Oberlandesgericht Hamm Urteil, 04. Okt. 2016 - 21 U 142/15
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24. Juni 2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Essen (20 O 124/14) teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61.466,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. April 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. April 2014 keine Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen die Klägerin 54,7 % und die Beklagte 45,3 %, von den zweitinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 48,7 % und die Beklagte 51,3 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Gegner vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jener vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten um von der Klägerin geforderten Werklohn für Leistungen des Winterdienstes.
4Die Klägerin betreibt ein Unternehmen mit Sitz in C, dessen Gegenstand neben dem Garten- und Landschaftsbau u.a. Straßenreinigung und Winterdienst sind. Die Beklagte hat ihren Sitz in F und verwaltet Immobilien.
5Die Klägerin hatte bereits im Winter 2012/2013 Winterdienstleistungen für die Beklagte, die seinerzeit unter W GmbH firmierte, in C erbracht, als die Beklagte derartige Leistungen auch für die Winterperiode 2013/2014 ausschrieb. Sie gab aufgrund der Ausschreibung unter dem 29.8.2013 ein Angebotsblatt ab (Anl. K2), nach dessen Inhalt für insgesamt 8 von 9 ausgeschriebenen Losen Nettopauschalpreise je m² pro Saison inklusive Streugutbeseitigung sowie Pauschalpreise für Zwischenberäumungen je m² beziffert wurden. Die Lose 2 (K, L) und 6 (M) umfassten jeweils 18 Objekte und Gesamtflächen von 19.725,15 m² sowie 25.435,60 m². Die einzelnen Flächen ergaben sich aus von der Beklagten erstellten Objektübersichten (Anl. K3, K4).
6Anschließend verhandelten die Parteien auf Grundlage eines von der Beklagten vorgelegten Entwurfs über einen Rahmenvertrag für die Erbringung von Winterdienst gem. § 3 StrReinG (Anl. K1), der u.a. eine Laufzeit vom 1.11.2013 bis 30.4.2014 sowie die Schriftform – auch für deren Abbedingung - vorsah und den Sitz der Beklagten als Gerichtsstand und Erfüllungsort bestimmte.
7Der Rahmenvertrag nahm zur Konkretisierung der zu erbringenden Leistungen auf die Objektlisten als Anlagen Bezug und sah vor, dass die Klägerin die zur Leistungserbringung erforderlichen qualifizierten Mitarbeiter in der notwendigen Anzahl sowie Material zur Verfügung zu stellen hatte. Die Rechnungslegung sollte in 6 Teilen des Gesamtpreises je Saison nach einem durch die Beklagte vorgegebenen Muster erfolgen.
8Zwischen den Parteien ist streitig, ob mit diesem Inhalt zwischen ihnen ein Vertrag wirksam zustande kam, weil die Vertragsurkunde, die von Vertretern beider Parteien auf jeder Seite paraphiert ist, zwar seitens der Klägerin am 16.12.2013 unterzeichnet wurde, von einem Vertreter der Beklagten jedoch nicht.
9Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Klägerin den Zuschlag für die ausgeschriebenen Lose 2 – L - und 6 – M - erhielt, wobei einvernehmlich die Saisonpreise abweichend vom Angebot auf 2,70 €/m² für das Los 6 und 2,85 €/m² für das Los 2 festgelegt wurden. Unstreitig ist darüber hinaus, dass anschließend der Vertrag in Vollzug gesetzt wurde.
10Im November 2013 waren witterungsbedingt keine Räum- oder Streueinsätze im Winterdienst erforderlich. Die Klägerin hielt indes Personal und Gerät vor. Sie rechnete unter dem 15.1. und dem 24.3.2014 über den Zeitraum vom 1.11. bis 30.11.2013 einen Gesamtbetrag von 25.149,72 € objektweise in einzelnen Rechnungen ab (K5-K40). Darin waren jeweils zur Kennzeichnung „WHG-Nummern“ angegeben, die den mit „WI“ überschriebenen Kennziffern aus der Objektübersicht entsprachen, die abgerechneten Flächen entsprachen ebenfalls denen aus der Objektübersicht. Die Beklagte glich nur einige dieser Rechnungen aus. Insgesamt zahlte sie auf die Rechnungen der Klägerin 2.659,28 €.
11Dieselbe Gesamtsumme stellte die Klägerin am 15.1. sowie 24.3.2014 für den Zeitraum vom 1.12.- 31.12.2013 objektweise in Rechnung (K41-K76), nachdem sie die erforderlichen Leistungen ordnungsgemäß und vertragsgerecht erbracht hatte. Darauf leistete die Beklagte Zahlungen in Höhe eines Gesamtbetrags von 2.350,38 €.
12Die von der Beklagten geleistete Zahlung bzw. eine von ihr vorgenommene Verrechnung mit einer Forderung aus einer Gutschrift der Klägerin bezogen sich ausschließlich auf unter dem 15.1.2014 erteilte Rechnungen. Teilweise erstellte die Klägerin insoweit später inhaltlich abweichende Rechnungen.
13Im Januar 2014 bemängelte die Beklagte die durch die Klägerin in diesem Monat erbrachten Leistungen. Infolgedessen kam es am 30.1.2014 zu einem Gesprächstermin, an dem Vertreter der Beklagten und die Geschäftsführer der Klägerin teilnahmen. Ausweislich des durch einen Mitarbeiter der Beklagten aufgenommenen Protokolls (K152, Bl. 29-31) war Gegenstand des Gesprächs u.a., dass wegen einer unzureichenden Leistungserbringung der Klägerin die Beklagte den Rahmenvertrag kündige und mit ihr entstandenen Kosten aufrechne. Die Kündigung wurde mit Schreiben vom 30.1.2014 ausgesprochen (K149). Außerdem erklärte die Beklagte mit Schreiben vom selben Tag, dass sie von ihrem in §§ 3 (2), 9 (4) des Rahmenvertrags vorgesehenen Recht zur Minderung der Flächen derart Gebrauch mache, dass sie diese mit sofortiger Wirkung auf „0“ setze, so dass die Klägerin ab dem 1.2.2014 von der Winterdiensterbringung befreit sei (B1, Bl. 18-19).
14Am 10.2.2014 erörterten der Geschäftsführer der Klägerin und der Mitarbeiter der Beklagten T telefonisch eine mögliche Vereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung des Vertrags. Der genaue Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.
15Im Anschluss daran übermittelte der Geschäftsführer der Klägerin Z eine e-Mail an Herrn T mit dem Betreff: “Verzicht auf gegenseitige Forderungsansprüche.“ Darin hieß es: „... wie soeben besprochen, anbei die besprochene Vereinbarung.“ Als Anhang war ein PDF-Dokument mit dem Titel „2014-02-10 Vereinbarung – Verzicht auf gegenseitige Forderungen“ beigefügt.
16Das angehängte Dokument war als Vereinbarung überschrieben und enthielt die Bezeichnung der Parteien. Die Betreffzeile darin lautete: „Verzicht auf gegenseitige Forderungsansprüche, infolge der Kündigung des Rahmenvertrags für den Winterdienst vom 30.1.2014.“ Inhaltlich war vorgesehen, dass die Klägerin der Beklagten eine Gutschrift über insgesamt 8.973,24 €, nämlich 1.513,88 € Aufwendungen für Ersatzvornahmen sowie 7.459,36 € Mehraufwand Administration aus dem Winterdienstvertrag vom 16.12.2013, erteilt und danach die Beklagte die Januar-Rechnung in voller Höhe abzüglich des gutgeschriebenen Betrags ausgleicht. Damit sollte „beiderseitig auf sämtliche etwaigen Forderungsansprüche, aus dem am 30.01.2014 gekündigten Rahmenvertrag für den Winterdienst vom 16.12.2013, verzichtet“ werden.
17Unter der Datumsangabe 10.2.2014 enthielt das Dokument Felder für die Unterschriften der Vertreter beider Parteien.
18Mit e-Mail vom folgenden Tag erklärte die Beklagte ihre Zustimmung zu der Vereinbarung und bat um unterzeichnete Rücksendung (K154, 48). Mit e-Mail vom 19.2.2014 übermittelte sie eine ihrerseits unterzeichnete Fassung (K155, 48a-49). Darin führte ihr Mitarbeiter T u.a. aus: „Wir wollen alle gegenseitigen Forderungen zum Ausgleich bringen, aber ohne Gutschrift ist uns dies nicht möglich.“
19Am 30.1. und am 24.3.2014 stellte die Klägerin Winterdienstleistungen auch für die Zeiträume vom 1.1.- 31.1. sowie vom 1.2.- 28.2.2014 in Rechnung. Für beide Zeiträume summierten sich die Rechnungen wiederum auf je 25.149,72 €. Darauf leistete die Beklagte keinerlei Zahlungen mehr.
20Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kündigung der Beklagten sei nicht begründet und daher unwirksam. Dasselbe gelte hinsichtlich der Flächenreduzierung. Aus dem Zeitraum vom 1.11.2013 bis 28.2.2014 stehe ihr noch eine offene Forderung in Höhe von insgesamt 95.589,22 € zu. Wegen des Zeitraums vom 1.3. bis 30.4.2014 hat sie sich eine Klageerweiterung vorbehalten. Sie habe nicht wirksam auf ihre Ansprüche verzichtet, weil eine Vereinbarung mit dem Wortlaut vom 10.2.2014 nicht getroffen worden sei. Zu dem Zeitpunkt habe ihr Geschäftsführer nicht gewusst, dass die Rechnungen für die Zeiträume November und Dezember 2013 noch weitgehend unbezahlt waren.
21Die Beklagte hat sich mit dem Vorbringen verteidigt, der Rahmenvertrag sei mangels Unterzeichnung ihrerseits und wegen des Fehlens der in der Vertragsurkunde vorgesehenen Unterschrift eines Vertreters der E GmbH formunwirksam. Die Kündigung und die Flächenminderung seien wirksam und jedenfalls sei eine mündliche Vereinbarung derart geschlossen worden, dass sie nach Erteilung einer Gutschrift über 8.973,24 € lediglich die Januar-Rechnung in voller Höhe zahle. Weitergehende Ansprüche der Klägerin seien daher ausgeschlossen.
22Wegen des weiteren Sachvortrags und der gestellten Anträge im ersten Rechtszug wird auf die Darstellung im mit der Berufung angegriffenen Urteil verwiesen.
23Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 16.176,48 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.4.2014 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Widerklage der Beklagten hin hat es festgestellt, dass der Klägerin für den Zeitraum vom 1.3.2014 bis 30.4.2014 keine Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
24Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Rahmenvertrag formwirksam geschlossen worden sei, weil jedenfalls am 10.2.2014 ein Vergleich im Sinne des § 779 BGB zwischen den Parteien wirksam zustande gekommen sei, der eine Novation bewirkt habe. Die e-Mail der Klägerin vom 10.2.2014 sei als kaufmännisches Bestätigungsschreiben anzusehen. Eine mögliche Unkenntnis von den offenen Salden sei als Motivirrtum unbeachtlich.
25Daher könne die Klägerin die Vergütung für Januar 2014 abzüglich des vereinbarten Gutschriftbetrags verlangen. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten, weil diese sich selbst auch nicht vertragstreu verhalten habe, nicht zu. Darüber hinaus bestünden infolge des wirksam erklärten Verzichts keine Ansprüche der Klägerin, so dass die Widerklage zulässig und begründet sei.
26Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Diese begründet sie unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und ihren mit Beschluss des Landgerichts vom 2.10.2015 (Bl. 87-88) zurückgewiesenen Tatbestandsberichtigungsantrag vom 20.7.2015 (Bl. 76-77) einerseits damit, dass mangels Protokollierung eines entsprechenden Antrags in der mündlichen Verhandlung vom 6.5.2015 (Bl. 50-51) eine Entscheidung über die Widerklage nicht habe ergehen dürfen. Andererseits rügt sie, das Landgericht habe der e-Mail vom 10.2.2014 eine falsche Bedeutung beigemessen und zu Unrecht die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens angewandt. Es sei deutlich zum Ausdruck gekommen, dass ein Zustandekommen erst durch beiderseitige Unterzeichnung erfolgen sollte. Das gebiete auch die im Rahmenvertrag enthaltene qualifizierte Schriftformklausel.
27Sie beantragt,
281. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Essen vom 24.6.2015 - 20 O 124/14 - die Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte - nachfolgend Beklagte – zu verurteilen, an die Klägerin über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere 79.412,74 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 52.651,36 seit dem 18.4.2015 sowie auf den Betrag von 26.761,38 € seit dem 6. 20. 5. 2014 zu zahlen;
292. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Essen vom 24.6.2015 - 20 O 124/14 - die Widerklage abzuweisen;
30hilfsweise,
31unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Essen vom 24.6.2015 - 20 O 124/14 - den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Essen zurückzuverweisen.
32Die Beklagte beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Sie verteidigt das mit der Berufung angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und behauptet darüber hinaus: zwischen den Parteien habe Streit über die Qualität der seitens der Klägerin erbrachten Leistungen bestanden. Gegenstand der mündlichen Vergleichsverhandlungen bei dem Telefonat vom 10.2.2014 seien neben der Januar-Rechnung der Klägerin sämtliche bereits fälligen und künftigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Rahmenvertrag gewesen, während die für den Gutschriftsbetrag maßgeblichen Mehrkosten für Ersatzvornahmen und administrative Tätigkeit allein den Zeitraum Januar 2014 betroffen hätten.
35Aufgrund Auflagen- und Beweisbeschlusses des Senats vom 23.6.2016, mit dem der Beklagten aufgegeben worden ist, zu den Zeitpunkten der bis dahin unstreitigen Leistungshandlungen näher vorzutragen (Bl. 141-142) legt die Beklagte einen Auszug aus ihrer Buchhaltung in Bezug auf das Geschäftsverhältnis zur Klägerin vor (B3, Bl. 154). Daraus ergibt sich anhand ihrer Erläuterungen, dass die Beklagte mit der ihr aus einer Gutschrift zur Rechnung Nr. 50015 zustehenden Forderung in Höhe von 3.285,39 € gegen die von ihr aufgeführten Rechnungen der Klägerin (B3) aufrechnete und zum Ausgleich des Saldos am 23.1.2014 den Betrag von 2.940,33 € zahlte.
36In Bezug auf die folgenden Rechnungen stimmen der Vortrag der Klägerin und die von der Beklagten in Bezug genommene Aufstellung B3 hinsichtlich Rechnungssumme und –datum überein:
37Rg.-Nr. |
Datum |
Anl. |
Betrag |
Zahlbetrag |
52659 |
15.01.2014 |
K35 |
113,45 € |
113,45 € |
52662 |
15.01.2014 |
K33 |
154,88 € |
154,88 € |
52664 |
15.01.2014 |
K31 |
392,28 € |
392,28 € |
52665 |
15.01.2014 |
K30 |
73,22 € |
73,22 € |
52672 |
15.01.2014 |
K23 |
360,39 € |
360,39 € |
52676 |
15.01.2014 |
K19 |
154,89 € |
154,89 € |
52681 |
15.01.2014 |
K15 |
335,50 € |
335,50 € |
52682 |
15.01.2014 |
K14 |
86,23 € |
86,23 € |
52687 |
15.01.2014 |
K10 |
124,93 € |
124,93 € |
52699 |
15.01.2014 |
K71 |
113,45 € |
113,45 € |
52702 |
15.01.2014 |
K69 |
154,88 € |
154,88 € |
52705 |
15.01.2014 |
K66 |
73,22 € |
73,22 € |
52712 |
15.01.2014 |
K59 |
360,39 € |
360,39 € |
52716 |
15.01.2014 |
K55 |
154,89 € |
154,89 € |
52721 |
15.01.2014 |
K51 |
335,50 € |
335,50 € |
52722 |
15.01.2014 |
K50 |
86,23 € |
86,23 € |
52727 |
15.01.2014 |
K46 |
124,93 € |
124,93 € |
3.199,26 € |
Hinsichtlich folgender Teilbeträge werden unterschiedliche Rechnungsnummern und -daten als Belege für die von beiden Parteien betragsmäßig übereinstimmend vorgetragenen Zahlungen benannt:
39Betrag |
Rg.-Nr. Kl. |
Datum |
Anl. |
Rg.-Nr. Bekl. |
Datum |
Bl. |
442,62 € |
53465 |
24.03.2014 |
K8 |
52688 |
15.01.2014 |
176-177 |
83,38 € |
53461 |
24.03.2014 |
K43 |
52698 |
15.01.2014 |
178 |
442,62 € |
53467 |
24.03.2014 |
K44 |
52728 |
15.01.2014 |
179-180 |
Die Summe der Beträge aus den von der Beklagten in ihrer Aufstellung (B3) als Belege für die Zahlungsleistungen aufgeführten Rechnungen beläuft sich auf insgesamt 4.167,88 €.
41Darüber hinaus trägt die Klägerin weitere Zahlungen der Beklagten vor, die in der seitens der Beklagten vorgelegten Aufstellung (B3) nicht auftauchen. Insofern sind folgende, grundsätzlich als unstreitig anzusehende Zahlbeträge betroffen:
42Rg.-Nr. |
Datum |
Anl. |
Betrag |
Zahlung lt. Kl. |
52691 |
15.01.2014 |
K39 |
289,18 € |
289,18 € |
52693 |
15.01.2014 |
K37 |
131,71 € |
131,71 € |
52695 |
15.01.2014 |
K75 |
289,18 € |
289,18 € |
52697 |
15.01.2014 |
K73 |
131,71 € |
131,71 € |
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
44Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T sowie durch gegenbeweisliche Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin Z. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4.10.2016 und den dazu gefertigten Berichterstattervermerk verwiesen.
45II.
46Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Ihre zulässige Klage ist im sich aus dem Tenor ergebenden Umfang überwiegend begründet.
47Die zulässige Widerklage ist ebenfalls als wirksam erhoben und begründet anzusehen. Insofern ist die Berufung daher unbegründet.
481.
49Die zulässige Leistungsklage ist hinsichtlich einer Hauptforderung in Höhe von 61.466,26 € begründet. Der Anspruch ergibt sich aus § 631 I BGB in Verbindung mit § 9 (1) des Rahmenvertrags (Anl. K1).
50a)
51Es ist von einem wirksamen Vertragsschluss der Parteien auf Grundlage des vorgelegten Rahmenvertrags im Sinne eines Werkvertrags auszugehen, denn der Klägerin wurde unstreitig aufgrund ihres Angebots der Zuschlag für die Lose 2 und 6 erteilt. Anschließend wurde der schriftlich vorliegende Vertragstext beiderseits paraphiert, und der Vertrag wurde unstreitig ab dem 1.11.2013 in Vollzug gesetzt, wobei ersichtlich beide Vertragsparteien von seiner Wirksamkeit ausgingen.
52aa)
53Eine Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch einen Vertreter der E GmbH hatte dabei keine konstitutive Bedeutung. Die E GmbH war im Vertragstext nicht erwähnt und sollte insbesondere nach dem Inhalt des Vertrags nicht Vertragspartei sein. Darüber hinaus enthielt der Vertrag keine aufschiebende Bedingung hinsichtlich einer Genehmigung der E oder eine vergleichbare Klausel.
54Die Beklagte ist als juristische Person durch ihre Organe und Vertreter selbständig handlungsfähig. Dass und warum ihre Vertragserklärung einer Genehmigung durch die E GmbH hätte bedürfen sollen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass der Klägerin jedenfalls mündlich bezüglich der ausgeschriebenen Lose 2 und 6 jeweils seitens der Beklagten der Zuschlag zu vom Angebot abweichenden Preisen erteilt wurde, ist unstreitig. Es kam mithin zu einer Einigung der Parteien durch übereinstimmende Willenserklärungen, die auf die schriftliche Vertragsurkunde Bezug nahmen. Diese Bezugnahme wurde durch die beiderseits vorgenommene Paraphierung bekräftigt.
55bb)
56Aus Sicht der Klägerin bestand daher kein Anlass, an der Wirksamkeit des Vertragsschlusses zu zweifeln, und auch die Beklagte ging u.a. ausweislich des von ihr selbst am 30.1.2014 aufgestellten Protokolls (Anl. K152) zu TOP 1 davon aus, dass der Vertrag unter dem 16.12.2014 – gemeint war wohl 2013 – wirksam unterzeichnet und paraphiert worden war, so dass seine Bestimmungen, insbesondere bezüglich der Flächenaufmaße, verbindlich waren. Aus den von ihr unstreitig geleisteten Zahlungen auf von der Klägerin gestellte Rechnungen sowie aus den abgegebenen Erklärungen – insbesondere der Kündigungserklärung - ergibt sich zweifelsfrei, dass auch die Beklagte selbst davon ausging, dass der in Vollzug gesetzte Vertrag der Parteien wirksam zustande gekommen war.
57b)
58Die mit der Klage geltend gemachten Werklohnforderungen für den Leistungszeitraum vom 1.11.2013 bis 31.1.2014 waren entstanden und zur Zahlung fällig.
59Nach dem Inhalt des Vertrags in Verbindung mit dem Angebot der Klägerin war das vereinbarte Entgelt nach Zeitabschnitten pauschal abzurechnen, ohne dass es darauf ankam, ob und in welcher Anzahl Einsätze im Winterdienst erforderlich würden.
60Die nach flächenbezogenen Einheitspreisen bestimmten Entgelte waren in 6 Teilen bei 6 Monaten Laufzeit unabhängig davon zu entrichten, ob und in welchem Umfang es tatsächlich zu Winterdiensteinsätzen kam, § 9 (1) und (4) des Vertrags (Anl. K1). Nach den Bestimmungen in §§ 2 (2), 5 (2) und 7 (1) war die Klägerin verpflichtet, während der Laufzeit des Vertrags qualifizierte Mitarbeiter, Gerät und Material in ausreichender Menge bereit zu halten, um die Leistungen erbringen zu können. Ihr vertraglicher Vergütungsanspruch entstand dementsprechend unabhängig davon, ob sie Winterdienstleistungen tatsächlich ausführte oder nicht.
61aa)
62Der Behauptung der Klägerin, im November 2013 seien Winterdienste witterungsbedingt nicht erforderlich gewesen, sie habe aber die erforderlichen Ressourcen bereit gehalten, ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Vielmehr hat auch der von der Beklagten als Zeuge benannte Herr T diese Darstellung ausdrücklich bestätigt.
63Für den Zeitraum vom 1.12.- 31.12.2013 hat die Klägerin schon erstinstanzlich konkret und unter Beweisantritt behauptet, dass die witterungsbedingt erforderlichen Einsätze ordnungsgemäß und vertragsgerecht durchgeführt worden seien (Bl. 6). Auch diesen Tatsachenvortrag hat die Beklagte bis zum Erlass des landgerichtlichen Urteils nie bestritten. Die Mangelfreiheit auch der in Dezember 2013 abgerechneten Winterdienstleistungen der Klägerin ist dementsprechend ebenfalls als unstreitig anzusehen (vgl. Bl. 135). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte lediglich vorgetragen, zwischen den Parteien habe Streit über die Ordnungsmäßigkeit der Leistungserbringung bestanden, konkrete Mängel aber weiterhin nicht substantiiert vorgetragen oder unter Beweis gestellt. Zudem haben der Geschäftsführer der Klägerin Z sowie der Zeuge T als Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Senat übereinstimmend bekundet, dass im Dezember 2013 ebenfalls Schneeräumungen nicht erforderlich waren und Beanstandungen der klägerischen Leistung insoweit nicht erfolgten.
64Die vereinbarte Vergütung für die gesamten Lose 2 und 6 war demnach seitens der Beklagten geschuldet, ohne dass ihr für November und Dezember 2013 Ansprüche wegen Nicht- oder Schlechterfüllung hätten zustehen können.
65Dasselbe gilt zunächst auch für die Vergütung der Klägerin aufgrund der im Januar 2014 erbrachten Winterdienstleistungen. Auch insoweit steht die vertragsgerechte Leistungserbringung im Grundsatz fest, weil die Beklagte den entsprechenden Sachvortrag der Klägerin nicht explizit bestritten hat.
66Allerdings steht aufgrund der anlässlich seiner persönlichen Anhörung durch den Geschäftsführer der Klägerin gemachten Angaben in Verbindung mit dem Inhalt seiner E-Mail vom 10.2.2014 dennoch ebenfalls fest, dass es jedenfalls Schwierigkeiten bei der Ausführung der vertraglich übernommenen Leistungen durch die Klägerin gab und sie deshalb im Ergebnis bereit war, der Beklagten die gewünschte Gutschrift zu erteilen, um damit Mängelfolgen zu kompensieren.
67bb)
68Konkrete Einwendungen gegen die formelle und inhaltliche Richtigkeit der seitens der Klägerin erteilten Abrechnungen, die den Vorgaben des Vertrags in Verbindung mit den Objektlisten entsprachen, hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt vorgebracht.
69Eine Abnahme war ausnahmsweise nicht Fälligkeitsvoraussetzung, weil eine Abnahme des vertraglich übernommenen Winterdienstes seiner Natur nach gem. § 646 BGB ausscheidet (BGH NJW 2013, 3022, 3023).
70c)
71Darüber hinaus steht der Klägerin aus dem Winterdienstvertrag keine Werklohnforderung gegen die Beklagte mehr zu. Insbesondere kann sie für Februar 2014 das geforderte Entgelt nicht beanspruchen.
72Trotz der mit der Berufung dagegen vorgebrachten Einwände ist nämlich die Annahme einer wirksamen Einigung der Parteien im Sinne von § 779 BGB im angegriffenen Urteil rechtsfehlerfrei getroffen worden.
73aa)
74Aus Sicht der Beklagten war unter Betrachtung von einem objektivierten Empfängerhorizont der Inhalt der e-Mail des Geschäftsführers der Klägerin vom 10.2.2014 in Verbindung mit dem als PDF-Dokument angehängten Text der Vereinbarung als Vertragsangebot auf Abschluss eines Vergleichs zu verstehen, mit dem im Wege gegenseitigen Nachgebens die aufgrund unterschiedlicher Rechtsstandpunkte bestehenden Unsicherheiten endgültig geklärt werden sollten. Denn die E-Mail stellte eine unmittelbare Reaktion auf das vorangegangene Telefongespräch dar, in dem der Abschluss einer solchen Vereinbarung erörtert worden war.
75Auch die vom Geschäftsführer der Klägerin Z anlässlich seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat gemachten Angaben sprechen für die Auslegung seiner E-Mail als wirksames Angebot auf Abschluss eines Vergleichs. Er hat ausdrücklich erklärt, dass die mit der E-Mail verschickte Vereinbarung ein Vorschlag sein sollte, den er auf den Weg bringen wollte, um weitere Forderungen gegen sein Unternehmen auszuschließen. Er handelte demnach mit Erklärungsbewusstsein und Rechtsbindungswillen.
76Dieses Angebot hat die Beklagte mit der e-Mail ihres Mitarbeiters T vom 11.2.2014 (K154) ausdrücklich angenommen.
77bb)
78Die sich aus dem Zusammentreffen der wechselseitigen Erklärungen ergebende Einigung ist formwirksam zustande gekommen, denn die telekommunikative Übermittlung der beiderseitigen Willenserklärungen per e-Mail war jedenfalls gem. § 127 II BGB ausreichend, um die gewillkürte Schriftform zu erfüllen (OLG Frankfurt, Beschluss v. 16.03.2015, Az. 4 U 265/14, BeckRS 2016, 02467 = IBR 2016, 2472; OLG Hamburg, Beschluss vom 06.05.2013, Az. 2 W 35/13, BeckRS 2013, 08576; MüKo/Einsele, BGB, 7. Aufl., § 127 Rn. 10-11).
79Ein anderer Wille ist hier nicht anzunehmen, nachdem die Parteien schon den Winterdienstvertrag auch ohne Unterzeichnung in Vollzug gesetzt hatten. Zwar bat der Mitarbeiter der Beklagten um Unterzeichnung der Vereinbarung und die Beklagte übermittelte dann am 19.2.2014 noch eine ihrerseits unterzeichnete Fassung der Vereinbarung, jedoch hält sie nach ihren eigenen Ausführungen die getroffene Abrede auch ohne beiderseitige Unterzeichnung für bindend. Aus dem Inhalt der vom Geschäftsführer der Klägerin abgegebenen Erklärung hingegen ergab sich kein Hinweis darauf, dass er die Leistung einer Unterschrift als konstitutives Erfordernis ansah.
80cc)
81Im Übrigen wäre eine Einigung auch nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen. Das Landgericht hat in der E-Mail vom 10.2.2014 einschließlich des Anhangs zu Recht ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gesehen, mit dem der Inhalt der Vereinbarung als Vergleich im Sinne von § 779 BGB bestätigt wurde. Zu diesem Ergebnis ist es im Wege der Auslegung gekommen, indem es den Wortlaut der Erklärungen vor dem Hintergrund der weiteren Umstände des Sachverhalts interpretiert hat.
82Der unstreitige Inhalt der vom Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte versandten e-Mail kann sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach den zeitlichen Zusammenhängen als kaufmännisches Bestätigungsschreiben in Bezug auf das unstreitig vorangegangene Telefongespräch zu verstehen sein.
83Da für das kaufmännische Bestätigungsschreiben außer dem Erfordernis der Schriftlichkeit keine besonderen Formerfordernisse gelten, kann es auch per Telefax oder e-Mail erfolgen (Lettl, Das kaufmännische Bestätigungsschreiben, JuS 2008, 849, 851). Als kaufmännisches Bestätigungsschreiben kann daher insbesondere eine e-Mail anzusehen sein, der – wie hier - ein PDF-Dokument mit einem Vertragstext angehängt ist (OLG Koblenz, Beschluss v. 15.6.2010, Az. 2 U 1247/09, BeckRS 2010, 33238).
84dd)
85Durch die wirksam zustande gekommene Vereinbarung akzeptierte die Klägerin die vorzeitige Vertragsbeendigung und verzichtete auf zukünftige Ansprüche.
86Das ergibt sich unzweifelhaft aus dem Wortlaut und dem Betreff der Vereinbarung sowie aus dem Inhalt der E-Mail. Der Geschäftsführer der Klägerin hat ausdrücklich bei seiner Anhörung bestätigt, dass nach seinem Verständnis aufgrund der Vereinbarung Ansprüche für die Zukunft beiderseits ausgeschlossen sein sollten. Dafür spricht auch die Aussage des Zeugen T, der berichtet hat, dass durch die zu erteilende Gutschrift auch Mehrkosten enthalten sein sollten, die durch die Beauftragung eines Drittunternehmers anstelle der Klägerin entstanden.
87Infolge der Einigung der Parteien war dementsprechend die Vertragsbeendigung wirksam und Werklohnansprüche der Klägerin für die Zeit danach wurden ausgeschlossen. Insoweit weist das mit der Berufung angegriffene Urteil keinen Rechtsfehler auf.
88d)
89Hinsichtlich bereits vor dem 30.1.2014 entstandener Forderungen hatte die Einigung der Parteien über die Vertragsbeendigung allerdings nicht den vom Landgericht angenommenen Inhalt. Diesbezüglich ist die Berufungsrüge begründet.
90Der Senat hat als Berufungsgericht nach §§ 513 I, 546 ZPO die erstinstanzliche Auslegung einer Individualvereinbarung - auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen - in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Hält er die erstinstanzliche Auslegung lediglich für eine zwar vertretbare, letztlich aber - bei Abwägung aller Gesichtspunkte - nicht für eine sachlich überzeugende Auslegung, so hat er selbst die Auslegung vorzunehmen, die er als Grundlage einer sachgerechten Entscheidung des Einzelfalls für geboten hält (BGH NJW 2004, 2751, 2752).
91Die unter Beachtung von §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung individualvertraglicher Vereinbarungen, in deren Rahmen in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen ist (BGH NJW 2002, 3248, 3249; NJW 2000, 2099), muss stets den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung berücksichtigen (BGH NJW-RR 2005, 34, 36; NJW 2002, 3248, 3250; NJW 2000, 2099). Aufgrund entsprechender Anhaltspunkte kann sich dabei auch ein vom Wortlaut abweichendes Verständnis der vertraglichen Regelung ergeben (BGH NJW 2002, 3248, 3249). Denn der übereinstimmende Parteiwille geht dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vor. Der Zweck der Abrede und die Interessenlage der Parteien sind zu berücksichtigen (BGH, Urteil v. 5.10.2014, Az. XII ZR 111/12, BeckRS 2014, 21522 [Rz. 48]; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl., § 133 Rn. 9).
92Diesen Grundsätzen wird die Auslegung, welche das Landgericht seiner mit der Berufung angegriffenen Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht in vollem Umfang gerecht.
93Mit den geltenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unvereinbar ist nämlich die Annahme, dass nach dem Wortlaut der Vereinbarung sämtliche Ansprüche der Klägerin aus dem Winterdienstvertrag einschließlich des bereits verdienten Werklohns allein durch Zahlung des vereinbarten Entgelts für den Monat Januar – unter Abzug des Gutschriftbetrags – abgegolten sein sollten.
94Obwohl dort formuliert war, dass mit dem vollständigen Ausgleich der Januar-Rechnung nach Abzug der Gutschrift über 8.973,24 € netto beiderseitig auf „sämtliche etwaigen Forderungsansprüche“ aus dem gekündigten Rahmenvertrag für den Winterdienst verzichtet würde, ist die Erklärung vielmehr so auszulegen, dass alle zu dem Zeitpunkt berechtigten Forderungen der Klägerin unter Abzug des gutgeschriebenen Betrags ausgeglichen werden sollten, um dann auf alle weiteren Ansprüche zu verzichten.
95aa)
96Für die Auslegung, wonach durch die Regelung vom 10.2.2014 auf den bereits verdienten Werklohn der Klägerin für die Monate November und Dezember 2013 nicht verzichtet werden sollte, spricht die nach Aktenlage gerechtfertigte Annahme, dass die vereinbarte Gutschrift in Höhe von 8.973,24 € sämtliche seitens der Beklagten geltend gemachten Gegenansprüche für den gesamten Leistungszeitraum, also einschließlich November und Dezember 2013 umfasste. Nach dem Inhalt des durch die Beklagte aufgestellten Gesprächsprotokolls (K152, Bl. 29-31) waren nämlich am 30.1.2014 die von ihr geltend gemachten Gegenforderungen bereits beziffert. Es hieß dort unter „Absprachen“, dass die Klägerin 1.) ein Dokument zur Leistungsbefreiung gem. § 3 Abs. 2 des Rahmenvertrags und 2.) ein Dokument zur ordentlichen Kündigung gem. § 11 Abs. 2 erhalte sowie 3.) für alle Aufwendungen geradestehe, wobei sich eine „genaue Aufstellung zu Punkt 3“ im Weiteren befinden sollte. Gleichzeitig wurde die Aufrechnung erklärt, was eine Konkretisierung der Gegenansprüche voraussetzte.
97Zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vom 10.2.2014 bestand zwischen den Parteien Uneinigkeit darüber, ob der Vertrag aufgrund der am 30.1.2014 von der Beklagten abgegebenen Erklärungen vorzeitig beendet worden bzw. die Klägerin von der Leistungspflicht befreit war. Über die für die Vertragsbeendigung angeführten Gründe hatte am 30.1.2014 ein Gespräch stattgefunden, hinsichtlich dessen seitens der Beklagten das genannte Protokoll aufgestellt wurde.
98Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin im November 2013 jedenfalls Personal und Gerät bereit gehalten sowie in Dezember 2013 und Januar 2014 Winterdienstleistungen erbracht und der Beklagten in Rechnung gestellt hatte. Die mangelfreie Leistungserbingung durch die Klägerin ist als unstreitig anzusehen (s.o. Ziff. II. 1. b) aa)). Zudem haben der Geschäftsführer der Klägerin Z und der Zeuge T übereinstimmend berichtet, dass auch im Dezember 2013 in C kein Schneefall zu verzeichnen war und deshalb keine nennenswerten Winterdiensteinsätze erforderlich wurden.
99Unstreitig ist darüber hinaus, dass aus den von der Klägerin insoweit gestellten Rechnungen für November 2013 noch ein Gesamtbetrag in Höhe von 22.490,44 € und für Dezember noch eine Summe von 22.799,44 € offen standen. Vereinbarungsgemäß abgerechnet waren die im Vertrag pauschalierten Entgelte. Die ausgesprochene Kündigung stand der Geltendmachung des pauschalierten Werklohns für den bereits verstrichenen Zeitraum, also für bereits erbrachte Leistungen, unabhängig von ihrer Wirksamkeit als fristlose Kündigung nicht entgegen.
100Angesichts dieser Umstände entspricht es nicht einer interessengerechten Auslegung, anzunehmen, die Klägerin habe aufgrund der Vereinbarung die von der Beklagten im Hinblick auf etwaige Mängel der erbrachten Leistungen bezifferten Gegenforderungen im Wege einer Gutschrift von ihren Entgeltforderungen für bereits erbrachte Leistungen in Abzug bringen und gleichzeitig nicht nur auf sämtliche Ansprüche aus der weiteren Vertragslaufzeit, sondern auch auf die noch offenen Forderungen aus November und Dezember 2013 verzichten wollen.
101bb)
102Die Beweislast dafür, dass dennoch auch die verdienten Entgelte der Klägerin für den Zeitraum vom 1.11. bis 31.12.2013 von der Abgeltungsklausel umfasst sein sollten, liegt dementsprechend bei der Beklagten.
103Dabei kommt es insoweit auf die Qualität des PDF-Dokuments als mögliche Parteiurkunde nicht an, weil unstreitig ist, dass die Erklärung mit dem schriftlich dokumentierten Inhalt vom Geschäftsführer der Klägerin abgegeben wurde. Die Erklärung ist indes – wie jede Willenserklärung – gem. §§ 133, 157 BGB hinsichtlich des tatsächlichen Willens auszulegen, ohne am wörtlichen Ausdruck zu haften.
104An die Feststellung eines Verzichtswillens sind nämlich strenge Anforderungen zu stellen, er darf nicht vermutet werden (BGH NJW 2007, 368, 369; 2006, 1511, 1512). Gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, muss das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden und haben die der Erklärung zu Grunde liegenden Umstände besondere Bedeutung. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (BGH NJW 2002, 1044, 1046; NJW 1994, 379, 380; NJW-RR 1989, 1373, 1374). Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH NJW 2007, 368, 369; 2006, 1511, 1512; 2002, 1044, 1046).
105Über den knappen Wortlaut der Vereinbarung hinaus ist deshalb nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen davon auszugehen, dass eine einvernehmliche Beendigung des Vertragsverhältnisses mit Wirkung zum 31.1.2014 unter endgültiger Abrechnung dadurch erreicht werden sollte, dass die von der Beklagten angegebenen Kosten aus Ersatzvornahmen und administrativem Mehraufwand von dem bis dahin – insgesamt - verdienten Werklohn in Abzug gebracht wurden. Dazu gehörte es, auch wenn das im Text nicht wörtlich so formuliert war, dass auch die zu dem Zeitpunkt noch offenen älteren Entgeltforderungen der Klägerin aus dem Winterdienstvertrag in die Abrechnung eingestellt würden. Denn nur diese Auslegung wird den Interessen beider Parteien gleichermaßen gerecht.
106Der Vortrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 13.4.2016, wonach die Gutschrift sich allein zu im Januar 2016 entstandenen Gegenforderungen verhalten habe, ist insofern unerheblich, weil ohnehin feststeht, dass ihr aus Schlechtleistungen in November oder Dezember 2013 keine weiteren Gegenforderungen zustehen konnten. Die Tatsache lässt daher keinen Rückschluss auf einen Verzichtswillen der Klägerin hinsichtlich ihrer Entgelte für November und Dezember 2013 zu.
107Die Beklagte erlangte infolge der Vereinbarung vom 10.2./ 11.2.2014 Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Vertragsbeendigung und des Verzichts der Klägerin auf Zahlungsansprüche für den weiteren Zeitraum bis zum 30.4.2014. Außerdem wurden die von ihr hinsichtlich der ausgeführten Winterdienstleistungen vorgebrachten Beanstandungen und die daraufhin geltend gemachten Gegenforderungen anspruchsmindernd berücksichtigt. Da der Vertrag über Winterdienstleistungen als Werkvertrag anzusehen ist, wobei aber eine Abnahme der Natur der zu erbringenden Werkleistung nach ausscheidet, kam eine sofortige Minderung des Werklohns in Betracht, soweit die Klägerin ihrer Räumpflicht nicht oder nur unzureichend nachgekommen war (BGH NJW 2013, 3022, 3023; BeckOK/Voit, BGB, 37. Edition, § 631 Rn. 30a). Es bestand indes durchaus Unsicherheit darüber, ob auch eine fristlose Kündigung des Vertrags möglich war, ohne dass die Klägerin zumindest nach § 649 S. 2 BGB hätte abrechnen können.
108Zudem umfasste nach der Aussage des Zeugen T der aufgrund der Vereinbarung durch die Klägerin gutzuschreibende Betrag auch die Mehrkosten, die durch die anschließende Beauftragung der Fa. Y anfielen.
109Demgegenüber gewann auch die Klägerin Rechtssicherheit. Sie konnte hinsichtlich der Restlaufzeit des Vertrags auf die weitere Vorhaltung von Personal und Gerät verzichten und ihrerseits davon ausgehen, dass ihre nach Abzug des vereinbarten Gutschriftbetrags verbliebene Entgeltforderung zeitnah ausgeglichen würde. Eine weitere Haftung wegen Schlechterfüllung der übernommenen Leistungspflichten, die auch ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung zu Gewährleistungsansprüchen der Beklagten führen konnte (BGH, a.a.O.), war danach ausgeschlossen.
110Das so beschriebene Verständnis vom Inhalt der Vereinbarung wird auch durch den Wortlaut der in Fettdruck hervorgehobenen Betreffzeile gestützt, denn diese setzte den gegenseitigen Forderungsverzicht in unmittelbaren Bezug zu der Vertragskündigung vom 30.1.2014. Das ließ darauf schließen, dass der Verzicht sich maßgeblich auf etwaige Ansprüche hinsichtlich der Restlaufzeit, etwa aus § 649 S. 2 BGB, oder Gewährleistungsansprüche aufgrund der als Kündigungsgrund angeführten Beanstandungen beziehen sollte. Aus Sicht der Beklagten bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin ein Grund bestanden hätte, darüber hinaus trotz Erteilung der Gutschrift auch noch auf die Entgelte für die abgearbeiteten Leistungszeiträume in 2013 gänzlich zu verzichten. Vielmehr spricht auch der Wortlaut ihrer durch den Mitarbeiter T verfassten e-Mail vom 19.2.2014 (K155) dafür, dass auch aus ihrer Sicht die gesamte offene Entgeltforderung der Klägerin maßgeblich sein sollte. Denn dort hieß es u.a.: „Wir wollen alle gegenseitigen Forderungen schnellstens zum Ausgleich bringen, aber ohne Gutschrift ist uns dies nicht möglich.“
111cc)
112Die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat keine Umstände ergeben, aufgrund derer eine davon abweichende Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung naheläge.
113Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter der Beklagten T hat ausgeschlossen, dass Schadensmeldungen Dritter in Bezug auf Stürze in den von der Klägerin zu bearbeitenden Losen Thema des der E-Mail vom 10.2.2014 vorangegangenen Telefonats waren. Tatsächlich wurden solche Schadensfälle nach den Ausführungen des Zeugen auch ausschließlich mit Hilfe der Ergo-Versicherung abgewickelt und reguliert. Dementsprechend ist nicht anzunehmen, dass derartige Schadensfälle der Klägerin hätten Anlass geben können, auf ihre bereits verdienten Ansprüche zu verzichten.
114Ob die fälligen Forderungen der Klägerin für die Monate November und Dezember 2013 Gegenstand des Telefongesprächs und der Erörterungen einer möglichen Einigung waren, konnte der Zeuge T nicht erinnern. Er hat die entsprechende Behauptung der Beklagten demnach nicht bestätigt. Eine sichere Erinnerung hatte er lediglich daran, dass die Forderung der Klägerin für Januar und die Gegenforderungen der Beklagten aus demselben Monat, die bereits beziffert waren, Gesprächsgegenstand waren. Diese Darstellung deckt sich mit der des Geschäftsführers der Klägerin.
115Dass auch ein der Beklagten angedrohtes Bußgeld oder eine seitens der Beklagten ihrer Auftraggeberin erteilte Gutschrift thematisiert worden und so Gegenstand der Einigungsüberlegungen gewesen wären, lässt sich den Erklärungen des Zeugen T nicht entnehmen. Zudem ist jedenfalls auch nicht klar, ob und inwieweit dies nicht ggf. Gegenstand der vereinbarten Kompensation für Mehraufwand der Beklagten in der Administration war, so dass sich auch hinsichtlich dieser Punkte kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass für die Klägerin Veranlassung bestanden hätte, im Rahmen der erörterten Einigung auf ihre wirksam entstandenen und fälligen Forderungen über insgesamt 45.289,88 € zu verzichten – zumal die insofern vom Zeugen T genannten Beträge sich lediglich auf da. 12.400 € summiert hätten, wovon sich im Ergebnis nach seiner Schilderung nur ca. 2.519 € als Schaden der Beklagten realisierten. Die Relation der Beträge spricht gegen die Annahme, dass die Klägerin, zusätzlich zur Erteilung der Gutschrift in Höhe von beinahe 9.000 €, auf bereits entstandene und fällige Ansprüche in Höhe von ca. 45.000 € hätte verzichten wollen, weil mögliche aber noch nicht endgültig eingetretene Schäden der Beklagten von ca. 12.500 € im Raum standen.
116Demgegenüber hat der Geschäftsführer der Klägerin ausdrücklich erklärt, dass die bereits verdienten Forderungen für Dezember und Januar nicht Thema des Telefonats waren und auch nicht abgegolten sein sollten. Vielmehr sollten aus seiner Sicht lediglich Ansprüche für die Zukunft beiderseits ausgeschlossen und Gewährleistungsansprüche durch die Gutschrift abgegolten sein.
117Die Angaben der beiden Auskunftspersonen sind in den meisten Punkten inhaltlich ohne weiteres in Übereinstimmung zu bringen. Beide sind erkennbar um eine möglichst präzise und wertfreie Aussage bemüht gewesen und haben Erinnerungsschwierigkeiten jeweils offen eingeräumt. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben begründen würden, sind daher nicht ersichtlich.
118Der Geschäftsführer der Klägerin hat nachvollziehbar erklärt, dass er nach dem Gespräch mit seinem Rechtsanwalt vorsorglich in der Hoffnung weiter abrechnete, sich auf eine Unwirksamkeit der Einigung sowie der fristlosen Kündigung der Beklagten berufen zu können. Dies entspricht seinem prozessualen Vortrag in erster Instanz.
119Die Vernehmung des durch die Beklagte benannten Zeugen T ist im Ergebnis als unergiebig anzusehen. Die Beweisaufnahme hat die Behauptung, Gegenstand der mündlichen Vergleichsverhandlungen bei dem Telefonat vom 10.2.2014 seien neben der Januar-Rechnung der Klägerin sämtliche bereits fälligen und künftigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Rahmenvertrag gewesen, nicht bestätigt.
120Dementsprechend ergibt sich eine begründete Hauptforderung der Klägerin in Höhe von insgesamt 61.466,26 € für den Zeitraum vom 1.12.2013 bis zum 30.1.2014. Davon sind erstinstanzlich 16.176,48 € tituliert worden, ohne dass die Beklagte das angegriffen hätte, so dass sich eine noch offene Forderung von 45.289,78 € als begründet ergibt.
121e)
122Bezogen auf die in der genannten Höhe begründete Hauptforderung besteht auch die geltend gemachte Nebenforderung.
123Die Voraussetzungen eines Zinsanspruchs der Klägerin aus Verzug gem. §§ 288 II, 280 I, II, 286 III BGB sind erfüllt, denn die Einigung vom 10.2.2014 bewirkte keine Novation und beeinträchtigte die bereits entstandenen und berechneten Forderungen nicht.
124Die Beklagte geriet daher mit Ablauf der im anwaltlichen Mahnschreiben vom 15.4.2014 (B150) bis zum 25.4.2014 gesetzten Frist mit dem Ausgleich der für den Leistungszeitraum vom 1.11.2013 bis 31.1.2014 gestellten Rechnungen in Verzug. Dass bereits zuvor Zahlungsverzug bestand, lässt sich hingegen nicht mit ausreichender Gewissheit feststellen, da sich aus den zur Akte gereichten Urkunden in Verbindung mit den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin ergibt, dass zwischen den Buchhaltungsabteilungen der Parteien ein Austausch über die Modalitäten der Rechnungslegung stattfand und Rechnungen nachträglich geändert und neu erstellt wurden.
1252.
126Darüber hinaus bestehen Zahlungsansprüche der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Vertrag nicht. Insbesondere für den Zeitraum vom 1.3. bis 30.4.2014 können keine vertragsgemäßen Entgelte verlangt werden. Die zulässige Widerklage ist insoweit begründet.
127a)
128Soweit die Berufung darauf gestützt wird, das angegriffene Urteil beruhe auf einem wesentlichen Verfahrensfehler, weil über den Widerklageantrag entschieden worden ist, vermag die Klägerin damit nicht durchzudringen.
129Wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 2.10.2015 zutreffend ausgeführt hat, erbringt der Tatbestand des Urteils gem. § 314 S. 1 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen, zu dem auch Prozesserklärungen einschließlich der Anträge gehören (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 314 Rn. 4). Ausweislich des Tatbestands der am 24.6.2015 verkündeten Entscheidung wurden der Widerklageantrag und der Antrag auf Abweisung der Widerklage gestellt. Der Beweis kann gem. § 314 S. 2 ZPO nur anhand des Sitzungsprotokolls entkräftet werden. Aussagen von Zeugen oder der Inhalt der Schriftsätze können zur Widerlegung des Tatbestands hingegen nicht genutzt werden (BeckOK/Elzer, ZPO, 19. Edition, § 314 Rn. 27b).
130Die Entkräftung des Beweises setzt voraus, dass die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift ausdrücklich oder wenigstens unzweideutig dem Tatbestand widersprechen, während Lücken des Protokolls oder sein Schweigen über bestimmte Vorgänge nicht ausreichen (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rn. 6; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 314 Rn. 7; BeckOK/Elzer, a.a.O., Rn. 28). Ein unzweideutiger Widerspruch zwischen dem Tatbestand und dem Sitzungsprotokoll ist dem Umstand allein, dass dieses die Stellung eines bestimmten (Hilfs-)Antrags nicht ausdrücklich ausweist, nicht zu entnehmen (BGH NJW-RR 2013, 1334, 1335). Denn aus dem Protokoll ergibt sich nicht unzweideutig, dass die Antragstellung unterblieb.
131Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin kommt es für diese Würdigung nicht entscheidend darauf an, ob sich aus einem früheren Sitzungsprotokoll ein Hinweis auf eine Bezugnahme auf den im Tatbestand wiedergegebenen Antrag ergab. Als Sitzungsprotokoll im Sinne des § 314 S. 2 ZPO kommt nämlich nur das Protokoll über die Verhandlung in Betracht, aufgrund derer das Urteil ergangen ist (Zöller/Vollkommer, a.a.O.).
132Da das Landgericht den Tatbestandsberichtigungsantrag zurückgewiesen hat, weil weder die Vorsitzende noch der gegnerische Prozessbevollmächtigte eine sichere Erinnerung daran hatten, ob der Widerklageantrag gestellt wurde oder nicht, entfaltet der Tatbestand insoweit seine Beweiswirkung.
133b)
134Wegen der Wirksamkeit des Vergleichs und des damit verbundenen Verzichts der Klägerin auf Ansprüche für die Zukunft (s.o.) kommen Vergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum nach der Kündigung vom 30.1.2014 nicht mehr in Betracht.
135Die Widerklage ist deshalb begründet.
136III.
137Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I, 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
138Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 542 II ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn die Entscheidung beruht auf der Auslegung einer individualvertraglichen Parteivereinbarung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls, über die Beweis erhoben worden ist. Eine Entscheidung des BGH ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die vom BGH in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Auslegungsgrundsätze sind uneingeschränkt angewandt worden.
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Annotations
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen, so tritt in den Fällen des § 634a Abs. 2 und der §§ 641, 644 und 645 an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes.
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.
(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.