Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Aug. 2015 - 7 U 509/15
Gericht
Gründe
Oberlandesgericht München
Az.: 7 U 509/15
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 12.08.2015
12 HK O 21124/14 LG München I
In dem Rechtsstreit
1) …
- Antragstellerin und Berufungsbeklagte -
2) …
- Antragstellerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Antragsgegnerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
wegen Unterlassung
erlässt das Oberlandesgericht München - 7. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, die Richterin am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.08.2015 folgendes
Endurteil
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gründe: A. Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um einen Unterlassungsanspruch.
Die Verfügungsklägerin zu 1 ist zentraler Teil der A. Unternehmensgruppe, die unter anderem Trägerin von Seniorenresidenzen ist. Die Verfügungsklägerin zu 2 betreibt die Seniorenresidenzen (darunter auch die streitgegenständliche in A. mühle /Schleswig-Holstein) und hat die entsprechenden Baulichkeiten von der Verfügungsklägerin zu 1 angemietet.
Mit Verträgen vom 23.9.2011 verkaufte die Verfügungsklägerin zu 1 das gegenständliche Grundstück an die Verfügungsbeklagte und mietete es gleichzeitig zurück. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte die Verfügungsklägerin zu 1 der Verfügungsbeklagten ein Darlehen. Nach Erklärung der Auflassung wurde die Verfügungsbeklagte als Eigentümerin des gegenständlichen Grundstücks ins Grundbuch eingetragen.
In der Folgezeit entstand der Verdacht, dass die vorgenannten Geschäfte durch mögliche Straftaten der Untreue bzw. des Betruges und der Bestechlichkeit seitens früherer Organe der Verfügungsklägerin zu 1 (Mitgeschäftsführer, Vorsitzender des Aufsichtsrats), der früheren bzw. aktuellen Geschäftsführer der Beklagten sowie eines in der Schweiz ansässigen Finanzvermittlers beeinflusst seien. Diesbezüglich läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens erging mindestens ein (mittlerweile außer Vollzug gesetzter) Haftbefehl und wurde das gegenständliche Grundstück gemäß § 111 c StPO beschlagnahmt, ein entsprechender Vermerk ist in das Grundbuch eingetragen.
Am 22.8.2014 erklärte die Verfügungsklägerin zu 1 die Anfechtung der vorgenannten Verträge (Kaufvertrag, Mietvertrag, Darlehensvertrag und Auflassung) wegen arglistiger Täuschung. Sie lässt vortragen, die genannten Rechtsgeschäfte seien ohnehin nach § 138 BGB nichtig. Die Mietzahlungen an die Verfügungsbeklagte stellte die Verfügungsklägerin zu 1 ein. Daraufhin kündigte die Verfügungsbeklagte am 3.11.2014 den Mietvertrag mit der Verfügungsklägerin zu 1 fristlos. Diesbezüglich ist eine Räumungsklage beim Landgericht Lübeck anhängig. Das Gericht hat dieses Verfahren im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren ausgesetzt; eine Beschwerde hiergegen hat das Oberlandesgericht Schleswig zurückgewiesen.
Im Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 3.11.2014 an die Verfügungsklägerin zu 1 heißt es unter anderem: Durch die Beendigung des Hauptmietvertrags sind Ihr Untermieter [= Verfügungsbeklagte zu 2; Anm. d. Senats] und dessen Untermieter [die Bewohner der Seniorenresidenz; Anm. d. Senats] uns gegenüber nicht weiter berechtigt, das Grundstück zu besitzen und zu nutzen. Diese Rechtslage ergibt sich aus § 546 Abs. 2 BGB. Wir haben daher die Collegium A. GmbH aufgefordert, die Räumung zu dulden. Dieselbe Rechtslage betrifft die Bewohner des Objekts, die als Unter-Untermieter uns gegenüber ebenfalls räumungspflichtig sind. Diese informieren wir mit gesondertem Schreiben.
Am 6.11.2014 untersagte das Landgericht München I auf Antrag der Klageparteien der Verfügungsbeklagten durch einstweilige Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft, gegenüber Dritten, insbesondere den Bewohnerinnen und Bewohnern des gegenständlichen Seniorenwohnstifts wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, - dass die Bewohnerinnen und Bewohner des zuvor genannten Seniorenwohnstifts nicht berechtigt sind, das zuvor genannte Seniorenwohnstift zu besitzen und zu nutzen; - dass die Bewohnerinnen und Bewohner des zuvor genannten Seniorenwohnstifts A. mühle verpflichtet sind, das zuvor genannte Seniorenwohnstift, insbesondere die von den Bewohnerinnen und Bewohnern dort angemieteten Wohnungen und Räume an die Antragsgegnerin herauszugeben und zu räumen.
Die Verfügungsklägerinnen haben beantragt, die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Es hat den gegenständlichen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verfügungsklägerin zu 1 vor allem auf Eigentum (die Auflassung vom 23.9.2011 sei wirksam angefochten) und hinsichtlich der Verfügungsklägerin zu 2 auf Besitzschutz gestützt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Verfügungsbeklagte ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Verfügungsklägerinnen beantragen die Zurückweisung der Berufung.
B. Die Berufung erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die gegenständliche einstweilige Verfügung erlassen bzw. aufrechterhalten.
I.
II.
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.
Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.
(2) Durch eine Mitteilung, deren Unwahrheit dem Mitteilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.