A.
Die Parteien streiten um Provisionsansprüche des Klägers im Zusammenhang mit der Beendigung der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien.
Die Beklagte ist mit der Vermittlung von Versicherungen befasst. Der Kläger war früher Geschäftsführer der Beklagten; im Jahr 2007 wurde er mit seinem Einvernehmen als solcher abberufen. Daneben bestand zwischen den Parteien ein als Vermittlervereinbarung bezeichneter Vertrag vom 1.8.2001 (Anlage K 1) nebst Nachträgen vom 16.5.2007 (Anlage B 1) und 22.1.2009 (Anlage K 2). Hiernach vermittelte der Kläger Versicherungen namens der Beklagten und hatte diesbezüglich Anspruch auf Abschluss- und Bestandspflegeprovisionen.
Mit Schreiben vom 2.1.2010 (dem Kläger zugegangen am 7.1.2010) kündigte die Beklagte die Vermittlervereinbarung zwischen den Parteien außerordentlich. Die Kündigung wurde auf die Behauptung eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien gestützt; Hintergrund war, dass der Kläger ihm nach seiner Ansicht zustehende Ansprüche gegen die Beklagte gerichtlich geltend gemacht hatte. Mit Schreiben vom 15.2.2010 wiederholte die Beklagte ihre außerordentliche Kündigung, nunmehr gestützt auf die Tatsache, dass der Kläger keine Erlaubnis nach § 34 d GewO besaß.
Der Kläger, der die Kündigungen für unwirksam hielt, machte zunächst im Wege der Stufenklage Auskunfts- und Abrechnungsansprüche bezüglich ihm zustehender Ansprüche auf Bestandsprovision für die Jahre 2010 - 2012 sowie (unbezifferte) Ansprüche auf Zahlung nach Auskunft geltend. Die Beklagte hat im Zuge des erstinstanzlichen Rechtsstreits die geforderten Auskünfte erteilt. Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Auskunftsstufe für erledigt erklärt und seine Zahlungsansprüche beziffert. Der geltend gemachte Betrag bezieht sich auf Bestandspflegeprovisionen für das Jahr 2010. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung widersetzt.
Durch Teilurteil vom 4.12.2015 hat das Landgericht die Erledigung der Auskunftsstufe für das Jahr 2010 festgestellt und die Klage für die Jahre 2011 / 2012 abgewiesen. Die außerordentlichen Kündigungen seien unwirksam; aber die Kündigung vom 2.1.2010 sei in eine ordentliche Kündigung umzudeuten und habe den Vertrag im Hinblick auf die vereinbarte jährliche Kündigungsfrist zum 7.1.2011 beendet. Damit sei die Auskunftsklage vor der Erledigungserklärung für Zeiträume bis zum Wirksamwerden der Kündigung begründet und im übrigen unbegründet gewesen. - Rechtsmittel gegen dieses Teilurteil wurde nicht eingelegt.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.212,36 € „seit Rechtshängigkeit an den Kläger“ zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben; einen Zinsausspruch hat es nicht getroffen (was angesichts des dargestellten Klagantrags nicht verwundern kann). Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren weiter.
B.
Die Berufung hat Erfolg. Dem Kläger stehen weitere Zahlungsansprüche gegen die Beklagte nicht zu.
I. Irrelevant hierfür ist allerdings die von den Parteien in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellte Frage, ob das Teilurteil vom 4.12.2015 hätte ergehen dürfen. Denn das Teilurteil wurde nicht mit Rechtsmitteln angegriffen und ist daher rechtskräftig. Damit steht rechtskräftig fest, dass die Auskunftsstufe für das Jahr 2010 erledigt ist und dass keine Ansprüche für 2011 / 2012 bestehen.
Nicht rechtskräftig fest steht allerdings die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen der Beklagten (dazu unten II.). Denn es handelt sich insoweit um Vorfragen, deren Entscheidung nach allgemeiner Meinung nicht in Rechtskraft erwächst (vgl. z.B. Thomas / Putzo / Reichold, ZPO, 38. Aufl., § 322 Rz. 28; Zöller / Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 322 Rz. 34).
Nicht rechtskräftig fest steht umgekehrt aber auch, dass Provisionsansprüche für das Jahr 2010 bestehen (dazu unten III.). Zwar ist das Bestehen eines Hauptanspruchs (Provision) Voraussetzung für die Stattgabe des Hilfsanspruchs (Auskunft) und damit auch für die Feststellung von dessen Erledigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, erwächst jedoch bei der Stufenklage die Bejahung des Hauptanspruchs bei der Stattgabe der ersten Stufe weder in Rechtskraft nach § 322 ZPO noch in Bindungswirkung nach § 318 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1969 - V ZR 114/66, zitiert nach juris, dort Rz. 21; Urteil vom 14.11.1984 - VIII ZR 228/83, zitiert nach juris, dort Rz. 6).
II. Der Senat folgt dem Landgericht jedoch in der Sache darin, dass die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten unwirksam sind und der Vertrag zwischen den Parteien frühestens zum 7.1.2011 endete, so dass die Kündigungen dem noch streitgegenständlichen Provisionsanspruch des Klägers für das Jahr 2010 nicht entgegen stünden.
1. Der Kündigung vom 2.1.2010 fehlt es an einem wichtigen Kündigungsgrund. Zwar kann ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für die kündigende Partei unzumutbar machen. Diese Feststellung setzt jedoch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles voraus, wobei in aller Regel der Frage, in wessen Sphäre die Zerrüttung wurzelt, entscheidendes Gewicht zukommen wird. Insoweit beruft sich die Beklagte darauf, dass der Kläger unberechtigte Ansprüche gegen sie gerichtlich geltend gemacht habe. Es kann jedoch nach Auffassung des Senats in aller Regel nicht als zurechenbare Störung des Vertrauensverhältnisses gewertet werden, wenn eine Vertragspartei Ansprüche, die sie subjektiv für berechtigt hält, gerichtlich geltend macht. Eine andere Auffassung wäre mit der Rechtsweggarantie und dem Justizgewährungsanspruch nicht vereinbar.
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen käme nur im Falle reiner Schikane in Betracht. Hiervon kann man aber vorliegend schon deshalb nicht ausgehen, weil die Beklagte selbst die vom Kläger damals geltend gemachten Ansprüche nicht als von vorneherein unbegründet ansah, weil sie sich gegenüber der Nürnberger Versicherung um Aufklärung über eventuell noch bestehende Provisionsansprüche des Klägers bemühte.
2. Was die Kündigung vom 15.2.2010 betrifft, die auf eine fehlende Erlaubnis des Kläger nach § 34 d GewO gestützt wurde, kann an dieser Stelle noch dahinstehen, ob der Kläger einer solchen Erlaubnis bedurfte. Denn der Beklagten war seit dem Jahr 2007 bekannt, dass der Kläger eine solche Erlaubnis nicht hatte, wie sich aus § 4 des ersten Nachtrags zur Vermittlervereinbarung vom 16.5.2007 ergibt. Damit ist die hierauf gestützte Kündigung selbst bei großzügigster Auslegung nicht mehr binnen angemessener Frist ab Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund erklärt. Zumindest aber wäre unter diesen Umständen eine Abmahnung in Gestalt einer befristeten Aufforderung, sich endlich eine derartige Erlaubnis zu besorgen, als Kündigungsvoraussetzung erforderlich gewesen. Eine diesbezügliche Abmahnung hat die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Ihre Behauptung, „insoweit“ sei „der Kläger auch abgemahnt worden“ (Schriftsatz vom 21.7.2017, Bl. 2433 ff. der Akten, dort S. 7) stellt eine reine Rechtsbehauptung ohne Vortrag von Tatsachen, die diesen Rechtsbegriff ausfüllen könnten, dar.
III. Ein Anspruch des Klägers auf Bestandspflegeprovisionen scheitert jedoch daran, dass der Kläger im Jahr 2010 keine Bestandspflege betrieben hat.
1. Nach § 1 Ziff. 2 der Vermittlervereinbarung (Anlage K 19) schuldet die Beklagte die Bestandspflegeprovision nur, „solange die Verträge bzw. der Kunde“ vom Kläger „betreut werden“. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass Bestandspflegeproviisionen dann nicht mehr geschuldet werden, wenn der Kläger keinerlei Tätigkeit mehr erbringt.
Dieses Ergebnis versucht das Landgericht mit der Erwägung zu vermeiden, dass die Beklagte den Kläger an der Entfaltung von Betreuungstätigkeiten gehindert habe, indem sie ihm Hausverbot erteilt habe und ihm vereinbarungswidrig die seine Verträge betreffende Post nicht weitergeleitet habe. Dem folgt der Senat nicht. Ohne es auszusprechen, möchte das Landgericht den Rechtsgedanken des § 615 BGB bemühen. Diese Norm setzt bei ihrer unmittelbaren Anwendung Annahmeverzug des Dienstberechtigten voraus. Hier kommt allenfalls eine analoge Anwendung der Norm bzw. die Anwendung ihres Rechtsgedankens in Betracht, weil der Kläger der Beklagten keine Bestandspflege schuldete, sein Anspruch aber vom Erbringen von Bestandspflege abhing. Dies würde es rechtfertigen, dem Kläger trotz nicht erbrachter Bestandspflege einen Anspruch zuzuerkennen, wenn die Beklagte in einer dem Annahmeverzug vergleichbaren Weise verhindert hätte, dass der Kläger Bestandspflegeleistungen erbringt. Hiervon kann nicht ausgegangen werden.
2. Die Beklagte hat nicht in dem Annahmeverzug ähnlicher Weise den Kläger an der Erbringung von Bestandspflegeleistungen gehindert. Dabei kann dahin stehen, welche Vereinbarungen die Parteien zur Weiterleitung der Post getroffen haben. Denn Annahmeverzug bzw. ein ähnlicher Zustand scheitert aus folgenden zwei Gründen.
a) Annahmeverzug scheidet aus, wenn dem Dienstverpflichteten die Leistung unmöglich ist (§ 297 BGB). Dabei kann es sich auch um eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne einer fehlenden Genehmigung handeln (vgl. BAG, Urteil vom 21.10.2015 - 5 AZR 843/14, zitiert nach juris, dort Rz. 23, m.w.Nachw.). So liegt es hier. Dem Beklagten war eine ordnungsgemäße Bestandspflege aufgrund einer fehlenden Erlaubnis nach § 34 d GewO rechtlich unmöglich.
Richtig ist zwar, dass die Norm nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die gewerbsmäßige Vermittlung des Abschlusses von Versicherungsverträgen betrifft. Die reine Betreuung bestehender Verträge (etwa Entgegennahme von Schadensanzeigen und ähnliches) fällt daher nicht unter die Erlaubnispflicht. Der Kläger sollte allerdings die Bestandspflegeprovision für die Betreuung der Verträge bzw. der Kunden erhalten (§ 1 Nr. 2 der Vermittlervereinbarung, Anlage K 1). Zu einer ordnungsgemäßen Betreuung von Kunden gehört auch die Vermittlung von neuen Verträgen, sofern der Kunde dies wünscht. Letzteres durfte der Kläger allerdings ohne die Erlaubnis nach § 34 d GewO nicht. Der Kläger war also zu einer ordnungsgemäßen Bestandspflege im Sinne der Vereinbarungen zwischen den Parteien rechtlich außerstande.
b) Annahmeverzug setzt ferner nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Leistungsbereitschaft bzw. Leistungswillen des Dienstverpflichteten voraus (BAG, Urteil 22.2.2012 - 5 AZR 249/11, zitiert nach juris, dort Rz. 16; BAG, Urteil vom 21.10.2015, a.a.O. Rz. 22). Dies steht zwar zur Darlegungs- und Beweislast der Beklagten; vom Kläger ist aber insoweit eine substantiierte Einlassung zur Darlegung seiner Leistungsbereitschaft zu verlangen (BAG vom 22.2.2012, a.a.O. Rz. 17). Auf der Basis der Feststellungen des Landgerichts vermag der Senat den Schluss zu ziehen, dass der Kläger im Jahr 2012 nicht bereit und willens war, Bestandspflegeleistungen zu erbringen.
Im unstreitigen Tatbestand des Landgerichts ist festgestellt, dass der Kläger seit 2007 keinerlei oder nur ungenügende Bestandspflegeleistungen erbracht hat (LGU S. 2 Mitte). Tatbestandsberichtigung wurde nicht beantragt. Schon deshalb hat der Senat hiervon auszugehen.
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich dieser Befund auch unschwer mit den Angaben der Zeugin N. (vgl. Sitzungsniederschrift vom 18.11.2016, Bl. 183 ff. der Akten) in Einklang bringen. Die Zeugin hat bekundet, die Post für den Kläger selbst bearbeitet zu haben bzw. ihre Chefs gefragt zu haben, was sie damit machen solle. Die Kunden hätten zum Teil fünfmal angerufen, weil der Kläger nicht zu erreichen gewesen sei. Die Zeugin habe dann die Schreiben selbst bearbeitet. Auf ausdrückliche Nachfrage hat die Zeugin angegeben, dass dies auch schon vor der Kündigung des Klägers so gewesen sei.
Damit ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Kläger schon in der Vergangenheit keinerlei hinreichende Bestandspflege betrieben hat. Dies rechtfertigt den Schluss, dass er dies auch in Zukunft nicht getan hätte. Das Gegenteil hätte der Kläger substantiiert darlegen müssen; das bloße wörtliche Angebot des Klägers (vgl. Anwaltsschreiben vom 1.2.2010, Anlage K 4) genügte vor diesem Hintergrund nicht zur Begründung des Annahmeverzugs.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat zwar weitgehend, aber nicht in vollem Umfang obsiegt, weil gegen sie in dem Teilurteil eine Feststellung rechtskräftig getroffen wurde.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien.