Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Aug. 2007 - 16 WF 84/07

published on 10/08/2007 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Aug. 2007 - 16 WF 84/07
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der ihr Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rastatt aufgehoben.

Die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin wird dem Amtsgericht übertragen.

Gründe

 
Die Antragsgegnerin begehrt Prozesskostenhilfe als Antragsgegnerin in einer Scheidungssache, Beteiligte oder Partei in Folgesachen, Beteiligte in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Einzelheiten sind dem Senat nicht bekannt, weil das Amtsgericht nur die Akten vorgelegt hat, welche für die Scheidungssache und ein Verfahren „EA III“ geführt werden. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 15. September 2004 zugestellt.
Mitte Februar 2004 zahlte der Antragsteller an die Antragsgegnerin 10.000 EUR aus. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, mit diesen ihre Prozesskosten zu finanzieren und Prozesskostenhilfe versagt. Verschiedene von der Antragsgegnerin behauptete Ausgaben hat es nicht gelten lassen.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat vorläufig Erfolg.
Die Antragsgegnerin hatte grundsätzlich die ihr zugeflossenen Mittel auch für die Finanzierung ihrer Prozesskosten bereitzuhalten. Sie durfte damit aber auch andere Ausgaben bestreiten. Von den geltend gemachten sind indessen - noch - nicht alle anzuerkennen. Es verbleibt gegebenenfalls ein über dem Schonbetrag liegender Betrag, mit dem die Prozesskosten ganz (Versagung der Prozesskostenhilfe) oder teilweise (Anordnung nach § 115 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO) finanziert werden können. Was der Fall ist, muss das Amtsgericht berechnen. Dieses wird auch für die Scheidungssache, die einzelnen Folgesachen und Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung oder -verfolgung zu prüfen haben.
1.) Die Ehe der Parteien war bereits Anfang Januar 2004 in einer Krise. Sie erörterten bereits im Dezember 2003 Scheidungsfolgen und lebten nach Darstellung des Antragstellers seit Januar 2004 in der Ehewohnung getrennt. Die Antragsgegnerin hatte deshalb die ihr zugeflossenen 10.000 EUR für die Finanzierung der zukünftigen Prozesskosten bereit zu halten. Ausgaben für andere Zwecke durfte sie machen, indessen nicht unter einseitiger Vernachlässigung ihres Prozesskostenbedarfs. Nach der - allerdings nicht unwidersprochen gebliebenen Rechtsprechung des Senats (B. v. 30. Juli 1985 - 16 WF 127/85 - Justiz 1986, 20 = MDR 1986, 151 = NJW-RR 1986, 779) ist einer Partei Prozesskostenhilfe zu versagen, wenn sie grob fahrlässig ihr Vermögen derart vermindert hat, dass sie deswegen Schwierigkeiten hat, ihre Prozesskosten aufzubringen (a.A. Zöller/Philippi ZPO 26. Auflage § 115 Rn 75 m.w.N.: Mutwilligkeit). Nicht erforderlich ist jedenfalls, dass die Partei in der Absicht gehandelt hat, Kostenbefreiung zu erlangen (Philippi a.a.O.). Soweit der Senat überhaupt Ausgaben feststellen kann, war mit diesen auch keine grob fahrlässige Vermögensminderung verbunden. Damit wäre auch eine mutwillige auszuschließen.
2.)
a) Die Antragsgegnerin macht den Kauf von Winterkleidung und Schuhen für das gemeinsame Kind für 200 EUR geltend.
aa) Ausgaben zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs sind außer Betracht zu lassen, wenn der Partei ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen von mehr als Null verbleibt. Dann ist der Partei zuzumuten, sich mit ihrem Lebensbedarf entsprechend zu beschränken und ihr Vermögen für den Lebensbedarf erst anzugreifen, nachdem daraus die Prozesskosten gedeckt sind. Dasselbe gilt für Ausgaben für eine im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2b ZPO unterhaltsberechtigte Person, wenn deren Bedarf entweder durch ihr (Unterhalts-)einkommen oder (gegebenenfalls ergänzend) den dort festgelegten Freibetrag gedeckt ist und der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen von mehr als Null verbleibt. Käme man zu einem einzusetzenden Einkommen unter Null, wären Ausgaben zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs als solche zwar immer noch außer Betracht zu lassen; indessen wäre dann bis zur Summe dieser Ausgaben im maßgeblichen Zeitraum (Zufluss des Vermögens oder Entstehen des Prozesskostenbedarfs bis Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch) der zu Null fehlende Betrag ohne weiteres als unschädlicher Vermögensverzehr anzusehen. Im Ergebnis kann auf die Feststellung solcher Ausgaben verzichtet und braucht nur der jeweils zu Null fehlende Betrag, gegebenenfalls unter Einbeziehung zukünftiger Zeiträume, aufaddiert und vom Vermögen abgezogen zu werden. Die erforderlichen Feststellungen sind auf diese Weise dieselben wie die zur Ermittlung des nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Einkommens anzustellenden, ergänzt um eine Aufaddierung der jeweils zu Null fehlenden monatlichen Beträge und Abzug der Summe vom Vermögen.
bb) Was hier der Fall ist, bedarf indessen keiner Nachprüfung, weil die Ausgabe nur durch eigene eidesstattliche Versicherung und damit nicht ausreichend glaubhaft gemacht ist. Die Zurückverweisung gibt der Antragsgegnerin Gelegenheit, dies nachzuholen. Die erforderlichen Feststellungen zum nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Einkommen wird dann das Amtsgericht vorzunehmen haben.
b) Entsprechendes gilt für die glaubhaft gemachten Kosten der zahnärztlichen Behandlung der Antragsgegnerin von rund 150 EUR.
3.)
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a) Als Ausgaben zur Finanzierung von Sonderbedarf sind anzusehen die für
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Kuraufenthalt mit dem gemeinsamen Kind 500 EUR (a)
Rechtsanwaltskosten rund 2.800 EUR (b)
Kaution für die eigene Mietwohnung 1.200 EUR (c)
darin Neueinrichtung des Kinderzimmers 620 EUR (d)
darin Erneuerung von Fließen 350 EUR (e)
Anschaffung einer Waschmaschine 500 EUR (f)
Reparatur des Kraftfahrzeugs 1.250 EUR (g)
Ausreichend glaubhaft gemacht sind nur die Positionen (b), (c) und (d). Soweit eine Glaubhaftmachung fehlt, kann diese nachgeholt werden.
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b) Im übrigen stellen die Ausgaben, da unbedingt notwendig, keine in Bezug auf die jetzt behauptete Bedürftigkeit grob fahrlässige Vermögensminderung dar.
13 
zu (b)
14 
Dies gilt auch für die Rechtsanwaltskosten. Diese sind zwar für das laufende Verfahren entstanden. Die Antragsgegnerin bleibt indessen deshalb - abgesehen von der Frage des Vermögenseinsatzes - prozesskostenhilfsbedürftig, weil sie das Mandat der bisherigen Rechtsanwälte gekündigt hat. Mit der dadurch bedingten Notwendigkeit, andere Rechtsanwälte zu beauftragen, hat sie sich nicht in grob fahrlässiger Weise bedürftig gemacht. Sie hat das Mandat deshalb gekündigt, weil man eine Zusage, die Vertretung nur durch einen ganz bestimmten Rechtsanwalt wahrzunehmen, nicht eingehalten hatte. Angesichts des Vertrauensverhältnisses, welches überdies in familienrechtlichen Streitigkeiten im besonderem Maße erforderlich ist, ist der Antragsgegnerin die Mandatskündigung nicht vorzuwerfen.
15 
4.) Die Höhe des Schonbetrages wurde bisher auch von dem OLG Karlsruhe mit 2.600 EUR zuzüglich 256 EUR für jede von der nachfragenden Person überwiegende unterhaltene Person angenommen (OLG Karlsruhe - 2. Senat - B. v. 11. Mai 2005 - 2 WF 51/05). Als überwiegend unterhalten gelten nicht Kinder, wenn für diese nur Betreuungsunterhalt oder nur der angemessene Barunterhalt geleistet wird. Der Betrag von 2.600 EUR wird neuerdings auch und gerade von sozialgerichtlicher Rechtsprechung in Frage gestellt zugunsten eines von 1.600 EUR (Sächs. LSG, B. v. 15. Mai 2006 - L 1 B 121/05 AL-Pkh - FamRZ 2007, 156; OLG Celle, B. v. 16. August 2006 - 6 W 82/06 - FamRZ 2007, 297).
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(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Be
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(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Be
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published on 11/05/2005 00:00

Tenor Gründe   1  2  Aus den Gründen: I. 3  Die Parteien - der 1970 geborene Antragsteller und die 1969 geborene Antragsgegnerin - haben 1992 die Ehe geschlossen. A
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(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.

(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.

(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,

1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken;
2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.

(4) (weggefallen)

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.