Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 01. Juli 2016 - 1 U 2428/16

published on 01/07/2016 00:00
Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 01. Juli 2016 - 1 U 2428/16
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Landgericht München I, 9 O 17578/12, 11/04/2016
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Tenor

I.Der Wiedereinsetzungsantrag der Kläger vom 02.06.2016 wird zurückgewiesen.

II.Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.04.2016, Az: 9 O 17578/12, zu verwerfen.

III.Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 260.000.-Euro festzusetzen.

IV.Die Parteien erhalten Gelegenheit, zum Hinweis des Senats unter Ziffer II und III binnen zwei Wochen nach Zustellung Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der Wiedereinsetzungsantrag der Kläger vom 02.06.2016 war zurückzuweisen. Die Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist darf einer Partei nur gewährt werden, wenn diese die Frist schuldlos versäumt hat (§ 233 ZPO). Dabei steht das (nachgenannte) Verschulden von deren Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Das mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts München I vom 11.04.2016 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich dessen Empfangsbekenntnisses am 18.04.2016 zugestellt. Die Frist zur Einlegung der Berufung endete somit am 18.05.2016. Die Berufung des Klägers, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ging erst am 02.06.2016 beim Oberlandesgericht München ein.

Die Kläger bzw. deren Prozessbevollmächtigte haben die einmonatige Berufungsfrist des § 517 ZPO schuldhaft versäumt.

Der Berufungsschriftsatz vom 18.05.2016 war unstreitig an das Landgericht München I und damit nicht an das für die Berufungseinlegung zuständige Oberlandesgericht München gerichtet.

Dem Antragsteller ist einzuräumen, dass die Berufungseinlegung bei einem unzuständigen Gericht dann einen Anspruch auf Wiedereinsetzung begründen kann, wenn diesem im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsganges eine rechtzeitige Weiterleitung an das zuständige Gericht möglich gewesen wäre und auch hätte veranlasst werden müssen.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann und die Partei hierauf vertrauen durfte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.01.2001 - 1 BvR 2147/00 - bei juris Rn. 8 ff; BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1995 - 1 BvR 166/93 -, bei juris Rn. 48; BGH, Beschluss vom 06.11.2008 - IX ZB 208/06, bei juris Rn. 7; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 37. Auflage, § 233 Rn. 14 m.w.N.).

Vorliegend ging der Berufungsschriftsatz erst am 18.05.2016 gegen 13.00 Uhr bei der Geschäftsstelle des Landgerichts ein. Der genaue Zeitpunkt ist hierbei unerheblich. Die Erwartung, dass die Berufungseinlegung bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig das Berufungsgericht erreichen würde, war im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Eine Pflicht des Gerichts, bereits kurz nach Eingang der eingehenden Post diese zu bearbeiten, besteht nicht. Im Rahmen des ordentlichen Geschäftsganges war allenfalls mit einer Bearbeitung am nächsten Morgen zu rechnen. Selbst wenn noch am Nachmittag des 18.05.2016 eine Weiter leitung der Berufung im Rahmen des ordentlichen Geschäftsganges erfolgt wäre, wäre ein Eingang beim Oberlandesgericht erst am folgenden Tag erfolgt, so dass die Frist auch dann abgelaufen wäre (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 06.11.2008 - IX ZB 208/06, bei juris Rn. 8).

Eine Verpflichtung des Gerichts, die Berufung selbst per Fax weiterzuleiten oder den Prozessbevollmächtigten der Kläger telefonisch oder per Telefax innerhalb der Berufungsfrist von der Einreichung der Berufung beim unzuständigen Gericht zu unterrichten, besteht hingegen nicht. Andernfalls würden die Anforderungen an die rechtliche Fürsorgepflicht überspannt werden und die Prozessbevollmächtigten von ihrer Verantwortung für die Einhaltung der Formalien sachwidrig entlastet werden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.01.2001, 1 BvR 2147/00, bei juris Rn. 11; BGH Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 689/13, bei juris Rn. 29).

II.

Da, wie unter I. ausgeführt, den Klägern keine Wiedereinsetzung gewährt werden kann, wird deren Berufung als unzulässig zu verwerfen sein (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Den Klägern wird daher aus Kostengründen angeraten, die verspätet eingelegte Berufung zurückzunehmen.

III.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren entspricht dem in erster Instanz festgesetzten Streitwert (vgl. Protokoll des Landgerichts vom 21.09.2015, Bl. 253 d. A.).

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.