Oberlandesgericht Köln Beschluss, 29. Okt. 2013 - 18 U 1/13
Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 05.06.2012 wird zurückgewiesen,
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.347.111 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien betreiben mit anderen Unternehmen (nachfolgend: Systembetreiber), nämlich der J GmbH, der M AG, der C GmbH, der F GmbH, der A GmbH & Co, der S GmbH & Co. KG und der W GmbH, bundesweit zugelassene duale Systeme nach § 6 Abs. 3 VerpackV zur Sammlung und anschließenden Verwertung von Verpackungsabfällen. Die Sammlung, den Transport und die Sortierung der Verpackungsabfälle führen die Systembetreiber nicht selbst durch. Diese Aufgabe erledigen andere Entsorgungsunternehmen.
4Die Systembetreiber sind Gesellschafter der 2007 gegründeten H GmbH. Gesellschaftszweck ist die Wahrnehmung der Aufgaben einer gemeinsamen Stelle gemäß § 6 Abs. 7 VerpackV. Die Gemeinsame Stelle hat u.a. für die Ermittlung der anteilig zuzuordnenden Verpackungsmengen mehrerer Systeme im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und die Aufteilung der abgestimmten Nebenentgelte Sorge zu tragen.
5Die Betätigung als Systembetreiber setzt nach § 6 Abs. 5 VerpackV die behördliche Feststellung voraus, dass das System flächendeckend eingerichtet ist. Die Feststellung wird nach § 6 Abs. 7 Satz 3 VerpackV unwirksam, wenn ein System sich nicht innerhalb von drei Monaten nach der Feststellung an der H beteiligt. Die H muss gewährleisten, dass sie für alle Systeme zu gleichen Bedingungen zugänglich ist und die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eingehalten werden (§ 6 Abs. 7 Satz 4 VerpackV).
61 Gemäß 6 Abs. 1 Satz 1 VerpackV haben sich Hersteller und Vertreiber, Verkaufsverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen, erstmals in den Verkehr bringen, zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme dieser Verkaufsverpackungen an einem oder mehreren Systemen nach Absatz 3 zu beteiligen. Hierzu schließen sie mit einem oder mehreren dualen Systemen Dienstleistungs- oder Lizenzverträge ab. An den Kosten der mit der Sammlung betrauten Entsorgungsunternehmen haben sich die einzelnen Systembetreiber anteilig zu beteiligen.
72 Aus diesem Grund schlossen sie am 15.04.2010 eine Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz- bzw. von Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP) (nachfolgend: Mengen-Clearing-Vertrag Glas/LVP). Darin übertragen die Vertragsparteien einem als unabhängigen Dritten bezeichneten Wirtschaftsprüfer die Aufgabe, die Berechnungen zur Ermittlung der Lizenz- und Vertragsmengen, für die ein Systembetreiber einen Vertrag mit einem nach § 6 Abs. 1 VerpackV verpflichteten Hersteller oder Vertreiber abgeschlossen hat, vorzunehmen. Diese werden zunächst auf Grundlage der von den Systembetreibern quartalsweise erwarteten Lizenz- und Vertragsmengen (Panmengen) vorläufig ermittelt, welche von den Systembetreibern auf eigene Kosten durch sogenannte System-Wirtschaftsprüfer nach Maßgabe der Wirtschaftsprüfer-Richtlinie zu plausibilisieren sind. Grundlage der endgültigen Berechnung sind die tatsächlich angefallenen Vertragsmengen. Hierzu bestimmt § 3 Mengen-Clearing-Vertrag Glas/LVP:
8„Die Parteien geben dem unabhängigen Dritten zum 15. Mai eines jeden Kalenderjahres für das jeweilige Leistungsjahr im Sinne von § 5 Abs. 1 die bis zum 30. April des Folgejahres lizenzierten und unter Vertrag genommenen Mengen der Materialfraktionen Glas, Weißblech, Aluminium, Getränkekarton, sonstige verbundene auf PPK-Basis und Kunststoffe des Vorjahres bekannt (“ ist-Mengenmeldung“).
9Der Mitteilung ist die Bestätigung und Plausibilisierung des System-Wirtschaftsprüfers beizufügen, die auch die Vollständigkeit der gemäß § 5 a mitgeteilten Mengen Nachmeldungen zu bestätigen hat. Die Plausibilität betrifft Abweichungen der gemeldeten ist-Mengen von den kumulierten Planmengen, die entsprechend § 2 Absatz (2) S. 1 gegenüber dem Wirtschaftsprüfer zu belegen sind. Nach Maßgabe des § 4 berechnet und teilte unabhängige Dritte jeder Partei die in den einzelnen Bundesländern auf sie entfallenden, prozentualen Lizenz-bzw. Vertragsmengenanteile an den einzelnen Material Fraktionen sowie an LVP insgesamt mit. Ebenso teilte unabhängige Dritte den Parteien Veränderungen der Gesamtmenge je Material Fraktionen sowie an LVP insgesamt zum Vorjahr mit.“
103 In § 5 Mengen-Clearing-Vertrag Glas/LVP heißt es:
11„(1) Der unabhängige Dritte wird auf Grundlage der gemäß § 3 des zum 15. Mai eines Jahres von den Parteien mitgeteilten tatsächlichen Lizenz-bzw. Vertragsmengen des jeweiligen Vorjahres gemäß den ist-Mengenmeldungen und der nach § 2 mitgeteilten Planmengen des jeweiligen Vorjahres“ die Differenzmengen der einzelnen Parteien hinsichtlich der Materialfraktionen Glas einerseits und der Materialfraktion LVP andererseits gemäß nachstehender Formel berechnen:
12(2) Parteien mit einer positiven Differenzmenge Glas und/oder LVP gemäß Abs. 1, d.h. Parteien, bei denen die betreffende ist-Menge höher ist als die kumulierte Planmenge haben gemäß nachfolgenden Bestimmungen einen Ausgleichsbetrag für die Differenzmenge (in) hinsichtlich der Materialfraktionen las einerseits und/oder der Materialfraktion LVP andererseits zu zahlen (nachfolgend auch „Vergleichsbetrag“ genannt).
13(3) der unabhängige Dritte wird gemäß den Absätzen (1) und (2) errechneten Gesamtbetrag der Ausgleichsbeträge für Glas einerseits und LVP andererseits rechnerisch auf die Parteien entsprechend dem Verhältnis der von den Parteien gemeldeten betreffenden kumulierte Planmengen Glas bzw. LVP für das jeweilige Leistung sicher aufteilen (die so errechnete auf eine Partei entfallende Betrag jeweils nachfolgend auch (Gutschrift“ genannt).
14Sofern und soweit eine Partei zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages nach den Absätzen (1) und (2) für Glas und/oder LVP verpflichtet ist und eine Gutschrift für die betreffende Material Fraktionen nach diesem Absatz (3) erhält werten die Verpflichtung der Partei zur Zahlung des Ausgleichsbetrages mit der Gutschrift für die betreffende Materialfunktion verrechnet, d.h.
15– sofern der Ausgleichsbetrag die Gutschrift übersteigt, hat die betreffende Partei den um die Gutschrift reduzierten Ausgleichsbetrag zu zahlen und,
16– sofern die Gutschrift den Ausgleichsbetrag übersteigt, erhält Partei die um den Ausgleichsbetrag reduzierte Gutschrift.
17(4) Der unabhängige Dritte fordert beteiligen, deren Ausgleichsbetrag die Gutschrift gemäß Absatz (1) bis (3) übersteigt, bis zum 30. Mai des jeweiligen Jahres schriftlich unter Fristsetzung bis zum 15. Juni des jeweiligen Jahres auf, den sich nach Abs. 1-3 ergebenden zu zahlenden Ausgleichsbetrag auf ein von dem um unabhängigen Dritten einzurichtendes Treuhandkonto einzuzahlen. Die Zahlungsaufforderung enthält nur Angaben zu der Gesamt-ist Menge (aufgeteilt in Material Fraktionen Glas, Weißblech, Aluminium, Getränkekarton, sonstige Verbundenheit auf die PK-Basis und Kunststoffe sowie L VP insgesamt), der gemäß Abs. 1 errechnete Differenzmenge und der Höhe der entsprechenden Ausgleichsbeträge Angaben zu einzelnen Lizenz- bzw. Vertragsmengen einer oder mehrerer Parteien erfolgen nicht. Der unabhängige Dritte informiert die anderen Parteien durch Übermittlung einer Kopie des Aufforderungsschreibens. Der unabhängige Dritte wird den Gesamtbetrag der eingeforderten Ausgleichsbeträge unverzüglich nach vollständigem Eingang auf dem Treuhandkonto gemäß Abs. 3 an die Parteien auszahlen sollten bis zum 15. Juni noch nicht alle eingeforderten Ausgleichsbeträge das Treuhandkonto eingezahlt worden sein, wird der Treuhänder die bist ein eingezahlten Beträge 13 Tage nach dem 15. Juni, sowie alle nachfolgenden Zahlungseingänge innerhalb von 7 Werktagen nach Eingang auf dem Treuhandkonto, an die Parteien wie folgt auszuzahlen: Die Parteien erhalten die auf sie gemäß Absatz bei entfallenden Gutschriften jeweils quotal entsprechend dem Verhältnis der eingezahlten Ausgleichsbeträge zum Gesamtbetrag der eingeforderten Ausgleichsbeträge.“
184 Gemäß Ziffer 3 (4.4) der Richtlinie zu den im Rahmen des Mengen-Clearing-Vertrag Glas/LVP auszuführenden Prüfungshandlungen soll der System-Wirtschaftsprüfer folgende Bescheinigung erteilen:
19„Der Systembetreiber ………. hat mich beauftragt, die von ihm auf der Grundlage der „Konsolidierte Fassung der Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz-und Vertragsmengenanteilen (Glas/LVP)“, Stand 15.04.2010 (im folgenden als „Vereinbarung“ bezeichnet), für den Vorjahreszeitraum ……… ermittelten Lizenz- bzw. Vertragsmengen Glas sowie Weißblech inkl. Verbunde, Aluminium inklusive Verbunde, Flüssigkeitsverbunde, sonstige Verbunde auf PPK-Basis und Kunststoffe inkl. Verbunde gemäß § 3 der Vereinbarung zu prüfen.
20Der Mengenermittlung des Systembetreibers liegt als Stichtag der …….. zu Grunde.
21Ich habe meine Prüfung im Zeitraum ……… auf der Grundlage der „Richtlinie zu den im Rahmen Vereinbarung über die Ermittlung von Lizenz-und Vertragsmengenanteilen auszuführenden Prüfungshandlungen, Stand 04.10.2010, durchgeführt.
22Nach Abschluss meiner Tätigkeiten bescheinige ich dem Systembetreiber …….. gegenüber dem unabhängigen Dritten im Sinne von § 1 Abs. 1 der Vereinbarung und den Parteien der Vereinbarung, dass die in der Meldung vom ……. an den unabhängigen Dritten ausgewiesenen Lizenz-bzw. Vertragsmengen für den Meldezeitraum ……. Gemäß Anlage ……. vollständig, die Zusammenstellungen zur Herleitung der Mengen rechnerisch richtig und die Veränderungen dieser Mengen gegenüber den für den Meldezeitraum gemeldeten, kumulierten Planmengen plausibel sind. Wesentliche Beanstandungen haben sich aufgrund meiner Prüfung nicht ergeben.
23Ort/Datum/Unterschrift Wirtschaftsprüfer“
24Gemäß Ziffer 2 (4.5) der Richtlinie zu den im Rahmen des Clearingvertrages auszuführenden Prüfungshandlungen soll der System-Wirtschaftsprüfer folgende Bescheinigung erteilen:
25„Der Systembetreiber ………. hat mich beauftragt, die von ihm auf der Grundlage der Vereinbarung über das Clearing von Nebenentgelten sowie Mitbenutzung Entgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen, Stand Februar/März 2011 (im folgenden als Vereinbarung bezeichnet), für den Vorjahreszeitraum ……… ermittelten Vertragsmengen Glas sowie Weißblech inklusive verbundene, Aluminium inklusive verbundene, Flüssigkeit verbundene, sonstige verbundene auf BKK-Basis, Kunststoffe inklusive verbundene sowie die PK gemäß Paragraph § 3 Abs. 6 der Vereinbarung zu prüfen.
26Der Mengenermittlung des Systembetreibers liegt als Stichtag der …….. zu Grunde.
27Ich habe meine Prüfung im Zeitraum ……… auf der Grundlage der „Richtlinie zu den im Rahmen des Vertrages über das Clearing von neben Entgelten sowie Mitbenutzung Entgelten bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen auszuführenden Prüfungshandlungen, Stand 30.04.2011, durchgeführt.
28Nach Abschluss meiner Tätigkeiten reinige ich dem Systembetreiber …….. gegenüber dem unabhängigen Dritten im Sinne von § 2 der Vereinbarung und den Parteien der Vereinbarung,
29- dass die in der Meldung vom …….. an den unabhängigen Dritten ausgewiesenen Vertragsmengen für das Kalenderjahr …….. gemäß Anlage …….. vollständig, die Zusammenstellungen zur Herleitung dieser Mengen rechnerisch richtig und die Veränderungen dieser Mengen gegenüber den eigenen Meldezeitraum zuletzt gemeldeten Planmenge plausibel sind und
30- das in der Meldung vom …….. an den unabhängigen Dritten im Kalenderjahr …….. ausgewiesenen Nachtragsmengen in Höhe von ……. t Glas, …… t Weißblech inkl. Verbunde, …… t Aluminium inkl. Verbunde, …… t Flüssigkeitsverbunde, …… t sonstige Verbunde auf PPK-Basis, …… t Kunststoffe inkl. Verbunde sowie …… t PPK vollständig und richtig aus den relevanten Unterlagen abgeleitet wurden und die Zusammenstellungen zur Herleitung dieser Mengen rechnerisch richtig sind.
31Wesentliche Beanstandungen haben sich aufgrund meiner Prüfung nicht ergeben.
32Ort/Datum/Unterschrift Wirtschaftsprüfer“
33Die Klägerinnen haben mit ihrer am 27.02.2012 erhobenen Klage im Wege der actio pro socio Zahlung von 5.347.111 Euro verlangt. Dieser Anspruch betrifft die von dem Wirtschaftsprüfer C2 in seiner Eigenschaft als unabhängiger Dritter im Sinne des Mengen-Clearing-Vertrags Glas/LVP ermittelten Ausgleichsbeträge (Anlagen K3 und K4, ‚Bl. 34-37 AH). Die Beklagte hat gemeint, es fehle an einer verbindlichen Feststellung der Ausgleichsforderung, und mit näherer Begründung behauptet, dass einzelne Systembetreiber offenbar unzutreffende und unplausible Istmengen gemeldet hätten.
34Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags, der in erster Instanz gestellten Anträge sowie der Begründung Bezug genommen.
35Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Hierzu wiederholt, vertieft und ergänzt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
36Die Beklagte beantragt,
37das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Die Klägerin beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
42II.
43Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Überzeugung ist, dass das Rechtsmittel der Beklagten offensichtlich unbegründet und eine Entscheidung darüber durch Urteil nicht geboten ist. Zur Begründung wird zunächst auf den Beschluss des Senats vom 30.08.2012 Bezug genommen. Auch die Ausführungen der Beklagten vom 23.09.2013 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Sie geben lediglich zu folgender Ergänzung Anlass:
441. Mit Beschluss vom 30.08.2013 (dort Ziffer 1.) hat der Senat deutlich gemacht, weshalb in den Vereinbarungen des Mengen-Clearing-Vertrags Glas/LVP ein Schiedsgutachtenvertrag zu sehen ist, bei dem der unabhängige Dritte und die verschiedenen System-Wirtschaftsprüfer die für den Vertragsinhalt maßgeblichen Tatsachen zu erfassen und verbindlich festzustellen haben. Neue Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden, sind den Ausführungen der Beklagten vom 23.09.2013 nicht zu entnehmen. Dass die Systembetreiber die jeweiligen System-Wirtschaftsprüfer selbst ausgewählt haben, steht der Annahme eines Schiedsgutachtenvertrages nicht entgegen, weil dies Inhalt der mit allen Beteiligten getroffenen Vereinbarung war (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.1996 – V ZR 150/95, NJW-RR 1995, 1402-1403, zitiert nach juris, Rn. 7).
452. Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten vom 23.09.2013 dabei, dass die Parteien des Clearingvertrages die Vorschrift des § 319 BGB für die Festlegung der dem Clearing-Verfahren zugrundezulegenden Plan- und Istmengen stillschweigend abbedungen haben, indem sie in der von ihnen verabschiedeten Richtlinie zu den Prüfungshandlungen der System-Wirtschaftsprüfer auf eine nähere Begründung der von diesen auszustellenden Testate verzichtet haben.
46Es mag sein, dass das Absehen von dem Begründungserfordernis zum Schutz übergeordneter Geheimhaltungsinteressen sowie der Meidung eines kartellrechtlich unzulässigen Marktinformationssystems und von Verstößen gegen die Verpackungsverordnung geboten war. Solchermaßen hinter dem vereinbarten Verfahren stehende Erwägungen ändern aber nichts daran, dass die nicht mit Gründen versehenen Testate der einzelnen System-Wirtschaftsprüfer zwangsläufig einer gerichtlichen Kontrolle nicht mehr zugänglich sind.
47Mit einem Begründungsverzicht bringen die Parteien eines Schiedsgutachtenvertrages klar und deutlich zum Ausdruck, dass sie die zu klärende Frage in der Sache endgültig abschließen und sich der Entscheidung des Schiedsgutachters unter Verzicht auf jegliche gerichtliche Kontrolle unterwerfen wollen. Beurteilungsmaßstab für die offenbare Unrichtigkeit einer (schiedsgutachterlichen) Entscheidung ist stets in erster Linie ihre Begründung. Nur ihr ist zu entnehmen, welche Umstände und Kriterien der Schiedsgutachter seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Die Begründung bestimmt entscheidend die Nachvollziehbarkeit des Schiedsgutachtens. Verzichten die Vertragsparteien auf eine Begründung der schiedsgutachterlichen Beurteilung, geben sie zu erkennen, dass deren Nachvollziehbarkeit selbst dann nicht hinterfragt werden soll, wenn das Testat in der Sache offenbar unrichtig ist. Denn Grundlage für die Entscheidung, ob ein Schiedsgutachten in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden soll, ist zunächst die Begründung der schiedsgutachterlichen Beurteilung. Der Verzicht auf die maßgebliche Entscheidungsgrundlage kann daher nur als Verzicht auf die Anfechtung des Ergebnisses der schiedsgutachterlichen Beurteilung wegen offenbarer Unrichtigkeit verstanden werden. Der Einwand der Beklagten, es sei nicht anzunehmen, dass sich die Vertragsparteien auch einem für sie nicht akzeptablen Testat ohne weiteres hätten unterwerfen wollen, greift nicht durch. Da der Begründungsverzicht in bewusster Kenntnis der Ungewissheit der Beurteilung der System-Wirtschaftsprüfer erklärt worden ist, hat der Verzicht auf die Grundlage zur gerichtlichen Überprüfung der schiedsgutachterlichen Beurteilung den Erklärungswert, sich ihr unabhängig vom Ergebnis ausnahmslos unterwerfen zu wollen. Darauf, ob sich unabhängig von dem Fehlen einer nachprüfbaren Begründung feststellen lässt, dass die Testate im Ergebnis von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, kommt es deshalb nicht an.
48III.
49Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben. Eine mündliche Verhandlung ließe weder neue Erkenntnisse erwarten noch ist sie aus anderen Gründen geboten.
50Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Sache kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zu. Eine solche ist anzunehmen, wenn entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und auch künftig wiederholt auftretende Rechtsfragen aufgeworfen werden, über deren Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert worden sind (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 27. Auflage, § 522 Rn 38, § 543 Rn. 11). Das ist hier nicht der Fall.
51Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.