Oberlandesgericht München Endurteil, 04. März 2015 - 27 U 4374/14

published on 04/03/2015 00:00
Oberlandesgericht München Endurteil, 04. März 2015 - 27 U 4374/14
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Landgericht Augsburg, 022 O 4730/13, 07/10/2014

Gericht

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Tenor

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 07.10.2014 - samt dem Verfahren - aufgehoben und der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

II.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteter Falschberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Lebensversicherung mit Vermögensverwaltung geltend und begehrt die Rückzahlung einer Versicherungsprämie in Höhe von 16.000,- Euro.

Am 25.08.2004 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann bei der Beklagten, die ihren Sitz in Liechtenstein hat, die Versicherung in der Anlagevariante „Prime Life One Portfolio 124 Dynamic“ ab.

Die zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13.12.2013 im Landgerichtsbezirk Augsburg wohnhafte Klägerin erhob Klage zum Landgericht Augsburg.

Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 07.10.2014 wurde die Klage als unzulässig abgewiesen, da das Landgericht Augsburg international und örtlich nicht zuständig sei. Eine Zuständigkeit ergebe sich weder aus § 215 VVG n. F. noch Artikel 9 Abs. 2 EuGVVO noch aus § 32 ZPO.

Die Klägerin beantragt,

Der Rechtsstreit wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils (Az.: 22 O 4730/13) an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Im Übrigen ist das Urteil abgekürzt gemäß § 540 Abs. 2 i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

ii. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Rechtsstreit war gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

1. Die Klage zum Landgericht Augsburg ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Augsburg international und örtlich zuständig gemäß § 215 VVG n. F..

a. Nach § 215 Abs. 1 VVG n. F. ist für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung (auch) das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der 27 U 4374/14 - Seite 3 Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat.

b. Die Gerichtsstandsbestimmung des § 215 Abs. 1 VVG n. F. ist auch anwendbar auf sogenannte Altfälle, deren Abschluss des Versicherungsvertrages oder deren Versicherungsvermittlung vor dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.01.2008 lag. Bei der Norm des § 215 Abs. 1 VVG n. F. handelt es sich um eine zivilprozessuale Zuständigkeitsregelung, bei der das Stichtagsprinzip gilt. Das Problem der Rückwirkung stellt sich nur bei Regelungen zum materiellen Recht. Der Gesetzgeber hat bei der auf Verbraucherschutzgesichtspunkten beruhenden Norm des § 215 Abs. 1 VVG n. F. keinerlei Ausnahme aufgenommen, so dass sich schon deswegen eine Unterscheidung in Alt- und Neufälle verbietet. Aus den Gesetzesmaterialien (Bundestagsdrucksache 16/3945, 20.12.2006) ergibt sich sowohl zu § 215 VVG als auch zu Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG, dass eine Einschränkung von § 215 VVG auf „Neufälle“ nicht gewollt war und dass die Regelung in Art. 1 EGVVG rein materiell-rechtliche Fragestellungen betrifft. Es ergibt sich aus Wortlaut und Regelungskontext von Art. 1 EGVVG keine Einschränkung von § 215 Abs. 1 VVG n. F.. Schon die Überschrift „Altverträge, Allgemeine Versicherungsbedingungen“ belegt, dass sich Art. 1 EGVVG nur auf materielles Recht bezieht. In Prölss/Martin (VVG, 28. Aufl., § 215, Rn. 3) ist dementsprechend kommentiert, dass die Übergangsregelung in Artikel 1 EGVVG einer verfassungsrechtlich problematischen Rückwirkung vorbeugen und deshalb verhindern will, dass durch das neue VVG durch den Versicherungsfall bereits entstandene Ansprüche verändert werden; eine solche Rückwirkung gehe von einer neuen Gerichtsstandsregelung (§ 215 VVG n. F.) nicht aus. Eine Einschränkung der Zuständigkeitsnorm kann im Übrigen schon deswegen nicht aus Art. 1 Abs. 2 EGVVG hergeleitet werden, weil die dortige Altfallregelung sich nur auf eingetretene Versicherungsfälle bezieht. Unstreitig ist vorliegend kein Versicherungsfall eingetreten.

In der Anwendung von § 215 Abs. 1 VVG n. F. für vorliegenden Fall sieht der Senat auch keinerlei Anhalt für einen Verfassungsverstoß, den die Beklagte bei einer Ungleichbehandlung von primären Versicherungsansprüchen nach altem Recht einerseits und weiteren Ansprüchen (z. B. Beratungspflichtverletzung) nach neuem Recht andererseits mutmaßt. Für die Zuständigkeitsfrage ergibt sich keine Ungleichbehandlung, da für sämtliche Klageerhebungen nach Inkrafttreten von § 215 VVG n. F. die in § 215 Abs. 1 VVG n. F. getroffene Zuständigkeitsregelung Geltung hat.

2.3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision wurde gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die gesetzliche Lage ist eindeutig.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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published on 04/03/2015 00:00

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 07.10.2014 - samt dem Verfahren - aufgehoben und der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten de
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published on 04/03/2015 00:00

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 07.10.2014 - samt dem Verfahren - aufgehoben und der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten de
published on 20/08/2015 00:00

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 15.09.2014, Az. 94 O 2494/13 Ver, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Lan
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(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.

(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.

(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.

(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.

(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.