I.
Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 18.06.2014, 12.30 Uhr, an der Kreuzung H. Straße zur I. bejaht.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen stand der Beklagte zu 2) mit seinem Gespann auf der Rechtsabbiegerspur der H. Straße Straße, um nach rechts in die I. Straße einzubiegen. Der Zeuge … stand mit dem Pkw des Klägers (BMW 645 i) auf der mittleren Spur, die keine Pfeile aufweist, und bog nach rechts (in zweiter Reihe) ab. Am Ausgang des Kurvenbereichs geriet das Gespann des Beklagten zu 2) in die linke Spur der I. Straße, wo es zur Kollision mit dem Kläger-Pkw kam, der versucht hat, auf dieser linken Spur der I. Straße das Gespann des Beklagten zu 2) zu überholen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Berufungskläger sind Fehler des Ersturteils bei der Tatsachenfeststellung nicht ersichtlich.
Der Kläger hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Landgericht sich nicht abschließend zu allen Angaben der unfallbeteiligten Fahrer äußern wollte. Dem Ersturteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass sich das Landgericht von der Darstellung des klägerischen Zeugen insoweit überzeugt hätte, der Unfall sei nicht im Zuge des Abbiegevorgangs, sondern erst deutlich danach, d.h. ohne jeden Bezug zum vorherigen (parallelen) Abbiegen der Fahrzeuge erfolgt. Dementsprechend hat das Erstgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme auf S. 8 des Ersturteils zusammengefasst, wonach der Beklagte zu 2) „beim Rechtsabbiegen in die I. Straße“ gegen § 7 V StVO verstoßen habe (was rechtlich unzutreffend ist, s.u.). Weiter führt das Landgericht aus, „dass beim paarweisen Rechtsabbiegen der links Fahrende den Bogen so weit zu nehmen hat, dass er den Inhaber der rechten Fahrspur nicht in Bedrängnis bringt“. Selbst wenn das Erstgericht auf Seite 9 unten wieder einschränkend ausführte, der Beklagte zu 2) habe „beim oder nach dem Rechtsabbiegen seine Fahrspur verlassen“, beinhaltet dies nicht die Lesart des Klägers, der Unfall habe sich ohne jeden Bezug zum Abbiegen ereignet, wie sich im Übrigen auch aus dem Hinweis des Landgericht in der Beweisverhandlung ergibt. Selbst die Unfalldarstellung des Klägers in der Klage beginnt mit dem Stehen an der Ampel und dem Abbiegemanöver, was wenig Sinn macht, wenn doch das Abbiegemanöver für den Unfallhergang keine ursächliche Rolle gespielt haben soll.
Zusammenfassend geht der Senat daher mit dem Landgericht davon aus, dass der Unfall, wenn auch nicht mehr im unmittelbaren Kreuzungsbereich, so aber noch im Zuge des gleichzeitigen Abbiegens der Fahrzeuge erfolgte. Auch im Lichte der Ausführungen des Sachverständigen (vgl. auch dessen Unfallskizzen) gibt es keine Veranlassung anzunehmen, der Beklagte zu 2) sei mit seinem Gespann, hier vor allem dem Anhänger, nicht im Zuge des Abbiegevorgangs in die linke Spur geraten. Das noch in der Klage vom Kläger behauptete unerfindliche Verlieren der Kontrolle deutlich nach dem Abbiegen in Geradeausfahrt, das Hupen und dem durch ein Rechtsziehen verursachten Schlingern in die Fahrbahn des klägerischen Fahrzeugs hat so selbst der klägerische Fahrer (Zeuge .) nicht bestätigt (vgl. Protokoll vom 23.03.2015, Bl. 35 d.A.). Nach den Angaben des Zeugen habe der Anhänger in der Geradeausfahrt „noch einmal einen Schlenker nach links“ gemacht. Ohne jegliche technische, in der Fahrbahn liegende oder witterungsbedingte Ursachen, von denen nichts bekannt wurde, machen Anhänger unabhängig von dem Zugfahrzeug keine Schlen-ker, was der Senat als Spezialsenat für Verkehrsunfälle aller Art in eigener Sachkenntnis feststellen kann.
Wie beim ähnlichen Fall des Anfahrens vom Fahrbahnrand endet ein Abbiegevorgang nicht schon mit dem Verlassen der Kreuzung (dort Verlassen der Parklücke), sondern erst dann, wenn sich der Abbiegende so weit von der Kreuzung entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hat, dass die Tatsache seines Abbiegens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann.
Im vorliegenden Fall ist daher nach den Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass die Kollision der Fahrzeuge am Ende der Kurvenfahrt oder unmittelbar danach erfolgte, also noch zu einer Zeit, zu der der Beklagte zu 2) die vom klägerischen Fahrer zu achtende bevorrechtigte Wahl hatte, in welcher Fahrspur der I. Straße er weiterfahren will.
Denn das Landgericht hat die von ihr zur Stützung ihrer Ansicht (Verstoß des Beklagten zu 2) gegen § 7 V StVO) herangezogene Entscheidung des BGH (NZV 2007, 185) missverstanden. Diese Entscheidung betrifft nur den Fall, in dem durch Richtungspfeile zwei Abbiegespuren ausdrücklich ausgewiesen sind (vgl. Senat Hinweis v. 09.04.2008 - 10 U 2009/08; Beschluss v. 31.08.2011, Az. 10 U 3307/11). Dementsprechend führt der BGH in der angeführten Entscheidung auch aus: „Dem am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbieger kann jedoch dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße durch Richtungspfeile geboten ist.“
Da hier kein paralleles Abbiegen ausgewiesen war, hat der ordnungsgemäß am weitesten rechts eingeordnete Abbiegende die freie Wahl, ein Fahrstreifenwechsel liegt insoweit nicht vor (allg. M. seit BayObLG DAR 1974, 304; ferner etwa KG NZV 2005, 91; Senat a.a.O.).
Vorliegend sind auf der vom Kläger benutzten mittleren Spur keine Richtungspfeile angebracht. Die mittlere Fahrspur der H. Straße endet an der Kreuzung zur I. Land Straße und wird auch nicht als zweite Links- und/oder Rechtsabbiegerspur in der Kreuzung weitergeführt (vgl. hierzu Haarmann DAR 1987, 139). Der Beklagte zu 2) hatte als ordnungsgemäß eingeordneter Rechtsabbieger grundsätzlich gegenüber dem links von ihm eingeordneten Kläger den Vorrang und hinsichtlich des Fahrstreifens auf der I. Straße die freie Wahl. Der paarweise abbiegende, links eingeordnete Fahrer musste das Gespann des Beklagten zu 2) ständig beobachten (BayObLG und KG a.a.O.; Senat, Be-schl. v. 10.02.2012 - 10 U 4890/11.). Auch wenn, wie der Sachverständige ausgeführt hat, ein paarweises Abbiegen theoretisch möglich war, musste der Kläger damit rechnen, dass der ihm gegenüber vorfahrtsberechtigte Beklagte zu 2) womöglich sogar vollständig in die linke Spur der I. Land Straße hineinzieht. Er durfte demgemäß nicht versuchen, den Beklagten zu 2) mit seinem Gespann im Zuge des Abbiegemanövers zu überholen. Dieser Verstoß rechtfertigt seine alleinige Haftung. Aus den vom Landgericht zutreffend festgestellten Tatsachen ergäbe sich für den Beklagten zu 2) lediglich dann eine Vermeidbarkeit des Unfalls, wenn er die rechte Fahrspur der I. Land Straße eingehalten hätte (siehe Ersturteil S. 7, vorletzter Absatz), hierzu war der Beklagte zu 2) aber nicht verpflichtet. Es ist auch nicht ersichtlich (Kollision mit dem Anhänger), weshalb der Beklagte zu 2) rechtzeitig hätte erkennen können, dass der Kläger sein Vorrecht missachtet. Zuletzt rechtfertigt das fehlerhafte Verkehrsverhalten des Klägers, eine etwaige Haftung der Beklagten dahinter zurücktreten zu lassen, weswegen die Klage insgesamt abzuweisen war.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.