Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 26. Juni 2014 - 1 U 110/13
Gericht
Tenor
1. Das Verfahren wird wieder aufgenommen und fortgeführt.
2. Die Kostenentscheidung in dem am 30.1.2014 verkündeten Urteil des Senats wird neu gefasst:
Die Kosten der ersten Instanz einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens - Landgericht Halle (3 OH 10/09) - tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Klägerin zu 40 %, im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 69 % und die Beklagte zu 31 %. Die Kosten der Streithilfe trägt die Klägerin zu 69 %; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Streitwertbeschlusses in dem am 30.1.2014 verkündeten Urteil auf
die Gebührenstufe bis 170.000,-- Euro für die Zeit bis zum 20.9.2013 und auf
die Gebührenstufe bis 80.000,-- Euro für die Zeit danach festgesetzt (§ 63 Abs. 3 GKG).
Gründe
I.
- 1
Mit dem am 19.7.2013 verkündetem Urteil hat das Landgericht Halle die Beklagte verurteilt an die Klägerin 103.361,37 Euro nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 18.9.2013 vor Terminierung und ohne Antragstellung zurückgenommen (Bl. 148 II). Die Klägerin hat (neben weiteren Zinsen auf den Betrag von 103.361,37 Euro) beantragt, die Beklagte zur Zahlung von weiteren 56.000,-- Euro zu verurteilen. Mit seinem am 30.1.2014 verkündeten Urteil hat der Senat die Berufung der Klägerin bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsforderung zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung lautet:
- 2
Die Kosten der ersten Instanz einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Landgericht Halle (6 OH 5/11) tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 34 % und die Beklagte zu 66 %. Die Kosten der Streithilfe trägt die Klägerin zu 34 %; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
- 3
Mit dem Urteil hat der Senat mit Beschluss den Streitwert für das Berufungsverfahren einheitlich auf die Gebührenstufe bis 170.000,-- Euro festgesetzt. Das Urteil wurde der Beklagten am 7.2.2014 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 7.2.2014 hat die Beklagte einen Berichtigungsantrag hinsichtlich des Tenors gestellt (betreffend die Kosten der Streithilfe erster Instanz und hat weiter mit dem am 14.2.2014 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz eine Gehörsrüge erhoben.
- 4
Sie begründet die Gehörsrüge damit, dass sie vor der (endgültigen) Festsetzung des Streitwertes nicht gehört worden sei. Wäre sie gehört worden, hätte sie klargestellt, dass der Streitwert nur bis zur Rücknahme ihrer Berufung auf die Gebührenstufe bis 170.000,-- Euro festgesetzt werden konnte, für die Zeit danach nur noch auf den Betrag entsprechend dem Berufungsantrag der Klägerin. Bei richtiger Streitwertfestsetzung hätte dies zu ihren Gunsten Auswirkungen auf die Kostengrundentscheidung für das Berufungsverfahren.
- 5
Der Klägerin wurde rechtliches Gehör gewährt. Mit Beschluss vom 22.5.2014 hat der Senat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet.
II.
- 6
Es ist festzustellen, dass das Verfahren wieder aufgenommen und fortgeführt wird (§ 321a Abs. 5 ZPO).
- 7
Die Gehörsrüge ist zulässig und begründet. Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 30.7.2008 – II ZB 40/07 – [FamRZ 2008, 1925f.]) hat entschieden, dass die Kostengrundentscheidung nicht gemäß § 319 ZPO berichtigt werden kann, sodass der Beklagten ein anderweitiger Rechtsbehelf i.S.v. § 321a Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zur Verfügung steht.
- 8
Es liegt ein Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör vor, weil ihr keine Gelegenheit zur Stellungnahme vor der endgültigen Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren gegeben wurde. Die endgültige Wertfestsetzung erfolgt grundsätzlich nach Anhörung der Parteien (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., GKG, § 63, Rn. 24 m.w.N.).
- 9
Die Beklagte rügt zutreffend, dass der Streitwert für das Berufungsverfahren nur bis zur Rücknahme ihrer Berufung auf die Gebührenstufe bis 170.000,-- festgesetzt werden konnte. Für die Zeit danach war der Streitwert begrenzt auf den Berufungsantrag der Klägerin (Gebührenstufe bis 80.000,--). Wie die Kostenquote zu ermitteln ist, wenn vor einer abschließenden Entscheidung eine Berufung zurückgenommen wird, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Senat folgt im Grundsatz der sogenannten Mehrkostenmethode (dazu OLG Schleswig Beschluss vom 3.9.2007 – 1 W 37/07 – [OLGR 2008, 89]; hier: zitiert nach juris – allerdings für eine teilweise Klagerücknahme in erster Instanz), wonach die Mehrkosten betragsmäßig zu ermitteln sind und in das Verhältnis zu den tatsächlich angefallenen Kosten gesetzt werden (vgl. dazu das Rechenbeispiel bei Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 10. Aufl., S. 94). Eins zu Eins lassen sich die Grundsätze nicht auf die vorliegende Konstellation übertragen. Grundsätzlich werden die Werte zweier Berufungen für den Streitwert addiert. Damit ließe sich aber nicht abbilden, dass sich die Gerichtskosten nach vollständiger Berufungsrücknahme vor Terminierung gemäß KV 1221 von 4 auf 1 Gebühr ermäßigen. Dies gilt natürlich nur für die Berufung der Beklagten. Man kann das Problem dadurch umgehen, dass man die Gerichtskosten nach den Teilstreitwerten ermittelt und dann addiert. Zwar werden dann rechnerisch 5 Gebühren berücksichtigt, dies kann aber hingenommen werden, weil der Betrag hinter der 4-fachen Gebühr des addierten Betrages zurückbleibt. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr muss es allerdings bei der Addition der beiden Teilstreitwerte bleiben, weil diese mit der Einlegung der Berufung entstanden. Für die Terminsgebühr ist dann die bereits erfolgte Berufungsrücknahme zu berücksichtigen:
- 10
Gerichtskosten
Streitwert
(§ 47 Abs. 1 S. 2 GKG)103.361,00 Euro
1 x
1.026,00 Euro
Streitwert
66.216,70 Euro
4 x
786,00 Euro3.144,00 Euro
Gesamt
4.170,00 Euro
RA-Kosten
Streitwert: (VV 3100)
170.000,00 Euro
1,3 x
1.843,00 Euro2.395,90 Euro
Streitwert: (VV 3104)
66.216,70 Euro
1,2 x
1.333,00 Euro1.599,60 Euro
Summe RA-Kosten
3.995,50 Euro
x 2 Parteien
7.991,00 Euro
Gesamtkosten
12.161,00 Euro
Vergleichsrechnung
Gerichtskosten
4 x
786,00 Euro3.144,00 Euro
RA-Kosten (VV 3100)
1,3 x
1.333,00 Euro1.732,90 Euro
RA-Kosten (VV 3104)
1,2 x
1.333,00 Euro1.599,60 Euro
Summe RA-Kosten
3.332,50 Euro
x 2 Parteien
6.665,00 Euro
Gesamtkosten
9.809,00 Euro
- 11
Insoweit obsiegt die Klägerin lediglich in Höhe von 15 % (10.216,70 Euro/66.216,70 Euro). Damit ist von einem Verhältnis von 8.337,65 [= 85 % von 9.809,- Euro]/12.161 auszugehen, was eine Kostenquote vom 69 % zu 31 % zu ihren Lasten ergibt.
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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.