Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Apr. 2016 - 6 U 4339/15

published on 14/04/2016 00:00
Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Apr. 2016 - 6 U 4339/15
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Landgericht München I, 21 O 9110/15, 23/10/2015

Gericht

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Tenor

1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.10.2015, Az. 21 O 9110/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 880 702 B1 (Anlage VP 3; deutscher Teil 596 09 417.5), das unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 12.01.1996 (DE 19600875) am 26.11.1996 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Patents wurde am 03.07.2002 veröffentlicht.

Dessen Anspruch 1 lautet:

Diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse, dadurch gekennzeichnet, dass man in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten den Gehalt des Peptids Procalcitonin (PCT) und/oder eines daraus gebildeten Teilpeptids, das nicht das reife Calcitonin ist, bestimmt und aus der festgestellten Anwesenheit oder Abwesenheit des bestimmten Peptids auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie der Entzündung zurückschließt.

Gegen das Verfügungspatent wurde von dritter Seite (3 Ni 9/15, Anlage VP 5 = WM 6) und von der Antragsgegnerin (3 Ni 21/15, Anlage WM 20) Nichtigkeitsklage erhoben, die auf folgende Entgegenhaltungen gestützt wird:

DE 42 27 454 (NK6 = WM 3)

EP 0656121 (NK6a)

Brunkhorst I (NK 8)

Brunkhorst ll (NK 9)

Assicot (NK 10)

Smith (NK11)

Reith (NK 12)

Bohoun (WM 9)

Brunkhorst III (WM 11)

Termin zur mündlichen Verhandlung in dem verbundenen Verfahren (3 Ni 9/15(EP)) vor dem Bundespatentgericht ist auf den 26.07.2016 bestimmt. Am 29.02.2016 ist ein qualifizierter Hinweis des Bundespatentgerichts ergangen (Anlage VP 29 = WM 29).

Die Antragsgegnerin bietet - nach ihrem Vortrag seit dem 13.04.2015 - im Internet deutschen Abnehmern einen diagnostischen Test „AQT90 FLEX“ an, mit dem die Konzentration von PCT in einem Serum oder Plasma erkannt werden kann (Anlagen VP 8a,VP 8b; VP 2, VP 22).

Nach Kenntniserlangung durch die Leiterin der Rechtsabteilung am 27.04.2015 beantragte die Antragstellerin am 27.05.2015 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin und deren dänische Muttergesellschaft. Nach Rücknahme des Antrags gegenüber Letzterer am 03.06.2015 erging gegen die Antragsgegnerin am selben Tage eine einstweilige Verfügung, mit der ihr unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten wurde, diagnostische Tests, geeignet zur Anwendung eines Verfahrens zur Erkennung der Ursache entzündlicher Prozesse, dadurch gekennzeichnet, dass man in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten den Gehalt des Peptids Procalcitonin (PCT) und/oder eines daraus gebildeten Teilpeptids, das nicht das reife Calcitonin ist, bestimmt und aus der festgestellten Anwesenheit oder Abwesenheit des bestimmten Peptids auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie der Entzündung zurückschließt, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern.

Die einstweilige Verfügung wurde der Antragstellerin von Amts wegen am 05.06.2015 und der Antragsgegnerin im Parteibetrieb am 26.06.2015 zugestellt, nachdem die Antragstellerin der Antragsgegnerin zuvor einen Vertragsentwurf vom 10.06.2015 (Anlage VP 26) unterbreitet hatte.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin vom 24.06.2015 wurde die einstweilige Verfügung mit Urteil des Landgerichts vom 23.10.2015, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Landgericht aus:

Aus Sicht des maßgeblichen Durchschnittsfachmanns, einem Team aus einem Molekularbiologen oder Biochemiker mit medizinischen Grundkenntnissen und einem Mediziner, der in der Intensivmedizin tätig sei, sei es Aufgabe des Verfügungspatents, ein diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse zu finden, bei dem die unterschiedlichen Ätiologien von äußerlich völlig gleichartig verlaufenden Entzündungsprozessen sicher unterschieden und entsprechend angepasste Therapien eingeleitet werden könnten. Durch die angegriffene Ausführungsform würden alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 1 (vgl. Merkmalsanalyse LGU, S. 12) verwirklicht. Wie sich aus dem Informationsmaterial der Antragsgegnerin (Anlage VP 22} ergebe, sei die Anwendungsmöglichkeit des Assays nicht auf die Diagnose einer Sepsis beschränkt, sondern diene allgemein dazu, anhand der An- oder Abwesenheit von PCT auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie einer Entzündung zu schließen. Der darin enthaltene Methodenvergleich zwischen dem Test der Antragsgegnerin und dem unstreitig über die Sepsisdiagnostik hinaus nutzbaren Assay der Antragstellerin werde von den angesprochenen Fachkreisen so verstanden, dass auch der Test der Antragsgegnerin einen über die PCT-Bestimmung bei der Sepsis hinausgehenden Anwendungsbereich habe. Der angegriffene Test sei somit offensichtlich dazu geeignet und bestimmt, für die über die Sepsisdiagnostik hinausgehende PCT-Testung zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse mit Hilfe einer festgestellten Anwesenheit oder Abwesenheit von PCT verwendet zu werden.

Es bestehe jedoch kein Verfügungsgrund, da der Bestand des mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Verfügungspatents nicht derart gesichert erscheine, dass dessen zeitige Durchsetzung gerechtfertigt wäre. Die technische Lehre gemäß Anspruch 1 des Verfügungspatents sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Das Verfügungspatent erweise sich daher voraussichtlich als nicht rechtsbeständig. Patentanspruch 1 weise eine generalisierende Formulierung auf, die gegen das Gebot deutlicher und vollständiger Offenbarung verstoße, weil sie den durch das Patent geschützten Bereich über die erfindungsgemäße, dem Fachmann an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinere. Allgemein entzündliche Prozesse und die Ätiologie solcher Entzündungen würden von Patentanspruch 1 umfasst, ohne diese auf bestimmte Krankheitsbilder zu beschränken. Dem angesprochenen Fachmann werde es durch die Offenbarung in der Patentschrift nicht ermöglicht, diese allgemein beanspruchte Lehre nachzuarbeiten, d. h. für jedes beliebige entzündliche Geschehen bei einem Patienten durch die Bestimmung des PCT-Wertes auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ursache zu schließen. Das Verfügungspatent beschränke sich in seinen Ausführungsbeispielen darauf, für einzelne Krankheitsbilder teilweise aus dem Stand der Technik entnommene PCT-Werte aufzuführen und den klinischen Verlauf bei einzelnen Patienten wiederzugeben, ohne dem Fachmann allgemein gültige Grenzwerte oder eine Methodik zur Ermittlung solcher Grenzwerte an die Hand zu geben, die es ihm ermöglichen würde, für alle beliebigen Entzündungen auf deren Ursache zu schließen.

Gegen das ihr am 03.11.2015 zugestellte Urteil wendet sich die Antragstellerin mit der am 27.11.2015 eingelegten und mit Schriftsatz vom 30.12.2015 begründeten Berufung. Sie macht geltend:

Das Verfahren nach Anspruch 1 sei neu. Keine der Entgegenhaltungen offenbare ein diagnostisches Verfahren, mit dem verlässlich die Ätiologie eines jeden, nicht oder noch nicht abschließend diagnostizierten und daher in seiner Art der Krankheit nach unbekannten entzündlichen Prozesses mittels Messung des Gehalts an PCT in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten bestimmt werden könne. In den Entgegenhaltungen würden lediglich Ergebnisse empirischer Untersuchungen abgebildet, indem in Proben biologischer Flüssigkeiten von Patienten bestimmte Entzündungswerte gemessen worden seien, bei denen die Art und die Ätiologie des entzündlichen Prozesses allerdings bekannt gewesen seien. Darüber hinaus enthielten sie überwiegend rein spekulative Schlussfolgerungen zur Nützlichkeit der Messung des Peptids PCT. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stelle die technische Lehre von Anspruch 1 keine Verallgemeinerung einer bereits im Stand der Technik bekannten Lehre, sondern ein aliud dazu dar. Während im Stand der Technik der PCT-Wert in einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten lediglich als Biomarker für bestimmte Erkrankungen, überwiegend Sepsis, verwendet worden sei, werde er nach dem Verfügungspatent dazu verwendet, bei jeglichem entzündlichen Prozess, dessen zugrundeliegende Erkrankung noch unbekannt sein könne, eine exakte Bestimmung der generellen Ätiologie des Prozesses in infektiös oder nicht-infektiös vornehmen zu können. Denn erst die Lehre des Verfügungspatents vermittle die Erkenntnis, dass im Falle eines normalen, d. h. nicht erhöhten Procalcitonin-Gehalts eine infektiöse Entzündung im Körper kategorisch ausscheide, während bei einem erhöhten PCT-Gehalt jedenfalls (irgend-)eine auf einer infektiösen Ursache beruhende Entzündung im Körper vorhanden sei.

Die Entgegenhaltungen seien nicht geeignet, die Neuheit und Erfindungshöhe in Frage zu stellen.

In der Entgegenhaltung NK 6 (altes „Sepsis-Patent“ DE 42 27 454 der Antragstellern) sei die Messung von PCT lediglich als Biomarker für Sepsis offenbart. Weder zeige die Entgegenhaltung dem Fachmann auf, dass bei Feststellung eines erhöhten PCT-Spiegels auf jeden Fall ein entzündlicher Prozess auf einer infektiösen Ursache beruhe, noch dass bei normalem PCT-Wert eine Infektion auf jeden Fall ausscheide und die Entzündung auf eine nicht-infektiöse Ursache zurückzuführen sei. NK 6 lege die Lehre des Verfügungspatents auch nicht nahe, da sich diese Entgegenhaltung ausschließlich mit der Funktion der Messung des PCT-Levels als Marker für Sepsis befasse.

In der Entgegenhaltung NK 8 (Brunkhorst I) sei offenbart, dass bei einer ganz bestimmten Krankheit, der septischen ARDS, neben anderen Werten auch der PCT-Gehalt deutlich erhöht sei, während dies auf die nicht-septische ARDS nicht zutreffe. Der Offenbarungsgehalt von NK 8 gehe daher über denjenigen der NK 6 nicht hinaus. Die Entgegenhaltung NK 8 gebe lediglich die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung wieder, bei der sowohl die Art des entzündlichen Prozesses (ARDS) als auch dessen Ätiologie bereits diagnostiziert gewesen seien. Ein Verfahren, bei dem ohne vorherige Diagnose des entzündlichen Prozesses bestimmt werden könne, ob eine infektiöse Ursache ausgeschlossen werden könne, offenbare die NK 8 nicht.

In der NK 10 (Assicot) seien die der NK 6 zugrunde liegenden Ergebnisse wissenschaftlich niedergelegt. In der NK 10 sei lediglich offenbart, dass bei Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen und Sepsis ein deutlich erhöhter PCT-Gehalt festgestellt worden sei, was hingegen auf Patienten mit lediglich lokalen bakteriellen Infektionen und viralen Infektionen nicht der Fall gewesen sei. Auch die NK 10 beschäftige sich lediglich mit der Funktion der Messung von PCT bei Sepsis bzw. sepsisgleichen Infektionen.

Auch die Druckschrift NK 11 (Smith) befasse sich nur mit septischen oder jedenfalls septisch-ähnlichen Verläufen einer bestimmten bakteriellen Erkrankung, nämlich der Meliodosis und liefere dem Fachmann keine weiteren darüber hinausgehenden Erkenntnisse in Richtung auf die Lehre des Verfügungspatents.

Aus der Entgegenhaltung WM 9 (Bohoun), die sich ausschließlich mit der Erhöhung des PCT-Gehalts bei Sepsis befasse, sei ersichtlich, dass ihr Verfasser sich über die tatsächliche Ursache für die Erhöhung des PCT-Levels noch gänzlich im Unklaren gewesen sei, da er darüber spekuliere, ob diese mit dem Auftreten von Bakterien oder Plasmodium (Parasiten) assoziiert sein könnte.

Auch in der Entgegenhaltung WM 11 (Brunkhorst III) werde die patentgemäße Erkenntnis des möglichen Ausschlusses bzw. Vorhandenseins einer infektiösen Ätiologie eines jeglichen, noch nicht diagnostizierten Prozesses nicht offenbart.

Die Dokumente NK 9 (Brunkhorst II) und NK 12 (Reith) seien nachveröffentlicht und daher nicht geeignet, den Rechtsbestand des Verfügungspatents in Frage zu stellen.

Die vorläufige Auffassung des Bundespatentgerichts zur Erfindungshöhe könne keinen Bestand haben. Eine fehlende Erfindungshöhe könne sich selbst aus einer Gesamtschau der eingereichten Dokumente aus dem Stand der Technik nicht ergeben, selbst wenn der Fachmann erkennen könnte, dass PCT möglicherweise auch bei anderen als den in den Entgegenhaltungen aus dem Stand der Technik genannten entzündlichen Prozessen als Unterscheidungskriterium für eine infektiöse bzw. nicht-infektiöse Ätiologie herangezogen werden könnte. Denn die Erkenntnis des Verfügungspatents bestehe nicht lediglich darin, dass PCT bei einigen oder gar vielen entzündlichen Prozessen als Indikator der Ätiologie herangezogen werden könne, sondern gerade bei allen entzündlichen Prozessen. Nur durch diese absolute Erkenntnis lasse sich der in Merkmal 3 des Anspruchs 1 des Verfügungspatents vorausgesetzte sichere Rückschluss bzw. Ausschluss auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie sämtlicher entzündlicher Prozesse ziehen. D. h. der Fachmann müsse, um zu der Erfindung zu gelangen, zunächst erkennen, dass PCT bei allen (und nicht nur bei einigen oder gar vielen) entzündlichen Prozessen als sicheres Unterscheidungskriterium für die Ätiologie des Prozesses herangezogen werden könne. Erst nach dieser Erkenntnis sei es möglich weiter zu erkennen, dass durch die Messung von PCT bei jedem, auch noch nicht diagnostizierten entzündlichen Prozess festgestellt werden könne, dass bei erhöhtem PCT-Gehalt auf jeden Fall eine Infektion für einen entzündlichen Prozess im Körper verantwortlich sei, während bei einem normalen PCT-Gehalt sicher auszuschließen sei, dass irgendein entzündlicher Prozess im Körper auf einer infektiösen Ätiologie beruhe. Gerade diese Erkenntnis sei der Erfindungsgedanke des Verfügungspatents, und nicht die Möglichkeit, durch Messung des PCT-Gehalts auch bei irgendwelchen anderen als den im Stand der Technik genannten entzündlichen Prozessen eine Unterscheidung der Ätiologie der Entzündung vornehmen zu können. Zudem verkenne das Bundespatentgericht den Offenbarungsgehalt der Druckschriften des Standes der Technik. Denn alle vorgelegten Druckschriften beschäftigten sich letztlich lediglich und ausschließlich mit der Sepsis bzw. mit sepsisähnlichen Verläufen. Damit gehe der Offenbarungsgehalt nicht über das Prinzip hinaus, das bereits aus der NK 6 bekannt sei.

Der Gegenstand der Erfindung gehe weit über das hinaus, worauf ihn die Antragsgegnerin reduziere. Denn es werde, wie sich insbesondere aus Abs. [0007] ergebe, erstmals gelehrt, dass das Vorhandensein eines erhöhten PCT-Gehalts stets und unabhängig von der Anzahl und/oder der Erscheinungsform der/s entzündlichen Prozesse/s im Körper darauf schließen lasse, dass auf jeden Fall der oder einer der mehreren entzündlichen Prozesse im Körper des Patienten sicher auf einer Infektion beruhe, während es bei nicht erhöhtem PCT-Gehalt sicher ausgeschlossen werden könne, dass im Körper des Patienten eine Infektion vorhanden sei. Merkmal 3 sei daher zwingend so zu interpretieren, dass der sich aus der Lehre des Verfügungspatents ergebende positive Rückschluss auf eine Infektion bzw. der negative Ausschluss einer solchen je nach Feststellung eines erhöhten PCT-Gehalts den Gegenstand des Anspruchsmerkmals bilde.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch ausreichend offenbart. In der Beschreibung würden insgesamt 13 mögliche Einsatzgebiete des Nachweisverfahrens vorgestellt (Abs. [0009] bis [0024]). In Abs. [0025] werde zudem erörtert, wie das Nachweisverfahren konkret durchzuführen sei. Bereits hieraus werde ersichtlich, dass die gemessenen Werte vom Fachmann gegen bekannte Standardkonzentrationen von PCT ermittelt werden könnten, um den gewünschten Nachweis zu führen. Ebenso würden in den Abs. [0029] ff. an Hand von einzelnen Beispielen die Einsatzmöglichkeiten weiter konkretisiert. Davon gehe auch das Bundespatentgericht in seiner vorläufigen Stellungnahme zutreffend aus.

Auch in zeitlicher Hinsicht sei eine Dringlichkeit gegeben. Die Annahme eines widersprüchlichen Verhaltens durch die Zustimmung zur Aussetzung des Hauptsacheverfahrens beim Landgericht Düsseldorf gegen eine andere Partei sei lebensfremd, zumal die Zustimmung nur erfolgt sei, weil das Landgericht Düsseldorf ohnehin ausgesetzt hätte. Auch sonst seien keine überwiegenden Interessen zugunsten der Antragsgegnerin zu erkennen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin falle die Diagnose von Sepsis in den Schutzbereich des Verfügungspatents. Der zugrunde liegende entzündliche Prozess könne auch eine Sepsis sein, solange der Verwender des Verfahrens bei Vorhandensein einer Sepsis die Bestimmung bzw. den Ausschluss einer Infektion treffe. Mit dem Hinweis auf den Stand der Technik könne der Schutzbereich nicht beschränkt werden, da derartige Rechtsbestandsüberlegungen bei einer wortsinngemäßen Verletzung keine Rolle spielten. Zudem sei das Verfahren auch gegenüber der Erkenntnis von PCT als Sepsis-Marker rechtsbeständig, weil eben über die bloße Erkenntnis einer Sepsis hinaus auch die sichere Bestimmung bzw. der sichere Ausschluss einer Infektion zu erfolgen habe. Der angegriffene Test sei das wesentliche Element der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG. Seine Eignung, erfindungsbenutzend verwendet zu werden, sei daher offensichtlich und auch unstreitig. Die Antragsgegnerin wisse genau, dass ihre Abnehmer bei der Durchführung des Tests - und zwar auch bei einer Sepsis-Diagnose - einen Rückschluss auf oder den Ausschluss von Infektionen nach der patentgemäßen Lehre durchführten. Die vordergründige Anpreisung als reiner Sepsis-Marker sei daher völlig ungeeignet, eine mittelbare Patentverletzung auszuschließen.

Die Antragstellerin beantragt, das Urteil des Landgerichts vom 23.10.2015 abzuändern und der Antragsgegnerin bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, diagnostische Tests, geeignet zur Anwendung eines Verfahrens zur Erkennung der Ursache entzündlicher Prozesse, dadurch gekennzeichnet, dass man in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten den Gehalt des Peptids Procalcitonin (PCT) und/oder eines daraus gebildeten Teilpeptids, das nicht das reife Calcitonin ist, bestimmt und aus der festgestellten Anwesenheit oder Abwesenheit des bestimmten Peptids auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie der Entzündung zurückschließt, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht hinreichend gesichert sei.

Um die allgemein beanspruchte Lehre des Verfügungspatents nachzuarbeiten, bedürfe es allgemeingültiger PCT-Grenzwerte oder jedenfalls einer Methodik zur Ermittlung solcher Grenzwerte, die es dem Durchschnittsfachmann ermöglichen würden, für alle beliebigen Entzündungen auf deren Ursachen zu schließen. Derartiges werde jedoch weder in der Beschreibung, noch in den Ausführungsbeispielen offenbart.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die Lehre des Verfügungspatents insbesondere durch die Entgegenhaltungen NK 6/6a, NK 13, NK10, NK 8, NK 9, NK12, NK14 und NK11, neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Von dem fehlenden Rechtsbestand seien auch das LG Düsseldorf (Anlage WM 1) und das OLG Düsseldorf (Anlage WM 26) ausgegangen. Das gegen die Di. E. GmbH geführte Hauptsacheverfahren sei vom Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 28.12.2015 im Einverständnis mit den Parteien ausgesetzt worden (Anlage WM 27).

Auch das Bundespatentgericht gehe in seinem Hinweis vom 29.02.2016 - ausgehend von der NK 6 - davon aus, dass die Diagnose von Sepsis auf Basis des PCT-Spiegels ein Beispiel für das beanspruchte Verfahren sei und insbesondere auch den Rückschluss auf eine infektiöse Ätiologie einer Entzündung aufgrund der festgestellten Erhöhung des PCT-Wertes vorschreibe und damit den Gegenstand von Anspruch 1 neuheitsschädlich vorwegnehme. Jedenfalls habe der Fachmann aus dem Stand der Technik unmittelbar die Anregung bekommen, anhand der Höhe des PCT-Werts auf eine infektiöse oder eine nicht-infektiöse Ursache einer entzündlichen Erkankung zu schließen.

Die Antragstellerin stelle selbst darauf ab, dass eine Erkenntnis, die bereits für bestimmte entzündliche Prozesse bekannt gewesen sei, in Anspruch 1 für entzündliche Prozesse im Allgemeinen beansprucht werde. Um auf der Basis eines Aliuds für die Neuheit argumentieren zu können, müsste Anspruch 1 beschränkt werden, insbesondere in Bezug auf die Bestimmung von Sepsis. Für ihre Behauptung, Im Vergleich zum Stand der Technik handle es sich beim Verfügungspatent um eine „gänzlich andere“ beanspruchte Lehre, sei die Antragstellerin jegliche Glaubhaftmachung schuldig geblieben. Dem Streitfall liege vielmehr eine Verallgemeinerung der dem Stand der Technik zu entnehmenden Erkenntnisse zugrunde, die weder neu, noch erfinderisch sei.

Das Bundespatentgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Lehre des Verfügungspatents neuheitsschädlich vorweggenommen sei. In der spezifischen Verwendung des Verfahrens nach der NK 6/Nk 6a sei zugleich die allgemeine Verwendung als diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse im Sinne von Merkmal 1 des Patentanspruchs 1 beschrieben. Die Entgegenhaltung NK 6 offenbare zudem dasselbe Schema eines Rückschlusses von einem Testergebnis hinsichtlich des PCT-Spiegels auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ursache der Entzündung wie in Merkmal 3 vorgesehen. Dabei sei die bei der Sepsis-Diagnose untersuchte systemische Entzündungsreaktion als Spezialfall einer Entzündung im Allgemeinen anzusehen. Selbst wenn die im Stand der Technik bekannten spezifischen Anwendungsmöglichkeiten vom Schutzbereich des Anspruchs 1 ausgeschlossen wären, bestünden durchgreifende Bedenken hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit. Wie sowohl das Erstgericht als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (Anlage WM 26) zutreffend erkannt hätten, sei es anhand einer Gesamtschau der Entgegenhaltungen für den Fachmann naheliegend, zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse zu gelangen, bei dem in nicht näher definierter Weise ein erhöhter PCT-Gehalt bestimmt und daraus ein Rückschluss auf das Vorliegen einer infektiösen oder nicht-infektiösen Ätiologie der Entzündung gezogen werde.

Zudem fehle es an der Dringlichkeit auch aus anderen Gründen, da die angegriffene Ausführungsform bereits seit dem 13.04.2015 auf dem deutschen Markt angeboten werde. Auch wenn unterstellt werde, dass die Leiterin der Rechtsabteilung erst am 27.04.2015 Kenntnis erlangt habe, sei nicht dargetan und glaubhaft gemacht worden, dass nicht zuvor andere Mitarbeiter Kenntnis erlangt hätten. Unabhängig hiervon habe sie das Verfahren nicht zügig betrieben. Auch durch das Führen von Lizenzverhandlungen habe die Antragstellern gezeigt, dass sie kein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der zügigen Durchsetzung ihrer behaupteten Rechte habe. Sie verhalte sich auch widersprüchlich, da sie in dem Verfahren in Düsseldorf einer Aussetzung im Hinblick auf den bereits für den 26.07.2016 anstehenden Termin im Nichtigkeitsverfahren zugestimmt habe.

Die Antragsgegnerin ist darüber hinaus der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht einen Verfügungsanspruch bejaht habe.

Merkmal 1 könne nur dahingehend verstanden werden, dass sich die Lehre auf ein diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ätiologien entzündlicher Prozesse, außer Sepsis, beziehe. Merkmal 3 könne nur so verstanden werden, dass die Diagnose einer Sepsis und die Bestimmung ihrer Ätiologie nicht von Merkmal 3 erfasst sei, da dies bereits Stand der Technik sei. Demgegenüber biete die Antragsgegnerin kein Diagnoseverfahren zur Bestimmung der Ätiologie von Entzündungsprozessen an, da der streitgegenständliche PCT-Test allein eine vorbekannte Methode nutze. Soweit sich das Landgericht auf das Informationsblatt gemäß Anlage VP 22 stütze, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Jedenfalls sei das von der Antragstellerin erstrebte Schlechthin verbot unangemessen, da der angegriffene Test auch patentfrei - nämlich zur Sepsisdiagnose - verwendbar sei.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll des Termins vom 14.04.2016 Bezug genommen.

Gründe

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingereichte {§ 517, § 519 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) Berufung der Antragstellerin ist unbegründet. Der Rechtsbestand des mit der Nichtigkeitsklage (Anlage VP 5, Anlage WM 20) angegriffenen Verfügungspatents ist nicht hinreichend gesichert, es fehlt daher an einem Verfügungsgrund. Einer Entscheidung über das Bestehen eines Verfügungsanspruchs bedarf es bei dieser Sachlage nicht. Die gegen das Ersturteil erhobenen Einwände verhelfen der Berufung der Antragstellerin nicht zum Erfolg.

Im Einzelnen:

1. Verfügungspatent:

a) Das Verfügungspatent betrifft ein diagnostisches Verfahren zum Erkennen der Ursache entzündlicher Prozesse.

Entzündliche Prozesse gehören zu den elementaren protektiven Systemleistungen hochorganisierter Organismen und sind eine entscheidende Voraussetzung aller Genesungsprozesse. Die Entzündung ist eine komplexe zelluläre und molekulare Reaktion, mit der die Ausbreitung einer Gewebeschädigung oder eines Infektionserregers eingedämmt und die körperliche Integrität wiederhergestellt werden soll (Abs. [0001]).

Im Organismus ablaufende Entzündungsprozesse können völlig unterschiedliche Ätiologien (Ursachen) haben. Sie können durch eine Blutstrominvasion von Mikroorganismen (Bakterien, Pilze) und/oder ihrer Toxine ausgelöst werden, die zu einer Expression körpereigener proinflammatorischer Substanzen führen. Entzündungsreaktionen können aber auch im Rahmen primär nicht-infektiöser Krankheitsbilder, wie etwa bei einem akuten Lungenversagen des Erwachsenen (ARDS) oder bei Autoimmunkrankheiten, entstehen (Abs. [0002]).

Die frühzeitige Diagnose der Ätiologie eines Entzündungsprozesses, insbesondere die Unterscheidung, ob es sich um eine durch die Invasion von Mikroorganismen hervorgerufene Entzündung oder um nicht-infektiöse Entzündungsprozesse handelt, ist nicht nur für die Prognose des weiteren Krankheitsverlaufes, sondern insbesondere für die Auswahl der therapeutischen Maßnahmen von entscheidender Bedeutung (Abs. [0003]).

Aus dem Stand der Technik ist ein Verfahren zur Früherkennung, zur Erkennung des Schweregrades sowie zur therapiebegleitenden Verlaufsbeurteilung einer Sepsis bekannt (DE 42 27 454, Abs. [0005]). Bei diesem Verfahren wird der Gehalt des Peptids Procalcitonin (PCT) und/oder eines daraus gebildeten Teilpeptids, das nicht das reife Calcitonin ist, in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten bestimmt und aus der Anwesenheit des bestimmten Peptids auf das Vorliegen einer Sepsis, ihren Schweregrad und/oder den Erfolg einer therapeutischen Behandlung zurückgeschlossen. In dieser Schrift wird auch darauf hingewiesen, dass bei einer normalen viralen Infektion keine oder nur geringfügige Erhöhungen des Procalcitoninspiegels beobachtet werden, so dass durch die Anwendung dieses Diagnostikums eine sichere Unterscheidung zwischen einer Sepsis und einer normalen Viruserkrankung möglich ist (Abs. [0006]).

Im Nichtigkeitsverfahren sind von den Parteien als weiterer Stand der Technik die unter l aufgeführten Druckschriften DE 42 27 454 (NK6 = WM 3), EP 0656121 (NK6a), Brunkhorst I (NK 8), Brunkhorst II (NK 9), Assicot (NK 10), Smith (NK 11), Reith (NK 12), Bohoun (WM 9) und Brunkhorst III (WM 11) eingeführt worden (vgl. hierzu die nachstehenden Ausführungen unter „3. Verfügungsgrund“).

Vor dem in der Verfügungspatentschrift beschriebenen Hintergrund liegt diesem die (dort nicht ausdrücklich formulierte) Aufgabe zugrunde, ein diagnostisches Verfahren zur Unterscheidung infektiöser und nicht-infektiöser Ätiologien entzündlicher Prozesse bereitzustellen.

b) Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 eine Kombination der folgenden Merkmale vor (vgl. Merkmalsanalyse LGU S. 12):

1. Diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse, dadurch gekennzeichnet, dass

2. man in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten den Gehalt des Peptids Procalcitonin (PCT) und/oder eines daraus gebildeten Teilpeptids, das nicht das reife Calcitonin ist, bestimmt, und

3. aus der festgestellten Anwesenheit oder Abwesenheit des bestimmten Peptids auf eine infektiöse oder nicht-infektiöse Ätiologie der Entzündung zurückschließt.

c) Das Verfügungspatent stellt demgemäß ein diagnostisches Verfahren zur Bestimmung der Ursache (Ätiologie) entzündlicher Prozesse (Merkmal 1) unter Schutz, bei dem aus dem Gehalt an PCT bzw. eines aus dem PCT gebildeten Teilpeptids in einer Probe (Merkmal 2) Rückschlüsse auf die Ursache der Entzündung, sei sie infektiöser oder nicht-infektiöser Natur, gezogen werden können (Merkmal 3). Die Zweckangabe „zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse“ Im Sinne von Merkmal 1 wird der angesprochene Fachmann, dem Landgericht und den diesbezüglich übereinstimmenden Ausführungen der Parteien folgend ein Team, bestehend aus einem Molekularbiologen oder einem Biochemiker mit medizinischen Grundkenntnissen und einem in der Intensivmedizin tätigen Mediziner, nicht dahingehend auslegen, dass das patentgemäße Verfahren anspruchsgemäß nur auf solche Patienten Anwendung finde, bei denen zwar das Vorliegen einer Entzündung, nicht hingegen deren Ursache bekannt sei. Anhaltspunkte für eine derartige Einschränkung der patentgemäßen Lehre bieten sich dem angesprochenen Durchschnittsfachmann weder in den Ansprüchen, noch in der zur Auslegung der Lehre des Patents heranzuziehenden Patentbeschreibung bzw. den in der Patentschrift (Anlage VP 3) dargestellten Beispielen einer erfindungsgemäßen Anwendung des geschützten Verfahrens (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.2015 - I-2 U 35/15, Anlage WM 26, S. 5). Nach der Lehre des Verfügungspatents ist aus der Anwesenheit oder Nichtanwesenheit des offenbarten Peptids der Rückschluss zu ziehen, ob eine Entzündung auf einer infektiösen oder nicht-infektiösen Ursache beruht (Merkmal 3), wobei die Begriffe „Anwesenheit“ und/öder „Abwesenheit“ für den angesprochenen Fachmann in Kombination mit Merkmal 2 zu lesen sind, wonach es der Bestimmung des PCT-Gehalts (bzw. des Gehalts eines hieraus gebildeten Teilpeptids) bedarf, um den in Merkmal 3 offenbarten Rückschluss ziehen zu können. Die dort geforderte „Abwesenheit“ von PCT wird der angesprochene Fachmann hierbei nicht solchermaßen verstehen, dass sich in der untersuchten Probe kein PCT befinden dürfe. Diesem Verständnis stünde entgegen, dass in den Abs. [0029] ff. aufgeführte Ausführungsbeispiele nicht von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents umfasst wären, so etwa Beispiel 1, in dem in 7 Fällen trotz PCT-Nachweises eine nicht-infektiöse ARDS-Erkrankung diagnostiziert wurde. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der „Anwesenheit“ von PCT im Sinne von Merkmal 3 auch nicht dahingehend verstehen, dass die Feststellung des Vorliegens von PCT grundsätzlich den Schluss auf eine infektiöse Ätiologie des Entzündungsprozesses zuließe. Auch einer derartigen Interpretation vom Sinngehalt des Merkmals 3 widersprächen die in der Verfugungspatentschrift beschriebenen Ausführungsbeispiele. Der Begriff der - den Rückschluss auf eine infektiöse Ursache zulassenden - Erhöhung des PCT-Werts findet im Anspruchswortlaut des Verfahrensanspruchs selbst keine Erwähnung, der Fachmann wird insoweit gleichsam auf die in der Patentschrift beschriebenen Krankheitsbilder zurückgreifen. Welches Verfahren zur Bestimmung des PCT-Gehalts als solchem zur Anwendung kommt, stellt das Verfügungspatent in das Belieben des Fachmanns und beschränkt sich insoweit auf die Darstellung eines bevorzugtes Ausführungsbeispiels in Abs. [0027], nämlich das in der DE 42 27 454 offenbarte Immuno-Assay. Nach der Lehre des Verfügungspatents kommt der Bestimmung des PCT-Gehalts als solchem keine erfindungswesentliche Bedeutung zu. Welche Schlüsse aus dem festgestellten bzw. festzustellenden PCT-Gehalt zu ziehen sind, bildet den Kern der Erfindung.

2. Verfügungsanspruch

Ob die Abnehmer des von der Antragsgegnerin angebotenen diagnostischen Tests „AQT90Flex“ von der Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch machen und folglich das Angebot und die Lieferung des Tests durch die Antragsgegnerin als mittelbare Patentverletzung (Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 10 Abs. 1 PatG) zu qualifizieren ist, wovon das Landgericht unter Rückgriff auf die Anlage VP 22 ausgeht, bzw. ob sich die Offensichtlichkeit, wie die Antragstellerin meint, daraus ergibt, dass die Abnehmer immer auch das patentgemäße Verfahren anwenden, kann dahinstehen, da es jedenfalls an einem Verfügungsgrund (§ 940 ZPO) fehlt

3. Verfügungsgrund

a) Das Bestehen eines Verfügungsgrundes ist grundsätzlich vom Antragsteller darzulegen und glaubhaft zu machen, da die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG keine entsprechende Anwendung auf den Erlass einstweiliger Verfügungen in Patenstreitsachen findet (vgl. Busse/Kaess, PatG, 7. Aufl. 2013, vor § 143 Rn. 254). Wird - wie im Streitfall - das Verfügungspatent in seinem Rechtsbestand mit einem Einspruch oder einer Nichtigkeitsklage angegriffen, stellt sich die Frage, welche Anforderungen an die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast des einstweiligen Rechtsschutz für sich in Anspruch nehmenden Antragstellers zu stellen sind, um das Verletzungsgericht davon zu überzeugen, dass die gegen das Verfügungspatent vorgebrachten Einwände unberechtigt seien und das Verfügungspatent mit hinreichender Sicherheit das Rechtsbestandsverfahren überstehen werde (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, S. 645 unter Abschnitt „G. Sonstige Verfahren“, Rn. 49 m. w. N.). Die Rechtsprechung der Obergerichte hierzu ist unterschiedlich. Nach überwiegender Auffassung kann einerseits von einem gesicherten Rechtsbestand ausgegangen werden, sobald - was hier nicht inmitten steht -eine für den Antragsteller positive Rechtsbestandsentscheidung vorliegt (vgl. die Nachweise bei Schulte/Voß/Kühnen, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 413). Nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Karlsruhe könne von Ausnahmefällen abgesehen nur in einem solchen Fall von einem zur Bejahung des Verfügungsgrundes hinreichenden Rechtsbestand ausgegangen werden (vgl. OLG Düsseldorf InstGE 12, 114 - Harnkatheterset; OLG Düsseldorf Inst-GE 9, 140, 146 - Olanzapin; OLG Karlsruhe Urt. v. 23.09.2015 - 6 U 52/15; a.A. OLG Braunschweig Mitt 12, 410 - Scharniere auf Hannovermesse] zum Meinungsstand vgl. hierzu Voß/Kühnen a. a. O., § 139 Rn. 412 ff.; Kühnen a. a. O., Rn. 50 ff.). Im Hinblick auf den Umstand, dass für einen Antragsteller der Fortgang und die Dauer eines Rechtsbestands nicht vorhersehbar ist und letztlich von ihm auch nicht beeinflusst werden kann, kommt nach Auffassung des Senats in Betracht, über den vorgenannten Fall, dass das Verfügungspatent bereits ein Rechtsbestandsverfahren erfolgreich überstanden hat, einen Verfügungsgrund auch dann zu bejahen, wenn in Ansehung der konkreten Umstände des Einzelfalles der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert erscheint und infolge dessen dem Interesse des Antragstellers am Erlass einer einstweiligen Verfügung der Vorrang gegenüber dem Interesse des Antragsgegners, nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mit einem Verbot überzogen zu werden, der Vorrang einzuräumen ist (Senat, Urt. v. 26.7.2012 - 6 U 1260/12, BeckRS 2012,16104). Hiervon wird in aller Regel nicht auszugehen sein, wenn im Rechtsbestandsverfahren bereits eine erstinstanzliche Entscheidung ergangen ist, in der das Patent für nichtig erklärt oder in entscheidungserheblicher Weise beschränkt worden ist. In einem derartigen Fall begründet die von einer sachkundig besetzten und zur Bewertung der Schutzfähigkeit berufenen Instanz getroffene Entscheidung regelmäßig so weitgehende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechts, dass im Verfügungsverfahren keine Unterlassungsansprüche mehr durchgesetzt werden können (vgl. Voß/Kühnen a. a. O., § 139 Rn. 414). Eine derartige Situation liegt dem Streitfall zwar nicht zugrunde. Allerdings hat das Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren 3 Ni 9/15 (EP) einen qualifizierten Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 S. 1 PatG erlassen (Anl. WM 28, dort S. 2 ff. = VP 29), demzufolge nach dessen vorläufiger Auffassung der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents zwar nicht die seitens der Nichtigkeitsklägerin (der Diazyme europe GmbH) und der hiesigen Antragsgegnerin behauptete mangelnde Ausführbarkeit des patentgeschützten Verfahrens entgegenstehe (Anl. WM 28, S. 2/3 unter „3.“), allerdings Zweifel an dessen Neuheit bestünden, jedenfalls aber dem Patent die erfinderische Tätigkeit fehle (Anl. WM 28, S. 3/5 unter „4.a) und b“), weshalb Patentanspruch 1 sowie die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 2 ff. voraussichtlich nicht von Bestand seien. Der qualifizierte Hinweis gibt zwar nur die vorläufige Rechtsauffassung des Nichtigkeitssenats wieder und ist insoweit für die Frage des Rechtsbestands einer abschließenden erstinstanzlichen Entscheidung nicht gleichzusetzen. Gleichwohl ist ihm als qualifizierte Sachaussage eines unter anderem mit technischen Spruchrichtern besetzten Senats des nach dem Gesetz für die Überprüfung der Entscheidungen der Erteilungsbehörden berufenen Bundespatentgerichts vom Verletzungsgericht bei der Frage der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents im Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes eine erhebliche Indizwirkung beizumessen. Sich hieraus ergebende Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents wird der Antragsteller regelmäßig nur ausräumen können, wenn er konkrete Anhaltspunkte für die Annahme dartut und glaubhaft macht, dass das Bundespatentgericht bei der Endentscheidung voraussichtlich von seiner im Hinweisbeschluss geäußerten vorläufigen Auffassung abweichen werde.

b) In Ansehung der vorstehenden Ausführungen ist im Streitfall ein Verfügungsgrund zu verneinen:

aa) Zwar teilt das Bundespatentgericht die Auffassung des Landgerichts und der Antragsgegnerin, dem Rechtsbestand des Verfügungspatents stehe bereits die mangelnde Ausführbarkeit des unter Schutz gestellten Verfahrens entgegen, nicht. Der Annahme des Erstgerichts, dem angesprochenen Fachmann sei es durch die Offenbarung in der Patentschrift nicht möglich, die darin dargestellte allgemein beanspruchte Lehre nachzuarbeiten, insbesondere würden ihm keine allgemein gültigen Grenzwerte oder eine Methodik zur Ermittlung solcher Grenzwerte an die Hand gegeben, die ihn in die Lage versetzten, für alle beliebigen Entzündungen auf deren Ursache zu schließen, begegnet das Bundespatentgericht in seinem Hinweis mit der Feststellung, derartiger verlässlicher Grenzwerte bedürfe es für die Ausführbarkeit der streitpatentgemäßen Lehre nicht.

Die Lehre des Verfahrensschrittes gemäß Merkmal 3 und damit die Lehre des Patentanspruchs 1 lasse sich hinsichtlich ihrer Ausführbarkeit im Kern auf die Erkenntnis reduzieren, dass mittels der Höhe der mit üblichen PCT-Tests erhaltenen Messwerte eine Unterscheidung zwischen infektiösen und nicht-infektiösen Ursachen möglich sei; dem Fachmann seien anhand zahlreicher beschriebener Fallbeispiele die hierzu erforderlichen Arbeitsweisen bekannt und für ihn ohne weiteres ausführbar (Anl. WM 28, S. 3). Durchgreifende Einwände gegen diese Beurteilung sind von Seiten der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden.

bb) Zur Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit ist allerdings nach vorläufiger Auffassung des Bundespatentgerichts eine andere Beurteilung veranlasst (BPatG a. a. O., S. 3 ff.):

„4. Die Neuheit, jedenfalls aber die erfinderische Tätigkeit dürften dem Gegenstand des Patents fehlen. Aus den vorgebrachten Druckschriften sind zumindest Hinweise und Anhaltspunkte, einigen dieser Druckschriften sogar konkrete Ausführungen zur Bedeutung des PCT-Werts für die Diagnose entzündungsassoziierter Krankheitsbilder zu entnehmen.

a) Der Senat sieht bereits die Neuheit von Patentanspruch 1 als fraglich an. Die Erkennung des Schweregrads und die Verlaufsbeurteilung einer Sepsis, eine idR durch pathogene Mikroorganismen bzw. deren Toxine verursachte Entzündungsreaktion anhand des Procalcitonin-Spiegels dürfte bereits in der Druckschrift NK 6 vorbeschrieben sein ...

b) Die Frage der Neuheit und damit der unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung einer Differenzierungsmöglichkeit zwischen einer infektiösen oder nicht-infektiösen Entzündung entsprechend dem Wortlaut des Merkmals 3 kann letztlich dahinstehen, denn der Gegenstand von Patentanspruch 1 dürfte jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Der Fachmann bekommt aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik unmittelbar die Anregung, anhand der Höhe des PCT-Testergebnisses auf eine infektiöse oder eine nicht-infektiöse Ursache einer entzündlichen Erkrankung zu schließen (vgl. insbes NK 8, NK 10, NK 13, NK 14, NK 15). Die in diesen Fallstudien bei Patienten mit nicht-infektiösen Entzündungen auftretenden sehr niedrigen PCT-Testwerte ... lassen ihn jedenfalls zur Erkenntnis gelangen, dass die im Fall von mikrobiiellen Infektionen und den daraus herrührenden entzündlichen Prozessen zu messenden erhöhten PCT-Testwerte ein Unterscheidungskriterium sein könnten.

Unerheblich für die Bestandsfähigkeit des Patentanspruchs 1. der das gesamte Spektrum entzündlicher Erkrankungen abdeckt, dürfte sein, ob der Fachmann im Stand der Technik bereits ein Vorbild zur Differenzierung anhand des PCT-Werts für jedwede Art einer entzündlichen Erkrankung finden konnte. Denn aufgrund der Gesamtschau der Druckschriften, die sich mit der diagnostischen Bedeutung des PCT-Wertes bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen befassen (vgl. insbes NK 8, NK 10, NK 13, NK 14, NK 15), dürfte es für den Fachmann auf der Hand gelegen haben, dass der PCT-Wert über die in diesen Druckschriften konkret untersuchten entzündlichen Erkrankungen hinaus von Bedeutung sein könnte, so dass er Anlass hatte, den PCT-Wert auf seine differentiaidiagnostische Bedeutung hin auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen zu untersuchen ...“

cc) Die von der Antragstellerin gegen diese erteilten Hinweise vorgebrachten Einwände rechtfertigen die Prognose, das Bundespatentgericht werde in Ansehung der antragstellerseits vorgetragenen Argumente von seiner vorläufigen Rechtsauffassung zur Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents - insbesondere im Hinblick auf die Frage der mangelnden erfinderischen Tätigkeit -abweichen, nicht.

(1) Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit handelt es sich um einen Akt wertender Entscheidung (vgl. BGH GRUR 1995, 330, 331 - Elektrische Steckverbindung) unter Berücksichtigung der Kriterien des Standes der Technik als Ausgangspunkt für die Beurteilung sowie das Fachwissen des Durchschnittsfachmanns in der Frage des Nichtnaheliegens. Eine erfinderische Tätigkeit liegt erst in derjenigen Leistung, die sich über die Norm dessen erhebt, was ein Fachmann mit durchschnittlicher Ausbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten bei herkömmlicher Arbeitsweise erreichen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.11.2013, I-2 U 94/12 - Desogestrei; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.2015 2 U 35/15 = Anl. WM 26, dort S. 14).

(2) Hiervon ausgehend sowie unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zur Auslegung des Patentanspruchs 1 durch den angesprochenen Durchschnittsfachmann rügt die Antragstellerin ohne Erfolg, das Verfügungspatent sei schon deshalb rechtsbeständig, weil mit Hilfe des unter Schutz gestellten diagnostischen Verfahrens verlässlich die Ätiologie eines jeden, nicht oder noch nicht abschließend diagnostizierten und daher in seiner Art der Krankheit nach unbekannten entzündlichen Prozesses mittels Messung des Gehalts an PCT in einer Probe einer biologischen Flüssigkeit eines Patienten bestimmt werden könne, wohingegen in vorbekannten Verfahren die Art und die Ätiologie des entzündlichen Prozesses bereits bekannt gewesen sei. Wie die vorstehenden Ausführungen unter 1.c) zeigen, ermöglicht das streitgegenständliche Verfahren die Feststellung der Ätiologie entzündlicher Prozesse unabhängig davon, ob es im konkreten Fall dazu eingesetzt wird, die Ursache einer Entzündung erstmalig zu bestimmen oder eine bereits erstellte Diagnose zu bestätigen. Eine derartige Einschränkung lässt sich dem Offenbarungsgehalt der vom Bundespatentgericht angeführten Entgegenhaltungen (NK 6, NK 8, NK 10, NK 13 = Anl. WM 9, NK 14 = Anl. WM 11, NK 15) auch nicht entnehmen. Der Fachmann wird daher zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit diagnostische Verfahren mit bereits vorliegender Diagnose nicht von der Lehre des Verfügungspatents abgrenzen, sondern im Rahmen der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit als Stand der Technik seinem allgemeinen Fachwissen zugrunde legen.

(3) Das Vorbringen der Antragstellerin, im Unterschied zum Stand der Technik vermittle erstmals die Lehre des Verfügungspatents dem Fachmann die Erkenntnis, dass im Falle eines normalen, d. h. nicht erhöhten Procalcitonin-Gehalts eine infektiöse Entzündung im Körper kategorisch ausscheide, während bei einem erhöhten PCT-Gehalt jedenfalls (irgend-)eine auf einer infektiösen Ursache beruhende Entzündung im Körper vorhanden sei, vermag die vorläufige Erkenntnis des Bundespatentgerichts, die Gesamtschau der sich mit der diagnostischen Bedeutung des PCT-Wertes bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen befassenden vorbekannten Druckschriften, namentlich der NK 8, NK 10, NK 13 = Anl. WM 9, NK 14 = Anl. WM 11 und NK 15, ließen es für den Fachmann naheliegend erscheinen, den Einfluss des PCT-Gehalts auch in Richtung auf andere entzündliche Prozesse zu erstrecken und auf seine allgemeine Bedeutung für derartige Krankheitsbilder hin zu untersuchen, nicht zu erschüttern. Der aus einer Vielzahl von Testergebnissen aus vorbekannten Verfahren gewonnenen Erkenntnis, jeweils durchgeführte Fallstudien hätten ergeben, dass Patienten mit nicht-infektiösen Entzündungen sehr niedrige PCT-Werte aufwiesen (vgl. NK 8, dort Tabelle, letzte Zeile, rechte Spalte, betreffend Untersuchung auf ARDS; NK 10, Figur 1 betreffend Untersuchung auf „sepsis and infection“; NK 13 = Anf. WM 9, Untersuchungsergebnisse sowie Methodik; NK 14 = Ani. WM 11), kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass diesen Verfahren lediglich der Nachweis einer Sepsis oder einer sepsis-ähnlichen Erkrankung zugrunde gelegen habe und hierin eine allgemeine Aussage nicht enthalten sei, dass im Falle eines nicht erhöhten PCT-Wertes eine infektiöse Ursache der Entzündung auszuschließen bzw. bei Vorliegen eines erhöhten PCT-Wertes die Entzündung jedenfalls auch auf einer infektiösen Ursache beruhe.

Die in Brunkhorst I durchgeführten Untersuchungen betreffend das Vorliegen einer „septischen ARDS“ bzw. einer „nicht-septischen ARDS“ zeigen dem Fachmann auf, dass eine „septische ARDS“ bei nicht erhöhtem PCT-Gehalt nicht vorliegt (Anl. NK8). Der Veröffentlichung NK 10 (Assicot) entnimmt der Fachmann zudem, dem Titel „High serum procalcitonin concentrations in patients with sepsis and infection“ entsprechend, dass nicht nur bei Vorliegen einer Sepsis, sondern auch bei anderen Infektionen ein signifikant erhöhter PCT-Gehalt festgestellt wurde, was auf nicht erhöhte Werte gerade nicht zutraf (vgl. NK 10, Fig. 1 - Schematic représentation of human pro-calcitonin). Der Bohoun-Bericht (NK 13 = Anl. WM 9) bestätigt diese These. Dass die Ermittlung des PCT-Gehalts diesem zufolge auch eingesetzt wird, um eine Sepsis und Infektionen von nicht-infektiösen Entzündungen zu unterscheiden, zeigt auch die den Bericht abschließende .Conclusion“, wenn es dort auszugsweise lautet: „The assay of proCT is promising to detect and to follow-up the patients with sepsis and infections“. In Brunkhorst III (NK 14 = Anl. WM 11) - von dessen Vorveröffentlichung das Bundespatentgericht offensichtlich ausgeht - wurde schließlich festgestellt, dass bei einer toxischen akuten Pankreatitis, die nicht durch eine bakterielle Infektion verursacht wurde (sondern durch übermäßigen Alkoholgenuss), die PCT-Werte nicht erhöht sind, und zeigt dem Fachmann auf, dass auch bei diesem Krankheitsbild der PCT-Wert Aufschluss über die Ursache einer Entzündung gibt.

Die vorbekannten Entgegenhaltungen offenbaren daher für bestimmte Anwendungsfälle, nicht nur bezogen auf eine Sepsis-Erkrankung, den Zusammenhang zwischen dem Vorliegen eines erhöhten bzw. nicht erhöhten PCT-Gehalts in einer Probe und lassen den Fachmann den Schluss auf das Vorliegen einer infektiösen oder nicht-infektiösen Ursache der Entzündung ziehen. Vor diesem Hintergrund ist es, wie das Bundespatentgericht in seinem qualifizierten Hinweis ausgeführt hat, - auch wenn der Stand der Technik noch keine klaren Hinweise für die Annahme lieferte, dass der PCT-Wert Aufschluss über jegliche Art einer entzündlichen Erkrankung biete - naheliegend, den PCT-Wert auf seine differentialdiagnostische Bedeutung hin auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen zu untersuchen (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 Tz. 20, 21 - Fischbissanzeiger) und bei einer Gesamtschau der vorgenannten Entgegenhaltungen zu einem diagnostischen Verfahren zur Bestimmung der Ätiologie entzündlicher Prozesse zu gelangen, bei dem in nicht näher definierter Weise ein erhöhter PCT-Gehalt bestimmt und daraus ein Rückschluss auf das Vorliegen einer infektiösen oder nicht nicht-infektiösen Ursache der Entzündung gezogen wird.

dd) Bei dieser Sachlage ist es der Antragstellerin nicht gelungen, die vorstehend dargestellten Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Verfügungspatents auszuräumen und das Vorhandensein eines Verfügungsgrundes hinreichend glaubhaft zu machen.

Das Ersturteil war daher mangels Verfügungsgrundes - unbeschadet der weiteren von der Antragsgegnerin hiergegen erhobenen Einwände - zu bestätigen, ob im Streitfall ein Verfügungsanspruch gegeben wäre, kann als nicht entscheidungserheblich dahinstehen.

III. Als unterlegene Partei hat die Antragstellerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden
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published on 23/09/2015 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 27.01.2015 (Az. 2 O 203/14) wird zurückgewiesen. 2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gründe   I. 1 Di
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Annotations

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.

(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.

(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.

(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.

(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und
2.
die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)