Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 22. März 2013 - 3 U 117/13
Gericht
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Mainz vom 20. Dezember 2012 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
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Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 30. April 2013. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:
I.
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Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten die Zahlung einer Notwegerente für den Zeitraum von 2009 bis 2012 sowie die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten für die Zukunft geltend.
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Die Parteien sind Grundstücksnachbarn, die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks …[Z], der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks …[Z1] in …[Y]. Das Grundstück des Beklagten ist nur über das Grundstück der Klägerin erreichbar, und zwar über eine gepflasterte Hofeinfahrt. Im Grundbuch ist zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks …[Z] eine Baulast eingetragen.
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Das Amtsgericht Mainz hat in dem Verfahren 81 C 107/11 mit rechtskräftigen Urteil vom 15.06.2011 (dort GA 53 ff.) festgestellt, dass dem Beklagten ein Geh- und Fahrrecht zur Erreichung seines Grundstücks …[Z1] zusteht.
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Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Notwegerente in Anspruch.
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Die Klägerin hat hierzu vorgetragen,
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da aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 15.06.2011 feststehe, dass dem Beklagten ein Notwegerecht zustehe, könne sie eine Geldrente verlangen. Unerheblich sei, dass eine öffentlich-rechtliche Baulast im Grundbuch eingetragen sei. Die Höhe der Entschädigung, die sich an den Nachteilen des Verbindungsstücks orientiere, sei auf monatlich 75,00 € und jährlich 900,00 € festzusetzen. Ihr stehe ein Zahlungsanspruch ab 01.01.2009 sowie ein Feststellungsanspruch für die Zukunft zu. Der Beklagte sei auch verpflichtet, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen, da er mit der Zahlung der Notwegerente in Verzug sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 3.600,00 € und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 159,99 € zu zahlen
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sowie
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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, an sie, die Klägerin, jährlich im Voraus, erstmals zum 01.01.2013 eine jährliche Geldrente in Höhe von 900,00 € zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat vorgetragen,
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Grundlage für sein Geh- und Fahrrecht sei die Baulast. Infolgedessen sei ein Notwegerecht nicht erforderlich und dementsprechend kein Entgelt zu zahlen.
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Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme - Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) ...[A] - verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 596,78 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 74,08 € zu zahlen. Des Weiteren hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, an die Klägerin im Voraus, erstmals zum 01.01.2013 eine Notwegerente in Höhe von 341,00 € zu zahlen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
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Der Beklagte trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags nunmehr vor,
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das Landgericht habe der Klage zu Unrecht teilweise entsprochen. Es habe seinen Vortrag stillschweigend übergangen, dass er ein vertragliches Recht habe, das Hinterliegergrundstück zu erreichen und zu verlassen. Beweisangebote seien übergangen worden.
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Der Beklagte erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage,
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hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.
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Die Klägerin trägt vor,
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das Landgericht habe zu Recht der Klage in dem zugesprochenen Umfange entsprochen. Sie, die Klägerin, sei weder aus Vertrag noch aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften verpflichtet, dem Beklagten unentgeltlich die Überfahrt über ihr Grundstück zu gestatten. Eine Notwegerente stehe ihr zu, da das Amtsgericht in dem Verfahren 81 C 107/11 rechtskräftig ein Notwegerecht zugunsten des Beklagten festgestellt habe.
II.
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Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
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Das Landgericht hat zu Recht der Klägerin eine Notwegrente gemäß § 917 Abs. 2 S. 1 BGB zugesprochen. Es steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Mainz - 81 C 107/11 - fest, dass dem Beklagten ein Notwegerecht an der auf dem Grundstück der Klägerin gelegenen Einfahrt zusteht (vgl. zum Notwegerecht und Anbindung an das Hausanwesen BGH, Urteil vom 12.12.2008 - V ZR 106/07 - NJW-RR 2009, 515 ff . = MDR 2009, 374 ff. ; OLG Koblenz, Beschluss vom 26.03.2009 - 2 U 715/08 - NJOZ 2010, 153 f; Urteil vom 11.07.1991 - 5 U 1808/90 - OLGZ 1992, 347 ff. = DWW 1992, 77 f..). Mit Recht führt das Landgericht aus, dass sich aus dem Umstand, dass im Grundbuch zugunsten des Eigentümers der …[Z] eine Baulast eingetragen ist, keine abweichende Beurteilung ergibt. Denn die Baulast verfolgt in erster Linie eine öffentlich-rechtliche Zielsetzung. Sie ermöglicht der Baubehörde bei der Erteilung von Genehmigungen, Ausnahmen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu gestatten. Entgegen der Auffassung des Beklagten begründet die öffentlich-rechtliche Baulast kein privatrechtliches Nutzungsrecht des durch die Baulast Begünstigten (OLG Koblenz, Urteil vom 11.07.1991 - 5 U 1808/90 - OLGZ 1992, 347 ff. = DWW 1992, 77 f.).
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Entgegen der Auffassung des Beklagten steht diesem kein vertragliches Recht zu, die Einfahrt der Klägerin unentgeltlich zu nutzen. Aus Ziffer IV 2. S. S. 3 des damaligen notariellen Übergabevertrages, verhandelt vor Notar Dr. ...[B], Urkundenrolle Nr. …/1989 (GA 28, 30) zwischen dem Beklagten und seiner früheren Ehefrau, ...[C], lässt sich zwar entnehmen, dass der Beklagte seiner Ehefrau eine noch zu vermessende Teilfläche aus dem Grundstück …[Z1) übertragen hat und die bestehende Baulast der Übernehmerin bekannt und von ihr übernommen wird, hierdurch war die öffentliche Anbindung des Grundstücks des Beklagten an das Straßennetz wohl abgeschnitten. Diese Regelung entfaltet jedoch keine Bindungswirkung zum Nachteil der Klägerin. Der Beklagte kann aus der Baulast des Grundstücks der Klägerin keine privatrechtlichen Ansprüche gegen diese herleiten. Die Baulast stellt keinen Rechtsgrund für die unentgeltliche Inanspruchnahme einer Zufahrt zu einem Grundstück dar (BGH, Urteil vom 19.04.1985 - V ZR 152/83 - BGHZ 94, 160 ff. = NJW 1985, 1952 f. = MDR 1985, 832 = WM 1985, 893 f.).
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Steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Mainz - 81 C 107/11 vom 15.06.2011 (dort GA 53 ff.) fest, dass dem Beklagten ein Notwegerecht in Form eines Geh- und Fahrrechts zur Erreichung seines Grundstücks …[Z1] in …[Y] zusteht, ist er gemäß § 917 Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet, der Klägerin eine Notwegerente zu zahlen.
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Ungeachtet dessen wäre der Beklagte auch aufgrund der zu seinen Gunsten bestehenden Baulast verpflichtet, den Vermögensvorteil, den er durch die Möglichkeit der Zufahrt zu seinem Grundstück hat, der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 BGB (Eingriffskondiktion) zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.1985 - V ZR 153/83 - BGHZ 94, 160 ff. = NJW 1985, 1952 f. = WM 1985, 893 f. = MDR 1985, 832 f.).
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Ausgehend von dem Bestehen einer Notwegerente stehen der Klägerin die vom Landgericht zugesprochenen Beträge zu. Der Feststellungsanspruch gemäß § 256 ZPO ist ebenfalls berechtigt. Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruchs werden von der Berufung keine gesonderten Angriffe geführt.
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Die Berufung des Beklagten hat aus den dargelegten Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
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die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.