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| Die Parteien streiten um restliche Leistungsansprüche des Klägers aus einer Sachversicherung wegen des Brandschadens an einer Heuballenpresse. |
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| Der Kläger, ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Landwirt, unterhält bei der Beklagten eine sog. Agrarpolice, die eine Feuerversicherung umfasst. Versichert ist u.a. die landwirtschaftliche Be-triebseinrichtung zum Neuwert. Dem Vertrag liegen „Allgemeine Bedingungen für die ...-AgrarPolice (...-AGP 2008)“ der Beklagten (im Folgenden: AVB) zugrunde, die in ihrem Teil E folgende Bestimmungen enthalten: |
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| „E 9.2 Versicherungswert der Betriebseinrichtung [...] ist |
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| Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen; maßgebend ist der niedrigere Betrag; |
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| [...] 3. der Zeitwert, sofern dieser im Fall der Versicherung zum Neuwert weniger als 40 Prozent des Neuwertes beträgt (Zeitwertvorbehalt). |
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| Der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der beweglichen Sachen durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand. Abweichend davon ist der Neuwert der Versicherungswert der Betriebseinrichtung, sofern diese für ihren vom Hersteller bestimmten Zweck uneingeschränkt verwendungsfähig und in dieser Weise zum Schadenzeitpunkt regelmäßig im Gebrauch ist. Voraussetzung ist weiterhin die regelmäßige Pflege und Wartung. |
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| E 12.2 Entschädigungsberechnung für Inhalt |
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| a) bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert dieser Sachen (E 9.2 bis E 9.5) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; |
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| b) bei beschädigten Sachen und bei Aufwendungen gemäß C 3 die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer Wertminderung, die durch den Versicherungsfall etwa entstanden und durch die Reparatur nicht auszugleichen ist, höchstens jedoch der Versicherungswert dieser Sachen unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; [...] |
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| c) Restwerte werden angerechnet. |
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| 2. In der Neuwertversicherung (E 9.1.1) erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil) nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um |
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| a) bewegliche Sachen, die zerstört wurden oder abhandengekommen sind, in gleicher Art und Güte und neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen; anstelle von Maschinen und Geräten können Maschinen und Geräte beliebiger Art wiederbeschafft werden, wenn sie landwirtschaftlichen Zwecken dienen; |
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| b) bewegliche Sachen, die beschädigt worden sind, wiederherzustellen. |
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| 3. Der Zeitwertschaden bei zerstörten oder abhanden gekommenen Gegenständen wird aus dem Neuwertschaden abzüglich der Wertminderung durch Alter und Abnutzung errechnet. Auf eine Kürzung des in den Wiederherstellungskosten enthaltenen Lohnkostenanteils wird dabei verzichtet.“ |
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| Am 09.06.2014 erlitt die Heurundballenpresse des Klägers, Marke ..., während ihres Betriebs einen Brandschaden. Der Eintritt des Versicherungsfalls ist zwischen den Parteien unstreitig. Im Rahmen der Leistungsprüfung holte die Beklagte ein Gutachten zum erstattungsfähigen Schaden durch den Dipl.-Ing. F. ein, der zu einem Neuwert der Rundballenpresse am Schadenstag von 29.000 EUR, einem Zeitwert von 12.760 EUR und einem erstattungsfähigen Instandsetzungsaufwand von 6.414,10 EUR gelangte (vgl. Schadenbericht vom 14.07.2014, nebst Nachtrag vom 04.05.2018). Letztgenannten Betrag zahlte die Beklagte an den Kläger, der indes die Regulierung des Neuwerts begehrt. |
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| Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, an der Heuballenpresse sei Totalschaden eingetreten. Als Neuwert seien 32.773,11 EUR exkl. MWSt., als Zeitwert maximal 4.000 EUR inkl. MWSt. und als Instandsetzungskosten 10.000 EUR exkl. MWSt. anzusetzen. Die Schadensermittlung durch den Sachverständigen der Beklagten sei fehlerhaft. Unter anderem habe er beim Reparaturaufwand Kosten für die Spannarmrollen von 725,20 EUR, 135,10 EUR und 256 EUR in unzulässiger Weise abgesetzt. Überdies bestehe das erforderliche Feststellungsinteresse, weil der Kläger vorleistungspflichtig und nur dann in der Lage sei, den Kaufpreis vorzufinanzieren, wenn sichergestellt sei, dass der Schaden von der Beklagten ersetzt werde. |
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| die Beklagte zu verurteilen, den Schaden vom 09.06.2014 an der Rundballenpresse ..., Fahrgestellnummer ..., Baujahr 1990, auf Neuwertbasis zu regulieren. |
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| Die Beklagte hat beantragt, |
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| Sie hat das Vorliegen eines Totalschadens bestritten, weil Reparaturkosten und Restwert zusammen den Wiederbeschaffungspreis zum Neuwert per Schadenstag nicht überstiegen. Auf Grundlage der korrekten Schadensbewertung durch den Gutachter F. seien nur die Reparaturkosten zu erstatten. Dabei seien die Kosten für die Spannarmrollen zutreffend abgesetzt worden, weil es sich insoweit um einen nicht versicherten Betriebsschaden handele. |
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| Das Landgericht hat nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Fi. vom 09.03.2018 nebst mündlicher Erläuterung vom 19.06.2018 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten auf Neuwertbasis sei zwar zulässig, weil der Kläger aufgrund der Regelungen in den AVB zum Sachverständigenverfahren nicht gehalten gewesen sei, vor dessen Einleitung die Schadenshöhe zu beziffern. Die Klage sei aber unbegründet. Gemäß E 12.2.1 Buchst. a der AVB werde der Versicherungswert bei zerstörten oder bei infolge eines Versicherungsfalls abhanden gekommenen Sachen ersetzt. Die Heuballenpresse sei weder abhandengekommen noch im Sinne eines technischen Totalschadens zerstört worden. |
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| Es liege auch kein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Ein solcher werde angenommen, wenn die versicherte Sache zwar technisch noch reparabel, der Schaden aber so erheblich sei, dass die erforderlichen Reparaturkosten höher seien als die im Falle eines (echten) Totalschadens zu ersetzenden Wiederbeschaffungskosten. Die Wiederbeschaffungskosten errechneten sich aus dem vereinbarten Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts der beschädigten Sache. Der zwischen den Parteien vereinbarte Wiederbeschaffungswert sei hier der Neuwert, der dem Wiederbeschaffungspreis einer neuen Sache gleicher Art und Funktion im neuwertigen Zustand ohne Abzug neu für alt entspreche. Dieser liege ausweislich des Gutachtens Fi. bei 19.490 EUR. Davon in Abzug zu bringen sei der Restwert der Maschine, der jedenfalls unter dem von dem Sachverständigen errechneten Zeitwert von 1.949 EUR liege. Die Instandsetzungskosten beliefen sich auf 6.784,52 EUR. Damit seien lediglich die unter den Wiederbeschaffungskosten von 17.541 EUR liegenden Reparaturkosten von 6.784,52 EUR seitens der Beklagten zu erstatten. |
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| Daneben hat das Landgericht angemerkt, dass die Voraussetzungen der so genannten Wiederherstellungsklausel gemäß E 12.2.2 nicht vorlägen. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass der Kläger innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt habe, die Entschädigung zur Wiederherstellung zu verwenden. |
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| Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, durch die er sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Er rügt, das Landgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen der Wiederherstellungsklausel abgelehnt. Die Feststellungsklage habe die Verjährung gehemmt. Überdies habe der Kläger mitgeteilt, nur dann in der Lage zu sein, den Kaufpreis für eine neue Rundballenpresse vorzufinanzieren, wenn die Erstattung durch die Beklagte sichergestellt sei. Das Landgericht habe ihn gehörswidrig nicht auf seine entsprechenden Bedenken hingewiesen. Auch liege ein Totalschaden vor. Das Landgericht sei insoweit von einem falschen Neuwert ausgegangen. Die Reparaturkosten überstiegen den Zeitwert zum Schadenstag bei weitem. Seit dem Schadensfall habe die Presse nur noch Schrottwert. |
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| die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger den Schaden vom 09.06.2014 an der Rundballenpresse ..., Fahrgestellnummer ..., Baujahr 1990, auf Neuwertbasis zu regulieren. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Überdies wendet sie ein, dass die vom Kläger erhobene Feststellungsklage die Dreijahresfrist für die Sicherstellung der Wiederherstellung nicht hemme. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die Feststellungen des Landgerichts, soweit sie zu den hier getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verhandlungsprotokolle Bezug genommen. |
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| Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. |
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| 1. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist zulässig. |
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| a) Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, ist der vom Kläger zur Entscheidung gestellte Klageantrag trotz seiner Fassung nicht auf Verurteilung zu einer Leistung, sondern auf gerichtliche Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Schadensregulierung nach Maßgabe von E 12.2.1 Buchst. a, E 12.2.2 Buchst. a der AVB gerichtet. |
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| Bei der Auslegung eines Klageantrags ist nicht an dessen buchstäblichem Sinn zu haften, sondern der wirkliche Wille der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 28.04.2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 Rn. 27 m.w.N.). |
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| Zwar begehrt der Kläger nach dem Wortlaut seines Antrags die Verurteilung der Beklagten zu einer Handlung. Ungeachtet bestehender Zweifel an der erforderlichen Bestimmtheit eines solchen Antrags hat der Kläger aber bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen, dass das „Feststellungsinteresse“ bestehe (Schriftsatz vom 11.10.2016 S. 3). Damit hat er hinreichend verdeutlicht, dass sein Klagebegehren tatsächlich als Feststellungsantrag verstanden werden soll. Überdies hat er ebenfalls bereits in der Klageschrift vorgetragen, die Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteige (sog. Neuwertspitze), setze die Sicherstellung einer Ersatzbeschaffung voraus, er sei hierzu aber nur in der Lage, wenn sichergestellt sei, dass die entsprechenden Kosten durch die Beklagte ersetzt würden. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er durch das von ihm begehrte Urteil die Verpflichtung der Beklagten bestätigt wissen will, den Schaden auf Versicherungswertbasis (E 12.2.1 Buchst. a der AVB) anstelle der von der Beklagten für einschlägig erachteten Reparaturkostenbasis (E 12.2.1 Buchst. b der AVB) zu regulieren und in diesem Zusammenhang die Neuwertspitze nach E 12.2.2 Buchst. a der AVB zu entschädigen, sobald er die erforderliche Ersatzbeschaffung sicherstellt. |
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| b) Der so verstandene Antrag betrifft ein feststellungsfähiges, gegenwärtiges Rechtsverhältnis. |
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| Soweit ein Kläger die Feststellung von Rechtsfolgen aus einem Rechtsverhältnis begehrt, das noch nicht besteht, sondern erst in Zukunft unter Voraussetzungen, deren Eintritt noch offen ist, entstehen kann, genießt er noch kein Recht auf richterlichen Schutz (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1992 - V ZR 82/91, BGHZ 120, 239 [juris Rn. 34] m.w.N.). Dies bedeutet allerdings nicht, dass für die Eröffnung der Feststellungsklage alle Umstände, von denen die Entstehung der festzustellenden Rechtsfolge abhängt, bereits eingetreten sein müssten. Vielmehr reicht es insoweit aus, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.1992 - IV ZR 213/91, VersR 1992, 950 [juris Rn. 9] m.w.N.). |
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| Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar geht es dem Kläger um die Feststellung der künftigen Verpflichtung der Beklagten zur Entschädigung der Neuwertspitze. Aufgrund der strengen Wiederherstellungsklausel in E 12.2.2 Buchst. a der AVB erwirbt er den darauf gerichteten Anspruch erst, wenn er die Verwendung der geforderten Entschädigung zu den dort genannten Zwecken sicherstellt. Bis dahin fehlt es an einer Anspruchsvoraussetzung; der entsprechende Anspruch ist noch nicht entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2000 - IV ZR 280/99, r+s 2001, 118 [juris Rn. 11]). |
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| Bei der Frage nach der Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses ist aber nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung abzustellen (a.A. OLG Köln, VersR 2018, 1248 f.; Günther, r+s 2017, 340 f. unter Bezugnahme auf eine unveröffentlichte Entscheidung des LG Köln). Maßgebend ist vielmehr, dass die Grundlagen des Anspruchs auf Entschädigung der Neuwertspitze nach Eintritt des Versicherungsfalls bereits angelegt sind und es zur Entstehung des Anspruchs - das Vorliegen aller übrigen, behaupteten Tatbestandsvoraussetzungen unterstellt - ausschließlich noch der Sicherstellung der Entschädigungsverwendung bedarf. Bei Vorliegen solch verdichteter Rechtsbeziehungen verdient der Kläger richterlichen Schutz. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass Versicherungsnehmern, die nicht über die erforderlichen Mittel zur Sicherstellung der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung verfügen, ansonsten keine Rechtsschutzmöglichkeit gegen einen Versicherer zur Verfügung stünde, der sich rechtswidrig von vornherein weigert, seine Verpflichtung zur Erstattung der Neuwertspitze festzustellen. Gerade in solchen Fällen bleibt dem Versicherungsnehmer nur die Möglichkeit, diese Feststellung durch eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (so BGH, Urteil vom 26.10.2016 - IV ZR 193/15, r+s 2017, 133 Rn. 29; ähnlich OLG Celle, r+s 1990, 93, 95). |
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| c) Der Kläger hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte stellt seinen Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe von E 12.2.1 Buchst. a, E 12.2.2 Buchst. a der AVB in Abrede. Die Möglichkeit zur Leistungsklage steht dem Kläger - ungeachtet der Ausführungen des Landgerichts zur in den AVB eröffneten Möglichkeit des Sachverständigenverfahrens - schon wegen der vereinbarten strengen Wiederherstellungsklausel nicht zur Verfügung. |
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| 2. Das Feststellungsbegehren ist aber unbegründet. |
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| a) Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz des Versicherungswerts der Heuballenpresse unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls. |
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| aa) Nach E 12.2.1 Buchst. a der AVB hat der Versicherer den Versicherungswert einer versicherten Sache zu ersetzen, wenn sie zerstört wurde oder infolge eines Versicherungsfalls abhanden kam. Dagegen schuldet er gemäß E 12.2.1 Buchst. b der AVB im Falle der bloßen Beschädigung den Ersatz der notwendigen Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Wertminderung. |
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| bb) Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Heuballenpresse nicht als zerstört i.S.v. E 12.2.1 Buchst. a der AVB, sondern als beschädigt i.S.v. E 12.2.1 Buchst. b der AVB anzusehen ist. |
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| (1) Die Berufung wendet sich nicht gegen die Feststellung des Landgerichts, die Reparatur der brandgeschädigten Heuballenpresse sei technisch möglich. Sie greift nur dessen Wertung an, nach der auch kein wirtschaftlicher Totalschaden vorliege. |
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| Unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schaden anzunehmen ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Während eine Ansicht insofern fordert, dass die Reparaturkosten zuzüglich einer eventuellen Wertminderung höher sind als der vereinbarte Versicherungswert abzüglich eines eventuellen Restwerts (Jula in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. Allgemeine Hausratsversicherungsbedingungen 2010 § 12 Rn. 3; ders., Sachversicherungsrecht 4. Aufl. S. 226; Gierschek in Dietz/Fischer/Gierschek, Wohngebäudeversicherung 3. Aufl. § 13 A Rn. 12 ff.), spricht sich die Gegenansicht dafür aus, dass es bereits genüge, wenn die Reparaturkosten die Differenz aus Zeitwert und Restwert übersteigen (Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. R I Rn. 17 a.E.). Das Landgericht hat seine Bewertung auf Grundlage der erstgenannten Ansicht getroffen, während die Berufung die zweitgenannte Meinung für richtig erachtet. |
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| (2) Der Meinungsstreit bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Leistungsumfang der Beklagten richtet sich nicht nach allgemeinen Schadensbegriffen, sondern den - insoweit weder vom Landgericht noch den Parteien in den Blick genommenen - vertraglichen Vereinbarungen im konkreten Fall (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. Vorb. zu §§ 74-99 Rn. 80). Nach Auslegung der in den Versicherungsvertrag des Klägers einbezogenen Versicherungsbedingungen ist unabhängig von der generellen Definition des wirtschaftlichen Totalschadens keine Zerstörung der Rundballenpresse anzunehmen, so dass eine Schadensregulierung nach Maßgabe von E 12.2.1 Buchst. a der AVB von vornherein ausscheidet. |
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| (a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGH, Urteil vom 23.06.1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 84 [juris Rn. 14] m.w.N.; st. Rspr.). |
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| (b) Eine ausdrückliche Regelung, ab welchem Grad der Beschädigung die versicherte Sache als zerstört anzusehen ist, enthalten die Versicherungsbedingungen nicht. Aus E 12.2.1 Buchst. b der AVB ersieht der durchschnittliche Versicherungsnehmer indes, dass im Falle der technischen Reparaturfähigkeit eine Zerstörung so lange nicht vorliegt, wie die notwendigen Reparaturkosten zuzüglich einer Wertminderung, die durch den Versicherungsfall entstanden und durch die Reparatur nicht auszugleichen ist, den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht übersteigen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 08.11.1995 - IV ZR 365/94, BGHZ 131, 157 [juris Rn. 16]). Denn die Regelung des Versicherungswerts als Entschädigungsgrenze machte an dieser Stelle keinen Sinn, wenn regelmäßig bereits vor deren Erreichen wegen der Annahme eines wirtschaftlichen Totalschadens eine Zerstörung der versicherten Sache i.S.v. E 12.2.1 Buchst. a der AVB anzunehmen und damit eine Regulierung nach E 12.2.1 Buchst. b der AVB ohnehin ausgeschlossen wäre. Der verständige Versicherungsnehmer entnimmt dem, dass jedenfalls bis zum Erreichen dieser Entschädigungsgrenze - unabhängig von der Wirtschaftlichkeit einer Reparatur - von einer Beschädigung und nicht von einer Zerstörung im Sinne der Bedingungen auszugehen ist. |
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| Dem steht - anders als die Berufung meint - das Begriffsverständnis gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht entgegen. Denn auch danach ist eine Sache nicht immer schon dann als zerstört anzusehen, wenn sie - wie beispielsweise ein PKW mit einem geplatzten Reifen - unrepariert nicht gebrauchsfähig ist. Ein solches Fahrzeug ist nach allgemeinem Verständnis nicht zerstört, sondern nur beschädigt. Dass anhand des allgemeinen Sprachgebrauchs Kostenlimits bestimmt werden könnten, anhand derer sich - im Falle der technischen Reparaturfähigkeit - der Begriff der Zerstörung von dem der Beschädigung abgrenzen ließe, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die von der Berufung weiter angeführte Begriffbildung in der strafrechtlichen Rechtsprechung ist einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannt. |
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| Auch der für den Versicherungsnehmer erkennbare Sinn und Zweck der Neuwertversicherung gebietet kein abweichendes Verständnis. Es ist nicht erkennbar, weshalb eine Neuwertversicherung für einen Landwirt nur dann Sinn machte, wenn sie ihm in jedem Schadenfall ermöglichte, durch die Entschädigung „die entsprechende Maschine/Sache“ neu anzuschaffen. Hinreichender Schutz des Versicherungsnehmers ist auch dann gewährleistet, wenn er nur im Falle der Zerstörung der versicherten Sache durch die Versicherungsleistung in die Lage versetzt wird, eine neue anstelle einer gebrauchten Ersatzsache zu erwerben, und im Übrigen Ersatz der Reparaturkosten (ggfs. zuzüglich einer Wertminderung) erhält. Dies gilt auch dann, wenn im Falle technischer Reparaturfähigkeit bis zum Erreichen der Entschädigungsgrenze nach E 12.2.1 Buchst. b der AVB eine Entschädigung nur auf Reparaturkostenbasis erfolgt. |
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| (c) E 12.2.1 Buchst. a und b der AVB sind nicht in einer Weise unklar, dass die Zweifel nach § 305c Abs. 2 BGB eine Auslegung im Sinne der Berufung rechtfertigten. Unklar gemäß § 305c Abs. 2 BGB sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (BGH, Urteil vom 14.06.2017 - IV ZR 161/16, r+s 2017, 421 Rn. 12). Wie unter (b) ausgeführt fehlt es hier an einer solchen Mehrdeutigkeit. |
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| (d) Nach all dem kann der Kläger im Streitfall nur eine Schadensregulierung auf Reparaturkostenbasis verlangen. Nach seinem eigenen Vortrag liegen die erforderlichen Reparaturkosten zuzüglich der nicht auszugleichenden Wertminderung unter dem Versicherungswert der Rundballenpresse. |
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| Versicherungswert der Rundballenpresse ist im Streitfall der Neuwert. Zwar liegt ihr Zeitwert nach dem Vortrag des Klägers unter der Grenze von E 9.2.3 Satz 1 der AVB. Ungeachtet dessen ist aber nach E 9.2.3 Satz 3 der AVB der Neuwert maßgeblich, weil die Presse als Teil der Betriebseinrichtung vor Eintritt des Versicherungsfalls uneingeschränkt verwendungsfähig und in dieser Weise beim Kläger in Gebrauch war. Die regelmäßige Pflege und Wartung des Geräts durch den Kläger, einen KFZ-Mechaniker, vor Eintritt des Versicherungsfalls steht außer Streit (s. Schadenbericht F. vom 14.07.2014, S. 3 f.; Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 17.11.2016). |
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| Als Neuwert des Geräts hat der Kläger in der Berufungsinstanz einen Wert von 29.000 EUR netto genannt. In der Klageschrift hat er die Reparaturkosten mit einem - von keinem der beiden tätigen Sachverständigen bestätigten - Wert von mindestens 10.000 EUR netto angegeben. Zur Wertminderung hat er sich nicht geäußert. Diese kann jedoch nicht über dem von ihm für richtig erachteten Zeitwert der unbeschädigten Maschine von 4.000 EUR brutto liegen. Die Entschädigungsgrenze i.S.v. E 12.2.1 Buchst. b der AVB wird danach nicht erreicht. |
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| b) Mangels Anspruchs auf Auszahlung des Versicherungswerts steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung der Neuwertspitze zu. Auf die Frage, ob der Kläger die Voraussetzungen von E 12.2.2 Buchst. a der AVB innerhalb der dort genannten Frist hätte erfüllen müssen und ob dies gegebenenfalls jetzt noch nachgeholt werden kann, kommt es danach nicht an. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Zulassung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO im Hinblick auf das Urteil des OLG Köln (VersR 2018, 1248) geboten, nachdem die Frage der Zulässigkeit einer Klage zur Feststellung der Verpflichtung des Versicherers zur Erstattung der Neuwertspitze bereits durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.10.2016 (IV ZR 193/15, r+s 2017, 133 Rn. 29) höchstrichterlich geklärt ist. |
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