Oberlandesgericht Hamm Urteil, 21. Dez. 2015 - 31 U 35/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.01.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 247.545,69 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 25.957,34 € seit dem 30.09.2012,
aus weiteren 37.326,60 € seit dem 15.11.2012,
aus weiteren 37.236,60 € seit dem 15.02.2013,
aus weiteren 36.370,61 € seit dem 15.05.2013,
aus weiteren Text 36.370,61 € seit dem 15.08.2013,
aus weiteren 38.869,30 € seit dem 30.09.2013
und aus weiteren 35.504,63 € seit dem 15.11.2013 zu zahlen;
Auf die erweiterte Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte weitere 242.474,70 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 36.293,62 € seit dem 17.02.2014,
aus weiteren 33.868,89 € seit dem 15.05.2014,
aus weiteren 34.638,64 € seit dem 15. August 2014
aus weiteren 37.211,93 € seit dem 30.09.2014,
aus weiteren 34.523,16 € seit dem 17.11.2014,
aus weiteren 33.397,41 € seit dem 16.02.2015
und aus weiteren 32.541,05 € seit dem 15.05.2015 zu zahlen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
(§ 540 ZPO)
A)
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kreisstadt im Regierungsbezirk Z im Bundesland Nordrhein-Westfalen mit etwa 31.800 Einwohnern.
2Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche der Klägerin bzw. der Beklagten aus insgesamt 4 Swap-Geschäften, die die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Y AG (seit 02.07.2012 A AG -im Folgenden einheitlich: Beklagte), zwischen November 2006 und Februar 2009 abgeschlossen hat.
3Im Jahr 2005 bzw. 2006 entstand die Geschäftsbeziehung der Klägerin zur Beklagten, nachdem die Beklagte zuvor bereits teilweise der Klägerin festverzinsliche Darlehen gewährt hatte. Am 06.07.2005 wurde der Klägerin erstmals anhand einer von der Beklagten vorbereiteten Präsentation der Sinn und Nutzen des Einsatzes von Derivaten zur Optimierung der Zinsbelastung in der kommunalen Haushaltsführung vorgestellt.
4In einer Übersicht betreffend das aktive Zinsmanagement mit Derivaten für die Stadt G (B 21) vom 08.02.2006 findet sich unter der Überschrift „Handlungsmöglichkeiten“ der Hinweis, dass sich im Portfolio eine Häufung von Zinsanpassungen im sehr langen Laufzeitbereich findet, kaum dagegen Zinsbindungen mit mittlerer Laufzeit. Hinsichtlich der Zins- und Tilgungsverpflichtungen nur in Euro bestehe dagegen ein deutlicher Zinsvorteil im Schweizer Franken, der durch den Abschluss von Zins- und Währungsswaps genutzt werden kann. Ferner heißt es dort, dass die Durchschnittsverzinsung über dem aktuellen Zinsniveau bei gleicher Duration liegt, wobei dieser Zinsaufwand durch strukturierte Derivate wie z.B. Differenz-Swaps, Kündbare Spread-Swaps etc. reduziert werden könne. Als Optimierungsvorschläge sind ein Forward-Swap, ein Flexi-Forward Swap, ein Zins- und Währungsswap, ein Differenz-Swap und ein kündbarer Spread-Swap genannt. Als Risiken werden genannt, dass der 6-Monate-Euribor dauerhaft über 5% ansteigt und dass die Zinsstrukturkurve dauerhaft verflacht, wobei dieses Risiko beim Differenz-Swap begrenzt und beim kündbaren Spread Swap theoretisch unbegrenzt ist. In einer Szenarioanalyse bezüglich des Differenz-Swap wird der mögliche Nettovorteil auf 78.000 € und der mögliche Nettonachteil auf 22.500 € beziffert. Die Übersicht endet mit dem Fazit, dass eine Analyse des Schuldenportfolios der Stadt G verschiedene Ansatzpunkte für eine Zinsoptimierung zeigt. Die vorhandenen Zinsbindungen werden insgesamt als sehr langfristig beurteilt. Für Darlehensaufnahmen in den nächsten Jahren böten sich unter Umständen eher Zinsbindungen im mittleren Laufzeitbereich an, z.B. über der Einsatz eines Forward-Swaps oder eines Forward Flexi-Swaps. Ferner findet sich der Hinweis, dass sich im Portfolio bislang ausschließlich festverzinsliche Darlehen finden, die ausschließlich auf Euro-Basis lauten. Die Vorteile einer günstigeren Finanzierung in Ländern mit einem geringeren Zinsniveau würden bislang nicht genutzt.
5Schließlich endet das Term-Sheet mit dem Hinweis, dass die Durchschnittsverzinsung des Schuldenportfolios im Vergleich zur Duration relativ hoch ist. Es würden sich strukturierte Derivate zur Reduzierung des Zinsaufwandes anbieten. Dabei hänge die Produktart von der Zinsmeinung der Stadt G ab.
6Am 23.06.2006/29.01.2007 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte ab, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K 2 verwiesen wird. Dabei war zwischen den Parteien stillschweigend vereinbart, dass die Regelungen dieses Vertrages auch für ein erstes, bereits im November 2006 erworbenes Derivat Geltung haben sollten. In § 1 Abs. 1 dieses Rahmenvertrags heißt es, dass „die Parteien beabsichtigen, zur Gestaltung von Zinsänderungs-, Währungskurs- und sonstigen Kursrisiken im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Finanztermingeschäfte abzuschließen“. Im Anhang zum Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 23.06.2006 für Verträge mit Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts (K3) sichert der Vertragspartner der Beklagten in Punkt 2 lit. b) zu, mit dem Abschluss von einzelnen Geschäften nicht gegen die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften, insbesondere das Spekulationsverbot, zu verstoßen. Punkt lit. c) enthält die Zusicherung der Klägerin, Einzelabschlüsse nur zur Erfüllung dieses Zwecks zu tätigen und dem Erfordernis der Konnexität des Einzelabschlusses gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem zu Grunde liegenden Grundgeschäft anzupassen.
7Auf der Grundlage dieses Rahmenvertrags schloss die Klägerin jeweils nach einer Beratung durch die Beklagte folgende Verträge (vgl. Übersicht B 11):
8Am 29.11.2006 schloss die Klägerin mit der Beklagten den flexiblen Restrukturierungs-Swap 1465030D über 1.510.550,00 € mit einer Laufzeit von 20 Jahren ab; dieser Swap wurde der Klägerin als Instrument zur Zinssicherung eines im Zusammenhang mit dem Swap aufgenommenen Darlehens angeboten. Hierbei handelte es sich um ein Tilgungsdarlehen mit Festzinsfestschreibung bis zum 30.09.2010. Bislang tauschten die Parteien 5 Fixings aus. Die Klägerin konnte bis zum 24.10.2012 per Saldo einen Gewinn i.H.v. 6.023,79 € realisieren. Eine von der Klägerin am 30.09.2012 zu Gunsten der Beklagten fällige Differenzzahlung für den Berechnungszeitraum vom 30.09.2011 bis zum 30.09.2012 i.H.v. 25.957,34 € leistete die Klägerin nicht (GA 221). Der Marktwert des Kontraktes, Stand 31.08.2012, betrug 224.477,79 € zu Lasten der Klägerin (GA 46). In der Produktbeschreibung vom 27.11.2006 (B 23) findet sich unter der Überschrift „Risiko“ folgender Hinweis:
9„Wenn es zu einem breit angelegten, nachhaltigen Aufschwung kommt, bzw. auch die Inflation tendenziell eher weiter ansteigt, wird auch der 12-Monats-Euribor weiter anziehen und das Risiko, dass der Fixing-Schwellenwert von 6 % überschritten wird, steigt. Der Break-Even für den Flexi-Restrukturierungs-Swap würde aber erst dann erreicht, wenn der Geldmarktsatz in mehreren 12-Monats-Perioden über 6% gefixt würde. Auf einem Niveau von über 6% befand sich der 12-Monats-Euribor in den letzten Jahren aber nur kurzzeitig. Durch Veränderungen der Zinsstruktur oder anderer bewertungsrelevanter Parameter während der Laufzeit können sich Bewertungsnachteile ergeben, die jedoch nur bei einer vorzeitigen Auflösung des Flexi- Restrukturierungs-Swap realisiert werden müssten.“
10Der flexible Restrukturierung-Swap vom 29.11.2006 über 1.510.550 € mit einer Laufzeit von 20 Jahren hatte einen anfänglichen negativen Marktwert. Wie hoch dieser negative Marktwert konkret war, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
11Am 12.10.2007 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung mit der Kennziffer 2097544D über 2.427.400 Euro mit einer Laufzeit von 8 Jahren ab; dieser Swap sollte der Optimierung bestehender Zinsverbindlichkeiten dienen (GA 63). Konkret war der Swap dem Darlehen mit den Endnummern 904 zugeordnet, welches eine Laufzeit bis zum 15.08.2033 hat und die Klägerin zur Zahlung von 4,3 % Zinsen p.a. verpflichtete (GA 63). Bei diesem Swap-Geschäft erhielt die Klägerin von der Beklagten einen Festzins i.H.v. 1,8 % p.a. bezogen auf einen dynamischen Bezugsbetrag von anfänglich 2.427.400 € (GA 47). Im Gegenzug hierzu schuldete die Klägerin einen variablen Zahlungsstrom, dessen Höhe davon abhängen sollte, ob sich der „10 Jahres-Swapsatz“ innerhalb einer definierten, dynamisch konzipierten Bandbreite bewegen oder diese Bandbreite nach oben oder unten durchbrochen wird. Liegt der „10-Jahres Swapsatz“ innerhalb der Bandbreite, sollte die Klägerin einen Zinssatz von 0,8% per anno schulden. Sollte der „10-Jahres Swapsatz“ die Bandbreite nach oben oder unten verlassen, schuldete die Klägerin einen Zinssatz von 4,8 % per anno. Die Parteien tauschten bei insgesamt 4 Fixings 63.112,40 € aus. Die Klägerin erwirtschaftete dabei insgesamt 24.274 € Gewinn (GA 67, 224). In der Produktpräsentation (B 26) heißt es unter dem Oberbegriff Risiko:
12„Die Zinsbelastung der Stadt erhöht sich, sollte der 10-Jahres-Euro-Swapsatz am Periodenende außerhalb der jeweils gültigen Bandbreite festgestellt werden.
13Schlechtester Fall: 4,8 % p.a. vs. 1,8 % p.a.“
14In einer Szenarioanalyse I wird der mögliche Nettovorteil mit 170.464,17 €, in einer Szenarioanalyse II der „Nettovorteil“ mit -183.429,18 € angegeben.
15Der Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung vom 12.10.2007 über 2.427.400 € hatte einen negativen Marktwert von 59.000 €.
16Da sich im Zuge der Durchführung dieses Swaps ab der 2. Jahreshälfte 2008 eine negative Entwicklung für die Klägerin abzeichnete, schlug die Beklagte der Klägerin vor, den Digitalswap mit Bandbreitenanpassung ohne Ausgleichszahlung aufzulösen und stattdessen einen Forward-Swap abzuschließen. Die Klägerin war mit diesem Vorschlag der Beklagten einverstanden. Am 12.02.2009 trafen die Parteien eine Auflösungsvereinbarung über den Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung, wobei der negative Marktwert von der Klägerin nicht ausgeglichen, sondern in den später erworbenen Forward-Swap eingerechnet wurde (GA 68). Sodann schloss die Klägerin mit der Beklagten noch am selben Tag den ihr vorgeschlagenen Forward-Swap mit der Referenznummer 2333886D bzw. 2333884D. Dieser sieht vor, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten ab dem 30.12.2027 ein Payer-Swap zu laufen beginnt. Dies bedeutet, dass die Klägerin dann einen festen Zinssatz zu bezahlen hat. Der Beklagten steht ein vierteljährlich ausübbares einseitiges Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung ab dem 30.12.2032 zu (GA 69). Der Forward-Swap weist einen Bezugsbetrag von 4 Millionen € und eine Laufzeit vom 30.12.2027 bis zum 30.12.2047 aus. Zahlungen wurden im Rahmen der Durchführung dieses Forward-Swaps noch nicht ausgetauscht. Am 31.08.2012 lag der negative Marktwert des Swaps bei 480.552,02 € (GA 82). Der anfängliche negative Marktwert lag bei 258.000 €.
17In der Produktpräsentation vom 12.02.2009 heißt es unter der Überschrift „Kündbarer Forward Zahler-Swap“ wie folgt (B 35):
18„Chance
19- 20
der Festzinssatz von 3,09 % p. A. ist mindestens für 5 Jahre gesichert und somit ist die Stadt gegen steigende Zinsen geschützt.
- 21
Verbesserung der Konditionen durch Einräumung eines Kündigungsrechts (0,46 % p. A. im Vergleich zu einem alternativen Forward Zahlerswap ohne Kündigungsrecht).
- 22
Der Zinsswap kann jederzeit zu den dann gültigen Marktkonditionen wieder veräußert werden. Die Auflösung des Zinsswaps kann je nach Marktumfeld etwas kosten oder einen zusätzlichen Ertrag einbringen.
Risken
24- 25
„Es kann nicht an niedrigen 3- Monats Euribor Zinsen bzw. einem eventuellen niedrigeren Festzinsniveau partizipiert werden.
- 26
Die Y besitzt ein Kündigungsrecht.
- 27
Eine Kündigung des Swaps durch die Y kann für die Stadt zu höheren Finanzierungskosten in der Folgezeit führen“.
Schließlich schloss die Klägerin mit der Beklagten am 21.01.2008 einen CHF Plus– Swap mit Trigger (Referenznummer 2139224D – K 10) ab, wobei diesem Vertragsabschluss ebenfalls eine umfangreiche Präsentation durch die Beklagte vorausging. Zugeordnet war dieser Swap dem Darlehen mit der Kennung 906. Der Bezugsbetrag belief sich auf 2.385.720 € (B 30). Die Laufzeit des Swaps sollte am 15.02.2008 beginnen und am 15.02.2016 enden (GA 83). Bislang tauschten die Parteien in 18 Fixings Zahlungsströme aus. Hierbei erlitt die Klägerin zum Stand 31.10.2012 einen Verlust i.H.v. 381.758,79 € (GA 104). Der aktuelle Marktwert, Stand 30.08.2012, betrug 446.053,84 € zu Lasten der Klägerin (GA 104).
29Dieser Swap war so strukturiert, dass die Stadt G in der Periode 1 bis 4 einen Festzinssatz i.H.v. 0,95% und danach 0,95% + (Schwellenwert – Kassakurs) : Kassakurs x 100% p.a. zahlen sollte. Als Kassakurs ist definiert der Wechselkurs zwischen Euro und Schweizer Franken 2 Tage vor Periodenende (10:00 Uhr, New York).
30Erreicht oder überschreitet der Wechselkurs ab der 5. Periode den Wert 1.6400 (festgestellt von der Berechnungsstelle von Montag 6:00 Uhr Ortszeit Sydney bis Freitag 17:00 Uhr Ortszeit New York), gilt für die gesamte Restlaufzeit (einschließlich der laufenden Periode) ein Zinssatz 1 von 0,95 % p.a. Der Zinssatz ist auf 9,5 % p.a. begrenzt.
31Unter der Überschrift Chancen findet sich der Hinweis (B 30), dass der CHF-Plus-Swap vorteilhaft ist, wenn der Euro/Schweizer Franken-Wechselkurs nur geringfügig sinkt, gleich bleibt oder ansteigt. In den ersten 4 Perioden erwirtschaftet der Swap einen sicheren Zinsvorteil von 1 Prozent p.a. Anschließend hängt der von der Stadt zu zahlende Zinssatz von der Entwicklung des Euro/Schweizer Franken-Wechselkurs ab. Der Wechselkurs müsste unter anfänglich 1,5250 fallen, bevor zusätzlich zum Mindestzinssatz von 0,95 % noch ein Aufschlag zu zahlen wäre. Außerdem hat die Stadt die Chance, sich den maximalen Vorteil von 1,00% zu sichern. Dies ist der Fall, sobald der Wechselkurs ab der 5. Periode einmal den Schwellenwert von 1,6400 überschreitet. D.h., die Stadt sichert sich den Vorteil von 1% p.a., falls der Wechselkurs nur einmal den aktuellen Kassakurs erreicht oder überschreitet.
32Unter der Überschrift „Risiko“ findet sich der Hinweis, dass, wenn der EUR/CHF-Wechselkurs deutlich sinkt, das Risiko wächst, dass der Schwellenwert von anfänglich 1.5250 unterschritten wird. Dann zahlt die Stadt zusätzlich zum Mindestzinssatz von 0,95 % einen vom Wechselkurs abhängigen Aufschlag. Je weiter der Wechselkurs unter dem Schwellenwert liegt, umso höher ist der Aufschlag, so dass insgesamt auch deutlich negative Nettozahlungen anfallen können. Der von der Stadt zu zahlende Zinssatz ist jedoch bei 9.50 % p.a. begrenzt.
33Mit der Behauptung, es habe sich bei diesen Swaps um komplizierte Finanzinstrumente gehandelt, die nicht der Finanzierung konkreter Darlehen gedient hätten und die sie daher nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung gar nicht hätte abschließen dürfen, hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 351.461,00 € sowie die Feststellung verlangt, dass der Beklagten aus den im Klageantrag konkret benannten Swap-Verträgen keine Zahlungsansprüche gegen sie zustehen. Dabei hat die Klägerin behauptet, ihr drohe aus den Swaps ein Schaden in Höhe von 1.151.083,65 €. Sie habe bislang einen Schaden in Höhe von 351.461 € erlitten. Die Klägerin ist der Meinung, die Swap-Verträge seien unwirksam. Die Geschäfte seien von Anfang an ungeeignet gewesen, um den Schuldendienst zu optimieren. Mitarbeiter der Beklagten hätten ihr versichert, dass sie durch den Abschluss der Swap-Verträge nicht gegen das Spekulationsverbot verstoße. Dies sei aber der Fall gewesen. Mit dem CHF-Plus-Swap habe die Beklagte ihr das Risiko einer Abwertung des Euro auferlegt, so dass es an einem sachlichen Zusammenhang zu einem Darlehen gefehlt habe. Die fehlende Homogenität sämtlicher Swaps müsse nach der Auffassung der Klägerin zum Eingreifen der ultra vires Lehre und damit zur Unwirksamkeit der Swaps führen.
34Bei den Swaps habe es sich zudem nicht um leicht verständliche, sondern um hoch komplexe Finanzinstrumente gehandelt, deren Funktionsweise nur Finanzmathematiker verstehen könnten. Jedenfalls stünden ihr aber Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Y zu, weil die Beklagte sie trotz Bestehens entsprechender Beratungsverträge nicht über die konkrete Höhe des negativen Marktwerts der Swaps unterrichtet haben, der zwischen 3 und 5% gelegen habe. Sie habe nicht um den negativen Marktwert der Derivate gewusst (Beweisantritt GA 302, 356). Dass sich in den Termsheets jeweils der Hinweis finde, dass die Beklagte nicht als Finanzberater, sondern als Handelspartner tätig werde, sei ohne Belang, da die Beklagte sie – was unstreitig ist - tatsächlich beraten habe. Letzteres verdeutliche bereits die Präsentation vom 08.02.2006 (B 21), welche mit den Begriffen „Aktives Zinsmanagement mit Derivaten für die Klägerin“ überschrieben sei.
35Die Beratung der Beklagten sei weder anleger- noch anlagegerecht gewesen. Ihr Ziel sei es gewesen, die Zinsbelastungen zu managen und zu optimieren. Dieses Ziel sei mit den ihr empfohlenen Swaps nicht erreichbar gewesen. Zudem sei bereits die Empfehlung von Swaps als solche fehlerhaft gewesen, da ihr die Vornahme spekulativer Geschäfte untersagt sei. Nicht objektgerecht sei die Beratung gewesen, weil ihr die wirtschaftlichen Produkteigenschaften sowie damit verbundene Risiken nicht erläutert worden seien. Insbesondere seien ihr das konkrete Chancen-/Risikoverhältnis, Verlustrisiken und Entwicklungsmöglichkeiten von der Beklagten nicht offen gelegt worden.
36Zwar sei es zutreffend, dass auch Vertreter der E an den Erstgesprächen teilgenommen hätten. Diese seien jedoch nicht auf der Seite der Klägerin unterstützend tätig geworden. Vielmehr habe die E selber von den Geschäften profitiert, weil die Beklagte ihre Marge mit der E im Verhältnis 9 zu 1 geteilt habe. Ohnehin hätten die Mitarbeiter der E nicht aktiv an den Beratungsgesprächen teilgenommen und der Klägerin keinesfalls Elemente und Risiken der von der Beklagten angebotenen Swaps erläutert (GA 359).
37Zudem hat die Klägerin die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt, weil ihr wahrheitswidrig suggeriert worden sei, dass mit den von ihr erworbenen Swaps ein aktives Zinsmanagement betrieben werden könne.
38Wegen der genauen Höhe des von der Klägerin behaupteten Schadens nimmt der Senat Bezug auf die Tabelle GA 105.
39Auf die Einrede der Verjährung könne sich die Beklagte nach Auffassung der Klägerin nicht berufen. Denn die Beklagte habe vorsätzlich gehandelt (GA 367). Die Beklagte habe spätestens ab September 2001 gewusst, dass es ihr verboten sei, Geschäfte zu empfehlen, von denen sie habe annehmen müssen, dass sie für den Kunden nachteilig seien. Dass ein Geschäft, das zu Lasten des Kunden negativ strukturiert sei, für den Kunden nachteilig sei, liege auf der Hand.
40Zudem erklärt die Klägerin die Aufrechnung gegen Ansprüche der Beklagten aus den streitgegenständlichen Derivaten mit Schadensersatzansprüchen aufgrund fehlerhafter Anlageberatung.
41Jedenfalls hätten die für sie handelnden Personen ihre Vertretungsmacht entweder überschritten oder in einer für die Beklagte evidenten Art und Weise missbraucht, weshalb die streitgegenständlichen Geschäfte schwebend unwirksam gewesen und mit Klageerhebung endgültig unwirksam geworden seien.
42Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat Widerklage über eine Forderung von ursprünglich 100.430,54 € nebst Zinsen erhoben (GA 160) und die Widerklage mit Schriftsatz vom 20.11.2013 auf einen Betrag von 247.545,69 € erhöht. Die Beklagte ist der Meinung, die Swap-Verträge seien wirksam zustande gekommen. Der Einsatz von Derivaten im kommunalen Schuldenmanagement sei Ausdruck der kommunalen Finanzhoheit, die verfassungsrechtlich geschützt sei. Ob eine konkrete Maßnahme des Schuldenmanagements haushaltsrechtlich zulässig sei oder nicht, sei keine Frage des Wirkungskreises einer Gemeinde. Es reiche aus, wenn ein Derivat einem beliebigen Kredit zugerechnet werden könne, wobei die Swapgeschäfte im vorliegenden Fall ohnehin konkreten oder konkret geplanten Krediten aus dem Schuldenportfolio der Klägerin zugeordnet gewesen seien (GA 214).
43Die Beklagte hat zudem behauptet, die Klägerin in nicht zu beanstandender Art und Weise beraten zu haben. Die Funktionsweise und Verlustrisiken seien der Klägerin vor Abschluss der Geschäfte anhand schriftlicher Unterlagen erläutert worden. Die Swaps hätten auch den Zielvorgaben der Klägerin und ihrem Risikoprofil entsprochen. Zudem habe die Klägerin jeweils einen Szenariorechner in Dateiform erhalten, mit dem sie selbst die jeweiligen Zahlungspflichten für beliebige Zins- und Wechselkursentwicklungen habe berechnen können. Ferner habe die Klägerin seit dem Beginn der Geschäftsbeziehung wöchentlich um monatlich aktuelle volkswirtschaftliche Research–Ausarbeitungen der Y zu den Entwicklungen auf den Finanzmärkten, die als eine Grundlage für die Herausbildung ihrer Zins- und Marktmeinung dienten, bezogen (GA 233). Ferner hätten im Rahmen des „Schuldenportfoliomanagement“ seit 2006 mindestens einmal jährlich persönliche Besprechungen zum aktuellen Stand des Schuldenmanagements der Klägerin stattgefunden. An diesen Besprechungen hätten auch Mitarbeiter der E teilgenommen. Ziel der Klägerin sei keinesfalls die Zinssicherung gewesen. Die Y habe die Vorstellungen und Risikobereitschaft der Klägerin ermittelt (GA 236). Die möglichen Zielsetzungen der Nutzung von Finanzderivaten im Rahmen der Schuldenportfolio-verwaltung seien sowohl zu Beginn der Geschäftsbeziehung als auch vor Abschluss der beiden ersten Swapgeschäfte im November 2006 und Oktober 2007 Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen (GA 236). Das erste Swapgeschäft habe zwar der Zinssicherung gedient. Bei den weiteren Swapgeschäften sei es jedoch um Zinsoptimierung gegangen (GA 237). Dabei sei die Klägerin bereit gewesen, Risiken einzugehen. Die Klägerin habe sich in dem von ihrem Bürgermeister unterschriebenen Formular „Angaben für Geschäfte in Finanzinstrumenten“ aus September 2011 als risikobewusst bezeichnet (B 19). Die Klägerin sei durch die Herren N, T und durch Frau B fundiert über die Ausgestaltung, Funktionsweise, Einsatzmöglichkeiten und Risiken von Finanzderivaten beraten worden (GA 240). Die Derivate hätten den Zielen der Klägerin entsprochen. Die Klägerin habe vor jedem Geschäft schriftliche Informationen über das jeweils abzuschließende Geschäft erhalten. Ohnehin seien die der Klägerin angebotenen Swaps keinesfalls so komplex, wie dies die Klägerin darzustellen versuche, sondern könnten auch von externen Dritten ohne Computerprogramme nachvollzogen werden.
44Die Preisbildungsmechanismen außerbörslicher Derivate, die u.a. ihre Gewinnmarge mitumfasst hätten, seien der Klägerin bekannt gewesen. Insbesondere sei der Klägerin bei Abschluss der Swapgeschäfte das in der Gewinnmarge dieser Geschäfte begründete Verdienstinteresse der Y am Zustandekommen der Transaktionen und damit auch das mit der Gewinnmarge einhergehende Phänomen des „anfänglich negativen Marktwerts“ bekannt gewesen (GA 242, 247). Die Mitarbeiter der Y hätten Fragen der Klägerin jeweils zutreffend dahingehend beantwortet, dass die Beratung und die sonstigen Leistungen der Y im Rahmen der Schuldenportfolioverwaltung ohne gesonderte Vergütung erbracht würden, die Y jedoch an den gegebenenfalls zu Stande kommenden Derivategeschäften verdient (GA 243). Vor diesem Hintergrund sei der Klägerin ihr Verdienstinteresse bekannt gewesen.
45Nach der im November 2007 erfolgten Umsetzung der Bestimmungen der Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID) habe sie ihre Präsentationsunterlagen – die Anlage B 20 habe der Zeuge T der Klägerin am 21.11.2007 zukommen lassen (GA 244) - um einen entsprechenden Passus ergänzt. Hierauf habe die Zeugin B den Kämmereimitarbeiter der Klägerin, Herrn C, ausdrücklich hingewiesen. Herr C habe diese Information an den Kämmerer, Herrn K, weitergegeben (GA 244).
46Tatsächlich habe der Umstand, dass sie an den Swaps verdient habe, für die Klägerin keine entscheidungserhebliche Rolle gespielt. Die Vertreter der Klägerin hätten sich im Vorfeld der Geschäftsabschlüsse weder nach der Höhe der Marge erkundigt noch hätten sie in irgendeiner Weise erkennen lassen, dass sie etwas gegen das Verdienstinteresse der Y am Zustandekommen der Geschäfte einzuwenden hatten (GA 245 mit Beweisantritt).
47Aus der Gegenüberstellung des „Doppel-Swap“ vom 28.11.2006 und des „Flexi-Restrukturierungs-Swap“ habe die Klägerin die lediglich „bedingte“ Zinssicherungswirkung des „Flexi-Restrukturierungs-Swap“ deutlich erkennen können.
48Chancen und Risiken des am 12.10.2007 abgeschlossenen „Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung“ seien in einem Gespräch den Herren L, K und C sowie für die E Herrn D durch die Mitarbeiterin der Y Frau B erläutert worden (GA 253). Dabei sei zu keinem Zeitpunkt von Mitarbeitern der Beklagten versichert worden, dass eine Entwicklung der 10-Jahres-Swaprate außerhalb der Vereinbarung der Bandbreite unwahrscheinlich sei. Da die Mitarbeiter der Klägerin an dem Abschluss eines „Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung interessiert gewesen seien, sei vereinbart worden, dass die Klägerin der Beklagten zwei Darlehen aus ihrem „Schuldenportfolio“ habe benennen sollen, auf deren Tilgungsverläufe und Zinssätze die Beklagte Vorschläge für einen CHF Digital-Swap und einen Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung habe machen sollen. Nach interner Prüfung habe sich die Klägerin dann für den Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung entschieden.
49Zum Abschluss des „CHF-Swap mit Höchstgrenze“ sei es gekommen, nachdem der Wechselkurs des Schweizer Franken im Verhältnis zum Euro erheblich gesunken sei (GA 255). Dabei seien Herrn C durch Herrn T in einem Telefonat sämtliche Chancen und Risiken mitgeteilt worden (GA 255). Im Zuge der Lehman-Krise sei dann die Bandbreite kurzfristig entgegen der Bedenken der Klägerin nach unten durchbrochen worden.
50Im Vorfeld der Auflösung des Digital-Swaps mit Bandbreitenanpassung und des Abschlusses des kündbaren Zahler-Swaps vom 12.02.2009 hätten Vertreter der Klägerin und der Beklagten aufgrund einer Präsentation (B 31) intensiv das seinerzeitige Marktumfeld und die finanzwirtschaftlichen Kennzahlen des Schulden- und Derivateportfolios der Klägerin erörtert. Im Juni 2008 habe Herr C in einem Telefonat Bedenken geäußert, dass der CMS 10 möglicherweise ansteigen könne. Frau B habe Herrn C daraufhin erläutert, dass im Fall einer Auflösung die Klägerin 95.000 € zahlen müsse. Dabei sei dann erörtert worden, dass man die im Falle einer Aussetzung des Swaps fälligen Ausgleichszahlungen der Klägerin in einen kündbaren Zahler-Swap einkalkulieren könne (GA 259). Ein solcher sei sodann im Februar 2009 abgeschlossen wurden, wobei die Klägerin auf sämtliche Chancen und Risiken in Gesprächen zuvor hingewiesen worden sei.
51Ihr stehe gegen die Klägerin ein Zahlungsanspruch i.H.v. 247.545,69 € zu. Denn die Klägerin komme ihren Verpflichtungen aus dem Flexi-Restrukturierungs-Swap vom 29.11.2006 und dem CHF Plus-Swap mit Höchstgrenze vom 21.01.2008 nicht mehr nach (GA 262).
52Zur Aufklärung über den negativen Marktwert der Swaps sei sie nicht verpflichtet gewesen. Dies gelte auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Denn es handele sich bei den streitgegenständlichen Geschäften gerade nicht um einen CMS Spread Ladder Swap, für den der Bundesgerichtshof am 22.03.2011 (Az.: XI ZR 33/10) entschieden habe, dass die Bank verpflichtet sei, über den negativen Marktwerts aufzuklären. Denn bei den hier abgeschlossenen Geschäften habe es sich um solche im Rahmen der Schuldenverwaltung gehandelt. Es sei daher gerade nicht um eine Wette gegangen.
53Jedenfalls habe sie nicht vorsätzlich gehandelt. Die Beklagte als Organisation und die für sie handelnden Mitarbeiter seien bis zum Bekanntwerden des „CMS Spread Ladder Swap-Urteils“ des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass über Margen, die Banken im Zusammenhang mit dem Abschluss von Swapgeschäften verdienen, nicht gesondert habe aufgeklärt werden müssen (GA 442 mit Beweisantritt). Insbesondere hätten ihre Mitarbeiter es nicht für möglich gehalten, dass Derivate der vorliegenden Art als Wette klassifiziert werden könnten.
54Schließlich beruft sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung. Dieses betreffe sämtliche Geschäfte, die bis zum 04.08.2009 abgeschlossen worden seien. Vorsätzlich habe sie nicht gehandelt; auch sei die Beklagte, beraten durch ihre Rechtsabteilung, davon ausgegangen, dass die Beratung der Klägerin den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien der anleger- und anlagegerechten Beratung entsprochen habe (GA 283 f., Beweisantritt GA 284, 285 ff.).
55Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Klägerin könne nicht mit etwaigen verjährten Ansprüchen aufrechnen. Denn die Forderungen der Beklagten aus den Swapgeschäften und der etwaige Schadensersatzanspruch der Klägerin, der auf Naturalrestitution im Wege der Schuldbefreiung gerichtet sei, seien nicht gleichartig im Sinne von § 387 BGB (GA 446 ff.). Zudem lägen die Voraussetzungen des § 215 BGB nicht vor. Schadensersatzansprüche der Klägerin auf Schuldbefreiung und die erst seit September 2012 entstandenen Ansprüche der Beklagten hätten sich vor Eintritt der Verjährung der Schadensersatzansprüche zu keiner Zeit aufrechenbar gegenübergestanden.
56Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung.
57Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 351.461 € zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 zu zahlen. Ferner hat es festgestellt, dass der Beklagten aus dem Swap-Kontrakt vom 29.11.2006 mit der Referenznummer 1465430D, dem Swap-Kontrakt vom 12.10.2007 mit der Referenznummer 2097544D, dem Swap-Kontrakt vom 21.01.2008 mit der Referenznummer 2139224D und dem Swap-Kontrakt vom 12.02.2009 mit den Referenznummern 2333886D bzw. 2333884D keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen. Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin alle zukünftigen Schäden zu ersetzen hat, die aus dem Swap-Kontrakt vom 29.11.2006 mit der Referenznummer 1465430D, dem Swap-Kontrakt vom 12.10.2007 mit der Referenznummer 2097544D, dem Swap-Kontrakt vom 21.01.2008 mit der Referenznummer 2139224D und dem Swap-Kontrakt vom 12.02.2009 mit den Referenznummern 2333886D bzw. 2333884D noch entstehen. Zudem hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 18.305,15 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.06.2013 zu zahlen.
58Die Widerklage hat das Landgericht abgewiesen.
59Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zustehe. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen, den die Beklagte schuldhaft verletzt habe. Denn die Beklagte habe die Klägerin pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen, dass und in welcher ungefähren Höhe der von ihr empfohlene Swap-Vertrag jeweils zum Abschlusszeitpunkt einen negativen Marktwert ausgewiesen habe. Dieser Schadensersatzanspruch sei nicht gemäß § 37 a WPHG verjährt. Denn die Beklagte habe nicht hinreichend konkret vorgetragen, dass sie hinsichtlich der Beratungspflichtverletzung nicht vorsätzlich gehandelt habe, weshalb es bei der allgemeinen Verjährungsregelung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB bleiben müsse.
60Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Meinung, sie habe es nicht pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass und in welcher zumindest ungefähren Höhe der von ihr empfohlene Vertrag zum Abschlusszeitpunkt einen negativen Marktwert aufgewiesen habe. Die CMS-Spread-Ladder-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, was die Beklagte im Einzelnen ausführt. Im Übrigen sei diese Rechtsprechung auch falsch. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2011 sei Folge eines Fehlverständnisses der Intermediärfunktion von Kreditinstituten, der Preisbildungsmechanismen im Derivategeschäft und des „Hedging-Vorgangs“. Der negative Marktwert eines Swaps sei von vornherein nicht geeignet, einen schwerwiegenden Interessenkonflikt und eine damit korrespondierende Aufklärungspflicht der beratenden Bank zu begründen. Tatsächlich habe es sich bei den Swap-Geschäften nicht um Wetten gehandelt. Der anfängliche negative Marktwert spiegele lediglich die Gewinnmarge der Beklagten wieder. Dies sei auch der Klägerin bewusst gewesen, ohne dass dies für die Klägerin von irgendeiner Bedeutung gewesen sei (GA 556). In den Jahren 2005 und 2006 hätten die Zeugen N, T und B die Fragen der Klägerin, auf welche Weise die Beklagte von den Geschäften profitiere, zutreffend erläutert. Zudem seien der Klägerin die Preisbildungsmechanismen bekannt gewesen. Ebenso sei die Klägerin darüber informiert gewesen, dass die E an den Geschäften verdient habe. Fehlerhaft habe das Landgericht die Kausalität bejaht. Sie habe unter Beweisantritt behauptet, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Swapgeschäfte mit der Y auch dann abgeschlossen hätte, wenn ihr die genaue Höhe der in die Konditionen der Swapgeschäfte eingerechneten Marge bekannt gewesen wäre. Ihren Beweisantritten hätte das Landgericht nachgehen müssen (GA 575, nochmaliger Beweisantritt GA 577). Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verjährt, da sie nicht vorsätzlich gehandelt und dies auch ordnungsgemäß unter Beweis gestellt habe (erneuter Beweisantritt GA 592). Selbst der Senat sei in einer Entscheidung vom 10.11.2010 in dem Verfahren 31 U 121/08 noch davon ausgegangen, dass eine Aufklärungspflicht über den negativen Marktwert nicht bestehe. Ferner habe das Landgericht die Voraussetzungen der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verkannt. Denn der Klägerin seien die Preisbildungsmechanismen von vornherein bekannt gewesen. Zumindest treffe die Klägerin ein Mitverschulden.
61Die Widerklage hält die Beklagte für begründet. Ihr stehe neben den erstinstanzlich verlangten Beträgen aus dem Flexi-Restrukturierungs-Swap vom 29.11.2006 und dem CHF Plus-Swap vom 21.01.2008 iHv. 247.545,69 Euro ein weiterer Zahlungsbetrag i.H.v. 242.474,70 Euro aus diesen beiden Swap-Geschäften zu.
62Die Beklagte beantragt,
63unter Abänderung des am 30.01.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Paderborn, Akten Zeichnen 21 O 124/12, die Klage abzuweisen;
642. unter Abänderung des am 30.01.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Paderborn, Az. 21 O 124/12 die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 247.545,69 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
65aus 25.957,34 € seit dem 30.09.2012,
66aus weiteren 37.236,60 € seit dem 15.11.2012,
67aus weiteren 37.236,60 € seit dem 15.02.2013,
68aus weiteren 36.370,61 € seit dem 15.05.2013,
69aus weiteren 36.370,61 € seit dem 15.08.2013,
70aus weiteren 38.869,30 € seit dem 30.09.2013 und
71aus weiteren 35.504,63 € seit dem 15.11.2013 zu zahlen;
72sowie – unter Erweiterung der Widerklage –
733. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte weitere 242.474,70 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
74aus 36.293,62 € seit dem 17.02.2014,
75aus weiteren 33.868,89 € seit dem 15.05.2014,
76aus weiteren 34.638,64 € seit dem 15. August 2014,
77aus weiteren 37.211,93 € seit dem 30.09.2014,
78aus weiteren 34.523,16 € seit dem 17.11.2014,
79aus weiteren 33.397,41 € seit dem 16.02.2015
80und
81aus weiteren 32.541,05 € seit dem 15.05.2015 zu zahlen.
82Die Klägerin beantragt,
83die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Widerklage abzuweisen.
84Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Tatsachenvortrag. Insbesondere ist sie der Meinung, dass sich die Beklagte nicht auf die Einrede der Verjährung berufen könne, da sie vorsätzlich gehandelt habe. Die Beklagte habe die Derivate-Kontrakte bewusst, heimlich und wertmindernd zulasten der Klägerin strukturiert, um daraus einen geldwerten Vorteil für sich generieren zu können. Die Klägerin bleibt bei ihrer Auffassung, die Geschäfte seien ultra vires erfolgt und deshalb unwirksam. Zudem erklärt die Klägerin gegen etwaige Forderungen der Beklagten die Aufrechnung mit ihr zustehenden Schadensersatzansprüchen. Bei den Leistungspflichten der Parteien handele es sich ebenso wie etwa bei einem Darlehensvertrag mit variablem Zins um betagten Forderungen, nicht jedoch um noch nicht existente Forderungen. Solche betagte Ansprüche seien auch erfüllbar im Sinne des § 387 BGB. Zumindest stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei einen Vertrag erfüllen müsse, der aufgrund einer Pflichtverletzung durch den Vertragspartner zustande gekommen sei. Zudem erklärt die Klägerin den Rücktritt von den Derivategeschäften.
85Die Widerklage hält die Klägerin für unbegründet. Denn die streitgegenständlichen Swaps seien unwirksam.
86Wegen des weiteren Tatsachenvortrags der Parteien nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
87Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N, T, B, Dr. Q und Dr. S. Wegen dieses Teils der Beweisaufnahme nimmt der Senat Bezug auf das Terminsprotokoll vom 24.08.2015. Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und I. Wegen des diesbezüglichen Teils der Beweisaufnahme nimmt der Senat Bezug auf das Terminsprotokoll vom 11.11.2015 (GA 911 ff. der Akten).
88B)
89Die Berufung der Beklagten hat auf der Grundlage der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme Erfolg. Die Klage der Klägerin ist dagegen mit allen Sachanträgen unbegründet.
90I. Die Klage ist unbegründet.
911. Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Landgerichts sind die vorliegenden Swap-Verträge nicht gemäß § 138 I BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
92Sittenwidrig ist ein Rechtsgeschäft, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. § 138 BGB verweist vor allem auf die der Rechtsordnung immanenten rechtsethischen Werte und Prinzipien, wobei das im Grundgesetz verkörperte Wertesystem in das Privatrecht eingreift (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Auflage, § 138 Rz. 3). Unter Berücksichtigung der den Gemeinden im Grundgesetz in Art. 28 II GG eingeräumten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie lässt sich im vorliegenden Verfahren nicht feststellen, dass der Abschluss der Swap-Verträge objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren ist. Abgesehen davon, dass es schon im Ansatz an einem klägerischen Sachvortrag zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen einer Ausbeutung im Sinne des § 138 II BGB bzw. eines wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 I BGB fehlt, sind auch keine zureichenden Anhaltspunkte für eine objektiv sittenwidrige Verschiebung des Chancen-Risiko-Verhältnisses zu Lasten der Klägerseite dargetan. Zwar ist auch im Streitfall am Vorliegen eines signifikanten Ungleichgewichts zu Lasten der Kundenseite nicht zu rütteln. Diese Disparität erreicht aber bei weitem nicht das Ausmaß eines erheblichen oder gar groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, wie es für ein objektives Unwerturteil im Sinne des § 138 BGB vorausgesetzt wird.
93Die Erlasslage nach dem Runderlass des Innenministeriums vom 09.10.2006 - 34-48.05.01-01 – in der Fassung vom 06.05.2011 über Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden sah vor, dass Gemeinden Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen können (Nr. 2.2.1 Satz 1), wenn und soweit Zinsderivate bereits bestehenden Krediten zugeordnet werden können (Nr. 2.2.1. Satz 3; vgl. auch Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, § 86 Nr. 2.2.1). Dabei sollen die vielfältigen Finanzinstrumente der Geld- und Kapitalmärkte im Rahmen einer Risikostreuung nur in einem angemessenen und vertretbaren Umfang in Anspruch genommen werden (Nr. 2.2.1. Runderlass). Zinsderivate werden von den Gemeinden eigenverantwortlich im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung (genutzt), wobei die Gemeinden im eigenen Interesse die Chancen und Risiken insbesondere beim Einsatz komplexer Zinsderivate nach den entsprechenden fachlichen Gesichtspunkten und mit gebotener Sorgfalt nutzen müssen (Nr. 2.2.2. Runderlass, Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, a.a.O., Nr. 2.2.2.). Auch die Aufnahme von Krediten in fremder Rechnung und der Abschluss entsprechender Zinsderivate sind nach dem Runderlass nicht ausgeschlossen. Die Aufnahme von Krediten in fremder Rechnung und der Abschluss entsprechender Zinsderivate ist selbst nach Auffassung der öffentlich-rechtlichen Literatur nicht ausgeschlossen, wenn und soweit die fremde Währung über einen längeren Zeitraum Gewähr für hinreichende Wechselkurssicherheit in Bezug auf die Eurozone bietet (Nr. 2.3.1; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, a.a.O., Nr. 2.2.4.).
94Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann von einer Sittenwidrigkeit der von der Klägerin getätigten Swap-Verträge keine Rede sein (vgl. auch BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13, Juris Rz.56 ff.).
95Ziffer 1 Abs. 1 des Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte vom 23.06.2006 / 29.01.2007 sieht vor, dass die Parteien beabsichtigen, zur Gestaltung von Zinsänderungs-, Währungskurs- und sonstigen Kursrisiken im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Finanztermingeschäfte abzuschließen. Dabei sollte die Zinsbelastung der Klägerin aus dem Darlehensportfolio unter Berücksichtigung etwaiger Marktveränderungen nachhaltig optimiert werden.
96Der Anhang für Verträge mit Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts zum Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 23.06.2006 zwischen der Klägerin und der Beklagten (K 3) sieht in der Ziffer 1 vor, dass die Klägerin Einzelabschlüsse ausschließlich zu den ihr nach dem öffentlich-rechtlichen, insbesondere kommunal- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften gestatteten Zweck tätigen wird.
97Es ging den Parteien bei Abschluss der Verträge mithin um das Schuldenmanagement der Stadt und gerade nicht um den Abschluss spekulativer Optionsgeschäfte zur Gewinnerzielung. Ob die Geschäfte diesen Grundsätzen im Einzelfall entsprechend ordnungsgemäß zustande gekommen sind, ist keine Frage des § 138 BGB, sondern eine Frage der anleger- und anlagegerechten Beratung. Dies gilt erst Recht, weil selbst im Bereich der sog. Verbraucherverträge auch risikoreiche Geschäfte abgeschlossen werden dürfen, die nur unter besonders günstigen Umständen erfüllt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13, Juris Rz. 62). Im vorliegenden Verfahren geht es zudem um einen Vertragspartner, der inzwischen vom Gesetzgeber als sog. „geeignete Gegenpartei“ eingestuft und damit der Kundenklasse mit dem niedrigsten Schutzniveau zugewiesen wird (vgl. § 31a IV 1 WpHG a.F., § 31a II 2 Nr. 3 WpHG n.F.).
982. Die Verträge sind auch nicht in Anwendung der sogenannten “ultra-vires” Lehre als unwirksam zu behandeln. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen diese Lehre auch nach den heute gültigen Maßstäben noch von Bedeutung ist. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich nämlich ohne weiteres, dass der Abschluss der Optionsgeschäfte der Durchführung einer öffentlichen Verwaltung, nämlich der Schuldenverwaltung diente. Ohnehin bedarf es keiner besonderen Kompetenznorm zum Abschluss von Derivategeschäften wegen der Allzuständigkeit der Gemeinden. Nach den Runderlassen, die die Innenministerien schon Mitte der 90-iger Jahre herausgaben, handelt es sich bei Derivategeschäften insbesondere nicht um Kreditaufnahmen (BGH, a.a.O., Juris Rz. 61 f.; Jahn, in: Schimansky/Bunte/Llowski, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage, § 114 Rz. 100e).
993. Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen einer fahrlässigen Schlechtberatung sind verjährt und zwar sowohl, soweit es um eine nicht anleger- und nicht anlagegerechte Beratung ging, als auch, soweit es um eine etwaige von der Beklagten unstreitig nicht eingehaltene Verpflichtung geht, die Klägerin vor Abschluss der entsprechenden Geschäfte ungefragt über den negativen Marktwert der Swap-Verträge aufzuklären. Soweit es um den Vorwurf der Klägerin geht, die Beklagte habe sie vorsätzlich nicht anleger- bzw. anlagegerecht beraten bzw. habe sie vorsätzlich nicht über die Höhe des negativen Marktwerts der von ihr abzuschließenden Geschäfts aufgeklärt, ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der sicheren Überzeugung (§ 286 Absatz 1 ZPO), dass die Beklagte den Nachweis erbracht hat, dass sie die Klägerin auch nicht nur bedingt vorsätzlich falsch beraten hat.
100a) Zwischen den Parteien bestand unstreitig zumindest ein konkludent zustande gekommener Anlageberatungsvertrag. Bereits seit 2005 hatte die Beklagte die Klägerin über die Optimierung ihres Zinsportfolios beraten und im Zuge dieser Beratungen den Einsatz von Derivaten empfohlen. Dies zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel.
101b) Die Beklagte war demnach zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet. Bei einem Verstoß hiergegen könnte die Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB verpflichtet sein.
102c) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte die Klägerin nicht anleger- bzw. anlagegerecht beraten hat. Hinsichtlich des Vorwurfes der Klägerin, die Beklagte habe sie nicht konkret über die Höhe des negativen Marktwertes der Swap-Geschäfte aufgeklärt, gilt Folgendes:
103(1) Unstreitig hat die Beklagte hat die Klägerin nicht über die Höhe des negativen Marktwerts aufgeklärt.
104Entgegen der Ansicht der Beklagten hat diese ihre Beratungspflicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die von ihr empfohlenen Verträge zum Abschlusszeitpunkt jeweils einen für die Klägerin negativen Marktwert hatten, deren Höhe die Beklagte auch im Klageverfahren nicht umfassend mitgeteilt hat. Es kann nicht davon ausgegangen werden, eine entsprechende Aufklärung habe nicht erfolgen müssen, weil der negative Marktwert lediglich den - für den Kunden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses rein theoretischen - Betrag angebe, der im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung als Ausgleichzahlung zu erbringen sei. Das erfasst die Bedeutung des für den Kunden negativen Anfangswertes nicht.
105Für den Kunden bedeutet der negative Martkwert, dass er zunächst die einstrukturierte Bruttomarge erwirtschaften muss, um seinerseits in die Gewinnzone zu gelangen. Darin unterscheidet sich die Situation des Kunden nicht von der, in der er offen ausgewiesene Provisionen (z.B. Ausgabeaufschläge) zu zahlen hat. Zugleich muss er bei einer - allerdings von den Vertragsparteien regelmäßig nicht vorgesehenen - sofortigen Lösung vom Vertrag einen Verlust in Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts tragen. Eine überwiegende Verlustwahrscheinlichkeit indiziert der anfängliche stichtagsbezogene negative Marktwert zwar nicht (BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/15; Juris Rz: 32). Der Erfolg des Swaps hängt letztlich allein von der Zins- und/oder Währungskursentwicklung und gegebenenfalls der Entwicklung des "Spreads" während der Vertragslaufzeit ab. Die Empfehlung eines Swap-Vertrags kann daher trotz des anfänglichen negativen Marktwerts objektgerecht sein.
106Im Zweipersonenverhältnis, in dem die beratende Bank zugleich Verkäuferin des empfohlenen Produkt ist, gilt der Grundsatz, dass die Bank nicht verpflichtet ist, ihren Kunden darüber aufzuklären, wie sie mit Produkten, die sie in ihrer Beratung empfiehlt, Gewinne erzielt (BGH, a.a.O., Juris Rz. 37). Von diesem Grundsatz erkennt der Bundesgerichtshof nur eine Ausnahme für den Fall einer reinen Zinswette an. Für den CMS-Spread-Ladder-Swap hat der BGH die Aufklärungspflicht über das Gewinnerzielungsinteresse der zu einem Swap-Geschäft mit ihr selbst ratenden Bank auf die Besonderheit des konkret empfohlenen Produkts zurückgeführt, dessen Risikostruktur die Bank mittels der Einpreisung des anfänglichen negativen Marktwerts bewusst zu Lasten des Kunden gestaltet hatte, ohne dass der Kunde die von einer komplizierten finanzmathematischen Berechnung abhängigen einzelnen Strukturelemente überblicken und das in der Möglichkeit des "Verkaufs" des Risikos liegende Gewinninteresse der Bank erkennen konnte (BGH, Urteile vom 22. 03.2011, XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rz. 31 ff. und vom 20. Januar 2015, XI ZR 316/13, WM 2015, 575 Rz. 31) Die zu einem Swap-Vertrag mit ihr selbst ratende Bank realisiert ihren Gewinn ohne Rücksicht auf die konkrete Ausgestaltung des Swaps über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts. Das Einstrukturieren der Bruttomarge in die Risikostruktur des Swap-Vertrags kann der Kunde, der davon ausgeht, die Bank verdiene ausschließlich bei ihr günstigem Verlauf der Zinswette in Höhe der Zinsdifferenz, bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise unabhängig von den Bedingungen des Swap-Geschäfts nicht erkennen (BGH, a.a.O., Juris Rz. 37).
107Die Rechtsprechung zum CMS-Spread-Ladder-Swap ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zweipersonenverhältnis auf Swap-Verträge generell übertragbar. Das Einpreisen der Bruttomarge ist kein Spezifikum des CMS-Spread-Ladder-Swaps. Es ist von der konkreten Gestaltung der Parameter, die die Bank und der Kunde tauschen, unabhängig. Da der schwerwiegende Interessenkonflikt, über den aufzuklären ist, allein aus dem Umstand folgt, dass der Kunde mit dem Einpreisen der Bruttomarge in die Risikostruktur des Swap-Geschäfts nicht rechnen muss (Senatsurteile vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11, WM 2012, 1520 Rz. 46, - XI ZR 355/11, BKR 2013, 17 Rz. 51, - XI ZR 259/11, juris Rz. 41 und - XI ZR 356/11, Juris Rz. 50 sowie vom 24. September 2013 - XI ZR 204/12, WM 2013, 2065 Rz. 23), ist die Komplexität des Swap-Vertrags kein Kriterium, das über das Bestehen oder Nichtbestehen der Aufklärungspflicht entscheidet (BGH, a.a.O., Juris Rz. 39).
108Mit dem Beratungsvertrag übernimmt die Bank die Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben. Sie muss daher Interessenkollisionen, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden, vermeiden bzw. diese offen legen (BGH, a.a.O., Rz. 32).
109(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie gebe ihre Rolle als „Wettgegnerin“ dadurch weiter, indem sie ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch "Hedge-Geschäfte" an andere Marktteilnehmer weiter gibt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Nach Abschluss der "Hedge-Geschäfte" kann der Beklagten die weitere Entwicklung der Swaps nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hat. Dies hat die Beklagte dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass diese zu Vertragsbeginn einen für die Klägerin negativen Marktwert aufwiesen. Bewertet der "Markt" - nach den zur Verfügung stehenden Simulationsmodellen - zum Abschlusszeitpunkt das Risiko, das die Klägerin übernimmt, negativ, bedeutet dies für die Beklagte, dass ihre Chancen in dieser Höhe positiv bewertet werden. Diesen Vorteil konnte sie sich durch die "Hedge-Geschäfte" abkaufen lassen (BGH, Urteil vom 22.03.2011, XI ZR 33/10, Juris Rz. 35).
110(3) Anders als die Beklagte meint, entfiel die Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin nicht deshalb, weil diese vom negativen Marktwert zum Abschlusszeitpunkt Kenntnis hatte. Selbst wenn der Klägerin – wie die Beklagte dies behauptet hat – die Berechnungsformeln für die Swap-Geschäfte bekannt gewesen sein sollten und selbst wenn sie davon ausgegangen sein sollte, dass die Beklagte an diesen Geschäften etwas verdient, läge gleichwohl ein Beratungsfehler vor. Denn die Beklagte behauptet selber nicht, die Klägerin konkret darüber aufgeklärt zu haben, wie hoch genau sie einen negativen Marktwert der Berechnung der Geschäfte zugrunde gelegt hat. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass eine Bank, die - wie hier - eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Dies ist in einem solchen Fall für den Kunden offensichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 15.04.2010, III ZR 196/09, Juris Rz. 12). Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offenkundig, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu. Der hier aufklärungspflichtige Interessenkonflikt besteht aber weder in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten noch in der konkreten Höhe der von ihr einkalkulierten Gewinnmargen. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit der von ihr konkret empfohlenen Produkte, deren Risikostruktur sie bewusst zu Lasten des Kunden gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss das Risiko "verkaufen" zu können, dass der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat. Dies kann der Kunde - anders als die generelle Gewinnerzielungsabsicht der Bank - gerade nicht erkennen.
111(4) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass in der Präsentation des CHF-Digital-Swaps sich der ohnehin nicht gesondert hervorgehobene, sondern leicht überlesbare Hinweis im Fließtext findet, dass bei Abschluss des Geschäfts eine Teilung der im Endpreis enthaltenen Marge mit der E im Verhältnis 9 zu 1 stattfindet. Denn die konkrete Höhe der Marge hatte die Beklagte auch in dieser Präsentation nicht offen gelegt.
112(5) Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass die Swap-Geschäfte der Absicherung gegenläufiger Zins- oder Währungsrisiken aus konnexen Grundgeschäften gedient hätten. Insbesondere fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme, die Geschäfte hätten allein dem „Tausch“ einer variabel verzinslichen Mittelaufnahme in eine festverzinsliche Verschuldung unter gleichzeitigem Verzicht auf die Teilnahme an einer günstigen Entwicklung des Zinsniveaus gedient (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13, Juris Rz. 42).
113(6) Nach der bei einer Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen im Kapitalanlagerecht geltenden Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gilt (BGH, a.a.O., Rz. 40), steht fest, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidungen der Klägerin ursächlich war. Ob die Beklagte den Beweis, dass die Klägerin die Geschäfte auch dann getätigt hätte, wenn sie um die konkrete Höhe der Margen gewusst hätte, führen könnte, kann im vorliegenden Verfahren aus den noch unter d) und e) genannten Gründen offen bleiben.
114(7) Anders als die Beklagte meint, ist der Schadensersatzanspruch auch nicht wegen eines Mitverschuldens der Klägerin gemäß § 254 BGB zu kürzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Gegensatz zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht, nach denen der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Beratung vertrauen darf. Danach kommt eine Anspruchskürzung hier nicht in Betracht (BGH, a.a.O., Rz. 41). Die Entscheidung der Klägerin, die Anlagen zu tätigen, ohne das Anlagekonzept verstanden zu haben, ist gerade Ausdruck dieses besonderen Vertrauensverhältnisses, das den Anleger dazu bringt, sich in erster Linie an der Empfehlung "seines" Beraters zu orientieren, und ihn davon abhält, weitere Nachfragen zu stellen oder Nachforschungen anzustellen (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 41).
115d) Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen einer fahrlässigen Schlechtberatung bezüglich der streitgegenständlichen Swap-Verträge sind nämlich verjährt. Gemäß § 37a WpHG verjährt der Anspruch des Kunden gegen Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen der Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
116(1) Bei den der Klägerin von der Beklagten empfohlenen Swaps handelte es sich um Derivate im Sinne von § 2 II Nr. 1 lit. e) WpHG a.F. (vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 5. Auflage, § 2 Rz. 48). Die Beratung der Klägerin zum Kauf der Derivate war eine Anlageberatung im Sinne des § 2 III Nr. 9 WpHG a.F.
117(2) Die Verjährungsfrist des § 37a WpHG begann in dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin die streitgegenständlichen Swap-Geschäfte abschloss. Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGH, Urteil vom 17.02.2000, IX ZR 436/98, NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht dann schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGH, Urteil vom 08.07.2000, III ZR 249/09, Juris Rz. 24). So liegt der Sachverhalt auch hier. Die Verjährungsfrist des § 37a WpHG begann mithin im Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Swapgeschäfte und endete vor Ablauf der am 12.12.2012 bei Gericht eingegangenen Klageschrift und erfasste sowohl Pflichtverletzungen wegen einer vermeintlich nicht anleger- bzw. nicht anlagegerechten Aufklärung als auch Pflichtverletzungen, soweit es um die aus Fahrlässigkeit nicht erfolgte Offenlegung der konkreten Höhe der negativen Marktwerte der der Klägerin von der Beklagten empfohlenen Swap-Verträge ging.
118e) Nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist der Senat der sicheren Überzeugung (§ 286 ZPO), dass die Beklagte die Klägerin nicht vorsätzlich fehlerhaft beraten hat. Der Zeuge N hat überzeugend bekundet, er habe die Klägerin zwar beraten, jedoch zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gehabt, dass die der Klägerin vorgeschlagenen Produkte ihren Ansprüchen und Wünschen entsprochen hätten. Der negative Marktwert sei seinerzeit überhaupt nicht Gegenstand der Gespräche gewesen, jedoch sei der Klägerin klar gewesen, dass die Y gut an den Produkten verdient habe. Insbesondere sei allen Gesprächspartnern klar gewesen, dass die Y eine Marge an den von ihr empfohlenen Produkten verdienen würde.
119Der Zeuge T hat ebenso überzeugend ausgesagt, dass der Inhalt und Umfang der Aufklärung bzw. Beratung der Kunden regelmäßig mit der Rechtsabteilung durchgesprochen und abgeglichen worden sei. Sein oberstes Ziel sei seinerzeit die Kundenzufriedenheit gewesen, wobei die Y natürlich an einem Produkt etwas habe verdienen wollen. Dies konnte der Zeuge schon deshalb überzeugend bekunden, weil für den Fall, dass ein Kunde aus dem Bereich der öffentlich Kunden mit den Leistungen der Y unzufrieden gewesen wäre, sich dies sehr schnell herumgesprochen und die Y mit diesem Kundenkreis keine Geschäfte mehr hätte machen können. Er habe seinerzeit nicht gewusst, dass er über einen „anfänglichen negativen Marktwert“ habe aufklären müssen. Gleichwohl sei es so gewesen, dass der Umstand, dass die Bank an den Geschäften etwas verdient habe, eigentlich in jedem Gespräch bzw. bei jedem Kunden ein Thema gewesen sei. Die der Klägerin empfohlenen Produkte hätten auch ihrem Anforderungsprofil entsprochen. Dass sie konkret über die Höhe des negativen Marktwerts hätten aufklären müssen, habe sich seiner Erinnerung nach erst aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011 ergeben.
120Die Zeugin B konnte glaubhaft bekunden, dass es grundsätzlich so gewesen sei, dass über eine Gemeinde vorbereitende Analysen und eine Aufstellung des Darlehensportfolios erstellt worden seien. Sodann seien weitere Unterlagen angefordert worden. Zudem sei eine Analyse des volkswirtschaftlichen Marktumfeldes erstellt worden. Anhand dieser Informationen seien dann mit dem Produktbetreuer Produktvorschläge für die Kommune ausgearbeitet worden. Die Anlageziele der Klägerin seien umfassend erörtert worden. Da sich die von der Klägerin gezahlten Kreditzinsen über dem Marktniveau bewegt hätten, sei es ein Ziel der Klägerin gewesen, eine Durationsverkürzung herbeizuführen, wodurch eine Zinsoptimierung habe erzielt werden sollen. Darauf, dass die Y an den von ihr empfohlenen Produkten etwas verdient habe, sei die Klägerin jeweils hingewiesen worden. Sie könne es für sich ausschließen, die Klägerin bewusst falsch beraten zu haben, zumal in diesem Fall die Gefahr bestanden habe, dass der Name der Y verbrannt werden würde, weil die Kommunen untereinander vernetzt seien. Chancen und Risiken der der Klägerin empfohlenen Produkte seien dieser jeweils deutlich benannt worden.
121Der Zeuge Q als der damals zuständige Leiter des Bereiches Kapitalmarkt und Handelsberatung bei der Y hat ebenso glaubhaft ausgesagt, dass neue Produkte in sämtlichen Bereichen der Bank jeweils vorgestellt worden seien, wobei auf die Risiken hingewiesen worden sei. Wenn nicht sämtliche Bereiche innerhalb der Bank ihre Zustimmung zu einem Produkt erteilt hätten, sei ein Produkt weder empfohlen noch angeboten worden. Hinsichtlich des negativen Marktwertes sei es so, dass eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt gegeben habe, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe. Diese Frage sei innerhalb der Y eingehend unter Auswertung auch anders lautender Gerichtsentscheidungen erörtert worden. Dabei sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass über die von der Bank vereinnahmte Marge trotz der Entscheidung des LG Frankfurt, die bankintern für falsch gehalten worden sei, nicht habe aufgeklärt werden müssen. Die Marge der Bank habe sich für die Y als ein allgemein bekanntes Phänomen dargestellt, weil auch jeder andere Händler eine entsprechende Marge verdiene. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Urteil des Landgerichts Frankfurt obergerichtlich bestätigt werden würde, sei innerhalb der Y als äußerst gering eingeschätzt worden. Jedenfalls sei innerhalb der Y die Auffassung vertreten worden, dass eine Aufklärungspflicht nicht bestehe, zumal diese Auffassung durch eine Entscheidung des Landgerichts Krefeld und ein weiteres Urteil aus dem landgerichtlichen Bereich bestätigt worden sei. Auch der Senat habe später noch bestätigt, dass eine Aufklärungspflicht nicht bestehe.
122Schließlich hat auch der Zeuge Dr. S als damals zuständiger Syndikus der Rechtsabteilung bei der Y nachvollziehbar und glaubhaft bestätigt, dass für die Y die Bond-Entscheidung des Bundesgerichtshofs den Schwerpunkt der Beratung gebildet habe. Insbesondere sei es für die Y wesentlich gewesen, dass das Produkt für den Kunden geeignet gewesen sei und er es auch habe verstehen können. Der Umstand, dass die Y an den von ihr empfohlenen Geschäften etwas verdient habe, sei aus Sicht der Y nicht aufklärungspflichtig gewesen. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt sei in der Rechtsabteilung der Y diskutiert worden. Man sei jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses Urteil in der nächsten Instanz nicht bestätigt werden würde. Bestätigt worden sei die Auffassung der Y dadurch, dass die Landgerichte Wuppertal, Ulm und Krefeld anders lautende Entscheidungen getroffen hätten. Auch das Oberlandesgericht Bamberg habe eine Aufklärungspflicht bezüglich des anfänglichen negativen Marktwertes abgelehnt. Innerhalb der Rechtsabteilung sei es für unmöglich gehalten worden, dass aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt eine Rechtspflicht zu einer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert folgen würde.
123Die letztgenannte Aussage hat der Zeuge I bei seiner Vernehmung durch den Senat in glaubhafter und für den Senat ohne weiteres nachvollziehbarer Art und Weise bestätigt. Er hat angegeben, seit Mai 2007 in der Rechtsabteilung der Y und zwar in dem Bereich Kapitalmarkt, Derivate-Rahmenverträge beschäftigt gewesen zu sein. Zwar sei er an konkreten Geschäftsabschlüssen mit der Stadt G nicht beteiligt gewesen. In der Rechtsabteilung seien jedoch die juristischen Themen betreffend die Swap-Geschäfte betreut worden. Dazu hätten sie Schrifttum und Rechtsprechung ausgewertet und die Kunden betreuenden Bereiche beraten. Zwar habe die Beratung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken der jeweiligen Produkte den jeweiligen Fachbereichen oblegen. Der Rechtsabteilung seien jedoch Dinge vorgelegt werden worden, um für die ausgewogene Darstellung in dem Termsheet zu sorgen. Der Begriff „anfänglicher negativer Marktwert“ sei ihm erstmals bei Bekanntwerden des Urteils des Landgerichts Frankfurt, es mag dasjenige vom 10.03.2008 gewesen sein, bekannt geworden. Er meine, dass insoweit unter Vorlage dieses Urteils eine Anfrage aus dem Fachbereich an sie herangetragen worden sei. Er sei gefragt worden, wie mit dem Inhalt dieses Urteils umgegangen werden solle. Er habe seinerzeit das Urteil überprüft und das von ihm gefundene Ergebnis mit Kollegen und der Gruppenleitung besprochen. Für ihn sei das Urteil des LG Frankfurt nicht nachvollziehbar gewesen. Er sei deshalb zu dem Schluss gekommen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele, wobei er sich nicht habe vorstellen können, dass die darin angesprochene Aufklärungspflicht bezüglich eines anfänglichen negativen Marktwertes zur ständigen Rechtsprechung auch anderer Gerichte werden würde. In diesem Sinne habe er das Urteil auch auf dem wöchentlichen Treffen der Rechtsabteilung vorgestellt. Soweit er sich erinnern könne, seien auch die anderen Kollegen in der Rechtsabteilung überrascht gewesen. Seine Auffassung das Urteil betreffend habe dann die Zustimmung in der Rechtsabteilung sowie die Zustimmung des Gruppenleiters gefunden. Daraufhin sei dies dann so auch an die Fachbereiche weitergegeben worden.
124Der Zeuge X hat angeben können, er habe im Zeitraum November 2006 bis Ende 2008 den Bereich Öffentliche Kunden, Kapitalmarktprodukte geleitet. Seinerzeit sei es hauptsächlich um Derivate, insbesondere auch um Swaps gegangen. Sein Tätigkeitsbereich sei die Produktseite gewesen. Daneben habe es den Vertrieb gegeben,
125der die Produkte unmittelbar an den Kunden vermittelt habe. Bei der Stadt G sei er nicht unmittelbar vor Ort gewesen. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Aufklärung der öffentlichen Kunden sicherzustellen. Er habe dafür zu sorgen gehabt, dass insoweit ein sachgerechter Vertrieb erfolgt sei. Dies habe er in erneuter Abstimmung mit der Rechtsabteilung durchgeführt. Es seien hinsichtlich der einzelnen Produkte Termsheets entwickelt worden, und zwar nach vorheriger Absprache mit der Rechtsabteilung. In diesen Termsheets seien die Funktion des Produktes, dessen Chancen und Risiken sowie auch drei verschiedene Szenarien dargestellt. Es habe sich um ein positives, um ein mittleres und um ein negatives Szenario gehandelt. Der anfängliche negative Marktwert von Produkten sei seinerzeit kein Thema gewesen. Dabei sei das Verdienstinteresse der Bank bei den Derivaten selbstverständlich angesprochen und mitgeteilt worden. Bei diesen Produkten habe es sich um Zinsoptimierungsgeschäfte gehandelt, die nicht gegen das Spekulationsverbot verstoßen hätten. Denn letzteres hätte nur gegriffen, wenn keine Konnexität gegeben gewesen wäre. Dies sei bei den von ihnen empfohlenen Produkten jedoch nicht der Fall gewesen, weil zwischen den Grundgeschäften (Kredit) und den Swaps ein Zusammenhang bestanden habe. Hinsichtlich der Beratungsintensität sei es für ihn entscheidend gewesen, dass die Kunden die Entscheidungen selbst hätten treffen können. Dabei war sich der Zeuge sicher, dass ihre Aufklärungsmaßnahmen über den durchschnittlichen Werten gelegen hätten. Ihr Ziel sei die positive Entwicklung der vermittelten Geschäfte für die Kunden gewesen. Die Kunden hätten in die Lage versetzt werden sollen, vor Ort, beispielsweise im Innenausschuss, das Produkt selbst erklären zu können. In diesem Fall hätten sie ihre Aufklärung für gelungen gehalten.
126Der Senat ist der sicheren Überzeugung, dass die Aussagen der vernommenen Zeugen glaubhaft sind (§ 286 ZPO). Die Aussagen der Zeugen stimmen in der Sache überein. Im Hinblick auf den seinerzeitigen Stand der Rechtsprechung hält der Senat es zudem für glaubhaft, dass die Mitarbeiter der Beklagten es für ausgeschossen hielten, dass eine Verpflichtung der Beklagten bestand, im Rahmen eines Beratungsvertrags dem Vertragspartner die Höhe des in die Swaps einkalkulierten negativen Marktwerts mitzuteilen. Ferner ist der Senat der sicheren Überzeugung, dass die Zeugen die Klägerin anleger- und anlagegerecht beraten wollten. Letzeres ergibt sich ohne weiteres aus dem Inhalt der zur Gerichtsakte gereichen Produktbeschreibungen, in denen die Funktionsweise des Swaps einschließlich der maximalen Risiken der Papiere auch für einen Laien verständlich beschrieben werden. Soweit es um den negativen Marktwert der Swaps geht, spricht für die Glaubhaftigkeit der Zeugen insbesondere der Umstand, dass der Senat selbst noch in dem Verfahren 31 U 121/08 in seinem Urteil vom 11.10.2010 (BKR 2011, 68 ff.) im Hinblick auf den negativen Marktwert eines Swaps unter Berücksichtigung des hieraus zu Tage tretenden Interessenkonflikts eine Aufklärungspflicht verneint hatte.
127Gegen die Annahme, dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt haben könnte, spricht ferner der Umstand, dass die Parteien am 12.02.2009 eine Auflösungsvereinbarung über den Digital-Swap mit Bandbreitenanpassung trafen und der negative Marktwert von der Klägerin nicht ausgeglichen, sondern mit ihrem Wissen in den später erworbenen Forward-Swap eingerechnet wurde. Überdies hat die Beklagte der Klägerin unstreitig die Unterlagen B 23, 26, 30 und 35 ausgehändigt, aus denen die Klägerin unschwer entnehmen konnte, welche Chancen und Risiken für sie mit den einzelnen Papieren verbunden waren. Insbesondere finden sich in diesen Unterlagen Szenarioanalysen I, II, in denen die maximal erzielbaren Nettovorteile ebenso wie die maximal hinzunehmenden Nettonachteile explizit ausgeführt werden. Angesichts der in diesen Szenarioanalysen angegebenen maximal hinzunehmenden Nachteile der einzugehenden Swaps kann auch keine Rede davon sein, dass es ausschließliches Ziel der Klägerin war, Zinszahlungen zu reduzieren. Vielmehr kam es der Klägerin auch und gerade darauf an, ihr Zinsmanagement mithilfe der Beklagten und unter Einsatz von Derivaten zu optimieren.
128II. Die Widerklage ist begründet und zwar auch, soweit Forderungen der Klägerin bestehen, aber verjährt sein sollten.
1291) Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) kommt nicht in Betracht, da es die Ansprüche der Beklagten faktisch vereiteln würde.
130Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB ist ein bloßes Sicherungsmittel und dient als Druckmittel der Durchsetzung eines eigenen Gegenanspruchs. Es gibt dem Schuldner eine lediglich aufschiebende Einrede. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts hat nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung an den Gläubiger Zug um Zug gegen Empfang der ihm gebührenden Gegenleistung zu verurteilen ist (§ 274 Abs. 1 BGB).
131Vor diesem Hintergrund ist anerkannt, dass dem Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zusteht, wenn dieses die Durchsetzung einer (für sich genommen unbestrittenen) Hauptforderung auf unabsehbare Zeit verhindern und so im Ergebnis zu einer faktischen Vereitelung ihrer Durchsetzung führen würde (BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13, Juris Rz. 48 f.; BGH, Urteil vom 11.04.1984, VIII ZR 302/82, BGHZ 91, 73, Juris Rz. 56; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 273 Rz. 17; Staudinger-Bittner, BGB, Neubearbeitung 2004, § 273 Rz. 103; Mü-Ko-BGB/-Krüger, 6. Aufl., § 273 Rz. 72 jeweils m. w. N.). So aber liegt der Fall hier. Stünde der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht zu, wäre eine Forderungsdurchsetzung der Beklagten endgültig ausgeschlossen.
1322) Eine dauerhaft rechtshemmende Einwendung lässt sich auch nicht über eine – von der Klägerin geforderte - analoge Anwendung des § 853 BGB begründen.
133Hat ein Gläubiger eine Forderung durch eine von ihm begangene "unerlaubte Handlung" erlangt, kann der Schuldner gemäß § 853 BGB die Erfüllung auch nach Eintritt der Verjährung seines Gegenanspruchs (auf Forderungsaufhebung) verweigern. Das Erheben der Arglisteinrede aus § 853 BGB setzt demnach eine deliktische Haftung des Gläubigers voraus. Hieran fehlt es auch nach dem Vortrag der Klägerin.
134Für eine analoge Anwendung des § 853 BGB auch auf (vor-)vertragliche Haftungsfälle der hier interessierenden Art ist kein Raum, da es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt (BGH, Urteil vom 28.04.2015, XI ZR 378/13, Juris Rz. 50). Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung übernahm § 215 BGB den Regelungsgehalt des schon zuvor die Aufrechnung mit bestimmten verjährten Ansprüchen zulassenden § 390 Satz 2 BGB a. F. und dehnte seinen Anwendungsbereich auf das Zurückbehaltungsrecht bezüglich bestimmter verjährter Forderungen aus. Die Beibehaltung bzw. Übernahme der Bindung von Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsmöglichkeit an die Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Gläubigeranspruchs der Gegenanspruch des Schuldners noch nicht verjährt war, erfolgte vor dem Hintergrund der zugleich vorgenommenen grundlegenden Umgestaltung des Verjährungsrechts. Von daher ist das Vorliegen einer Regelungslücke nicht ersichtlich. Es ist vielmehr so, dass § 853 BGB sowohl von seinem unmissverständlichen Wortlaut ("unerlaubte Handlung") als auch von seiner systematischen Stellung her eindeutig eine Sondernorm des Deliktsrechts darstellt, deren analoge Anwendung auf (vor-)vertraglich abgeleitete Schadensersatzansprüche die zeitliche Schranke des § 215 BGB faktisch leerlaufen ließe. Die von der Klägerin geforderte Ausdehnung des Rechtsgedankens des § 853 BGB findet demzufolge, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Kommentarliteratur keine Stütze.
1353) Ein Festhalten der Beklagten an ihren Ansprüchen stellt sich auch nicht in sonstiger Weise als eine gegen § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar.
136In die gebotene Gesamtabwägung ist als ein weiterer - gegen eine Anerkennung des Einwands aus § 242 BGB sprechender - maßgeblicher Umstand mit einzubeziehen, dass die Beklagte nicht in treuwidriger Weise zum Eintritt der jetzigen Situation beigetragen hat, in der die Klägerin ihr ihren zwischenzeitlich verjährten Aufhebungsanspruch nicht mehr wirksam entgegenhalten kann.
137Warum die Klägerin erst mit Klageschrift vom 11.12.2012 Schadensersatzansprüche in einer Weise geltend gemacht hat, die zur Hemmung der Verjährung geeignet gewesen wäre, ist nicht erläutert worden und auch sonst nicht ersichtlich. Es steht auch nicht im Raum, dass die Beklagte mit der Verfolgung eigener Ansprüche bis zum Verjährungseintritt des Gegenanspruchs bewusst zugewartet und durch vorheriges Verhalten bei der Klägerin die Vorstellung geweckt haben könnte, sie betrachte die Swaps als erledigt. Vielmehr wurden die Verpflichtungen aus den Verträgen über die Jahre hinweg laufend angemahnt.
1384) § 215 BGB steht der von der Klägerin erklärten Aufrechnung schon deshalb entgegen, weil die Ansprüche der Klägerin in dem Zeitpunkt, in dem die Ansprüche der Beklagten entstanden, bereits verjährt waren.
1395) Der Höhe nach sind die von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Forderungen unstreitig.
1406) Die der Beklagten zu8gesprochenen Zinsansprüche beruhen auf §§ 286 II Nr. 1, 288 II BGB a.F.
141III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
- die Sache befindet sich beim BGH -
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
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der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
(1) Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist.
(2) Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Erlangt jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.
Erlangt jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.
Erlangt jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.