Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 24. Jan. 2013 - 1 W 3/13 (PKH), 1 W 3/13
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) - 5) gegen den Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 11.12.2012 (2 O 183/12) wird zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 2) - 5) tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
- 1
Die Beklagten sind die Erben der am 15.1.2011 verstorbenen B. R. . Der Beklagte zu 1) war der Ehemann, die Beklagten zu 2) - 5) die Töchter der Erblasserin. Mit Beschluss des AG Dessau-Roßlau vom 10.6.2010 (Bl. 56) wurde der Beklagte zu 1) zur Betreuerin der Erblasserin bestellt u.a. mit dem Aufgabengebiet Gesundheitssorge. Mit Datum vom 13.8.2010 unterzeichnete der Beklagte zu 1) einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Treppenlift zum Preis von 8.400,-- Euro. Als Käuferin wird in dem Kaufvertrag die Erblasserin genannt. Der Treppenlift wurde von der Klägerin geliefert und eingebaut. Auf den Kaufpreis wurden nur Teilbeträge gezahlt, sodass die Klageforderung in Höhe von 5.356,08 Euro noch offen steht. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Erben in Anspruch. Die Beklagten bestreiten eine Vollmacht des Beklagten zu 1) zum Abschluss des Kaufvertrages und berufen sich auf die beschränkte Erbenhaftung.
- 2
Mit dem angefochten Beschluss hat das Landgericht die von den Beklagten zu 2) - 5) beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass die Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der gegen den Beschluss eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen.
II.
- 3
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO), in der Sache aber nicht begründet. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten zu 2) - 5) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO hat.
1.
- 4
Der Beklagte zu 1) hat den streitgegenständlichen Vertrag mit Vollmacht für die Erblasserin abgeschlossen. Die Bevollmächtigung folgt aus seiner Bestellung zum Betreuer mit dem Aufgabengebiet Gesundheitssorge. Was darunter im Einzelnen zu fassen ist, lässt sich nicht abstrakt beschreiben. Bei einer generalisierenden Betrachtungsweise sind Treppenlifte aber nicht anders zu behandeln als andere medizinische Hilfsmittel wie z.B. Brillen, Hörgeräte oder Rollstühle (vgl. dazu BFH Urteil vom 5.10.2011 - VI R 14/11 -; hier: zitiert nach juris [Rn. 13]). Der Abschluss von Verträgen über erforderliche medizinische Hilfsmittel wird von dem Aufgabekreis Gesundheitssorge mit umfasst.
2.
- 5
Die Beklagten können sich nicht auf die beschränkte Erbenhaftung berufen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, jedenfalls nicht dargetan sind. Es wurde weder ein Nachlassverwaltungs- noch ein Nachlassinsolvenzverfahren durchgeführt (§ 1975 BGB). Es wurde auch kein Verzeichnis des Nachlasses beim Nachlassgericht eingereicht (§ 1993 BGB). Dass die Voraussetzungen von § 1990 BGB vorliegen könnten, haben die Beklagten nicht dargelegt. Der bloße Hinweis darauf in der Klageerwiderung, dass der Nachlass überschuldet ist (zudem ohne jeden Beweisantritt; dazu: Palandt/ Weidlich BGB, 72. Aufl., § 1990, Rn. 2), ist dafür unzureichend mit der Folge, dass die Beklagten unbeschränkt gemäß § 1967 Abs. 1 BGB haften. Dann aber hat die Rechtsverteidigung (dass der Treppenlift mangelhaft war und deshalb Gegenrechte bestehen könnten, behaupten sie ebenso wenig, wie sie die Höhe der restlichen Kaufpreisforderung bestreiten) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und die nachgesuchte Prozesskostenhilfe ist zu verweigern.
- 6
Die Kostenentscheidung folgt aus KV 1812 i.V.m. § 124 Abs. 4 ZPO.
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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist.
Der Erbe ist berechtigt, ein Verzeichnis des Nachlasses (Inventar) bei dem Nachlassgericht einzureichen (Inventarerrichtung).
(1) Ist die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Insolvenzverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.
(2) Das Recht des Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gläubiger nach dem Eintritt des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung ein Pfandrecht oder eine Hypothek oder im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.
(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn
- 1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat; - 2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat; - 3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind; - 4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat; - 5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.
(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.