Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 14. Okt. 2016 - 8 U 1038/15
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 18. August 2015, Az. 6 O 48/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin und der Kläger haben die Kosten der Berufung zu je 50 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und der Kläger können die Voll-streckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Kläger begehren gegenüber der Beklagten unter anderem die Feststellung des wirksamen Widerrufs ihrer auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen, die Freigabe von Sicherheiten und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
- 2
Die Kläger schlossen mit der Beklagten zur Finanzierung einer in ...[Z] gelegenen Immobilie am 29. Dezember 2003/20. Januar 2004 einen Verbraucherdarlehensvertrag (Anlage K 1) über eine Darlehensvaluta von 115.000,00 €, die mit 4,71 % (nominal) verzinst werden sollte. Der Zins war bis zum Ablauf des Jahres 2013 unveränderlich. Das Darlehen war durch eine Grundschuld besichert, die zunächst auf der erworbenen Immobilie und später auf einem Grundstück in ...[Y] lastete.
- 3
Nach der den Klägern von der Beklagten erteilten schriftlichen Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag sollte die Widerrufsfrist „frühestens mit Erhalt“ der Belehrung beginnen.
- 4
Die Kläger ließen mit einem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Oktober 2013 (Anlage K 3) den Widerruf des Darlehensvertrages erklären. Diesem Widerrufsschreiben war eine schriftlich erteilte Vollmacht des Klägers zu 2) beigefügt. Die Beklagte wies den Widerruf nach § 174 Satz 1 BGB mit Schreiben vom 05. November 2013 unter Hinweis auf die fehlende Vorlage einer Vollmacht der Klägerin zu 1) zurück (Anlage K 4).
- 5
Mit schriftlicher Übereinkunft vom 16./17. Dezember 2013 (Anlage B 5) und somit vor Ablauf der zum 31. Dezember 2013 endenden Zinsbindung, schlossen die Kläger mit der Beklagten eine Konditionenneuvereinbarung mit einer Laufzeit von einem Jahr, also bis zum 31. Dezember 2014, mit einem gebundenen Sollzinssatz von 1,52 % ab. In dieser Vereinbarung heißt es unter anderem:
- 6
„Es gelten die Bestimmungen des bestehenden Darlehensvertrages mit etwaigen Änderungs-/Ergänzungsvereinbarungen, die Allgemeinen Darlehensbedingungen sowie die bereits bestehenden Sicherheiten/Sicherheitsverträge weiter. Unter Vereinbarung der Konditionen gemäß (…) sowie der weiteren vorstehenden Regelungen setzen Darlehensnehmer und die ...[A] AG das bestehende Darlehensverhältnis fort.“
- 7
Am 10. September 2014 reichten die Kläger Klage ein, mit der sie unter anderem die Feststellung des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages begehrten. Noch vor Zustellung der Klage an die Beklagte, die erst am 17. Dezember 2014 erfolgte (ZU, Bl. 11a GA), nämlich am 25. September 2014, unterbreitete die Beklagte den Klägern ein Angebot auf Abschluss einer weiteren, in weiten Teilen inhaltsgleichen Konditionenneuvereinbarung. Dieses Angebot nahmen die Kläger mit Unterschrift vom 03. November 2014 (Anlage B 6) an. Diese zweite Konditionenneuvereinbarung enthielt in Abweichung von der ersten Konditionenneuvereinbarung eine Zinsbindungsfrist bis zum 31. Dezember 2018 bei einem Zinssatz von 1,55%.
- 8
Mit Schreiben vom 10. November 2014 (Bl. 88 GA) erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer auf Abschluss dieser Vereinbarung gerichteten Willenserklärungen.
- 9
Mit Schriftsatz vom 10. April 2015 (Bl. 36 GA) sprach der Prozessbevollmächtigte der Kläger erneut den Widerruf der auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen aus.
- 10
Mit ihrer Klage haben die Kläger geltend gemacht, der Darlehensvertrag sei wirksam widerrufen worden, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden sei. Die Widerrufsbelehrung kläre durch Verwendung der Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, über den Beginn der Widerrufsfrist nicht ordnungsgemäß auf. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei ebenfalls fehlerhaft, da ein Hinweis auf den Fristbeginn für die Rückgewährpflichten fehle. Auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie in mehrfacher Hinsicht von der Musterbelehrung abgewichen sei.
- 11
Die Kläger haben erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1.
- 12
a) Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 über einen Betrag von 71.259,14 EUR hinaus keine weiteren Zahlungen schuldet.
- 13
b) Hilfsweise:
- 14
aa) Es wird festgestellt, dass die Kläger den Darlehensvertrag vom 29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 mit Schreiben vom 23.10.2013 wirksam widerrufen haben.
- 15
bb) hierzu (1 b aa) wiederum hilfsweise für den Fall, dass das Gericht im Schreiben vom 23.10.2013 keinen wirksamen Widerruf erblicken sollte, wird beantragt:
- 16
Es wird festgestellt, dass die Kläger den Darlehensvertrag vom 29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 mit Schreiben vom 24.04.2015 wirksam widerrufen haben.
2.
- 17
Die Beklagte wird verurteilt,
- 18
a) die Löschung der Grundschuld über 115.000,00 € zu Gunsten der Beklagten auf dem Grundstück ...[X] Weg 7b, ...[Y], Grundbuch von ...[Y], Band 41, Bl. 1563 in Abteilung III zur laufenden Nummer 1 in grundbuchtauglicher Form zu bewilligen und
- 19
b) das Schuldversprechen der Kläger an die Beklagte über 115.000 EUR herauszugeben.
3.
- 20
Die Beklagte wird verurteilt, die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.008,01 EUR an die Kläger zu zahlen.
- 21
Die Beklagte hat beantragt,
- 22
die Klage abzuweisen.
- 23
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die gestellten Feststellungsanträge seien bereits unzulässig, da sie zu unbestimmt seien und es an einem Feststellungsinteresse fehle. Der Widerruf mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 sei unwirksam, da eine Vollmacht der Klägerin zu 1) - das ist insoweit unstreitig - nicht vorgelegen habe. Die Widerrufsbelehrung sei nicht fehlerhaft. Es sei auch keine inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung erfolgt. Im Übrigen stehe der Ausübung eines Widerrufsrechts der Einwand des Rechtsmissbrauchs, des widersprüchlichen Verhaltens und der Verwirkung entgegen. Denn die Kläger hätten den Darlehensvertrag nach Widerrufserklärung durch die - unstreitig abgeschlossenen - Konditionenneuvereinbarungen vom 16./17. Dezember 2013 (Anlage B 5) und nochmals vom 25. September/03. November 2014 (Anlage B 6) zu neu ausgehandelten Bedingungen fortgesetzt und damit nach erklärtem Widerruf zweimal bestätigt.
- 24
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. August 2015 (Bl. 114 ff. GA), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Feststellungsanträge seien jeweils zulässig, die Klage jedoch unbegründet. Durch die beiden Widerrufsschreiben sei der Vertrag nicht wirksam in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden, weil die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs verstrichen gewesen sei. Zwar sei die verwendete Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns („frühestens“) nicht ordnungsgemäß. Die Beklagte könne sich aber auf die Schutzwirkungen des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen. Von der Musterbelehrung sei die Beklagte zwar an mehreren Stellen abgewichen, sie habe aber keine inhaltliche Bearbeitung vorgenommen. Die zusätzliche Aufnahme des Belehrungstextes für den finanzierten Erwerb eines Grundstücks sei unschädlich. Die Belehrung sei nicht erforderlich gewesen, da kein verbundenes Geschäft vorliege. Der Zusatz „mehrere Darlehensnehmer“ am Ende der Belehrung sei korrekt. Es sei daher unschädlich, dass dieser Zusatz nicht in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV enthalten sei.
- 25
Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 24. August 2015 zugestellte Urteil, wenden sich die Kläger mit ihrer am 24. September 2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufung, mit der sie die Abänderung des angefochtenen Urteils begehren. Die Kläger rügen die Verletzung materiellen Rechts. Zur näheren Darstellung wird auf die Berufungsbegründung vom 26. Oktober 2015 (Bl. 158 ff. GA) und die Schriftsätze vom 25. Januar 2016 (Bl. 195 ff. GA), vom 01. Juli 2016 (Bl. 241 GA) sowie vom 02. September 2016 (Bl. 298 ff. GA) verwiesen.
- 26
Die Kläger beantragen zuletzt:
1.
- 27
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mainz vom 18.08.2015 zum Aktenzeichen 6 O 48/15 wird
- 28
a) festgestellt, dass die Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 über einen Betrag von 71.259,14 EUR hinaus keine weiteren Zahlungen schulden,
- 29
b) hilfsweise:
- 30
aa) festgestellt, dass die Kläger den Darlehensvertrag vom 29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 mit Schreiben vom 23.10.2013 wirksam widerrufen haben,
- 31
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht diesen Antrag als unzulässig ansehen sollte,
- 32
aa) festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 29.12.2003/20.01.2004 geschlossene Darlehensvertrag zur Darlehensnummer ...-001/002 durch Widerruf vom 23.10.2013 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
- 33
bb) und hierzu (aa) wiederum hilfsweise für den Fall, dass das Gericht im Schreiben vom 23.10.2013 keinen wirksamen Widerruf erblicken sollte,
- 34
festgestellt, dass die Kläger den Darlehensvertrag vom 29.12.2003/20.01.2004 zur Darlehensnummer ...-001/002 mit Schreiben vom 24.04.2015 wirksam widerrufen haben,
- 35
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht diesen Antrag als unzulässig ansehen sollte,
- 36
bb) festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 29.12.2003/20.01.2004 geschlossene Darlehensvertrag zur Darlehensnummer ...-001/002 durch Widerruf vom 24.04.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
- 37
b) die Beklagte verurteilt,
- 38
aa) die Löschung der Grundschuld über 115.000,00 € zu Gunsten der Beklagten auf dem Grundstück ...[X] Weg 7b, ...[Y], Grundbuch von ...[Y], Band 41, Bl. 1563 in Abteilung III zur laufenden Nummer 1 in grundbuchtauglicher Form zu bewilligen und
- 39
bb) das Schuldversprechen der Kläger an die Beklagte über 115.000 EUR herauszugeben.
- 40
c) die Beklagte verurteilt,
- 41
die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.008,01 EUR an die Kläger zu zahlen.
- 42
Die Beklagte beantragt,
- 43
die Berufung zurückzuweisen.
- 44
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 10. Dezember 2015 (Bl. 177 ff. GA) Bezug genommen.
II.
- 45
Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet.
A.
- 46
Die Klage ist zulässig.
- 47
Zu Recht ist bereits das Landgericht von der Zulässigkeit der Feststellungsanträge ausgegangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt der Vorrang der Leistungsklage nicht ausnahmslos. Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann. Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (BGH, Urteil vom 19. April 2016 - VI ZR 506/14 -, Rn. 6, juris). Daher ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Feststellungsklage zulässig ist, wenn von der Bereitschaft des Beklagten zur Leistung schon nach einem rechtskräftigen Feststellungsurteil auszugehen ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 87/04 -, Rn. 6, juris, m. w. N.). Dies ist bei einer Bank, die der Aufsicht des Bundesamtes für das Kreditwesen unterliegt, ohne weiteres anzunehmen (BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 -, BGHZ 130, 59-70, Rn. 17). Entsprechende Feststellungsklagen werden auch in jüngeren Entscheidungen unproblematisch als zulässig angesehen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15 -, Rn. 7; Beschluss vom 19. Januar 2016 - XI ZR 200/15 - Urteil vom 05. Mai 2015 - XI ZXI ZR 406/13 -, Rn. 16, juris).
- 48
Dass die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, entgegen der vorstehend genannten Vermutung nicht freiwillig leisten zu wollen, vermag an der Zulässigkeit des von den Klägern gestellten Feststellungsantrags nichts zu ändern. Die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Prozessvoraussetzungen, also auch die Ordnungsgemäßheit der Klageerhebung, ist an objektiven Kriterien auszurichten. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn der im Rahmen einer Feststellungsklage in Anspruch Genommene - hier die Beklagte - es in der Hand hätte, die richtige Klageart - unter Umständen sogar nachträglich - durch entsprechende „taktische“ Erklärungen im Prozess zu bestimmen (OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2016, 8 U 899/15).
B.
- 49
Die Klage ist unbegründet.
- 50
Zwischen den Parteien besteht kein durch wirksamen Widerruf der Kläger entstandenes Rückabwicklungsschuldverhältnis im Sinne der §§ 495 Abs. 1, 355, 357 Abs. 1, 346 ff. BGB.
- 51
Die Kläger haben daher weder einen Anspruch auf Feststellung, noch einen Anspruch auf Löschungsbewilligung oder Herausgabe des schriftlichen Schuldversprechens.
1.
- 52
Die Kläger haben ihre auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Oktober 2013, der Beklagten zugegangen am 28. Oktober 2013, zunächst nicht wirksam widerrufen.
- 53
Der im Schreiben vom 23. Oktober 2013 erklärte Widerruf war unwirksam, nachdem diesem Schreiben unstreitig lediglich eine von dem Kläger zu 2) unterzeichnete Vollmacht beigefügt war und die Beklagte den Widerruf unter Hinweis auf § 174 Satz 1 BGB und die ungeklärten Vertretungsverhältnisse in Bezug auf die Klägerin zu 1) unverzüglich im Sinne der genannten Vorschrift zurückgewiesen hat (vgl. dazu OLG Koblenz, 8 U 899/15, Urteil vom 29. Juli 2016).
- 54
Gemäß § 351 Satz 1 BGB kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden, wenn bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere Beteiligte sind. Durch die Verweisung in § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F., wonach auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechend Anwendung finden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, ist auch die für das gesetzliche Rücktrittsrecht geltende Regelung des § 351 BGB in Bezug genommen worden (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 17 U 145/14 -; OLG Koblenz, Urteil vom 19. August 2016, - 8 U 1299/15 -; a. A. MüKo/BGB/Masuch, 5. Auflage 2007, § 355 Rn. 24 und MüKo/BGB/Ulmer, 4. Auflage 2003, § 357 Rn. 9). Die erforderliche wirksame Widerrufserklärung der Klägerin zu 1) als Mitdarlehensnehmerin ist mithin nicht abgegeben worden.
- 55
Soweit der Kläger zu 2) vorträgt, der Widerruf sei selbstverständlich im Einverständnis mit der Ehefrau erfolgt, läge darin lediglich eine von der Ehefrau gegenüber dem Kläger abgegebene Erklärung. Eine solche reicht jedoch nicht aus, da die Widerrufserklärung von der Klägerin zu 1) gemäß § 351 Satz 1 BGB gegenüber der Beklagten abzugeben gewesen wäre.
- 56
Auch die Voraussetzungen des § 1357 Abs. 1 BGB liegen in Anbetracht der Höhe der Darlehensvaluta nicht vor (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Auflage 2016, § 1357 Rn. 11 und Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 492 Rn. 1).
- 57
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung, in der es am Ende heißt:
- 58
„Bei mehreren Darlehensnehmer [Grammatikfehler aus der Vorlage übernommen] kann jeder Widerrufsberechtigte seine Willenserklärung gesondert widerrufen“.
- 59
Denn hierbei handelt es sich um eine Belehrung über eine nach der Auffassung der Beklagten gegebene Möglichkeit der Ausübung des Widerrufsrechts, aber nicht um eine vom Willen der Parteien getragene vertragliche Vereinbarung der Parteien, dass in Abweichung von § 351 BGB, der grundsätzlich abdingbar ist, der einzelne Darlehensnehmer isoliert und/oder mit Wirkung für beide widerrufen können soll.
- 60
Insgesamt sind damit die auf den Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen der Darlehensnehmer nicht mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 wirksam widerrufen worden.
2.
- 61
Ein formell wirksamer Widerruf der auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen ist mit Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 10. April 2015 (Bl. 36 GA), das der Beklagten am 29. April 2015 zugegangen ist (EB auf Bl. 46 GA), erfolgt.
- 62
a) Das Widerrufsrecht hat seine rechtliche Grundlage in §§ 491, 495 Abs. 1, 355 BGB in der vom 01. August 2002 bis 07. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 229, § 9 und § 22 Abs. 2 EGBGB).
- 63
b) Der Widerruf ist auch fristgerecht erfolgt. Die Widerrufsfrist beträgt gem. § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. zwei Wochen. Sie beginnt gem. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht mitgeteilt worden ist, die auch einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. Vorliegend steht der Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ein vorheriger Ablauf der Widerrufsfrist nicht entgegen, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt worden ist.
- 64
Die Widerrufsbelehrung genügte nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach die Belehrung umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein muss (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 -, Rn. 32, juris; Urteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07 -, WM 2011, 23, Rn. 26; Beschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10 -, WM 2011, 655, Rn. 10).
- 65
Unzureichend war die den Klägern erteilte Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eindeutig zu informieren ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 -). Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist (BGH, Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 168/14 -, juris; Beschluss vom 10. Februar 2015 - II ZR 163/14, juris, Rn. 14; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - III ZR 557/13 Rn. 19 m.w.N., juris; Urteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 252/11, juris Rn. 13, m.w.N.).
- 66
c) Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV ist der Beklagten - entgegen der Auffassung des Landgerichts - verwehrt.
- 67
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 168/14 -, Rn. 18, juris) kann sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV nur berufen, wenn die Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu dieser Bestimmung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 -, Rn. 37, juris; BGH, Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13 -, NJW 2014, 2022 Rn. 15, jeweils m.w.N.). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Unternehmer auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. geregelte Fiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 18. März 2014, a.a.O., Rn. 15; Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11 -, juris). Unterzieht der Verwender den Text der Musterbelehrung dagegen einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so bleibt die mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht erhalten (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 -; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11 -, juris). Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10 -, Rn. 39, juris; BGH, Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11 -, Rn. 17, juris). Unerheblich ist deshalb auch, ob die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen (BGH, Urteil vom 18. März 2014 - II ZR 109/13 -, Rn. 16, juris; Urteil vom 12. November 2015 - I ZR 168/14 -, Rn. 18, juris).
- 68
Es kommt nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, darauf an, ob der Verwender den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Belehrung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Dies ist hier in mehrfacher Hinsicht der Fall.
- 69
aa) Insbesondere im Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ hat die Beklagte erhebliche Veränderungen gegenüber der Musterbelehrung vorgenommen, wobei mit Blick auf die für die Gesetzlichkeitsfiktion abstrakt zu beurteilende Frage einer inhaltlichen Bearbeitung (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, Rn. 25, juris) dahinstehen kann, ob diese Belehrung im vorliegenden Fall überhaupt einschlägig war. Nach der Musterbelehrung war nach der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ in Satz 2 bei der Erklärung der „wirtschaftlichen Einheit“ zwischen Darlehensverträgen zur Finanzierung von Grundstücken und sonstigen Sachen zu differenzieren. Im Fall der Finanzierung von Grundstücken sollte Satz 2 der Belehrung
- 70
„Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.“
- 71
ersetzt werden durch den Satz
- 72
„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“
- 73
Hiervon abweichend hat die Beklagte die thematisch zutreffende Belehrung als Satz 3 hinter den zu ersetzenden Satz 2 eingefügt und darüber hinaus Satz 3 umformuliert.
- 74
bb) Weiterhin hat die Beklagte der Widerrufsbelehrung einen Satz über die Widerrufsmöglichkeit bei mehreren Darlehensnehmern angefügt, der in dem gesetzlichen Muster nicht enthalten ist.
3.
- 75
Der Widerruf entfaltet aber unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten keine materielle Wirkung.
- 76
a) Zunächst haben die Kläger durch den Abschluss der Konditionenneuvereinbarung im Dezember 2013 eine ausdrückliche Vereinbarung mit der Beklagten dahingehend getroffen, dass das ursprüngliche Darlehen fortgesetzt werden soll. Diese Vereinbarung im Sinne der §§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB schlossen die Kläger in Kenntnis ihres vermeintlichen Widerrufsrechts mit der Beklagten ab. Denn im Dezember 2013 hatten die anwaltlich beratenen Kläger bereits erstmals den Widerruf erklärt.
- 77
Aus der Formulierung
- 78
„Es gelten die Bestimmungen des bestehenden Darlehensvertrages mit etwaigen Änderungs-/Ergänzungsvereinbarungen, die Allgemeinen Darlehensbedingungen sowie die bereits bestehenden Sicherheiten/Sicherheitsverträge weiter. Unter Vereinbarung der Konditionen gemäß (…) sowie der weiteren vorstehenden Regelungen setzen Darlehensnehmer und die ...[A] AG das bestehende Darlehensverhältnis fort.“
- 79
folgt unmittelbar, dass die Kläger den Vertrag als wirksam behandeln und erfüllen und am Bestehen des Vertrags - auch für die Vergangenheit - unter Abstandnahme von dem bereits erklärten Widerruf im Sinne einer Fortsetzung des Darlehens festhalten wollten.
- 80
aa) Der Annahme einer freiwilligen und bewussten Vertragsfortsetzung steht nicht entgegen, dass die Kläger mit der Beklagten in dem ursprünglichen Darlehensvertrag eine Konditionen-neuvereinbarung bzw. Zinsanpassung zum Ende der Festzinsperiode vereinbart hatten. Denn es bestand für die Kläger keine Verpflichtung zum Abschluss einer solchen Vereinbarung. Die vertragliche Vereinbarung in dem ursprünglichen Darlehensvertrag sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass eine neue Vereinbarung nicht zustande kommt. Die Kläger haben darüber hinaus durch die Ausübung des Widerrufs und des sich Berühmens eines Widerrufsrechts zum Ausdruck gebracht, dass sie sich an die Konditionenneuvereinbarungsabrede in dem ursprünglichen Darlehensvertrag nicht gebunden fühlten.
- 81
bb) Der Umstand, dass die erste Widerrufserklärung mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 unwirksam war, steht der bewussten vertraglichen Abbedingung der Widerrufsfolgen durch die Konditionenneuvereinbarung vom Dezember 2013 nicht entgegen. Hier ist allein darauf abzustellen, dass die Kläger bei Abschluss der Prolongationsvereinbarung im Dezember 2013 subjektiv davon ausgingen, zum Widerruf berechtigt zu sein.
- 82
cc) Es ist auch nicht erkennbar, dass die Kläger die beiden Konditionenneuvereinbarungen mit der Beklagten aus einer alternativlosen Zwangslage heraus hätten abschließen müssen. Die Kläger tragen selbst vor, dass sie wegen der Veräußerung des mit dem Darlehen finanzierten Objektes entweder eine Darlehensverlängerung bei der Beklagten oder die Finanzierung bei einer neuen Bank realisieren konnten und dass sie sich „für die Fortsetzung des Darlehens entschieden“ haben (Schriftsatz des Klägervertreters vom 26. Juni 2015, Seite 10, Bl. 79 GA). Dem Vortrag der Kläger lässt sich nicht entnehmen, inwieweit eine Fortsetzung des Darlehens von der Beklagten erzwungen oder erschlichen worden sein soll. Im Übrigen hätten die anwaltlich beratenen Kläger nach Ablauf von 10 Jahren auch ein gesetzliches Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB ausüben können.
- 83
dd) Die Vereinbarung aus dem Jahr 2013 haben die Kläger nochmals durch den Abschluss einer insoweit inhaltsgleichen Vereinbarung im Herbst 2014 bestätigt. Auch darin heißt es ausdrücklich, dass Darlehensnehmer und die ...[A] AG das bestehende Darlehensverhältnis fortsetzen.
- 84
Diese Prolongationsvereinbarung aus dem Jahr 2014 ist entgegen der klägerischen Ansicht auch wirksam zustande gekommen. Selbst wenn die Beklagte den Klägern eine Frist für die Annahme des Verlängerungsangebots bis zum 09. Oktober 2014 gesetzt hätte und die Kläger diesen Antrag der Beklagten verspätet angenommen hätten, so stellte diese Annahme der Kläger gem. § 150 Abs. 1 BGB einen neuen Antrag dar, den die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 04. November 2014 (Bl. 86 GA), zumindest aber auch konkludent durch die Fortsetzung des Darlehens zu den vereinbarten Konditionen, angenommen hat.
- 85
Die Kläger konnten ihre auf Abschluss der Verlängerungsvereinbarung gerichteten Willenserklärungen auch nicht mit Schreiben vom 10. November 2014 (Bl. 88 GA) widerrufen. Denn insofern besteht kein gesondertes Widerrufsrecht. Mit der Konditionenanpassung wurden lediglich die vertraglichen Bedingungen modifiziert und so der ursprüngliche Vertrag vollzogen. Hier besteht eine andere Interessenlage als bei einem Fall der Darlehensgewährung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist daher kein Widerrufsrecht gegeben (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013, Az. XI ZR 6/12, NJOZ 2014, 493).
- 86
Es hätte den anwaltlich vertretenen Klägern auch freigestanden, die beiden Verlängerungen nur unter einem entsprechenden Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung des Widerrufs zu vereinbaren. Von dieser Möglichkeit haben sie keinen Gebrauch gemacht.
- 87
b) Aus den dargelegten konkreten Umständen des Falles folgt zugleich, dass die Kläger sich vorliegend auch für den Fall, dass eine rechtsgeschäftliche Abbedingung oder der vertragliche Ausschluss der Widerrufsfolgen zu verneinen wäre, jedenfalls nach § 242 BGB nicht auf einen Widerruf oder die durch einen Widerruf ausgelösten Rechtsfolgen berufen können.
- 88
Möglichen Ansprüchen der Kläger infolge einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages aus dem Jahr 2003 steht der von der Beklagten geltend gemachte Einwand der Verwirkung nach § 242 BGB entgegen.
- 89
aa) Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er hierzu in der Lage war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Die Annahme einer Verwirkung setzt somit neben dem Zeitablauf (Zeitmoment) das Vorliegen besonderer, ein solches Vertrauen des Verpflichteten begründender Umstände (Umstandsmoment) voraus. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 9.10.2013 - XII ZR 59/12 -, juris).
- 90
Zeitmoment und Umstandsmoment stehen insofern in Wechselwirkung zueinander, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist. Die zeitlichen und sonstigen Umstände des Falles müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen musste.
- 91
Bei dem Rechtsgedanken der Verwirkung kommt es in erster Linie auf das Verhalten des Berechtigten an. Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Maßgebend ist insoweit, ob bei objektiver Beurteilung der Verpflichtete dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, ob er sich also darauf einrichten durfte, dass er mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauche (BGH, a.a.O., Rn. 10).
- 92
bb) Solche Umstände sind vorliegend gegeben. Das erforderliche Zeitmoment ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass die Kläger aus ihrer Sicht bereits im Oktober 2013 den Widerruf erklärt hatten und dass die Kläger dann nach Zurückweisung des Widerrufs durch die Beklagte mit Schreiben vom 05. November 2013 nicht nur bis zur Erhebung der Klage im September 2014 (Zustellung im Dezember 2014) nichts Weiteres zur Durchsetzung ihres vermeintlichen Widerrufsrechts unternommen haben, sondern darüber hinaus durch den Abschluss von zwei Prolongationsvereinbarungen vor Klagezustellung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr trotz ausgeübten Widerrufsrechts der Beklagten dazu Veranlassung gegeben haben, auf den Fortbestand des Darlehensvertrages zu vertrauen.
- 93
Zu diesem Zeitablauf von mehr als einem Jahr nach erklärtem Widerruf treten gewichtige Umstandsmomente, die das Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand der vertraglichen Beziehung ganz besonders schutzwürdig erscheinen lassen. Zum einen ist das der Umstand, dass die bereits anwaltlich vertretenen Kläger nach Zurückweisung des Widerspruchs durch die Beklagte ihre Widerrufsinteressen zunächst nicht weiter verfolgt haben. Insbesondere haben sie durch ihren Prozessbevollmächtigten, was bei einem Fortbestehen des Rückabwicklungswillens nahe gelegen hätte, nicht nochmals unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht beider Kläger erneut vorgerichtlich den Widerruf erklärt.
- 94
Weiterhin haben die Kläger im Zusammenhang damit ihre Darlehensverbindlichkeiten vertragsgemäß monatlich weiter erfüllt und damit ein Vertrauen bei der Beklagten in die Fortsetzung des Vertrages gefördert.
- 95
Hinzu kommt, dass die Kläger im Jahr 2013 und dann nochmals im Jahr 2014 den Darlehensvertrag vorbehaltlos schriftlich verlängert haben. Zugleich haben sie in der zweiten Prolongationsvereinbarung eine Zinsfestschreibung bis zum Jahr 2018 gewählt. Damit haben sie einen ganz besonderen Beitrag zur Manifestation des Vertrauens der Beklagten in den Fortbestand des Vertrages begründet. Denn während die erste Verlängerung nur für ein Jahr vereinbart wurde, haben die Kläger sich 2014 für eine noch längere vertragliche Bindung an die Beklagte entschieden.
- 96
Nach alledem wären Ansprüche der Kläger auf Rückabwicklung und damit auch auf Freigabe der Sicherheiten in Form der Grundschuld und des Schuldversprechens verwirkt.
C.
- 97
Einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten können die Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen.
- 98
Dabei kann offen bleiben, ob die vertragliche Abbedingung der Widerrufsfolgen oder der Einwand der Verwirkung auch die zur Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten umfasst.
- 99
Ein Anspruch aus Verzugsgesichtspunkten (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB) scheidet aus, weil die Beklagte sich zum Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts und damit des Anfalls der Geschäftsgebühr nicht in Verzug befand.
- 100
Auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung der Pflicht zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06 -, Rn. 18, juris m.N.) kann ein Ersatzanspruch vorliegend nicht festgestellt werden. Dieser würde unter anderem voraussetzen, dass das Unterlassen der Widerrufsbelehrung auf einem Verschulden der beklagten Bank, insbesondere einem etwa verschuldeten Rechtsirrtum, beruht (BGH, a.a.O., Rn. 18, juris). Hierzu ist seitens der Kläger nichts vorgetragen. Für einen Rechtsirrtum hat der Schuldner nur dann einzustehen, wenn er die Rechtswidrigkeit seines Handelns erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Dies kann auf Seiten der Beklagten im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Belehrung der Klägerin über ihr Widerrufsrecht nicht ohne weiteres unterstellt werden. Die Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung waren im Jahre 2003/2004 nicht geklärt. Entsprechende Urteile des Bundesgerichtshofs stammen erst aus späterer Zeit (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08 - BGHZ 180, 123-134, juris). Ein Verschulden kann mithin nicht festgestellt werden.
D.
- 101
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97, 100 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
E.
- 102
Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Verfahren bis zum 29. Juni 2015 auf 58.283,56 € und im Hinblick auf die Klageerweiterung ab dem 30. Juni 2015 und für das Berufungsverfahren in Höhe von 196.283,56 € festzusetzen, davon 58.283,56 € für den Klageantrag zu 1) und die darunter gefassten Hilfsanträge, denen im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GKG keine eigenständige Bedeutung zukommt. Das entspricht den nach dem Klägervortrag geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen (vgl. Seite 12 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 10. April 2015, Bl. 41 GA, Rückseite).
- 103
Der Wert des Klageantrages zu 2 a) beträgt 115.000,00 €. Der Wert eines Antrags auf Erteilung einer Bewilligung zur Löschung einer Grundschuld, die den Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehensvertrag besichert, ist bei Widerruf des Darlehens gem. § 6 Satz 1 Alt. 3 ZPO mit dem Nennwert der Grundschuld zu bemessen. Das gilt unabhängig von der Höhe der Valutierung, weil sich die dingliche Belastung in voller Höhe des Nennbetrages auswirkt (BGH, Beschluss vom 04. März 2016, - XI ZR 39/15 - und Beschluss vom 24. Oktober 2007, - IV ZR 99/07-, juris).
- 104
Der Wert des Klageantrages zu 2 b) war vorliegend mit 23.000,00 € in Ansatz zu bringen. Insoweit bemisst der Senat den Wert des Schuldversprechens, das kein Wertpapier im Sinne des § 6 ZPO darstellt, im vorliegenden Fall gem. § 3 ZPO mit 20% der versprochenen Schuldsumme von 115.000,00 €. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Darlehensrückzahlungsforderung der Beklagten nicht bereits mit der bestehenden Grundschuld hinreichend abgesichert gewesen wäre, sodass dem Schuldversprechen nur eine geringe wirtschaftliche Bedeutung neben der Grundschuld zukommt. Das Schuldversprechen diente ausweislich der entsprechenden Sicherungsabrede der Parteien in der Urkunde zum Schuldversprechen zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus der geschäftlichen Beziehung mit den Klägern, sodass der Urkunde wegen dieser Zweckbindung auch keine eigenständige Verkehrsbedeutung zukommt.
F.
- 105
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
- 106
Die von den Klägern angeführten Fundstellen aus der Rechtsprechung und der Literatur (vgl. Bl. 80 GA) gebieten eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht. Denn diese Fundstellen stellen auf eine Fallgestaltung ab, in der das Widerrufsrecht erst nach Vereinbarung der Prolongation ausgeübt wurde. Sie betreffen demnach ein mögliches Vertrauen des Darlehensgebers in die Nichtausübung eines bestehenden Widerrufsrechts aufgrund einer Vertragsverlängerung, während vorliegend ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde in die Abkehr und Nichtaufrechterhaltung eines bereits ausgeübten Widerrufsrechts. Entscheidungserheblich war hierbei das Abstellen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.
(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.
(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.
(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.
(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.
Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
(1) Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
(2) Ein Ehegatte kann die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Familiengericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.
(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.
Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für Verbraucherdarlehensverträge, soweit nichts anderes bestimmt ist. Verbraucherdarlehensverträge sind Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge.
(2) Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge,
- 1.
bei denen der Nettodarlehensbetrag (Artikel 247 § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) weniger als 200 Euro beträgt, - 2.
bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt, - 3.
bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen binnen drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind, - 4.
die von Arbeitgebern mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen effektiven Jahreszins (§ 6 der Preisangabenverordnung) abgeschlossen werden und anderen Personen nicht angeboten werden, - 5.
die nur mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden, wenn im Vertrag für den Darlehensnehmer günstigere als marktübliche Bedingungen und höchstens der marktübliche Sollzinssatz vereinbart sind, - 6.
bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge oder Immobilienverzehrkreditverträge gemäß Absatz 3 handelt.
(3) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die
- 1.
durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind oder - 2.
für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind.
- 1.
pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und - 2.
erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.
(4) § 358 Abs. 2 und 4 sowie die §§ 491a bis 495 und 505a bis 505e sind nicht auf Darlehensverträge anzuwenden, die in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes gerichtliches Protokoll aufgenommen oder durch einen gerichtlichen Beschluss über das Zustandekommen und den Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt sind, wenn in das Protokoll oder den Beschluss der Sollzinssatz, die bei Abschluss des Vertrags in Rechnung gestellten Kosten des Darlehens sowie die Voraussetzungen aufgenommen worden sind, unter denen der Sollzinssatz oder die Kosten angepasst werden können.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.