Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Sept. 2014 - 13 WF 810/14

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2014:0916.13WF810.14.0A
bei uns veröffentlicht am16.09.2014

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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellervertreters wird der Beschluss des Amtsgerichts Familiengerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 26.08.2014 abgeändert.

Auf die Erinnerung des Antragstellervertreters wird die Kostenfestsetzung des Amtsgerichts Familiengerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler abgeändert. Die dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten werden auf 1.618, 40 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Zwischen den beteiligten Eheleuten war vor dem Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Trennungsunterhaltsverfahren anhängig, das im Termin am 06.06.2014 durch gerichtlichen Vergleich beendet wurde. Im Vergleich verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von laufend 500,00 € bis zur Rechtskraft der Scheidung und 4 Monate darüber hinaus. Für die Zeit ab 5 Monat nach Rechtskraft der Scheidung verzichteten die Beteiligten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt. Der Verfahrenswert wurde vom Familiengericht mit 10.608,00 € für das Verfahren und ebenfalls 10.608,00 € für den Vergleich festgesetzt, sowie auf 2.400,00 € für den "Mehrvergleich" im Trennungsunterhaltsverfahren und dem analog geführten eA Verfahren zum Trennungsunterhalt.

2

Durch Beschluss vom 17.06.2014 (im Hinblick auf die Ratenhöhe modifiziert durch Beschluss vom 30.06.2014) bewilligte das Amtsgericht "für den ersten Rechtszug mit Wirkung ab 08.05.2014 Verfahrenskostenhilfe".

3

Der der Antragstellerin beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte beantragte, aus der Staatskasse zu erstattende Kosten in Höhe von 1.618,40 € festzusetzen. Darin enthalten waren u.a. eine Differenzverfahrensgebühr und eine Terminsgebühr jeweils aus dem vollen Vergleichswert (10.608,00 € + 2.400,00 € = 13.008,00 €).

4

Die Rechtspflegerin setzte die Vergütung auf 1.576,75 € fest. Die hiergegen eingelegte Erinnerung - soweit die Differenz Verfahrens- und Terminsgebühr zzgl. Umsatzsteuer abgesetzt worden seien - wies das Amtsgericht durch Beschluss vom 26.08.2014 zurück, weil die (Differenz) Verfahrens- und Terminsgebühr nicht von der Verfahrenskostenhilfebewilligung erfasst seien.

5

Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Beschwerde.

II.

6

Die nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

7

Gemäß §§ 45 ff. RVG sind die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 1.618,40 € festzusetzen, weil sich die vorliegende Verfahrenskostenhilfebewilligung im konkreten Falle in Bezug auf den Wert des Mehrvergleichs auch die Erstattung einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr umfasst.

8

1. In welchem Umfang einem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs eine Vergütung gegen die Staatskasse zusteht, ist umstritten (vgl. den Meinungsstand zusammenfassend OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 und OLG Köln AGS 2013, 350 und OLG Koblenz (Senat) 13 WF 369/14). Der Senat hat sich durch Beschluss vom 19.05.2014 - 13 WF 369/14 - umfassend hierzu geäußert. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von den dort niedergelegten Grundsätzen - insbesondere im Hinblick auf die Reichweite von § 48 Abs.3 RVG - abzuweichen.

9

a. Nach § 48 Abs. 1 RVG richtet sich der Vergütungsanspruch des im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts nach der Entscheidung, durch die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet wurde. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts an einem Vergleichsabschluss in einem Gerichtstermin löst hinsichtlich des Mehrvergleichs neben der Einigungsgebühr gemäß KV RVG Nr. 3101 und 3104 auch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr aus. Die Frage nach der Erstattungsfähigkeit - zweifelsfrei angefallener - Gebühren aus der Staatskasse ist daher in erster Linie eine solche nach der Auslegung des Bewilligungsbeschlusses.

10

b. Wenn das Gericht nach dem Inhalt seiner Verfahrenskostenhilfeentscheidung die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auf alle mit dem Vergleichsschluss zusammenhängende Gebühren (also auch die Verfahrens- und die Einigungsgebühr) erstreckt hat, so sind sowohl das Ausgangsgericht als auch das Rechtsmittelgericht im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 48 Abs. 1 RVG an eine solche umfassende Bewilligung und Beiordnung gebunden.

11

2. Der nach Verfahrensbeendigung durch den Vergleich, aber "mit Wirkung ab dem 08.05.2014" erlassene Beschluss vom 17.06.2014 bewilligt nach seinem Wortlaut schlicht für das (Trennungsunterhalts-) Verfahren Verfahrenskostenhilfe, ohne sich näher zum Umfang der Bewilligung zu äußern.

12

a. Aus einer solch offenen Formulierung, wie sie in der Praxis üblich ist, kann regelmäßig nicht notwendig hergeleitet werden alle mit dem Mehrvergleichsabschluss im Zusammenhang stehenden Gebühren sollten von der Bewilligungsbeschluss umfasst seien (vgl. Senat 13 WF 369/14, m.w.N.). Allerdings kann hieraus auch nicht zwingend auf das Gegenteil geschlossen werden. Ein solcher weder präzise gefasster noch näher begründeter Bewilligungsbeschluss ist zum Zwecke der Ermittlung seiner Reichweite vielmehr nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Dabei kann nach der Änderung des § 48 Abs. 3 RVG zum 01.08.2013 außerhalb dessen Anwendungsbereichs nicht mehr davon ausgegangen werden, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Mehrvergleich erstrecke sich neben der Einigungsgebühr ohne Weiteres auch auf die Verfahrens- und Terminsgebühr (Senat 13 WF 369/14).

13

b. Zunächst erstreckt sich die Verfahrenskostenhilfebewilligung ohne Weiteres auf den Vergleichsabschluss im vorliegenden Trennungsunterhaltsverfahren, auch wenn der Bewilligungsbeschluss nur von "Verfahren" spricht, denn der Vergleich ist Bestandteil dieses Verfahrens.

14

c. Er erstreckt sich hier aber wegen des engen Sachzusammenhangs auch auf den Mehrvergleich, der den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und die Weiterzahlung des Unterhalts für 5 Monate nach Rechtskraft der Scheidung betrifft. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt verschiedene Streitgegenstände. Gleichwohl bleiben sie vom Tatsächlichen her und insbesondere in der Anschauung der Beteiligten eng miteinander verzahnt. Es macht für den Unterhaltsschuldner keinen Unterschied, ob er den Unterhalt als Trennungsunterhalt zahlen muss oder als nachehelichen Unterhalt, ebenso ist das für die Unterhaltsgläubigerin gleichgültig. Maßgebend ist für beide alleine, in welcher Höhe und wie lange Unterhalt zu zahlen ist. Genau dieses ist hier durch den Vergleich geregelt worden.

15

d. Das Amtsgericht hat in Kenntnis dessen nachträglich seine Entscheidung erlassen, (nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin im Übrigen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich insoweit um Entscheidung gebeten hatte). Es gibt - aus Sicht eines objektiven Adressaten - keinen Anhaltspunkt dafür, dass insoweit eine Einschränkung beabsichtigt war. Dass das Amtsgericht in seiner Entscheidung über die Erinnerung einen anderen Standpunkt vertreten hat, ändern daran nichts. Der Senat hat in der zitierten Entscheidung festgehalten, dass es auf nachträgliche Ausführungen und Interpretationen des entscheidenden Gerichts nicht ankommen kann. Daran ist festzuhalten.

16

Ein Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Sept. 2014 - 13 WF 810/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Sept. 2014 - 13 WF 810/14

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts a
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Sept. 2014 - 13 WF 810/14 zitiert 3 §§.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 19. Mai 2014 - 13 WF 369/14

bei uns veröffentlicht am 19.05.2014

Diese Entscheidung zitiert Tenor Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 10.03.2014 wird dieser aufgehoben. Auf die Erinnerung des Bezirksreviso

Referenzen

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.


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Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 10.03.2014 wird dieser aufgehoben.

Auf die Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz wird die Kostenfestsetzung des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 09.01.2014 abgeändert und die der beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten werden auf 963,90 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Zwischen den beteiligten Eheleuten war vor dem Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied ein Gewaltschutzverfahren anhängig. Dieses wurde im Termin am 10.12.2013 durch gerichtlichen Vergleich zum Abschluss gebracht. Zusätzlich beinhaltet der Vergleich diverse Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung. Der Verfahrenswert wurde vom Familiengericht mit 1.500 € für das Verfahren und 14.500 € für den Vergleich festgesetzt.

2

Ebenfalls am 10.12.2013 wurde der Antragstellerin mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 10.12.2013 "Verfahrenskostenhilfe ... für Verfahren und Vergleich bewilligt." Hierauf hat die der Antragstellerin beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte beantragt, ihr aus der Staatskasse zu erstattende Kosten in Höhe von 1.583,66 € festzusetzen. Darin enthalten waren u.a. eine Differenzverfahrensgebühr und eine Terminsgebühr jeweils aus dem vollen Vergleichswert.

3

Die Rechtspflegerin hat die Festsetzung antragsgemäß vorgenommen. Die hiergegen erhobene Erinnerung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Koblenz hat das Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied mit Beschluss vom 10.03.2014 zurückgewiesen und die gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde nach Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

4

Das Familiengericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Antragstellerin auch für den über den Verfahrensantrag hinausgehenden Regelungsgehalt uneingeschränkt Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Ansicht, dass die Beiordnung für den Vergleich außerhalb des Sonderfalls des § 48 Abs. 3 RVG lediglich zur Folge habe, dass dem beigeordneten Rechtsanwalt aus dem Vergleichsmehrwert die Einigungsgebühr zu erstatten sei, nicht aber eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

5

Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tage wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat zur Entscheidung übertragen.

II.

6

Die nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG entscheidet der Senat dabei in voller Besetzung.

7

Gemäß §§ 45 ff. RVG waren die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten nur auf 963,90 € festzusetzen. Denn die vorliegende Verfahrenskostenhilfebewilligung mit Beschluss vom 10.12.2013 hat nicht zur Folge, dass der der Antragstellerin beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten aus der Staatskasse in Bezug auf den Mehrvergleich auch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr zu erstatten ist.

1.

8

In welchem Umfang einem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs eine Vergütung gegen die Staatskasse zusteht, ist umstritten (vgl. den Meinungsstand zusammenfassend OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 und OLG Köln AGS 2013, 350).

a)

9

Ausgangspunkt für die Frage des Umfangs der Kostenerstattung aus der Staatskasse ist die Vorschrift des § 48 Abs. 1 RVG.

10

Danach richtet sich der Vergütungsanspruch des im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts nach dem Beschluss, durch den Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts an einem Vergleichsabschluss in einem Gerichtstermin löst hinsichtlich des Mehrvergleichs neben der Einigungsgebühr gemäß KV RVG Nr. 3101 und 3104 auch eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr aus. Die Frage nach der Erstattungsfähigkeit - zweifelsfrei angefallener - Gebühren aus der Staatskasse ist daher in erster Linie eine solche nach der Auslegung des Bewilligungsbeschlusses.

11

Hiernach unterliegt es zunächst keinem Zweifel, dass das Gericht berechtigt ist, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auf alle mit dem Vergleichsschluss zusammenhängende Gebühren (also auch die Verfahrens- und die Einigungsgebühr) zu erstrecken und sowohl das Ausgangsgericht als auch das Rechtsmittelgericht im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 48 Abs. 1 RVG an eine solche umfassende Bewilligung und Beiordnung gebunden sind.

b)

12

Vorliegend beinhaltet der Verfahrenskostenhilfe für den Mehrvergleich bewilligende Beschluss vom 10.12.2013 - wie in der Praxis üblich - weder eine ausdrückliche Erstreckung auf alle insoweit anfallenden Anwaltsgebühren noch eine entsprechende Einschränkung auf die bloße Einigungsgebühr.

13

Nach Ansicht des Senats kann aus diesem Umstand nicht (mehr) hergeleitet werden, dass dann regelmäßig eine Auslegung dahingehend nahe liege, dass mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe alle mit dem Mehrvergleichsabschluss im Zusammenhang stehenden Gebühren von dem Bewilligungsbeschluss umfasst seien (vgl. z.B.: OLG Köln (12. ZivS.) MDR 2012, 1293 und OLG Celle FamRZ 2011, 835; a.A. z.B.: OLG Koblenz (14. ZivS.) FamRZ 2006, 1691 und OLG Köln (25. ZivS.) AGS 2013, 350).

14

Ein solcher - wie auch vorliegend - weder präzise gefasster noch näher begründeter Bewilligungsbeschluss ist zum Zwecke der Ermittlung seiner Reichweite vielmehr nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Infolge der Anwaltsbeiordnung darf dabei die Rechtskundigkeit des beigeordneten Rechtsanwalts nicht unberücksichtigt bleiben.

15

Auf die nachträglichen Ausführungen des bewilligenden Gerichts im Kostenfestsetzungsverfahren zum Umfang der Bewilligung kann es hingegen im Zweifel nicht ankommen. Eben so wenig kann hier der seitens der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin angeführte § 48 Abs. 5 RVG herangezogen werden.

c)

16

Danach kann ein Rechtssuchender jedenfalls nach der ausdrücklichen, allerdings auch nur insoweit erfolgten Änderung des § 48 Abs. 3 RVG zum 01.08.2013 außerhalb dessen Anwendungsbereichs nicht mehr davon ausgehen, dass sich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Mehrvergleich neben der Einigungsgebühr ohne Weiteres auch insoweit auf die Verfahrens- und Terminsgebühr erstreckt.

aa)

17

Dem Gesetzgeber war die hier aufgeworfene Streitfrage bekannt. Dennoch nahm er lediglich in § 48 Abs. 3 RVG eine Klarstellung dahin vor, dass sich die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe in den dort enumerativ aufgeführten Fällen auf alle mit dem Mehrvergleich erforderliche anwaltlichen Tätigkeiten erstreckt (vgl. BT Drs. 17/11471 S. 270). Hierbei handelt es sich ausschließlich um Mehrvergleiche über nicht von Amts wegen einzuleitende Folgesachen bei Anhängigkeit einer Ehesache.

bb)

18

Die vorliegende Fallkonstellation ist grundsätzlich vergleichbar mit einem Vergleichsabschluss im Erörterungstermin des Verfahrens- oder Prozesskostenhilfeverfahrens (vgl. OLG Dresden Beschluss vom 07.02.2014 - 23 WF 1209/13 - juris). Für diesen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe lediglich für die Einigungsgebühr, nämlich den unmittelbaren Abschluss des Vergleichs selbst, nicht aber für das ganze Verfahren, also die Verfahrens- oder Terminsgebühr, bewilligt werden kann (BGH FamRZ 2004, 1708).

19

Ausgangspunkt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist, dass für nicht anhängige Verfahren und daher auch für das reine Verfahrens- oder Prozesskostenhilfeverfahren selbst grundsätzlich Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann. Genauso kann aber grundsätzlich für im Verfahren nicht anhängige Verfahrensgegenstände Verfahrenskostenhilfe nicht gewährt werden. Dies folgt bereits daraus, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zunächst eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung voraussetzt (§ 114 ZPO). Eine derartige Prüfung ist aber gerade mangels Anhängigkeit der mitverglichenen Regelungsgegenstände nicht möglich. Wie im Verfahrenskostenhilfeverfahren selbst kommt somit auch hier die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf nicht anhängige Gegenstände nur und insoweit in Betracht, als über sie ein Vergleich geschlossen wird (vgl. OLG Dresden aaO.). Andernfalls bestünde auch eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr zu Lasten der Staatskasse.

cc)

20

Die von der Gegenauffassung vorgetragenen prozessökonomischen Argumente hat der Bundesgerichtshof gesehen und für nicht durchschlagend erachtet (vgl. BGH FamRZ 2004, 1708 und OLG Dresden aaO.). Für den Senat ist entgegen der Gegenansicht (vgl. - ohne nähere Begründung - OLG Koblenz (14. ZivS.) FamRZ 2006, 1691 sowie die weiteren Nachweise in OLG Dresden aaO. Tz. 10) auch nicht ersichtlich, dass die vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallkonstellation mit der vorliegenden nicht vergleichbar sei.

dd)

21

Jedenfalls aber seit der Neufassung des § 48 Abs. 3 RVG im Zuge des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes ist der bisherigen Gegenansicht - u.a. auch OLG Koblenz (14. ZivS.) FamRZ 2006, 1691; im Übrigen vgl. den Meinungsstand zusammenfassend OLG Bamberg FamRZ 2011, 1605 und OLG Köln AGS 2013, 350 - nach Ansicht des Senats die Grundlage entzogen.

22

Denn der Gesetzgeber hat damit explizit zum Ausdruck gebracht, in welchen besonderen Fällen er verfahrensökonomische Gründe gegenüber der an sich nach § 114 ZPO erforderlichen Prüfung der Erfolgsaussichten den Vorrang einräumt und damit von einer wesentlichen Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe dispensiert. Es handelt sich hier um Folgesachen, ohne deren Regelung im Falle eines bestehenden Regelungsbedürfnisses grundsätzlich eine Ehescheidung nicht ausgesprochen werden kann, § 142 Abs. 1 FamFG.

23

Vorliegend stand der Verfahrensgegenstand des anhängig gemachten Gewaltschutzverfahrens demgegenüber mit den in dem Vergleich zugleich getroffenen Vereinbarungen zur Vermögensauseinandersetzung in keiner derartigen rechtlichen Abhängigkeit.

ee)

24

Aus der Neufassung des § 48 Abs. 3 RVG kann schließlich nicht geschlossen werden, dass die gleiche Rechtsfolge auch bei der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe in anderen als Ehesachen gelten soll.

25

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich derartiges nicht. Hätte der Gesetzgeber diese Frage, die bei der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf einen Mehrvergleich außerhalb von Ehesachen ebenso uneinheitlich von der Rechtsprechung beantwortet worden ist wie im Rahmen von § 48 Abs. 3 RVG a.F. bei Ehesachen, allgemein regeln wollen, hätte es nahe gelegen, dies zu tun. Hiervon hat der Gesetzgeber indes abgesehen. Er hat es vielmehr hinsichtlich aller anderen Gegenstände dabei belassen, dass Verfahrenskostenhilfe im Grundsatz nur für die Geltendmachung oder Abwehr verfahrensgegenständlicher Ansprüche bewilligt werden kann (vgl. OLG Dresden aaO.).

26

Dem steht schlussendlich auch nicht die Entscheidung des hiesigen 4. Senats für Familiensachen vom 15.10.2008 (vgl. FamRZ 2009, 143) entgegen. Denn diese betraf ebenfalls die besondere Verfahrenskonstellation von bislang nicht anhängigen Folgesachen im Zuge einer Ehesache.

2.

27

Nach alledem kommt eine Festsetzung der gemäß §§ 45 ff. RVG aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten vorliegend nur wie folgt in Betracht:

28

- 1,3 Verfahrensgebühr aus 1.500 €:

149,50 €

- 1,2 Terminsgebühr aus 1.500 €:

138,00 €

- 1,0 Einigungsgebühr aus 1.500 €

115,00 €

- 1,5 Einigungsgebühr aus 13.000 €

481,50 €

- höchstens aber 1,5 Einigungsgebühr aus 14.500 €    

502,50 €

- Auslagenpauschale:

20,00 €

- Umsatzsteuer:

 153,90 €

- insgesamt:

963,90 €

3.

29

Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG nicht veranlasst; die Zulassung der weiteren Beschwerde zum Bundesgerichtshof ist ausweislich §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 RVG nicht möglich.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.