Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Juni 2015 - 32 U 718/15

published on 24/06/2015 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Juni 2015 - 32 U 718/15
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Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 32 U 718/15

20 O 5910/14 LG München I

In dem Rechtsstreit

E.

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B.

gegen

F.

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. u

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 32. Zivilsenat - durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wiringer-Seiler, den Richter am Amtsgericht Emmerich und den Richter am Oberlandesgericht Wimmer

am 24.06.2015

folgenden

Beschluss

1. Der Antrag des Klägers vom 23.04.2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21.01.2015, Aktenzeichen 20 O 5910/14, wird verworfen.

3. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 89.350,00 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger verlangte von der Beklagten Schadensersatz aus einem Mietvertrag in Höhe von 89.350 € nebst Zinsen, hilfsweise Zug-um-Zug gegen Rückübereignung von Inventar, sowie Zahlung von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 3.641,28 €.

Mit Urteil vom 21.01.2015, dem Klägervertreter zugestellt am 27.01.2015, hat das Landgericht diese Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 21.01.2015 (Bl. 143/149 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil legte der Kläger am 25.02.2015 Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 27.03.2015 (Bl. 156 d. A.) beantragte der Klägervertreter die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis 27.04.2015. Daraufhin teilte der Vorsitzende dem Klägervertreter mit Verfügung vom 02.04.2015 (Bl. 157 d. A.), zugestellt am 10.04.2015 mit, dass die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht möglich sei, weil die Frist am Freitag, den 27.03.2015 abgelaufen sei, der Antrag auf deren Verlängerung aber laut Eingangsstempel erst am Montag, den 30.03.2015, eingegangen sei; gleichzeitig wurde dem Klägervertreter eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen gesetzt.

Mit Schriftsatz vom 23.04.2015 (Bl. 162/163 d. A.), eingegangen am gleichen Tage, beantragte der Klägervertreter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und fügte die Berufungsbegründung (Bl. 164/174 d. A.) bei, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags trägt er im Wesentlichen vor, dass allgemein er die Gerichtspost für die ordentlichen Gerichte in München auf einem gesonderten Stapel sammle und dieser Stapel von einer Kanzleiangestellten in den Nachtbriefkasten des Amtsgerichts München noch am gleichen Tage und daher rechtzeitig geworfen werde.

Die Kanzleiangestellte ... bestätigte dies in ihrer eidesstattlichen Versicherung und fügte an, dass sie sich sicher sei, dass sie den Schriftsatz mit dem Antrag auf Fristverlängerung vom 27.03.2015 in Sachen ...x, Az. 32 U 718/15, am 27.03.2015 in den Nachtbriefkasten beim Amtsgericht eingeworfen habe. Aus diesem Grunde hat der Senat eine amtliche Auskunft der allgemeinen Einlaufstelle II beim Amtsgerichts München eingeholt, die ergab, dass ein Fehler der Justizbehörden bei der Stempelung auszuschließen sei; auf die Auskunft der allgemeinen Einlaufstelle II beim Amtsgericht München vom 19.05.2015 (Bl. 180/181 d. A.) wird Bezug genommen. Hierauf erklärte der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 19.05.2015 (Bl. 183/184 d. A.), dass seine Angestellte ... an die Post vom 27.03.2015 keine konkrete Erinnerung mehr habe.

II. 1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht begründet, da nicht glaubhaft gemacht wurde, dass die Frist ohne Verschulden des Klägers bzw. dessen Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) versäumt wurde (§ 233 ZPO). Die Beweislast dafür, dass er bzw. sein Prozessbevollmächtigter die Frist schuldlos versäumte, trägt der Kläger.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers durfte nämlich dann nicht auf die Bewilligung einer Fristverlängerung vertrauen, wenn er selbst die nicht rechtzeitige Stellung des Fristverlängerungsantrag durch ein eigenes Versehen schuldhaft veranlasst hat. Dies kann, nach den vorgelegten Erklärungen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten Cabuk führt nicht dazu, dass die schuldlose Fristversäumung glaubhaft gemacht wurde, da die Erklärung nur daraufhin abzielte, dass der Klägervertreter seine Kanzlei ordnungsgemäß organisiert habe und die Post rechtzeitig in den Nachtbriefkasten eingeworfen wurde. Nach dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 19.05.2015 hatte jedoch die Angestellte nach einer Erklärung ihm gegenüber keine konkrete Erinnerung mehr an die Post vom 27.03.2015. Sie sei sich aber sicher, mit dieser Post verfahren zu sein wie immer. Dies schließt gerade nicht aus, dass sich der fragliche Antrag gar nicht in der Post vom 27.03.2015 befand. Deshalb war auch in Anbetracht der ausführlichen Stellungnahme der Einlaufsstelle II beim Amtsgericht München vom 19.05.2015 (Bl. 180/181 d. A.) eine Vernehmung der Kanzleiangestellten ... nicht veranlasst. Der Prozessbevollmächtigte wird auch nicht dadurch entlastet, dass er in einem anderen Fall von der Angestellten darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Weihnachtspost auf dem Stapel für Gerichtspost gelandet ist, da Weihnachtspost leicht zu erkennen ist, während bei Schriftsätzen eine Fehlleitung erst zu erkennen ist, wenn das Adressfeld gelesen wird.

Es ist denkbar, dass der Prozessbevollmächtigte selbst das Schreiben auf den falschen Stapel gelegt hat oder dass er die Frist selbst versäumt hat und in der Hoffnung, dass die Fristversäumung nicht bemerkt werde, durch Vordatierung seines Schreibens diesen Fehler wieder gutmachen wollte. Gerade wenn der Klägervertreter den Postausgang seiner Kanzlei so organisiert hat, wie er in seinen Schriftsätzen ausgeführt hat und wie es durch die eidesstattliche Versicherung bestätigt wurde, und wenn kein konkreter Fehler einer Angestellten eingeräumt wird oder nach den dargelegten konkreten Umständen in Betracht zu ziehen ist, ist der oben dargestellte denkbare Ablauf naheliegend, zumindest aber bei der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag in nähere Erwägung zu ziehen. Obwohl in der Verfügung vom 27.05.2015 (Bl. 185 d. A.) auf die Annahme eines möglichen eigenen Verschuldens des Klägervertreters hingewiesen wurde, wurde vom Klägervertreter nichts dazu ausgeführt.

2. Die Berufung war nach Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht rechtzeitig, d. h. nicht innerhalb der Zweimonatsfrist seit Zustellung des vollständigen Urteils, begründet wurde (§ 522 Abs. 1, § 520 Abs. 2 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO, § 47 GKG bestimmt.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
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published on 24/06/2015 00:00

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 32 U 718/15 20 O 5910/14 LG München I In dem Rechtsstreit E. - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. gegen F. - Beklagte und
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published on 24/06/2015 00:00

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 32 U 718/15 20 O 5910/14 LG München I In dem Rechtsstreit E. - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. gegen F. - Beklagte und
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Annotations

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.