Oberlandesgericht Köln Urteil, 03. März 2015 - 22 U 82/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 05. Mai 2014 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 20 O 396/13 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Das zulässige Rechtsmittel der Kläger hat auch in der Sache Erfolg.
3A.
4Nachdem die Beklagte während des Berufungsverfahrens die Mieträume (zum 31.07.2014) an die Kläger herausgegeben hat, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt (Bl. 114 d. A.); die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen (Bl. 121 d. A.).
5Eine – wie hiernach erfolgte einseitige Erledigungserklärung ist dahin auszulegen, daß der jeweilige Kläger die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist (wohl allgemeine Meinung, vgl. etwa Baumbach-Lauterbach/Hartmann, § 91 a ZPO, Rn. 171).
6B.
7Dieser Feststellungsantrag ist begründet, weil die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses (hier: Rückgabe der Mietsache) begründet war, die Kläger also Anspruch auf Räumung des Mietobjektes hatten.
81. Fristlose Kündigung
9Sie ist im ersten Rechtszug nicht Prozessstoff geworden, da sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Landgerichts geltend gemacht worden ist (Bl. 54 d. A.). Der damalige Schriftsatz vom 1. April 2014 war zwar nachgelassen (Bl. 40 R d. A.), der Schriftsatznachlass bezog sich aber nur auf den – nicht streitgegenständlichen – Mietvertrag über die Wirtewohnung, den die Beklagte im Termin des Landgerichts vom 07.03.2014 auszugsweise und danach etwas vollständiger vorgelegt hatte. Soweit die Kläger sich im Berufungsrechtszug auf fristlose Kündigung berufen, steht dem deshalb § 533 Nr. 2 ZPO entgegen: Bei der fristlosen Kündigung müsste ein Kündigungsgrund geprüft werden, bei der fristgerechten Kündigung nicht.
102. Ordentliche Kündigung
11Der gewerbliche Mietvertrag aus 2011 ist ein Zeitvertrag (Bl. 5, § 4). Die ordentliche Kündigung setzt also voraus, daß er nach § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt, mit anderen Worten, daß die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten ist.
12Dies machen die Kläger im Ergebnis mit Recht geltend.
13Ob sich dies bereits – wie die Kläger geltend machen - aus einer unzureichenden Beschreibung des Mietobjektes im Mietvertrag oder auf der Mitvermietung der Wirtewohnung folgern läßt, braucht nicht entschieden zu werden.
14Denn die gesetzliche Schriftform ist jedenfalls deshalb nicht eingehalten, weil der Mietvertrag zwischen der damaligen Grundstücksgemeinschaft L pp. und der Beklagten (Bl. 4 ff. d. A.) auf Vermieterseite nicht von allen Mitgliedern der genannten Gemeinschaft unterschrieben worden ist.
15Die seinerzeitige Grundstücksgemeinschaft bestand aus vier Personen (Bl. 4 d. A.) unterzeichnet ist der Vertrag auf Vermieterseite nach Darstellung der Kläger von einer Person (Bl. 95 d. A.), nach Darstellung der Beklagten von drei Personen (Bl. 110 d. A.): Unstreitig hat jedenfalls Frau D den Vertrag nicht unterzeichnet.
16Ein Vertretungsvermerk findet sich bei der Unterschrift oder den Unterschriften auf Vermieterseite nicht (Bl. 10 d. A.). Er wäre aber erforderlich gewesen (BGH XII ZR 187/00, Rn. 21 – Erbengemeinschaft -; XII ZR 134/02, Rn. 13 – GbR -; XII ZR 86/07, Rn. 13 f – Aktiengesellschaft). Eine Ausnahme hat der Bundesgerichtshof für den Fall zugelassen, daß ein Alleingeschäftsführer einer GmbH unterzeichnet (XII ZR 121/05, Rn. 11); aber das beruhte darauf, dass in einer solchen Konstellation klar ist, daß der Geschäftsführer nicht als Privatmann handelt, sondern namens der GmbH, und dass er der einzige Vertreter der Gesellschaft ist. Daraus kann die Beklagte deshalb nichts herleiten.
17Ohne Erfolg macht sie geltend, die Miteigentümerin Q habe – auch – als Vertreterin von Frau D gehandelt und seinerzeit eine Vollmacht vorgelegt (Bl. 110 d. A.). Aber darauf kommt es nicht an. § 550 BGB dient u. a. dem Schutz eines etwaigen späteren Grundstückserwerbers (statt aller Palandt-Weidenkaff § 550 BGB, Rn. 1); deshalb hätte die Schriftform allenfalls dann gewahrt sein können, wenn die Vollmacht dem Vertrag beigefügt worden wäre, was aber unstreitig nicht geschehen ist.
18C.
19Die gesetzliche Schriftform ist danach nicht eingehalten, also war eine ordentliche Kündigung möglich.
20Die Kündigungserklärung stammt vom 18.09.2013, also ist die Kündigungsfrist des § 580a Abs. 2 BGB zum 31.03.2014 abgelaufen. Deshalb war die Räumungsklage bis zur Erledigung durch Rückgabe des Objektes (31.07.2014) begründet.
21Die Berufung der Kläger hat danach Erfolg.
22Der Schriftsatz der Beklagten vom 13.02.2015 gibt keine Veranlassung zur Widereröffnung der mündlichen Veranlassung (§ 156 ZPO). Die Angabe des Grundes für die Kündigung ist grundsätzlich erforderlich (vgl. Palandt-Weidenkaff, §542 Rn. 14).
23Es genügt nunmehr, dass die Kläger zu erkennen geben, dass sie - wegen Nichteinhaltung der Schriftform – eine ordentliche Kündigung aussprachen.
24Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
25Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO).
26Streitwert des Berufungsverfahrens:
271. bis zum 05. August 2014: 27.600,10 € (Jahresmiete ohne Nebenkosten-vorauszahlungen);
282. seither: Kosteninteresse.
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Annotations
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
(1) Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, über Räume, die keine Geschäftsräume sind, ist die ordentliche Kündigung zulässig,
- 1.
wenn die Miete nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages; - 2.
wenn die Miete nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche zum Ablauf des folgenden Sonnabends; - 3.
wenn die Miete nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke jedoch nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahrs.
(2) Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig.
(3) Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen oder digitale Produkte ist die ordentliche Kündigung zulässig,
- 1.
wenn die Miete nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag zum Ablauf des folgenden Tages; - 2.
wenn die Miete nach längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis enden soll.
(4) Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 und 3 Nr. 2 sind auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden kann.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.