I.
Die Beklagten haben gegen das ihnen am 03.02.2016 zugestellte Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2016 am 23.02.2016 Berufung eingelegt.
Mit dem an das Landgericht München I adressierten Schriftsatz vom 01.04.2016, per Telefax eingegangen am gleichen Tag in der Allgemeinen Einlaufstelle I der Justizbehörden in München, haben die Berufungsführer unter Angabe des landgerichtlichen Aktenzeichens beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung gemäß Verfügung des Gerichts vom 29.01.2016 um vier Wochen, mithin bis zum 02.05.2016 zu verlängern.
Mit Verfügung vom 12.04.2016, die sie am gleichen Tag erhalten haben, wurden sie darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht fristgerecht eingereicht wurde. Der Antrag auf Fristverlängerung sei beim Landgericht München I am 01.04.2016 eingegangen. Das Landgericht habe den Antrag an das OLG München weitergeleitet, bei dem er am 11.04.2016, also erst nach Fristablauf eingegangen sei.
Mit dem am 29.04.2016 eingegangenen Schriftsatz beantragten die Berufungsführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und - unter Aufhebung des angegriffenen Urteils - Klageabweisung.
Mit Verfügung vom 01.08.2016 wurden die Berufungsführer darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung der eingeholten Stellungnahme des Landgerichts München I die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist nach § 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss zu verwerfen, sie wurde nicht fristgerecht begründet und ist daher unzulässig. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig aber unbegründet.
1. Die Frist zur Berufungsbegründung endete am 04.04.2016. Der an das Landgericht München I adressierte und per Telefax am 01.04.2016 in der allgemeinen Einlaufstelle I der Justizbehörden München eingegangene Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (Bl. 327 d.A.) ist bei dem Landgericht München I eingegangen.
Entgegen der von den Berufungsführern vertretenen Ansicht (Seite 2 f. des irrtümlich auf den 27.04.2016 datierten Schriftsatzes, der am 22.08.2016 eingegangen ist, Bl. 365 f. d.A.) ist entscheidend, an welches Gericht der Fristverlängerungsantrag adressiert war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Wird ein Schriftsatz bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH, Beschluss vom 01.06.2016, XII ZB 382/15, juris Tz. 11 m.w.N.). Dies ist hier das Landgericht München I, nicht aber das zuständige Rechtsmittelgericht.
2. Nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Landgericht München I gelangte der Antrag auf Fristverlängerung erst am 11.04.2016 und damit nach Fristablauf in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts. Die Voraussetzungen des § 233 ZPO für die mit Schriftsatz vom 29.04.2016 (Bl. 332/356 d.A.) beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
2.1. Die Beklagten waren nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist für die Berufungsbegründung einzuhalten. Ihre Prozessbevollmächtigte hat diese Frist schuldhaft versäumt; deren Verschulden müssen sich die Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört - ebenso wie die Anfertigung eines Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist - zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen. Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Rechtsanwalt muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (BGH, Beschluss vom 22.07.2015, XII ZB 583/14, juris, Tz. 12 m.w.N.).
Im Wiedereinsetzungsantrag und der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwältin C. M. vom 28.04.2016 (Anlage B 63) wird ausgeführt, die Rechtsanwaltsfachangestellte R. sei angewiesen worden, die Fristverlängerungsersuchen in diesem Verfahren und in 17 Parallelverfahren vorzubereiten. Adressat sollte nach der Anweisung jeweils das Gericht sein, an das auch die bereits eingelegten Berufungen versandt worden waren. Im Wiedereinsetzungsantrag (Seite 5, Bl. 336 d.A.) wird ausgeführt, infolge dieser eindeutigen Anweisung habe die Rechtsanwältin bei Unterzeichnung des Fristverlängerungsantrags vom 01.04.2016 nicht nochmals nachgeprüft, ob das Landgericht München I tatsächlich in dieser Angelegenheit das Berufungsgericht war. Rechtsanwältin C. M. habe sich vielmehr darauf verlassen, dass ihre Anweisung im Hinblick auf die richtige Adressierung des Schriftsatzes umgesetzt werde. Aus der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich, dass es Rechtsanwältin C. M. nicht aufgefallen ist, dass entsprechend ihrer Weisung der Fristverlängerungsantrag an das Oberlandesgericht München hätte versandt werden müssen; ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die Berufung bei dem Oberlandesgericht München eingelegt worden sei.
Entgegen den Anforderungen des Bundesgerichtshofs hat die Beklagtenvertreterin vor Unterzeichnung des Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist somit die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts nicht überprüft. Auf die Zuverlässigkeit der Angestellten R. und das Einverständnis des Gegners mit der Fristverlängerung kommt es nicht an.
2.2. Die Fristverletzung beruht auf dem den Beklagten anzulastenden Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten. Das Landgericht München I war zwar aus nachwirkender Fürsorgepflicht gehalten, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Hier ist der Schriftsatz jedoch nicht so rechtzeitig bei dem Landgericht München I eingegangen, dass eine fristgerechte Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 23.04.2013, VI ZB 27/12, juris Tz. 9).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 20.06.1995, 1 BvR 166/93, juris Tz. 48), der sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat (BGH a.a.O.), darf die Partei, wenn der Schriftsatz so zeitig bei dem mit der Sache befasst gewesenen Gericht eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, nicht nur darauf vertrauen, dass der Schriftsatz überhaupt weitergeleitet wird, sondern auch darauf, dass er noch fristgerecht beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, so ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht. Mit dem Übergang des Schriftsatzes in die Verantwortungssphäre des zur Weiterleitung verpflichteten Gerichts wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus.
Hier ging der Fristverlängerungsantrag am Freitag, dem 01.04.2016 um 11 Uhr bei dem Landgericht München I ein (s.o. Ziffer 1). Das Fax enthielt keinen Hinweis „Eilt sehr“ o.ä. und wurde nach der Stellungnahme des Landgerichts Münchens I vom 26.07.2016 (Bl. 360/361 d.A.) in der Einlaufstelle gegen 12 Uhr in das Ablagefach der 35. Zivilkammer gelegt. Am Montagvormittag (04.04.2016) beförderten die Wachtmeister die Post zur zuständigen Geschäftsstelle des Landgerichts München I. Dies entsprach dem ordentlichen Geschäftsgang. In der Stellungnahme des Landgerichts Münchens I wurde festgestellt, dass seitens der Einlaufstelle entsprechend dem internen Leitfaden zur Faxbehandlung gehandelt worden ist. Danach werden eingehende Faxe mindestens 1 x täglich von den Wachtmeistern mit der Post ausgefahren (8.00 Uhr); Faxe, die als besonders eilig gekennzeichnet sind (reiner „eilt“-Vermerk reicht nicht), wie z.B. „Termin am gleichen Tag“, werden von den Wachtmeistern sofort auf die Geschäftsstelle gebracht, wenn eine Auslieferung mit der nächsten regulären Hauspost nach der Betreffzeile erkennbar zu spät wäre. Gegen die Annahme, dass die Weiterleitung des Faxes an die Geschäftsstelle des Landgerichts München I am 04.04.2016 dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprach, wenden sich die Berufungsführer in ihrer am 22.08.2016 eingegangenen Stellungnahme (Bl. 364/396 d.A.) auch nicht.
Bei sachgerechter Behandlung wäre eine Vorlage des Faxes an den zuständigen Richter noch am 04.04.2016 erfolgt. Ob dieser noch am selben Tag eine Vorlage an des OLG verfügt hätte, wird in der Stellungnahme des Landgerichts München I offengelassen, da aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit keine Vorgaben für Richter zur Behandlung von Faxen vorliegen. Unter Berufung auf die Regelung in C III des internen Leitfadens, wonach es wünschenswert wäre, wenn Fristverlängerungsersuchen möglichst schnell bearbeitet und die Akten wieder an die Serviceeinheit zurückgeleitet würden, argumentieren die Berufungsführer, dass es dem ordentlichen Geschäftsgang entsprechen dürfte, Fristverlängerungsgesuche noch am selben Tag zu bearbeiten (Seite 4 der Stellungnahme, Bl. 367 d.A.).
Selbst wenn der zuständige Richter die Weiterleitung an das Oberlandesgericht noch am 04.04.2016 verfügt hätte, kann jedoch nicht ohne weiteres erwartet werden, dass die Verfügung noch am selben Tag wieder in die Geschäftsstelle gelangt und dort so ausgeführt worden wäre, dass der Antrag noch am 04.04.2016 bei dem Oberlandesgericht München eingegangen wäre. In der am 22.08.2016 eingegangenen Stellungnahme der Berufungsführer wird dies zwar behauptet, aber nicht näher begründet. Soweit die Berufungsführer - bezüglich der Weiterleitung durch den Rechtspfleger, dem das Fax ohnehin nicht hätte vorgelegt werden müssen - auf das Vorhandensein einer gemeinsamen Einlaufstelle abstellen (Seite 6, Bl. 369 d.A.), verkennen sie, dass der weiterzuleitende Schriftsatz von der Geschäftsstelle von den Wachtmeistern wieder zur Einlaufstelle hätte gebracht werden müssen. Zutreffend argumentieren die Berufungsführer, sie hätten nicht damit rechnen müssen, dass nach der Verfügung der Weiterleitung die Angelegenheit noch vier Tage auf der Geschäftsstelle liegen bleibt. Dass es zu erwarten gewesen wäre, dass eine am 04.04.2016 verfügte Weiterleitung von der Geschäftsstelle und den Wachtmeistern noch am selben Tag ausgeführt wird, ergibt sich daraus indes nicht. Auch die Argumentation, dem Rechtspfleger (oder Richter) hätte die Dringlichkeit der Weiterleitung bewusst sein müssen, geht fehl. Es handelte sich zwar um ein Fristverlängerungsgesuch, das Fax enthielt jedoch keinen Hinweis auf eine besondere Eilbedürftigkeit. Auch das Fristende war nicht explizit genannt, sondern ließ sich nur durch eine Rückrechnung ermitteln. Entscheidend ist im Übrigen nicht, ob eine Weiterleitung an das Oberlandesgericht am gleichen Tag bei größter Anstrengung möglich gewesen wäre, sondern ob sie im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden konnte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.