Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 25. Okt. 2017 - 18 U 1202/17

published on 25/10/2017 00:00
Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 25. Okt. 2017 - 18 U 1202/17
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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 24.02.2017, Az. 13 O 5937/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.11.2017.

Gründe

Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

I.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht nicht nach § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abgewiesen, weil die im Testament des Erblassers... vom 17.4.2010 (Anlage K1) enthaltene Schiedsklausel jedenfalls insoweit unwirksam ist, als sie den Streit über Pflichtteilsansprüche dem schiedsrichterlichen Verfahren unterwirft.

Eine solche Schiedsgerichtsklausel überschreitet die Grenzen der materiell rechtlichen Dispositionsbefugnis des Erblassers, auf die § 1066 ZPO mit der Formulierung „in gesetzlich statthafter Weise“ zur Beschreibung auch der Zulässigkeitsgrenzen für die Einsetzung außervertraglicher Schiedsgerichte verweist. Ungeachtet der Reform des Schiedsverfahi rensrechts ist ein Schiedsgericht nur dann „in gesetzlich statthafter Weise“ durch letztwillige Verfügung angeordnet, wenn die Anordnung in der Verfügungsmacht des Erblassers liegt. Der Grundsatz, dass die Testierfreiheit des Erblassers durch die mit Grundrechtsschutz ausgestattete (vgl. BVerfGE 112, 332/349) gesetzliche Anordnung der grundsätzlichen Unentziehbarkeit des Pflichtteils gemäß §§ 2303, 2333 BGB beschränkt ist, besagt auch, dass dem Erblasser jede Beschränkung des Pflichtteilsberechtigten in Bezug auf die Verfolgung und Durchsetzung des Rechts verwehrt ist. Damit überschreitet eine einseitige letztwillige Anordnung, die dem Berechtigten den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten entzieht und ihm ein Schiedsgericht aufzwingt, die Grenzen der Verfügungsfreiheit, die dem Erblasser durch das materielle Recht gezogen sind. Zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.3.2017 - I ZB 50/16 - Rn. 22 ff. m.w.N. (von den Klägern vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz vom 12.6.2017) verwiesen.

Die vom Beklagten zu 1) erhobenen Einwände des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) oder der Schikane (§ 226 BGB) greifen nicht durch.

1. Nach ganz einhelliger Meinung besteht ein Anspruch auf ein von einem Notar aufgenommenes Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB auch nach Erstellung eines privaten Nachlassverzeichnisses, ohne dass es einer gesonderten Begründung dafür bedürfte (vgl. Palandt/Weidlich BGB 76. Aufl. § 2314 Rn. 7 m.w.N.). Das gilt selbst dann, wenn es sich bei der erteilten privaten Auskunft um ein vollständiges und einheitliches Verzeichnis mit allen Aktiv- und Passivwerten des Nachlasses einschließlich ausgleichungspflichtiger Zuwendungen und ergänzungspflichtiger Schenkungen handelt und nicht wie im vorliegenden Fall um über ein Jahr verteilte Einzelauskünfte (vom 29.1.2014 über Schenkungen an den Beklagten zu 1), Anlagen K5 und B7, vom 28.3.2014 über Schenkungen an ... Anlagen K6 und B8, vom 6.5.2014 über Schenkungen an ... Anlagen K7 und B9, und schließlich ein „vorläufiges Nachlassverzeichnis mit Wertangaben“ vom 23.12.2014, Anlage K10). Keine Voraussetzung ist insbesondere die vom Beklagten zu 1) vermisste, „fundierte inhaltliche Stellungnahme“ der Kläger zu den erteilten Auskünften, zumal ihnen zu keinem Zeitpunkt ein abschließendes Nachlassverzeichnis vorgelegt wurde. Erst recht ist nicht erforderlich, dass die in erster Instanz gegen die Vollständigkeit, Verständlichkeit und Richtigkeit der erteilten Auskünfte vorgebrachten Einwände der Kläger begründet sind. Anders als der Beklagte zu 1) meint, soll die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses nicht nur der „Erlangung weiterer Auskünfte“ dienen. Vielmehr soll sie dem Pflichtteilsberechtigten die Gewähr höherer Richtigkeit bieten, weil der Notar um vollständige und wahrheitsgemäße Angaben bemüht sein wird und sein Verzeichnis Klarheit und Übersichtlichkeit erwarten lässt (Palandt/Weidlich a.a.O. m.w.N.).

2. Nachdem der damalige anwaltliche Vertreter der Kläger schon mit Schreiben vom 22.2.2013 (bzgl. des Klägers zu 2) vorgelegt als Anlage B1) auf deren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche hingewiesen hatte, erscheint die Beanstandung des Beklagten zu 1), die Kläger hätten sich erst mit Schreiben vom 7.12.2015 „in der Pflichtteilssache“ an ihn gewandt, unabhängig von ihrer rechtlichen Relevanz bereits nicht verständlich.

3. Nicht nachvollziehbar ist auch die vom Beklagten zu 1) vertretene Ansicht, die Kläger verfolgten mit der kurz vor Eintritt der Verjährung eingereichten Stufenklage „pflichtteilsfremde Zwecke“, nämlich die Hemmung der Verjährung ihrer Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche.

Selbst wenn man mit dem Beklagten zu 1) davon ausgehen wollte, dass diese Ansprüche ohne die vorliegende Klage zum 31.12.2015 verjährt wären, hätten die Kläger eine Verjährungshemmung auch etwa durch Erhebung einer Stufenklage beschränkt auf die Anträge 1.3 und 1.4 erreichen können, ohne ihre Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche sogleich beziffern zu müssen. Im Übrigen ist es sicherlich nicht treuwidrig, einen bestehenden Anspruch kurz vor Verjährungseintritt einzuklagen, um damit eben diesen zu verhindern.

Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufung an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz).

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt,
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt,
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published on 16/03/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 50/16 vom 16. März 2017 in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, § 1066 Der Streit ü
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.

(2) Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden.

(3) Ist ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 oder 2 anhängig, kann ein schiedsrichterliches Verfahren gleichwohl eingeleitet oder fortgesetzt werden und ein Schiedsspruch ergehen.

Für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werden, gelten die Vorschriften dieses Buches entsprechend.

(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.

(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling

1.
dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
2.
sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
3.
die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
4.
wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.