Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Dez. 2015 - 8 U 96/15
Gericht
Tenor
Der Antrag der Beklagten vom 10. Juli 2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. März 2015 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld – Az. 17 O 100/14 – wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
1
G r ü n d e:
2A.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten, nachdem deren Verwaltungsrat am 14. März 2014 einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte, am 25. März 2014 einen Dienstvertrag, nach dessen § 1 Abs. 1 er für die Zeit vom 1. Oktober 2014 bis zum 30. September 2019 bei einer Bruttojahresfestvergütung i.H.v. 235.000 EUR zuzüglich Zulagen als Vorstandsmitglied angestellt wurde. Mit der vorliegenden Klage wendet der Kläger sich gegen die von der Beklagten am 28. August 2014 ausgesprochenen Kündigung bzw. Anfechtung dieses Dienstverhältnisses.
4Das Landgericht Bielefeld hat durch Urteil vom 13. März 2015 festgestellt, dass das Dienstverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 28. August 2014 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist und dass der Dienstvertrag der Parteien durch die Anfechtung der Beklagten vom 28. August 2014 nicht nichtig ist.
5Dieses Urteil ist dem damaligen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 9. April 2015 zugestellt worden. Der jetzige zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte hat am 5. Mai 2015 Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.
6Am 12. Juni 2015 – beim Oberlandesgericht am 15. Juni 2015 eingegangen – hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Frist zur Begründung der eingelegten Berufung um einen Monat zu verlängern.
7Mit Verfügung vom 6. Juli 2015 ist die Frist zur Begründung der Berufung der Beklagten bis zum 9. Juli 2015 verlängert worden. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass das Urteil nach Aktenlage der Beklagten bereits am 9. April 2015 und nicht – wie in der Berufungsschrift angegeben – am 14. April 2015 zugestellt worden sei. Am 9. Juli 2015 ist die Berufungsbegründung der Beklagten beim Oberlandesgericht eingegangen.
8Die Beklagte beantragt, ihr
9Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist
10zu gewähren.
11Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führt die Beklagte aus, dass die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten durch die Beklagte noch während des erstinstanzlichen Prozessverfahrens eingeschaltet worden seien und bei den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten insoweit am 21. Januar 2015 eine „Handakte“ angelegt worden sei.
12Das erstinstanzliche Urteil sei ihnen unmittelbar durch die Beklagte am 15. April 2015 übermittelt worden. Beigefügt gewesen sei ein Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an die Beklagte vom 13. April 2015 (Anlage A 1). In diesem Schreiben hätten die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass das Urteil des Landgerichts Bielefeld am 9. April 2015 zugestellt worden sei.
13Nach der Verwaltungsratssitzung der Beklagten am 28. April 2015 seien die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten damit beauftragt worden, Berufung gegen das landgerichtliche Urteil einzulegen. Am Folgetag habe der Sachbearbeiter verfügt, neben der „Handakte“ eine Berufungsakte anzulegen, die Fristen zu notieren und ihm die Akte sodann zwecks Fertigung der Berufungsschrift wieder vorzulegen.
14Nach Aktenlage sei die Akte samt der zuvor angelegten Handakte dem Bürovorsteher der Prozessbevollmächtigten, Herrn T, vorgelegt worden. Dieser sei bei ihnen seit dem Jahr 1991 beschäftigt. Ihm sei insbesondere die umfassende Fristenkontrolle sowie die Führung des elektronischen Fristenverzeichnisses übertragen worden. Bei dem Bürovorsteher handele es sich um einen äußerst sorgfältigen Bürovorsteher, der über langjährige Erfahrung, insbesondere auch noch aus der früheren Zeit der OLG-Singularzulassung, verfüge. Bei den jetzigen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bestehe die allgemeine Anweisung an den Bürovorsteher bzw. die stellvertretend mit der Fristenkontrolle beauftragten Mitarbeiter, alle Fristen unmittelbar auf der fristrelevanten Entscheidung zu notieren.
15Der Bürovorsteher T habe sich an dem als Anlage A 1 vorgelegten Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015 orientiert und – aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen fehlerhaft – auf der Urteilskopie notiert, dass die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Bielefeld laut Mitteilung der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 14. April 2015 zugestellt worden sei. Das an die Beklagte gerichtete Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten sei allerdings in der zuvor angelegten „Handakte“ verblieben. Eine Kopie sei nicht zu der neu angelegten Berufungsakte genommen worden. In der zuvor angelegten „Handakte“ hätten sich nur diverse Schriftsätze und Korrespondenz befunden, die für die Fertigung der Berufungsschrift als solche nicht relevant gewesen seien.
16Die Akte sei sodann dem Sachbearbeiter der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt worden – allerdings ohne die zuvor angelegte „Handakte“. Die Urteilskopie habe keinen Eingangsstempel oder sonstigen Hinweis auf einen Zustellzeitpunkt enthalten. Der Sachbearbeiter der Prozessbevollmächtigten habe nun aus dem Vermerk bezüglich des Zustelldatums geschlossen, dass das Zustelldatum entsprechend der Übung und Weisungslage bei den Prozessbevollmächtigten im Falle der Mandatierung unmittelbar durch die erstinstanzlich unterlegene Partei durch einen Telefonanruf bei den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten korrekt erfragt worden sei. Da sich auch aus den übrigen Unterlagen in der Berufungsakte keine Hinweise auf ein etwaiges abweichendes Zustelldatum ergeben hätten, sei der Sachbearbeiter der Prozessbevollmächtigten der Beklagten von einer ordnungsgemäßen Rückfrage bei den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und einem darauf hin angebrachten Zustellvermerk ausgegangen.
17Trotz mehrfacher Nachfrage auf der Geschäftsstelle des Gerichtes habe die Gerichtsakte zur Fertigung der Berufungsbegründung von etwaiger Fristenkontrolle zunächst nicht zur Verfügung gestellt werden können, da diese sich aufgrund eines Tatbestandsberichtigungsantrages beim Landgericht befunden habe.
18Ein der Beklagten zurechenbares Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten bezüglich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist liege nicht vor, so dass dem Wiedereinsetzungsgesuch zu entsprechen sei.
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20Der Prozessbevollmächtigte habe die Fristenkontrolle in zulässiger Weise auf einen sorgfältig ausgewählten, erfahrenen Mitarbeiter übertragen. Zudem sei durch allgemeine Anweisungen sichergestellt, dass auch in den Fällen einer zweitinstanzlichen Mandatierung unmittelbar durch die betreffende Partei eine Überprüfung des Zustelldatums und daran anknüpfend eine Fristenkontrolle gesichert sei. Das vorliegende Augenblicksversagen des Bürovorstehers sei für den Sachbearbeiter der Prozessbevollmächtigten nicht erkennbar gewesen. Durch die allgemeine Weisungslage in derartigen Fällen bei einer unmittelbaren Mandatierung durch die Partei, das Datum der Zustellung bei den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu erfragen, sei die Fristenkontrolle gesichert. Der Rechtsanwalt habe daher davon ausgehen können, dass das vom Bürovorsteher mitgeteilte Zustelldatum auf dessen Erkundigungen beruhe. Für den Rechtsanwalt hätten sich aus der ihm vollständig vorgelegten anwaltlichen Berufungsakte keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das von dem Bürovorsteher auf der Entscheidung notierte Datum falsch sein könne. Der Rechtsanwalt müsse sich auch die weitere Akte nicht vorlegen lassen, in der sich in erster Linie Schriftsatzentwürfe, Urteile und gesammeltes Material befänden.
21Die Beklagte beantragt unter Abänderung des am 13. März 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bielefeld – Az. 17 O 100/14 –
22die Klage abzuweisen.
23Der Kläger beantragt mit näheren Ausführungen,
24den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückzuweisen und die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen und hilfsweise
25die Berufung zurückzuweisen.
26B.
27Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.
28Das Rechtsmittel ist nicht rechtzeitig bis zum 9. Juni 2015 begründet worden. Auch ist nicht rechtzeitig ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 ZPO gestellt worden.
29Die Berufungsbegründungsfrist war mit Ablauf des 9. Juni 2015 verstrichen.
301.
31Dabei kann dahinstehen, dass durch Verfügung vom 6. Juli 2015 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. Juli 2015 verlängert worden ist. Ein Fristverlängerungsantrag muss nämlich vor Fristablauf gestellt werden. Eine einmal abgelaufene Frist kann nicht mehr verlängert werden. Hier ist der Fristverlängerungsantrag vom 12. Juni 2015 erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 15. Juni 2015 beim Oberlandesgericht eingegangen. Der Ablauf der Begründungsfrist führt unmittelbar zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels und hat daher unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtskraft. Eine gleichwohl gewährte Fristverlängerung ist unwirksam (Zöller/Heßler, ZPO, § 520, Rn. 16a).
322.
33Der Beklagten kann gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.
34a)
35Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zwar zulässig.
36Die Beklagte hat binnen eines Monats nach Wegfall des vorgebrachten Hindernisses nach den §§ 234 Abs. 2 , 236 ZPO frist- und formgerecht die Wiedereinsetzung beantragt. Die Frist ist durch den am 10. Juli 2015 eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung gewahrt. Das hier maßgebliche Hindernis, nämlich die Kenntnis von der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils war spätestens vorhanden, als der Beklagtenvertreter im Rahmen des Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 6. Juli 2015 darauf hingewiesen worden ist, dass die erstinstanzliche Entscheidung bereits am 9. April 2015 zugestellt worden ist.
37b)
38Der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten ist jedoch nicht begründet.
39Nach § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn diese ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der versäumten Frist gehindert war. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Die Berufungsbegründung und ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gingen beim Oberlandesgericht nicht bis zum 9. Juni 2015 ein.
40aa)
41Das erstinstanzliche Urteil ist dem Beklagtenvertreter am 9. April 2015 zugestellt worden. Die Frist zur Begründung der Berufung endete damit nach § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO am 9. Juni 2015. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben nicht glaubhaft gemacht, dass sie dieses Versäumnis nicht zu verschulden haben. Dieses Verschulden ist der Beklagten als Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
42Schuldhaft handelt dabei, wer vorsätzlich oder fahrlässig die im Verkehr gebotene Sorgfalt außer Acht lässt.
43Die Beklagte hat nicht dargetan, dass ihre Prozessbevollmächtigten für die Einhaltung des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist hinreichend Sorge getragen haben.
44bb)
45Die Fristenkontrolle und die Führung des Fristenkalenders gehört grundsätzlich zu den ureigenen Aufgaben des Rechtsanwalts (OLG Frankfurt, Beschluss vom
461. Dezember 2009, Az. 13 U 181/09; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 233 Rn. 93). Zwar kann der Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer/einem gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. In diesem Fall hat er jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden; unverzichtbar sind insoweit eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals (BGH, NJW 2003, 1815; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. Dezember 2009, Az. 13 U 181/09; OLG Köln, Beschluss vom 1. Juni 2011, Az. 19 U 39/11; Zöller/Greger, ZPO, § 233 Rn. 23).
47Die Pflicht des Prozessbevollmächtigten, den Fristablauf bei der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung selbständig zu prüfen, beruht darauf, dass die sorgfältige Vorbereitung der Prozesshandlung stets auch die Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit einschließt. Diese Aufgabe ist von der Fristberechnung und Fristkontrolle zu unterscheiden, die lediglich der rechtzeitigen Vorlage der Akten zum Zweck ihrer Bearbeitung durch den Rechtsanwalt dienen. Nur insoweit kann sich der Rechtsanwalt von der routinemäßigen Fristenüberwachung entlasten (BGH, FamRZ 2004, 943; Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rdnr. 37, Stichwort: „Fristeneinhaltung“).
48Die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem den Fristenlauf auslösenden Ereignis vorzunehmen (BGH, NJW 2011, 151, Rn. 6, 10; Münchener Kommentar/Gehrlein, ZPO, § 233 Rn. 64). Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass die Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Rechtsanwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 15. September 2015, Az. VI ZB 37/14; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2007, Az. XI ZB 14/07; BGH, NJW-RR 1993, 1213 (1214)).
49Das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung ist in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (BGH, NJW 1996, 1968; LAG Köln, Urteil vom 8. Mai 2012, Az. 12 Sa 439/12). Der Rechtsanwalt hat sein Büro so zu organisieren, dass Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristensachen ausgeschlossen werden (Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rn. 37 Stichwort: „Fristeneinhaltung“). Der Rechtsanwalt hat die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung einer Frist, ihre Notierung auf den Handakten, zur Eintragung im Fristenkalender sowie zur Bestätigung der Kalendereintragung durch einen Erledigungsvermerk auf den Handakten stets zu prüfen, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden (BGH, Beschluss vom 15. September 2015, Az. VI ZB 37/14; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008, Az. VI ZB 46/07).
50Wird dem Rechtsanwalt ein neues Mandat übertragen, so muss er die ihm vorgelegten Handakten selbstverantwortlich, ohne alleine auf seinen erfahrenen Bürovorsteher vertrauen zu dürfen, auf etwa laufende Fristen überprüfen, um gegebenenfalls sofort reagieren zu können (vgl. sinngemäß BVerfG, NJW 2000, 1633; BGH, NJW 1997, 1708 ff.; Münchener Kommentar/Gehrlein, ZPO, § 233 Rn. 65). Der Rechtsanwalt muss im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich stets alle unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in der Handakte prüfen (LAG Köln, Urteil vom 8. Mai 2012, Az. 12 Sa 439/12; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, § 233 Rn. 60; Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rn. 37 Stichwort: „Fristeneinhaltung“).
51Werden dem Rechtsanwalt bei Fertigung der Berufungsschrift die Handakten nicht vorgelegt, liegt insoweit bereits ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten vor (vergleiche BGH, Beschluss vom 15. September 2015, Az. VI ZB 37/14; BGH, NJW 2014, 3452, Rn. 8, 10). Deuten Umstände darauf hin, dass die Anweisungen nicht zutreffend umgesetzt worden sind, muss der Rechtsanwalt einschreiten (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008, Az.VI ZB 46/07; Rz. 9).
52Eine besondere Bedeutung kommt dabei auch dem Auftragsschreiben des Mandanten zu. Das Auftragsschreiben mit seinen Anlagen ist nämlich für den beauftragten Rechtsanwalt in der Regel die einzige Grundlage für die Anfertigung der Rechtsmittelschrift, da sich aus ihm das zur Berechnung und Wahrung der Frist unbedingt erforderliche Datum der Urteilszustellung ergibt (BGH, VersR 1994, 199). Der Rechtsanwalt hat eigenverantwortlich das für den Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist maßgebende Zustellungsdatum festzustellen (BGH, VersR 1998, 868; Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rdnr. 37, Stichwort: „Fristeneinhaltung“). Zwar muss der Rechtsanwalt den Zustellungszeitpunkt nicht persönlich vermerken, wenn er durch besondere Einzelanordnung für die Dokumentation des Zustellzeitpunkts durch einen zuverlässigen Mitarbeiter sorgt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rdnr. 37, Stichwort: „Fristeneinhaltung“ m.w.N.). Es gehört aber zu den Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwaltes bei Vorlage entsprechender Unterlagen, dass er entweder selbst den Tag der Zustellung in den Handakten oder anderweitig vermerkt oder durch besondere Einzelanweisung dafür sorgt, dass das Büropersonal das Datum festhält (BGH, VersR 1994, 371; 1992, 1536). Eine allgemeine Anweisung an das Büropersonal genügt hingegen insoweit nicht (Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 233 Rdnr. 37, Stichwort: „Fristeneinhaltung“ m.w.N.).
53cc)
54Diesen Anforderungen sind die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten schuldhaft nicht nachgekommen.
55Diese haben in vorwerfbarer Weise nicht dafür Sorge getragen, dass das zutreffende Zustelldatum vom 9. April 2015 des landgerichtlichen Urteils richtig vermerkt wird.
56Den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ist das erstinstanzliche Urteil und das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015, aus dem sich mit dem 9. April 2015 das richtige Zustelldatum ergeben hat, unmittelbar durch die Beklagte am 15. April 2015 übermittelt worden. Der Rechtsanwalt hatte dabei Kenntnis von dem Schreiben der Beklagten vom 15. April 2015, dem erstinstanzlichen Urteil und dem Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015. Der Rechtsanwalt hat damit das richtige Zustelldatum mit Vorlage des Schreibens der Beklagten vom 15. April 2015 zur Kenntnis genommen. Dort war das richtige Zustelldatum, der 9. April 2015, vermerkt. Dass dieses Schreiben wieder in Vergessenheit geraten ist, entlastet ihn nicht. Es hätte nämlich der Bedeutung des Zustelldatums der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen, wenn der Rechtsanwalt – als ihm alle Unterlagen selbst vorgelegen haben – bereits persönlich dieses Zustelldatum auf dem ebenfalls mit übermittelten erstinstanzlichen Urteil vermerkt hätte, da die Überprüfung und Kontrolle der Fristen ureigenste Pflicht des Rechtsanwalts ist. Werden dem Rechtsanwalt selbst die erforderlichen Unterlagen vorgelegt und ist es in seinem Büro üblich, dass das Zustelldatum auf die gerichtlichen Entscheidungen vermerkt wird, so hätte er dies bei Vorlage der Schriftstücke ohne weiteres vornehmen können.
57Dagegen spricht auch nicht, dass die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erst im Rahmen der Verwaltungsratssitzung am 28. April 2015 damit beauftragt worden sind, die Berufung durchzuführen, da die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten durch die Beklagte schon während des erstinstanzlichen Prozessverfahrens eingeschaltet worden sind. Den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten wurden nämlich durch die Beklagte bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens auszugsweise erstinstanzliche Schriftsätze sowie weitere Unterlagen zur ergänzenden Stellungnahme und Begutachtung vorgelegt. Die Sorgfaltspflicht hätte es damit geboten, selbst die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Zustelldatum richtig festzuhalten, da die Prozessbevollmächtigen bereits zu diesem Zeitpunkt in die rechtliche Beratung eingebunden waren und eine mögliche Berufung zur Disposition stand. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Einladungsschreiben der Beklagten vom 17. April 2015, bei dem als Tagesordnungspunkte „Entscheidung über das weitere Vorgehen im Feststellungsklageverfahren nach der schriftlichen Urteilsbegründung“ und „Entscheidung über einen möglichen Anwaltswechsel gegebenenfalls durch Herrn Dr. W angegeben gewesen sind.
58Selbst wenn ein vorwerfbares Verschulden noch nicht darin gesehen werden sollte, dass der Rechtsanwalt das Zustelldatum nicht selbst auf die erstinstanzliche Entscheidung vermerkt hat, ist es jedoch als vorwerfbares Versäumnis anzusehen, dass er nicht dafür Sorge getragen hat, dass ihm die Handakte im Zusammenhang mit der Berufungseinlegung mit dem maßgeblichen Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015 vorgelegt worden ist.
59Der Rechtsanwalt muss durch die Anlegung von Handakten ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben können. Nach § 50 Abs. 4 BRAO sind in die Handakten die Schriftstücke aufzunehmen, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat. Dementsprechend hätte das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015 zur Handakte im Sinne von § 50 BRAO genommen werden müssen. Der Rechtsanwalt hätte dafür Sorge tragen müssen,
60dass diese Akte mit vorgelegt wird. Wenn der Rechtsanwalt schon zwei verschiedene Akten führt – nämlich eine Berufungsakte und eine sonstige „Handakte“ – ist durch organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die für die Fristen maßgeblichen Schriftsätze in der Akte eingelegt werden, die dem Rechtsanwalt bei fristgebundenen Verfügungen vorgelegt werden. Im Zweifel hat der Rechtsanwalt sich beide Akten vorlegen lassen, gerade auch, weil die Führung von mehreren Akten fehleranfällig ist und die Möglichkeit zu bedenken ist, dass Schriftsätze nicht zutreffend abgeheftet werden.
61Es ist nicht ersichtlich, welche organisatorischen Maßnahmen der Rechtsanwalt getroffen hat, um sicherzustellen, dass das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015 ihm im Zusammenhang mit der Berufungseinlegung vorgelegt wird. Es ist nicht vorgetragen worden, dass es ebenfalls auf einem Versehen des Bürovorstehers beruht, dass das Schreiben in der Akte verblieben ist, die dem Rechtsanwalt später nicht mehr vorgelegt worden ist.
62Zudem hätte von einem sorgfältig arbeitenden Rechtsanwalt in der konkreten Situation erwartet werden können, dass er sich bei der Einlegung der Berufung daran erinnert, dass wenige Tage zuvor ihm von seiner beklagten Mandantin nicht nur das erstinstanzliche Urteil, sondern auch ein weiteres Schreiben der erstinstanzlichen Anwälte vorgelegt worden ist, aus dem sich – wie bereits ausgeführt – das zutreffende Zustelldatum ergeben hat. Hierzu bestand insbesondere deshalb Anlass, weil die Einbindung des Rechtsanwaltes Besonderheiten aufweist. Zum einen waren die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingebunden, zum anderen ist der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte zu einer Verwaltungsratssitzung der Beklagten eingeladen worden, bei der gerade ein möglicher Anwaltswechsel und die Prüfung der Berufung Gegenstand der Tagesordnung war. Im Rahmen dieser Verwaltungsratssitzung wurde nach dem Einladungsschreiben auch eine Präsentation der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erbeten. Dass der zweitinstanzliche Rechtsanwalt sich dann bei der Vorlage der Berufungsakte und Überprüfung der Fristen nur auf das auf dem landgerichtlichen Urteil eingetragene Zustelldatum verlassen hat, ohne die zugrunde liegenden Daten schriftlich nachzuvollziehen, und ohne sich an das
63vorherigen Schreiben seiner Mandantin zu erinnern, beruht auf einem vorwerfbaren Versäumnis des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten.
64Selbst wenn der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte davon ausgegangen sein sollte, dass der Bürovorsteher das Zustelldatum telefonisch überprüft und daraufhin auf der Entscheidung vermerkt hat, hätte er Anlass gehabt, dies weiter zu überprüfen, da bereits der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte das Zustelldatum schriftlich mitgeteilt hatte. Zumindest hätte so auffallen müssen, dass bereits ein Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten übermittelt worden ist, und es hätte dafür Sorge getragen werden müssen, dass dieses Schreiben dem Rechtsanwalt wieder vorgelegt wird.
65Dabei kann auch dahingestellt bleiben, ob die Verfügung des Sachbearbeiters der Prozessbevollmächtigten, eine Berufungsakte anzulegen, die Fristen zu notieren und ihm die Akte sodann zwecks Fertigung der Berufungsschrift wieder vorzulegen, als Einzelanweisung zu sehen ist oder nur der Umsetzung einer allgemeinen – insoweit nicht ausreichenden – Anweisung folgt. Jedenfalls hätte der Prozessbevollmächtigte ebenfalls verfügen müssen, dass ihm das Schreiben der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an die Beklagte vom 13. April 2015 (Anlage A 1) mit vorgelegt wird, da ansonsten eine selbstständige Überprüfung der Fristen nicht möglich ist. Dies ist nicht erfolgt. Weder ist das Schreiben mit vorgelegt worden, noch ist eine entsprechende Kopie für die dortige Berufungsakte angefertigt worden.
66Insofern verfängt auch der Vortrag der Beklagten nicht, dass die gesondert angelegte Handakte für die Fertigung der Berufungsschrift als solche nicht relevant gewesen sei und dass sich keine Hinweise auf ein abweichendes Zustelldatum ergeben hätten. Solche lagen vielmehr für den Rechtsanwalt selbst erkennbar vor und waren entsprechend zu überprüfen.
673.
68Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach alledem nicht stattzugeben war, war die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
704.
71Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 756.700 EUR festgesetzt.
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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Der Rechtsanwalt muss durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. Er hat die Handakten für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Auftrag beendet wurde.
(2) Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben. Macht der Auftraggeber kein Herausgabeverlangen geltend, hat der Rechtsanwalt die Dokumente für die Dauer der Frist nach Absatz 1 Satz 2 und 3 aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht gilt nicht, wenn der Rechtsanwalt den Auftraggeber aufgefordert hat, die Dokumente in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung binnen sechs Monaten nach Zugang nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die Korrespondenz zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber sowie für die Dokumente, die der Auftraggeber bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat.
(3) Der Rechtsanwalt kann seinem Auftraggeber die Herausgabe der Dokumente nach Absatz 2 Satz 1 so lange verweigern, bis er wegen der ihm vom Auftraggeber geschuldeten Gebühren und Auslagen befriedigt ist. Dies gilt nicht, soweit das Vorenthalten nach den Umständen unangemessen wäre.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, sofern sich der Rechtsanwalt zum Führen von Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient.
(5) In anderen Vorschriften getroffene Regelungen zu Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten bleiben unberührt.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)