Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 20. Jan. 2014 - 3 W 695/13

ECLI: ECLI:DE:OLGKOBL:2014:0120.3W695.13.0A
published on 20/01/2014 00:00
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 20. Jan. 2014 - 3 W 695/13
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Ernst J. St. wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz - Einzelrichterin - vom 05. November 2013 in Gestalt des teilweisen Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeschlusses vom 16. Dezember 2013 dahingehend abgeändert, dass der Ordnungsgeldbeschluss aufgehoben.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde durch Beschluss vom 12.04.2013 (GA 817) zum Sachverständigen bestellt.Das Gutachten sollte binnen 3 Monaten erstattet werden (GA 319). Nach Ablauf der gesetzten Bearbeitungsfrist wurde das Gutachten nicht vorgelegt. Die nachfolgenden Sachstandsanfragen vom 26.08 (GA 846 RS) und vom 10.09.2013 (GA 862 RS) blieben unbeantwortet. Daraufhin wurde dem Sachverständigen mit Beschluss vom 24.09.2013 (GA 867) eine Nachfrist bis zum 15.10.2013 gesetzt und ihm ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 1.000,00 € für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs angedroht. Mit Schreiben vom 02.10.2013 (GA 870) beantragte der Sachverständige wegen Krankheit und Urlaub, die Nachfrist bis zum 24.10.2013 zu verlängern. Mit Beschluss vom 04.10.2013 (GA 871) wurde die Frist dementsprechend verlängert. Das Gutachten ging innerhalb der verlängerten Frist nicht ein. Unter dem 05.11.2013 (GA 876)wurde gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld von 500,00 € festgesetzt und zugleich eine weitere Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 29.11.2013 gesetzt unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 1.000,00 € für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs. Am 06.11.2013 (GA 880) ging das Gutachten bei Gericht ein. Mit Schreiben vom 12.11.2013 (GA 896) bat der Sachverständige um Aufhebung des Ordnungsgeldes gebeten, da er aus gesundheitlichen Gründen die gesetzte Frist versäumt habe. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 06.12.2013 (GA 898) dieses Schreiben als sofortige Beschwerde ausgelegt und seinen Beschluss vom 05.11.2013 dahingehend abgeändert, dass das gegen ihn verhängte Ordnungsgeld auf 300,00 € herabgesetzt wird. Im Übrigen hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

2

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.11.2013 (GA 892) keine Bedenken gegen die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses erhoben. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.11.2013 (GA 895) die Auffassung vertreten, dass für die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses keine Grundlage bestehe, weil die mit der Ordnungsgeldandrohung verbundene bereits verlängerte Frist zum 24.10.2013 nicht eingehalten worden sei.

II.

3

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 411 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 409 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

4

1) Das Landgericht hat zunächst zutreffend das Schreiben des Sachverständigen vom 12.11.2013 als sofortige Beschwerde ausgelegt. Es hat der sofortigen Beschwerde nur teilweise abgeholfen, weil der Beschwerdeführer die ihm wirksam gesetzte Nachfrist bis zum 24.10.2013 versäumt habe, so dass die Ordnungsgeldfestsetzung nicht zu beanstanden sei.

5

Der Ordnungsgeldbeschluss sei auch nicht deshalb aufzuheben, weil der Sachverständige die ihm gesetzten Fristen nachträglich genügend entschuldigt habe. Der Beschwerdeführer habe die Fristversäumung im Schreiben vom 12.11.2013 mit gesundheitlichen Gründen begründet. Der Hinweis sei zu allgemein gehalten, um die verspätete Erstattung des Gutachtens zu entschuldigen (§§ 402, 381 ZPO). Der Gutachter habe die ursprüngliche Frist bereits um 2 Monate überschritten als ihm eine Nachfrist von nochmals 4 Wochen gesetzt worden sei, die wiederum um 1 1/2 Wochen verlängert worden sei. Bereits in seinem Verlängerungsantrag sei von krankheitsbedingten Rückständen sowie Urlaub die Rede gewesen. Die Formulierung des Schreibens ließe darauf schließen, dass die Erkrankung vorüber gewesen sei und der Sachverständige dabei sei, die gelaufenen Rückstände abzuarbeiten. Über das Ausmaß der Rückstände habe der Beschwerdeführer nichts mitgeteilt. Aus dem Schreiben vom 12.11.2013 ergebe sich auch nicht, dass der Sachverständige erneut erkrankt wäre. Die ihm gesetzte Nachfrist sei daher ausreichend bemessen. Allerdings sei das Ordnungsgeld herabzusetzen. Bei der Höhe der Bemessung des Ordnungsgeldes habe das Gericht alle Umstände, die für und gegen den Beschwerdeführer sprechen, gegeneinander abzuwägen. Danach erscheine die Verhängung eines ersten Ordnungsgeldes von 300,00 € ausreichend. Zwar sei zu Lasten des Beschwerdeführers zu werten, dass er sich vor der Verhängung des Ordnungsgeldes nicht um eine ausreichende Zusammenarbeit mit dem Gericht bemüht habe. So seien mehrere Sachsstandsanfragen unbeantwortet geblieben. Allerdings habe er sich nach der Festsetzung des Ordnungsgeldes um eine Erklärung bemüht und es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund seiner Erkrankung so viele Rückstände aufgelaufen seien, dass er gehindert gewesen sei, das Gutachten rechtzeitig zu erstatten. Auch wenn dies wegen der fehlenden Präzisierung und wegen des Umstands, dass er einen weiteren Verlängerungsantrag hätte stellen können, als Aufhebungsgrund nicht ausreichend sei, rechtfertige es doch eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes auf 300,00 €.

6

2) Die vom Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss dargelegten Erwägungen rechtfertigen nicht die Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldbeschlusses in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 16.12.2013 (GA 898).

7

Gemäß § 411 Abs. 2 ZPO kann das Gericht gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld festsetzen, wenn der Sachverständige die gemäß § 411 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist zur Vorlage des Gutachtens versäumt hat. § 411 Abs. 2 S. 3 ZPO verlangt, dass das Ordnungsgeld vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht wurde. Dies soll erst nach Rückfrage beim Sachverständigen erfolgen, verbunden mit dem Hinweis auf die Haftung für Schäden bei Verfahrensverzögerung. Für Schäden durch eine leichtfertige, Nachteile für die Prozessbeteiligten billigend in Kauf nehmende Gutachtensverzögerung haftet der Sachverständige unter Umständen neben dem das Beschleunigungsgebot verletzende Gericht (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 411 Rn. 6 und7; § 402 Rn. 10; BGH, Urteil vom 04.11.2010 - III ZR 32/10 - NJW 2011, 1072 Rn. 22). Der Sachverständigenbeweis ist häufige Ursache für eine überlange Verfahrensdauer. Der Richter ist daher gehalten, auf eine zügige Gutachtenserstellung hinzuwirken (EGMR, Urteil vom 21.10.2010 - 43155/08 - NJW 2011, 1055). Unvertretbare Nachsicht mit dem Sachverständigen kann Amtshaftungsansprüche begründen (Zöller/Greger, aaO, § 411 Rn. 6; BGH, Urt. v. 04.11.2010 - III ZR 32/10 - NJW 2011, 1072 Rn. 22).Bei zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (OLG Schleswig, Urteil vom 02.02.2012 - 11 U 144/10 - BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urteil vom 23.06.2011 - 16 U 130/10 - NJW-Spezial 2012, 250; OLG Schleswig, Urteil vom 02.02.2012 - 11 U 144/10 - BeckRS 2012, 19670; Bamberger/Roth-Reinert in BeckOK BGB, 29. Edition 01.11.2013, § 839 Rn. 98; Stein/Itzel/Schwall, Rn 634-636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urteil vom 10.07.2003 - III ZR 155/02 - NJW 2003, 3052 = BGHZ 155, 306; Urteil vom 04.11.2010 - III ZR 32/10 - MDR 2011, 32 = WM 2011, 323-328 = BauR 2011, 544 ff. = VersR 2011, 494-498 = NJW 2011, 1072-1076; OLG Schleswig, Urteil vom 02.02.2012 - 11 U 144/10 - BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urteil vom 23.06.2011 - 16 U 130/10 - NJW-Spezial 2012, 250; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, 2. Auflage 2012, Rn 634-636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urteil vom 03.07.2003 - III ZR 326/02 - BGHZ 155, 306 = NJW 2003, 3052; BGH, Urteil vom 04.11.2010, aaO).. Der Amtshaftungsanspruch bleibt von der neu geschaffenen Entschädigungsgrundlage des § 198 GVG wegen überlanger Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren unberührt. Zwischen beiden Anspruchsgrundlagen besteht Anspruchskonkurrenz (Bambergerger/Roth-Reinert in BeckOK, aaO, Rn 122a; Ossenbühl, DVBl 2012, 857, 859).

8

Entgegen der Auffassung des Landgerichts in seinem Nichtabhilfebeschluss hat der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 12.11.2013 ausreichend dargelegt, dass er unverschuldet das Gutachten zu spät an das Landgericht vorgelegt hat. Der Beschwerdeführer hat die Fristversäumung im Schreiben vom 12.11.2013 nicht nur mit gesundheitlichen Gründen begründet, sondern auch dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 05.11.2013 das Gutachten bereits vor dem 04.11.2013 fertig gestellt und geschrieben worden sei. Das Gutachten sei am 06.11.2013 bei Gericht eingegangen. Das Landgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss selbst ausgeführt, dass aufgrund der Erkrankung des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden könne, dass Rückstände aufgelaufen seien und er deshalb gehindert gewesen sei, das Gutachten innerhalb der Nachfrist vorzulegen. Dies rechtfertigt nicht nur eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes, sondern genügt als ausreichende Entschuldigung, um den Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses aufzuheben.

9

Der Umstand, dass der Gutachter die ursprüngliche Frist bereits um 2 Monate überschritten hat, als ihm eine Nachfrist von nochmals 4 Wochen gesetzt worden ist, die nochmals um 1 1/2 Wochen verlängert wurde und bereits in seinem Verlängerungsantrag von krankheitsbedingten Rückständen sowie Urlaub die Rede gewesen ist, genügt nicht allein als Grund für die Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldbeschlusses, auch wenn die Formulierung des Schreibens mit dem Landgericht durchaus darauf schließen lässt, dass die Erkrankung vorüber gewesen ist und der Sachverständige im Begriff war, die gelaufenen Rückstände abzuarbeiten. Unerheblich ist, dass der Sachverständige über das Ausmaß der Rückstände nichts mitgeteilt hat. Auch kommt es nicht darauf an, ob sich aus dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 12.11.2013 nicht ergibt, dass er erneut erkrankt wäre.

10

Der angegriffene Beschluss in Gestalt des teilweisen Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeschlusses vom 16. Dezember 2013 war aus den dargelegten Gründen aufzuheben.

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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst
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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach d

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst
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Annotations

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Wenn ein Sachverständiger nicht erscheint oder sich weigert, ein Gutachten zu erstatten, obgleich er dazu verpflichtet ist, oder wenn er Akten oder sonstige Unterlagen zurückbehält, werden ihm die dadurch verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt. Im Falle wiederholten Ungehorsams kann das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt werden.

(2) Gegen den Beschluss findet sofortige Beschwerde statt.

Für den Beweis durch Sachverständige gelten die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten sind.

(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.

(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termin angebracht werden.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.