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Die Klägerin, die ein Architekten- und Ingenieurbüro betreibt, verlangt vom Beklagten ein Honorar für Architektenleistungen der Leistungsphasen 5 - 8 nach § 15 HOAI, wobei die ursprünglich vereinbarten Leistungen zur Sanierung des Wohngebäudes des Beklagten in G. nur teilweise erbracht wurden. Das Bauvorhaben wurde nicht realisiert. Das bestehende Gebäude wurde abgerissen. Der Beklagte wendet einen Verstoß gegen Sorgfaltspflichten ein und beruft sich auf ihm entstandene Schäden, weil die Sanierungsfähigkeit des Objekts - früher absehbar - nicht gegeben gewesen sei.
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Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Änderungen oder Ergänzungen sind, abgesehen vom Datum der maßgebenden letzten Schlussrechnung, nicht geboten.
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Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben. Der Klägerin stehe ein restliches Architektenhonorar in Höhe von 9.242,17 EUR aus dem Architektenvertrag zu. Das Scheitern des Bauvorhabens aus einem vom Architekten nicht zu vertretenden Grund falle grundsätzlich auch hinsichtlich des Honoraranspruchs des Architekten in den Risikobereich des Bauherrn. An die früher erteilten Schlussrechnungen vom 21.07.1998, 07.09.1998 und 21.06.1999 sei die Klägerin nicht gebunden. Hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen sei die Klägerin nach § 649 Satz 2 BGB berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen unter Anrechnung der ersparten Aufwendungen. Die Schlussrechnung vom 30.11.1999 (richtig: 01.11.1999) sei prüffähig. Hinsichtlich der Leistungsphase 5 sei mit dem Sachverständigen jedoch lediglich ein Prozentsatz von 20,25 % statt 25 % des Vollbildes nach HOAI angemessen. Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung (pVV) stünden dem Beklagten nicht zu.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der eine vollständige Klagabweisung erstrebt. Er hält die Bewertung der im Rahmen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) erbrachten Leistungen mit dem Prozentsatz von 20,25 % für nicht berechtigt. Der Sachverständige und das Landgericht hätten unberücksichtigt gelassen, dass die von den Vorplanern erstellte Planung nachträglich geändert worden sei. Die Klägerin habe die vorliegenden Planunterlagen lediglich auf den Maßstab 1:50 vergrößert. Im Übrigen seien ihre Pläne aber völlig identisch mit den zur Erlangung der Baugenehmigung bei der Baubehörde eingereichten Plänen. Dementsprechend liege keine Leistung der Klägerin vor, die den Anforderungen der Leistungsphase 5 entspreche. Zu Unrecht habe das Landgericht der Klägerin auch eine Teilvergütung für nicht mehr erbrachte Leistungen der Leistungsphase 8 zugesprochen. Die Vorschrift des § 649 S. 2 BGB könne hier nicht angewandt werden, weil es an der erforderlichen Kündigung des Architektenvertrags durch den Beklagten fehle. Der Architektenvertrag sei vielmehr einvernehmlich aufgehoben worden. Richtigerweise müsse man sogar annehmen, dass es sich um eine - zumindest konkludente - Änderung des ursprünglichen Vertrags handele, mit der die Parteien sich darauf verständigt hätten, dass die Klägerin die Leistungsphase 8 nicht mehr zum ursprünglich geplanten Objekt, sondern nur noch entsprechend dem geänderten Vorhaben (Abbruch des Wohnhauses) ausführen und abrechnen solle. Jedenfalls sei für eine Anwendbarkeit des § 649 S. 2 BGB hier kein Raum. Wegen der nachträglichen Unausführbarkeit des Werkes gelte für den Anspruch der Klägerin § 645 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass die Klägerin nur die erbrachte Werkleistung bezahlt erhalte.
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Der Beklagte wendet sich ferner gegen die Ablehnung der von ihm geltend gemachten Gegenansprüche. Ihm stehe ein Schadensersatzanspruch aus pVV des Architektenvertrags gegenüber der Klägerin zu, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, ihn auf die Notwendigkeit einer Objektanalyse vor Beginn der Bauarbeiten hinzuweisen. Sie hätte die Leistungen der Vorplaner auf Vollständigkeit prüfen und das Fehlen einer Objektanalyse/Bestandsaufnahme bemerken müssen. Bei entsprechendem Hinweis hätte sich die mangelnde Sanierungsfähigkeit des Gebäudes frühzeitig herausgestellt. Es wären Aufwendungen für die Erstellung einer zweiten Statik und die begonnenen Sanierungsarbeiten sowie Finanzierungskosten vermieden worden.
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Der Beklagte erklärt gegenüber der verbleibenden Klageforderung weiterhin die Aufrechnung mit den genannten Schadensersatzansprüchen. Er hält hilfsweise, für den Fall dass das Gericht die Aufrechnung wegen des Aufrechnungsverbots in den AGB der Klägerin für unzulässig halten sollte, auch den erstinstanzlich zuletzt gestellten Widerklageantrag aufrecht.
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen;
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die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten DM 24.995,31/EUR 12.779,09 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Zustellung des Widerklageantrags zu bezahlen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Der erneuerte und vertiefte Rechtsvortrag zur einvernehmlichen Vertragsänderung werde nach wie vor bestritten. Das Landgericht wende zu Recht § 649 Satz 2 BGB an. Eine Pflichtverletzung sei der Klägerin nicht anzulasten. Es habe keinen Anlass für sie gegeben, vom Fehlen einer Bestandsaufnahme (Bestandsanalyse/Objektanalyse) auszugehen. Sie habe sich darauf verlassen dürfen, dass die Vorplaner diese vorgenommen hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Im Übrigen ist sie sachlich nicht gerechtfertigt. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines restlichen Architektenhonorars von 6.196,18 EUR, entsprechend 12.118,68 DM zu (§ 631 Abs. 1 BGB a.F.). Ein Honorar für nicht erbrachte Architektenleistungen der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung der Sanierungsarbeiten) kann sie nicht beanspruchen.
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Das für das vorgetragene Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die HOAI findet in der ab dem 01.01.1996 geltenden Fassung Anwendung.
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1. Gegen die im Rechtsstreit vorgelegte Schlussrechnung der Klägerin vom 01.11.1999 hat der Beklagte den Einwand fehlender Prüffähigkeit nicht erhoben. Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, wonach diese prüffähig ist, jedenfalls unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Klägerin im Rechtsstreit und des danach und nach der Klagerwiderung noch gegebenen Kontroll- und Informationsinteresses des Beklagten (BGH NJW-RR 2004, 445). Die Forderung der Klägerin ist danach fällig. Einer Abnahme der Werkleistungen der Klägerin bedurfte es zur Fälligstellung nicht.
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Die Klägerin war auch nicht an ihre frühere Schlussrechnung vom 21.06.1999 gebunden. Eine grundsätzlich mögliche Bindungswirkung besteht hier nicht, weil der Beklagte diese Rechnung als nicht prüffähig beanstandet und demgemäß nicht auf eine abschließende Berechnung vertraut hat.
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2. Ein Honorar für nicht mehr erbrachte Leistungen der Leistungsphase 8 in Höhe der vom Landgericht (mangels Austauschverhältnisses lediglich ohne Mehrwertsteuer und nach Abzug ersparter Aufwendungen) zuerkannten 5.957,43 DM steht der Klägerin nicht zu. Anders als das Landgericht sieht der Senat die Voraussetzungen des § 649 Satz 2 BGB hier als nicht gegeben an (BGH BauR 2005, 735 = NZBau 2005, 285). Es gilt vielmehr § 645 Abs. 1 BGB.
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Eine freie Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Beklagten liegt nicht vor. Denn er hat - auch gegenüber der Klägerin - stets darauf verwiesen, das Sanierungsvorhaben könne wegen der erst auf Hinweise des beauftragten Bauunternehmens erkannten mangelnden Standsicherheit des Gebäudes - in für ihn wirtschaftlich vertretbarer Weise - nicht ausgeführt werden. Er hat somit der Sache nach - bei wirtschaftlicher Betrachtung - ein Hindernis für die Ausführung der vereinbarten Leistungen zur Gebäudesanierung eingewandt, das es geboten erscheinen lasse, von der beabsichtigten Gebäudesanierung Abstand zu nehmen. Zwar hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten geäußert, es sei nicht notwendig, die Sanierung des Objekts einzustellen. Diese könne unter Berücksichtigung von Reserven mit einem geringen Mehraufwand durchgeführt werden. Ungeachtet dessen haben die Parteien, wie die Klägerin in der Klageschrift selbst vortragen lässt, bei einem Gespräch auf der Baustelle zwischen dem 17.07. und 06.08.1998 die Beendigung des Vertrags vereinbart.
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Es kann dahin gestellt bleiben, ob darin, wie der Beklagte meint, eine Vertragsänderung zu sehen ist, wonach von der Klägerin Leistungen der Leistungsphase 8 nur noch hinsichtlich des Gebäudeabrisses zu erbringen waren. Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Honorarfrage wurde in diesem Zusammenhang nicht getroffen. Die Parteien waren sich jedoch darüber einig, dass die Objektüberwachung von Sanierungsarbeiten wegfällt, nachdem der Beklagte auf seinem Standpunkt beharrte, die fehlende Standsicherheit des Gebäudes und dadurch nun erforderliche (nicht vorhergesehene) Zusatzaufwendungen bei Fortführung der Sanierung, die wirtschaftlich für ihn nicht vertretbar seien, erforderten den Abriss des Gebäudes. Die Klägerin stimmte damit zumindest konkludent der teilweisen Vertragsaufhebung zu, zumal sie die Bauüberwachung der Abrissarbeiten übernahm und den Beklagten bei der entschädigungslosen Aufhebung der bereits geschlossenen Verträge mit den Bauunternehmen unterstützte, ohne deutlich zu machen, dass sie ihrerseits auf Einhaltung des Architektenvertrags und Bezahlung des vollen Architektenhonorars der Leistungsphase 8 abzüglich ersparter Aufwendungen bestehe. Dementsprechend stellte sie eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zunächst auch nicht in Rechnung. Erstmals mit der im Laufe des Rechtsstreits erstellten Schlussrechnung vom 01.11.1999 hat sie eine solche Vergütung beansprucht.
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Angesichts dieser Umstände ist hier von einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung aus den vom Beklagten vorgebrachten Gründen auszugehen. Die Klägerin akzeptierte stillschweigend den vom Beklagten ihr gegenüber genannten Aufhebungsgrund, auch wenn sie die von ihm befürchteten Mehrkosten deutlich niedriger eingeschätzt hatte. Immerhin bezeichnet sie deren Höhe im Berufungsverfahren nun selbst mit 40.000 DM. Sie ist daher - jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter dem Gesichtspunkt des selbstwidersprüchlichen Verhaltens - gehindert, die mangelnde Sanierungsfähigkeit des Gebäudes bei Begrenzung der aufzubringenden Baukosten auf den für den Beklagten vertretbaren finanziellen Aufwand für eine Gebäudesanierung gegenüber einem Abriss und Neuherstellung des Gebäudes in Frage zu stellen und die Vertragsbeendigung auf eine freie Kündigung mit der Folge des § 649 Satz 2 BGB zurückzuführen. Die Vergütung der Klägerin richtet sich somit danach, welche Rechte sie im Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsaufhebung geltend machen konnte (BGH BauR 2005, 735). Hier ist - so muss man die einvernehmliche Vertragsbeendigung verstehen (§§ 133, 157 BGB) - maßgebend § 645 Abs. 1 BGB. Denn die Bausubstanz des Grundgebäudes ist ein vom Beklagten gelieferter Stoff im Sinne dieser Vorschrift (BGH aaO). Die Klägerin hat danach Anspruch auf eine Vergütung für die bis zur Vertragsaufhebung erbrachten Leistungen. Ein weitergehender Anspruch steht ihr dagegen nicht zu. Die Voraussetzungen des § 645 Abs. 2 BGB hat sie nicht dargetan. Ein konkretes Verschulden des Beklagten ist nicht behauptet und auch sonst nicht ersichtlich. Für ein etwaiges Verschulden der Vorplaner hat der Beklagte gegenüber der Klägerin, etwa nach § 278 BGB, regelmäßig nicht einzustehen. Dass er es gegenüber der Klägerin ausdrücklich übernommen hätte, eine einwandfreie Vorplanung einschließlich Analyse der Bausubstanz zur Verfügung zu stellen und für deren Richtigkeit sowie die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit des Objekts einzustehen, ist nicht behauptet. Eine Bestandsaufnahme war nicht Gegenstand eines Gesprächs der Parteien.
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Es verbleibt daher bei einer restlichen Honorarforderung von 6.196,18 EUR, entsprechend 12.118,67 DM, nebst Zinsen. Die Höhe der anrechenbaren Kosten und die sonstigen Grundlagen der Honorarermittlung nach der HOAI stehen zwischen den Parteien nicht im Streit. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird verwiesen. Gegen die Zinsentscheidung des Landgerichts wird mit der Berufung nichts erinnert.
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3. Die weiteren Angriffe des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil greifen nicht durch.
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a) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts auf der Basis der nach sachverständiger Beratung erstinstanzlich festgestellten Tatsachen, dass die von der Klägerin in Leistungsphase 5 erbrachten Planungsleistungen mit 20,25 % des Vollbildes nach HOAI zu bewerten sind. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten hat die Klägerin nicht lediglich die Baueingabepläne übernommen und auf den Maßstab 1:50 vergrößert. Nach den auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen beruhenden Feststellungen des Landgerichts ist den Ausführungsplänen eine eigene planerische Leistung der Klägerin zu entnehmen. Grundrisse für Kellergeschoss und Erdgeschoss, Fensterliste sowie eine Detailplanung der Dachgauben wurden von ihr erstmals erstellt. Der Grundriss DG ist verfeinert und mit weiteren Informationen versehen. Die Planung ist teilweise geändert (bspw. Abstellraum im Bad, andere Grundrissorganisation, Lage der Treppe in das Dachgeschoss, Dachgauben). Die vorgesehenen Baumaßnahmen sind entsprechend einer Ausführungsplanung konkretisiert (Dacheindeckung, Bodenbeläge). Lediglich das Fortschreiben der Ausführungsplanung (eine Grundleistung nach § 15 Abs. 2 HOAI der Leistungsphase 5 am Ende) ist im Wesentlichen entfallen und nur zu einem geringen Anteil (5 %) erbracht worden. Konkrete Anhaltspunkte, welche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden, vermag der Beklagte mit der Berufung nicht aufzuzeigen. Dass die Ausführungsplanung auf der Baugenehmigungsplanung aufbaut, versteht sich von selbst. Maßgebend ist der vertiefte Informationsgehalt mit den für die Ausführung notwendigen Einzelangaben (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 HOAI).
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b) Ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB oder unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung (pVV) des Architektenvertrags steht dem Beklagten gegenüber der Klägerin nicht zu. Insbesondere liegt eine Pflichtverletzung der Klägerin nicht deshalb vor, weil sie den Beklagten nicht vor Kosten auslösenden Maßnahmen auf die Notwendigkeit einer Objektanalyse hingewiesen hat.
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Über die hilfsweise aufgerechnete Schadensersatzforderung war sachlich zu entscheiden. Das in Nr. 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AVA) zum Architektenvertrag geregelte Aufrechnungsverbot steht einer Aufrechnung des Beklagten mit Schadensersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen der Klägerin aus dem Architektenvertrag nicht entgegen. Diese Klausel ist dahin auszulegen, dass das Aufrechnungsverbot nicht eingreift, wenn die im Rechtsstreit aufgerechnete Gegenforderung entscheidungsreif ist. Auch dann ist die Gegenforderung als „unbestritten“ i. S. der Klausel anzusehen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., AGBG § 11 Rn. 15; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 2574).
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Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen die Klägerin besteht nicht. Über den Umfang des an die Vorplaner erteilten Auftrags sagt die Unterscheidung von Grundleistungen und besonderen Leistungen in § 15 Abs. 2 der HOAI nichts aus. Der Leistungsumfang ist durch vertragliche Vereinbarung festzulegen. Die HOAI als Preisrecht regelt insoweit nur, dass für besondere Leistungen ein Honorar nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 HOAI berechnet werden darf (nicht unwesentlicher Arbeits- und Zeitaufwand, schriftliche Vereinbarung). Ansonsten sind besondere Leistungen ohne gesonderte Vergütung zu erbringen, wenn sie nach dem Architektenvertrag geschuldet sind, was ggf. durch Vertragsauslegung zu ermitteln ist. Die Klägerin als mit den Leistungsphasen 5 bis 8 beauftragter Folgeplaner durfte davon ausgehen, dass die Bestandsanalyse, die zur Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) gehört, von den Vorplanern erledigt worden ist und in die Planung Eingang gefunden hat. Insbesondere bedurfte es für die Bestandsaufnahme hier - entgegen der wiederholt vorgetragenen Auffassung des Beklagten, auf der seine Argumentation zu einem Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin im Wesentlichen aufbaut - keines gesonderten schriftlichen Gutachtens der Vorplaner, dessen Fehlen der Klägerin hätte sogleich auffallen können und müssen. Sie durfte, ohne dass ihr ein schuldhaftes Fehlverhalten zur Last zu legen ist, die erforderlichen Vorleistungen als erbracht ansehen. Die ihr übergebenen Unterlagen enthielten insbesondere keinen konkreten Vorbehalt, der darauf hätte hindeuten können, dass eine Bauzustandsanalyse nicht stattgefunden hatte.
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Wie der Sachverständige St. bei der mündlichen Erläuterung seiner schriftlichen Gutachten im Termin vom 21.02.2001 bestätigte, ist der Folgeplaner, wenn kein konkreter Vorbehalt in den Planungen des Vorplaners zu erkennen ist, nicht verpflichtet, sich nach einer Bestandsanalyse zu erkundigen, weil er davon ausgehen muss, dass eine solche gemacht worden ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Standfestigkeitsberechnung, die vom Tragwerksplaner durchgeführt wird, zu den Bauvorlagen gehört, so der Sachverständige St. im Termin vom 01.08.2001. Die Baugenehmigung war bei Beauftragung der Klägerin bereits erteilt.
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Auch aus der Anhörung des Sachverständigen E. in der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2004 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin am Vorliegen einer Bestandsanalyse hätte zweifeln müssen. Auch dieser ordnete die Einholung der Bestandsanalyse eindeutig nicht der Klägerin, sondern den Vorplanern zu. Die Pläne der Vorplaner zeigten einen normalen Fall. Aus diesen waren keine Besonderheiten hinsichtlich der Bausubstanz ersichtlich. Die Klägerin durfte danach davon ausgehen, dass ein abgeschlossenes, fachlich korrektes Arbeitspaket der Vorplaner vorgelegen hat.
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Es ist zwar richtig, dass der Sachverständige St. auf Seite 11 seines schriftlichen Gutachtens vom 21.11.2000 ausgeführt hat, das Ergebnis der Bauzustandsanalyse werde in der Regel in einem Gutachten zusammengefasst. Diese allgemeine Aussage lässt aber Ausnahmen zu und ändert nichts daran, dass die Klägerin hier davon ausgehen konnte, alle für die Baugenehmigungsplanung und die Erteilung der Baugenehmigung erforderlichen Vorleistungen und damit auch eine Bauzustandsanalyse seien durch die Vorplaner erbracht. Die Klägerin durfte sich nach dem Sachverständigen (S. 13 seines Gutachtens vom 21.11.2000) in dieser Auffassung durch die vorliegende Tragwerksplanung bestärkt sehen, in der auch Auflagerpunkte usw. ausgewiesen waren. Allein der Umstand, dass ihr vom Beklagten ein Gutachten über eine Bestandsanalyse nicht übergeben worden war, gab daher keinen Grund anzunehmen, eine Bestandsaufnahme habe nicht stattgefunden. Eine Verpflichtung der Klägerin, sich eigens nach der Durchführung einer Bestandsaufnahme zu erkundigen und sich ein schriftliches Gutachten hierzu vorlegen zu lassen, sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht nicht. Von einem Nachfolgeplaner vor Vergabe von Bauarbeiten oder Baubeginn in jedem Fall - auch ohne Anhaltspunkte für ein Fehlen - die Nachfrage zu verlangen, ob eine Bestandsanalyse gemacht ist, überspannt die Sorgfaltspflichten und ist nicht mit dem Fall fehlender Vermessung bei Grenzbebauung mit der Folge eines Grenzüberbaus vergleichbar (OLG Hamburg IBR 2000, 131).
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Sonstige Anhaltspunkte, die auf eine fehlende oder fehlerhafte Bestandsaufnahme hätten hindeuten können, sind vom Landgericht nicht festgestellt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich und werden auch vom Beklagten mit seiner Berufung nicht aufgezeigt. Auch im Schriftsatz vom 02.11.2005 hebt der Beklagte im Wesentlichen auf die bereits früher vorgetragenen Umstände ab. Auf die vorstehenden Ausführungen kann daher verwiesen werden.
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Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine fehlende oder unsorgfältige Bestandsaufnahme durch die Vorplaner war die Klägerin nicht verpflichtet, diese vorsorglich zu wiederholen. Mit den Architektenleistungen der Leistungsphase 1 der HOAI (Grundlagenermittlung), in der die Bestandsanalyse vorzunehmen ist, war sie nicht betraut. Nach dem Architektenvertrag zwischen den Parteien waren ihr nur die Ausführungsplanung, die Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe und die Objektüberwachung (Leistungsphasen 5 bis 8) übertragen. Erst im Rahmen der Überwachung der ausgeführten Bauarbeiten hätten sich hier im Hinblick auf die Tragfähigkeit des Mauerwerks weitergehende Anforderungen an die Klägerin als Folgeplaner gestellt und Überprüfungspflichten ergeben, wenn der beauftragte Bauunternehmer nicht schon von sich aus Bedenken angemeldet hätte. So hatte die Klägerin im Rahmen der Bauüberwachung zu überprüfen, ob sich bei den vorbereitenden Bauarbeiten die Altsubstanz so, wie erwartet, darstellt oder sich bislang nicht erkannte Schäden oder sonstige Abweichungen, etwa im Hinblick auf den angenommenen Erhaltungszustand, zeigen, die sich auf die Sanierungsmaßnahmen negativ auswirken könnten. Als bei den Arbeiten zweischaliges Mauerwerk zum Vorschein kam, was zu Zweifeln hinsichtlich der Standfestigkeit der Mauern Anlass gab, hatte sie einzugreifen und die Frage zu klären, wie sich die Sanierung mit welchem Mehraufwand fortführen lässt. Dem ist sie aber nachgekommen. Sie musste die mangelnde Tragfähigkeit der Mauern nicht vor dem Zeitpunkt erkennen, als auch der mit den Bauarbeiten beauftragte Unternehmer nach Baubeginn Bedenken äußerte und auf das - von den Plänen abweichende - lediglich zweischalige Mauerwerk aufmerksam machte. Danach wurden jedoch seitens der Klägerin unverzüglich in Absprache und im Zusammenwirken mit dem Beklagten alle zur weiteren Klärung notwendigen Maßnahmen getroffen. Ein verspätetes Erkennen der unzureichenden Tragfähigkeit der Altsubstanz, weil entgegen der ursprünglichen Annahme der Genehmigungsplaner kein einschaliges Mauerwerk vorlag, ist der Klägerin bei dieser Sachlage nicht vorzuwerfen.
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Der Beklagte kann auch nichts aus den Klauseln Nr. 11 und 12 der AVA für sich herleiten. Diese enthalten lediglich eine Haftungsbeschränkung zugunsten des Architekten, ändern aber nicht den Vertragsumfang ab. Sie sagen daher nichts über die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten aus, wenn eine Bestandsaufnahme nicht zum Vertragsumfang gehört und der Architekt - bei bereits anderweit erstellter Baugenehmigungsplanung - lediglich mit den Teilleistungen ab Leistungsphase 5 beauftragt wird.
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Über die Hilfswiderklage ist nicht zu entscheiden, da die Bedingung, von der sie zulässigerweise abhängig gemacht worden ist, nicht eingetreten ist. Der Senat hat ein Aufrechnungsverbot nicht für gegeben erachtet und über die Gegenforderung sachlich entschieden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Neubrandenburg (wie durch die bindende Verweisung feststeht) entstandenen Mehrkosten in erster Instanz waren der Klägerin insgesamt aufzuerlegen (§ 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO), auch wenn ausscheidbare Mehrkosten nicht entstanden sein mögen.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt. Der Senat orientiert sich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und weicht auch nicht von den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab, wonach auch der nur mit der Ausführungsplanung und Bauüberwachung beauftragte Architekt eine Leistung schuldet, die zur Herstellung eines den genehmigten Bauvorlagen entsprechenden und mangelfreien Bauwerks führt. Davon zu trennen ist allerdings die sich in dem hier zu entscheidenden Einzelfall stellende Frage, welche konkreten Prüfungen er vorzunehmen hat hinsichtlich der ihm zur Verfügung gestellten Genehmigungsplanung (bei erteilter Baugenehmigung) im Hinblick auf die vorgreifliche Bauzustandsanalyse und zu welchem Zeitpunkt er Mängel der Vorleistungen eines anderen Architekten erkennen kann und muss, also ab wann ihm eine Pflichtverletzung anzulasten und ihn insbesondere auch ein Schuldvorwurf trifft.
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Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert für das Berufungsverfahren festzusetzen. Hierbei war der Wert der vom Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung bis zur Höhe des zuerkannten Betrags der Klagforderung streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 3 GKG).
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Ferner hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Streitwertfestsetzung der ersten Instanz von Amts wegen im Hinblick auf eine Erhöhung um den Wert der Hilfsaufrechnung des Beklagten zu ändern (§§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F.). Dies schien hier geboten, um bzgl. der Streitwertfestsetzung Einheitlichkeit für beide Instanzen zu gewährleisten, zumal dies auch Einfluss auf die zu treffende Kostenentscheidung hatte. Der Beklagte hatte sich auch in erster Instanz mit Einwendungen gegen die Höhe des abgerechneten Honorars verteidigt und sich auf eine Bindungswirkung einer früher erteilten Schlussrechnung berufen, welche die Abrechnung eines höheren Honorars im Rechtsstreit nicht mehr zulasse. Danach war die Aufrechnung mit dem behaupteten Schadensersatzanspruch jedenfalls der Sache nach eine Hilfsaufrechnung. Die Aufrechnung seitens des Beklagten ist auch nicht, wie das Landgericht meint, deshalb als unbedingte Aufrechnung anzusehen, weil der Beklagte für den Fall, dass das Gericht von der Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots ausgehe, Hilfswiderklage erhoben hat. Es ist zulässig, einem Hilfsantrag einen weiteren Hilfsantrag hinzuzufügen, über den nur dann zu entscheiden ist, wenn über den ersten Hilfsantrag zu entscheiden ist und die weitere Bedingung eintritt, vorausgesetzt die allgemeinen prozessualen Voraussetzungen für Hilfsanträge sind eingehalten. Dies führt also nicht etwa dazu, dass die Primäreinwendungen gegen die Klageforderung entfallen und die Hilfsaufrechnung zur unbedingten Aufrechnung wird.
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Eine weitere Streitwerterhöhung durch die Hilfswiderklage findet nicht statt, da über sie nicht entschieden worden ist.
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