Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 19. März 2014 - 2 Ws 98/14
Tenor
I.
Dem Europäischen Gerichtshof werden gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens insoweit mit Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar, als er das Verbot der Doppelverfolgung unter die Bedingung stellt, dass im Falle einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann?
2. Ist die genannte Bedingung des Art. 54 SDÜ auch dann erfüllt, wenn nur ein Teil (hier: Geldstrafe) der im Urteilsstaat verhängten, aus zwei selbstständigen Teilen (hier: Freiheits- und Geldstrafe) bestehenden Sanktion vollstreckt worden ist?
II.
Es wird beantragt, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren gemäß Art. 104b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu unterwerfen.
III.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 28.01.2014 wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
IV.
Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Beschuldigten wird angeordnet.
Gründe
I.
„Der Beschuldigte ist Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Wechselgeldbetrügereien zusammengeschlossen hat. Der Beschuldigte handelt in der Absicht, sich durch die Begehung von Straftaten eine Lebensgrundlage zu schaffen.
Der Geschädigte S. suchte per Internet einen Investor für ein Bauvorhaben für eine Investmentsumme von 900.000 €. Daraufhin wurde er von einem unbekannten Täter, der sich als israelischer Geschäftsmann mit dem Namen W. ausgab, kontaktiert. Dieser präsentierte einen Herrn P. als interessierten Investor. Bei einem Treffen in Mailand mit Herrn P. stellte dieser den Beschuldigten unter dem Namen H. A. D. als eigentlichen Investor vor. Dabei wurde vereinbart, dass der Beschuldigte 500.000 € auf ein Treuhandkonto einbezahlen sollte. Eine weitere Zahlung von 400.000 € sollte bei einem weiteren Treffen in Mailand in bar vorgenommen werden. In der Folgezeit überredete Herr P. den Geschädigten außerdem, zu dem weiteren Treffen in Mailand 40.000 € in kleinen Scheinen mitzubringen, um diese gegen 40.000 € des Beschuldigten in 500 €-Scheinen umzutauschen, da italienischen Banken keine größeren Beträge in 500 €-Noten wechseln würden.
Am 20.3.2009 kam es zu einem erneuten Treffen zwischen dem Geschädigten und dem Beschuldigten im „Café C.“ in Mailand, bei dem der Geschädigte die vereinbarten 40.000 € im Koffer bei sich trug. Der Beschuldigte hatte einen Koffer mit Bargeld im Wert von 400.000 € bei sich. Der Beschuldigte täuschte dem Geschädigten durch Durchführung eines Wechselgeschäfts bei einer Bank vor, dass es sich bei dem Bargeld im Wert von 400.000 € um echtes Geld handeln würde, tatsächlich handelte es sich bei den im Koffer befindlichen 400.000 € um Fac-Simile. Der Geschädigte übergab dem Beschuldigten aufgrund der Täuschung Bargeld im Wert von 40.000 € und erhielt im Gegenzug 400.000 € in Fac-Simile.
Dem Geschädigten entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 40.000 €.“
Er ist der Ansicht, er könne wegen der ihm zur Last gelegten Tat in Mailand vom 20.03.2009 (Ziffer I des Haftbefehls vom 20.11.2013) nicht mehr verfolgt werden, da nach dem Grundsatz des Verbotes der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: GrCh) sowie Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens (im Folgenden: SDÜ) ein Verfolgungshindernis bestehe. Er weist darauf hin, dass er wegen dieser Tat bereits durch Urteil des Tribunale di Milano vom 18.06.2012, rechtskräftig seit 07.07.2012 (Aktenzeichen N 33709/11 RGNR; N 313/12) zu einer Strafe von einem Jahr Haft sowie 800 € Geldstrafe verurteilt worden sei (Bl. 820 - 824, 863 - 864 der Ermittlungsakte). Die Verurteilung sei in Abwesenheit erfolgt, da er sich zu diesem Zeitpunkt in Österreich in Strafhaft befunden habe. Die Staatsanwaltschaft beim Tribunale di Milano habe mit Bescheid vom 05.01.2013 (Aktenzeichen N SIEP 4882/2012) einen am 17.09.2012 ausgefertigten Beschluss in Sachen Aussetzung des Strafvollstreckungsbescheides widerrufen und die Inhaftnahme des Verurteilten zur Verbüßung der oben genannten Strafe von einem Jahr Haft sowie zur Begleichung der Geldstrafe in Höhe von 800 € verfügt (Bl. 826 - 827, 865 - 866 der Ermittlungsakte).
II.
„Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.“
„Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.“
„Sowohl hinsichtlich der Vollstreckungsbedingung als auch der zulässigen Vorbehalte nach Artikel 55 des Schengener Durchführungsübereinkommens scheint ein gewisser Widerspruch zu Artikel 50 Grundrechtscharta zu bestehen. Dieser enthält im Gegensatz zum Schengener Durchführungsübereinkommen weder eine Vollstreckungsbedingung noch Ausnahmen. Nach Artikel 52 Grundrechtscharta dürfen jedoch Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem vorgenommen werden, wenn sie notwendig und verhältnismäßig sind. Dass im Falle einer zulässigen zweiten Verfolgung jede wegen derselben Tat erlittene Freiheitsentziehung auf die ´zweite´ Sanktion angerechnet wird (Artikel 56 des Schengener Durchführungsübereinkommens), ändert nichts daran, dass nach Artikel 50 Grundrechtscharta Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit geprüft werden müssen.“
III.
IV.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 19. März 2014 - 2 Ws 98/14
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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 19. März 2014 - 2 Ws 98/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.
(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter
- 1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder - 2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.
Tenor
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. März 2011 - 1 St OLG Ss 42/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen.
-
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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...
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird im Hauptsacheverfahren auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) und im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 4.000 € (in Worten: viertausend Euro) festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine unterbliebene Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Europäischer Gerichtshof) hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (3. Führerscheinrichtlinie - ABl L 403/18).
-
I.
- 2
-
1. Das Amtsgericht Erlangen verhängte gegen den Beschwerdeführer im Jahr 2007 eine isolierte Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis von neun Monaten (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB). Nach Ablauf und vor Tilgung der Sperre im Verkehrszentralregister erwarb der Beschwerdeführer in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis, in welcher der tschechische Zweitwohnsitz des Beschwerdeführers eingetragen ist.
- 3
-
2. Das Amtsgericht Erlangen verurteilte den Beschwerdeführer mit angegriffenem Urteil vom 20. Mai 2010 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten und verhängte eine erneute isolierte Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis von zwölf Monaten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verwarf die dagegen gerichtete Berufung des Beschwerdeführers mit angegriffenem Urteil vom 8. November 2010 und änderte auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts dahingehend ab, dass die Gesamtfreiheitsstrafe zu Lasten des Beschwerdeführers auf sechs Monate erhöht wurde.
- 4
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Das Oberlandesgericht Nürnberg verwarf die dagegen gerichtete Revision des Beschwerdeführers mit angegriffenem Beschluss vom 30. März 2011 als unbegründet. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) versage das Recht, von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, wenn eine isolierte Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis im Inland verhängt worden sei. Zwar sei die Sperre zu dem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer die tschechische Fahrerlaubnis erworben habe, und zu den jeweiligen Tatzeiten bereits abgelaufen gewesen. Dies ändere jedoch nichts, weil die Sperre noch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht tilgungsreif sei (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG).
- 5
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Diese Auslegung von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV sei mit Unionsrecht, insbesondere mit Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der 3. Führerscheinrichtlinie, vereinbar (mit Hinweis auf VGH München, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 11 CS 10.1380 -, NJW 2011, S. 1380). Der Beschwerdeführer habe wegen Alkoholdelikten im Straßenverkehr wiederholt belangt werden müssen. Er habe sich dadurch in hohem Maße zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erwiesen. Angesichts der Gefahren, die vom motorisierten Straßenverkehr für das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheit insbesondere dann ausgingen, wenn charakterlich ungeeignete Personen wie der Beschwerdeführer zum Führen von Kraftfahrzeugen zugelassen würden, sei der europäische Normgeber gehalten gewesen, diesem Schutzauftrag bei der Ausgestaltung der 3. Führerscheinrichtlinie gerecht zu werden.
- 6
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3. Auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzte die Kammer die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 20. Mai 2010 in Form des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. November 2010 mit Beschluss vom 30. Mai 2011 einstweilen für die Dauer des Verfassungsbeschwerdeverfahrens, längstens für die Dauer von sechs Monaten aus.
-
II.
- 7
-
Der Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen Entscheidungen in seinen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 3 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.
- 8
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Das Oberlandesgericht Nürnberg habe seinen Beurteilungsspielraum für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV in unvertretbarer Weise überschritten. Gegenüber der vom Oberlandesgericht Nürnberg vorgenommenen Auslegung von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV sei die Gegenauffassung eindeutig vorzuziehen. Verschiedene Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte hätten § 28 Abs. 4 FeV als unionsrechtswidrig bezeichnet und nicht angewendet, § 28 Abs. 4 FeV unionsrechtskonform ausgelegt oder dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie vorgelegt (vgl. VG Koblenz, Beschluss vom 22. September 2009 - 5 L 970/09 -, juris; VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 -, juris; OVG Saarlouis, Beschluss vom 16. Juni 2010 - 1 B 204/10 -, SVR 2010, S. 392). Es sei davon auszugehen, dass der Europäische Gerichtshof Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der 3. Führerscheinrichtlinie ebenso wie Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (2. Führerscheinrichtlinie - ABl L 237/1) eng auslegen werde und auch nach Inkrafttreten der 3. Führerscheinrichtlinie allein ein Wohnsitzverstoß es rechtfertige, die Anerkennung einer gültigen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen.
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III.
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Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
- 10
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Eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liege nicht vor. Es bestünden keine Zweifel hinsichtlich des inhaltlichen Verständnisses von Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie, so dass die Vereinbarkeit von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV mit Unionsrecht von dem Oberlandesgericht Nürnberg klar und ohne Vorlage an den Europäischen Gerichtshof habe beantwortet werden können. Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 und 2 der 3. Führerscheinrichtlinie bestimmten sprachlich eindeutig, dass ein Mitgliedstaat einen Führerschein nicht ausstellen dürfe, wenn der betreffenden Person zuvor in einem anderen Mitgliedstaat ein Führerschein entzogen worden sei, und dass ein unter Verstoß gegen dieses Verbot gleichwohl erteilter Führerschein von dem Mitgliedstaat, der den Führerscheinentzug angeordnet habe, nicht anerkannt werden dürfe. Jedenfalls habe sich das Oberlandesgericht Nürnberg nicht willkürlich über die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV hinweggesetzt.
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IV.
- 11
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Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt, soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. März 2011 wendet. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 82, 159 <192 ff.>; 126, 286 <315 ff.>), und die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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1. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat den Beschwerdeführer entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG seinem gesetzlichen Richter entzogen.
- 13
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Europäische Gerichtshof gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Unterlässt es ein deutsches Gericht, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu richten, obwohl es unionsrechtlich dazu verpflichtet ist, werden die Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsverfahrens ihrem gesetzlichen Richter entzogen (BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 75, 223 <233 ff.>; 82, 159 <192 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Allerdings stellt nicht jede Verletzung der sich aus Art. 267 Abs. 3 AEUV ergebenden Vorlagepflicht einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen oder offensichtlich unhaltbar sind. Dieser Willkürmaßstab wird auch angelegt, wenn eine Verletzung von Art. 267 Abs. 3 AEUV in Rede steht (BVerfGE 82, 159<194 f.>; 126, 286 <316>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427 <1431>).
- 14
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Im Rahmen dieser Willkürkontrolle haben sich in der Rechtsprechung Fallgruppen herausgebildet, in denen die Vorlagepflichtverletzung zu einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter führt. Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011, a.a.O., S. 1431). Dies kann nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 126, 286 <317>) insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind. Zu verneinen ist in Fällen der Unvollständigkeit der Rechtsprechung ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG deshalb bereits dann, wenn das Gericht die entscheidungserhebliche Frage in zumindest vertretbarer Weise beantwortet hat.
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Dies setzt voraus, dass sich das Gericht hinsichtlich des Unionsrechts hinreichend kundig gemacht hat. Dabei umfasst der Begriff des Unionsrechts nicht nur geschriebenes und ungeschriebenes Recht in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof, sondern auch die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für das Unionsrecht entwickelten Auslegungsmethoden und -grundsätze (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Januar 2001 - 1 BvR 1036/99 -, NJW 2001, S. 1267). Das Gericht beantwortet die entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts in nicht mehr vertretbarer Weise, wenn keine tatsächlichen und rechtlichen Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die eigene Auslegung und Anwendung des Unionsrechts mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und den herkömmlichen Auslegungsmethoden und -grundsätzen übereinstimmt.
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b) Gemessen an diesem Maßstab hat das Oberlandesgericht Nürnberg den Beschwerdeführer seinem gesetzlichen Richter entzogen, indem es davon abgesehen hat, ein eigenes Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu richten oder das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 16. August 2010 - 11 B 10.1030 -, DAR 2010, S. 596 = Rs. C-419/10, Hofmann, ABl 2010 Nr. C 301/12) auszusetzen.
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aa) Die Frage, ob die Auslegung von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV, wonach eine ausländische Fahrerlaubnis im Inland ungültig ist, wenn die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis abgelaufen, aber nach wie vor noch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt ist, mit Unionsrecht, insbesondere mit Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der 3. Führerscheinrichtlinie, vereinbar ist, ist entscheidungserheblich. Denn ihre Beantwortung entscheidet darüber, ob sich der Beschwerdeführer wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar gemacht hat.
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bb) Das Oberlandesgericht Nürnberg hat als letztinstanzliches Hauptsachegericht den ihm bei der Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie zukommenden Beurteilungsrahmen überschritten. Es hat unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2010 (a.a.O.) eine Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie vorgenommen, die im Widerspruch zu der ihm bekannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Unvereinbarkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie steht, ohne sich hierfür auf vertretbare tatsächliche und rechtliche Anhaltspunkte stützen zu können. Darauf beruht die Auffassung, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV, wonach eine ausländische Fahrerlaubnis im Inland ungültig ist, wenn die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis abgelaufen, aber nach wie vor noch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt ist, mit Unionsrecht vereinbar ist.
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(1) Es bestehen begründete Zweifel daran, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV mit Unionsrecht, insbesondere mit Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 der 3. Führerscheinrichtlinie, vereinbar ist (vgl. VG Koblenz, Beschluss vom 22. September 2009, a.a.O, Rn. 13 ff.; OVG Koblenz, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 10 B 351/09 -, juris, Rn. 6 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009, a.a.O., Rn. 2; OVG Saarlouis, Beschluss vom 16. Juni 2010, a.a.O., S. 393 ff.; Blum, NZV 2008, S. 176 <181>; Hailbronner, NZV 2009, S. 361 <366 f.>; Dyllick/Lörincz/Neubauer, LKV 2010, S. 481 <486> m.w.N.; Pießkalla/ Leitgeb, NZV 2010, S. 329 <335>).
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(a) Es liegt noch keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie vor.
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(b) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur 2. Führerscheinrichtlinie sind die Mitgliedstaaten nach deren Art. 1 Abs. 2 verpflichtet, die Führerscheine anderer EU-Mitgliedstaaten ohne jede Formalität anzuerkennen (EuGH, Urteil vom 19. Februar 2009, Rs. C-321/07, Schwarz, Slg. 2009, S. I-1113, Rn. 75).
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Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats, zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich der Fahreignung und des Wohnsitzes, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, verb. Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann/Funk, Slg. 2008, S. I-4635, Rn. 52). Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten somit nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllte (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, Wiedemann/Funk, a.a.O., Rn. 53). Dies gilt auch dann, wenn der Führerschein im Aufnahmemitgliedstaat wegen Drogen- oder Alkoholkonsums entzogen wurde und der Ausstellungsmitgliedstaat nicht dieselben Anforderungen an den Eignungsnachweis stellt, insbesondere auf eine medizinisch-psychologische Untersuchung verzichtet (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, Wiedemann/Funk, a.a.O., Rn. 73). Der Aufnahmemitgliedstaat ist nur im Hinblick auf ein Verhalten, das nach dem Erwerb des von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins eingetreten ist, zur nachträglichen Eignungsüberprüfung befugt.
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Ausnahmen von dem in Art. 1 Abs. 2 der 2. Führerscheinrichtlinie enthaltenen allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine sind insbesondere vor dem Hintergrund, dass dieser Grundsatz die Ausübung der Grundfreiheiten erleichtern soll, eng auszulegen (EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Rs. C-476/01, Kapper, Slg. 2004, S. I-5205, Rn. 72). Aus diesem Grund kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Ist nämlich die zusätzlich zu der fraglichen Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bereits abgelaufen, verbietet es Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie diesem Mitgliedstaat weiterhin, die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins abzulehnen (EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Kapper, a.a.O., Rn. 76). Die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins kann allerdings abgelehnt werden, wenn sein Inhaber zum Zeitpunkt dieser Ausstellung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis unterlag (EuGH, Beschluss vom 3. Juli 2008, Rs. C-225/07, Möginger, Slg. 2008, S. I-103, Rn. 45).
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(c) Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie ist durch die 3. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 27 und 29) umgesetzt worden. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV, wonach Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten gültigen Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt sind, wenn ihnen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, wurde wortgleich aus der vorangegangenen Fassung übernommen. Ergänzend wurde § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV angefügt, wonach Satz 1 Nr. 3 und 4 nur anzuwenden ist, wenn die dort genannten Maßnahmen im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt sind. Da eine unbegrenzte Verweigerung der Anerkennung unionsrechtswidrig ist, wurde sie nach der Begründung des Verordnungsgebers durch einen Verweis auf die Tilgungsfristen des Straßenverkehrsgesetzes ersetzt (BRDrucks 851/08, S. 12).
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(2) Die Argumente, die das Oberlandesgericht Nürnberg unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2010 (a.a.O.) für die Vereinbarkeit von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV mit Unionsrecht anführt und die von Stimmen in der Rechtsprechung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20. Januar 2010 - 16 B 814/09 -, juris, Rn. 6 ff.; VGH Mannheim, Beschluss vom 21. Januar 2010 - 10 S 2391/09 -, NJW 2010, S. 2821 <2822 ff.>; OVG Greifswald, Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 M 172/09 -, juris, Rn. 11 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Mai 2010 - 2 Ss 269/10 -, NJW 2010, S. 2818 <2819 f.>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. August 2010 - 12 ME 57/10 -, juris, Rn. 11 ff.) und in der Literatur geteilt werden (vgl. Jancker, DAR 2009, S. 181 <184 f.>; Mosbacher/Gräfe, NJW 2009, S. 801 <804>), sind nicht vertretbar.
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(a) Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kommt aufgrund einer grammatikalischen, systematischen und historischen Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie zu der Auffassung, dass eine Auslegung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV, wonach eine ausländische EU-Fahrerlaubnis im Inland ungültig sei, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung in Verbindung mit § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV erfüllt seien, mit Unionsrecht vereinbar sei (Beschluss vom 7. Oktober 2010, a.a.O., S. 1382).
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Dies begründet er damit, dass durch die 3. Führerscheinrichtlinie ein Paradigmenwechsel vollzogen worden sei, um ein Unterlaufen von in einem Mitgliedstaat getroffenen fahrerlaubnisrechtlichen "Negativentscheidungen" dadurch zu verhindern, dass der Betroffene zwecks Erlangung einer neuen Fahrerlaubnis in einen anderen Mitgliedstaat ausweiche. Dies komme nicht nur in der doppelten Sicherung zum Ausdruck, die Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie durch den Übergang von fakultativen zu bindenden Regelungen und dadurch geschaffen habe, dass das in Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 der 3. Führerscheinrichtlinie ausgesprochene Verbot der Erteilung einer Fahrerlaubnis durch eine an den Aufnahmestaat gerichtete Nichtanerkennungsverpflichtung ergänzt worden sei. Der Wille des Normgebers, den Mitgliedstaaten ein möglichst wirksames Instrument zur Bekämpfung des Führerscheintourismus an die Hand zu geben, lasse sich auch aus den Materialien entnehmen (mit Hinweis auf VGH München, Beschluss vom 22. Februar 2007 - 11 CS 06.1644 -, NZV 2007, S. 539 <540 f.>).
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Diese Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie stehe nicht in Widerspruch zu höherrangigem Unionsrecht. Zu den Normen des primären Unionsrechts, die im vorliegenden Zusammenhang in den Blick zu nehmen seien, gehörten nicht nur die Bestimmungen, die die Freizügigkeit innerhalb der Union verbürgten, sondern auch die Unionsgrundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit. In den Erwägungsgründen 2, 7, 8, 9, 10, 11, 13 und 15 der 3. Führerscheinrichtlinie komme zum Ausdruck, dass die 3. Führerscheinrichtlinie das Ziel verfolge, dem aus diesen Unionsgrundrechten folgenden Schutzauftrag gerecht zu werden, indem die Verkehrssicherheit erhöht werde, und dass dieses Ziel mindestens gleichrangig neben dem Anliegen stehe, die Freizügigkeit der Unionsbürger zu erleichtern.
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(b) Es bestehen keine tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte dafür, dass diese Auslegung der 3. Führerscheinrichtlinie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs übereinstimmt.
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(aa) Der Wortlaut von Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 und 3 der 3. Führerscheinrichtlinie stützt die Annahme einer Einschränkung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite des Anerkennungsgrundsatzes nicht.
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Er lehnt sich weitgehend an Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie an. Geändert hat sich im Wesentlichen nur die Ersetzung einer Ermessensklausel durch eine Pflicht, die Anerkennung zu verweigern. Inhaltlich ist die Vorschrift jedoch weitgehend identisch geblieben, wenn man davon absieht, dass Art. 8 Abs. 4 Satz 2 der 2. Führerscheinrichtlinie auf Maßnahmen nach Art. 8 Abs. 2 verweist, während Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie nicht mehr auf Maßnahmen nach Art. 11 Abs. 2 (Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis) verweist, sondern direkt auf die Einschränkung, Aussetzung oder Entziehung im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats Bezug nimmt.
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Die Folgerung, dass damit der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Grundlage entzogen würde, wäre nur tragfähig, wenn die Rechtsprechung zur Unanwendbarkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV a.F. entscheidend auf der Verknüpfung von Art. 8 Abs. 4 mit Abs. 2 der 2. Führerscheinrichtlinie beruhen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall (vgl. Hailbronner, NZV 2009, S. 361 <366>). Der Europäische Gerichtshof begründet seine restriktive Auslegung von Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie entscheidend mit den Grundfreiheiten, für die dem Grundsatz der Anerkennung von Führerscheinen große Bedeutung zukomme. Dabei unterscheidet er zwischen Art. 8 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 argumentativ nicht. Der Europäische Gerichtshof stellt vielmehr fest, dass im Hinblick auf die Bedeutung der Individualverkehrsmittel der Besitz eines vom Aufnahmestaat ordnungsgemäß anerkannten Führerscheins Einfluss auf die tatsächliche Ausübung einer großen Zahl von unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeiten haben könne (EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Kapper, a.a.O., Rn. 71). Eine nationale Regelung, die wie § 28 FeV a.F. gerade darauf abziele, die zeitliche Wirkung einer Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früheren Fahrerlaubnis auf unbestimmte Zeit zu verlängern und den deutschen Behörden die Zuständigkeit für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis vorzubehalten, wäre daher "die Negation des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine selbst, der den Schlussstein des mit der Richtlinie 91/439 eingeführten Systems darstellt" (EuGH, Urteil vom 29. April 2004, Kapper, a.a.O., Rn. 77).
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(bb) Auch die Entstehungsgeschichte der 3. Führerscheinrichtlinie spricht nicht für eine erweiterte Befugnis der Mitgliedstaaten zur Nichtanerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis.
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Die Erwägungsgründe der 3. Führerscheinrichtlinie enthalten keine Hinweise auf eine Änderung der Rechtsgrundlagen zur Anerkennung (vgl. Hailbronner, NZV 2009, S. 361 <366>). Erwägungsgrund Nr. 6 verweist in allgemeiner Form auf die Anerkennungspflicht der Mitgliedstaaten und Erwägungsgrund Nr. 15 auf die allgemeine Befugnis der Mitgliedstaaten, aus Gründen der Verkehrssicherheit ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung, die Entziehung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf einen Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet hat.
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Die Erwägungsgründe Nr. 2, 7, 8, 9, 10, 11 und 13, die nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Ausdruck bringen, dass das Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit mindestens gleichrangig neben dem Anliegen stehe, die Freizügigkeit der Unionsbürger zu erhöhen, betreffen nicht die Anerkennung von ausländischen EU-Führerscheinen, sondern beschreiben lediglich, inwieweit die innerstaatlichen Vorschriften für den Führerschein durch die Richtlinie harmonisiert werden. Auch ein Vergleich der Formulierung der Erwägungsgründe der 2. und 3. Führerscheinrichtlinie widerstreitet der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Während die 2. Führerscheinrichtlinie beabsichtigte, "die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern und die Freizügigkeit von Personen zu erleichtern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben" (Erwägungsgrund 1), "tragen" die Regelungen der 3. Führerscheinrichtlinie lediglich "zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei", während sie "die Freizügigkeit der Personen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, der den Führerschein ausgestellt hat, niederlassen", "erleichtern", und "der Besitz eines vom Aufnahmemitgliedstaat anerkannten Führerscheins die Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit der Personen" "fördert" (Erwägungsgrund 2).
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Auch die Begründung der Kommission für die 3. Führerscheinrichtlinie geht auf die mit dem sogenannten "Führerscheintourismus" zusammenhängenden Probleme der Verkehrssicherheit nur insoweit ein, als die Mitgliedstaaten ausdrücklich keinen neuen Führerschein ausstellen dürfen sollen für eine Person, der der Führerschein entzogen wurde und die somit indirekt immer noch Inhaber eines anderen Führerscheins ist (KOM 2003 <621> endg., S. 6). Der Gemeinsame Standpunkt des Rates verweist ausschließlich auf die neuen Vorschriften über die Überprüfung der Wohnsitzklausel (ABl 2006 Nr. C 295 E/45). Diese Ausführungen deuten nicht auf eine Korrektur der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der Pflicht zur Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis hin.
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(cc) Der Kritik des Europäischen Gerichtshofs, wonach ein Mitgliedstaat nicht befugt ist, einer Person, auf die eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewendet worden ist, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird, kann - entgegen der Begründung des Verordnungsgebers (BRDrucks 851/08, S. 12) - auch nicht in vertretbarer Weise durch § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV Rechnung getragen werden. Danach darf die Anerkennung nur solange versagt werden, als die Entziehung im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt ist.
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(α) Die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach ein Mitgliedstaat nach Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der 2. Führerscheinrichtlinie die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht anerkennen muss, wenn sein Inhaber zum Zeitpunkt dieser Ausstellung im ersten Mitgliedstaat einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis unterlag (EuGH, Beschluss vom 3. Juli 2008, Möginger, a.a.O., Rn. 45), stellt allein auf die Sperrfrist ab. Nicht gemeint ist hingegen die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, sonstige Fristen vorzusehen, wenn diese der Funktion der Sperrfrist nicht entsprechen.
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Die Funktion der Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis besteht darin, dass erst durch ihre Festsetzung die Entziehung der Fahrerlaubnis ihre Wirkungskraft in dem jeweils festgesetzten Umfang erlangt (Herzog, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 3. Aufl. 2010, § 69a StGB Rn. 1). Für die Bemessung der Sperrfrist gelten die gleichen Maßstäbe wie für die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis selbst. Die Sperrfrist leitet sich mit anderen Worten aus der durch die Schwere der Tat und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit anzunehmenden Dauer der Ungeeignetheit ab (Geppert, Leipziger Kommentar, Bd. 3, 12. Aufl. 2008, § 69a StGB Rn. 16; Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 69a StGB Rn. 15 ff.). Die Tilgungsfrist nach § 29 StVG verfolgt einen anderen Zweck als die Sperrfrist, indem sie keine Rückschlüsse auf die aktuelle Fahreignung gibt. Beim Verkehrszentralregister steht der Gedanke der Bewährung im Sinne der Verkehrssicherheit im Mittelpunkt (vgl. Janker, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Aufl. 2010, § 29 StVG Rn. 2). Bewährung in diesem Sinne bedeutet aber, dass eine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fehlt, sondern eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann und lediglich bei zukünftigen Zuwiderhandlungen die zurückliegenden Verstöße berücksichtigt werden können.
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§ 28 Abs. 5 FeV sieht zwar die Möglichkeit vor, auf Antrag eine Genehmigung zur Nutzung der EU-Fahrerlaubnis während der Tilgungsfrist zu erhalten, "wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen", das heißt die Fahreignung besteht. Ein im Aufnahmemitgliedstaat durchzuführendes Genehmigungsverfahren widerspricht jedoch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Führerscheine anderer EU-Mitgliedstaaten ohne jede Formalität anzuerkennen (EuGH, Urteil vom 19. Februar 2009, Schwarz, a.a.O.). Frühere Inhaber einer Fahrerlaubnis, die in einem Mitgliedstaat entzogen oder aufgehoben wurde, können insbesondere nicht verpflichtet werden, bei den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats die Erlaubnis zu beantragen, von einer Fahrberechtigung Gebrauch zu machen, die sich aus einem nach Ablauf der Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt (EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008, Rs. C-334/06 und 336/06, Zerche u.a., Slg. 2008, S. I-4691, Rn. 70).
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(β) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 FeV führt zu einer Ungleichbehandlung zwischen Kraftfahrern, die eine neue ausländische, und solchen, die eine neue deutsche Fahrerlaubnis erworben haben (vgl. Dyllick/Lörincz/ Neubauer, LKV 2010, S. 481 <487>). Selbst wenn diese Bestimmungen dahingehend ausgelegt werden könnten, dass sie mit der 3. Führerscheinrichtlinie vereinbar wären, würden sie - entgegen der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - gegen höherrangiges primäres Unionsrecht, nämlich das in allen Grundfreiheiten enthaltene Diskriminierungsverbot, verstoßen.
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§ 28 Abs. 4 Satz 3 FeV enthält für die Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach Entziehung einer inländischen Fahrerlaubnis eine andere Frist, als sie für die Neuerteilung einer inländischen Fahrerlaubnis gilt. Die inländische Fahrerlaubnis kann unmittelbar nach Ablauf der Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis neu erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis nach wie vor vorliegen (§ 20 Abs. 1 FeV). Zur Klärung von Eignungszweifeln kann ein medizinisch-psychologisches Gutachten angeordnet werden (§ 20 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 FeV). Eine ausländische Fahrerlaubnis kann, sofern der betroffene Kraftfahrer nach Ablauf der Sperrfrist keinen Antrag nach § 28 Abs. 5 FeV stellt, erst nach Ablauf der Tilgungsfrist im Verkehrszentralregister, in dem sowohl die Entziehung der Fahrerlaubnis als auch die Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis eingetragen wird, anerkannt werden. Im Fall einer isolierten Sperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) beträgt die Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG zehn Jahre. Stellt der betroffene Kraftfahrer nach Ablauf der Sperrfrist einen Antrag nach § 28 Abs. 5 FeV, wird seine Fahreignung vom Aufnahmemitgliedstaat geprüft, das heißt er müsste bei Eignungszweifeln ebenfalls ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen.
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Eine Ungleichbehandlung kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwar grundsätzlich durch Grundrechte gerechtfertigt werden (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2003, Rs. C-112/00, Schmidberger, Slg. 2003, S. I-5659, Rn. 74; EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2004, Rs. C-36/02, Omega, Slg. 2004, S. I-9609, Rn. 35). Völlig offen ist allerdings, ob sich aus den Unionsgrundrechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof annimmt - ein Schutzauftrag (der Mitgliedstaaten) zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ergibt. Unterstellt, dies wäre der Fall, erscheint die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung unter Hinweis auf diesen Schutzauftrag jedenfalls deshalb nicht vertretbar, weil das Ziel der 3. Führerscheinrichtlinie damit offensichtlich konterkariert würde. Die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins würde von den im Aufnahmemitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Fahreignung abhängig gemacht werden, obwohl die 3. Führerscheinrichtlinie die innerstaatlichen Mindestvoraussetzungen im Hinblick auf die Fahreignung harmonisiert hat, die Prüfung der Mindestvoraussetzungen durch den Ausstellungsmitgliedstaat erfolgen soll und Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eng auszulegen sind.
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2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg ist aufzuheben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
- 45
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3. Im Hinblick auf die Urteile des Amtsgerichts Erlangen vom 20. Mai 2010 und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. November 2010 wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
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4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Zwar wird die Verfassungsbeschwerde teilweise nicht zur Entscheidung angenommen. Da der Beschwerdeführer sein wesentliches Verfahrensziel erreicht hat, sind die Angriffsgegenstände jedoch insoweit für sein Begehren von untergeordneter Bedeutung (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 88, 366 <381>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).
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Die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.
- 48
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- 1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind, - 2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und - 3.
die verurteilte Person einwilligt.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
- 1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder - 2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.
(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.
(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.
(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
G r ü n d e
- 1
- Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin zu entscheiden. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
- 2
- 1. Dem Vorabentscheidungsverfahren liegt folgender, vom Landgericht festgestellter Sachverhalt zugrunde:
- 3
- Der Angeklagte gehörte vietnamesischen Banden an, deren Ziel es war, Vietnamesen nach Deutschland illegal einzuschleusen. Eine Bande ging in der Weise vor, dass der ungarischen Botschaft in Vietnam vorgespiegelt wurde, bei gegen ein Entgelt von 11.000 $ bis 15.000 $ zu schleusenden vietnamesischen Staatsbürgern handele es sich um Mitglieder touristischer Reisegruppen. Die vorgeblichen Reisegruppen bestanden jeweils aus 20 bis 30 Personen. In der irrigen Annahme, dass die Reisen tatsächlich stattfinden würden, erteilte die ungarische Botschaft den Betroffenen Touristenvisa, die einen kurzen Aufenthalt in allen Schengenstaaten ermöglichten. Die Reisen wurden in den ersten Tagen zum Schein gemäß Reiseprogramm durchgeführt , bevor die Geschleusten dem vorab gefassten Tatplan entsprechend von Paris aus in die jeweiligen Zielländer – zumeist Deutschland – weitertransportiert wurden. Die in Berlin eintreffenden Geschleusten wurden zu- nächst in so genannten „Safehouses“ untergebracht, bis sie dann von in Deutschland ansässigen Verwandten abgeholt und anderweitig einquartiert wurden.
- 4
- Die weitere Bande machte sich den Umstand zunutze, dass vietnamesische Arbeitskräfte in Schweden als Beerenpflücker auf wenige Monate befristete Arbeitsvisa erlangen konnten, die einen Aufenthalt im Schengenraum erlaubten. Bei der Beantragung der Visa wurde den zuständigen Behörden vorgespiegelt, dass die zu schleusenden Personen als Beerenpflücker arbeiten wollten, während sie in Wahrheit planten, sich unmittelbar nach ihrer Ankunft in Schweden weiter nach Deutschland schleusen zu lassen.
- 5
- 2. Dem Angeklagten liegt im Einzelnen zur Last:
- 6
- a) Am 21. Juni 2010 nahm er mit zwei anderen Bandenmitgliedern sechs vietnamesische Staatsbürger in Empfang, die mit erschlichenen unga- rischen Touristenvisa von Paris kommend in Berlin eingetroffen waren. Mit einem der Mittäter sorgte er dafür, dass diese und drei weitere geschleuste Personen durch Verwandte oder Bekannte abgeholt und untergebracht wur- den. Für seine Mithilfe erhielt er einen Lohn von 500 €. Dem Tatplan ent- sprechend tauchten die betreffenden vietnamesischen Staatsbürger nach ihrer Ankunft in Deutschland unter (Tat 1).
- 7
- b) Am 4. Juli 2010 holte er mit zwei Bandenmitgliedern zehn nach Berlin gebrachte vietnamesische Staatsbürger ab, die mit erschlichenen ungarischen Touristenvisa nach Europa eingereist waren, und sorgte für deren Unterbringung. Er erhielt Geldleistungen in unbekannter Höhe (Tat 2).
- 8
- c) Am 17. Juli 2010 fuhren der Angeklagte und ein Mittäter von Berlin nach Schweden, um den Transport einer Gruppe von vietnamesischen Staatsangehörigen nach Berlin zu organisieren. Diese hatten auf die dargestellte Weise schwedische Arbeitsvisa als Beerenpflücker erschlichen. Jeder vietnamesische Staatsangehörige hatte für die Schleusung 2.000 € an den Angeklagten zu zahlen. Der Mittäter des Angeklagten fuhr mit vier geschleusten Personen am 19. Juli 2010 nach Berlin, während der Angeklagte in Schweden verblieb, um die Schleusung der übrigen vietnamesischen Staatsangehörigen zu organisieren. Die vier mit seinem Mittäter nach Berlin gekommenen Vietnamesen wurden plangemäß von einem weiteren Mittäter in Berlin untergebracht (Tat 3).
- 9
- d) Anschließend organisierten der in Schweden verbliebene Angeklagte und sein dorthin zurückgekehrter Mittäter nach gleichem Muster die Schleusung weiterer vietnamesischer Staatsbürger nach Berlin. Auch diese Personen mussten hierfür jeweils 2.000 € an den Angeklagten bezahlen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 2010 wurden acht vietnamesische Staatsangehörige von Schweden nach Berlin verbracht, wo die Aufnahme und Unterbringung der geschleusten Personen organisiert wurde (Tat 4).
- 10
- 3. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte dadurch in vier selbständigen Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 97 Abs. 2 i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und b i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 3 und § 96 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet – Aufenthaltsgesetz (AufenthG) strafbar gemacht. Voraussetzung für die Strafbarkeit ist dabei, dass hinsichtlich der geschleusten Personen der Tatbestand der unerlaubten Einreise (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) bzw. des unerlaubten Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) erfüllt ist. Wie aus der Zitierung des § 95 Abs. 6 AufenthG im Urteil ersichtlich ist, hat das Landgericht in dem Umstand, dass die geschleusten Personen formell über Visa verfügten, keinen die Strafbarkeit hindernden Umstand gesehen. Gemäß dieser Vorschrift steht für die Tatbestände des unerlaubten Aufenthalts und der unerlaubten Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AufenthG einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein – hier gegebenes – Handeln aufgrund eines durch falsche Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
- 11
- 4. Mit seiner Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung. Er beanstandet, ohne dies näher zu begründen, die Verletzung sachlichen Rechts.
- 12
- 5. Der Senat hält die Beantwortung der – mit seinem Ersuchen um Vorabentscheidung vom 10. Januar 2012 (5 StR 351/11) identischen – Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Sie ist entscheidungserheblich, ohne dass einschlägige oder übertragbare Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ersichtlich wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2011 – 2 BvR 1969/09 Rn. 25, und vom 22. September 2011 – 2 BvR 947/11 Rn. 14, jeweils mwN). Der Senat legt sie deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. a, Abs. 3 AEUV zur Vorabentscheidung vor.
- 13
- Er geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 AufenthG erfüllt sind. Die zu schleusenden Personen haben gegenüber den Amtsträgern der ungarischen bzw. der schwedischen Botschaft in Vietnam bewusst wahrheitswidrig vorgegeben, zu touristischen Zwecken bzw. zum Zweck vorübergehender Arbeit in den Schengenraum einreisen zu wollen (vgl. Art. 21 VK, auch i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e der Verordnung (EG) – Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen, Schengener Grenzkodex – SGK, ABl. L 105 vom 13. April 2006, S. 1). Demgegenüber hatten sie von Anfang an die Absicht, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, was der Erteilung der Visa zwingend entgegenstand (vgl. Art. 21 Abs. 1 VK, Art. 5 Abs. 1 lit. e SGK; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., AufenthG § 6 Rn. 22). Nach den tatgerichtlichen Feststellungen wurden die Visa nur aufgrund der Fehlvorstellung der Amtsträger über den wahren Zweck der Reisen erteilt.
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- Zur weiteren Begründung wird auf das in der Sache 5 StR 351/11 ergangene Vorabentscheidungsersuchen vom 10. Januar 2012 Bezug genommen.
- 15
- Der Senat weist darauf hin, dass der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Verfahrensbeteiligter ist.