Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Okt. 2014 - 1 AK 90/14; 1 AK 90/14 - 6 Ausl A 184/14

published on 24/10/2014 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Okt. 2014 - 1 AK 90/14; 1 AK 90/14 - 6 Ausl A 184/14
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Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06. August 2014 ist zulässig, soweit dem Verfolgten hierin

unter Ziffer 1 ein im August 2013 in O.,

unter Ziffer 5 ein am 27. Oktober 2013 in O.,

unter Ziffer 6 ein am 02.November 2013 in C. und

unter Ziffer 8 ein am 08. Februar 2014 in O.

begangenes Verbrechen nach § 3 g Verbotsgesetz 1947 zur Last gelegt wird.

2. Im Übrigen wird die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06. August 2014 für derzeit unzulässig erklärt.

3. Soweit die Auslieferung für zulässig erklärt wird, erfolgt dies mit der Maßgabe, dass die österreichischen Justizbehörden vor Überstellung eine ausdrückliche Zusicherung abgeben, den Verfolgten im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder einer sonstigen Sanktion auf seinen Wunsch zur Strafvollstreckung wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen.

4. Es wird festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15. September 2014, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.

5. Soweit der Senat die Auslieferung für unzulässig erklärt hat, fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Verfolgten der Staatskasse zur Last.

6. Die Auslieferungshaft hat fortzudauern.

Gründe

 
I.
Der Senat hat gegen den am 11.08.2014 festgenommenen Verfolgten - einen deutschen Staatsangehörigen - am 13.08.2014 einen Auslieferungshaftbefehl erlassen. Grundlage desselben ist der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014, welchem in Verbindung mit der Ausschreibung des Verfolgten im Schengener Informationssystem (SIS) zu entnehmen ist, dass gegen den Verfolgten eine nationale Haftanordnung des Landesgerichts für Strafsachen in U. vom 06.08.2014 unter dem mit einer Höchststrafe von zehn Jahren bedrohten Vorwurf eines Verbrechens nach § 3g Verbotsgesetz 1947 besteht. Dem Verfolgten wird im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 nebst rechtlicher Würdigung die Begehung folgender Straftaten vorgeworfen:
Wird ausgeführt:
Im Beschluss vom 13.08.2014 hat der Senat im Hinblick auf die Frage der Haftfortdauer eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für notwendig erachtet und nach Eingang entsprechender Unterlagen mit weiterem Beschluss vom 12.09.2014 die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 15.09.2014 beantragt, die Auslieferung im nachgesuchtem Umfang für zulässig zu erklären. Zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Der Verfolgte hat bei seinen richterlichen Anhörungen am 12.08.2014 und 18.08.2014 vor dem Amtsgericht M. einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt, nähere Einwendungen gegen die Zulässigkeit seiner Auslieferung jedoch nicht erhoben. Er hat insoweit lediglich Angaben zu seinen persönlichen Verhältnisses gemacht und angegeben, er habe sich vom 14.11.2011 bis zum 13.02.2014 in Österreich zum Arbeiten aufgehalten und sei jetzt wieder in Y. wohnhaft. Auch der vom Verfolgten bevollmächtigte und vom Senat am 28.08.2014 zum Pflichtbeistand bestellte Rechtsbeistand, Rechtsanwalt U. F. aus Y., hat sich mit Schriftsatz vom 11.09.2014 nur zu den persönlichen Verhältnisses des Verfolgten geäußert und zum Zulässigkeitsantrag der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.09.2014 sowie der vom gleichen Tage stammenden Vorabbewilligung trotz einer erneuten Anfrage des Senats vom 08.10.2014 nicht Stellung genommen.
II.
Nach Inkrafttreten des Europäischen Haftbefehlsgesetzes vom 20.07.2006 (BGBL. 2006 I, 1721) am 2.8.2006 richtet sich der Auslieferungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach dem neu eingeführten Achten Teil des IRG, wobei die übrigen Bestimmungen des IRG Anwendung finden, soweit dieser Teil keine abschließende Regelung enthält (78 IRG).
Die Auslieferung des Verfolgten nach Österreich aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 ist bezüglich der dort unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 aufgeführten Taten zulässig, da bezüglich dieser Vorwürfe die Auslieferungsvoraussetzungen vorliegen und Auslieferungshindernisse nicht bestehen. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Gründe seines Beschlusses vom 13.08.2014, soweit diese aufgrund der eingeschränkten Zulässigkeitserklärung fortgelten.
1. Bezüglich der vier für zulässig erklärten Tatvorwürfe genügt der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 zunächst den formellen Anforderungen des § 83a Abs.1 IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person. Hierzu ist es notwendig, dass die Haftanordnung eine ausreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs enthält, welche einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglicht (Senat StV 2007, 650; 2005, 232). Auch wenn - wie vorliegend der Fall - der ersuchende Staat ein Verhalten als Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr. 4 IRG (hier: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit) bezeichnet, muss die Ausschreibung eine Schlüssigkeitsprüfung dahingehend ermöglichen, ob die Sachdarstellung einen nachvollziehbaren Rückschluss hierauf zulässt (Senat StV 2007, 139). Insoweit sind die oben bezeichneten vier Taten nicht nur nach Tatzeit und Tatort konkretisiert, sondern ihnen lässt sich auch der Tatvorwurf hinreichend deutlich entnehmen. Auch die vom Senat durchzuführende Schlüssigkeitsprüfung ergibt, dass die österreichischen Justizbehörden die Taten zu Recht als Katalogtaten nach Art.2 Abs.2 RbEuHb bezeichnet haben, so dass eine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit entfällt (§ 81 Nr.4 IRG).
Dabei ist zur Auslegung der Begriffe des „Rassismus“ und der „Fremdenfeindlichkeit“ auf den Rahmenbeschluss 2008/913/JI des Rates vom 28.01.2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABL. L 328 v. 06.12.2008, S. 55) abzustellen (Böse in: Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 26. Lfg. 2012, § 81 IRG Rn. 42), wonach von dieser Deliktsgruppe neben der öffentlichen Aufstachelung zu Gewalt und Hass gegen eine über Hautfarbe, Rasse, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft definierte Gruppe von Personen vor allem das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne der Artikel 6, 7 und 8 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs, das gegen eine solche Personengruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet ist, erfasst wird (vgl. Art. 1 Abs.1c RB 2008/913/JI). Die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 (25 St 168/14t) unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 aufgeführten Straftaten sind in diesem Sinne zunächst öffentlich begangen, weil der Verfolgte nationalsozialistische Kennzeichen (§ 86a Abs. 2 StGB) entweder öffentlich zur Schau gestellt (Tat Ziffer 1) oder allgemein über Internet (Tat Ziffer 6), über You Tube (Tat Ziffer 5) oder nach Aufzeichnung mit dem Handy über WhatsApp (Tat Ziffer 8) veröffentlicht bzw. über Dritte verbreitet hat. Da insoweit die österreichischen Justizbehörden diese Deliktsgruppe schlüssig im Europäischen Haftbefehl bezeichnet haben, kommt es mangels Erforderlichkeit der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit nicht darauf an, ob das unter Ziffer 1,5,6, und 8 geschilderte Verhalten auch nach deutschem Recht strafbar wäre.
2. Auch die sich im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Verfolgten ergebenden besonderen Auslieferungsvoraussetzungen nach § 80 IRG erfordern eine solche Prüfung nicht. Nach dieser Vorschrift ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur bei Sicherung der Rücküberstellung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG) und bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 IRG) uneingeschränkt zulässig. Bei Straftaten mit maßgeblichem Inlandsbezug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 IRG) ist sie hingegen grundsätzlich unzulässig. Bei sog. Mischfällen ist sie nur dann statthaft, wenn neben der Sicherung der Rücküberstellung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG) die beiderseitige Strafbarkeit vorliegt und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 bis 4 IRG). Nach dem im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 mitgeteilten Sachverhalt ist vorliegend davon auszugehen, dass die dem Verfolgten unter Ziffer 1, 5, 6 und 8 zur Last gelegten Taten einen maßgeblichen Auslandsbezug aufweisen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 IRG). Sämtliche Taten sind in Österreich begangen. Auch der in der Gefährdung des Rechtsguts des § 3 g Verbotsgesetz 1947 liegende Erfolg ist entweder vollständig (Tat Ziffer 1) oder in wesentlichen Teilen (Taten Ziffer 5, 6 und 8) in Österreich eingetreten. Allein der Umstand, dass der Verfolgte in den letztgenannten Fällen durch das Einstellen nationalsozialistischer Kennzeichen im Internet oder über You Tube bzw. WhatsApp diese auch außerhalb Österreich öffentlich zugänglich machte, führt nicht zur Annahme eines sog. Mischfalles im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 IRG. Bei einer wertenden Betrachtung verbleibt der Schwerpunkt der Tatbegehung anders als bei reinen Distanz- oder Transportdelikten - vielmehr weiterhin im ersuchenden Staat (vgl. hierzu Böse in: Grützner/Pötz/Kreß, a.a.O., § 80 IRG Rn. 24, 30 m.w.N.), zumal hier keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Veröffentlichung gezielt auf im deutschen Inland wohnhafte Internetbenutzer bezogen war.
Dass entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG noch keine Erklärung der österreichischen Justizbehörden vorliegt, dass der Verfolgte im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung auf seinen Wunsch zur Vollstreckung der Strafe in die Bundesrepublik Deutschland zurück überstellt werden wird, steht der Zulässigkeitserklärung nicht entgegen. Insoweit hat es der Senat vorliegend als ausreichend angesehen, die Auslieferung mit der Maßgabe für zulässig zu erklären, dass die österreichischen Justizbehörden vor Überstellung des Verfolgten eine ausdrückliche Zusicherung abgeben, diesen im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder einer sonstigen Sanktion auf seinen Wunsch zur Strafvollstreckung wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen (vgl. hierzu Senat StV 2005, 32; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006, 3 Ausl. 52/06).
10 
3. Auch Auslieferungshindernisse liegen nicht vor. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Verfolgte in Österreich ein faires Verfahren erhalten und zur Wahrung seiner Rechte ihm auch ein Verteidiger beigeordnet werden wird. Dem Verfolgten droht in Österreich im Falle eines Schuldspruchs auch keine unerträglich harte Strafe. Zwar können die ihm vorgeworfenen Straftaten nach österreichischem Recht mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren und bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren geahndet werden, während §§ 86, 86 a StGB lediglich einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren vorsehen. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte, dass die österreichischen Justizbehörden im Falle eines Schuldspruchs das Maß der Schuld nicht nach europäischen Standards bemessen und eine exorbitante Strafe verhängen würden, so dass eine Aufklärung des Sachverhalts im Hinblick auf ein zu erwartendes Strafmaß nicht angezeigt war. Sonstige mögliche und relevante etwaige Auslieferungshindernisse sind aus den Akten nicht ersichtlich und werden vom Verfolgten oder seinem Rechtsbeistand auch nicht geltend gemacht.
III.
11 
Die vom Senat nach § 79 Abs. 2 Satz 3 IRG zu überprüfende Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.09.2014, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, ist rechtsfehlerfrei getroffen. Sie ermöglicht dem Senat die gebotene Überprüfung, ob die Bewilligungsbehörde die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 83b Abs. 1 IRG zutreffend beurteilt hat und sich bei Vorliegen von Bewilligungshindernissen des ihr eingeräumten Ermessens unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des Einzelfalles bewusst war (Senat, Beschluss vom 20.12.2006, 1 AK 46/06). Auch hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihre Bewertung keine unzulässigen Erwägungen mit eingestellt sowie alle wesentlichen und fallrelevanten Gesichtspunkte ausdrücklich bedacht und abwägend gegenübergestellt. Ebenso kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Bewilligungsbehörde bei der erfolgten Einzelfallbetrachtung berücksichtigten sozialen Belange des Verfolgten oder das innerstaatliche Strafverfolgungsinteresse eine Versagung der Bewilligung gebieten würden (vgl. Senat, a.a.O.), so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Bewilligungsbehörde im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null vorliegend verpflichtet gewesen wäre, ein vollumfängliches Bewilligungshindernis nach § 83b Abs. 1 IRG geltend zu machen und die Überstellung des Verfolgten an die österreichischen Justizbehörden zu versagen.
12 
Insoweit merkt der Senat folgendes an: Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe geht vorliegend zunächst zu Recht davon aus, dass hier ein Bewilligungshindernis nach § 83 b Abs. 1 lit a, lit b IRG in Betracht kommt. In Anbetracht der nach §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 91 a StGB jedenfalls teilweise bestehenden deutschen Gerichtsbarkeit kommt es dabei auch nicht darauf an, ob die zuständige Staatsanwaltschaft nach dem Legalitätsprinzip ein Ermittlungsverfahren hätte einleiten müssen (§ 152 Abs. 2 StPO) oder - wie hier mit Verfügung vom 10.09.2014 durch die Staatsanwaltschaft Gera erfolgt - zu Recht von der Einleitung eines solchen abgesehen hat (vgl. hierzu Senat NJW 2007, 617). Rechtsfehlerfrei ist auch die Erwägung, dass nach § 79 Abs. 1 IRG eine grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung zulässiger Auslieferungsersuchen besteht und insbesondere bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug - um eine solche handelt es sich vorliegend - dem gesteigerten Interesse des ersuchenden Staates in aller Regel ein nur vermindertes Interesses der deutschen Justizbehörden an der Durchführung eines Strafverfahrens gegenüber steht. Zwar hat die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe nicht ausdrücklich bedacht, dass bei der Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen EU-Mitgliedsstaat auch bei Straftaten mit maßgeblichem Auslandsbezug die Bewilligung dann zu versagen ist, wenn bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung das innerstaatliche Strafverfolgungs-interesse oder die zu berücksichtigenden sozialen Belange des Verfolgten eine solche Entscheidung gebieten (vgl. hierzu Senat StV 2007, 617; Senat, Beschlüsse vom 13.05.2013, 1 AK 63/12, und vom 11.07.2014, 1 AK 56/13; zur besonderen Schutzwürdigkeit deutscher Staatsangehöriger vgl. auch KG StraFo 2010, 191 sowie BVerfG 113, 273; dass. Strafo 2009, 455: „grundrechtsschonende Auslegung“), dies macht die Entschließung jedoch nicht rechtsfehlerhaft, weil solche besonderen sozialen Belange des Verfolgten hier ersichtlich nicht vorliegen. Allein der Umstand, dass er Vater dreier in der Bundesrepublik Deutschland lebender Kinder im Alter von 5, 8 und 15 Jahren ist, begründet solche Umstände nicht, zumal diese familiären Umstände ihn nicht von einem mehrjährigen Aufenthalt im Österreich abgehalten haben und er zudem auf seinen Wunsch eine eventuell verhängte Freiheitsstrafe auch in der Bundesrepublik Deutschland verbüßen kann.
13 
Der Senat teilt die Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, dass das Strafverfahren gegen den Verfolgten nicht in vergleichbar sachgerechter und effektiver Weise wie in Österreich in der Bundesrepublik Deutschland geführt werden könnte, vor allem liegt kein Fall vor, in welchem der Verfolgte die Begehung der Tat auch vor den deutschen Justizbehörden glaubhaft und nachweislich eingeräumt hat und deshalb schon im Regelfall keine umfangreiche inländische Beweisaufnahme durchgeführt werden muss (vgl. hierzu etwa Senat, Beschluss vom 13.05.2013, 1 AK 63/12).
IV.
14 
Im Übrigen genügen die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 (25 St 168/14t) aufgeführten Taten nicht den formellen Anforderungen des § 83a IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl nicht nur eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, sondern die Haftanordnung muss auch derart konkretisiert sein, dass eine ausreichende Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit möglich ist. Insoweit sind die im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft U. vom 06.08.2014 aufgeführten Taten entweder in zeitlichen und örtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt beschrieben (Taten Ziffer 2, 3, 4, 10, 11, 12, 13 und 14) oder aber aus der Beschreibung kann nicht auf eine Verwirklichung der nach deutschem Recht in Frage kommenden Straftatbestände der §§ 86, 86a StGB (Taten Ziffer 7 und 9) oder aber des § 130 StGB (Tat Ziffer 15) geschlossen werden. Eine Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit ist aber insoweit erforderlich, da nach dem mitgeteilten Sachverhalt diese Taten nicht öffentlich im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28.01.2008 zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ABL. L 328 v. 06.12.2008, S. 55) begangen worden sind und es deshalb - wie oben unter II 1 näher ausgeführt - am Vorliegen einer Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr. 4 IRG fehlt.
V.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 IRG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO entsprechend.
16 
Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen scheidet schon deshalb aus, weil der Senat die Auslieferung teilweise für zulässig erklärt hat.
VI.
17 
Die Auslieferungshaft hat fortzudauern. Es besteht auch weiterhin die erhebliche, anderweitig nicht abwendbare Gefahr, dass der Verfolgte ohne eine solche Anordnung versuchen würde, sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung zu entziehen.
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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,1.gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehör
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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,1.gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehör
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published on 13/05/2013 00:00

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 09. November 2012, dass die Geltendmachung von Bewilligungshindernissen nicht beabsichtigt sei, rechtsfehlerhaft getroffen ist. 2. Die Entsche
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Annotations

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

(1) Wer Propagandamittel

1.
einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
2.
einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
3.
einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder
4.
die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Propagandamittel einer Organisation, die im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 1) als juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft aufgeführt ist, im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(3) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Propagandamittel im Sinne des Absatzes 2 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation oder gegen die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

(5) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Soweit dieses Gesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und seines Einführungsgesetzes, der Strafprozeßordnung, des Jugendgerichtsgesetzes, der Abgabenordnung und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sinngemäß.

(2) Bei der Leistung von Rechtshilfe für ein ausländisches Verfahren finden die Vorschriften zur Immunität, zur Indemnität und die Genehmigungsvorbehalte für Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Räumen eines Parlaments Anwendung, welche für deutsche Straf- und Bußgeldverfahren gelten.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.