Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 05. Juni 2014 - 1 RVs 48/14
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit eine Entscheidung über Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision verworfen.
1
Gründe
2I.
3Mit Beschluss vom 10.09.2013 hatte der Senat das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 10.04.2013, mit dem der Angeklagte wegen Betruges in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden war, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Urteil hat diese den Angeklagten wegen Betruges in 15 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 260 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt.
4Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts in allgemeiner Form rügt.
5Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
6II.
7Die zulässige Revision des Angeklagten hat geringfügigen Erfolg.
81.
9Soweit das Landgericht keine Entscheidung zu Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB getroffen hat, weist das angefochtene Urteil einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4; 354 Abs. 2 StPO).
10Gemäß § 42 S. 1 StGB ist dem Angeklagten zu gestatten, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, wenn ihm eine sofortige Zahlung nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist. Die Vorschrift ist zwingender Natur (BGH, Beschl. v. 17.08.1984 – 3 StR 283/84 – juris; BGH bei Detter NStZ 1900, 578; KG Berlin StV 2006, 191; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.05.2012 – 1 Ss 8/12 = BeckRS 2012, 20554; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.07.2008 – 2 Ss 346/08 = BeckRS 2009, 08549). Angesichts des zwingenden Charakters der Regelung kann von einer Entscheidung nach § 42 StGB, soweit Anlass zu ihr besteht, nicht etwa deswegen abgesehen werden, weil auch die Vollstreckungsbehörde noch Zahlungserleichterungen bewilligen darf (§ 459a StPO).
11Vorliegend hat das Landgericht aber, obgleich bei der Höhe der Geldstrafe, die es gegen den Angeklagten verhängt hat, und bei seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen Anlass bestand zu prüfen, ob diesem eine sofortige Zahlung der gesamten Geldstrafe zuzumuten ist, sich zur Frage der Gewährung von Zahlungserleichterungen nicht geäußert. Die Summe der Geldstrafe beträgt 6.500 Euro. Nach den bisherigen Feststellungen verfügt er über 1.500 Euro monatliches Nettoeinkommen, hat eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind und muss monatlich 200 Euro innerhalb eines Insolvenzverfahrens zahlen. Dazu kommen weitere, nicht näher bezifferte Schulden, teilweise aus unerlaubter Handlung. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der sofortigen Zahlung ist zwar auch zu berücksichtigen, dass es zur Vollstreckung der Geldstrafe erfahrungsgemäß erst geraume Zeit nach Rechtskraft der Entscheidung kommt, da es wegen der Nachbearbeitung bei Gericht (z.B. Kosten) etwas Zeit in Anspruch nimmt, bis die Akten an die Vollstreckungsbehörde zurückgelangen, von der dann erst die Vollstreckung eingeleitet werden kann. Insoweit kann berücksichtigt werden, ob der Angeklagte – wenn er Kenntnis von seiner (rechtskräftigen) Zahlungsverpflichtung erhält – die Möglichkeit hat, die Geldstrafensumme bis zur voraussichtlichen Vollstreckung anzusparen. Hat er diese Möglichkeit, so ist ihm die Zahlung der Gesamtsumme zumutbar. So verhält es sich hier aber nicht. Von dem dem Angeklagten verbleibenden Einkommen kann er die Geldstrafensumme nicht innerhalb der nächsten zwei bis drei Monate bis zu einer voraussichtlichen Vollstreckung ansparen.
12Eine Entscheidung darüber ist vom Tatgericht nachzuholen (vgl.BGH a.a.O.). Der Senat hat erwogen, selbst eine Ratenzahlungsanordnung analog § 354 Abs. 1 StPO zu treffen. Dies scheidet aber aus, da es insoweit noch weiterer Feststellungen bedarf – etwa zu etwaigen weiteren Zahlungsverpflichtungen aus Schulden aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, welche nicht in das Insolvenzverfahren fallen. Eine eindeutige Bestimmung der Ratenzahlungshöhe ist dem Senat damit nicht möglich. Zudem hat die Höhe der Ratenzahlung auch unmittelbar Einfluss auf das dem Angeklagten zugefügte Strafübel (sog. „dritte Phase der Geldstrafenzumessung“, vgl. Häger in: LK-StGB, 12. Aufl., § 42 Rdn. 1), so dass der Senat hier nicht seine Erwägungen an die Stelle derer des Tatrichters setzen kann. Die Ratenzahlungsanordnung muss nämlich einerseits den Zumutbarkeitsgesichtspunkten Rechnung tragen, andererseits darf sie nicht dazu führen, dass die Strafe den Charakter eines Übels verliert (Häger a.a.O. Rdn. 7).
132.
14Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten offensichtlich unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm an.
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Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Das Gericht kann dabei anordnen, daß die Vergünstigung, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt, wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt. Das Gericht soll Zahlungserleichterungen auch gewähren, wenn ohne die Bewilligung die Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens durch den Verurteilten erheblich gefährdet wäre; dabei kann dem Verurteilten der Nachweis der Wiedergutmachung auferlegt werden.
(1) Nach Rechtskraft des Urteils entscheidet über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen bei Geldstrafen (§ 42 des Strafgesetzbuches) die Vollstreckungsbehörde.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann eine Entscheidung über Zahlungserleichterungen nach Absatz 1 oder nach § 42 des Strafgesetzbuches nachträglich ändern oder aufheben. Dabei darf sie von einer vorausgegangenen Entscheidung zum Nachteil des Verurteilten nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel abweichen.
(3) Entfällt die Vergünstigung nach § 42 Satz 2 des Strafgesetzbuches, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, so wird dies in den Akten vermerkt. Die Vollstreckungsbehörde kann erneut eine Zahlungserleichterung bewilligen.
(4) Die Entscheidung über Zahlungserleichterungen erstreckt sich auch auf die Kosten des Verfahrens. Sie kann auch allein hinsichtlich der Kosten getroffen werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.