwartung eines Erhalts der Arbeitsplätze gemäß § 63 Abs. 1 AFG angeht, so hat die Klägerin, worauf die Revision hinweist, vorgetragen, daß der Auftragsbestand sich ab Juni 1996 wieder gebessert habe. Dies ist im Rahmen des § 287 ZPO -entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung -durchaus ein Indiz dafür, daß eine entsprechende Prognose auch schon im August 1995 zu stellen war. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber auf den Vortrag der Klägerin verweist, wonach die Klägerin im Jahr 1995 überschuldet und im September 1996 konkursreif gewesen sei, wird verkannt, daß gerade dies nach dem Vortrag der Klägerin durch Kurzarbeit hätte abgewendet werden sollen. Entgegen der Behauptung der Revisionserwiderung betrug die Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach der gemäß § 67 Abs. 2 AFG erlassenen KurzArbGeldfristVO vom 30. November 1994 (BGBl. I, S. 3574) für die Zeit bis 30. Juni 1996 nicht sechs sondern zwölf Monate -vorbehaltlich der Voraussetzung des § 67 Abs. 4 AFG, wonach der Empfänger von Kurzarbeitergeld nach Ablauf von sechs Monaten für eine anderweitige Beschäftigung verfügbar sein mußte, was aber bei der damaligen Arbeitsmarktlage kaum praktische Bedeutung hatte (vgl. Breunig in: Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG 2. Aufl. § 67 Rdn. 23).

b) Da der Klägerin auf der Grundlage ihres Vorbringens durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit jedenfalls ein Schaden entstanden ist, durfte das Berufungsgericht die Klage nicht ohne weiteres wegen evtl. noch fehlender Substantiierung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und der geltend gemachten Schadenshöhe insgesamt abweisen, sondern hatte zu prüfen, ob und in welchem Umfang wenigstens ein von der Beklagten verursachter Mindestschaden geschätzt werden konnte, wobei es zur Klärung der Schätzungsgrundlage auch von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen hatte (vgl. BGH, Urteil v. 1. Dezember 2000, aaO). Das Berufungsgericht hat die Klägerin in seiner Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 zwar darauf hingewiesen, daß die Höhe des geltend gemachten Schadens noch "näherer Erläuterung" bedürfe und die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff. AFG) darzulegen seien. Die Klägerin hat daraufhin in ihrer Berufungserwiderung vom 19. Juni 2000 geltend gemacht, daß die in der Aufklärungsverfügung geforderten Nachweise bis zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2000 vermutlich nicht mehr zu beschaffen seien. Aufgrund der folgenden Mitteilung des Berufungsgerichts vom 22. Juni 2000, der Senat erwäge ein Teilurteil hinsichtlich einer anderen Schadensposition und empfehle insoweit einen im Termin zu besprechenden Teilvergleich, durfte die Klägerin, wie die Revision zu Recht rügt, davon ausgehen, daß das Berufungsgericht die Sache im übrigen nicht für entscheidungsreif halte und die Klägerin sich deshalb mit den geforderten Nachweisen noch Zeit lassen könne. Die Möglichkeit zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nützte der Klägerin unter den gegebenen Umständen nichts. Ebensowenig wurde ihr durch das ihr eingeräumte Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf neues Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 27. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, der Aufklärungsverfügung nachzukommen. Soweit das Berufungsgericht die hiernach geforderte Substantiierung im Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2000 gemäß § 528 Abs. 2 a.F. ZPO als verspätet zurückgewiesen hat, wird das im Hinblick auf das erstinstanzliche Obsiegen der Klägerin ohnehin durch diese Vorschrift nicht gedeckt (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1982 -III ZR 128/81, NJW 1983, 931 f.). Vielmehr hätte das Berufungsgericht auf die nunmehrige, der Klägerin offenbar nicht früher mögliche Substantiierung ihres Vortrags die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen (§ 156 ZPO; vgl. auch BGH, Urteil v. 11. Februar 1999 -VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 f.), wie die Revision zu Recht rügt. Davon abgesehen kann das angefochtene Urteil aber auch schon wegen der Verkennung des § 287 ZPO nicht bestehenbleiben.

IV. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, sondern bedarf noch tatrichterlicher Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Hinblick auf § 287 ZPO. Zum anderen muß der Beklagten noch Gelegenheit gegeben werden, ihrer -von dem Berufungsgericht verkannten -Beweislast zur Frage der Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Anmeldung von Kurzarbeit zu genügen. Die Sache ist daher zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 62/07
vom
18. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Darlegungs- und Beweislast bei Schadensersatzansprüchen gegen einen
GmbH-Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG (vgl. BGHZ 152,
280).

b) § 43 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 9 b Abs. 1 GmbHG betrifft nur Schadensersatzansprüche
gegen den Geschäftsführer aus § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG (vgl.
Sen. Urt. v. 16. September 2002 - II ZR 107/01, ZIP 2002, 2128, 2130; vom
7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 95 f.).
BGH, Beschluss vom 18. Februar 2008 - II ZR 62/07 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 9.780.765,14 €

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 544 Abs. 7 ZPO, weil das Berufungsurteil auf entscheidungserheblichen Verletzungen des Anspruchs der Klägerinnen auf rechtliches Gehör beruht.
2
I. 1. Soweit das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil ausführt, der Vortrag der Klägerinnen zu der dem Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin zu 1 zur Last gelegten Fehlkalkulation des Preises für den G. -Auftrag sei "dem Beweis nicht zugänglich", verletzt es in mehrfacher Hinsicht den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
3
a) Gemessen an den Hinweis- und Auflagenbeschlüssen des Berufungsgerichts vom 7. Dezember 2005 und vom 10. April 2006 handelt es sich zum einen um eine gegen § 139 Abs. 2 ZPO, Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung , wenn das Berufungsgericht den von den Klägerinnen u.a. beantragten Sachverständigenbeweis deshalb ablehnt, weil die Klägerinnen die dem Festpreis gegenüberstehenden Leistungen hätten "vereinzeln" müssen. Ein derartiges Erfordernis ist den genannten Hinweisbeschlüssen nicht zu entnehmen.
4
Zum anderen hat das Berufungsgericht den Kern des Vortrags der Klägerinnen nicht richtig zur Kenntnis genommen, der dahin geht, dass sich aus dem Leistungsverzeichnis vom Februar 2000 (Stehordner) i.V.m. der ebenfalls Vertragsinhalt gewordenen "technischen Spezifikation" vom 29. März 2000 und den darin u.a. in Bezug genommenen "Angebotsergänzungen" vom 6. März 2000 (GA VI 83 bis 95) der Umfang der vereinbarten Leistungen ergebe. Das gilt auch hinsichtlich der von dem Berufungsgericht geforderten "Vereinzelung" der Leistungen, die in den genannten umfangreichen Unterlagen beschrieben werden. Sollte das Berufungsgericht gemeint haben, ein Sachverständiger käme damit nicht zurecht, wäre das eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts stammen die "Angebotsergänzungen" vom 6. März 2000 nicht von der Klägerin zu 1, sondern von der G. , und wurden der Klägerin zu 1 nicht mit Schreiben vom 7. Mai, sondern mit Schreiben vom 7. März 2000 übersandt. Sie sind zwar stichwortartig abgefasst, nehmen aber durchgehend auf die Positionen des Leistungsverzeichnisses vom Februar 2000 Bezug. Soweit das Berufungsgericht darin - unter Hinweis auf das Telefax der G. vom 30. März 2000 (GA I 50) - "eine Erweiterung des Leistungsumfangs" sieht, ist deren Relevanz für die Beweisfrage der Fehlkalkulation nicht ersichtlich. Denn der Beklagte hat den Auftrag der G. in dem ggf. erweiterten Leistungsumfang mit Schreiben vom 4. April 2000 (GA I 51) zu dem vereinbarten Preis angenommen, ohne sich daran durch die Kalkulation vom 27. März 2000 (GA II 1 ff.) gehindert zu sehen. War schon diese, wie die Klägerinnen unter Beweisantritt behaupten, offenkundig zu niedrig berechnet, so würde das für den ggf. erweiterten Leistungsumfang erst recht gelten. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass der Leistungsumfang auch nach dem 4. April 2000 noch erweitert worden sei, ist ebenfalls nicht ersichtlich, weshalb dies zulasten der Klägerinnen und nicht zulasten des - für den Auftrag verantwortlichen - Beklagten gehen soll. Im Übrigen erschließt sich auch nicht, weshalb die betreffenden Positionen nicht herausgerechnet werden könnten.
5
b) Das Berufungsgericht verkennt allerdings schon im Ansatz, dass die von den Klägerinnen behauptete Fehlkalkulation des Preises für den G. -Auftrag in erster Linie den Vorwurf einer Pflichtverletzung des Beklagten betrifft und diese nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 152, 280 ff.) nicht von den Klägerinnen zu beweisen ist, sondern der Beklagte entsprechend § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG für das Gegenteil, nämlich dafür darlegungs- und beweispflichtig ist, dass er bei der Preisvereinbarung "die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat", der Preis also nicht für ihn erkennbar zu niedrig kalkuliert worden ist. Dass eine etwaige Fehlkalkulation auch die Frage eines Schadens der Klägerin zu 1 berührt (vgl. dazu unten 2), ändert nichts daran, dass es insoweit zunächst einmal um die Frage einer Pflichtverletzung als "konkreter Haftungsgrund" geht, der - entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde - nicht unter § 287 ZPO, sondern unter § 286 ZPO (mit umgekehrter Beweislast) fällt (vgl. auch BGHZ 162, 259, 263). Im Ergebnis bedürfte es aber auch für die Feststellung der behaupteten Fehlkalkulation nicht einer "Vereinzelung" jedes einzelnen Postens des G. - Auftrags, sondern nur einer überschlägigen sachverständigen Beurteilung, ob der vereinbarte Preis die zu erwartenden Kosten aus der Sicht eines sorgfältigen Geschäftsleiters deutlich unterschritt.
6
c) Die Verkennung der hier maßgeblichen Beweislastgrundsätze durch das Berufungsgericht ändert andererseits nichts daran, dass das angefochtene Urteil auf den dargelegten Verstößen gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht (§ 544 Abs. 7 ZPO), weil das Berufungsgericht wesentlichen Vortrag der Klägerinnen übergangen (vgl. BGH, Urt. v. 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205) und mit der von ihm geforderten "Vereinzelung" der Auftragspositionen auf einen Gesichtspunkt abgestellt hat, mit dem die Klägerinnen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. Oktober 2003 - 1 BvR 10/99, NJW 2003, 3687). Das angefochtene Urteil beruht auf der Gehörsverletzung, weil sich nicht ausschließen lässt, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. BVerfGE 89, 381, 392 f. = NJW 1994, 1053). Soweit darüber hinaus im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch die Entscheidungserheblichkeit einer Gehörsverletzung zu prüfen ist (§ 544 Abs. 7 ZPO), bezieht sich das vor allem auf die Frage, ob das Berufungsurteil sich trotz der Gehörsverletzung im Ergebnis als richtig darstellt (vgl. § 561 ZPO; BGH, Urt. v. 18. Juli 2003 aaO S. 3206; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 543 Rdn. 9 k). Das ist hier nicht der Fall, weil die Abweisung der Klage mit der Begründung des Berufungsgerichts bei richtiger Beweislastverteilung erst recht nicht haltbar wäre. Die Sache ist aber auch nicht zu Lasten des Beklagten entscheidungsreif.
7
2. Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung fehlt hier die Entscheidungserheblichkeit der genannten Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht die Abweisung der Klage in einer Hilfsbegründung auch darauf gestützt hat, dass die Klägerinnen einen Schaden nicht schlüssig dargelegt hätten. Diese Begründung trifft zwar, was auch die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede stellt, materiellrechtlich zu, verletzt aber ihrerseits wiederum den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil sämtliche Prozessbeteiligte über zwei Instanzen hinweg die erstmals in dem Berufungsurteil geäußerten Schlüssigkeitsbedenken verkannt haben und es deshalb eines vorherigen Hinweises des Berufungsgerichts (§ 139 Abs. 2 ZPO) bedurft hätte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17. Oktober 2003, NJW 2003, 3687 m.w.Nachw.).
8
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 152, 280, 287) trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft die - ggf. gemäß § 287 ZPO erleichterte - Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwieweit ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist. Als Schaden in diesem Sinne haben die Klägerinnen in den Vorinstanzen die Differenz zwischen dem mit der G. vereinbarten Festpreis und den behaupteten Gestehungskosten der Klägerin zu 1 geltend gemacht. Das träfe nur dann zu, wenn hinreichend wahrscheinlich wäre (§ 287 ZPO), dass die G. einen die Gestehungskosten der Klägerin zu 1 deckenden bzw. den nach Behauptung der Klägerinnen zu kalkulierenden Preis von ca. 32 Mio. DM akzeptiert hätte. Davon kann aber, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt, in Anbetracht der Konkurrenzangebote von mindestens zwei anderen Unternehmen in Höhe von ca. 17 Mio. DM nicht ausgegangen werden. Zudem machen die Klägerinnen geltend, dass der Beklagte gemäß dem Gesellschafterbeschluss vom 29. Januar 1999 den angeblich vorhersehbar nicht kostendeckenden Vertrag überhaupt nicht hätte abschließen dürfen. Nach der sog. "Differenzhypothese" ist deshalb die durch die angebliche Fehlkalkulation eingetretene Gesamtvermögenslage der Klägerin mit derjenigen zu vergleichen, die sich ohne den G. -Auftrag ergeben hätte (vgl. BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urt. v. 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304 zu b aa; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. vor § 249 Rdn. 9). In diesem Rahmen bildet der behauptete Verlust aus der Durchführung des G. -Auftrags nur einen Rechnungsposten, dem die vom Berufungsgericht festgestellte Tatsache gegenübersteht , dass bei der Klägerin zu 1 im Jahr 2000 infolge des Ausfalls dreier Großprojekte mit einem Gesamtvolumen von 142 Mio. DM eine "signifikante Auftragslücke" bestand und deshalb ohne die Einnahmen aus dem G. -Auftrag möglicherweise gleich hohe Verluste durch laufende Kosten entstanden wären. Wäre der G. -Vertrag bei richtiger Kalkulation nicht abgeschlossen worden, können die Klägerinnen nicht das positive Interesse, sondern nur verlangen, so gestellt zu werden, wie sie ohne den Vertrag gestanden hätten.
9
b) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde sich (hypothetisch) darauf beruft , die Klägerinnen hätten auf Hinweis des Berufungsgerichts zur bisherigen Unschlüssigkeit ihrer Schadensdarlegung vorgetragen, dass die "Konkurrenzangebote" mit dem Angebot der Klägerin in technischer und qualitativer Hinsicht nicht vergleichbar gewesen seien, führt auch das zwar nicht zur uneingeschränkten Schlüssigkeit des bisher geltend gemachten Schadens (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Versäumung der richterlichen Hinweispflicht; BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02, WM 2003, 702; vgl. auch Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 544 Rdn. 17 d a.E.). Denn damit ist nicht gesagt, dass die G. bereit gewesen wäre , den gegenüber den Konkurrenzangeboten von 17 Mio. DM fast doppelten Preis von 32 Mio. DM zu akzeptieren, der sich nach Klägervortrag bei pflichtgemäßer Kalkulation ergeben hätte. Einer Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde aus diesem Grund (wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit der oben I 1 dargestellten Gehörsverletzung) steht jedoch entgegen, dass in den Vorinstanzen bisher allein die Frage der Fehlkalkulation bzw. der Pflichtverletzung des Beklagten im Streit war und das Berufungsgericht die Schadensdarlegung nur in einer - von ihm selbst für nicht entscheidungserheblich erach- teten - Hilfsbegründung für unzulänglich erachtet hat (vgl. Musielak/Ball aaO § 543 Rdn. 9 k m.w.Nachw.).
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II. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat zusätzlich darauf hin, dass das Berufungsgericht mit unzutreffender Begründung davon ausgeht, den Schadensersatzansprüchen der Klägerinnen stünden die dem Beklagten mit Gesellschafterbeschluss vom 13. Dezember 2000 erteilte Entlastung sowie die Ausschlussfrist in § 11 Ziff. 5 seines Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht entgegen.
11
Soweit das Berufungsgericht meint, eine Entlastungswirkung scheitere gemäß § 43 Abs. 3 i.V.m. § 9 b Abs. 1 GmbHG daran, dass die Klägerin zu 1 bei Fassung des Entlastungsbeschlusses am 13. Dezember 2000 "überschuldet" gewesen sei, geht dies schon deshalb fehl, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Stammkapital von ursprünglich 25 Mio. DM noch einen positiven Stand von ca. 12,5 Mio. DM aufwies und deshalb die (zusätzliche ) Schadensersatzforderung gegen den Beklagten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wurde (vgl. Scholz/Winter/Veil, GmbHG 10. Aufl. § 9 b Rdn. 8). Die spätere Entwicklung bleibt insoweit außer Betracht (vgl. Sen.Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945 f. zu 2 a a.E.). Davon abgesehen gilt § 43 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 9 b Abs. 1 GmbHG ohnehin nur für den Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes des Geschäftsführers gegen die §§ 30 oder 33 GmbHG (vgl. Sen.Urt. v. 16. September 2002 - II ZR 107/01, ZIP 2002, 2128, 2130 zu 3 a unter Aufgabe des Sen.Urt. v. 15. November 1999 - II ZR 122/98, ZIP 2000, 135). Die dem Beklagten vorgeworfene Fehlkalkulation fällt darunter nicht.
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Erst recht scheitert die Wirksamkeit der in dem "Geschäftsführervertrag" des Beklagten vom 7. Mai 1999 vereinbarten Ausschlussfrist von sechs Mona- ten für die schriftliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht an der von dem Berufungsgericht festgestellten Unterdeckung des Stammkapitals der Klägerin zu 1 (vgl. Sen.Urt. v. 16. September 2002 aaO). Da die Regelungen der Geschäftsführerpflichten in dem Anstellungsvertrag des Beklagten inhaltlich und zum Teil sogar wörtlich (vgl. § 1 Nr. 4) mit den gesetzlichen Organpflichten übereinstimmen, gilt die Ausschlussfrist auch für eine etwaige Organhaftung des Beklagten aus § 43 Abs. 2 GmbHG (vgl. Senat aaO). Das Berufungsgericht wird daher in dem neu eröffneten Berufungsverfahren vorrangig der Frage nachzugehen haben, ob die Ausschlussfrist gewahrt ist. Die für deren Beginn erforderliche "Kenntnis des Gläubigers von allen, die Haftung des Schuldners begründenden Tatsachen" setzt (ähnlich wie § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BGB) die Kenntnis aller Einzelheiten der Schadenshöhe nicht voraus. Vielmehr genügt danach die Kenntnis der Tatsachen, die eine Haftung des Beklagten dem Grunde nach ergeben. Für die zur Fristwahrung vorgeschriebene "schriftliche Geltendmachung" von Ansprüchen aus dem Geschäftsführervertrag ist eine abschließende Bezifferung ebenfalls nicht erforderlich, sondern genügt eine Geltendmachung dem Grunde nach. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin zu 1 (GA III 28) hatte diese schon im Oktober 2000 aufgrund der von ihrem Beirat geforderten "Auftragskostenanalyse" immerhin Kenntnis davon , dass aus dem G. -Vertrag nicht unerhebliche Verluste zu erwarten wa- ren, die sich nach ihrem eigenen Vortrag schon im Laufe des Jahres 2001, und damit lange vor dem von den Klägerinnen für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt (5.3.2002) erhöht haben.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 20.04.2005 - 33 O 216/03 (091) -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 07.03.2007 - 6 U 74/05 Hs -

 

BUNDESGERICHTSHOF

Urteil vom 04.11.2002 -

Az.: II ZR 224/00

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das "Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil" des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Juli 2000 insoweit aufgehoben, als die Klage auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 720.571,72 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 2. September 1997 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte war ab 1. Januar 1978 zunächst Mitgeschäftsführerin, ab Februar 1991 Alleingeschäftsführerin der klagenden GmbH, die an zwei benachbarten Standorten Maschinen produziert. Alleingesellschafter der Klägerin war ursprünglich der Lebensgefährte der Beklagten, der am 31. Januar 1992 verstarb. Kurz zuvor hatte er seine Tochter aus früherer Ehe als Alleinerbin und die Beklagte als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin zunehmend, was zum Streit zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Alleingesellschafterin der Klägerin führte. Am 12. Dezember 1996 wurde die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte in erster Instanz auf Schadensersatz in Höhe von 777.743,63 DM, zum Teil wegen angeblich zweckwidriger Verwendung von Gesellschaftsmitteln, in Anspruch genommen. In Höhe eines Teilbetrages von 740.524,60 DM hat sie die Klage -insoweit für die Revisionsinstanz noch von Belang -unter Vorlage eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens darauf gestützt, daß die Beklagte auf die ungenügende Auslastung der Fertigungskapazitäten beider Betriebsstätten pflichtwidrig nicht rechtzeitig reagiert und es versäumt habe, im Zeitraum von August 1995 bis August 1996 Kurzarbeit anzumelden (§ 72 AFG). Dadurch sei der Klägerin ein Schaden in Form unnötiger Lohnkosten von 740.524,60 DM entstanden. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 728.995,81 DM stattgegeben, wovon 720.571,72 DM auf den Lohnkostenschaden der Klägerin entfallen. Hinsichtlich dieses Betrages hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung scheitert die Klage nicht an fehlendem Vortrag der Klägerin zu dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG als materiell-rechtlicher Voraussetzung (vgl. BGHZ 97, 382, 390) für die Erhebung von Ersatzansprüchen auch gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern (vgl. BGHZ 28, 355, 357; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 -II ZR 236/96, ZIP 1998, 332). Die Revisionserwiderung weist selbst auf den -vermeintlich "pauschalen" -Vortrag der Klägerin hin, ihre Gesellschafterversammlung habe am 29. Mai 1997 die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die Beklagte beschlossen. Da ein Bestreiten dieses Vortrags durch die Beklagte nicht ersichtlich ist, bedurfte es keiner näheren Angaben oder Nachweise zu dem Gesellschafterbeschluß. Ebensowenig brauchte die Klägerin ausdrücklich vorzutragen, daß sie keinen besonderen Prozeßvertreter (anstelle ihres Geschäftsführers) gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG bestellt habe (vgl. Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 -II ZR 79/91, ZIP 1992, 760).

II. Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Schadensersatzansprüche schon deshalb für unbegründet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, daß die Beklagte mit der Nichtanmeldung von Kurzarbeit ab August 1995 die Grenzen des ihr zustehenden unternehmerischen Ermessens (vgl. BGHZ 135, 244) überschritten und damit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG zuwider gehandelt habe. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht stelle mit seiner Ansicht nahezu unerfüllbare Substantiierungsanforderungen und verkenne vor allem die hier maßgebenden Grundsätze der Darlegungs-und Beweislast.

1. Nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und der §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG trifft die betreffenden Organmitglieder im Streitfall die (Darlegungs-und) Beweislast dafür, daß sie "die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände (vgl. Hüffer, AktG 5. Aufl. § 93 Rdn. 16) rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. Müller, GenG 2. Aufl. § 34 Rdn. 49). Für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf konkrete Weisung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 GmbHG) gehandelt hat, im Ergebnis nichts anderes gelten, mag auch das GmbHG für ihn (in § 43 GmbHG) keine ausdrückliche entsprechende Regelung enthalten.

a) Bereits das Reichsgericht hat lange vor Einfügung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG (durch Gesetz vom 9. Oktober 1973, BGBl. I, S. 1451) entsprechende Grundsätze auf den Vorstand einer Genossenschaft angewendet (RGZ 13, 43) und in späteren Entscheidungen ausgeführt, eine Genossenschaft brauche zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen ihre Verwaltungsträger nur darzutun, "daß ihr aus deren Geschäftsgebarung im Rahmen des ihnen obliegenden Pflichtenkreises ein Schaden erwachsen ist"; sei dieser Nachweis geführt, obliege dem Vorstand der Nachweis, daß er trotz entgegenstehenden Anscheins seine Pflichten erfüllt, also alles getan habe, um die Genossenschaft vor Schaden zu bewahren, oder daß ihm die Erfüllung dieser Pflicht ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (RG DR 1939, 723 m.N.; weitere Nachweise bei Goette, ZGR 1995, 648, 650 ff.). Für den Geschäftsführer einer GmbH folgert RGZ 98, 98 Entsprechendes daraus, daß er der Gesellschaft aufgrund seines Dienstvertrages auskunfts-und rechenschaftspflichtig sei (§§ 259, 666, 675 BGB).

b) Auf der gleichen Linie liegt es, daß auch der Senat von dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere in den Fällen eines ungeklärten Kassen-oder Warenfehlbestandes den Nachweis verlangt, daß er die gebotene Sorgfalt zur Verhinderung des Fehlbestandes angewandt hat oder unverschuldet dazu nicht imstande war (vgl. Sen.Urt. v. 26. November 1990 -II ZR 223/89, ZIP 1991, 159 m.w.N.). Zwar hat der Senat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1991 (II ZR 43/91, ZIP 1992, 108) und vom 21. März 1994 (II ZR 260/92, ZIP 1994, 872) ausgeführt, die Gesellschaft müsse nachweisen, daß ihr infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers ein Schaden entstanden sei. In beiden Fällen ging es aber nicht um den Nachweis der von der Gesellschaft behaupteten Pflichtwidrigkeit, sondern um deren Kausalität für einen Schaden der Gesellschaft. Auch nach den Grundsätzen des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG trifft die Gesellschaft -ggf. mit der Erleichterung des § 287 ZPO (vgl. unten III) -die Darlegungs-und Beweislast für einen Schaden und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsleiters in seinem Pflichtenkreis, das als pflichtwidrig überhaupt in Betracht kommt, sich also insofern als "möglicherweise" pflichtwidrig darstellt (vgl. Goette, ZGR 1995, 648, 671 ff.; Hüffer aaO, § 93 Rdn. 16). Ebenso wie der Vorstand nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG muß aber auch der Geschäftsführer einer GmbH -entsprechend der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der überwiegenden Ansicht im neueren Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Goette aaO, S. 649; Hüffer aaO; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 167 c) -sich dahin entlasten, daß er nach den Umständen, die er darzulegen und zu beweisen hat, seinen (mit § 93 Abs. 1 AktG gleichlautenden) Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Das schließt ggf. den Nachweis der Einhaltung seines -grundsätzlich weiten -unternehmerischen Ermessensspielraums (vgl. hierzu BGHZ 135, 244, 253) ein. All dies gilt auchdann, wenn dem Geschäftsführer das (pflichtwidrige) Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird, zumal die Abgrenzung gegenüber der Pflichtwidrigkeit einer statt dessen vorgenommenen Handlung häufig fließend ist.

Gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer (wie hier der Beklagten) gilt im wesentlichen nichts anderes. Vor einer Überspannung seiner Darlegungs-und Beweislast ist er dadurch geschützt, daß die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat. Soweit zu seiner Verteidigung erforderlich, hat die Gesellschaft ihm Einsicht in die dafür maßgeblichen Unterlagen zu gewähren.

2. Nach diesen Grundsätzen scheitert die vorliegende Klage nicht an fehlenden Darlegungen der Klägerin zur Pflichtwidrigkeit der Unterlassung der Beklagten, Kurzarbeit anzumelden.

a) Die Klägerin hat, wie die Revision im einzelnen ausführt, unter Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers mit zusätzlichen Beweisantritten detailliert dargelegt, daß die Auslastung ihrer Betriebe im Sommer 1995 zum Teil um mehr als die Hälfte zurückgegangen und die Beklagte sogar von Betriebsratsmitgliedern ab Mitte 1995 aufgefordert worden sei, Kurzarbeit anzumelden, weil die Mitarbeiter sich "die Beine in den Bauch gestanden" hätten. Weiter hat die Klägerin anhand einer Mitarbeiterliste 63 von 75 Mitarbeitern namentlich bezeichnet, die Kurzarbeitergeld hätten beanspruchen können. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen der §§ 63 ff. AFG (in damaliger Fassung) spätestens ab August 1995 vorgelegen hätten, die Beklagte schließlich selbst auf erhebliches Drängen des Betriebsrats Ende Mai 1996 -zu spät -Kurzarbeit bei dem Arbeitsamt angemeldet und daß für den Erfolg dieser Maßnahme die schlichte Begründung "Auftragsmangel" genügt habe.

b) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast mehr als genügt, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, den gegen sie erhobenen Vorwurf zu entkräften. Unzureichend ist dafür ihr von dem Berufungsgericht herangezogener, völlig unbestimmter Vortrag, daß die schlechte Auftragslage der Klägerin nicht zu einer Unterbeschäftigung der Mitarbeiter habe führen müssen, weil es auch andere wertschöpfende Tätigkeiten in den Betrieben gegeben haben könne. Zu ihrem Vortrag, sie habe das Risiko gescheut, von den Mitarbeitern bereits bezogenes Kurzarbeitergeld bei kurzfristiger Aufhebung der Kurzarbeit wegen plötzlichen Arbeitsanfalls an das Arbeitsamt zurückzahlen zu müssen (vgl. BAG DB 1991, 392), entgegnet die Revision zu Recht, daß die Klägerin in diesem Fall nur den betreffenden Teil des Kurzarbeitergeldes hätte zurückzahlen müssen und damit immer noch besser gestanden hätte, als bei durchgängiger Zahlung des vollen Lohns an die unterbeschäftigten Mitarbeiter. Sonstige übergeordnete Gesichtspunkte, welche das Abwarten der Beklagten als eine vertretbare unternehmerische Ermessensentscheidung erscheinen lassen könnten, sind nicht festgestellt.

Die Tatenlosigkeit der Beklagten läßt sich -entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -auch nicht damit rechtfertigen, daß es für die Kurzarbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einer Vereinbarung mit dem -nach dem Vortrag der Klägerin überdies dazu bereiten -Betriebsrat bedurft hätte und die Bewilligung von Kurzarbeitergeld zusätzlich von einer Entscheidung des Arbeitsamtes (§§ 63 ff. AFG) abhing. Ebenso wie ein Geschäftsführer bei Vertragsverhandlungen mit einem Geschäftspartner der Gesellschaft jedenfalls versuchen muß, deren Interessen zur Geltung zu bringen, muß er bei einer deutlichen Unterbeschäftigung der Arbeitnehmer infolge Auftragsmangels zumindest den Versuch machen, eine Kostenentlastung durch Kurzarbeit nach den gesetzlichen Möglichkeiten zu erreichen. Unterläßt er dies ohne überzeugenden Grund, liegt bereits darin eine Pflichtwidrigkeit. Davon ist im vorliegenden Fall nach den bisherigen Feststellungen revisionsrechtlich auszugehen.

III. Das Berufungsgericht hält die Klage weiter auch deshalb für unbegründet, weil die Klägerin die Höhe des behaupteten Schadens und dessen Verursachung durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit nicht substantiiert dargelegt habe. Auch das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zwar trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft im Grundsatz die Darlegungs-und Beweislast für den Schaden und dessen Verursachung durch das Verhalten des Geschäftsführers (vgl. oben II 1). Für das Beweismaß gelten jedoch insoweit nicht die strengen Voraussetzungen des § 286 ZPO, sondern diejenigen des § 287 ZPO, der auch die Substantiierungslast der klagenden Partei erleichtert. Danach genügt es, daß sie Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinreichende Anhaltspunkte bieten (vgl. BGH, Urteile v. 3. Dezember 1999 -IX ZR 332/98, NJW 2000, 509; v. 1. Dezember 2000 -X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340). Unter § 287 ZPO fällt auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Gesellschaft durch das dem Geschäftsführer vorgeworfene Verhalten ein Schaden entstanden ist. Denn bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang mit einem daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur haftungsbegründenden, sondern zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis ebenfalls die in § 287 ZPO vorgesehenen Erleichterungen gelten (vgl. BGH, Urteil v. 3. Dezember 1999 aaO, m.N.). Gegenüber einem Geschäftsführer, der -wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist -nicht einmal den Versuch einer schadensabwendenden Maßnahme unternommen und die Gesellschaft dadurch in die Schwierigkeit des Nachweises der hypothetischen Entwicklung gebracht hat, ist diese Darlegungs-und Beweiserleichterung um so mehr gerechtfertigt.

2. Wie die Revision zu Recht rügt, läßt das angefochtene Urteil die Beachtung obiger Grundsätze nicht erkennen.

a) Soweit die Klägerin mit der von ihr vorgelegten betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers die Auslastungsquoten ihrer Betriebe für die einzelnen Monate tabellarisch dargestellt und zu den gesamten Lohnkosten in Beziehung gesetzt hat, ergeben sich daraus zwar nur die auf die Unterbeschäftigung entfallenden Lohnkosten. Inwieweit diese durch Kurzarbeit hätten eingespart werden können, hängt von den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür ab, worauf das Berufungsgericht die Klägerin durch Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 hingewiesen hat. Soweit die Revisionserwiderung insoweit auf das Erfordernis einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verweist, geht dies daran vorbei, daß der Betriebsrat hierzu nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin grundsätzlich bereit war und auf sein Drängen Ende Mai 1996 tatsächlich auch Kurzarbeit in gewissem Umfang angeordnet wurde. Da der Vortrag der Klägerin der Sache nach dahin ging, daß der Betriebsrat mit Kurzarbeit im Umfang der jeweiligen Unterbeschäftigung einverstanden gewesen wäre, brauchte sie im Rahmen des § 287 ZPO -entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -nicht zusätzlich vorzutragen, wann und mit welchem Inhalt die hypothetische Betriebsvereinbarung zustande gekommen wäre.

Was die Voraussetzung eines vorübergehenden Arbeitsausfalls mit der Erwartung eines Erhalts der Arbeitsplätze gemäß § 63 Abs. 1 AFG angeht, so hat die Klägerin, worauf die Revision hinweist, vorgetragen, daß der Auftragsbestand sich ab Juni 1996 wieder gebessert habe. Dies ist im Rahmen des § 287 ZPO -entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung -durchaus ein Indiz dafür, daß eine entsprechende Prognose auch schon im August 1995 zu stellen war. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber auf den Vortrag der Klägerin verweist, wonach die Klägerin im Jahr 1995 überschuldet und im September 1996 konkursreif gewesen sei, wird verkannt, daß gerade dies nach dem Vortrag der Klägerin durch Kurzarbeit hätte abgewendet werden sollen. Entgegen der Behauptung der Revisionserwiderung betrug die Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach der gemäß § 67 Abs. 2 AFG erlassenen KurzArbGeldfristVO vom 30. November 1994 (BGBl. I, S. 3574) für die Zeit bis 30. Juni 1996 nicht sechs sondern zwölf Monate -vorbehaltlich der Voraussetzung des § 67 Abs. 4 AFG, wonach der Empfänger von Kurzarbeitergeld nach Ablauf von sechs Monaten für eine anderweitige Beschäftigung verfügbar sein mußte, was aber bei der damaligen Arbeitsmarktlage kaum praktische Bedeutung hatte (vgl. Breunig in: Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG 2. Aufl. § 67 Rdn. 23).

b) Da der Klägerin auf der Grundlage ihres Vorbringens durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit jedenfalls ein Schaden entstanden ist, durfte das Berufungsgericht die Klage nicht ohne weiteres wegen evtl. noch fehlender Substantiierung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und der geltend gemachten Schadenshöhe insgesamt abweisen, sondern hatte zu prüfen, ob und in welchem Umfang wenigstens ein von der Beklagten verursachter Mindestschaden geschätzt werden konnte, wobei es zur Klärung der Schätzungsgrundlage auch von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen hatte (vgl. BGH, Urteil v. 1. Dezember 2000, aaO). Das Berufungsgericht hat die Klägerin in seiner Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 zwar darauf hingewiesen, daß die Höhe des geltend gemachten Schadens noch "näherer Erläuterung" bedürfe und die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff. AFG) darzulegen seien. Die Klägerin hat daraufhin in ihrer Berufungserwiderung vom 19. Juni 2000 geltend gemacht, daß die in der Aufklärungsverfügung geforderten Nachweise bis zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2000 vermutlich nicht mehr zu beschaffen seien. Aufgrund der folgenden Mitteilung des Berufungsgerichts vom 22. Juni 2000, der Senat erwäge ein Teilurteil hinsichtlich einer anderen Schadensposition und empfehle insoweit einen im Termin zu besprechenden Teilvergleich, durfte die Klägerin, wie die Revision zu Recht rügt, davon ausgehen, daß das Berufungsgericht die Sache im übrigen nicht für entscheidungsreif halte und die Klägerin sich deshalb mit den geforderten Nachweisen noch Zeit lassen könne. Die Möglichkeit zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nützte der Klägerin unter den gegebenen Umständen nichts. Ebensowenig wurde ihr durch das ihr eingeräumte Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf neues Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 27. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, der Aufklärungsverfügung nachzukommen. Soweit das Berufungsgericht die hiernach geforderte Substantiierung im Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2000 gemäß § 528 Abs. 2 a.F. ZPO als verspätet zurückgewiesen hat, wird das im Hinblick auf das erstinstanzliche Obsiegen der Klägerin ohnehin durch diese Vorschrift nicht gedeckt (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1982 -III ZR 128/81, NJW 1983, 931 f.). Vielmehr hätte das Berufungsgericht auf die nunmehrige, der Klägerin offenbar nicht früher mögliche Substantiierung ihres Vortrags die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen (§ 156 ZPO; vgl. auch BGH, Urteil v. 11. Februar 1999 -VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 f.), wie die Revision zu Recht rügt. Davon abgesehen kann das angefochtene Urteil aber auch schon wegen der Verkennung des § 287 ZPO nicht bestehenbleiben.

IV. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, sondern bedarf noch tatrichterlicher Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Hinblick auf § 287 ZPO. Zum anderen muß der Beklagten noch Gelegenheit gegeben werden, ihrer -von dem Berufungsgericht verkannten -Beweislast zur Frage der Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Anmeldung von Kurzarbeit zu genügen. Die Sache ist daher zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 107/01 Verkündet am:
16. September 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Frist für die Verjährung des Anspruchs nach § 43 Abs. 2 GmbHG kann abgekürzt
werden, solange nicht die Pflichtverletzung des Geschäftsführers darin
besteht, daß er entgegen § 43 Abs. 3 GmbHG an der Auszahlung gebundenen
Kapitals der GmbH an Gesellschafter mitgewirkt hat (Aufgabe des Sen.Urt. v.
15. November 1999 - II ZR 122/98, ZIP 2000, 135).
BGH, Urteil vom 16. September 2002 - II ZR 107/01 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. März 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten des Beklagten erkannt worden ist. Die Auskunftsklage wird abgewiesen. Im übrigen wird im Umfang der Aufhebung die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Großbäckerei W. + S. GmbH & Co. KG mit Sitz in Ke.. Der beklagte Bäckermeister führte die Geschäfte nicht nur der Gemeinschuldnerin, sondern auch ihrer ebenfalls als GmbH & Co. KG organisierten, in H.-B. ansässigen Schwestergesellschaft. Mit dieser Kommanditgesellschaft hat der Beklagte am 18. März 1993 einen Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen, in dessen § 1 Abs. 1 bestimmt ist:
"... Er (scil. der Beklagte) übernimmt die Geschäftsführung für die Firmen Großbäckerei W.S., H.-B. und K.-Ke. (scil: das ist die Ge- meinschuldnerin)."
Nach § 5 Abs. 2 des Vertrages sind dem Geschäftsführer "Aufwendungen... anläßlich von Dienstreisen und Repräsentationen ... in nachgewiesener Höhe zu erstatten". § 8 Nr. 6 schließlich bestimmt:
"Alle Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis sind von den Vertragspartnern innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung, schriftlich geltend zu machen, andernfalls sind sie erloschen. Bleibt die Geltendmachung erfolglos, erlöschen sie, wenn der Anspruch nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird." Der Kläger wirft dem Beklagten, gegen den in diesem Zusammenhang auch strafrechtliche Ermittlungen geführt werden, vor, seine Dienstpflichten gegenüber der Gemeinschuldnerin in grober Weise verletzt und ihr Schaden zugefügt zu haben, u.a. indem er Spesen und sonstige Aufwendungen unrichtig abgerechnet sowie Kosten seiner privaten Lebensführung auf die Gemeinschuldnerin abgewälzt habe. Er hat deswegen mit der Klage von dem Beklagten Schadenersatz i.H.v. 251.682,71 DM nebst Zinsen und die Feststellung der künftigen Ersatzpflicht des Beklagten verlangt. Da der Beklagte unstreitig neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer anderweitig auf dem Geschäftsfeld der Gemeinschuldnerin tätig geworden ist, hat er außerdem darauf angetragen, den Beklagten zur Auskunfterteilung über diese nicht erlaubten Aktivitäten und zur Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft zu verurteilen.
Durch Teilurteil hat das Landgericht den Beklagten teilweise zur Zahlung verurteilt (93.000,48 DM), teilweise die Zahlungsklage abgewiesen (hinsichtlich des 189.700,57 DM übersteigenden Betrages) und im übrigen die Entscheidung dem Schlußurteil vorbehalten. Abgewiesen hat es ferner den Auskunftsantrag, während es dem Feststellungsbegehren entsprochen hat. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, welcher sich der Kläger angeschlossen hat. Im zweiten Rechtszug hat der Beklagte Widerklage mit dem Antrag erhoben , den Kläger zu verurteilen, die von dem Beklagten während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erstellten monatlichen Geschäftsberichte zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Der Kläger seinerseits hat seinen noch in erster Instanz anhängigen Zahlungsantrag um rund 195.000,00 DM mit der Begründung erweitert, es habe sich zwischenzeitlich durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erwiesen, daß der Beklagte in dieser Größenordnung Schecks der Gemeinschuldnerin auf seinem Privatkonto eingelöst habe.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten lediglich i.H.v. 88.977,72 DM nebst Zinsen aufrechterhalten und die Klage insoweit abgewiesen , als der Kläger einen 185.677,81 DM nebst Zinsen übersteigenden Betrag fordert. Ferner hat es dem Auskunftsantrag stattgegeben, den Feststellungsantrag und die Widerklage aber als unzulässig abgewiesen.
Von den hiergegen eingelegten Revisionen der Parteien hat der Senat - nach Heraufsetzung der Beschwer des Klägers - nur das Rechtsmittel des Beklagten, der sein Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt, zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Auskunftsklage und im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von ihm bejahte organschaftliche Haftung des Beklagten für pflichtwidrige und die Gemeinschuldnerin schädigende Geschäftsführung sei von § 8 Abs. 6 des Geschäftsführervertrages nicht erfaßt, weil die dort getroffene Regelung sich allein auf vertragliche Ansprüche beziehe; wie sich aus seiner Hilfserwägung ersehen läßt, hat es sich dabei wesentlich von der Vorstellung bestimmen lassen, wegen des im Interesse der Gläubiger zwingenden Charakters von § 43 GmbHG sei vor allem eine Abkürzung der Verjährungsfrist der nach § 43 Abs. 2 GmbHG bestehenden Haftung des Geschäftsführers unzulässig.
2. Dies hält, wie die Revision mit Recht rügt, rechtlicher Prüfung nicht stand. Die organschaftliche Haftung des Beklagten ist, da die Klage erst mehr als zwei Jahre nach Beendigung seines Dienstverhältnisses erhoben worden ist, erloschen. Die in § 8 Abs. 6 des Dienstvertrages aufgeführten tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen vor: Es ist weder festgestellt noch vorgetragen worden, daß die Gemeinschuldnerin die Ansprüche spätestens binnen sechs Monaten nach Ende des Anstellungsverhältnisses, d.h. bis zum 30. Juni 1998, geltend gemacht und der Beklagte ihre Erfüllung erst zu Beginn des Jahres 1999, zwei Monate vor Klageerhebung abgelehnt hätte.

a) Nicht nur der Senat (vgl. Urt. v. 15. November 1999 - II ZR 122/98, ZIP 2000, 135 f. mit Besprechung von Altmeppen, DB 2000, 261 und 657), sondern auch die ganz h.M. im Schrifttum (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 43 Rdn. 45; Scholz/U.H.Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 207; Hachenburg/Mertens, GmbHG 8. Aufl. § 43 Rdn. 95; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, GmbHG 4. Aufl. § 43 Rdn. 61; Roth/ Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 43 Rdn. 59 i.V.m. Rdn. 50; a.A. unter Hinweis auf den gebotenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 43 Rdn. 29 i.V.m. Rdn. 2) halten im Grundsatz - nämlich soweit nicht die Sondersituation des § 43 Abs. 3 GmbHG vorhanden ist - eine Abkürzung der Verjährungsfrist für zulässig. Dies wird - ähnlich wie bei dem grundsätzlich für zulässig erachteten Verzicht auf oder bei dem Vergleich über einen gegen den Geschäftsführer gerichteten Schadenersatzanspruch - von der Erwägung getragen, daß es, solange nicht der Anwendungsbereich des § 43 Abs. 3 GmbHG betroffen ist, Sache der Gesellschafter ist, nach § 46 Nr. 8 GmbHG darüber zu befinden, ob und ggfs. in welchem Umfang sie Ansprüche der Gesellschaft gegen einen pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer verfolgen wollen. Wie auf die Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs - sei es förmlich durch Vertrag, durch Entlastungs- oder durch Generalbereinigungsbeschluß - verzichtet werden kann, so kann auch schon im Vorfeld das Entstehen eines Ersatzanspruchs gegen den Organvertreter näher geregelt, insbesondere begrenzt oder ausgeschlossen werden, indem z.B. ein anderer Verschuldensmaßstab vereinbart oder dem Geschäftsführer eine verbindliche Gesellschafterweisung erteilt wird, die eine Haftungsfreistellung nach sich zieht. Die Abkürzung der Frist, binnen deren ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden muß, wenn nicht Verjährung oder gar - wie hier - das Erlöschen des Anspruchs eintreten soll, ist nur eine andere Form dieser Beschränkungs- und Verzichtsmöglichkeiten.

b) Unabhängig davon, daß danach die Unanwendbarkeit der Haftungbegrenzungsklausel des § 8 Abs. 6 des Geschäftsführervertrages nicht aus dem angeblich zwingenden Charakter der Haftung nach § 43 GmbHG hergeleitet werden kann, ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die genannte Regelung beziehe sich ausschließlich auf vertragliche Ansprüche, von Rechtsirrtum beeinflußt.
aa) Das Landgericht, dessen Begründung sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, hatte sich darauf gestützt, es seien wegen der Formulierung "Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis" nur die üblicherweise bestehenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag wie "Abfindung, Rückgewähr des Dienstwagens etc." gemeint. Da nach der Rechtsprechung des Senats die organschaftliche Haftung als Spezialregelung die vertragliche Haftungsgrundlage in sich aufnehme, könne der Ausgestaltung von Verjährungsfristen durch den Anstellungsvertrag keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen.
bb) Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist es zutreffend, daß auch bei Fehlen oder Unwirksamkeit eines Anstellungsverhältnisses die organschaftliche Haftung nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 GmbHG besteht. Das besagt aber nichts über die Berechtigung der Beteiligten, in dem sog. Geschäftsführerdienstvertrag auch Fragen des Organverhältnisses zu regeln. Soweit das GmbHG in diesem Bereich nicht zwingend ist, muß demnach der geschlossene Vertrag - unabhängig von seiner Bezeichnung - darauf hin untersucht werden, ob und welche Regelungen des Organverhältnisses er enthält.
Da hier die Auslegung des Tatrichters unvollständig ist und weitere tatsächliche Feststellungen ausscheiden, kann der Senat den Vertrag selbständig auslegen: Der zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin geltende Vertrag beschränkt sich nicht, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht angenommen hat, auf die Regelung der persönlichen Stellung des Beklagten als einer zur Erbringung höherer Dienste verpflichteten Person, sondern enthält über diese Fragen des Anstellungsverhältnisses hinaus verschiedene dem Organverhältnis zuzuordnende Regelungen: Nach § 1 Abs. 1 ist der Beklagte verpflichtet, die Unternehmensleitung nicht nur für seine unmittelbare Vertragspartnerin, die H.er Schwester-GmbH & Co. KG der Gemeinschuldnerin , sondern auch für diese selbst zu übernehmen. Dasselbe gilt für § 1 Abs. 2, der inhaltlich mit § 43 Abs. 1 GmbHG übereinstimmt, oder für die in § 1 Abs. 3 des Vertrages niedergelegte Weisungsfolgepflicht oder die Pflicht, Gesetz und Satzung einzuhalten. Bei diesen Vertragsklauseln handelt es sich - ebenso wie bei der Verschwiegenheitsregelung in § 8 Abs. 1, der Pflicht, nur für das Unternehmen tätig zu sein (§ 8 Abs. 2), oder der Pflicht zum sorgsamen Umgang mit und zur Herausgabe von Firmenunterlagen auf jederzeitiges Verlangen der Gesellschafter (§ 8 Abs. 5) - um Bestimmungen, die das Organverhältnis regeln.
3. Es liegt kein Ausnahmefall vor, in dem die - wie ausgeführt - grundsätzlich mögliche Begrenzung der organschaftlichen Haftung des Beklagten durch Abkürzung der gesetzlichen Fristen unzulässig ist.

a) Nach § 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG (i.V.m. § 9 b Abs. 1 GmbHG) sind Erlaß, Verzicht und die dem im Ergebnis gleichkommende Verkürzung der Verjährungsfrist unzulässig, soweit der Pflichtverstoß des Geschäftsführers darin besteht, daß er eine Verletzung der Kapitalschutzvorschriften (§§ 30, 33 GmbHG) nicht unterbunden hat und seine Ersatzleistung benötigt wird, um Gesellschaftsgläubiger befriedigen zu können. Auch wenn letzteres angesichts der Eröffnung des Konkursverfahrens am 1. Dezember 1997, also schon vor dem Ende des ohne fristlose Kündigung am 31. Dezember 1997 auslaufenden Anstellungsverhältnisses des Beklagten anzunehmen sein wird, liegen die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 3 GmbHG nicht vor. Denn die von dem Berufungsgericht festgestellte Pflichtwidrigkeit besteht nicht in einer Verletzung der Kapitalschutzvorschriften des GmbHG, sondern darin, daß der an der Gesellschaft nicht beteiligte Beklagte unberechtigt sich hat Spesen und Aufwendungen ersetzen lassen, daß er es zu verantworten hat, daß unaufklärbare Kassenfehlbestände (Berlinerverkauf) vorhanden sind und daß er Mittel der Gesellschaft zur Bestreitung von Maßnahmen verwendet hat, die allein in seinem eigenen Interesse lagen.

b) In seiner Entscheidung vom 15. November 1999 (II ZR 122/98, ZIP 2000, 135 f.), in der es ebenfalls um eine Verkürzung der Frist für die Geltendmachung von nicht unter den Sondertatbestand des § 43 Abs. 3 GmbHG fallenden Schadenersatzansprüchen ging, hat der Senat zwar in den dort dem Berufungsgericht erteilten Hinweisen für die weitere Sachbehandlung ausgesprochen , die Abkürzung sei unwirksam, soweit der Schadenersatzbetrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger notwendig sei. An dieser Auffassung (vgl. dazu Altmeppen, DB 2000, 261 und 657; kritisch Baumbach/Hueck/Zöllner aaO, § 43 Rdn. 45; ebenso Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner aaO, § 43 Rdn. 61 Fn. 223) hält der Senat nicht fest, weil sie eine Erweiterung der Haftung des Geschäftsführers im Interesse der Gesellschaftsgläubiger zur Folge hätte, die zwar rechtspolitisch erwünscht sein mag, aber weder im Wortlaut noch in der Systematik des Gesetzes eine hinreichende Grundlage findet.
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob § 8 Abs. 6 aaO nach seinem Sinn und Zweck auch auf deliktisches Verhalten des Beklagten gestützte Schadenersatzansprüche der Gemeinschuldnerin - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier vornehmlich an § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zu denken - umfassen soll. Sollte das Berufungsgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis gelangen, daß die genannte Klausel deliktische Ansprüche nicht einschließt, wird es zu beachten haben, daß - abweichend von der Behandlung dieser Frage für die organschaftliche Haftung (vgl. Rspr.Nachw. bei Goette ZGR 1995, 648 ff.) - die Darlegungs- und Beweislast für diese Ansprüche voll- ständig bei dem Kläger liegt. Die erforderliche Zurückverweisung der Sache eröffnet dem Berufungsgericht im übrigen die Möglichkeit, auch die von dem Beklagten hinsichtlich der Schadenhöhe erhobenen Einwände erneut zu prüfen.

II.


Der Auskunftsanspruch ist nicht begründet, weil insofern deliktische Ansprüche nicht in Rede stehen und auch für diesen auf § 8 Abs. 2 und Abs. 3 des Geschäftsführervertrages gestützten Hilfsanspruch § 8 Abs. 6 aaO Sperrwirkung entfaltet.

III.


Begründet ist die Revision schließlich insoweit, als sich der Beklagte gegen die Abweisung seiner Widerklage als unzulässig wendet. Die Widerklage ist - erst recht, nachdem das Berufungsgericht dem auf § 424 ZPO gestützten Antrag auf Urkundenvorlegung nicht entsprochen hat - sachdienlich. Denn der Beklagte ist - auch wenn ihn im Rahmen der jetzt allenfalls noch in Rede stehenden deliktischen Haftung die Darlegungs- und Beweislast dafür nicht trifft, daß er mit den Mitteln der Gemeinschuldnerin pflichtgemäß umgegangen ist, alle Geschäftsvorfälle buchmäßig ordnungsgemäß erfaßt und ggfs. für sein Vorgehen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt hat - zu seiner Verteidigung darauf angewiesen, Einblick in die von ihm selbst gefertigten Papiere zu nehmen. Wird ihm dies gestattet, besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eher die Möglichkeit, "den Streit zwischen den Parteien endgültig und alsbald beizulegen", als wenn ihm dies verwehrt wird.
Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt den Parteien die Gelegenheit, ggfs. ergänzend zu der Frage vorzutragen, ob über die bereits vorgelegten Geschäftsberichte hinaus weitere derartige Dokumente vorhanden sind, weil der Beklagte seiner Pflicht nach § 1 Abs. 4 des Geschäftsführervertrages nachgekommen ist und monatlich sowie halbjährlich schriftlich Bericht erstattet hat. Sollte sich erweisen, daß der Beklagte nur gelegentlich schriftlich berichtet hat, ginge es zu seinen Lasten, wenn er das Vorhandensein weiterer Berichte über die bereits vorgelegten Dokumente hinaus nicht darlegen und nachweisen kann. In diesem Fall erwiese sich die - zulässige, weil sachdienliche - Widerklage als unbegründet.
Röhricht Hesselberger Goette Kurzwelly Kraemer

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.