1. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 14.07.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Eine Kostenentscheidung ist insoweit nicht veranlasst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird insoweit nicht zugelassen.
4. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin vom 20.08.2014 gegen das Endurteil des LG München I vom 14.07.2014 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 II 1 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 II 1 Nr. 1-3 ZPO); eine solche ist auch nicht aus sonstigen Gründen geboten (§ 522 II 1 Nr. 4 ZPO).
5. Es wird hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung bis zum 12.12.2014 gegeben (§ 522 II 2 ZPO).
Wichtige Hinweise:
> Die vorstehende, großzügig bemessene Frist (nach allgemeiner Meinung genügt an sich entsprechend § 277 III ZPO eine Replikfrist von zwei Wochen) kann nur ganz ausnahmsweise aufgrund eines schriftlichen, eingehend begründeten und hinsichtlich des tatsächlichen Vortrags nach Maßgabe des § 294 I ZPO glaubhaft gemachten Antrags verlängert werden (vgl. zu den strengen Anforderungen an eine Verlängerung der Hinweisreplikfrist OLG Rostock OLG-NL 2004, 228 und NJOZ 2004, 680; Doukoff, Zivilrechtliche Berufung, 5. Aufl. 2013, Rz. 994). Mit einer Verlängerung um mehr als zwei Wochen kann grundsätzlich nicht gerechnet werden.
> Der Hinweis nach § 522 II 2 ZPO dient nicht der Verlängerung der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist (OLG Koblenz NJOZ 2007, 698; Senat in st. Rspr., grdl. Beschl. v. 17.09.2008 - 10 U 2272/08, zuletzt eingehend Beschl. v. 21.08.2012 - 10 U 1836/12; Doukoff a. a. O. Rz. 998); neuer Sachvortrag ist nur in den Grenzen der §§ 530, 531 II 1 ZPO zulässig (BGHZ 163, 124 = NJW 2005, 3067), wobei die Voraussetzungen des § 531 II 1 ZPO glaubhaft zu machen sind (§ 531 II 2 ZPO).
6. Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen dieser Frist zu prüfen (im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gem. Nr. 1222 Satz 2 KV-GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0).
7. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 55.750 € festzusetzen.
A. Gründe zu 1. bis 3.
1. Der Klägerin war auf ihren form- und fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren, nachdem der Antrag innerhalb der Frist von 2 Wochen nach Behebung des Hindernisses bei Gericht einging und mit der versäumten Prozesshandlung verbunden ist und die Berufung begründet wurde, §§ 234 I 1, 236 II 2 HS 1 ZPO (vgl. BGHZ 30, 226), zuletzt ergänzend mit Schriftsatz vom 24.10.2013. Durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, das Faxjournal und den Sendebericht wurde glaubhaft gemacht, dass die unterbliebene Übertragung des Berufungsbegründungsschriftsatzes nebst Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist unbemerkt blieb und dies sowie das gleichzeitige Streichen der Frist im Fristenkalender nicht auf einem der Klägerin zurechenbaren Verschulden der Klägervertreterin beruht, die den Fehler erfolgreich auf ihr Büropersonal abzuwälzen vermochte. Der eidesstattlichen Versicherung ihres Angestellten kann zwar nicht entnommen werden, dass dieser wie vorgetragen das Fax erneut zu senden versuchte, jedoch war ausreichend glaubhaft gemacht, dass er das erfolgreiche Versenden zu kontrollieren und bei Fehlschlag zu wiederholen angewiesen war. Der handschriftlichen Anmerkung der Klägervertreterin mit ihrem Handzeichen auf dem Fax vom 14.10.2014 (Bl. 335 d. A.) „wurde gefaxt 06.10.2014!“ kann nicht sicher entnommen werden, dass es die Klägervertreterin selbst war, die das Fax am Abend erneut zu senden versuchte, die fehlende Verbindung aber nicht bemerkte.
2. Die Entscheidung über die Kosten der Wiedereinsetzung gem. § 238 IV ZPO war der Endentscheidung vorzubehalten.
3. Diese Entscheidung ist gem. § 238 III ZPO unanfechtbar.
B. Gründe zu 4. bis 7:
I. Eine mündliche Verhandlung ist nicht gem. § 522 II 1 Nr. 4 ZPO geboten.
Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits für die Berufungsführerin aufgrund der Natur des Rechtsstreits ist vorliegend nicht gegeben: Der Rechtsstreit betrifft Schadensersatzansprüche wegen Sach- und Vermögensschäden im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall.
Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits ist auch nicht wegen der Höhe des in Streit befindlichen Betrages gegeben:
> Die absolute Höhe des Betrages ist grundsätzlich nicht entscheidend (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.02.2012 - 10 U 817/11 [juris, dort Rz. 28]; r+s 2013, 450 [451 für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von knapp 400 €]; OLG Hamm, Beschl. v. 18.09.2013 - 3 U 106/13 [BeckRS 2014, 15433] in einer Arzthaftungssache; Hk-ZPO/IAöstmann, 5. Aufl. 2013, § 522 Rz. 12 a; BL/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, §522 Rz. 16).
> Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Berufungsführerin (vgl. zu dieser Fallgestaltung OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.8.2012 -21 U 34/11 [juris, dort Rn. 4; Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschl. des BGH v. 20.2.2014 -VII ZR 265/12 zurückgewiesen]; Stackmann JuS 2011, 1087 [1088 unter II 4]) ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.
II. Die Berufung ist auch offensichtlich unbegründet (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO).
1. Eine offensichtliche Unbegründetheit ist gegeben, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe (solche sind nur eine Rechtsverletzung [§ 513 I Var. 1 i. Verb. m. § 546 ZPO], eine unrichtige Tatsachenfeststellung [§ 513 I Var. 2 i. Verb. m. § 529 I Nr. 1 ZPO] oder das Vorbringen neuer berücksichtigungsfähiger Angriffs- und Verteidigungsmittel [§ 513 I Var. 2 i. Verb. m. §§ 529 I Nr. 2, 531 II ZPO]) das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können (Beschlussempfehlung a. a. O. unter Bezugnahme auf BVerfG NJW 2002, 814 [815]). Offensichtlichkeit setzt aber nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit gewissermaßen auf der Hand liegt (Beschlussempfehlung a. a. O.), also nur dann bejaht werden dürfte, wenn die Unbegründetheit der Berufung anhand von paratem Wissen festgestellt werden kann (BVerfG EuGRZ 1984, 442 f.); sie kann vielmehr auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein (Beschlussempfehlung a. a. O. unter Hinweis auf BVerfGE 82, 316 [319 f.]).
2. Dem Senat ist es nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.02.2012 - 10 U 817/11 [juris, dort Rz. 28]; OLG Hamm VersR 2013, 604; OLG Stuttgart v. 05.03.2012 - 13 U 24/12 [juris]; OLG Düsseldorf v. 10.04.2012 -2 U 3/10 [juris]; OLG Köln v. 20.04.2012 - 5 U 139/11 [juris]; KG v. 09.07.2012 -23 U 71/12 [juris]; Zöller/Heßler a. a. O. § 522 Rz. 36; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 522 Rz. 21 a; PG/Lemke, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 522 Rz. 25, 26; Hk-ZPO/IAöstmann a. a. O. § 522 Rz. 11; BL/Hartmann a. a. O. § 522 Rz. 16).
3. Dies zugrunde gelegt, nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die nach umfassender Beweisaufnahme ergangene, ausführlich und sorgfältig begründete Entscheidung des LG München I Bezug, in der zu allen relevanten Punkten sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis zutreffend Stellung genommen worden ist.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die ergänzende Berufungsbegründung ist zu bemerken: Die Berufung unterlässt es, sich inhaltlich mit den Urteilsgründen entsprechend dem fehlerfrei festgestellten Sachverhalt auseinanderzusetzen, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens, die zusammengefasst darauf hinausläuft, dass von einer (Allein-)Haftung des Beklagten zu 1) im Hinblick auf dessen festgestellte alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit auszugehen ist. Im Einzelnen:
a) Der Unfall ereignete sich nach den Feststellungen beider Sachverständiger im Bereich der Fahrbahnhälfte des Beklagten zu 1), und zwar kam es zu einer leichten Überdeckung etwa 30 cm jenseits der Mittelleitlinie. Gegen die Klägerin spricht daher ein Anscheinsbeweis, der nicht erschüttert oder gar widerlegt ist.
Die Klägerin konnte nämlich ihre bereits im Ermittlungsverfahren aufgestellte Behauptung (EA Bl. 38), der Beklagte zu 1) sei ihr gleich einem Geisterfahrer auf ihrer Fahrbahnseite entgegengekommen, weshalb sie nach kurzem Überlegen ebenfalls auf die Gegenfahrbahn lenkte, es aber zur Kollision kam, weil der Beklagte zu 1) zwischenzeitlich zurücklenkte, nicht beweisen. Das Vorbringen ist technisch zwar möglich, setzt aber, wie Dipl.-Ing. S. ausführte, die Möglichkeit einer Wahlentscheidung und deren Ausführung voraus, was dazu führt, dass dann davon ausgegangen werden müsste, dass der Beklagte etwa 3 Sekunden bis 4 Sekunden vor der Kollision seine Fahrbahnhälfte in Richtung der Gegenfahrbahn verlassen hätte. Bei den gefahrenen Geschwindigkeiten von jeweils etwa 80 km/h wären die Fahrzeuge zu diesem Zeitpunkt etwa 133 m oder 177 m oder anders ausgedrückt etwa 26 bis 35 Fahrzeuglängen voneinander entfernt gewesen. Die Klägerin aber gab bei ihrer informatorischen Anhörung an, sie habe den Beklagten zu 1) erstmals in einer Entfernung von 3 Fahrzeuglängen wahrgenommen, was auch bei den anzuerkennenden Schätzungenauigkeiten nicht mehr mit dem nach den Ausführungen des Sachverständigen für das geschilderte Fahrverhalten des Beklagten zu 1) technisch erforderlichen Zeitbedarf und der gegenseitigen Entfernung vereinbar ist. Hinzu kommt, dass aufgrund der Angaben der Zeugen K. und M. davon auszugehen ist, dass die Klägerin zwischen den vorbenannten Pkw befindlich war, der Zeuge M. keine Auffälligkeiten bei der Passage des Beklagten zu 1) schilderte und die Zeugin K. beobachtete, dass ein vor ihr fahrender weißer Audi innerhalb seiner Fahrspur dauernd von rechts nach links fuhr. In Verbindung mit den Angaben des Zeugen M. kam davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um den Audi der Klägerin handelte, da die Zeugin nur einen weißen Audi sah und der Zeuge M. sich erinnerte, dass der verunfallte weiße Audi seit S. hinter ihm herfuhr. Zu Recht war das Landgericht daher von der Behauptung der Klageseite nicht überzeugt. Es ist auch unzutreffend, dass sich das Landgericht mit dem Vortrag der Klageseite nicht auseinandergesetzt hätte, wie eine Lektüre der Urteilsgründe, insbesondere S. 13 zeigt. Der gerichtliche Sachverständige hat weiter überzeugend ausgeführt, dass ihm anders als dem Polizeisachverständigen weitere Anknüpfungstatsachen zur Verfügung standen, insbesondere die linke Spurstange des Pkw des Beklagten zu 1) durch die Kollision abriss und das Fahrzeug in eine Schleuderbewegung geriet, bei der erhebliche Kräfte auf das rechte Rad einwirkten, weshalb es als unwahrscheinlich angesehen werden kann, der Lenkeinschlag sei bis zur Endstellung „konserviert“ worden. Aus dem Lenkeinschlag nach rechts in der Endstellung kann daher nicht die Schlussfolgerung auf einen entsprechenden Lenkeinschlag zum Kollisionszeitpunkt und damit eine Bogenfahrt nach rechts von der Gegenfahrbahn zurück gezogen werden.
b) Das Landgericht glaubte erkennbar dem Beklagten zu 1), dass er seine Sonnenbrille abnahm, kurz den Blick abwendete und sich dann die Kollision ereignete.
(1) Der Senat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, weil keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. zuletzt BGH VersR 2005, 945; Senat in st. Rspr., etwa Urt. v. 09.10.2009 - 10 U 2965/09 [juris] und zuletzt Urt. v. 21.06.2013 - 10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]; Senat a. a. O.); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH a. a. O.; Senat a. a. O.). Ein solcher konkreter Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ist von der Berufung nicht aufgezeigt worden, die Berufung setzt vielmehr ihre eigene Beweiswürdigung an Stelle der des Landgerichts und nimmt an, wegen der Alkoholisierung sei davon auszugehen, der Beklagte zu 1) habe die Kontrolle über das Fahrzeug verloren oder mögliche Abwehrmaßnahmen unterlassen. Das Landgericht konnte sich aber im Hinblick auf die oben unter a) dargestellten Widersprüche in der Aussage der Klägerin und die Angaben der Zeugen in Verbindung mit dem Ergebnis des Sachverständigen rechtsfehlerfrei vom Vortrag des Beklagten zu 1) überzeugen.
(2) Der gegen den absolut fahruntüchtigen Beklagten zu 1) sprechende Anscheinsbeweis eine Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Unfall, weil er etwa alkoholbedingt nicht mehr rechtzeitig Ausweichen konnte, ist widerlegt. Der Sachverständige führte aus, dass der Unfall bei Zugrundelegung der Unfalldarstellung des Beklagten zu 1) für diesen technisch mit hoher Wahrscheinlichkeit unvermeidbar war, da die Klägerin dann erst 1 oder 2 Sekunden vor der Kollision in die Gegenfahrbahn einfuhr. Auch einem nicht alkoholisierten Fahrer kann es widerfahren, dass er bei Abnahme der Sonnenbrille und kurzer Blickabwendung in eine Situation gerät, bei der ein rechtzeitiges Ausweichen auf ein in die Gegenfahrbahn geratenes Fahrzeug nicht mehr möglich ist. Die Berufung differenziert nicht zwischen den Anforderungen an einen Idealfahrer und der Frage, ob bei dem als bewiesen zu erachtenden Sachverhalt ein nicht alkoholisierter Fahrer die Situation problemlos gemeistert hätte.
(3) Zu Recht hat das Landgericht von der Einvernahme der Polizeibeamten und der Erholung eines Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin abgesehen. Die Klägerin hat an alkoholbedingten Ausfallerscheinungen, die die Polizeibeamten bekunden können, konkret nur die verwaschene Aussprache genannt. Diese ergibt sich bereits aus dem ärztlichen Bericht (Bl. 34 der Ermittlungsakte) ebenso wie etwa die vorhandene Sicherheit bei Gang und plötzlicher Kehrtwende. Die Einvernahme des Bruders der Klägerin ergab nur, dass der schriftsätzliche Vortrag zu den angeblich beobachteten Ausfallerscheinungen unzutreffend war, da er mit dem Beklagten zu 1) nicht sprach und keine Beobachtungen machen konnte, die auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hindeuten.
Ein Sachverständigengutachten zu den Auswirkungen der Alkoholisierung auf das Fahrverhalten und das Reaktionsvermögen des Beklagten zu 1) war nicht zu erholen, da nach dem festgestellten Sachverhalt auch ein nicht alkoholisierter Fahrer die Situation eben nicht problemlos gemeistert hätte und es wegen des nicht mehr näher rekonstruierbaren Annäherungsverhaltens bei der Feststellung von Dipl.-Ing S. verbleiben muss, wonach der Unfall für den Beklagten zu 1) technisch mit hoher Wahrscheinlichkeit unvermeidbar war. Es ist eben nicht zugrunde zu legen, wie die Klägerin meint, dass der Beklagte zu 1) bei Abnahme der Brille die Kontrolle über den Wagen verlor und in die Gegenfahrbahn geriet. Ein Sachverständiger kann die klägerische Behauptung, dass ein nicht alkoholisierter Fahrer bei Abnahme seiner Brille nicht den Blick kurz von der Fahrbahn abgewendet hätte oder die Brille nur nach oben geschoben hätte, statt sie abzunehmen und dabei kurz zur Seite zu blicken, nicht bestätigen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass ein nicht alkoholisierter Fahrer während der Fahrt den Blick nicht kurz von der Fahrbahn abwendet.
(4) Das mehrsekündige Abwenden des Blickes von der Fahrbahn stellt ein den grob fahrlässiges Verhalten dar (OLG München, VersR 1995, 165). Ein solches ist vorliegend nicht bewiesen. Vorliegend kann nur von einer nur ganz kurzfristigen Unaufmerksamkeit ausgegangen werden. Unter den Begriff des Augenblicksversagens fällt auch das nur kurze Abwenden des Blickes von der Straße. Es ist aber nicht bewiesen, dass dieses unfallursächlich war, da je nach Annäherungsverhalten die Klägerin möglicherweise erst 1 Sek. vor der Kollision in die Gegenfahrbahn einfuhr (Gutachten S. 45) und der Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Beklagten zu 1) technisch nicht vermeidbar war.
c) Das Sachverständigengutachten wurde zu Recht erholt, ergab sich doch daraus erst, dass die Annahme des polizeilichen Sachverständigen, der Lenkeinschlag nach rechts sei bereits zum Kollisionszeitpunkt vorhanden gewesen, woraus auf eine Bogenfahrt des Beklagten zu 1) nach rechts zurück auf die eigene Fahrbahn geschlossen werden könne, wegen der kollisionsbedingten Zerstörung der Spurstange links und der auf das rechte Rad einwirkenden Kräfte beim Schleudervorgang in die Endstellung unwahrscheinlich ist. Für eine Niederschlagung der Kosten oder eine Abänderung der Kostenentscheidung besteht kein Anlass.
III. Da, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, auch die Voraussetzungen des § 522 II 1 Nr. 2 und 3 ZPO vorliegen, beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 II 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Zurückweisung ist nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Gesetzes anders als im Verwaltungsgerichtsprozess (§ 130 a VwGO; vgl. dazu grdl. BVerwG NVwZ 1996, 1102 und zur Ermessensausübung eingehend Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Meyer-Ladew/g/Pud/s//e, VwGO, [Stand] 2011, § 130 a Rz. 5) nicht in das Ermessen (in Form des Auswahlermessens zwischen dem Beschluss- und dem Urteilsverfahren) des Berufungsgerichts gestellt. Dem steht nicht entgegen, dass der Rechtsausschuss des Bundestages (Beschlussempfehlung a. a. O.) und ihm folgend etwa Baumert (MDR 2011, 1155 [1146 unter 2 b]) mit der Formulierung einer Sollvorschrift nur ein „freies Ermessen“ des Berufungsgericht ausgeschlossen sehen wollen und in der Vorschrift die Festlegung eines „gebundenen Ermessens“ sehen. Sollvorschriften sind im Zivilprozessrecht grundsätzlich zwingend (BAG NJW 2012, 2376 [2378 unter Tz. 23] zu § 6 S. 2 KSchG]; BayVerfGH NJW 1962, 627 [628 unter V 2 b bb ganz allgemein]; BayObLG Rpfleger 1981, 76; Wieczorek/Schütze/Prütt/ng a. a. O. Einl. Rz. 126; Rosenberg/Schwab/Gottwa/d, Zivilprozessrecht, 17. Aufl. 2010, § 7 Rz. 7); sie unterscheiden sich von Mussvorschriften nur darin, dass ihre Verletzung durch das Gericht die Handlung in der Regel nicht anfechtbar macht (grdl. Hei/but, „Müssen“ und „Sollen“ in der Deutschen (ZivilProzessordnung, in: AcP 69 [1886] 331-433; Wieczorek/Schütze/Prütt/ng a. a. O.; Rosenberg/Schwab/Gottwa/d a. a. O.; vgl. auch Stickelbrock, Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozess, Köln 2002, S. 8 ff. [unter § 2 I 1]). Ihr Sinn besteht darin, einer etwaigen atypischen Einzelfallgestaltung Rechnung zu tragen (vgl. für das Verwaltungsrecht BVerwGE 10, 117 [118]; 49, 16 [23]; 56, 220 [223]); 64, 318 [323]; 90, 88 [93]; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.07.2008 - 11 S 158/08 [juris]).
Eine atypische Fallgestaltung im vorgenannten Sinne, etwa dergestalt, dass eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung das Verfahren nicht verzögern würde, weil die mündliche Verhandlung zeitnah erfolgen könnte (vgl. Beschlussempfehlung a. a. O.), ist vorliegend nicht gegeben: Angesichts der Notwendigkeit, bei Anberaumung einer mündlichen Verhandlung eine Berufungserwiderungsfrist (§ 521 II 1 ZPO) von grundsätzlich mindestens einem Monat (vgl. dazu eingehend Doukoff a. a. O. Rz. 1015) sowie in der Regel einer Replikfrist (vgl. § 521 II 1 ZPO) von wenigstens drei Wochen zu setzen sowie des gegenwärtigen Terminsstandes des Senats müsste mit einer wenigstens drei- bis vierfach längeren Verfahrensdauer gerechnet werden. Anhaltspunkte für eine sonstige atypische Fallgestaltung sind nicht ersichtlich.