Oberlandesgericht Köln Beschluss, 17. Okt. 2013 - 22 U 125/12
Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 05.06.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 8 O 63/11 - wird zurückgewiesen. Das genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beklagten sind einer - inzwischen einseitig für erledigt erklärten - Vollstreckungsgegenklage der Klägerin entgegen getreten, haben eine von der Klägerin gegenüber der titulierten Forderung erklärte Aufrechnung mit einer Gegenaufrechnung bekämpft und im Wege der Widerklage die Klägerin - unter anderem - auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
4Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Abschnitt I. des Hinweisbeschlusses des Senats vom 20.03.2013 (Bl. 586 ff. d. A) Bezug genommen. Den in diesem Beschluß erteilten Hinweisen des Senats sind sie entgegen getreten (Einzelheiten: Bl. 598 ff., 606 ff. d. A.).
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
6II.
7Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten ist in der Sache offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, eine Entscheidung des Senats durch Urteil weder zur Fortbildung des Rechts, noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich und eine mündliche Verhandlung vor dem Senat nicht geboten ist, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Senatsbeschluß zurückzuweisen.
8Der Senat hat die Beklagten mit Beschluß vom 20. März 2013 (Bl. 586 ff. d. A.) auf die Unbegründetheit ihres Rechtsmittels und die in diesem Zusammenhang anzuführenden Argumente hingewiesen. Die Ausführungen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 27.08. und 28.05. sowie 13.06., 1.08. und 30.09. 2013 (Bl. 598 ff. d. A.) geben Anlaß nur zu den nachfolgenden ergänzenden Bemerkungen:
91.
10Soweit sich die Beklagten gegenüber der Aufrechnung der Klägerin gegen die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss auf das Aufrechnungsverbot des § 393 BGB berufen, steht dem entgegen, dass diese Vorschrift hier nicht einschlägig ist. Zwar kann eine verbotene Eigenmacht zugleich eine unerlaubte Handlung i. S. d. § 393 BGB sein.
11Hier hat der Kostenfestsetzungsbeschluss aber seine Grundlage in dem Urteil des LG Aachen vom 08.10.2010 (8 O 425/10). Dieses Urteil ist auf § 861 bzw. § 1004 BGB gestützt, nicht dagegen auf unerlaubte Handlung.
12Tituliert ist danach keine Forderung aus unerlaubter Handlung; der gilt deshalb zugleich auch für den Kostenfestsetzungsbeschluss.
132.
14Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten weiterhin auf die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 17.09.2010 (8 O 270/10); die zur Begründung dessen geltend gemachte Aufrechnung ist unbegründet. Denn das Vorbringen der Beklagten ist nicht nachvollziehbar und deshalb unschlüssig. Das gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch hinsichtlich des angeblich abhanden gekommenen Geldes, worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat.
15Im einzelnen:
16a.
17Wie die Beklagten selbst (im Schriftsatz vom 4.4.2012, Bl. 385 d.A.) ausführen, führt der Umstand, daß eine „an sich“ darlegungspflichtige (und beweispflichtige) Partei außerhalb des darzustellenden Geschehensablaufes steht, zu einer sekundären Darlegungslast der Gegenseite, die den Sachverhalt kennt oder leicht herauszufinden vermag (st. Rspr. und ganz h.M.; vgl. statt aller BGH VI ZR 388/97, Rn. 16; II ZR 159/89, Rn. 10; II ZR 335/00, Rn. 9; VIII ZR 368/03, Rn. 22; IV ZR 103/06, Rn. 3; Wieczorek/Schütze § 138 ZPO, Rn. 26; Stein-Jonas/Leipold § 138 ZPO, Rn. 37; Musielak/Stadler § 138 ZPO, Rn. 10; MünchKomm./Wagner § 138 ZPO, Rn. 21; BeckOK-ZPO/Bacher § 138 ZPO, Rn. 84 f.; alle m.N.).
18Daraus folgt für den Streitfall, daß das Vorbringen der Beklagten zu den von ihnen behaupteten Schäden nicht nur entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den Fällen der sog. „kalten Räumung“ (vgl. BGH VIII ZR 45/09, Rn. 17) der Höhe nach, sondern auch dem Grunde der einzelnen Schadensposten nach plausibel sein muß, um den Anforderungen an ein schlüssiges Vorbringen zu genügen.
19b.
20Daran fehlt es im Streitfall.
21aa.
22Die Beklagten machen geltend, durch die von der Klägerin eigenmächtig veranlaßte Räumung des Mietobjekts seien werthaltige Gegenstände abhanden gekommen bzw. beschädigt worden.
23Das ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Klägerin – mit Recht – geltend macht, die Beklagten seien (jedenfalls bezogen auf die Zeit der Räumung) seit Jahren vermögenslos, gegen sie seien erfolglos Vollstreckungsmaßnahmen ausgebracht worden und sie hätten die eidesstattliche Versicherung leisten müssen (vgl. Bl. 92, 123, 140, 145, 247, 572 d.A.). Demgegenüber machen die Beklagten – zu Unrecht – geltend, diese Probleme seien seit 2003/04 gelöst und erledigt (Bl. 614 d.A.). Tatsächlich hat es noch im Jahr 2008 gegen die Beklagten zu 1 und 3 Haftanordnungen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegeben (vgl. die Auskünfte der Creditreform, Bl. 492, 494 d.A.). Dem sind ersichtlich fruchtlose Vollstreckungsmaßnahmen vorausgegangen (vgl. § 807 ZPO).
24Welche Angaben die Beklagten seinerzeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung gemacht haben, tragen sie – trotz der Vorhalte der Klägerseite – nicht vor.
25Nach allem ist es schon nicht plausibel, daß die Beklagten, die ersichtlich im Jahre 2008 im wesentlichen vermögenslos waren, zur Zeit der Ereignisse im Herbst 2010
26über wertvolle Vermögensgegenstände verfügt haben sollen. Hinsichtlich der S-Damenuhr, die nach ihrer Behauptung im Zuge der Räumungsaktion abhanden gekommen sein soll, kommt hinzu, daß die Beklagten diese Uhr bereits im Jahr 1997 erworben haben wollen (vgl. Schriftsatz vom 13.6.2013, S. 2, Bl. 607 d.A.). Wie es hat kommen können, daß die Beklagten trotz zwischenzeitlicher Vollstreckungsmaßnahmen die Uhr im Jahre 2010 weiterhin in Besitz hatten, tragen sie nicht vor.
27bb.
28Im übrigen gilt – ergänzend – zu den einzelnen Gegenständen folgendes:
29(1)
30Hinsichtlich der beiden Zimmerpalmen ist – wie bereits im Hinweisbeschluß des Senats ausgeführt – das Vorbringen der Beklagten widerlegt, wonach die Pflanzen – erst – durch das Eingreifen der Klägerin (Verbringen in den Außenbereich des Mietobjekts) beschädigt worden sein sollen (vgl. Senatsbeschluß vom 20.3.2013, S. 7, Bl. 589 d.A.).
31(2)
32Eine weitere Folge des Eingriffs der Klägerin soll nach der Behauptung der Beklagten das Abhandenkommen von zwei wertvollen Uhren sein (Damenuhr S, Herrenuhr D, vgl. Bl. 84, 235, 465, 607 f. d.A.).
33Auch das ist nicht plausibel und deshalb nicht schlüssig vorgetragen.
34Hinsichtlich der Damenuhr gilt schon das im vorangehenden Abschnitt aa. Gesagte.
35Hinzu kommt für beide Uhren, daß sie sich nach Darstellung der Beklagten an dem in Rede stehenden Tag (24.9.2010, vgl. Bl. 170 d.A.), an dem es zu dem Übergriff der Klägerin gekommen ist, in Boxen verpackt in den Räumen des Mietobjekts befunden haben sollen (Schriftsatz vom 26.3.2012, Bl. 235 d.A.), die Damenuhr zwecks bevorstehender Reparatur, die Herrenuhr zwecks erforderlicher Reinigung durch einen Juwelier. Daran ist zum einen – wie bereits im Hinweisbeschluß angeführt - nicht plausibel, daß die Beklagten angeblich wertvolle Uhren in den Mieträumen haben herumliegen lassen, obwohl sie nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin dort über einen Tresor verfügt haben (vgl. Bl. 482 d.A.). Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Uhren am „Morgen des 24.9.2010“ ( Bl. 235 d.A.) in den Kartons verpackt außerhalb des Tresors bereit gelegt worden sein sollen: Entweder sollten sie sofort zum Juwelier, dann hätten die Beklagten sie beim Verlassen der Mieträume nicht dort belassen; oder sie sollten erst später dorthin gebracht werden, dann bestand keine Veranlassung, sie in den Kartons verpackt außerhalb des Tresors liegen zu lassen. Eine Erklärung für ihr Verhalten liefern die Beklagten trotz der diesbezüglichen Beanstandung der Klägerin nicht.
36Auch ist nicht ersichtlich, woher die beiden von den Beklagten benannten Zeugen von dem behaupteten Sachverhalt Kenntnis haben sollen. Da es sich um einen ganz atypischen Sachverhalt handelt, wäre auch hierzu eine Erklärung der Beklagten zu erwarten gewesen, wie den anwaltlich vertretenen Beklagten nicht hat verborgen bleiben können.
37(3)
38Ebenfalls unschlüssig ist die weitere Behauptung der Beklagten, durch den Eingriff der Klägerin sei Bargeld im Wert von 2.000,-- € abhanden gekommen. Dieses Geld habe sich, so die Beklagten weiter, damals in einem Whisky-Karton befunden (Bl. 84, 236 d.A.; nach dem Vorbringen im Schriftsatz von 13.6.2013 – Bl. 608 d.A. – soll es eine Flasche gewesen sein).
39Auch hier fehlt jede Erklärung, wieso das Geld bei Vorhandensein eines Tresors seinerzeit gerade in einem Karton (oder einer Flasche) aufbewahrt gewesen sein soll und wie die benannten Zeugen davon haben wissen können; daß sie sich an dem betreffenden Tag davon überzeugt haben, wird nicht behauptet.
40(4)
41Schließlich machen die Beklagten geltend, eine wertvolle Schlafzimmereinrichtung sei durch das Eingreifen der Klägerin beschädigt worden (Bl. 84, 236, 465, 608 d.A.).
42Auch dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar.
43Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Ausführungen im Hinweisbeschluß vom 20.3.2013 (S. 7 f., Bl. 589 f. d.A.).
44Im übrigen ist das Vorbringen der Beklagten auch schon deshalb nicht schlüssig, weil sie Feuchtigkeit und Schimmelbildung und eine defekte Heizung bereits im Vorprozeß 8 O 270/10 LG Aachen gerügt haben (Bl. 338 f.d.A.). Deshalb ist nicht nachvollziehbar, daß – erst – die Maßnahmen der Klägerin zu einer nennenswerten Schädigung der Möbel geführt haben sollen; vielmehr ist ohne weiteres möglich, daß sie schon vorher beschädigt und schon deshalb wertlos waren, wie dies die Klägerin geltend macht (Bl. 249 f. d.A.).
45Die Aufrechnung der Beklagten geht danach ins Leere.
463.
47Aus den gleichen Gründen ist auch der mit der Widerklage verfolgte Zahlungsantrag unbegründet. Auch darauf hat der Senat bereits hingewiesen. Ergänzend wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
48Die Berufung der Beklagten hat nach allem keinen Erfolg haben können.
49Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
50Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 20.000 €
511. Klage: Kosteninteresse
522. Widerklage
53a. Herausgabe Kostenfestsetzungsbeschluß: 100,00 € - § 3 ZPO -
54b. Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung
55aa. Urteilssumme: 14.930,00 €
56bb. abzgl. Betrag des Kostenfestsetzungsbeschlusses: 2.666,45 € (Bl. 173 d. A.) 12.323,55 €
57c. Zahlungsantrag: 5.000,00 € (Bl. 234 d. A.)
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und
- 1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder - 2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.