Oberlandesgericht Köln Beschluss, 08. Apr. 2014 - 19 W 41/13
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 28.10.2013 – 18 O 19/09 – in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 26.11.2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
1
Gründe:
2I.
3Mit Kaufvertrag vom 26.10.2006 erwarben die Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung im Haus M-Straße 1 in L. Mit Klageschrift vom 12.09.2008 nahmen sie die Beschwerdegegnerin auf Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten in Anspruch. Das Landgericht stellte die Klage mit Verfügung vom 28.10.2008 (Bl. 64 ff. GA) an die Beschwerdegegnerin zu, wies die Kläger indes zugleich darauf hin, die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin sei zweifelhaft. Aus dem vorgelegten Erwerbsvertrag ergebe sich die Beklagte als Verkäuferin. Die Kläger erhielten Frist, weiter zur Passivlegitimation vorzutragen.
4Mit Schriftsatz vom 28.11.2008 (Bl. 79 f. GA) baten die Kläger um Rubrumsberichtigung. Der Hinweis des Gerichts in der Ladung sei zutreffend. Allein die Beklagte als Verkäuferin habe in Anspruch genommen werden sollen. Allerdings habe die Beschwerdegegnerin faktisch deren Position übernommen und die komplette Vertragsabwicklung einschließlich der hier im Streit befindlichen Angelegenheiten durchgeführt, was sich bereits aus der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 25.04.2008 (Anl. K7; Bl: 81 GA) sowie einer Bewerbung des Objekts im Internet durch sie ergebe (Anl. K8, Bl. 82 GA).
5Mit ihrer Klageerwiderung vom 22.12.2008 hat die Beschwerdegegnerin ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt. Mit Schriftsatz vom 05.01.2009 (Bl. 90 f. GA) hat sie daneben beantragt, den Klägern entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da sie nicht etwa eine Rubrumsberichtigung, sondern einen Parteiwechsel begehrten. Dieser sei im Verhältnis zur Beschwerdegegnerin wie eine Klagerücknahme zu behandeln, zu der rein vorsorglich bereits die Zustimmung erklärt werde.
6Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 12.06.2009 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, er habe die Klageschrift bereits erhalten und nehme sie insoweit als zugestellt entgegen. Die Parteien erklärten, man sei sich darüber einig, dass die Beklagte nunmehr neben den Klägern Partei des Rechtsstreits sei.
7Mit Beschluss vom 28.10.2013 (Bl. 631 ff. GA) hat das Landgericht den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin auferlegt. Sie sei im Wege des Parteiwechsels aus dem Rechtsstreit ausgeschieden, ihre außergerichtlichen Kosten fielen mithin gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO analog den Klägern zur Last. Es handele sich nicht lediglich um eine Rubrumsberichtigung. Denn diese sei nur dann zulässig, wenn die Identität der Partei im Verhältnis zu derjenigen, mit der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden sei, gewahrt bleibe.
8Der Beschluss des Landgerichts ist den Klägern am 04.11.2013 zugestellt worden (EB Bl. 638 GA). Mit am gleichen Tage bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 18.11.2013 haben die Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts vom 28.10.2013 sofortige Beschwerde erhoben.
9Zur Begründung machen sie geltend, die Kläger hätten zu keiner Zeit zwei Beklagte in Anspruch genommen, insoweit sei schon nicht ersichtlich, was die Kammer veranlasst haben könnte, die Beschwerdegegnerin in dem angefochtenen Beschluss als Beklagte zu bezeichnen Es sei lediglich eine Rubrumsberichtigung erfolgt. Diese sei möglich, wenn durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont feststehe oder erkennbar sei, wer als Partei gemeint war und Interessen Dritter durch die Berichtigung nicht berührt würden. Bei der Auslegung seien nicht nur die im Klagerubrum enthaltenen Angaben zu berücksichtigen, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich der beigefügten Anlagen. Wenn sich aus den Anlagen ergebe, dass die Geschäftsbeziehung nicht zum benannten, sondern zu einem anderen Rechtssubjekt bestehe, sei eine Parteiberichtigung zulässig, auch wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer anderen juristischen Person gewählt worden sei. So liege es hier. Aus der Klageschrift und den darin aufgeführten Anlagen sei eindeutig die Geschäftsbeziehung der Klägerin zur Beklagten zu entnehmen. Im Übrigen habe die ursprüngliche Beklagte selbst dazu beigetragen, dass die Firmenbezeichnung nicht ganz korrekt sei, weil sie in der Korrespondenz über die Mängelbeseitigung faktisch die Position der Beklagten übernommen habe.
10Mit Beschluss vom 26.11.2013 (Bl. 658 f. GA) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bei äußerlich unrichtiger oder unvollständiger Bezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen sei, die durch die fehlerhafte Parteibezeichnung nach deren objektivem Sinn getroffen werden solle. Gebe die Klageschrift zweifelsfrei einen falschen Namen an, so sei er zu berichtigen. Maßgeblich sei dabei die objektive Erkennbarkeit. Daher werde auch bei irrtümlicher Benennung der falschen Person diese Partei, wenn sie nach den objektiv erkennbaren Umständen nach dem Willen des Klägers anscheinend habe verklagt werden sollen.
11So liege der Fall hier jedoch nicht. Denn die Beschwerdegegnerin habe nach dem Vorbringen der Kläger die gesamte Vertragsabwicklung durchgeführt und sei dabei für die Beklagte als Vertreterin aufgetreten. Daher seien sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Beklagte an der Veräußerung der Immobilie beteiligt gewesen. Es liege mithin nicht ohne weiteres auf der Hand, dass die Kläger schlechterdings nur die Beklagte hätten verklagen wollen. Im Übrigen sei die Behauptung der Kläger, die Beschwerdegegnerin habe in der Korrespondenz über die Mängelbeseitigung faktisch die Position der Beklagten übernommen, nicht zutreffend. Wie sich aus dem vorgerichtlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagtenseite vom 08.09.2008 ergebe, sei er für die Beklagte aufgetreten. Wenn aber sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Beklagte vorgerichtliche Ansprechpartner der Kläger gewesen seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdegegnerin nach der maßgeblichen Auffassung der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als Beklagte gemeint gewesen sei.
12II.
13Die nach § 269 Abs. 5, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte, form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
14Zu Recht hat das Landgericht den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin als der vormaligen Beklagten des Rechtsstreits auferlegt. Denn in dem von den Parteien vorgenommenen Parteiwechsel liegt im Verhältnis der Kläger zu der Beschwerdegegnerin eine Klagerücknahme, die zur Auferlegung ihrer außergerichtlichen Kosten an die Kläger führt, § 269 Abs. 3 ZPO analog (BGH, Urt. v. 16.12.2005 – V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 ff; Greger in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 263 Rz. 25). Demgegenüber liegt hier ein Fall bloßer Rubrumsberichtigung nicht vor.
151.
16Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 294 ff; Urt. v. 10.03.2011 – VII ZR 54/10, NJW 2011, 1453 ff.). Bei einer an sich korrekten Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person kommt ein objektives Verständnis, eine andere Person sei gemeint, deshalb nur in Betracht, wenn aus dem übrigen Inhalt der Erklärung unzweifelhaft deutlich wird, dass eine andere und welche Partei tatsächlich gemeint ist (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 294 ff).
17Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (BGH, Urt. vom 27.11. 2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 m.w.N.).
182.
19Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze war der Klageschrift nicht lediglich ein Irrtum der Kläger bei der Bezeichnung der Beklagten zu entnehmen. Die Auslegung der Klageschrift und ihrer Anlagen ließ nicht den zweifelsfreien Schluss darauf zu, dass der Kläger nicht etwa die im Rubrum bezeichnete Beschwerdegegnerin, sondern die Verkäuferin der Wohnung verklagen wollte. Die Klageschrift selbst macht zur Rolle und Identität der dort als Beklagten angegeben Beschwerdegegnerin gar keine Angaben. Die Klageschrift lässt auch nicht zweifelsfrei erkennen, dass die Klägerin die Beschwerdegegnerin irrtümlich als Beklagte benannt hat, weil sie in Wahrheit die Verkäuferin der Wohnung in Anspruch nehmen wollte. Zu Anspruchsgrundlagen aus Kaufrecht führen die Kläger nämlich nicht aus, sondern rügen lediglich Mängel am Sondereigentum, welche die Beklagte beseitigen müsse. Zudem legen sie dar, außergerichtlich mit der Beschwerdegegnerin verhandelt zu haben, und im Rahmen dessen sei eine Einigung nicht erzielt worden.
20Deshalb hilft es der Klägerin auch nichts, dass sie in der Anlage zur Klageschrift den Kaufvertrag vorgelegt hat, der auf die Beklagte als Verkäuferin der Wohnung hinweist. Er war lediglich geeignet, bei dem Landgericht die dann auch in der Zustellungsverfügung formulierte Frage nach dem wahren Willen der Kläger aufzuwerfen, weil er so, wie er objektiv geäußert war, im Gegensatz zu den Anlagen stand, wollte man auf Ansprüche aus Kaufrecht abstellen. Mithin war der Klage aber eben nicht – wie erforderlich – in der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, dass es sich bei der Parteibezeichnung im Rubrum lediglich um einen Irrtum handelte.
213.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)