Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 17. Sept. 2015 - 1 Vollz (Ws) 275, 276/15
Gericht
Tenor
1.
Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden als unzulässig verworfen.
2.
Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG).
1
Gründe
2I.
3Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Aachen hat mit dem ange-fochtenen Beschluss einen Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass die Beobachtung durch weibliche Bedienstete rechtswidrig ist, als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Betroffenen am 30.04.2015 zugestellt worden. Mit am 26.05.2015 eingegangenen Schreiben vom 17.05.2015 hat der Betroffene (privatschriftlich) „Rechtsbeschwerde“ eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. I beantragt.
4Mit Beschluss vom 30.07.2015 hat der Senat dem Betroffenen Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm den o.g. Rechtsanwalt beigeordnet. Zu Begründung hat er u.a. ausgeführt:
5„Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, nämlich Erhebung einer Rechtsbe-schwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen vom 22.04.2015, hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Betroffene hat noch innerhalb der Rechtsbeschwerdefrist des § 118 Abs. 1 StVollzG einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt, so dass wegen der bestehenden Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Verwerfung seiner (gleichzeitig mit dem PKH-Gesuch) privatschriftlich einge-legten Rechtsbeschwerde bloß wegen Formunwirksamkeit (vgl. § 118 Abs. 3 StVollzG) ausscheidet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.10.2000 – 2 BvR 68/00 – juris; OLG Koblenz NStZ-RR 1997, 187). Nach gegenwärtiger Bewertung besteht die naheliegende Möglichkeit, dass im Falle der zulässigen Anbrin-gung eines Wiedereinsetzungsgesuchs nebst rechtzeitiger Erhebung und Begründung der Rechtsbeschwerde in der nach § 118 Abs. 3 StVollzG gebotenen Form, der Senat die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulassen wird. “
6Dieser Beschluss ist dem Rechtsanwalt am 12.08.2015, dem Betroffenen am 13.08.2015 zugestellt worden.
7Mit am 13.08.2015 beim Landgericht Aachen eingegangenem Schreiben hat Rechtsanwalt Dr. I Akteneinsicht beim Landgericht Aachen beantragt und darauf hingewiesen, dass er der Akteneinsicht zur Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs und der Begründung der Rechtsbeschwerde bedürfe. Die Akteneinsicht wurde ihm vom Landgericht letztlich nicht gewährt. Sie wurde ihm erst auf Veranlassung des Senatsvorsitzenden (Verfügung vom 07.09.2015) am 09.09.2015 gewährt.
8Mit am selben Tag beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom 28.08.2015 hat der beigeordnete Rechtsanwalt Rechtsbeschwerde gegen den o.g. landgerichtlichen Beschluss eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Ver-säumung der Rechtsbeschwerdefrist beantragt. Bzgl. der Wiedereinsetzung trägt er vor, dass seine Mitarbeiterin, Frau G, das privatschriftliche Rechtsbeschwerde-schreiben direkt nach Erhalt an das Gericht weitergeleitet habe. Sie habe keine Zwischenschritte mehr für erforderlich gehalten.
9Die Akten sind am 01.09.2015 vom Landgericht Aachen an das Oberlandesgericht Hamm abgesandt worden.
10Mit Schriftsatz vom 11.09.2015, gerichtet an den Senatsvorsitzenden, bedankt sich der beigeordnete Rechtsanwalt für die gewährte Akteneinsicht und trägt vor, dass er erstmals am 12.08.2015 durch Zustellung des o.g. Senatsbeschlusses von der vorliegenden Strafvollzugssache erfahren habe. In dem Schreiben führt er u.a. aus, dass er äußerst hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage.
11II.
12Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
131.
14Nach §§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, 45 StPO ist der Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2013 – 2 BvR 28/13 – juris; OLG Hamm, Beschl. v. 03.05.1988 – 1 Vollz(Ws) 39/88 – juris LS). Das Hindernis entfiel mit Zustellung des o.g. Senatsbeschlusses an den Betroffenen am 13.08.2015, so dass die Wiedereinsetzungsfrist betreffend die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist am 20.08.2015 ablief. Das erst am 28.08.2015 angebrachte Wiedereinsetzungsgesuch nebst Rechtsbeschwerde war damit verspätet.
152.
16Auch das Gesuch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Ver-säumung der Frist zur Anbringung des o.g. Wiedereinsetzungsgesuchs ist unzulässig, da die Wochenfrist nach §§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, 45 StPO ebenfalls versäumt worden ist. Bereits bei Anbringung des Rechtsbeschwerdeschriftsatzes vom 28.08.2015 war dem Verteidiger klar, dass er die Wiedereinsetzungsfrist nicht gewahrt hatte, wie sich aus seinen Ausführungen, dass die Frist nach § 45 StPO wegen der nicht gewährten Akteneinsicht „nicht verletzt“ sei, ergibt. Die „äußerst hilfsweise“ Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs mit Schriftsatz vom 11.09.2015 ist damit verspätet.
17Selbst wenn man aber die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.08.2015 so auslegen wollte, dass dort gleichzeitig auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs beantragt werden sollte, wäre ein solches Wiedereinsetzungsgesuch jedenfalls unbegründet, weil der Betroffene nicht ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Wiederein-setzungsfrist gehindert war. Es ist nicht erkennbar, dass der Betroffene bzw. der beigeordnete Rechtsanwalt den Vortrag zur Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist nicht auch innerhalb der Wochenfrist zur Anbringung des Antrages auf Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist hätten anbringen und die Verletzung materiellen Rechts rügen können. Die nichtgewährte Akteneinsicht war hierfür nicht ursächlich, denn beides hat der beauftragte Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 28.08.2015 ausgeführt, ohne dass er bis dahin Akteneinsicht gehabt hatte. Wenn er diese Ausführungen aber am 28.08.2015 ohne Akteneinsicht hat machen können, dann hätte er sie auch bis zum 20.08.2015 anbringen können. Soweit eine Wiedereinsetzung im Hinblick auf Rügen der Verletzung formellen Rechts wegen unterbliebener Akteneinsicht in Betracht kommt (vgl.: Cirener in: Graf, StPO, 2. Aufl., § 44 Rdn. 17), scheidet eine Wieder-einsetzung schon deswegen aus, weil entsprechende Rügen nicht nach erfolgter Akteneinsicht mit Schriftsatz vom 11.09.2015 ausgeführt worden sind.
18Ein Verschulden seines Anwalts muss der Betroffene gegen sich gelten lassen (OLG Frankfurt NStZ 1981, 408; OLG Hamm, Beschl. v. 23.06.1988 – 1 Vollz(Ws) 183/88 –juris LS).
19III.
20Da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kam, war die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 118 Abs. 1 StVollzG in der Form des § 118 Abs. 2 oder 3 StVollzG erhoben worden ist.
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(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.