Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 26. Okt. 2016 - VI-3 Kart 36/15 (V)
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Betroffenen vom 26.02.2015 gegen den Beschluss der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Betroffene. Die weitere Beteiligte trägt ihre Kosten selbst.
Der Beschwerdewert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
A.
2Die Betroffene, eine … mit Sitz in …, ist Bilanzkreisverantwortliche und betreibt am Standort … zwei Kraftwerke. Weiterhin ist sie Dampf- und Fernwärmelieferantin aus Kraft-Wärme-Kopplung für Industrieunternehmen in der Region. Ihr Gastransportnetz gliederte sie in die …, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, aus. Diese ist die Netzbetreiberin. Marktgebietsverantwortliche ist die ….
3Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Betroffene gegen die Festlegung „GaBi Gas 2.0“ vom 19.12.2014, mit der die Bundesnetzagentur unter anderem die Ermittlung und Abrechnung der Ausgleichsenergie verbindlich vorgibt und ein stündliches Bilanzierungssystem (des Bilanzkreises) sowie die Entrichtung eines Flexibilitätskostenbeitrags durch den Bilanzkreisverantwortlichen im Falle der Über- und Unterspeisung regelt.
4Unter- und Überspeisungen der Gasnetze werden durch den Einsatz von Regelenergie ausgeglichen und die Differenz im Wege der Mehr- und Mindermengenabrechnung zwischen Lieferanten (Netznutzer) und Verteilernetzbetreibern ermittelt. Anhand der Netzkonten (erstmals eingeführt mit GaBi Gas 1.0 (2008)) werden im Gasbereich alle Ein- und Ausspeisungen eines Netzgebietes erfasst. Die Bilanzierung aller Ein- und Ausspeisungen im Marktgebiet und deren Zuordnung zu den Transportkunden erfolgt durch Bilanzkreise auf der Basis eines Tagesregimes. Die bilanzierten Ausspeisungen („Allokationen“) werden daher täglich angepasst.
5Ein Teil der Letztverbraucher wird durch die sogenannte registrierende Leistungsmessung (RLM) erfasst, bei der der Verbrauch stündlich gemessen wird (Jahresverbrauch über 1,5 GWh oder Leistung über 500 kW, § 24 Abs. 1 GasNZV).
6Bei nicht registrierend gemessenen Letztverbrauchern wird der Verbrauch aus Kostengründen anhand eines Standardlastprofils (SLP) geschätzt. Das Standardlastprofil bildet den Gasverbrauch eines typischen Verbrauchers über das Jahr ab, unterschieden nach mindestens drei Gruppen (§ 24 Abs. 3 GasNZV, Gewerbebetriebe, Kochgas- und Heizgaskunden). Das Standardlastprofil erstellt der Verteilernetzbetreiber.
7Die Marktgebietsverantwortlichen ermitteln die Ausgleichsenergie und berechnen diese nach den derzeit gültigen Vorgaben der Festlegung GaBi Gas 1.0 vom 28.05.2008 (BK7-08-002) und des § 22 der Anlage 4 zur Kooperationsvereinbarung VII (KoV VII) wie folgt: Der Marktgebietsverantwortliche zahlt an den Bilanzkreisverantwortlichen ein Entgelt in Höhe des zweitgeringsten Verkaufspreises der Referenzpreise multipliziert mit dem Faktor 0,9, soweit die Einspeisemenge die Ausspeisemenge überschreitet (negative Ausgleichsenergie). Der Bilanzkreisverantwortliche zahlt an den Marktgebietsverantwortlichen ein Entgelt in Höhe des zweithöchsten Kaufpreises der Referenzpreise multipliziert mit dem Faktor 1,2, soweit die Ausspeisemenge die Einspeisemenge überschreitet (positive Ausgleichsenergie). Nach § 22 Abs. 3 der Anlage 4 zur KoV II gelten als Referenzpreise für den jeweiligen Gastag die Preise in Cent pro Kilowattstunde an den dort aufgeführten Handelsplätzen.
8Nach den Vorgaben der Festlegung Gabi Gas 1.0 und § 24 der Anlage VII zur KoV VII saldiert der Marktgebietsverantwortliche im Rahmen des stündlichen Anreizsystems für jede Stunde innerhalb des Gastages die in dieser Stunde relevanten Einspeisungen in den Bilanzkreis mit den relevanten Ausspeisungen aus dem Bilanzkreis. Für eine nach der Saldierung und Anwendung der ggf. gewährten Toleranzen verbleibende Über- oder Unterspeisung hat der Bilanzkreisverantwortliche an den Marktgebietsverantwortlichen einen Strukturierungsbeitrag in Höhe von 15 % des Mittelwertes der beiden Ausgleichsenergiepreise (positive und negative Ausgleichsenergie) zu leisten.
9Mit der streitgegenständlichen Festlegung vom 19.12.2014 hat die Bundesnetzagentur Vorgaben zur Gasbilanzierung gemacht. Sie setzt die Verordnung (EU) Nr. 312/2014 vom 26.03.2014, ABl. L 91, 15, zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen um. Die Behörde hatte am 03.04.2014 ein Festlegungsverfahren eingeleitet. Insgesamt gingen bei den Fernleitungsnetzbetreibern bzw. Marktgebietsverantwortlichen 20 Stellungnahmen ein, wovon 11 auf Händler und somit potentielle Bilanzkreisverantwortliche entfielen.
10Die Festlegung verpflichtet die Markgebietsverantwortlichen Ausgleichsenergie täglich für jeden Bilanzkreis anhand des Saldos zwischen täglicher Ein- und Ausspeisung unter Heranziehung der endgültig zugeordneten Mengen zu bilden und abzurechnen. Für die Ermittlung der täglichen Ausgleichsenergieentgelte soll der Marktgebietsverantwortliche die täglichen Ausgleichsenergiemengen mit den täglichen Ausgleichsenergiepreisen unter Heranziehung des positiven Ausgleichsenergiepreises bei Unterspeisungen und des negativen Ausgleichsenergiepreises bei Überspeisungen multiplizieren und gegenüber dem Bilanzkreisverantwortlichen für jede Bilanzierungsperiode monatlich abrechnen (Tenorziffer 2 e)). Der tägliche positive Ausgleichsenergiepreis ist gemäß Tenorziffer 2 b) der höhere der beiden folgenden Preise: „höchster Preis aller Regelenergieeinkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %“. Der tägliche negative Ausgleichsenergiepreis ist der niedrigere der beiden folgenden Preise: „Niedrigster Preis aller Regelenergieverkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %“. Zur Ermittlung des höchsten bzw. niedrigsten Preises aller Regelenergieeinkäufe bzw. -verkäufe sind nur Regelenergiegeschäfte heranzuziehen, die global (MOL Rang 1) oder qualitätsspezifisch (qualitätsspezifische Produkte innerhalb der MOL Rang 2) über die relevanten Handelsplattformen EEX – European Energy Exchange AG – mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt getätigt werden (Tenorziffern 2 b) und c)).
11Tenorziffer 4 verpflichtet die Marktgebietsverantwortlichen, für jede Stunde innerhalb des Gastages die in dieser Stunde bilanzrelevanten Einspeisungen in den Bilanzkreis mit den bilanzrelevanten Ausspeisungen aus dem Bilanzkreis zu saldieren und die stündlichen Salden über den Gastag zu kumulieren. Dabei sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
12• Für RLM-Entnahmestellen ist entweder der stündliche Anteil der gleichmäßig als Tagesband über den Gastag verteilten täglichen Ist-Entnahmemenge (Untergruppe RLMmT) oder die stundenscharfe Ist-Entnahmemenge (Untergruppe RLMoT) relevant. Für beide Untergruppen wird eine Toleranz gewährt, die für jede Stunde +/-7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge beträgt (Tenorziffer 4 b) bb)).
13• Für SLP-Entnahmestellen ist der stündliche Anteil der gleichmäßig (als Tagesband) über den Gastag verteilten Tagesmenge des Standardlastprofils relevant. Eine Toleranz wird nicht gewährt (Tenorziffer 4 b) cc)).
14Ergeben die kumulierten stündlichen Salden eine Über- oder Unterspeisung unter Berücksichtigung einer eventuell zu gewährenden Toleranz, so hat der Bilanzkreisverantwortliche dem Marktgebietsverantwortlichen einen Flexibilitätskostenbeitrag in Euro je MWh zu entrichten, jedoch begrenzt auf die Tage, an denen im Marktgebiet ein gegenläufiger Regelenergieeinsatz über MOL Rang 1 vorgelegen hat und dem Marktgebietsverantwortlichen hierdurch Kosten entstanden sind (Tenorziffer 4 c) aa)). Die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrages berechnen die Marktgebietsverantwortlichen als Quotient aus den mengengewichteten Kosten der Flexibilitätsregelenergie und der Menge der Flexibilitätsregelenergie (Tenorziffer 4 c) bb)).
15Die Betroffene wendet sich gegen die Regelungen in Tenorziffer 2 und 4 der streitgegenständlichen Festlegung und meint, sie sei beschwerdebefugt, da ihr als Bilanzkreisverantwortliche aus den Regelungen zur Abrechnung der Ausgleichsenergieentgelte zwischen dem Marktgebietsverantwortlichen und dem Bilanzkreisverantwortlichen sowie der Verpflichtung zur Entrichtung eines Flexibilitätskostenbeitrags unmittelbare Abrechnungs- und Zahlungspflichten auferlegt werden, die bereits nach allgemeinen verwaltungsprozessrechtlichen Grundsätzen zu der Bejahung ihrer Adressateneigenschaft führten. Da die streitgegenständliche Festlegung Abrechnungs- und Zahlungspflichten der Betroffenen auslöse und unmittelbar negativ in ihren Rechtskreis eingreife, liege auch ein Fall der „notwendigen Beiladung“ vor.
16Mit der in Tenorziffer 2 geregelten Ermittlung und Abrechnung der Ausgleichsenergiepreise habe die Bundesnetzagentur die höherrangigen europarechtlichen Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung rechtsfehlerhaft umgesetzt.
17Die Regelungen seien von der Ermächtigungsgrundlage des Netzkodex Gasbilanzierung nicht gedeckt und daher rechtswidrig. Die Vorgaben trügen bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken - hier der bisherigen Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise anhand des GaBi-Gas-Preiskorbs - entgegen der Regelung in Ziffer 11 der Präambel des Netzkodex Gasbilanzierung keine Rechnung. Die Bundesnetzagentur verkenne, dass sich die derzeit gültigen Vorgaben der Festlegung GaBi Gas 1.0 und der KoV VII bewährt hätten.
18Die Regelungen in Tenorziffer 2 der angegriffenen Festlegung verstießen auch gegen den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 5 Abs. 4 EU, der im Netzkodex Gasbilanzierung durch Art. 19 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 1 konkretisiert werde, indem sie keine Obergrenzen für die Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und die Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen vorsähen. Das bestehende System der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergieentgelte stelle ein sachgerechteres und milderes Mittel zur Erreichung des legitimen Ziels – Verbesserung der Netzstabilität und Liquidität durch das Setzen von Anreizen - dar. Ferner stünden die potentiellen finanziellen Risiken für die Betroffene außer Verhältnis zu dem Anreizeffekt, den die Bundesnetzagentur mit der Regelung in Tenorziffer 2 erreichen wolle. Insbesondere seien die nach der geplanten neuen Systematik ermittelten Ausgleichsenergiepreise weder kostenorientiert, noch berücksichtigten sie die tatsächlich mit physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen verbundenen Preise. Denn die beiden Marktgebietsverantwortlichen unterlägen keiner Kosteneffizienzkontrolle bei der Regelenergiebeschaffung, an der sich die Ermittlung des Ausgleichsenergiepreises nach dem Willen der Bundesnetzagentur künftig orientieren solle. … (vgl. die Abbildung Seite 52 der Beschwerdebegründung, Bl. 72 GA, ebenfalls bei …, Abbildung Seite 53 der Beschwerdebegründung, Bl. 73 GA). Gleiches bestätige auch das Zahlenbeispiel der Bundesnetzagentur für den 06.01.2014 (Bl. 75 GA). Berichte und Evaluierungen ersetzten keine Kontrollmechanismen und könnten Änderungen nur für die Zukunft bewirken. Das neue Modell der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen führe zu unverhältnismäßigen, nicht kompensierten und einseitigen Preisrisiken der Bilanzkreisverantwortlichen.
19Die vorgesehene Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise verletze sie zudem in ihrem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (nachfolgend: EU-Grundrechtecharta) und in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 17 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta. Die Mitgliedsstaaten seien gemäß Art. 51 Abs. 1 S. 1 der EU-Grundrechtecharta bei der Durchführung des Rechts der Union, wie hier bei der Umsetzung einer Verordnung wie des Netzkodex Gasbilanzierung - an die Unionsgrundrechte gebunden. Verstoßen nationale Rechtsvorschriften oder Vollzugsakte im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung von Unionsrecht gegen Grundrechte der EU-Grundrechtecharta, seien sie absolut unanwendbar und daher sofort aufzuheben.
20Der Schutzbereich des Art. 16 EU-Grundrechtecharta sei eröffnet, da sie ihre Leistungen entgeltlich zur Verfügung stelle und damit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Die neue Systematik der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise greife in diesen Schutzbereich ein. Sie führe zu hohen Preisrisiken für die Betroffene, die durch keine Begrenzung abgefedert seien, da die beiden Marktgebietsverantwortlichen keiner Kosteneffizienzkontrolle bei der Regelenergiebeschaffung unterlägen, an der sich die Ermittlung des Ausgleichsenergiepreises nach dem Willen der Bundesnetzagentur künftig orientieren solle. Ohne die derzeit vorhandene Begrenzung durch die Heranziehung des zweithöchsten Kaufpreises der Referenzpreise (multipliziert mit dem Faktor 1,2) für positive Ausgleichsenergie nach dem GaBi-Gas Preiskorb schlagen Preisspitzen beim Regelenergieeinkauf durch die Marktgebietsverantwortlichen voll auf die Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen durch. Der Eingriff in den Schutzbereich sei auch rechtswidrig. Die unternehmerische Freiheit unterliege dem Vorbehalt des Art. 52 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta. Danach müsse jede Einschränkung der Ausübung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und Pflichten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Als legitime Einschränkungen gelten dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen sowie der Schutz der Rechte anderer. Des Weiteren müsse der Eingriff verhältnismäßig sein. Diese Voraussetzungen für die Rechtfertigung eines Eingriffs seien vorliegend nicht erfüllt. Die von der Bundesnetzagentur vorgesehene künftige Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen verstoße gegen die vom Netzkodex Gasbilanzierung geforderte Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken sowie gegen den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sichere nicht die dem Gemeinwohl dienende Netzstabilität und Netzintegrität.
21Des Weiteren sei sie in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 17 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta verletzt. Erfasst sei von Art. 17 EU-Grundrechtecharta jedes vermögenswerte Recht. Die Regelung in Tenorziffer 2 der Festlegung führe zu endgültigen finanziellen Nachteilen bei den Bilanzkreisverantwortlichen und verhindere durch das Binden finanzieller Mittel anderweitige Verfügungen – etwa Investitionen – was zu einer de facto Enteignung führe. Der Eingriff sei auch rechtswidrig, da die Voraussetzungen des Art. 52 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta, wie bereits ausgeführt, nicht erfüllt seien.
22Die streitgegenständliche Festlegung leide schließlich an einem unheilbaren Verfahrensmangel, da sie nicht den Begründungsanforderungen des Art. 41 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und den Vorgaben des § 1 Abs. 3 EnWG genüge. Nach dem Gedanken des effet utile und der europarechtlichen Rechtsschutzgarantien müssten die Gerichte die Systematik der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen gemäß Tenorziffer 2 ohne jede Einschränkung und ohne jede Zubilligung von Spielräumen daraufhin überprüfen können, ob die Bundesnetzagentur die Vorgaben von Ziffer 11 der Präambel und Art. 19 Abs. 3 Netzkodex Gasbilanzierung sowie den durch Art. 288 Abs. 2 Buchst. a EUV, Art. 5 Abs. 4 EU und Art. 16 und Art. 17 der EU Grundrechtecharta vermittelten Schutz zutreffend erkannt und umgesetzt haben. Da der streitgegenständlichen Festlegung nicht zu entnehmen sei, dass die Regulierungsbehörde das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigung auf Verordnungsebene - hier die Kostenorientiertheit der täglichen Ausgleichsenergieentgelte und die Berücksichtigung der mit etwaigen physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen verbundenen tatsächlichen Preise nach dem Netzkodex Gasbilanzierung – abgewogen und geprüft habe, genüge sie nicht den Begründungsanforderungen und unterliege der Aufhebung. Außerdem müsse der Begründung der Festlegung zu entnehmen sein, dass die Regulierungsbehörde erkannt habe, dass sie im EU-grundrechtsrelevanten Bereich sowie im Bereich unmittelbar verbindlichen Primärrechts agiere. Da das höherrangige EU-Recht die Heilungsklauseln einschränke, griffen auch die Regelungen des § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG nicht.
23Auch die Verpflichtung zur Einführung untertägiger Verpflichtungen mit einer Pönalisierung bilanzieller Fehlmengen durch den von dem jeweiligen Bilanzkreisverantwortlichen an den Marktgebietsverantwortlichen nach Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung zu entrichtenden Flexibilitätskostenbeitrag stelle eine überschießende und rechtsfehlerhafte Umsetzung höherrangiger europarechtlicher und nationaler Vorgaben dar.
24Es liege bereits keine Ermächtigungsgrundlage für die unter Ziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung getroffene Regelung vor. Untertägige Verpflichtungen dürften gemäß Art. 26 Abs. 2 lit. b Netzkodex Gasbilanzierung nur eingeführt und angewendet werden, wenn die von ihnen Betroffenen, hier die Bilanzkreisverantwortlichen, über zumutbare Möglichkeiten verfügten, ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten, und die Vorteile der Einführung untertägiger Verpflichtungen in Bezug auf den wirtschaftlichen und effizienten Netzbetrieb gegenüber etwaigen potentiell negativen Auswirkungen überwiegen, Art. 26 Abs. 2 lit. f Netzkodex Gasbilanzierung. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Bei RLM-Entnahmestellen, bei denen die Allokation der Gasmengen für den Gastag D auf einer Prognose beruhten, sei das Entstehen bilanzieller Flexibilitätsmengen, für die eine Pönalisierung durch den Flexibilitätskostenbeitrag erfolge, nicht zu vermeiden. Zum einen setze sich durch die Addition der stündlichen Abweichungen eine einmal entstandene Unausgeglichenheit bzw. Schieflage im Bilanzkreis von Stunde zu Stunde fort und werde in jeder Stunde innerhalb des Gastages aufs Neue, mithin mehrfach sanktioniert, obwohl verursachungsgerecht – wenn überhaupt – nur die Sanktionierung der unplanbaren Abweichungen in den Stunden wäre, in denen der höhere Bedarf entstanden sei. Aufgrund der Tagesbandallokation drohe gerade für die RLMmT-Entnahmestellen in derartigen Fällen ein tatsächlicher stündlicher Verbrauch, der den ex post ermittelten Durchschnittswert der allokierten Gasmengen bei Weitem überschreite. Gegenüber dem alten System ergäben sich so zusätzliche Kosten im sechsstelligen Bereich, ohne dass der jeweilige Bilanzkreisverantwortliche ihnen wirksam entgegentreten könne. Denn die Abweichung der allokierten von der tatsächlich verbrauchten Menge beruhe auf unvermeidlichen Prognosefehlern, die auf ein verändertes Abnahmeverhalten des Letztverbrauchers – z.B. aufgrund von unvorhergesehenen Anlageneinsätzen oder nicht planbaren Produktionsausfällen – zurückzuführen seien.
25Für die RLMoT-Entnahmestellen könne die stundenscharf gemessene Allokation die unvorhergesehenen Abweichungen im tatsächlichen Verbrauch auch nicht abbilden. Die Toleranz in Höhe von +/- 7,5 Prozent sei in beiden Fällen (Unterspeisung und Überspeisung) zu niedrig angesetzt. Auch insoweit komme es durch das untertägige Anreizsystem mit der Addition stündlicher Abweichungen zu einer unvermeidlichen Pönalisierung des Bilanzkreisverantwortlichen.
26Dies gelte gleichermaßen für die Kundengruppe SLP (Haushaltskunden, Gewerbe- Handels- und Dienstleistungsbereich) in beiden Verfahren (analytisches und synthetisches SLP-Verfahren). Die Bundesnetzagentur lasse außer Acht, dass die meisten Einflussfaktoren, auf denen die Prognose beruhe, nicht beeinflussbar oder planbar seien. Dennoch sollen die Bilanzkreisverantwortlichen für Fehler – etwa bei der Temperaturprognose oder im Falle eines geänderten Abnahmeverhaltens des Letztverbrauchers – nach dem Willen der Bundesnetzagentur durch die Erhebung des Flexibilitätskostenbeitrags in die Verantwortung genommen werden, obwohl diese Abweichungen unvermeidbar seien. Besonders in der Übergangsjahreszeit (Frühjahr, Herbst) mit teils extremen Temperaturschwankungen und Temperaturstürzen, in der sich das tatsächliche Verbrauchsverhalten der Kundengruppe SLP ganz anders darstelle als das auf der Grundlage der SLP-Verfahren prognostizierte Verbrauchsverhalten, sei es den Bilanzkreisverantwortlichen praktisch unmöglich, ihren jeweiligen Bilanzkreis ausgeglichen zu halten. Die auf unbeständiges Wetter zurückzuführenden Temperatur- und Verbrauchsschwankungen würden von den Tagesmitteltemperaturen auf der Grundlage der bestehenden Temperaturprofile nicht hinreichend genau abgebildet, so dass es zu Abweichungen des prognostizierten Bedarfs und der auf der Basis dieser Prognose allokierten Menge von der tatsächlich verbrauchten Menge von bis zu 50 % kommen könne. Verbesserungen seien nur mit aktualisierten und modifizierten Vorgaben zu erreichen, wie sie im gemeinsamen Leitfaden des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW), des VKU sowie des GEODE zur Verbesserung der SLP-Verfahren im Gas vorgeschlagen würden.
27Eine Ermächtigungsgrundlage fehle auch deshalb, weil die Bundesnetzagentur für den Flexibilitätskostenbeitrag eine Kappungsgrenze, wie sie derzeit für den Strukturierungsbeitrag bei 15 % des mittleren Ausgleichsenergiepreises des jeweiligen Tages eingezogen sei, gerade nicht mehr vorsehe, was die finanziellen Nachteile zusätzlich verschärfe.
28Die Voraussetzung des Art. 26 Abs. 5 lit. a Netzkodex Gasbilanzierung, wonach untertägige Verpflichtungen unter Berücksichtigung der Merkmale des jeweiligen nationalen Netzes notwendig sein müssten und nicht zu unverhältnismäßigen negativen Auswirkungen führen dürften, sei vorliegend ebenfalls nicht erfüllt. Das nationale Gasnetz mache untertägige Verpflichtungen mit keiner (SLP) bzw. einer (zu) niedrig angesetzten Toleranz von +/- 7,5 % (RLM) und der Erhebung des Flexibilitätskostenbeitrages durch die Marktgebietsverantwortlichen gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen keines Wegs „notwendig“, wie die Abbildungen Seite 90 der Beschwerdebegründung, Bl. 110 GA, veranschaulichten,….
29Die Einführung des in Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung vorgesehenen untertägigen Anreizsystems diene entgegen Ziffer 2 der Präambel und Art. 11 Abs. 1 des Netzkodex Gasbilanzierung weder der Netzintegrität und Liquidität, noch minimiere sie die Durchführung physikalischer Bilanzierungsmaßnahmen.
30Da eine Minimierung physikalischer Bilanzierungsmaßnahmen aufgrund der zwangsläufigen Abweichungen zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Bedarf an den Entnahmestellen RLM sowie SLP schon nicht erzielt werden könnten, leiste die Regelung in Tenorziffer 4 keinen Beitrag zur Netzintegrität/Netzstabilität.
31Darüber hinaus sei eine Verbesserung der Liquidität für die Marktgebiete der Marktgebietsverantwortlichen auch nicht erforderlich. Dies sei nur bei den illiquiden Gasmärkten mit geringer Marktreife der Fall. Für die Marktgebiete … bestehe indes ein bewährtes nationales Bilanzierungssystem. Flexibilität könne in hohem Maße marktpreisbasiert über liquide und stetig verfügbare Regelenergieprodukte gehandelt werden. Im Vergleich zu anderen Ländern (Großbritannien, Frankreich) verfüge Deutschland über wesentlich höhere Gasspeichervolumina bei gleichzeitig hoher Ein– und Ausspeicherleistung. Eine Gefährdung der Netzintegrität und Versorgungssicherheit sei daher ausgeschlossen. Das aktuelle nationale System sei ein bewährtes System. Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung stelle damit eine Systemverschlechterung dar. Auch die Liquidität auf dem Strommarkt werde durch die untertägigen Verpflichtungen nicht erhöht, sondern im Gegenteil reduziert.
32Zudem komme es bei den Bilanzkreisverantwortlichen zu einem Verlust von Liquidität im weiteren Sinne, da durch die stündliche erneute Abrechnung bereits gezahlter kumulierter Abweichungen Kosten in Höhe von … gegenüber … Strukturierungsbeitrag im alten System entstünden (Anlage Bf 6 Seite 2).
33Darüber hinaus dürften untertägige Verpflichtungen mit einer Pönalisierung bilanzieller Fehlmengen durch einen von den Bilanzkreisverantwortlichen zu entrichtenden Flexibilitätskostenbeitrag gemäß Art. 26 Abs. 2 lit. b Netzkodex Gasbilanzierung nur eingeführt und angewendet werden, wenn die von ihnen Betroffenen, hier die Bilanzkreisverantwortlichen, über zumutbare Möglichkeiten verfügten, ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten, und die Vorteile der Einführung untertägiger Verpflichtungen in Bezug auf den wirtschaftlichen und effizienten Netzbetrieb gegenüber etwaigen potentiell negativen Auswirkungen überwiegen, Art. 26 Abs. 2 lit. f Netzkodex Gasbilanzierung.
34Auch insoweit verletze die neue Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung den Netzkodex Gasbilanzierung und verstoße damit gegen Art. 288 Abs. 2 AEUV. Statt zu einer Anreizwirkung führe sie zu einer übermäßigen finanziellen Belastung der Bilanzkreisverantwortlichen, in dem aufgrund der Kumulierung der stündlichen Salden über den Gastag bereits eine einmalige Überschreitung der Toleranzschwelle einen fortgeschriebenen Schiefstand des jeweiligen Bilanzkreises mit der entsprechenden Pönalisierung bedinge.
35Schließlich dürften gemäß Art. 26 Abs. 1 lit. a) Netzkodex Gasbilanzierung untertägige Verpflichtungen und damit verbundene Entgelte den Eintritt neuer Netznutzer in den Gasmarkt nicht unangemessen beschränken. Die Bundesnetzagentur stelle demgegenüber selbst in ihrer Begründung fest, dass die Einführung einer untertägigen Verpflichtung eine Einschränkung der Netznutzer darstelle. Fehlerhaft komme sie indes dann zu der Annahme, dass die in der Festlegung vorgegebene Toleranz von +/-7,5 % ausreiche. Das Gegenteil sei der Fall. Möglichkeiten, die aus den gemessenen stündlichen Mengen entstehenden Differenzen innerhalb des beabsichtigten Flexibilitätsrahmens auszugleichen, bestünden nicht. Vielmehr müssten auch neue Marktteilnehmer fortlaufend den Flexibilitätskostenbeitrag entrichten. Dies stelle eine Einschränkung des Markteintritts dar.
36Das untertägige Anreizsystem verletze auch den europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit, da es zu einer Ungleichbehandlung der Bilanzkreisverantwortlichen untereinander führe. Die Regelung lasse unberücksichtigt, dass nicht alle Bilanzkreise dieselbe Größe oder dieselbe Kundenstruktur aufwiesen. Der zu niedrige Schwellenwert von +/-7,5 Prozent für zulässige Abweichungen sei für Bilanzkreisverantwortliche mit kleineren Portfolien und wenigen größeren RLM-Kunden praktisch nicht einzuhalten. Ein kleinerer Bilanzkreisverantwortlicher könne Ausfälle oder Änderungen im Letztverbrauch schon statistisch deutlich schlechter kompensieren und erleide im Vergleich mit größeren Bilanzkreisverantwortlichen daher Nachteile.
37Die Einführung untertägiger Verpflichtungen mit der Pönalisierung bilanzieller Fehlmengen sei mit dem europarechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar. Sie sei, wie dargelegt, nicht geeignet, das Ziel – Wahrung der Netzintegrität und Netzstabilität durch ausgeglichene Bilanzierungsportfolios und die Minimierung von physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen – zu erreichen. Weiterhin sei vor dem Hintergrund des ausbleibenden Effekts ausgeglichener Bilanzkreise die kostenintensive Anpassung in den IT-Systemen der Betroffenen unverhältnismäßig.
38Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung verletze die Betroffene zudem in ihrem Grundrecht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 der EU-Grundrechtecharta. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 16 EU-Grundrechtecharta liege deshalb vor, weil im Falle einer für die Bilanzkreisverantwortlichen nicht vorhersehbaren und unvermeidlichen untertägigen Veränderung des Gasbedarfs an den RLM-Entnahmestellen eine Anpassung bzw. Korrektur ohne Pönalisierung durch den Flexibilitätskostenbeitrag unmöglich sei. Die Einführung untertägiger Verpflichtungen mit der gleichzeitigen Vorgabe der Tagungsbandallokation führe dazu, dass bei kurzfristigen oder aufgrund der Prognoseungenauigkeit unvermeidbaren Laständerungen nach einer untertägigen Anpassung der Einspeisung eine Überschreitung der von der Bundesnetzagentur zu niedrig angesetzten bzw. nicht gewährten Toleranz nicht zu verhindern sei. Abweichungen würden zulasten der Bilanzkreisverantwortlichen faktisch mehrmals abgerechnet bzw. mehrmals pönalisiert. Unberücksichtigt bleibe, dass auf diese Weise ein einmaliger Schiefstand fortgeschrieben werde. Wie bereits ausgeführt lägen die Kosten bei angenommenen Kosten von … gegenüber … bei Berechnung des Strukturierungsbeitrages nach dem alten System (Anlage BF 6 Seite 2). Hinzu kämen notwendige, kostenintensive Anpassungen in den IT Systemen der Betroffenen. Der Grundrechtseingriff sei auch nicht gerechtfertigt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des Netzkodex Gasbilanzierung seien nicht erfüllt. Die Bundesnetzagentur habe zudem nicht dargelegt, dass Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung zur Sicherstellung der Netzintegrität durch ausgeglichene Bilanzportfolios und zur Minimierung des Regelenergieeinsatzes geeignet und notwendig sei. Im Gegenteil stehe der pönale Charakter der Maßnahme im Vordergrund, während kein konstruktiver Anreiz für ausgeglichene Bilanzkreise geschaffen werde.
39Ebenfalls sei sie durch Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 17 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta verletzt. Die finanziellen Nachteile führten zu einer vollständigen Eigentumsentziehung, die Bindung von Mitteln, die anderweitige Verfügungen – etwa Investitionen – verhindere, zumindest zu einer de-facto-Enteignung. Als minus sei auch eine Einschränkung des Eigentums in Form der Regelungen seiner Nutzung gegeben, etwa hinsichtlich der aus der Einführung der untertägigen Verpflichtungen resultierenden Notwendigkeit einer kostenintensiven Anpassung in den IT Systemen sowie im Hinblick auf die steigenden Anforderungen an das Liquiditätsmanagement, etwa bezüglich der Bereithaltung von Mitteln. Schließlich verletze die Bundesnetzagentur auch Schutz- und Ausgleichspflichten in Form des Gebots staatlicher Neutralität am Markt, Unternehmensschutz und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Eine Rechtfertigung für den Eingriff liege nicht vor. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage seien, wie zuvor ausgeführt, nicht erfüllt.
40Schließlich werde durch die Regelung der allgemeine Gleichheitsgrundsatz vor dem Gesetz gemäß Art. 20 EU-Grundrechtecharta verletzt. Die Bilanzkreisverantwortlichen würden durch Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung – wie dargelegt - untereinander ungleich behandelt. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht gegeben.
41Auch die formalen Anforderungen seien nicht erfüllt. Es liege eine Verletzung von Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung i.V.m. Art. 26 Abs. 5 Netzkodex Gasbilanzierung vor, da eine Einbeziehung bzw. Konsolidierung der in ihren Interessen betroffenen Bilanzkreisverantwortlichen in der Erarbeitung des Empfehlungsdokuments der Fernleitungsnetzbetreiber und Marktgebietsverantwortlichen vom 03.03.2014 nicht erfolgt sei und so die Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung – wie zuvor ausgeführt – verkannt worden seien. Die nach Art. 26 Abs. 5 des Netzkodex Gasbilanzierung vor Übersendung des endgültigen Vorschlags erforderliche umfassende Analyse der Notwendigkeit untertägiger Verpflichtungen, der voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen auf die Netznutzer, der Auswirkungen auf neue Netznutzer, einschließlich unverhältnismäßiger negativer Auswirkungen und des diskriminierungsfreien Charakters der untertägigen Verpflichtungen sei aus diesem Grunde in rechtswidriger Weise unvollständig geblieben. Es bestehe insoweit auch eine volle richterliche Kontrolldichte, insbesondere auch hinsichtlich des Begriffs der „Notwendigkeit der Einführung untertägiger Verpflichtungen“. Um diese zu ermöglichen, unterliege die nationale Regulierungsbehörde bei der Umsetzung des Netzkodex Gasbilanzierung besonderen Begründungsanforderungen. Solche ergeben sich auch aus 41 Abs. 2 Unterabschnitt 3 der EU-Grundrechtecharta. Die Bundesnetzagentur begründe indes nicht hinreichend, dass sie das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigung auf Verordnungsebene – hier die Notwendigkeit von Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung für ausgeglichene Bilanzierungsportfolios und die Minimierung des Regelenergieeinsatzes sowie - damit einhergehend - für die Integrität und Stabilität des Gasnetzes abgewogen und geprüft habe. Auch aus diesem Grunde unterliege die Festlegung der Aufhebung. Insbesondere greife die Regelung des § 45 VwVfG nicht ein, da das höherrangige Recht diese Heilungsklausel einschränke.
42Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Netzkodex Gasbilanzierung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV sei im Kollisionsfall jede entgegenstehende Bestimmung mitgliedschaftlichen Rechts unanwendbar, Einzelakte seien unwirksam und dürften nicht vollzogen werden. Da die streitgegenständliche Festlegung weder mit dem Netzkodex Gasbilanzierung und Art. 288 Abs. 2 AEUV, noch mit dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar sei, verletzte sie primäres und sekundäres Recht der Union und sei nicht vollziehbar.
43Sollte der Senat die Tenorziffern 2 und 4 der streitgegenständlichen Festlegung mit dem EU-Recht für vereinbar halten, sei er zur Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 1 und 2 AEUV zur Klärung der Frage, ob Tenorziffer 2 und 4 der streitgegenständlichen Festlegung mit dem Netzkodex Gasbilanzierung und Art. 288 Abs. 2 AEUV sowie mit dem europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit und dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip vereinbar sei, verpflichtet. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise bestehende Vorlagepflicht lägen vor. Der EuGH gehe bereits dann von einer Vorlageverpflichtung auch der unteren Instanzen aus, wenn es um die Gültigkeit nationaler Maßnahmen gehe, die zur Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung im Rahmen eines einheitlichen unionsrechtlichen Systems zur besseren wirtschaftlichen Koordinierung und Harmonisierung innerhalb der EU ergehen. So liege der Fall hier. Der Netzkodex Gasbilanzierung diene nach Ziffer 1 der Präambel der Vollendung eines vollvernetzten Energiebinnenmarktes, der zur nachhaltigen Energieversorgung für die Wirtschaft der Europäischen Union beitrage. Der EuGH habe zudem die alleinige Entscheidungskompetenz, wenn es um die Frage der Vereinbarkeit eines Exekutivaktes einer mitgliedsstaatlichen Behörde mit dem europarechtlichen Prinzip der Diskriminierungsfreiheit und dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 Abs. 4 EU gehe und das nationale Gericht zu dem Ergebnis komme, dass der nationale Exekutivakt zur Durchführung einer EU-Verordnung mit diesen höherrangigen europarechtlichen Vorgaben des Primärrechts vereinbar sei. Die letztverbindliche Auslegungszuständigkeit für das Unionsrecht liege ausschließlich beim EuGH. Die Frage der Vereinbarkeit sei auch entscheidungserheblich.
44Sollte der Senat im Hinblick auf die Grundrechte der EU-Grundrechtecharta der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur fehlenden Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts und juristischer Personen des Privatrechts mit Beteiligung der öffentlichen Hand im Bereich der Grundrechte des Grundgesetzes folgen wollen, werde hilfsweise mit dem Antrag zu III.2 beantragt, das vorliegende Verfahren auszusetzen und die Frage der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des privaten Rechts mit gänzlicher, überwiegender oder teilweiser Beteiligung der öffentlichen Hand, im Hinblick auf die hier einschlägigen aufgeführten Grundrechte der EU-Grundrechtecharta im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 A EUV vorzulegen. Bezüglich der Frage der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des privaten Rechts mit gänzlicher, überwiegender oder teilweiser Beteiligung der öffentlichen Hand bestehe für den Fall, dass der Senat die Grundrechtsfähigkeit verneinen solle, eine Vorlagepflicht schon aus dem Grunde, weil der Senat in diesem Fall von der – allerdings bislang nicht ausdrücklich entschieden, sondern nur im Rahmen eines obiter dictum geäußerten – gegenteiligen Auffassung des EuGH abweichen würde. Die Vorlagefrage sei auch entscheidungserheblich.
45Die Betroffene beantragt,
46- 47
I. die Festlegung der Beschwerdegegnerin zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GABi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, in Tenorziffer 2 und Tenorziffer 4 vollständig und in Tenorziffer 11 insoweit aufzuheben, als sie die Betroffene verpflichtet, Tenorziffer 2 und Tenorziffer 4 dieser Festlegung anzuwenden und – soweit erforderlich – in die betroffenen abgeschlossenen sowie in neu abzuschließende Verträge aufzunehmen;
- 49
II. festzustellen, dass Tenorziffer 2, Tenorziffer 4 sowie Tenorziffer 11 (im Umfang der vorstehenden Ziffer I.) der Festlegung der Bundesnetzagentur zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GaBi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, nicht vollziehbar sind;
- 51
III. hilfsweise zu Ziffer I:
- 53
1. Für den Fall, dass das angerufene Gericht Tenorziffer 2, Tenorziffer 4 und Tenorziffer 11 (im Umfang des Antrags zu Ziffer I.) der Festlegung der Beschwerdegegnerin zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GaBi Gas 2.0), Beschluss vom 19.12.2014, Az.: BK7-14-020, für mit der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen und Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie mit Art. 5 Abs. 4 des Vertrages über die Europäische Union vereinbar hält, das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorzulegen:
- Stehen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26. März 2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen, Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art. 5 Abs. 4 des Vertrages über die Europäische Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26. März 2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde erlassen wurde und für die Ermittlung und Abrechnung der Ausgleichsenergie durch die Marktgebietsverantwortlichen unter anderem folgende Vorgaben macht,
55Der Ausgleichsenergiepreis wird wie folgt ermittelt:
56Der tägliche positive Ausgleichsenergiepreis ist der höhere der beiden folgenden Preise: „höchster Preis aller Regelenergieeinkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung von 2 Prozent“;
57Der tägliche negative Ausgleichsenergiepreis ist der niedrigere der beiden folgenden Preise: „niedrigster Preis aller Regelenergieverkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 Prozent“;
58Für die Ermittlung der täglichen Ausgleichsenergieentgelte multipliziert der Marktgebietsverantwortliche die täglichen Ausgleichsenergiemengen mit den täglichen Ausgleichsenergiepreisen. Die Ausgleichsenergiemengen werden unter Heranziehung des positiven Ausgleichsenergiepreises bei Unterspeisungen und des negativen Ausgleichsenergiepreises bei Überspeisungen zwischen dem Marktgebietsverantwortlichen und dem Bilanzkreisverantwortlichen für jede Bilanzierungsperiode monatlich abgerechnet;
59und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen System zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen abweicht, in dem die Preisbildung für die Ausgleichsenergie auf der Grundlage von in der Höhe nach unten (negativer Ausgleichsenergiepreis) und oben (positiver Ausgleichsenergiepreis) begrenzter Referenzpreise erfolgt?
60- Stehen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen, Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art. 5 Abs. 4 des Vertrages über die Europäische Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde erlassen wurde und vorsieht, dass die Marktgebietsverantwortlichen verpflichtet sind, untertägige Verpflichtungen einzuführen, die die Tagesbilanzierung unberührt lassen, wenn diese nationale Regelung für die untertägigen Verpflichtungen unter anderem folgende Vorgaben macht,
61Die Marktgebietsverantwortlichen haben für jede Stunde innerhalb des Gastages die in dieser Stunde bilanzrelevanten Einspeisungen in den Bilanzkreis mit den bilanzrelevanten Ausspeisungen aus dem Bilanzkreis zu saldieren. Die stündlichen Salden sind über den Gastag zu kumulieren;
62Es sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
63Für Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung ist entweder der stündliche Anteil der gleichmäßig (als Tagesband) über den ganzen Gastag verteilten täglichen Ist-Entnahmemenge (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband) oder die stundenscharfe Ist-Entnahmemenge (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung ohne Tagesband) relevant. Unter Ist-Entnahmemenge ist die allokierte Entnahmemenge zu verstehen. Für beide Untergruppen wird eine Toleranz gewährt. Die Höhe der Toleranz beträgt für jede Stunde +/- 7,5 Prozent der ausgespeisten Tagesmenge;
64Ausspeisungen an RLM-Entnahmestellen unterfallen grundsätzlich der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband. Der Bilanzkreisverantwortliche bevollmächtigt den Transportkunden, gegenüber dem Netzbetreiber zu erklären, dass eine oder mehrere Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung seines Bilanzkreises der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband nicht angehören sollen. In diesem Fall finden auf die betroffenen Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung die Regelungen der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung ohne Tagesband Anwendung. Die Erklärung des Bilanzkreisverantwortlichen bzw. des Transportkunden ist für den Marktgebietsverantwortlichen verbindlich;
65Für Entnahmestellen der Standardlastprofilverfahren ist der stündliche Anteil der gleichmäßig (als Tagesband) über den ganzen Gastag verteilten Tagesmenge des Standardlastprofils relevant. Eine Toleranz wird nicht gewährt;
66Ergeben die kumulierten stündlichen Salden eine Über- oder Unterspeisung unter Berücksichtigung einer eventuell zu gewährenden Toleranz (bilanzielle Flexibilitätsmenge), so hat der Bilanzkreisverantwortliche dem Marktgebietsverantwortlichen einen Flexibilitätskostenbeitrag in Euro je MWh zu entrichten;
67Der Flexibilitätskostenbeitrag wird von den Marktgebietsverantwortlichen an den Tagen erhoben, an denen in ihrem Marktgebiet ein gegenläufiger Regelenergieeinsatz (Einkauf und Verkauf von Regelenergie) vorgelegen hat und dem Marktgebietsverantwortlichen hierdurch Kosten entstanden sind. An Gastagen, an denen diese Kriterien nicht erfüllt werden, ist kein Flexibilitätskostenbeitrag zu erheben;
68Die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrages berechnen die Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag als Quotient aus den mengengewichteten Kosten der Flexibilitätsregelenergie und der Menge der Flexibilitätsregelenergie;
69und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen System der Tagesbilanzierung abweicht, in dem für die Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband) von den Bilanzkreisverantwortlichen erst ab Überschreitung eines Schwellenwertes für eine zulässige Überspeisung und Unterspeisung von +/- 15 Prozent Abweichung der allokierten von der tatsächlich ausgespeisten Gasmenge ein Strukturierungsbeitrag an den jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen in Höhe von 15 Prozent des mittleren Ausgleichsenergiepreises des jeweiligen Gastages zu entrichten ist und in dem ferner für Abweichungen an den Entnahmestellen des Standardlastprofilverfahrens kein Strukturierungsbeitrag anfällt, sofern durch die Einführung dieser untertägigen Verpflichtungen ausgeglichenere Bilanzkreise sowie eine Minimierung der Durchführung von physikalischen Maßnahmen nicht zu erreichen sind?
70- 71
2. Für den Fall, dass das angerufene Gericht die Grundrechtsberechtigung der Betroffene im Hinblick auf die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26.03.2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen durch die Beschwerdegegnerin verneinen sollte und/oder Tenorziffer 2, Tenorziffer 4 und Tenorziffer 11 im Umfang des Antrags zu Ziffer I. der Festlegung der Beschwerdegegnerin zur Bilanzierung Gas (Umsetzung Netzkodex Gasbilanzierung, GaBi Gas 2.0), Beschluss vom 19. Dezember 2014, Az.: BK7-14-020 für mit den Grundrechten der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar hält, das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorzulegen:
- Können sich juristische Personen des nationalen privaten Rechts eines Mitgliedstaates, an denen die öffentliche Hand ganz, überwiegend oder teilweise beteiligt ist, auf die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berufen, wenn die nationale Regulierungsbehörde eines Mitgliedstaates im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung der Europäischen Union gemäß Art. 288 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen Exekutivakt erlässt, der gegenüber diesen juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates in ihre Grundrechte aus Art. 16, Art. 17 Abs. 1 und Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingreift?
73- Stehen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26. März 2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates erlassen wurde und für die Ermittlung und Abrechnung der Ausgleichsenergie durch die Marktgebietsverantwortlichen unter anderem folgende Vorgaben macht,
74Der Ausgleichsenergiepreis wird wie folgt ermittelt:
75Der tägliche positive Ausgleichsenergiepreis ist der höhere der beiden folgenden Preise: „höchster Preis aller Regelenergieeinkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung von 2 Prozent“;
76Der tägliche negative Ausgleichsenergiepreis ist der niedrigere der beiden folgenden Preise: „niedrigster Preis aller Regelenergieverkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 Prozent“;
77Für die Ermittlung der täglichen Ausgleichsenergieentgelte multipliziert der Marktgebietsverantwortliche die täglichen Ausgleichsenergiemengen mit den täglichen Ausgleichsenergiepreisen. Die Ausgleichsenergiemengen werden unter Heranziehung des positiven Ausgleichsenergiepreises bei Unterspeisungen und des negativen Ausgleichsenergiepreises bei Überspeisungen zwischen dem Marktgebietsverantwortlichen und dem Bilanzkreisverantwortlichen für jede Bilanzierungsperiode monatlich abgerechnet;
78und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen System zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen abweicht, in dem die Preisbildung für die Ausgleichsenergie auf der Grundlage von in der Höhe nach unten (negativer Ausgleichsenergiepreis) und oben (positiver Ausgleichsenergiepreis) begrenzter Referenzpreise erfolgt?
79- Stehen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit gemäß Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, des Eigentumsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einer nationalen Regelung entgegen, die im Rahmen der Durchführung bzw. Umsetzung der Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission vom 26. März 2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen von der nationalen Regulierungsbehörde gegenüber juristischen Personen des privaten Rechts eines Mitgliedstaates erlassen wurde und vorsieht, dass die Marktgebietsverantwortlichen verpflichtet sind, untertägige Verpflichtungen einzuführen, die die Tagesbilanzierung unberührt lassen, wenn diese nationale Regelung für die untertägigen Verpflichtungen unter anderem folgende Vorgaben macht,
80Die Marktgebietsverantwortlichen haben für jede Stunde innerhalb des Gastages die in dieser Stunde bilanzrelevanten Einspeisungen in den Bilanzkreis mit den bilanzrelevanten Ausspeisungen aus dem Bilanzkreis zu saldieren. Die stündlichen Salden sind über den Gastag zu kumulieren;
81Es sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
82Für Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung ist entweder der stündliche Anteil der gleichmäßig (als Tagesband) über den ganzen Gastag verteilten täglichen Ist-Entnahmemenge (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband) oder die stundenscharfe Ist-Entnahmemenge (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung ohne Tagesband) relevant. Unter Ist-Entnahmemenge ist die allokierte Entnahmemenge zu verstehen. Für beide Untergruppen wird eine Toleranz gewährt. Die Höhe der Toleranz beträgt für jede Stunde +/- 7,5 Prozent der ausgespeisten Tagesmenge;
83Ausspeisungen an RLM-Entnahmestellen unterfallen grundsätzlich der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband. Der Bilanzkreisverantwortliche bevollmächtigt den Transportkunden, gegenüber dem Netzbetreiber zu erklären, dass eine oder mehrere Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung seines Bilanzkreises der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband nicht angehören sollen. In diesem Fall finden auf die betroffenen Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung die Regelungen der Untergruppe Registrierende Leistungsmessung ohne Tagesband Anwendung. Die Erklärung des Bilanzkreisverantwortlichen bzw. des Transportkunden ist für den Marktgebietsverantwortlichen verbindlich;
84Für Entnahmestellen der Standardlastprofilverfahren ist der stündliche Anteil der gleichmäßig (als Tagesband) über den ganzen Gastag verteilten Tagesmenge des Standardlastprofils relevant. Eine Toleranz wird nicht gewährt;
85Ergeben die kumulierten stündlichen Salden eine Über- oder Unterspeisung unter Berücksichtigung einer eventuell zu gewährenden Toleranz (bilanzielle Flexibilitätsmenge), so hat der Bilanzkreisverantwortliche dem Marktgebietsverantwortlichen einen Flexibilitätskostenbeitrag in Euro je MWh zu entrichten;
86Der Flexibilitätskostenbeitrag wird von den Marktgebietsverantwortlichen an den Tagen erhoben, an denen in ihrem Marktgebiet ein gegenläufiger Regelenergieeinsatz (Einkauf und Verkauf von Regelenergie) vorgelegen hat und dem Marktgebietsverantwortlichen hierdurch Kosten entstanden sind. An Gastagen, an denen diese Kriterien nicht erfüllt werden, ist kein Flexibilitätskostenbeitrag zu erheben;
87Die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrages berechnen die Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag als Quotient aus den mengengewichteten Kosten der Flexibilitätsregelenergie und der Menge der Flexibilitätsregelenergie;
88und damit von einem bewährten mitgliedstaatlichen System der Tagesbilanzierung abweicht, in dem für die Entnahmestellen der Registrierenden Leistungsmessung (Untergruppe Registrierende Leistungsmessung mit Tagesband) von den Bilanzkreisverantwortlichen erst ab Überschreitung eines Schwellenwertes für eine zulässige Überspeisung und Unterspeisung von +/- 15 Prozent Abweichung der allokierten von der tatsächlich ausgespeisten Gasmenge ein Strukturierungsbeitrag an den jeweiligen Marktgebietsverantwortlichen in Höhe von 15 Prozent des mittleren Ausgleichsenergiepreises des jeweiligen Gastages zu entrichten ist und in dem ferner für Abweichungen an den Entnahmestellen des Standardlastprofilverfahrens kein Strukturierungsbeitrag anfällt, sofern durch die Einführung dieser untertägigen Verpflichtungen ausgeglichenere Bilanzkreise sowie eine Minimierung der Durchführung von physikalischen Maßnahmen nicht zu erreichen sind.
89- 90
IV. H i l f s w e i s e zu Ziffer I., II. und III:
Für den Fall einer ungünstigen Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
92Die Bundesnetzagentur beantragt,
93die Beschwerde zurückzuweisen.
94Die Bundesnetzagentur trägt vor, die Betroffene sei nicht beschwerdebefugt. Sie sei nicht Adressatin der Festlegung, da ihr aus den angegriffenen Tenorziffern keine unmittelbaren Abrechnungs- und Zahlungspflichten entstünden und Adressat nur derjenige sei, der unmittelbar durch die Festlegung betroffen werde. Tenorziffern 2 und 4 seien eindeutig nur an die Marktgebietsverantwortlichen adressiert, nur diese träfen die dort genannten Verpflichtungen. Die Regelung in Tenorziffer 11 der Festlegung bestätige, dass nur Marktgebietsverantwortliche (sowie Fern- und Verteilernetzbetreibern) verpflichtet werden, indem sie eine Umsetzung durch Aufnahme der Regelungen in bestehende oder abzuschließende Verträge vorsehe. Ohne eine solche Umsetzung fehle es an der unmittelbaren Betroffenheit der Betroffenen.
95Es liege auch kein Fall der notwendigen Beiladung vor, da aufgrund der fehlenden unmittelbaren Wirkung der Festlegung nicht unmittelbar in den Rechtskreis der Betroffenen eingegriffen werde. Hierzu bedürfe es noch der vertraglichen Umsetzung der Festlegung.
96Mit den Regelungen zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen setze sie die Vorgaben aus dem Netzkodex Gasbilanzierung formell und materiell rechtmäßig um.
97Die Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken sei zunächst keine Vorgabe des Netzkodex Gasbilanzierung. Ziffer 11 der Erwägungen zum Netzkodex Gasbilanzierung enthalte lediglich eine Sollvorschrift. Gegenstand seien zudem nicht die „bewährten Bilanzierungspraktiken“, sondern „die bewährten Praktiken und Bemühungen zur Harmonisierung der Prozesse für die Durchführung dieser Verordnung“.
98Gleichwohl habe sie die bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken berücksichtigt. Die Methodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise mit den beiden Preiselementen, dem Preis aller Regelenergieeinkäufe bzw. Regelenergieverkäufe und dem mengengewichteten Gasdurchschnittspreis, sei eine verbindliche Vorgabe des Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung. Spielräume, die einer Konkretisierung durch die nationale Umsetzung bedürften, verblieben lediglich hinsichtlich der zu berücksichtigenden Regelenergieprodukte sowie hinsichtlich der Höhe der „kleinen Anpassung“, d.h. des Auf- bzw. Abschlags auf den mengengewichteten Gasdurchschnittspreis. Gewisse Unvorhersehbarkeiten und Unplanbarkeiten bestünden daher durch die verpflichtende Anwendung dieser klaren Methodik lediglich hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der erzielten Ausgleichsenergieentgelte, da die Regelenergiepreise und auch mengengewichteten Gasdurchschnittspreise eine gewisse Schwankung erfahren können. Doch genau das sei auch in einem gewissen Maß notwendig, um ausreichend Anreize für die Bilanzkreisverantwortlichen zum Ausgleich ihrer Bilanzkreise zu setzen. Im Rahmen der Ausgestaltung dieser Spielräume und ihres damit verbundenen Ermessens habe sie bewährte nationale Bilanzierungspraktiken berücksichtigt. Die zu berücksichtigenden Produkte seien auf die globalen (MOL Rang 1) oder qualitätsspezifischen (qualitätsspezifische Produkte innerhalb der MOL Rang 2) Regelenergiegeschäfte über die relevanten Handelsplattformen mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt beschränkt worden. Im Ergebnis seien ortsabhängige und somit lokale Produkte bei der Ermittlung des ersten Preiselements nicht einzubeziehen. Die Höhe der kleinen Anpassung sei auf 2 % festgelegt worden. Eine vergleichbare Spreizung habe es auch im bisherigen System gegeben. Damit sei der in der Vergangenheit beobachteten Notwendigkeit Rechnung getragen, auf der einen Seite zwar ausreichend hohe Anreize zu einem Ausgleich der Bilanzkreise zu setzen, auf der anderen Seite aber auch nicht zu hohe Ausgleichsenergieentgelte zu verursachen, die nicht dem Kriterium der Kostenorientierung entsprechen bzw. eine zu hohe Belastung für die Netznutzer bedeuten.
99Die Ausgestaltung der Ausgleichsenergieentgelte sei auch verhältnismäßig.
100Die Betroffene verkenne in Ihren Ausführungen, dass die konkrete Methodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise mit den beiden Preiselementen bereits durch die Regelungen des Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung vorgegeben sei. Die geringen Spielräume habe sie verhältnismäßig umgesetzt. Im Rahmen der beiden Konsultationsrunden hätten sich mit einer Ausnahme alle Marktakteure gegen die Berücksichtigung lokaler Produkte bei der Ermittlung der Ausgleichsenergieentgelte ausgesprochen. Mit der Nichtberücksichtigung lokaler Energieprodukte im Rahmen des ersten Preiselements sei sie den Marktteilnehmern insbesondere zur Vermeidung eventuell unsachgerechter Preisverzerrungen aufgrund sehr hoher Preisspitzen bei den Ausgleichsenergiepreisen und zur Berücksichtigung des Kriteriums der Kostenorientierung entgegengekommen.
101Die Betroffene verkenne, dass auch bei dem bisherigen System die Ausgleichsenergiepreise durch die Bindung an vier Handelspreise gewissen Unvorhersehbarkeiten und Unplanbarkeiten unterworfen seien.
102Die Bilanzkreisverantwortlichen hätten auch bei dem neuen Anreizsystem Handlungs- und Planungsspielräume. Sie hätten die Möglichkeit, ihre Bilanzkreise so zu bewirtschaften, dass diese ausgeglichen seien. Durch die hohen Transparenzverpflichtungen der Marktgebietsverantwortlichen, die sich gemäß Tenor Ziffer 10a nicht nur auf die endgültigen Ausgleichsenergieentgelte, sondern auch auf die voraussichtlichen Ausgleichsenergieentgelte bezögen, lägen im Übrigen auch alle notwendigen Informationen vor, um Handlungs- und Planungsspielräume für die Bilanzkreisverantwortlichen zu eröffnen. So würden auf den Internetseiten der beiden Marktgebietsverantwortlichen die vorläufigen Ausgleichsenergiepreise unter Angabe ihrer Bezugsgrößen stündlich aktualisiert auf Basis D, D-1 und D+1 veröffentlicht.
103Entgegen den Schilderungen der Betroffenen seien ihr auch keinerlei Spielräume hinsichtlich der Einführung einer Obergrenze für die Ausgleichsenergiepreise verblieben. Der Netzkodex Gasbilanzierung sehe keine Begrenzung in Form einer derartigen Obergrenze vor. Diesbezüglich liege auch kein Unterschied zu der bisherigen Methodik vor, die ebenfalls keine Begrenzung in der Höhe der Referenzpreise vorgesehen habe. Dies werde auch durch die in den vergangenen Jahren beobachtete Entwicklung der Ausgleichsenergiepreise verdeutlicht, die Schwankungen zum Teil von ca. 90 % aufgewiesen hätten. Eine Obergrenze würde auch dem Kriterium der Kostenorientierung gemäß Art. 19 Abs. 3 Netzkodex Gasbilanzierung widersprechen. Es bestehe auch keine Notwendigkeit für die Einführung einer Obergrenze, denn gerade durch die Nichtberücksichtigung der lokalen Regelenergieprodukte für das erste Preiselement und durch das Setzen der kleinen Anpassung auf lediglich 2 % würden unverhältnismäßig hohe Sprünge der Ausgleichsenergiepreise und damit eventuelle übermäßige finanzielle Belastungen für die Bilanzkreisverantwortlichen verhindert, während gleichzeitig ausreichend Anreize zu einem Ausgleich der Bilanzkreise gesetzt würden.
104Der Auffassung der Betroffenen, die Preisbildung der Ausgleichsenergie nach GaBi Gas 2.0 werde durch den Bezug zu den Regelenergiepreisen zu hohen Preisaufschlägen führen, könne nicht gefolgt werden. Der Grafik der Betroffene lägen unzutreffende Annahmen zugrunde, denn die Betroffene habe nicht die in der GaBi Gas 2.0 bestimmten, zur Berechnung der Ausgleichsenergiepreise maßgeblichen Regelenergieprodukte herangezogen. In ihrem Rechenbeispiel beziehe die Betroffene auch Regelenergielose mit ein, die auf der MOL Rang 2a (eigenes Marktgebiet über bilaterale Plattform) beschafft würden. Zu berücksichtigen sei, dass zur Berechnung des Ausgleichsenergiepreises der Regelenergiepreis nur dann herangezogen werde, wenn überhaupt ein Regelenergieeinsatz an dem jeweiligen Tag erfolge bzw. der Regelenergiepreis höher sei als der mengengewichtete Gasdurchschnittspreis zuzüglich bzw. abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %. Eine Berechnung zeige, dass in den vergangenen Gaswirtschaftsjahren externe Regelenergie an lediglich einem Drittel der Tage von den Marktgebietsverantwortlichen kontrahiert worden sei. Demnach wäre – insoweit unstreitig - nach der neuen Methodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise an zwei Drittel der Tage der mengengewichtete Gasdurchschnittspreis mit einer geringen Wahrscheinlichkeit für unerwartet hohe Preisspitzen für die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise ausschlaggebend gewesen.
105Ohne Preisspitzen würden schließlich keine ausreichenden Anreize zum Ausgleich der Bilanzkreise gesetzt werden. Sie verhinderten, dass Bilanzkreisverantwortliche ihren Gaseinkauf bzw. -verkauf über die Ausgleichsenergie optimieren und gezielt ihre Kunden aus der Ausgleichsenergie belieferten. Dies könne zu einem höheren Regelenergiebedarf und somit zu höheren Bilanzierungskosten für das gesamte System führen. Auch negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit wären möglich. Im Übrigen erfüllten auch die bisherigen Ausgleichsenergieentgelte nach GaBi Gas 1.0 genau diese Funktion.
106Ziffer 9 der Festlegung lege den Marktgebietsverantwortlichen umfangreiche Berichts- und Evaluierungspflichten auf, die sich unter anderem auf den Einsatz und die Beschaffung von externer Regelenergie und somit auf die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise bezögen. Sie sei daher in der Lage, sich regelmäßig ein Bild vom Status und der Entwicklung des Bilanzierungssystems zu machen. Zudem unterlägen die Marktgebietsverantwortlichen umfangreichen Veröffentlichungspflichten. Die Bilanzkreisverantwortlichen könnten durch diese Informationen mögliche bilanzielle und wirtschaftliche Risiken erkennen, evaluieren und nötigenfalls ihr Marktverhalten entsprechend anpassen.
107Es sei davon auszugehen, dass durch das erste Preiselement tendenziell die tatsächlichen Bilanzierungskosten des Marktgebietsverantwortlichen eher überschätzt werden und durch das zweite Preiselement aufgrund der Durchschnittspreisbildung eher eine Unterschätzung der tatsächlichen Bilanzierungskosten des Marktgebietsverantwortlichen stattfände. Die Vorgabe zur Kostenorientierung sei jedoch nicht allein durch einen Bestandteil der Ausgleichsenergieentgeltmethodik zu erfüllen, sondern durch die gesamte Methodik mit all ihren Bestandteilen. So werde durch die Berücksichtigung beider Preiselemente gemeinsam die Kostenorientierung erzielt, insbesondere auch aufgrund der durch die Bundesnetzagentur ausgeübten Ermessensspielräume bei der Festlegung der kleinen Anpassung auf 2 % und der Nichtberücksichtigung der lokalen Regelenergieprodukte im ersten Preiselement.
108Die Ausgestaltung der Ausgleichsenergiepreise und die Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen seien rechtmäßig und verletzten die Betroffene nicht in ihren Grundrechten aus Art. 16 oder 17 der EU-Grundrechtecharta.
109Die streitgegenständliche Regelung zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise sei auch mit den in § 1 Abs. 3 EnWG genannten Grundsätzen vereinbar und genüge den Begründungsanforderungen. Sie habe sich mit den Inhalten des Erwägungsgrunds 11 und Art. 19 Abs. 3 des Netzkodex Gasbilanzierung hinreichend auseinandergesetzt.
110Auch die eingeführten untertägigen Verpflichtungen gemäß Tenorziffer 4 seien rechtmäßig.
111Für die angegriffene Tenorziffer 4 der Festlegung stellten Art. 25 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar.
112Es sei möglich und zumutbar, Bilanzierungsportfolios auch untertägig ausgeglichen zu halten.
113Im Rahmen des in Ziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung festgelegten untertägigen Anreizsystems würden die in den jeweiligen Rechnungsbilanzkreis allokierten Einspeisemengen mit den allokierten Ausspeisemengen des Rechnungsbilanzkreises verglichen. Stündliche Abweichungen des tatsächlichen stündlichen Verbrauchs von Entnahmestellen, die den Fallgruppen RLMmT und SLP zugeordnet seien, von den einspeiseseitig allokierten Mengen in den Rechnungsbilanzkreis seien im Rahmen des untertägigen Anreizsystems irrelevant.
114Indem jedem Bilanzkreisverantwortlichen das Wahlrecht zustehe, die von ihm belieferten RLM-Entnahmestellen einer der beiden Untergruppen zuordnen zu lassen, trage die Festlegung nicht zuletzt dem Umstand Rechnung, dass es bei RLM-Entnahmestellen solche mit einem gut und solche mit einem weniger gut planbaren Tagesverbrauch gebe. Entnahmestellen, bei denen die Verbrauchswerte für den Tag D +1 gut prognostiziert werden könnten, sollten in der Regel, wie bisher, der Untergruppe RLMmT zugeordnet werden. Die untertägige Verbrauchsstruktur der RLM-Entnahmestelle spiele in diesem Fall für das untertägiger Anreizsystem keine Rolle, da ausspeiseseitig ein Tagesband allokiert werde und durch das Einspeisen eines entsprechenden Tagesbandes durch den Bilanzkreisverantwortlichen untertägige Abweichungen gänzlich vermieden werden können. Dem Bilanzkreisverantwortlichen werden durch den Marktgebietsverantwortlichen entsprechend Ziffer 5a) und b) des Tenors innerhalb des Gastages zweimal Informationen zu den seinem Bilanzkreis zuzuordnenden RLM-Entnahmestellen übermittelt. Stelle der Bilanzkreisverantwortlichen anhand dieser Meldungen eine Abweichung zwischen seiner Verbrauchsprognose am Tag D-1 und dem tatsächlichen Verbrauch an Tag D fest, könne er seine Einspeisenominierung entsprechend anpassen und somit das Entstehen von bilanziellen Flexibilitätsmengen, insbesondere unter Berücksichtigung der ihm eingeräumten stündlichen Toleranz i.H.v. 7,5 % der aus gespeisten Tagesmenge, vermeiden. Dabei könne der Bilanzkreisverantwortliche auf verschiedene Flexibilitätsinstrumente zurückgreifen.
115Die Toleranz von 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge pro Stunde leite sich exakt auf der unter dem bestehenden Bilanzierungsregime nach GaBi Gas 1.0 geltenden und von der Betroffenen als sachgerecht beschriebenen Toleranz für Entnahmestellen der Untergruppe RLMmT von 15 % bezogen auf den innerhalb des Tagesbandes stündlichen allokierten Ausspeisewert ab.
116Entgegen der Darstellung der Betroffenen werde die Toleranz im Falle der Untergruppe RLMmT sowohl nach GaBi Gas 1.0 sowie auch nach GaBi Gas 2.0 auf die Abweichung zwischen allokiertem Einspeisewert und dem als Tagesband allokierten Ausspeisewert in der jeweiligen Stunde des Gastages gewährt. Die tatsächlich in der jeweiligen Stunde ausgespeiste Menge werde im Falle der Untergruppe RLMmT weder für die Berechnung der Strukturierungsbeiträge nach Gabi Gas 1.0 noch für die Berechnung der bilanziellen Flexibilitätsmenge nach GaBi Gas 2.0 herangezogen. Dies sei lediglich bei der Fallgruppe RLMoT der Fall. Hier werde gemäß GaBi Gas 1.0 allerdings lediglich eine stündliche Toleranz i.H.v. 2 % bezogen die auf an diesem Punkt ausgespeiste, gemessene stündliche Menge gewährt. Diese Toleranz werde im Rahmen der streitgegenständlichen Festlegung auf 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge pro Stunde erhöht und die Bilanzkreisverantwortlichen damit im Rahmen des untertägigen Anreizsystems deutlich entlaste.
117Entgegen dem Vortrag der Betroffenen sei darüber hinaus die richtungsunabhängige Kumulierung der über die gewährte Toleranz hinausgehenden untertägigen Bilanzkreisungleichgewichte sachgerecht und geboten. Würde der Flexibilitätskostenbeitrag nicht auf die gesamte, eine etwaige Toleranz überschreitende Menge, sondern z.B. lediglich auf die jeweils höchste Abweichung innerhalb des Gastages erhoben, würde dies dazu führen, dass die ohnehin vergleichsweise hohe stündliche Toleranz von 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge im Ergebnis um den Wert der darüber hinausgehenden Abweichungen ausgedehnt würde. Der Anreiz, seinen Bilanzkreis schnellstmöglich wieder auszugleichen, würde außer Kraft gesetzt. Ebenso würden die Kosten, welche dem Marktgebietsverantwortlichen durch den Einsatz von Regelenergie zum Ausgleich des durch den untertägig über- und/oder unterspeisten Bilanzkreis verursachten Regelenergiebedarfes entstehen, auf alle Marktteilnehmer verteilt und nicht in hinreichender Höhe durch den verursachenden Bilanzkreisverantwortlichen getragen.
118Auch die Argumentation der Betroffenen in Bezug auf die Behandlung von SLP-Entnahmestellen gehe fehl. Etwaige Differenzen zwischen den für die SLP- Entnahmestellen am Vortag erstellten Verbrauchsprognosen und den tatsächlichen Abnahmen der SLP-Entnahmestellen am Tag D seien entgegen der Ansicht der Betroffenen nicht im Rahmen des untertägigen Anreizsystems nach Ziffer 4 des Tenors relevant. Eine Orientierung an der tatsächlichen täglichen oder gar stündlichen Entnahme sei auch nicht sachgerecht, da dieser Wert an den SLP-Entnahmestellen mangels entsprechender Messung nicht für eine Bilanzierung zur Verfügung stehe. Zudem habe der Bilanzkreisverantwortliche keine Möglichkeit, die tatsächliche Entnahme an diesen Entnahmestellen zu prognostizieren und zu beeinflussen und somit sein Einspeiseverhalten danach auszurichten. Aus diesem Grunde obliege im Bereich dieser Entnahmestellen diese Aufgabe den Ausspeisenetzbetreibern. Sie müssten durch die Vorgabe sachgerechter Standardlastprofile den tatsächlichen Bezug in ihrem Netz möglichst exakt nachbilden und so zur Reduzierung des Regelenergiebedarfs im Marktgebiet beitragen. Entgegen der Meinung der Betroffenen schlagen allerdings etwaige Differenzen weder auf die Bilanzkreise der jeweiligen Bilanzkreisverantwortlichen durch, noch werden Bilanzkreisverantwortliche für Fehler bei den Prognosen der SLP-Abnahmeprofile in die Verantwortung zu genommen. Diese Systematik entspreche exakt dem aktuell geltenden stündlichen Anreizsystem. Der Bilanzkreisverantwortliche könne vielmehr jegliche untertägige Abweichung in seinem Bilanzkreis bezogen auf SLP-Entnahmestellen vermeiden, indem er an Tag D die ihm an Tag D-1 vom Marktgebietsverantwortlichen übermittelte Gasmenge für die von ihm belieferten SLP-Entnahmestellen als Tagesband in seinen Bilanzkreis einspeise. Solche Abweichungen würden im Rahmen der Mehr- und Mindermengenabrechnung zu einem späteren Zeitpunkt kommerziell ausgeglichen. Insofern seien die Ausführungen der Betroffenen bezüglich der Qualität von Temperaturprognosen etc. für das untertägige Anreizsystem irrelevant.
119Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Einführung von untertägigen Verpflichtungen stehe primär die Netzstabilität und somit die Versorgungssicherheit im Vordergrund. Ohne jegliche untertägige Verpflichtungen bestünde die Gefahr erheblicher einseitiger Fehlmengen in einen Marktgebiet, so dass im Extremfall die für den untertägigen Ausgleich notwendige Regelenergiemenge nicht in dem erforderlichen Umfang beschafft werden könne und somit die Versorgungssicherheit gefährdet würde. Dies gelte grundsätzlich unabhängig von der Zahlungsbereitschaft der Marktgebietsverantwortlichen für die Regelenergie.
120Im Vergleich zum bestehenden stündlichen Anreizsystem würden die Marktteilnehmer nicht zusätzlich finanziell belastet, sondern tendenziell deutlich entlastet. Zum einen werde die Toleranz im Vergleich zum bestehenden stündlichen Anreizsystem deutlich erhöht (RLMoT) bzw. bleibe dem Grunde nach gleich (RLMmT). Zum anderen fielen Flexibilitätskostenbeiträge (anders als im jetzigen System) nur an, wenn die Marktgebietsverantwortlichen an dem jeweiligen Gastag tatsächlich Flexibilitätsenergie eingesetzt hätten und ihnen hieraus Kosten entstanden seien.
121Unter Zugrundelegung von Zahlen aus dem vergangenen Gaswirtschaftsjahr könne davon ausgegangen werden, dass der Flexibilitätskostenbeitrag, sofern dieser überhaupt zu entrichten sein werde, in der Regel niedriger ausfallen werde als der Strukturierungsbeitrag nach GaBi Gas 1.0. Lege man Zahlen des Gaswirtschaftsjahres 2013/14 zugrunde, wäre im Marktgebiet … an zwölf Tagen ein Flexibilitätskostenbeitrag erhoben worden, der im Durchschnitt 1,50 €/MWh betragen hätte. Demgegenüber sei der Strukturierungsbeitrag an allen 365 Tagen des Gaswirtschaftsjahres erhoben worden und habe für den gleichen Zeitraum im Mittel 3,50 €/MWh betragen.
122Die Einführung und Umsetzung von untertägigen Verpflichtungen nach Tenorziffer 4 verbessere die Stabilität und Liquidität in den Fernleitungsnetzen im Vergleich zu einem System ohne jegliche untertägigen Anreize. Im Vergleich zum geltenden stündlichen Anreizsystem stelle das umzusetzende Anreizsystem ein wesentlich einfacheres und für die Bilanzkreisverantwortlichen günstigeres System dar, da die untertägigen Toleranzen ausgeweitet würden und eine Abrechnung von untertägigen Bilanzungleichgewichten nun nicht in jedem Fall, sondern nur bei gegenläufigem globalen Regelenergieeinsatz erfolgen solle, aus dem diesem tatsächlich Kosten entstanden seien
123Sinn und Zweck der Einführung von untertägigen Verpflichtungen sei nicht die Steigerung von Liquidität am Handelsmarkt, sondern der effiziente und sichere Betrieb des Fernleitungsnetzes.
124Das neue Anreizsystem stelle auch keine einseitige Pönale dar.
125Die Güte der Temperaturprognose und deren Auswirkungen auf das Abnahmeverhalten der SLP-Entnahmestellen seien im Rahmen der untertägigen Verpflichtungen nach Tenorziffer 4 nicht relevant.
126Flexibilitätskostenbeiträge könnten bei der Belieferung der SLP-Entnahmestellen nur entstehen, wenn der Bilanzkreisverantwortliche eine andere als die ihm vom Ausspeisenetzbetreiber am Vortag gemeldet Abnahmemenge als Tagesband in seinen Bilanzkreis einspeise und damit mit den Einspeisungen von dem in den Bilanzkreis allokierten Wert abweiche. Da dieser Wert dem Bilanzkreisverantwortlichen bereits am Vortag bekannt sei, seien Abweichungen hiervon auf einfache Weise in Gänze vermeidbar. Im Übrigen stellten diese Regelungen keine Neuerungen dar.
127Ebenso wenig würden Ausfälle von RLM-Entnahmestellen pönalisiert. Dem Bilanzkreisverantwortlichen stehe es frei, die von ihm belieferte RLM Entnahmestelle der Untergruppe RLMmT oder RLMoT zuzuordnen. Die Möglichkeit der Einordnung trage, wie bereits ausgeführt, gerade dem Umstand Rechnung, dass sich bei verschiedenen RLM-Entnahmestellen zahlreiche Besonderheiten hinsichtlich ihres individuellen Bezugsverhaltens und -verlaufs ergeben könnten.
128Darüber hinaus werde der Flexibilitätskostenbeitrag nur an den Tagen erhoben, an denen der Marktgebietsverantwortliche Flexibilitätsenergie eingesetzt habe und ihm dadurch Kosten entstanden seien. Die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrags orientiere sich streng an den mengengewichteten Durchschnittskosten des Marktgebietsverantwortlichen für den Einsatz von Flexibilitätsenergie und enthalte keine darüber hinausgehenden Pönalisierungselemente.
129Das untertägige Anreizsystem beschränke auch nicht den Eintritt neuer Netznutzer.
130Die gewährten Toleranzen seien hinreichend hoch, um auch neuen Netznutzern mit tendenziell kleineren Portfolien eine Versorgung von Endkunden zu ermöglichen, ohne zwangsläufig der Gefahr von Flexibilitätskostenbeiträgen ausgesetzt zu sein.
131Die getroffenen Regelungen seien auch diskriminierungsfrei. Eine ungerechtfertigte Diskriminierung einzelner Gruppen durch den einheitlichen Schwellenwert sei vor dem Hintergrund der erfolgten Ausführungen nicht festzustellen.
132Die angegriffenen Regelungen seien auch verhältnismäßig. Wie dargestellt sei eine Pönalisierung weder intendiert noch festgelegt. Die Argumentation der Betroffenen, die Pönalisierung bilanzieller Fehlmengen sei bereits nicht geeignet, das Ziel der Wahrung der Netzintegrität und Netzstabilität zu erreichen, gehe daher fehl. Gleiches gelte für die nicht weiter substantiierte Behauptung, die kostenintensive Anpassung der IT-Systeme sei unverhältnismäßig.
133Da die Einführung untertägiger Verpflichtungen rechtmäßig ausgestaltet sei, stelle die Regelung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in den Schutzbereich der EU-Grundrechte aus Art. 16, 17 Abs. 1 oder 20 der EU-Grundrechtecharta dar.
134Formale Anforderungen hätte sie beachtet.
135Die getroffene Regelung sei mit den in § 1 Abs. 3 EnWG genannten Grundsätzen vereinbar. Insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung vor. Da die Bundesnetzagentur auch ohne einen Vorschlag der Marktgebietsverantwortlichen/Fernleitungsnetzbetreiber einen entsprechenden Entschluss fassen könne, kann ein möglicher Verstoß der Marktgebietsverantwortlichen/Fernleitungsnetzbetreiber, vor Erstellung und Übergabe des Empfehlungsdokuments nach Art. 26 Abs. 5 Netzkodex Gasbilanzierung keine Konsultation der in ihren Interessen betroffenen Bilanzkreisverantwortlichen durchgeführt zu haben, nicht zur Rechtswidrigkeit der Festlegung führen. Tatsächlich hätten die Marktgebietsverantwortlichen die entsprechende Konsultation vom 17. bis 31.01.2014 auch durchgeführt. Zudem habe sie im streitgegenständlichen Beschluss die Einführung untertägiger Verpflichtungen und ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung sorgfältig geprüft.
136Da die streitgegenständliche Festlegung rechtmäßig sei, verbleibe es auch bei ihrer Vollziehbarkeit. Der Feststellungsantrag sei daher unbegründet.
137Eine Verpflichtung zur Vorlage des umfangreichen Fragenkatalogs zum EuGH bestehe nicht. Die Voraussetzungen der eng umgrenzten Fallgruppen, in denen auch ein Instanzgericht zur Vorlage verpflichtet sei, lägen nicht vor. Es sei weder eine Unionsnorm ungültig und deshalb nicht anwendbar, noch ergeben sich keine Zweifel an der Grundrechtskonformität des innerstaatlichen Umsetzungsrechts.
138Die Beigeladene unterstützt den Antrag der Bundesnetzagentur, die Beschwerde zurückzuweisen. Hierzu vertritt sie die Auffassung, die Betroffene sei bereits nicht beschwerdebefugt, und trägt im Wesentlichen die Argumente der Bundesnetzagentur zur Beschwerdebefugnis vor.
139Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Antragsgegnerin gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
B.
140Die zulässige Beschwerde der Betroffenen ist nicht begründet.
141I. Die Beschwerde ist zulässig.
1421. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist als Anfechtungsbeschwerde statthaft (§§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, 3, 83 Abs. 2 S. 1 EnWG).
1432. Der hier beanstandete Teil der Festlegung ist teilbar und kann daher isoliert angegriffen werden.
144Die Betroffene begehrt die isolierte Aufhebung der Tenorziffern 2, 4 und 11, soweit die Umsetzung von Tenorziffern 2 und 4 verlangt wird.
145Ein Verwaltungsakt ist teilbar, wenn der Rest nach erfolgreicher Anfechtung des rechtswidrigen Teils als selbständiger Verwaltungsakt bestehen kann, ohne seine ursprüngliche Bedeutung zu ändern (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13). Steht der verbleibende Teil in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Gesamtentscheidung, ist eine Teilanfechtung ausgeschlossen (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13). Bei Ermessensentscheidungen oder Entscheidungen mit einem planerischen Gestaltungsspielraum darf die Teilaufhebung nicht dazu führen, dass der Behörde ein Rest aufgezwungen wird, den sie so nicht erlassen hätte (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Februar 2016, § 42 Abs. 1 VwGO, Rn. 13).
146Ausgehend hiervon ist der angegriffene Teil der Festlegung isoliert angreifbar. Die beanstandeten Verpflichtungen, die Berechnung der Ausgleichsenergie und die stündliche Saldierung der Ein- und Ausspeisemengen nebst Erhebung eines Flexibilitätskostenbeitrags, stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang mit der Gesamtintention der Festlegung. Es handelt sich bei den Vorgaben in Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Anreizmechanismus um eine selbstständige über den Kern der Entscheidung hinausgehende Anordnung der Regulierungsbehörde. Es ist nicht erkennbar, dass die Bundesnetzagentur die Festlegung ohne den hier angegriffenen Teil überhaupt nicht oder so nicht erlassen hätte. So wendet sich die Bundesnetzagentur im Verfahren auch nicht gegen die isolierte Anfechtbarkeit der Regelung, macht nicht geltend, dass sie in ihren Ermessenerwägungen eingeschränkt wäre.
1473. Die Betroffene ist auch beschwerdebefugt. Nach § 75 Abs. 2 EnWG steht die Beschwerde grundsätzlich allen Verfahrensbeteiligten zu. Das EnWG stellt damit zunächst auf die formale Beteiligtenstellung nach § 66 Abs. 2 EnWG ab.
148Die Betroffene war zwar nicht gemäß § 66 Abs. 2 EnWG am Verfahren vor der Regulierungsbehörde beteiligt. Sie ist nicht Antragstellerin im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 1 EnWG.
149a) Es liegt jedoch eine Beteiligung nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 EnWG vor.
150Nach dieser Vorschrift sind natürliche und juristische Personen beteiligt, gegen die sich das Verfahren richtet. Erfasst sind alle, die unmittelbar durch eine das Verfahren abschließende Entscheidung belastet werden können, d.h. potentielle Adressaten in Abgrenzung von den vom Verfahren lediglich Betroffenen im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (Hanebeck in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 66 Rn. 9; Theobald/Werk in Danner/Theobald, Energierecht, 88. Ergänzungslieferung, § 66 EnWG Rn. 37). Unmittelbare Betroffenheit liegt insbesondere dann vor, wenn die Entscheidung der Regulierungsbehörde von diesen Personen ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen verlangt (Wende in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Auflage, § 66 EnWG Rn. 10).
151Von einer solchen unmittelbaren Betroffenheit der Betroffenen ist vorliegend auszugehen.
152Die Festlegung richtet sich zwar ausweislich Ihrer Tenorziffer 1 an Marktgebietsverantwortliche, Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber. Auch Tenorziffer 2 und 4 adressieren ihrem Wortlaut nach in der Einleitung nur die Marktgebietsverantwortlichen, in dem es heißt: „Die Marktgebietsverantwortlichen haben die Ausgleichsenergie nach folgender Methodik zu ermitteln und abzurechnen“ (Tenorziffer 2) bzw. „Die Marktgebietsverantwortlichen sind verpflichtet, untertägige Verpflichtungen einzuführen. Für die untertägigen Verpflichtungen gilt folgendes:“ (Tenorziffer 4). In erster Linie werden daher nach diesen Vorschriften die Marktgebietsverantwortlichen dazu verpflichtet, Ausgleichsenergie nach bestimmten Maßgaben zu ermitteln und gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen abzurechnen bzw. bestimmte untertägige Verpflichtungen gegenüber den Bilanzkreisverantwortlichen einzuführen.
153Allerdings enthalten die Regelungen in Tenorziffer 2 und 4 Handlungs- und Duldungspflichten, die auch die Betroffene als Bilanzkreisverantwortliche betreffen und an sie adressiert sind.
154So gibt die Regelung in Ziffer 2 lit. e) vor, dass die Ausgleichsenergiemengen unter Heranziehung des positiven Ausgleichsenergiepreises bei Unterspeisungen und des negativen Ausgleichsenergiepreises bei Überspeisungen zwischen dem Marktgebietsverantwortlichen und dem Bilanzkreisverantwortlichen für jede Bilanzierungsperiode monatlich abgerechnet werden. Damit wird den Bilanzkreisverantwortlichen eine konkrete Duldungspflicht – Entgegennahme der monatlichen Abrechnung der Ausgleichsenergiepreise – vorgegeben. Zwar wird das konkret zu zahlende Entgelt privatrechtlich vereinbart und abgerechnet, wie sich aus Tenorziffer 11 der Festlegung ergibt. Nach dieser Regelung sind Marktgebietsverantwortliche, Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber verpflichtet, die festgelegten Regelungen mit Wirkung zum 01.10.2015 bzw. 01.10.2016 anzuwenden und soweit erforderlich in die abgeschlossenen sowie in neu abzuschließende Verträge aufzunehmen. Diese Umsetzung erfolgt durch die Kooperationsvereinbarung zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen in der ab dem 01.10.2016 gültigen Fassung (KoV IX), die in Anlage 4, dort § 14 die konkrete Art und Weise der Abrechnung durch den Marktgebietsverantwortlichen gegenüber dem Bilanzkreisverantwortlichen regelt.
155Der Verpflichtungsgrund ist jedoch in der Festlegung vorgegeben, die sich konkret an die Bilanzkreisverantwortlichen richtet und sie damit unmittelbar betrifft.
156Auch die Regelung in Tenorziffer 4 lit. c) benennt im Weiteren die Bilanzkreisverantwortlichen und betrifft sie unmittelbar. Sie regelt, dass der Bilanzkreisverantwortliche dem Marktgebietsverantwortlichen einen Flexibilitätskostenbeitrag in Euro je MWh zu entrichten hat, wenn die kumulierten stündlichen Salden eine Über- oder Unterspeisung unter Berücksichtigung einer eventuell zu gewährenden Toleranz (bilanzielle Flexibilitätsmenge) ergeben. Durch die Auferlegung dieser Zahlungspflicht ist der Bilanzkreisverantwortliche unmittelbar betroffen. Zwar ist auch hier die Berechnung des Flexibilitätskostenbeitrags durch den Marktgebietsverantwortlichen erforderlich und die genaue Berechnung in der KoV IX niedergelegt. Ohne die Regelung in der Festlegung würde indes bereits kein Flexibilitätskostenbeitrag anfallen.
157b) Die Betroffene ist aber auch nach der die Regelung des § 75 Abs. 2 EnWG erweiternden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschwerdebefugt (BGH, Beschluss vom 05.10.2010, EnVR 51/09 GaBiGas, Rn. 10 ff bei juris; BGH, Beschluss vom 11.11.2008, EnVR 1/08 citiworks, Rn. 14 bei juris). Danach ist auch derjenige beschwerdebefugt, der durch den angegriffenen Verwaltungsakt unmittelbar in seinen Rechten berührt wird. Denn in diesem Falle entfaltet der Verwaltungsakt ihm gegenüber eine Regelungswirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Ein in diesem Sinne Drittbetroffener ist deshalb im gerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO). Erforderlich ist hierfür aber, dass nicht nur eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen vorliegt. Der Beschwerdeführer muss durch die gegenüber einem oder mehreren Dritten ergangene Verfügung in seinem geschützten Rechtskreis unmittelbar betroffen sein. In den Fällen der notwendigen Beiladung kann der von der Entscheidung Betroffene nicht auf einen vorherigen Beiladungsantrag im Verwaltungsverfahren verwiesen werden, weil es insoweit an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.
158Eine rechtliche Betroffenheit lässt sich nach diesen Ausführungen ebenfalls feststellen.
159Denn die Festlegung der Bundesnetzagentur greift insoweit unmittelbar regelnd in die bestehende Privatrechtslage ein, als sie die Zahlung eines Flexibilitätskostenbeitrags vorsieht. Anders als bei der Zahlung der Ausgleichsenergie, die gesetzlich in § 23 GasNZV vorgesehen ist und damit unabhängig vom Regelungsinhalt der angegriffenen Festlegung besteht, ist die Zahlung eines Flexibilitätskostenbeitrags dem Grunde nach nicht vorgesehen, sondern wird erst durch die angegriffene Festlegung geregelt.
160II. Die Beschwerde ist indes nicht begründet.
161Der auf Aufhebung der Tenorziffern 2 und 4 und teilweise Aufhebung der Tenorziffer 11 – soweit eine Verpflichtung zur Anwendung der Tenorziffern 2 und 4 besteht - gerichtete Hauptantrag zu I. bleibt ohne Erfolg.
1621. Die Bundesnetzagentur hat mit der in Tenorziffer 2 geregelten Ermittlung der Ausgleichsenergieentgelte nicht gegen die Bestimmungen des Netzkodex Gasbilanzierung oder gegen europarechtliche oder nationale höherrangige Vorschriften verstoßen.
163a) Die Vorgaben für die Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der täglichen Energiemengen ergeben sich aus Art. 19 bis 23 Netzkodex Gasbilanzierung.
164Art. 19 bis 23 des Netzkodex Gasbilanzierung enthalten detaillierte Regelungen zu den täglichen Ausgleichsenergieentgelten und -mengen. Das Entgelt ist gemäß Art. 19 Abs. 3 Netzkodex Gasbilanzierung kostenorientiert und berücksichtigt die mit etwaigen physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen des Fernleitungsnetzbetreibers verbundenen Preise sowie die kleine Anpassung gemäß Art. 22 Abs. 6 Netzkodex Gasbilanzierung.
165Der Fernleitungsnetzbetreiber multipliziert für die Berechnung der täglichen Ausgleichsenergieentgelte für jeden Netznutzer die tägliche Ausgleichsenergiemenge eines Netznutzers mit den gemäß Art. 22 ermittelten anzuwendenden Preisen.
166Gemäß Art. 21 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung berechnet der Fernleitungsnetzbetreiber die tägliche Ausgleichsenergiemenge für das Bilanzierungsportfolio jedes Netznutzers für jeden Gastag anhand der folgenden Formel: „Tägliche Ausgleichsenergiemenge = Einspeisungen - Ausspeisungen.“
167Nach Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung ist der Grenzverkaufspreis, der gemäß Art. 22 Abs. 1 lit. a Netzkodex Gasbilanzierung angewendet wird bei positiver Ausgleichsenergiemenge, der niedrigere der beiden folgenden Preise: Niedrigster Preis aller Verkäufe von Produkten mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt, an denen der Fernleitungsnetzbetreiber für den jeweiligen Gastag beteiligt ist, oder mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung. Der Grenzankaufspreis, der gemäß Art. 22 Abs. 1 lit. b angewendet wird bei negativer Ausgleichsenergiemenge, ist der höhere der beiden folgenden Preise: Höchster Preis aller Ankäufe von Produkten mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt, an denen der Fernleitungsnetzbetreiber für den jeweiligen Gastag beteiligt ist, oder mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung.
168Zwecks Ermittlung des Grenzverkaufspreises, des Grenzankaufspreises und des mengengewichteten Durchschnittspreises werden die entsprechenden Handelsgeschäfte auf Handelsplattformen herangezogen, die vom Fernleitungsnetzbetreiber vorab benannt und von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigt werden (Art. 22 Abs. 3 Netzkodex Gasbilanzierung).
169Die Höhe der kleinen Anpassung kann bei der Ermittlung des Grenzankaufspreises und bei der Ermittlung des Grenzverkaufspreises unterschiedlich ausfallen und darf 10 % des mengengewichteten Durchschnittspreises nicht übersteigen, es sei denn, der betreffende Fernleitungsnetzbetreiber kann ein Abweichen von dieser Regel gegenüber der nationalen Regulierungsbehörde rechtfertigen und enthält eine entsprechende Genehmigung (Art. 22 Abs. 7 Netzkodex Gasbilanzierung).
170Die Bundesnetzagentur hat diese Vorgaben mit Tenorziffer 2 der Festlegung umgesetzt. Sie hält sich dabei, wie noch ausgeführt wird, an die Reichweite der Ermächtigungsgrundlage.
171b) Die unter Tenorziffer 2 getroffene Anordnung der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und der Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen ist auch formell rechtmäßig.
172aa) Die von der Betroffenen aufgezeigten Begründungsmängel bestehen nicht.
173(1) Entgegen der Auffassung der Betroffene bedarf es insoweit keines Rückgriffs auf Art. 41 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta. Nach dem Grundsatz des sogenannten Anwendungsvorrangs des Unionsrechts darf das nationale Recht im Kollisionsfall nicht angewendet werden. Nationale Behörden und Gerichte sind danach verpflichtet, die Vorschrift des Unionsrechts auch dann anzuwenden, wenn eine Vorschrift des nationalen Rechts dem entgegensteht (vgl. EuGH, Rs. 11/70, Slg. 1970, 1125; Rs. 106/77, Slg. 1978, 629). Ein allgemeiner Geltungsvorrang des Unionsrechts – wie ihn die Betroffene offenbar annehmen will - besteht dagegen nicht (vgl. EuGH, verb. Rs. C-10/97 bis C-22/97, Slg. 1998, S. I-6307, Rn. 18 ff. – IN.CO.GE. '90 u.a.). Da die in Art. 41 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta für behördliches Handeln normierte Begründungspflicht ausweislich der maßgeblichen und spezifischen nationalen Vorschrift des § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG auch für die Entscheidungen der Regulierungsbehörden gilt und Art. 41 EU-Grundrechtecharta keine weitergehenden Anforderungen an die Begründungspflicht stellt, ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung anhand der Vorschrift des § 73 S. 1 EnWG zu überprüfen.
174Der Umfang der nach 73 Abs. 1 S. 1 EnWG erforderlichen Begründung richtet sich nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Danach muss die Regulierungsbehörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen. Die Behörde muss den zugrunde liegenden Sachverhalt, ihre eigenen rechtlichen Erwägungen sowie die zentralen Argumente der Beteiligten darstellen. Es genügt, wenn die Behörde die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung angibt, so dass eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (vgl. Senat, Beschl. v. 22.08.2012, VI-3 Kart 39/11; Hanebeck, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 8; Turiaux, in: Kment, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 4).
175Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid. In den ausführlichen Beschlussgründen sind die wesentlichen Gesichtspunkte für das Verfahren zur Einführung eines untertägigen Anreizsystems dargelegt. Die Bundesnetzagentur hat in der Begründung auch die einzelnen Stellungnahmen dargelegt und hat sich mit diesen auseinandergesetzt. Sie hat die in Art. 19 bis 23 gemachten Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung zu den Ausgleichsenergieentgelten und -mengen beachtet und ist auf diese inhaltlich eingegangen. Eine Kontrolle der Überprüfung der Entscheidung ist ohne weiteres möglich.
176(2) Entgegen der Auffassung der Betroffene stellt es auch keinen Begründungsmangel dar, dass die Bundesnetzagentur sich nicht ausdrücklich mit unionsrechtlichen Vorgaben auseinandergesetzt hat. Insbesondere ergibt sich aus den von der Betroffene zitierten Entscheidungen des EuGH nicht, dass die behördliche Entscheidung erkennen lassen muss, dass die Behörde die Bindung an EU-Vorgaben erkannt ist. Eines Eingehens auf die Bindungswirkung des Unionsrechts bedarf es schon deswegen nicht, weil die Bindung an das Unionsrecht sowie die Pflicht zu einer Auslegung der nationalen Normen im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben eine Selbstverständlichkeit darstellt. Der entsprechende Hinweis in § 1 Abs. 3 EnWG, wonach das EnWG auch der Umsetzung und Durchführung des Unionsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung dient, ist nach allgemeiner Auffassung rein deklaratorischer Natur (vgl.Hellermann/Hermes in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2015, § 1Rdn. 52; Kment, in: Kment, EnWG, 2015, § 1 Rdn. 12). Die Bundesnetzagentur hat sich eingehend mit den unionsrechtlichen Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung befasst. Dass sie dabei nicht ausdrücklich auf Art. 5 Abs. 4 und Art. 16 und 17 EU-Grundrechtecharta eingegangen, bedeutet, dass sie weder einen Konflikt- oder Kollisionsfall zwischen diesen und dem Netzkodex Gasbilanzierung annimmt noch eine Auslegung der nationalen Normen sowie des Netzkodex Gasbilanzierung anhand unionsrechtlicher Vorgaben für erforderlich hält. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
177c) Die in Tenorziffer 2 enthaltenen Bestimmungen zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der Ausgleichsenergiemengen sind sachgerecht und halten sich im Rahmen der Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung zu den täglichen Ausgleichsenergieentgelten.
178Die Bundesnetzagentur setzt in Tenorziffer 2 der streitgegenständlichen Festlegung in rechtmäßiger Weise die Vorgaben der Art. 19-23 Netzkodex Gasbilanzierung um.
179aa) Die in Tenorziffer 2 vorgesehene Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der täglichen Ausgleichsenergieentgelte entspricht den Vorgaben und der Intention des Netzkodex Gasbilanzierung und ist nicht zu beanstanden.
180Tenorziffer 2 a) der angegriffenen Festlegung regelt die Ermittlung der täglichen Ausgleichsenergiemenge durch Bildung des Saldos zwischen täglicher Ein- und Ausspeisung. Dies entspricht exakt den Vorgaben des Art. 21 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung. Nach dieser Vorschrift berechnet der Fernleitungsnetzbetreiber die tägliche Ausgleichsenergiemenge für das Bilanzierungsportfolio jedes Netznutzers für jeden Gastag anhand der folgenden Formel: „Tägliche Ausgleichsenergiemenge = Einspeisungen - Ausspeisungen.“
181Auch mit der Berechnung der Ausgleichsenergiepreise gemäß Tenor zu Ziffer 2 b) setzt die Bundesnetzagentur die europarechtlichen Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung exakt um. Gemäß Tenor zu Ziffer 2 b) ist der tägliche positive Ausgleichsenergiepreis der höhere der beiden folgenden Preise: „Höchster Preis aller Regelenergieeinkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %“. Der tägliche negative Ausgleichsenergiepreis ist der niedrigere der beiden folgenden Preise: „Niedrigster Preis aller Regelenergieverkäufe durch den Marktgebietsverantwortlichen für den jeweiligen Gastag“ oder „mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %“.
182Die Methodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise mit den beiden Preiselementen, dem Preis aller Regelenergieeinkäufe bzw. Regelenergieverkäufe und dem mengengewichteten Gasdurchschnittspreis, ist eine verbindliche Vorgabe des Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung. Nach dieser Vorschrift ist der Grenzverkaufspreis (der angewendet wird bei positiver Ausgleichsenergiemenge) der niedrigere der beiden folgenden Preise: Niedrigster Preis aller Verkäufe von Produkten mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt, an denen der Fernleitungsnetzbetreiber für den jeweiligen Gastag beteiligt ist, oder mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag abzüglich einer kleinen Anpassung. Der Grenzankaufspreis (der angewendet wird bei negativer Ausgleichsenergiemenge) ist der höhere der beiden folgenden Preise: Höchster Preis aller Ankäufe von Produkten mit dem Lieferort virtueller Handelspunkt, an denen der Fernleitungsnetzbetreiber für den jeweiligen Gastag beteiligt ist, oder mengengewichteter Gasdurchschnittspreis für den jeweiligen Gastag zuzüglich einer kleinen Anpassung.
183Die beiden Preiselemente, der Preis aller Regelenergieeinkäufe bzw. Regelenergieverkäufe und des mengengewichteten Gasdurchschnittspreises sind damit durch den Netzkodex Gasbilanzierung vorgegeben. Aufgrund der auch von der Betroffenen angenommenen unmittelbaren Bindung des Netzkodex Gasbilanzierung ist diese Methodik somit verbindlich geregelt.
184Soweit die Bundesnetzagentur die kleine Anpassung mit 2 % festgelegt hat, hält sie sich ebenfalls an die Vorgaben des Art. 22 Abs. 7 Netzkodex Gasbilanzierung, der einen Spielraum für die kleine Anpassung von 0-10 % vorsieht.
185Dass die Bundesnetzagentur bei der Bestimmung der Regelenergieprodukte ermessensfehlerhaft gehandelt haben soll, behauptet die Betroffene bereits nicht, kann im Übrigen aber auch nicht festgestellt werden.
186bb) Die Behauptung, die von der Bundesnetzagentur vorgegebene Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und die Abrechnung der Ausgleichsenergiemenge verstoße gegen die vom Netzkodex Gasbilanzierung geforderte Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken – hier der bisherigen Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise anhand des GaBi-Gas-Preiskorbs - ist nicht zutreffend.
187Zunächst wird dieser Einwand von der falschen Annahme geleitet, die Bundesnetzagentur habe die Orientierung der Ermittlung der Ausgleichsenergieentgelte an den Regelenergiegeschäften vorgegeben. Denn wie bereits ausgeführt ist die Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise jedenfalls hinsichtlich des hier angegriffenen ersten Preiselements – höchster Preis aller Regelenergieeinkäufe bzw. niedrigster Preis aller Regelenergieverkäufe - vorgegeben.
188Ein Verstoß gegen den Netzkodex Gasbilanzierung kann damit auch nicht mit Erfolg gestützt auf Ziffer 11 der Präambel damit begründet werden, dass die Festlegung bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken nicht Rechnung trage.
189Wie die Bundesnetzagentur zunächst zutreffend ausführt, stellt die Berücksichtigung bewährter nationaler Bilanzierungspraktiken keine Vorgabe des Netzkodex Gasbilanzierung dar. Ziffer 11 der Präambel ist lediglich eine Sollvorschrift, die zudem nicht auf die „bewährten Bilanzierungspraktiken“, sondern auf „die bewährten Praktiken und Bemühungen zur Harmonisierung der Prozesse für die Durchführung dieser Verordnung“ abstellt.
190Zudem liegt auch kein Verstoß gegen bewährte Bilanzierungspraktiken vor.
191Nach den derzeit gültigen Vorgaben der Festlegung GaBi Gas 1.0 und des § 22 der Anlage 4 zur KoV VII zahlt der Marktgebietsverantwortliche an den Bilanzkreisverantwortlichen ein Entgelt in Höhe des zweitgeringsten Verkaufspreises der Referenzpreise multipliziert mit dem Faktor 0,9, soweit die Einspeisemenge die Ausspeisemenge überschreitet (negative Ausgleichsenergie). Der Bilanzkreisverantwortliche zahlt an den Marktgebietsverantwortlichen ein Entgelt in Höhe des zweithöchsten Kaufpreises der Referenzpreise multipliziert mit dem Faktor 1,2, soweit die Ausspeisemenge die Einspeisemenge überschreitet (positive Ausgleichsenergie). Nach § 22 Abs. 3 der Anl. 4 zur KOV gelten als Referenzpreise für den jeweiligen Gastag die Preise in Cent pro Kilowattstunde an den dort aufgeführten Handelsplätzen.
192Es kann dahin stehen, ob sich diese Berechnungsmethode als tauglicher Anreiz zum Ausgleich der Bilanzkreise bewährt hat. Denn in Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung sind die beiden Preiselemente (niedrigster Regelenergieverkaufs- bzw. höchster Regelenergieankaufspreis sowie der mengengewichtete Gasdurchschnittspreis) nunmehr vorgegeben und die Bundesnetzagentur hat exakt diese Vorgaben umgesetzt. Bereits aus diesem Grund liegt kein Verstoß gegen den Netzkodex Gasbilanzierung vor.
193Spielräume verblieben daher nur hinsichtlich der zu berücksichtigenden Produkte zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und hinsichtlich der kleinen Anpassung, d.h. des Auf- und Abschlags auf den mengengewichteten Gasdurchschnittspreis. Diese Elemente greift die Betroffene indes bereits nicht an. Im Übrigen hat die Bundesnetzagentur insoweit auch die bewährten Bilanzierungspraktiken berücksichtigt, als das unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastungen vermieden werden. So sind aufgrund der in den letzten Gaswirtschaftsjahren sehr geringen Abrufhäufigkeit lokaler Regelenergieprodukte die lokalen Produkte bei der Ermittlung des ersten Preiselements nicht zu berücksichtigen. Die Höhe der kleinen Anpassung wurde auf nur 2 % festgelegt, obwohl Art. 22 Abs. 7 Netzkodex Gasbilanzierung einen Spielraum für die kleine Anpassung von 0 bis 10 % vorsieht.
194cc) Entgegen der Auffassung der Betroffene verblieben der Bundesnetzagentur damit aber auch keine Spielräume hinsichtlich der Einführung einer Obergrenze für die Ausgleichsenergiepreise. Der Netzkodex Gasbilanzierung sieht keine Begrenzung in Form einer derartigen Obergrenze vor. Insoweit unterscheidet sich die neue Methodik der Ausgleichsenergieentgelte jedoch auch in keiner Weise von der bisherigen Methodik. Bisher wurde zur Ermittlung des negativen Ausgleichsenergiepreises ausgehend von den Referenzpreisen an den vier Handelsplätzen der zweitgeringste Verkaufspreis mit 0,9 multipliziert und für den positiven Ausgleichsenergiepreis der zweithöchste Kaufpreis mit 1,2 multipliziert. Somit liegen bereits im bisherigen System der GaBi Gas 1.0 keine festen, in der Höhe begrenzten Referenzpreise vor. Dies führte, wie die Bundesnetzagentur unwidersprochen vorträgt, auch in der Vergangenheit zu Schwankungen von zum Teil ca. 90 %. So lag im Betrachtungszeitraum vom 01.10.2013 bis 30.06.2015 der höchste positive Ausgleichsenergiepreis bei 34,89 € / MWh und der niedrigste positive Ausgleichsenergiepreis bei 18,40 € / MWh. Die negativen Ausgleichsenergiepreise schwankten zwischen 26,08 € / MWh und 13,66 € / MWh.
195Eine Obergrenze würde schließlich auch dem Kriterium der Kostenorientierung gemäß Art. 19 Abs. 3 Netzkodex Gasbilanzierung widersprechen.
196Es besteht auch keine Notwendigkeit für die Einführung einer Obergrenze, denn gerade durch die Nichtberücksichtigung der lokalen Regelenergieprodukte für das erste Preiselement und durch das Setzen der kleinen Anpassung auf lediglich 2 % werden unverhältnismäßig hohe Sprünge der Ausgleichsenergiepreise und damit eventuelle übermäßige finanzielle Belastungen für die Bilanzkreisverantwortlichen verhindert.
197dd) Entgegen der Auffassung der Betroffenen verstößt die Festlegung auch nicht gegen den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
198Artikel 19 Abs. 3 Netzkodex sieht vor, dass das tägliche Ausgleichsenergieentgelt kostenorientiert ist und die mit etwaigen physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen des Fernleitungsnetzbetreibers verbundenen Preise sowie die kleine Anpassung gemäß Art. 22 Abs. 6 Netzkodex Gasbilanzierung berücksichtigt.
199Da das erste Preiselement zur Berechnung des Ausgleichsenergiepreises - der niedrigste Preis aller Regelenergieverkäufe bzw. höchste Preis aller Regelenergiekäufe - das die Betroffene mit der Beschwerde angreift und nicht für verhältnismäßig hält, exakt den Vorgaben des Art. 22 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung entspricht und diese Vorgaben – wie die Betroffene einräumt – Ausprägungen und Konkretisierungen des allgemeinen europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darstellen, liegt ein Verstoß gegen diesen nicht vor.
200Dass die eigenen Vorgaben des Verordnungsgebers nicht kostenorientiert seien und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprächen, behauptet die Betroffene nicht.
201Auch der Einwand, ohne die derzeit vorhandene Begrenzung durch die Heranziehung des zweithöchsten Kaufpreises der Referenzpreise (multipliziert mit dem Faktor 1,2) für positive Ausgleichsenergie und die Heranziehung des zweitgeringsten Verkaufspreises (multipliziert mit dem Faktor 0,9) für negative Ausgleichsenergie schlagen Preisspitzen beim Regelenergieeinkauf bzw. Abschläge beim Regelenergieverkauf durch die Markgebietsverantwortlichen voll auf die Abrechnung durch und führten zu extrem hohen Preisspitzen, stützt nicht die Behauptung, die Regelung in Tenor 2 sei unverhältnismäßig.
202Die den Rechnungen der Betroffenen auf Seite 52 bis 54 der Beschwerdebegründung (Bl. 72 bis 74) zugrunde liegenden Annahmen entsprechen nicht den Vorgaben der Festlegung GaBi Gas 2.0. Die Betroffene hat es versäumt, ausschließlich die unter GaBi Gas 2.0 zur Bestimmung der für die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise maßgeblichen Regelenergieprodukte heranzuziehen, nämlich Produkte der MOL Rang 1, 2b und 2c, d.h. ausschließlich Produkte, die über die Börse beschafft werden. In ihrem Rechenbeispiel bezieht die Betroffene allerdings auch Regelenergielose mit ein, die auf der MOL Rang 2a (eigenes Marktgebiet über bilaterale Plattform) beschafft wurden.
203Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der Ausgleichsenergiepreis nur dann anhand des Regelenergiepreises berechnet wird, wenn an dem jeweiligen Tag überhaupt ein Regelenergieeinsatz erfolgt bzw. der Regelenergiepreis höher bzw. niedriger ist als der mengengewichtete Gasdurchschnittspreis zuzüglich bzw. abzüglich einer kleinen Anpassung von 2 %. Unter Berücksichtigung der heranzuziehenden Regelenergielose für die Ermittlung der ersten Preiselemente hat die Bundesnetzagentur unwidersprochen ermittelt, dass in den vergangenen Gaswirtschaftsjahren externe Regelenergie an lediglich einem Drittel der Tage von den Marktgebietsverantwortlichen kontrahiert wurde. Demnach wäre nach der neuen Methodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise an zwei Dritteln der Tage der mengengewichtete Gasdurchschnittspreis für die Berechnung der Ausgleichs Energiepreis ausschlaggebend gewesen.
204Gewisse Preisspitzen bei den Ausgleichsenergieentgelten – oberhalb des mengengewichteten Gasdurchschnittspreises - sind zudem notwendig, um eine ausreichende Anreizwirkung zum Ausgleich der Bilanzkreise zu erzielen und damit den Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung zu entsprechen. Ohne Preisspitzen würden keine ausreichenden Anreize zum Ausgleich der Bilanzkreise gesetzt werden (vgl. Art. 4 Abs. 2, Art. 22 Abs. 6 lit a) Netzkodex Gasbilanzierung und Erwägungsgrund Ziffer 4 Satz 2). Nur durch gewisse Preisspitzen kann auch verhindert werden, dass Bilanzkreisverantwortliche gezielt ihre Kunden aus der Ausgleichsenergie beliefern mit der möglichen Folge eines höheren Regelenergiebedarfs und damit höherer Bilanzierungskosten für das gesamte System.
205Gemäß Ziffer 9 des Tenors wurden den Marktgebietsverantwortlichen zudem umfangreiche Berichts- und Evaluierungspflichten auferlegt, die sich auf die Beschaffung und den Einsatz von externer Regelenergie und somit auf die Berechnung der Ausgleichsenergiepreise beziehen. Hierdurch ist die Bundesnetzagentur in der Lage, sich regelmäßig ein Bild vom Status und der Entwicklung des Bilanzierungssystems zu machen. Zudem bestehen umfangreiche Veröffentlichungspflichten der Marktgebietsverantwortlichen. Die Bilanzkreisverantwortlichen können durch diese Informationen mögliche bilanzielle und wirtschaftliche Risiken erkennen, evaluieren und nötigenfalls ihr Marktverhalten entsprechend anpassen.
206Auch können eventuelle Ineffizienzen bei der Regelenergiebeschaffung durch die Bundesnetzagentur, aber auch von den Marktteilnehmern aufgedeckt werden.
207Auch die Begründung, aufgrund der Unvorhersehbarkeit, Unplanbarkeit und Unbeeinflussbarkeit der Ausgleichsenergiepreise seien für sie keine Handlungs- und Planungsspielräume eröffnet und die Festlegung auch aus diesem Grunde unverhältnismäßig, ist unzutreffend. Der Netzkodex Gasbilanzierung gibt in Art. 22 Abs. 2 die Berechnungsmethodik zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise für die Bilanzkreisverantwortlichen eindeutig vor. Hierbei können keinerlei Unvorhersehbarkeiten oder Unplausibilitäten verbleiben. Diese bestehen allenfalls hinsichtlich der tatsächlichen Höhe der erzielten Ausgleichsenergieentgelte, da die Regeenergiepreise und auch mengengewichtete Gasdurchschnittspreise eine gewisse Schwankung erfahren können. Dies entspricht indes dem alten System mit Bindung an die vier Handelspreise, die ebenfalls nicht vorhersehbar oder planbar waren. Im Übrigen ist eine gewisse Schwankung auch notwendig, um ausreichend Anreize für die Bilanzkreisverantwortlichen zum Ausgleich Ihrer Bilanzkreise zu setzen. Wäre die tatsächliche Höhe der Ausgleichsenergieentgelte von den Bilanzkreisverantwortlichen im Vorfeld vorhersehbar, könnten Sie diese in ihre ökonomischen Überlegungen einbeziehen und ein Anreizeffekt liefe ins Leere.
208Die Bilanzkreisverantwortlichen haben schließlich auch bei dem neuen System den Planungsspielraum und die Möglichkeit, ihre Bilanzkreise so zu bewirtschaften, dass diese ausgeglichen sind. Da auf den Internetseiten der beiden Marktgebietsverantwortlichen die vorläufigen Ausgleichsenergiepreise unter Angabe ihrer Bezugsgrößen stündlich aktualisiert werden auf Basis D, D-1 und D+1 liegen den Bilanzkreisverantwortlichen auch alle notwendigen Informationen vor, um einen ausgeglichenen Bilanzkreis zu planen und entsprechend zu handeln.
209Während die Ausgleichsenergieentgelte nach den Vorgaben des alten Systems ausschließlich von durchschnittlichen Handelspreisen abgeleitet wurden ohne eine unmittelbare Berücksichtigung der Regelenergiepreise, werden nunmehr die Regelenergiepreise bei der Berechnung berücksichtigt. Hierdurch wird die Kostenorientiertheit der Ausgleichsenergieentgelte sogar insgesamt verstärkt. Die Festlegung entspricht daher auch aus diesem Grund den Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung.
210ee) Die in Tenor zu Ziffer 2 vorgesehene Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise verletzt die Betroffene auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 16 und Art. 17 Abs. 1 der EU Grundrechtecharta.
211Es kann angenommen werden, dass der Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta eröffnet ist und die Bestimmungen der Festlegungen somit an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen anzuwenden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-617/10, NJW 2013, 1415 Rn. 19 mwN - Åkerberg Fransson; Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12, EuZW 2014, 597 Rn. 33 - Pfleger ua, BGH, Beschluss vom 26.01.2016, EnVR 51/14, Rn. 20 (juris)). Dies betrifft insbesondere Fallgestaltungen, in denen Mitgliedstaaten das Gemeinschaftsrecht, vor allem Verordnungen und Richtlinien, umsetzen oder durch allgemeine Rechtsakte oder Einzelakte durchführen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 5/88, Slg. 1989, 2609 Rn. 17 ff. - Wachauf). Diese Voraussetzungen dürften im Streitfall zutreffen. Die Bundesnetzagentur hat mit dem Erlass der streitgegenständlichen Festlegung im Bereich der Bilanzierung von Gasmengen die Verordnung EU Nr. 312/2014 der Kommission zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen umgesetzt. Zudem ergibt sich aus § 1 Abs. 3 EnWG, dass Zweck des Gesetzes die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung ist.
212Entgegen der mit der Beschwerde vorgebrachten Argumentation verstoßen die angegriffenen Regelungen der streitgegenständlichen Festlegung nicht gegen das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit nach Art. 16 und das Eigentumsrecht nach Art. 17 der Charta.
213Zwar können die Schutzbereiche dieser Grundrechte als berührt unterstellt werden. Nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes können aber weder das Eigentumsrecht noch die unternehmerische Freiheit uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 - C-306/93, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach dieser nunmehr in Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta normierten Rechtsprechung können die Ausübung des Eigentumsrechts sowie der unternehmerischen Freiheit Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren, den Wesensgehalt der Rechte antastenden Eingriff darstellen (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 22 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt). Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta setzt die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achtet. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).
214Nach diesen Maßgaben ist der mit den Vorgaben zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise verbundende Eingriff in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt.
215Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt entspricht die Regelung in Tenor zu Ziffer 2 der Festlegung zu den bei der Berechnung der Ausgleichsenergiepreise zu berücksichtigenden Preiselementen exakt den Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung. Soweit Preisspitzen bei der Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise auftreten, sind sie gewollt und entsprechen dem Netzkodex Gasbilanzierung. Die lediglich verbleibenden Spielräume hinsichtlich der zu berücksichtigenden Produkte zur Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und hinsichtlich der kleinen Anpassung, d.h. des Auf- und Abschlags auf den mengengewichteten Gasdurchschnittspreis, hat die Bundesnetzagentur in verhältnismäßiger, dem Netzkodex Gasbilanzierung entsprechender Weise umgesetzt. So sind aufgrund der in den letzten Gaswirtschaftsjahren sehr geringen Abrufhäufigkeit lokaler Regelenergieprodukte die lokalen Produkte bei der Ermittlung des ersten Preiselements nicht zu berücksichtigen. Die Höhe der kleinen Anpassung wurde auf 2 %, mithin sehr gemäßigt festgelegt, obwohl der in Art. 22 Abs. 7 Netzkodex Gasbilanzierung vorgegebene Spielraum für die kleine Anpassung bei einem Wert zwischen 0 % und 10 % liegt. Gerade durch die Nichtberücksichtigung der lokalen Regelenergieprodukte für das erste Preiselement und durch das Setzen der kleinen Anpassung auf lediglich 2 % werden unverhältnismäßig hohe Sprünge der Ausgleichsenergiepreise und damit eventuelle übermäßige finanzielle Belastungen für die Bilanzkreisverantwortlichen verhindert. Dadurch ist sichergestellt, dass die täglichen Ausgleichsenergieentgelte kostenorientiert sind und die mit physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen tatsächlich verbundenen Preise berücksichtigen und zur Erreichung der Zielvorgabe des Netzkodex Gasbilanzierung, die Netzintegrität und Netzstabilität zu sichern, geeignet, erforderlich und angemessen sind.
2162. Die unter Tenorziffer 4 getroffene Einführung untertägiger Verpflichtungen ist ebenfalls sowohl mit dem Netzkodex Gasbilanzierung sowie auch mit höherrangigen europäischen und nationalen Vorschriften vereinbar.
217a) Die Vorgaben für die Ermittlung der Ausgleichsenergiepreise und Abrechnung der täglichen Energiemengen ergeben sich aus Art. 25 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung.
218Die Bundesnetzagentur ist gemäß Art. 25 Abs. 2 und Art. 26 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung berechtigt, ein untertägiges Anreizsystem zu etablieren.
219Gemäß Art. 26 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung kann der Fernleitungsnetzbetreiber der nationalen Regulierungsbehörde eine untertägige Verpflichtung oder eine Änderung selbiger vorschlagen. Sie kann Merkmale der verschiedenen in Art. 25 beschriebenen Kategorien kombinieren, sofern der Vorschlag die in Abs. 2 festgelegten Kriterien erfüllt. Das Vorschlagsrecht des Fernleitungsnetzbetreibers berührt nicht das Recht der nationalen Regulierungsbehörde, von sich aus einen Beschluss zu fassen.
220§ 26 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung sieht vor, dass jede untertägige Verpflichtung die folgenden Kriterien erfüllen muss:
221a) |
Eine untertägige Verpflichtung und ein damit verbundenes untertägiges Entgelt dürfen den grenzüberschreitenden Handel und den Eintritt neuer Netznutzer in den relevanten Markt nicht unangemessen beschränken. |
b) |
Eine untertägige Verpflichtung wird nur dann angewendet, wenn den Netznutzern angemessene Informationen zur Verfügung gestellt werden, bevor ein etwaiges untertägiges Entgelt für ihre Ein- und/oder Ausspeisungen zur Anwendung kommt, und wenn sie über zumutbare Möglichkeiten verfügen, um ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten. |
c) |
Die Hauptkosten, die den Netzkunden hinsichtlich ihrer Bilanzierungsverpflichtungen entstehen, müssen sich auf ihren Bilanzierungsstatus am Ende des Gastages beziehen. |
d) |
Soweit möglich müssen untertägige Entgelte die Kosten widerspiegeln, die dem Fernleitungsnetzbetreiber für die Durchführung etwaiger damit verbundener physikalischer Bilanzierungsmaßnahmen entstanden sind. |
e) |
Eine untertägige Verpflichtung führt nicht dazu, dass die Bilanzierungsportfolios der Netznutzer während des Gastages vollständig abgerechnet werden. |
f) |
Die Vorteile der Einführung einer untertägigen Verpflichtung in Bezug auf den wirtschaftlichen und effizienten Betrieb des Fernleitungsnetzes überwiegen gegenüber etwaigen potenziellen negativen Auswirkungen, auch auf die Liquidität der Handelsgeschäfte am virtuellen Handelspunkt. |
Art. 25 Abs. 2 betrifft die untertägige Verpflichtung in Bezug auf das Bilanzierungsportfolio und sieht folgende Regelung vor: „Diese Verpflichtung wird so konzipiert, dass sie Anreize für die Netznutzer setzt, ihre jeweiligen Bilanzierungsportfolios während des Gastages innerhalb einer vorab festgelegten Spanne zu halten, und gibt Folgendes vor: a) für jedes Bilanzierungsportfolio die Spanne, innerhalb der dieses Bilanzierungsportfolio bleiben muss; b) wie die oben genannte Spanne bestimmt wird; c) die Folgen, die sich für Netzkunden ergeben, wenn sie nicht innerhalb der festgelegten Spanne bleiben, und gegebenenfalls Angaben dazu, wie ein etwaiges entsprechendes Entgelt abgeleitet wird und d) das damit verbundene Entgelte, dass auf dem untertägigen Bilanzierungsstatus des Netznutzers basiert.
223Mit den Regelungen in Tenorziffer 4 hält sich die Bundesnetzagentur an diese Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung.
224b) Die Bestimmungen zu Tenorziffer 4 der Festlegung verstoßen weder gegen die Regelung in Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung, noch leiden sie an einem Begründungsmangel.
225aa) Ein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung liegt nicht vor.
226Die Rüge der Betroffenen, die Bundesnetzagentur habe die Vorgaben des Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung verkannt, weil bereits in der Erarbeitung des Empfehlungsdokuments der Fernleitungsnetzbetreiber und Marktgebietsverantwortlichen vom 03.03.2014 eine Einbeziehung bzw. Konsolidierung der Bilanzkreisverantwortlichen nicht erfolgt sei, geht fehl. Nach Art. 26 Abs. 4 Netzkodex Gasbilanzierung hat der Fernleitungsnetzbetreiber die Interessenträger, einschließlich der nationalen Regulierungsbehörden, der betroffenen Verteilernetzbetreiber und der Fernleitungsnetzbetreiber in angrenzenden Bilanzierungszonen, zu jeder untertägigen Verpflichtung, deren Einführung er beabsichtigt, sowie zu der Methodik und den Annahmen, die der Schlussfolgerung zu Grunde liegen, wonach die Verpflichtung die in Absatz 2 festgelegten Kriterien erfüllt, zu konsultieren. Die Marktgebietsverantwortlichen haben die entsprechende Konsultation vom 17. bis zum 31.01.2014 durchgeführt und den Marktteilnehmern die Möglichkeit gegeben, sich unter anderem über das untertägige Anreizsystem zu informieren und dieses zu kommentieren. Das Konsultationsdokument der Fernleitungsnetzbetreiber / Marktgebietsverantwortlichen enthielt sowohl eine dezidierte Darstellung der Gründe, die aus Sicht der Fernleitungsnetzbetreiber / Marktgebietsverantwortlichen für die Notwendigkeit der Einführung von untertägigen Verpflichtungen sprechen, als auch Analysen und Schlussfolgerungen dazu, dass das von Ihnen vorgeschlagene untertägige Anreizsystem die Kriterien gemäß Art. 26 Abs. 2 Netzkodex Gasbilanzierung erfüllt. Hierauf haben insgesamt 20 Interessenträger reagiert und eine Stellungnahme abgegeben, wobei 11 von ihnen Händler und damit potentielle Bilanzkreisverantwortliche waren.
227bb) Auch die von der Betroffenen aufgezeigten Begründungsmängel bestehen nicht.
228(1) Wie bereits ausgeführt bedarf es insoweit keines Rückgriffs auf Art. 41 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta (vgl. ZifferII.1.b)aa)(1)), sondern ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung anhand der Vorschrift des § 73 S. 1 EnWG zu überprüfen.
229Der Umfang der nach 73 Abs. 1 S. 1 EnWG erforderlichen Begründung richtet sich nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Danach muss die Regulierungsbehörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen. Die Behörde muss den zugrunde liegenden Sachverhalt, ihre eigenen rechtlichen Erwägungen sowie die zentralen Argumente der Beteiligten darstellen. Es genügt, wenn die Behörde die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung angibt, so dass eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (vgl. Senat, Beschl. v. 22.08.2012, VI-3 Kart 39/11; Hanebeck, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 8; Turiaux, in: Kment, EnWG, 2015, § 73 Rdn. 4).
230Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid. In den ausführlichen Beschlussgründen sind die wesentlichen Gesichtspunkte für das Verfahren zur Einführung eines untertägigen Anreizsystems dargelegt. Die Bundesnetzagentur ist in der Begründung auf die einzelnen Stellungnahmen eingegangen und hat sich mit diesen auseinandergesetzt. Sie hat die in Art. 24 bis 28 gemachten Vorgaben des Netzkodex Gasbilanzierung zu dem untertägigen Anreizsystem beachtet und ist auf diese inhaltlich eingegangen. Dabei hat sie auch Ausführungen dazu gemacht, warum untertägige Verpflichtungen für die Aufrechterhaltung der Systemstabilität notwendig seien. Eine Kontrolle der Überprüfung der Entscheidung ist ohne weiteres möglich.
231(2) Entgegen der Auffassung der Betroffene stellt es auch keinen Begründungsmangel dar, dass die Bundesnetzagentur sich nicht ausdrücklich mit unionsrechtlichen Vorgaben auseinandergesetzt hat. Dass sich die Bundesnetzagentur nicht mit unionsrechtlichen Vorgaben befasst, sondern ohne weiteres nationales Recht anwendet, bedeutet, dass sie weder einen Konflikt- oder Kollisionsfall zwischen diesen und den nationalen Normen annimmt noch eine Auslegung der nationalen Normen anhand unionsrechtlicher Vorgaben für erforderlich hält. Ein Begründungsmangel liegt damit nicht vor.
232c) Die Regelungen zum untertägigen Anreizsystem in Tenor zu Ziffer 4 sind auch materiell rechtmäßig. Sie verstoßen nicht gegen europarechtliche oder nationale Vorgaben.
233aa) Regulierungsermessen
234Bei der Ausgestaltung der Vorgaben aus dem Netzkodex zur Bestimmung der Ausgleichsenergieentgelte steht der Bundesnetzagentur ein Regulierungsermessen zu, soweit sie die Vorgaben aus dem Netzkodex Gasbilanzierung beachtet.
235Sind gesetzlich normierte Grundlagen auszufüllen, unterliegt dies der uneingeschränkten Überprüfung durch den Tatrichter, soweit es um die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen geht (vgl. BGH, Beschluss 27.1.2015, EnVR 39/13, Rn. 13, „Thyssengas GmbH“). Ist eine wertende Betrachtung erforderlich, eine Vielzahl von Fragen einzubeziehen, die nicht exakt im Sinne von „richtig oder falsch“ beantwortet werden kann, ist ein Spielraum eröffnet (vgl. BGH, Beschluss 27.1.2015, EnVR 39/13, Rn. 13, „Thyssengas GmbH“). So steht den Regulierungsbehörden etwa im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bei der Auswahl der einzelnen Parameter und Methoden im Rahmen des Effizienzvergleichs ein Spielraum zu, der in einzelnen Aspekten einem Beurteilungsspielraum, in anderen Aspekten einem Regulierungsermessen gleichkommt (BGH, Beschluss vom 21.01.2014, EnVR 12/12, „Stadtwerke Konstanz GmbH“, Rn. 10, 25 ff., juris; BGH, Beschlüsse vom 22.07.2014, EnVR 58/12 und EnVREnVR 59/12, Rn. 13, juris). Ob und inwieweit es sich bei den der Regulierungsbehörde eröffneten Spielräumen um einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite der Norm oder um ein Regulierungsermessen auf der Rechtsfolgenseite handelt, kann offenbleiben. Die für diese beiden Kategorien geltenden Kontrollmaßstäbe unterscheiden sich eher verbal und weniger in der Sache (BGH, Beschluss vom 21.01.2014, EnVR 12/12, „Stadtwerke Konstanz GmbH“, Rn. 26 f. m. w. Nachw., juris).
236Nach diesen Grundsätzen ist die Frage, wie das untertägige Anreizsystem bei Beachtung der Vorgaben des Netzkodex ausgestaltet werden soll, von der Bundesnetzagentur innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bzw. Regulierungsermessens auszufüllen. Es kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht, die unter der vom Netzkodex Gasbilanzierung vorgesehenen Voraussetzung stehen, die Netzintegrität des Fernleitungsnetzes sicherzustellen und die Durchführung von physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen zu reduzieren.
237bb) Untertägiger Anreizmechanismus
238Die Bundesnetzagentur setzt in Tenorziffer 4 der streitgegenständlichen Festlegung in rechtmäßiger Weise im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums bzw. Regulierungsermessens die Vorgaben der Art. 24-27 Netzkodex Gasbilanzierung um.
239(1) Die Regelungen in Tenorziffer 4 zum untertägigen Anreizmechanismus entsprechen der Intention des Netzkodex Gasbilanzierung und sind nicht zu beanstanden.
240Nach den Regelungen in Tenorziffer 4 sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
241(a) RLM-Entnahmestellen
242Für RLM-Entnahmestellen ist entweder der stündliche Anteil der gleichmäßig als Tagesband über den Gastag verteilten täglichen Ist-Entnahmemenge (Untergruppe RLMmT) oder die stundenscharfe Ist-Entnahmemenge (Untergruppe RLMoT) relevant.
243Jedem Bilanzkreisverantwortlichen steht gemäß Ziffer 4 b) bb) das Wahlrecht zu, die von ihm belieferten RLM-Entnahmestellen einer der beiden Untergruppen zuordnen zu lassen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es bei RLM-Entnahmestellen solche mit einem gut und solche mit einem weniger gut planbaren Tagesverbrauch gibt. Entnahmestellen, bei denen die Verbrauchswerte für den Tag D+1 gut prognostiziert werden können, sollten daher der Untergruppe RLMmT zugeordnet werden.
244Für RLMmT-Entnahmestellen wird der stündliche Anteil der gleichmäßig als Tagesband über den Gastag verteilten täglichen Ist-Entnahmemenge als Ausspeisemenge in der Bilanz allokiert. Die untertägige Verbrauchsstruktur der RLMmT-Entnahmestelle spielt in diesem Fall für das untertägige Anreizsystem keine Rolle, da ausspeiseseitig ein Tagesband allokiert wird und durch das Einspeisen eines entsprechenden Tagesbandes durch den Bilanzkreisverantwortlichen untertägige Abweichungen vollständig vermieden werden können. Es wird eine Toleranz gewährt, die für jede Stunde des Gastages +/- 7,5 % der an RLM-Entnahmestellen ausgespeisten Tagesmenge beträgt.
245Dem Bilanzkreisverantwortlichen werden durch den Marktgebietsverantwortlichen entsprechend Ziffer 5 a) und b) des Tenors der streitgegenständlichen Festlegung innerhalb des Gastages D zweimal Informationen zu den seinem Bilanzkreis zuzuordnenden RLM-Entnahmestellen übermittelt. Stellt der Bilanzkreisverantwortliche anhand dieser Meldungen eine Abweichung zwischen seiner Verbrauchsprognose am Tag D-1 und dem tatsächlichen Verbrauch an Tag D fest, kann er seine Einspeisungsnominierung entsprechend anpassen
246Für RLMoT-Entnahmestellen wird die stundenscharfe Ist-Entnahmemenge, also der tatsächliche gemessene Ausspeisewert, wird als Ausspeisewert in den Bilanzkreis allokiert.
247Hier wird die tatsächlich in der jeweiligen Stunde ausgespeiste Menge für die Berechnung der Strukturierungsbeiträge nach GaBi Gas und für die Berechnung der bilanziellen Flexibilitätsmenge nach GaBi Gas 2.0 herangezogen, wobei gemäß GaBi Gas 1.0 lediglich eine stündliche Toleranz i.H.v. 2 % bezogen auf die an diesem Punkt ausgespeiste, gemessene stündliche Menge gewährt wird und die Toleranz im Rahmen der streitgegenständlichen Festlegung auf 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge pro Stunde erhöht worden ist, was die Bilanzkreisverantwortlichen im Rahmen des untertägigen Anreizsystems deutlich entlastet.
248(b) SLP-Entnahmestellen
249Das SLP-Verfahren stellt seiner Natur nach grundsätzlich nicht auf die tatsächlichen Gasflüsse, sondern auf abstrahierte allgemein als typisch anerkannte Lastgänge für bestimmte Gruppen von Entnahmestellen ab. Gemäß Ziffer 4 b) cc) des Tenors der Festlegung wird für SLP-Entnahmestellen als Ausspeisewert in den Bilanzkreis der stündliche Anteil der gleichmäßig als Tagesband über den ganzen Tag verteilten Tagesmenge des Standardlastprofils allokiert. Dabei obliegt es den Ausspeisenetzbetreibern, durch Vorgabe sachgerechter Standardlastprofile den tatsächlichen Bezug in ihrem Netz möglichst exakt abzubilden und so zur Reduzierung des Regelenergiebedarfs im Marktgebiet beizutragen. Der Bilanzkreisverantwortlichen kann dementsprechend jegliche untertägige Abweichungen in seinem Bilanzkreis vermeiden, indem er an Tag D die ihm an Tag D-1 vom Marktgebietsverantwortlichen übermittelte Gasmenge für die von ihm belieferten SLP Entnahmestellen als Tagesband in seinen Bilanzkreis einspeist. Die aufgetretenen Abweichungen zwischen dem Prognosewert an Tag D-1 und dem tatsächlichen Verbrauch der SLP Entnahmestellen am Tag D sind für das untertägige Anreizsystem nicht relevant.
250(2) Die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 2 lit. b) und lit. f) Netzkodex Gasbilanzierung sind erfüllt. Die Netznutzer, hier die Bilanzierungskreisverantwortlichen, verfügen über zumutbare Möglichkeiten, ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten und die Vorteile der Einführung untertägiger Verpflichtungen überwiegen gegenüber etwaigen potentiellen negativen Auswirkungen.
251Entgegen der Darstellung der Betroffenen erfolgt im Rahmen des untertägigen Anreizsystems gemäß Ziffer 4 der Festlegung keine untertägige Gegenüberstellung zwischen in den Rechnungsbilanzkreis ausspeiseseitig allokierten und den tatsächlich verbrauchten Gasmengen. Vielmehr werden die in den jeweiligen Rechnungsbilanzkreis allokierten Einspeisemengen mit den allokierten Ausspeisemengen des Rechnungsbilanzkreises verglichen.
252Folge ist, dass stündliche Abweichungen des tatsächlichen stündlichen Verbrauchs von Entnahmestellen der Fallgruppen RLMmT und SLP von den einspeiseseitig allokierten Mengen in den Rechnungsbilanzkreis im Rahmen des untertägigen Anreizsystems irrelevant sind. Insoweit trifft die Behauptung der Betroffenen, dass es aufgrund von Differenzen zwischen tatsächlich verbrauchten und einspeiseseitig allokierten Gasmengen in den Rechnungsbilanzkreis zu im Rahmen des untertägigen Anreizsystems abrechnungsrelevanten stündlichen Differenzen kommen könne, nicht zu.
253(a) RLMmT
254Dadurch, dass bei den Entnahmestellen ausspeiseseitig ein Tagesband allokiert wird, kann der Bilanzkreisverantwortliche durch das Einspeisen eines entsprechenden Tagesbandes untertägige Abweichungen gänzlich vermeiden. Die untertägige Verbrauchsstruktur der RLMmT-Entnahmestelle spielt daher bei den RLMmT-Entnahmestellen für das untertägige Anreizsystem keine Rolle.
255Die Gewährung einer stündlichen Toleranz i.H.v. 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge ist auch ausreichend, um den Bilanzkreisverantwortlichen in die Lage zu versetzen, sein Bilanzierungsportfolio täglich ausgeglichen zu halten.
256Denn zum Einen kennt der Bilanzkreisverantwortliche während des Gastages D den tatsächlichen Verbrauch, weil der Marktgebietsverantwortliche ihm entsprechend Ziffer 5 a) und b) des Tenors der streitgegenständlichen Festlegung innerhalb des Gastages D zweimal Informationen zu den seinem Bilanzkreis zuzuordnenden RLM-Entnahmestellen übermittelt. Stellt der Bilanzkreisverantwortliche anhand dieser Meldungen eine Abweichung zwischen seiner Verbrauchsprognose am Tag D-1 und dem tatsächlichen Verbrauch an Tag D fest, kann er seine Einspeisungsnominierung entsprechend anpassen. Hierfür stehen ihm die Buchung von Speicherscheiben oder Transportkapazitäten sowie auch der liquide Spotmarkt in beiden Marktgebieten zur Verfügung.
257Zum Anderen entspricht die Toleranz von 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge pro Stunde bezogen auf den innerhalb des Tagesbandes stündlichen allokierten Ausspeisewert in der Größenordnung exakt der nach dem bestehenden Bilanzierungsregime nach GaBi Gas geltenden und von der Betroffene als sachgerecht beschriebenen Toleranz für Entnahmestellen der Untergruppe RLMmT von 15 %, wie folgendes Rechenbeispiel der Bundesnetzagentur (Seite 20/21 der Beschwerdeerwiderung (Bl. 241/242 GA)) zeigt:
258„Bei einer ausgespeisten Tagesmenge i.H.v. 2400 Mengeneinheiten (ME) und einem arithmetisch gemittelten stündlichen Allokationswert i.H.v. 100 ME ergibt sich eine stündliche Toleranz in Höhe von +/-15 ME nach GaBi Gas. Unter der Annahme, dass der Bilanzkreis am Ende des Gastages ausgeglichen ist, kann der Bilanzkreisverantwortliche die gewährte Toleranz maximal 12 Stunden in eine Richtung ausnutzen, ohne den Strukturierungsbeitrag nach GaBi Gas bezahlen zu müssen. Kumuliert betrachtet nutzt der Bilanzkreisverantwortliche daher eine Toleranzmenge i.H.v. 180 ME. Dies entspricht 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge von 2400 ME.“
259Unzutreffend ist vor diesem Hintergrund die Ausführung der Betroffenen, eine durch die Addition der stündlichen Abweichungen einmal entstandene Unausgeglichenheit bzw. Schieflage im Bilanzkreis setze sich von Stunde zu Stunde fort und werde in jeder Stunde aufs Neue, mithin mehrfach sanktioniert, obwohl verursachungsgerecht nur die Sanktionierung der unplanbaren Abweichungen in den Stunden wäre, in denen der höhere Bedarf entstanden sei.
260Auch das Kostenbeispiel (Seite 83 der Beschwerdebegründung, Bl. 103) geht von falschen Voraussetzungen aus und stützt daher nicht erfolgreich die von der Betroffene vertretene Auffassung. Dieses und die in der Anlage BF 6 geäußerte Kritik aus der ersten Konsultation beziehen sich auf das von den Marktgebietsverantwortlichen im Rahmen des Empfehlungsdokumentes vom 04.03.2014 vorgeschlagene untertägige Anreizsystem, dass sich von dem untertägigen Anreizsystem in Ziffer 4 des Tenors unterscheidet. So sah es unter anderem keine unterschiedlichen Fallgruppen bei den RLM-Entnahmestellen vor. Vielmehr sollten alle RLM-Entnahmestellen der Fallgruppe RLMoT zugeordnet werden. Ebenfalls sollte die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrages aus der Differenz der Referenzpreise für den Ein- und Verkauf von Regelenergie gebildet werden.
261(b) RLMoT
262Nur bei dieser Untergruppe wird die tatsächlich in der jeweiligen Stunde ausgespeiste Menge für die Berechnung der bilanziellen Flexibilitätsmenge nach GaBi Gas 2.0 herangezogen. Dies entspricht indes dem System nach GaBi Gas 1.0, dass die Betroffene für sachgerecht hält. Im Gegensatz zu dem System nach GaBi Gas 1.0 werden die Bilanzreisverantwortlichen vielmehr sogar entlastet. Während den Bilanzkreisverantwortlichen nach GaBi Gas. 1.0 zu Berechnung des Strukturierungsbeitrages lediglich eine stündliche Toleranz i.H.v. 2 % bezogen auf die an diesem Punkt ausgespeiste, gemessene stündliche Menge gewährt wurde, räumt die angegriffene Festlegung GaBi Gas 2.0 den Bilanzkreisverantwortlichen eine Toleranz in Höhe von 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge pro Stunde, mithin eine wesentlich höhere Toleranz ein, wie das folgende Beispiel der Bundesnetzagentur (Seite 21/22 der Beschwerdeerwiderung, Bl. 242/243 GA) zeigt:
263„Im stündlichen Anreizsystem nach GaBi Gas würde einer RLMoT-Entnahmestelle mit einer stündlichen Ausspeisung i.H.v. 100 ME eine stündliche Toleranz i.H.v. 2 % = 2 ME gewährt, während derselben Entnahmestelle entsprechend der streitgegenständlichen Festlegung eine stündliche Toleranz i.H.v. 180 ME (2400 ME X 7,5 %) gewährt würde“.
264Da die Bilanzkreisverantwortlichen wählen können, ob eine Entnahmestelle der Gruppe RLMoT oder der Gruppe RLMmT zugewiesen wird, besteht für die Bilanzkreisverantwortlichen auch bei RLM-Kunden mit unplanbaren Tagesverbrauch die Möglichkeit, den Bilanzkreis ausgeglichen zu halten.
265Für beide Untergruppen gilt, dass das Anreizsystem auch nicht deshalb rechtswidrig ist, weil die stündlichen Salden richtungsunabhängig addiert werden. Eine Kumulierung der über die gewährte Toleranz hinausgehenden untertägigen Bilanzierungsungleichgewichte ist sachgerecht und geboten. Würde der Flexibilitätskostenbeitrag nicht auf die gesamte, eine etwaige toleranzüberschreitende Menge, sondern z.B. lediglich auf die jeweils höchste Abweichung innerhalb des Gastages erhoben, würde dies dazu führen, dass die ohnehin vergleichsweise hohe stündliche Toleranz von 7,5 % der ausgespeisten Tagesmenge im Ergebnis um den Wert der darüber hinausgehenden Abweichungen ausgedehnt würde. Beliebig viele weitere Über- und Unterschreitungen der ursprünglich gewährten Toleranz innerhalb des Gastages würden nicht mehr zu weiteren Zahlungen des Flexibilitätskostenbeitrags durch den Bilanzkreisverantwortlichen führen. Damit bestünde für den Bilanzkreisverantwortlichen aber auch kein Anlass mehr, seinen Bilanzkreis ausgeglichen zu halten. Ebenso würden die Kosten, welche dem Marktgebietsverantwortlichen durch den Einsatz von Regelenergie zum Ausgleich des durch den untertägig über- und/oder unterspeisten Bilanzkreis verursachten Regelenergiebedarfs entstehen, auf alle Marktteilnehmer verteilt und nicht in hinreichender Höhe durch den verursachenden Bilanzkreisverantwortlichen getragen.
266(c) SLP-Entnahmestellen
267Bei SLP-Entnahmestellen haben die Bilanzkreisverantwortlichen ohne weiteres die Möglichkeit, ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten. Die Ausspeisenetzbetreiber geben sachgerechte Standardlastprofile vor, die den tatsächlichen Bezug in ihrem Netz möglichst exakt widerspiegeln. Der Bilanzkreisverantwortliche übernimmt lediglich die Vorgaben des Ausspeisenetzbetreibers. Er kann dementsprechend jegliche untertägige Abweichungen in seinem Bilanzkreis bezogen auf SLP-Entnahmestellen vermeiden, indem er an Tag D die ihm an Tag D-1 vom Marktgebietsverantwortlichen übermittelte Gasmenge für die von ihm belieferten SLP Entnahmestellen als Tagesband in seinen Bilanzkreis einspeist. Prognoserisiken bestehen für den Bilanzkreisverantwortlichen gerade nicht. Die aufgetretenen Abweichungen zwischen dem Prognosewert an Tag D-1 und dem tatsächlichen Verbrauch der SLP Entnahmestellen am Tag D sind für das untertägige Anreizsystem nicht relevant. Diese Abweichungen werden im Rahmen einer so genannten „Mehr- und Mindermengenabrechnung“ jährlich zwischen den beteiligten Parteien gesondert abgerechnet.
268Unerheblich sind daher die gesamten Ausführungen der Betroffenen zu den Einflussmöglichkeiten des Bilanzkreisverantwortlichen auf die Prognose, insbesondere zu Temperaturschwankungen und der Qualität von Temperaturprognosen. Denn die Bilanzkreisverantwortlichen werden bei den SLP-Entnahmestellen gerade nicht für Abweichungen – etwa bei der Temperaturprognose oder im Falle eines geänderten Abnahmeverhaltens des Letztverbrauchers – durch die Erhebung des Flexibilitätskostenbeitrages in die Verantwortung genommen.
269Da die Regelungen in Tenorziffer 4 für ein ausgeglichenes Bilanzierungsportfolio sorgen, erfüllen sie auch die höherrangigen europarechtlichen Vorgaben des Art. 24 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung
270(3) Der Einwand der Betroffenen, die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 lit. a) Netzkodex Gasbilanzierung seien deshalb nicht erfüllt, weil die Bundesnetzagentur für den Flexibilitätskostenbeitrag keine dem derzeitigen Strukturierungsbeitrag vergleichbare Kappungsgrenze von 15 % des mittleren Ausgleichsenergiepreises vorgesehen habe, was die finanziellen Nachteile zusätzlich verschärfe, trifft nicht zu. Hierzu meint sie, das nationale Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland mache untertägige Verpflichtungen mit keiner (SLP) bzw. einer (zu) niedrig angesetzten Toleranz von +/-7,5 % (RLM) und der Erhebung des Flexibilitätskostenbeitrages keineswegs „notwendig“, da für den deutschen Gasmarkt ein bewährtes nationales Bilanzierungssystem bestehe.
271Zunächst verkennt die Betroffene, dass das angegriffene neue System nach GaBi Gas 2.0, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Höhe des Flexibilitätskostenbeitrages dem alten System entspricht bzw. die Bilanzkreisverantwortlichen sogar entlastet. Zum einen wird die Toleranz im Vergleich zum bestehenden stündlichen Anreizsystem deutlich erhöht (RLMoT) bzw. bleibt dem Grunde nach gleich (RLMmT). Zum anderen fallen Flexibilitätskostenbeiträge nur an, wenn die Voraussetzungen gemäß Tenor Ziffer 4 c) aa) vorliegen. Danach erheben die Marktgebietsverantwortlichen nur an den Tagen einen Flexibilitätskostenbeitrag, an denen im Marktgebiet ein gegenläufiger Regelenergieeinsatz (Einkauf und Verkauf von Regelenergie) über MOL Rang 1 gemäß Ziffer 6 vorgelegen hat und dem Marktgebietsverantwortlichen hierdurch Kosten entstanden sind. An Gastagen, an denen diese Kriterien nicht erfüllt werden, ist kein Flexibilitätkostenbeitrag zu erheben. Legt man Zahlen des Gaswirtschaftsjahres 2013/2014 zu Grunde, wäre im Marktgebiet … an zwölf Tagen ein Flexibilitätskostenbeitrag erhoben worden, der im Durchschnitt 1,50 € / MWh betragen hätte. Demgegenüber ist der Strukturierungsbeitrag gemäß GaBi Gas an allen 365 Tagen des Gaswirtschaftsjahres erhoben worden und hat für den gleichen Zeitraum im Mittel 3,50 € / MWh betragen.
272Im Anreizsystem nach GaBi Gas 1.0 fallen die Strukturierungsbeiträge dagegen für jede Stunde an, in der die gewährte Toleranz überschritten wurde, unabhängig davon, ob der Marktgebietsverantwortlichen Regelenergie für Strukturierungszwecke eingesetzt hat und ihm hierdurch Kosten entstanden sind.
273Mit Einführung der Neuregelung und der damit einhergehenden Verbesserung hat die Bundesnetzagentur gerade bewährten nationalen Bilanzierungspraktiken Rechnung getragen, wie Ziffer 11 der Präambel des Netzkodex Gasbilanzierung vorgibt.
274(4) Die angegriffene Tenorziffer liefert auch einen Beitrag zur Netzintegrität und Liquidität und erfüllt insoweit die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung. Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Einführung von untertägigen Verpflichtungen steht primär, was auch die Betroffene anerkennt, die Netzstabilität und Versorgungssicherheit im Vordergrund. Sinn und Zweck der untertägigen Verpflichtungen ist gemäß Art. 24 Abs. 1 Netzkodex Gasbilanzierung Anreize zum untertägigen Ausgleich von Bilanzkreisen zu setzen, um die Netzintegrität sicherzustellen und die Durchführung von physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen zu minimieren. Ohne jegliche untertägige Verpflichtungen bestünde die Gefahr erheblicher einseitiger Fehlmengen in einem Marktgebiet. In einem Tagesbilanzierungsregime ohne jegliche Anreize für die Netznutzer, ihr Transportverhalten innerhalb des Gastages anzupassen, sind Netznutzer nicht gehindert, ihren gesamten Gasbedarf möglichst spät, d.h. innerhalb weniger Stunden zum Ende eines Gastages, in das System einzuspeisen. Handeln einige Netznutzer dergestalt, könnte dies zu erheblichen Überschüssen in den Netzen gegen Ende des Gastages und Unterschreitungen im früheren Verlauf des Gastages führen. Diese untertägigen Differenzen hätten die Marktgebietsverantwortlichen durch den Einsatz kostspieliger, letztlich von allen Netznutzern zu tragender Regelenergie auszugleichen. Durch das untertägige Anreizsystem gemäß Ziffer 4 des Tenors werden die Netznutzer angereizt, selbst für die untertägige Ausgeglichenheit ihrer Bilanzierungsportfolien zu sorgen und dies gegebenenfalls durch untertägige Handelsgeschäfte am virtuellen Handelspunkt zu gewährleisten. Hierfür stehen den Netznutzern, wie bereits ausgeführt, diverse Möglichkeiten zur Verfügung.
275Das Beispiel der Betroffene zu den Auswirkungen auf dem Strommarkt bezieht sich erneut nicht auf das in Tenorziffer 4 festgelegte Anreizsystem, sondern auf das in der ersten Konsultation konsultierte Anreizsystem, vermag die Auffassung der Betroffene daher aus den zuvor genannten Gründen nicht zu stützen.
276(5) Das untertägige Anreizsystem gemäß Ziffer 4 Netzkodex Gasbilanzierung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es zu einer übermäßigen finanziellen Belastung der Bilanzkreisverantwortlichen in Form einer einseitigen Pönale führt und so gegen Art. 26 Abs. 2 lit. b Netzkodex Gasbilanzierung verstößt. Die Auffassung der Betroffenen, aufgrund der Kumulierung der stündlichen Salden über den Gastag bedinge bereits eine einmalige Überschreitung der Toleranzschwelle einen fortgeschriebenen Schiefstand des jeweiligen Bilanzkreises und führe zu einem einseitigen Risiko für die Bilanzkreisverantwortlichen, ist unzutreffend.
277Wie bereits ausgeführt geht die Betroffene von einer falschen Tatsachengrundlage aus. Flexibilitätskostenbeiträge können bei der Belieferung der SLP-Entnahmestellen nur entstehen, wenn die Bilanzkreisverantwortlichen mit ihren Einspeisungen von dem in den Bilanzkreis allokierten Wert abweichen, den die Ausspeisenetzbetreibern anhand der Lastprofile stündlich vorgeben. Da dieser Wert dem Bilanzkreisverantwortlichen bereits am Vortag bekannt ist, sind Abweichungen hiervon vollständig vermeidbar. Im Übrigen stellen diese Regelungen keine Neuerungen dar, da sie bereits in gleicher Form im geltenden Bilanzierungssystem nach GaBi Gas 1.0 Anwendung fanden.
278Eine Pönalisierung kann auch nicht durch unplanbare Ausfälle von RLM-Entnahmestellen entstehen. Dem Bilanzkreisverantwortlichen steht es frei, die von ihm belieferte RLM Entnahmestelle der Untergruppe RLMmT oder RLMoT zuzuordnen. Die Toleranzgrenzen sind ebenso hoch (RLMmT) wie bzw. höher (RLMoT) als nach dem alten System.
279Die Höhe des Flexibilitätskostenbeitrags orientiert sich streng an den mengengewichteten Durchschnittskosten des Marktgebietsverantwortlichen für den Einsatz von Flexibilitätsenergie und enthält keine darüber hinausgehenden Pönalisierungselemente.
280Entgegen der Auffassung der Betroffene stellt das neue System auch einen Anreiz zu beeinflussbaren Maßnahmen dar und führt langfristig zu einer Verbesserung der Ausgeglichenheit der Bilanzkreise und damit auch zur Minimierung des Regelenergieeinsatzes. Damit trägt es zur Versorgungssicherheit bei und führt wegen der Reduzierung des Regelenergiebedarfs auch zu einer preisgünstigen Energieversorgung.
281(6) Schließlich verstößt die angegriffene Neuregelung auch nicht gegen Art. 26 Abs. 2 lit. a Netzkodex Gasbilanzierung da sie nicht den Eintritt neuer Netznutzer in den Gasmarkt unangemessen beschränkt. Die bei RLM-Entnahmestellen den Netznutzern gewährte stündliche Toleranz in Höhe von +/-7,5 % ausgespeisten Tagesmengen ist hinreichend hoch und entspricht dem alten System bzw. geht noch über dieses hinaus. Damit ist auch neuen Netznutzern mit tendenziell kleineren Portfolien eine Versorgung von Endkunden möglich, ohne zwangsläufig einen Flexibilitätskostenbeitrag zahlen zu müssen. Der Ausgleich der untertägigen Bilanzkreisdifferenzen kann von den Netznutzern über den liquiden Handelsmarkt in den Marktgebieten oder durch die ex-ante Buchung von Flexibilität z.B. in Form einer Speicherscheibe erfolgen.
282Bei SLP-Entnahmestellen erfolgt die untertägige Bilanzierung für den Bilanzkreisverantwortlichen risikolos. Abweichungen zwischen den auf Basis von Standardlastprofilen am Vortag der Lieferung prognostizierten Gasmengen und den tatsächlich gemessenen Verbräuchen sind für das untertägige Anreizsystem, wie bereits ausgeführt, nicht relevant. Eine Einschränkung des Markteintritts besteht insoweit bei diesen Entnahmestellen nicht.
283(7) Die streitgegenständliche Regelung zum untertägigen Anreizsystem verstößt auch nicht gegen den europarechtlichen Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit. Die Höhe des Schwellenwertes entspricht den Vorgaben der Festlegung GaBi Gas 1.0 bzw. geht darüber hinaus und ist, wie umfangreich ausgeführt, sachgerecht und auch von Bilanzkreisverantwortlichen mit kleineren Portfolien ohne Weiteres einzuhalten. Eine ungerechtfertigte Diskriminierung einzelner Gruppen durch den einheitlichen Schwellenwert besteht vor diesem Hintergrund nicht.
284(8) Es liegt auch kein Verstoß gegen den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Wie dargestellt trägt das untertägige Anreizsystem zu Netzintegrität und Netzstabilität und damit zur Minimierung von physikalischen Bilanzierungsmaßnahmen bei. Die Bilanzkreisverantwortlichen haben auch die Möglichkeit, ihre Bilanzierungsportfolios ausgeglichen zu halten. Eine Pönalisierung ist nicht gegeben.
285Soweit die Betroffene eine Unverhältnismäßigkeit der Regelung mit einer kostenintensiven Anpassung der IT-Systeme begründet, sind die Ausführungen bereits unsubstantiiert. Die Betroffene legt nicht einmal dar, wie hoch entsprechende Kosten wären.
286(9) Das in Tenor zu Ziffer 4 vorgesehene untertägige Anreizsystem verletzt die Betroffene auch nicht in ihren Grundrechten aus Art. 16, Art. 17 Abs. 1 und Art. 20 der EU Grundrechtecharta.
287Wie bereits ausgeführt kann zugunsten der Betroffenen angenommen werden, dass der Anwendungsbereich der EU-Grundrechtecharta eröffnet ist und die Bestimmungen der Festlegungen somit an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind.
288(a) Entgegen der mit der Beschwerde vorgebrachten Argumentation verstoßen die angegriffenen Regelungen der streitgegenständlichen Festlegung nicht gegen das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit nach Art. 16 und das Eigentumsrecht nach Art. 17 der Charta.
289Zwar können die Schutzbereiche dieser Grundrechte als berührt unterstellt werden, jedoch können die Grundrechte aus Art. 16 und 17 EU-Grundrechtecharta nach der Rechtsprechung des Unionsgerichtshofes keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern können Beschränkungen unterworfen werden. Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta setzt die Zulässigkeit einer solchen Einschränkung voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht (vgl. EuGH, EuZW 2014, 597 Rn. 58 - Pfleger ua). Dabei kommt den Gemeinschaftsorganen grundsätzlich ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zu (vgl. EuGH, Slg. 1994, I-5555 Rn. 21 = EuZW 1995, 109 - SMW Winzersekt).
290Nach diesen Maßgaben ist der durch das untertägige Anreizsystem erfolgende Eingriff in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts nach Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta gerechtfertigt.
291Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des Netzkodex Gasbilanzierung erfüllt. Tenorziffer 4 der Festlegung ist zur Sicherstellung der Netzintegrität durch ausgeglichene Bilanzierungsportfolios und zur Minimierung des Regelenergieeinsatzes geeignet und notwendig. Eine Pönalisierung der Bilanzkreisverantwortlichen liegt nicht vor. Vielmehr besteht für diese die Möglichkeit, ihre Bilanzierungsportfolios auch ohne Überschreitung der Schwellenwerte ausgeglichen zu halten
292(b) Der von der Betroffenen gerügte Eingriff in den Schutzbereich von Art. 20 der EU-Grundrechtcharta liegt gleichfalls nicht vor. Auch für Bilanzkreisverantwortliche mit kleineren Portfolien und wenigen größeren RLM-Kunden sind die Schwellenwerte, wie bereits ausgeführt, einzuhalten.
2933. Da die Regelungen in Tenorziffern 2 und 4 rechtmäßig sind, kann die Betroffene auch nicht mit Erfolg die Aufhebung der Tenorziffer 11 verlangen, soweit diese die Adressaten zur Umsetzung der Regelungen in Tenorziffern 2 und 4 verpflichtet.
294II. Es kann dahin stehen, ob ein nationaler Rechtsakt, der gegen eine unmittelbar verbindliche EU-Verordnung verstößt, tatsächlich nicht vollziehbar ist. Der auf Feststellung der Nichtvollziehbarkeit der streitgegenständlichen Festlegung gerichtete Hauptantrag zu II) ist jedenfalls deshalb nicht begründet, da die Festlegung rechtmäßig erlassen worden ist.
295III1. Schließlich besteht entgegen der Auffassung der Betroffene auch keine Pflicht zur Vorlage an den EuGH. Gemäß Art. § 267 Abs. 3 AEUV ist erst das nationale Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechtsangefochten werden können, zur Vorlage an den EuGH verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn das oberste nationale Gericht die Rechtsmittel nur nach vorheriger Zulassungserklärung in der Sache prüft (vgl. EuGH, Urteil v. 04.11.1999, C-337/95, Slg. 1997, I-6013). Gegen die Entscheidung des erkennenden Senats ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich, so dass eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH demgemäß ausscheidet.
296Die Betroffene geht fehl in der Annahme, dass im Streitfall eine Ausnahme dieses Grundsatzes vorliegt, weil eine Vorlageverpflichtung auch der unteren Instanzen dann besteht, wenn es um die Gültigkeit nationaler Maßnahmen geht, die zur Durchführung bzw. Umsetzung einer Verordnung im Rahmen eines einheitlichen unionsrechtlichen Systems zur besseren wirtschaftlichen Koordinierung und Harmonisierung innerhalb der EU ergehen. Eine generelle Vorlagepflicht ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2002, C-6/99, Slg. I-2000, 1651. Soweit dort (Rdn. 54 f.) ausgeführt wird, dass in einem Fall, in dem die verwaltungsmäßige Durchführung einer Gemeinschaftsentscheidung nationalen Behörden obliegt, allein der EuGH befugt ist, die Ungültigkeit einer Gemeinschaftshandlung festzustellen und das nationale Gericht verpflichtet ist, den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchen anzurufen, wenn es der Auffassung ist, dass die Gemeinschaftsentscheidung ungültig ist, bezieht sich diese Vorgabe auf den Fall, dass ein nationales Gericht der Auffassung ist, dass die unionsrechtliche Entscheidung ungültig und deswegen auf nationaler Ebene nicht umzusetzen ist. In dem vom EuGH entschiedenen Fall hatte das nationale Gericht Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung eines unionsrechtlich vorgesehenen Prüfungsverfahrens festgestellt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Unregelmäßigkeiten die Wirksamkeit des umzusetzenden Beschlusses der Kommission beeinträchtigten. Der EuGH hat für diese Sachverhaltskonstellation sicherstellen wollen, dass die Entscheidung über die Umsetzung oder Durchführung einer gemeinschaftsrechtlichen Entscheidung nicht auf innerstaatlicher Ebene verhindert wird, weil das angerufene Gericht diese Entscheidung für ungültig hält, sondern dass die Frage, ob die unionsrechtliche Vorgabe tatsächlich ungültig ist, im Wege des Vorabentscheidungsersuchens geklärt wird. Im Streitfall liegt eine damit nicht vergleichbare Situation vor; die Betroffene wendet sich nicht gegen die Umsetzung einer konkreten unionsrechtlichen Entscheidung, sondern macht geltend, dass die Festlegung mit unionsrechtlichen Vorgaben kollidiert. Die zitierte Entscheidung stützt damit die Auffassung der Betroffenen nicht.
297Aus dem gleichen Grund kann eine Vorlagepflicht auch nicht auf die Entscheidung des EuGH vom 22.10.1987, C-314/85, Slg. 1987, 4199 gestützt werden. Unter Rn. 14 ff führt der EuGH aus: „Die nationalen Gerichte, deren Entscheidungen selbst noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, können die Gültigkeit einer Gemeinschaftshandlung prüfen und, wenn sie die Gründe, die von den Parteien vor ihnen für die Ungültigkeit vorgebracht werden, für nicht zutreffend halten, diese Gründe mit der Feststellung zurückweisen, dass die Handlung in vollem Umfang gültig ist. Dagegen sind die nationalen Gerichte, unabhängig davon, ob ihre Entscheidungen selbst noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nicht befugt, selbst Handlungen der Gemeinschaftsorgane für ungültig zu erklären.“ Es geht damit auch hier um die Frage, ob eine unionsrechtliche Handlung ungültig ist. Vorliegend steht aber die Frage der Gültigkeit einer nationalen Handlung im Hinblick auf unionsrechtliche Vorgaben in Streit, nicht die Gültigkeit einer Gemeinschaftshandlung.
298III.2 Eine Vorlagepflicht entsprechend des Antrags zu III.2 besteht bereits deshalb nicht, weil der Senat vorliegend von der Grundrechtsfähigkeit der Betroffenen ausgeht.
C.
2991. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG.
3002. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung und nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auf 250.000 Euro fest (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO).
D.
301Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
Rechtsmittelbelehrung:
302Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG).
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(1) Verteilnetzbetreiber wenden für die Allokation der Ausspeisemengen von Letztverbrauchern bis zu einer maximalen stündlichen Ausspeiseleistung von 500 Kilowattstunden pro Stunde und bis zu einer maximalen jährlichen Entnahme von 1,5 Millionen Kilowattstunden vereinfachte Methoden (Standardlastprofile) an.
(2) Die Verteilnetzbetreiber können Lastprofile auch für Letztverbraucher mit höheren maximalen Ausspeiseleistungen oder höheren jährlichen Entnahmen als die in Absatz 1 genannten Grenzwerte festlegen. Darüber hinaus können die Verteilnetzbetreiber abweichend von Absatz 1 auch niedrigere Grenzwerte festlegen, wenn bei Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten Grenzwerte ein funktionierender Netzbetrieb technisch nicht zu gewährleisten ist oder die Festlegung niedrigerer Grenzwerte im Einzelfall mit einem Transportkunden vereinbart ist. Höhere oder niedrigere Grenzwerte kann der Verteilnetzbetreiber auch lediglich für einzelne Gruppen von Letztverbrauchern festlegen. Innerhalb einer solchen Lastprofilgruppe sind die Grenzwerte jedoch einheitlich auf alle Letztverbraucher anzuwenden. Legt der Verteilnetzbetreiber höhere oder niedrigere Grenzwerte fest, hat er dies der Regulierungsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
(3) Standardlastprofile müssen sich am typischen Abnahmeprofil verschiedener Gruppen von Letztverbrauchern orientieren, insbesondere von:
Bei der Entwicklung und Anwendung der Standardlastprofile haben Verteilnetzbetreiber darauf zu achten, dass der Einsatz von Regelenergie möglichst reduziert wird. Die Anwendung eines Standardlastprofils für Kochgaskunden hat ab dem 1. Oktober 2011 zu erfolgen.(4) Örtliche Verteilnetzbetreiber sind verpflichtet, für jeden Lastprofilkunden des Transportkunden eine Prognose über den Jahresverbrauch festzulegen, die in der Regel auf dem Vorjahresverbrauch basiert. Die Prognose ist dem Transportkunden mitzuteilen. Dieser kann unplausiblen Prognosen widersprechen und dem örtlichen Verteilnetzbetreiber eine eigene Prognose unterbreiten. Kommt keine Einigung zustande, legt der örtliche Verteilnetzbetreiber die Prognose über den Jahresverbrauch fest. In begründeten Ausnahmefällen kann die Jahresverbrauchsprognose vom Transportkunden und dem örtlichen Gasverteilnetzbetreiber gemeinsam auch unterjährig angepasst werden.
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.
(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.
(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.
(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,
- 1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken, - 2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen, - 3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und - 4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.
(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.
(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.
(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,
- 1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken, - 2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen, - 3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und - 4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.
(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Die Regulierungsbehörde leitet ein Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag ein.
(2) An dem Verfahren vor der Regulierungsbehörde sind beteiligt,
- 1.
wer die Einleitung eines Verfahrens beantragt hat, - 2.
natürliche und juristische Personen, gegen die sich das Verfahren richtet, - 3.
Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Regulierungsbehörde auf ihren Antrag zu dem Verfahren beigeladen hat, wobei Interessen der Verbraucherzentralen und anderer Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, auch dann erheblich berührt werden, wenn sich die Entscheidung auf eine Vielzahl von Verbrauchern auswirkt und dadurch die Interessen der Verbraucher insgesamt erheblich berührt werden.
(3) An Verfahren vor den nach Landesrecht zuständigen Behörden ist auch die Regulierungsbehörde beteiligt.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Die Regulierungsbehörde leitet ein Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag ein.
(2) An dem Verfahren vor der Regulierungsbehörde sind beteiligt,
- 1.
wer die Einleitung eines Verfahrens beantragt hat, - 2.
natürliche und juristische Personen, gegen die sich das Verfahren richtet, - 3.
Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Regulierungsbehörde auf ihren Antrag zu dem Verfahren beigeladen hat, wobei Interessen der Verbraucherzentralen und anderer Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, auch dann erheblich berührt werden, wenn sich die Entscheidung auf eine Vielzahl von Verbrauchern auswirkt und dadurch die Interessen der Verbraucher insgesamt erheblich berührt werden.
(3) An Verfahren vor den nach Landesrecht zuständigen Behörden ist auch die Regulierungsbehörde beteiligt.
(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.
(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).
(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.
(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
(1) Die Bilanzierungsperiode ist der Gastag. Der Gastag beginnt um 6.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr des folgenden Tages.
(2) Die Marktgebietsverantwortlichen legen der Abrechnung eines Bilanzkreises den Saldo des Bilanzkontos zugrunde, der sich aus den in der Bilanzierungsperiode in den jeweiligen Bilanzkreis allokierten Ein- und Ausspeisemengen in Energieeinheiten ergibt. Dieser Saldo wird um 5 Prozent der an Letztverbraucher ohne Standardlastprofil und ohne Nominierungsersatzverfahren gelieferten Mengen vermindert (Toleranzmenge). Dieser so ermittelte Saldo wird vom Marktgebietsverantwortlichen unverzüglich dem Bilanzkreisverantwortlichen gemeldet und als Ausgleichsenergie abgerechnet. Die Toleranzmenge ist in die übernächste Bilanzierungsperiode zu übertragen und in der Bilanz des Bilanzkreisverantwortlichen auszugleichen. Die Abrechnung nach Satz 1 erfolgt spätestens zwei Monate nach dem jeweiligen Abrechnungsmonat.
(3) Der Marktgebietsverantwortliche kann bei der Ermittlung der Entgelte für die Abrechnung nach Absatz 2 Satz 3 angemessene Zu- und Abschläge auf diese Entgelte erheben, wenn und soweit dies erforderlich und angemessen ist, um die Netzstabilität zu sichern oder eine missbräuchliche Ausnutzung des Bilanzierungssystems zu vermeiden. Die Entgelte sollen den Bilanzkreisverantwortlichen insbesondere angemessene Anreize zur Vermeidung von Bilanzungleichgewichten setzen.
(1) Entscheidungen der Regulierungsbehörde sind zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen. Entscheidungen, die gegenüber einem Unternehmen mit Sitz im Ausland ergehen, stellt die Regulierungsbehörde der Person zu, die das Unternehmen der Regulierungsbehörde als im Inland zustellungsbevollmächtigt benannt hat. Hat das Unternehmen keine zustellungsbevollmächtigte Person im Inland benannt, so stellt die Regulierungsbehörde die Entscheidungen durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu.
(1a) Werden Entscheidungen der Regulierungsbehörde durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 oder durch Änderungsbeschluss nach § 29 Absatz 2 gegenüber allen oder einer Gruppe von Netzbetreibern oder von sonstigen Verpflichteten einer Vorschrift getroffen, kann die Zustellung nach Absatz 1 Satz 1 durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil der Festlegung oder des Änderungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidung auf der Internetseite der Regulierungsbehörde im Amtsblatt der Regulierungsbehörde bekannt gemacht werden. Die Festlegung oder der Änderungsbeschluss gilt mit dem Tag als zugestellt, an dem seit dem Tag der Bekanntmachung im Amtsblatt der Regulierungsbehörde zwei Wochen verstrichen sind; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend. Für Entscheidungen der Regulierungsbehörde in Auskunftsverlangen gegenüber einer Gruppe von Unternehmen gelten die Sätze 1 bis 5 entsprechend, soweit den Entscheidungen ein einheitlicher Auskunftszweck zugrunde liegt.
(2) Soweit ein Verfahren nicht mit einer Entscheidung abgeschlossen wird, die den Beteiligten nach Absatz 1 zugestellt wird, ist seine Beendigung den Beteiligten mitzuteilen.
(3) Die Regulierungsbehörde kann die Kosten einer Beweiserhebung den Beteiligten nach billigem Ermessen auferlegen.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.
(2) Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze dient den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen.
(3) Zweck dieses Gesetzes ist ferner die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung.
(4) Um den Zweck des Absatzes 1 auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu erreichen, verfolgt dieses Gesetz insbesondere die Ziele,
- 1.
die freie Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu stärken, - 2.
den Ausgleich von Angebot und Nachfrage nach Elektrizität an den Strommärkten jederzeit zu ermöglichen, - 3.
dass Erzeugungsanlagen, Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie und Lasten insbesondere möglichst umweltverträglich, netzverträglich, effizient und flexibel in dem Umfang eingesetzt werden, der erforderlich ist, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten, und - 4.
den Elektrizitätsbinnenmarkt zu stärken sowie die Zusammenarbeit insbesondere mit den an das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten sowie mit dem Königreich Norwegen und dem Königreich Schweden zu intensivieren.
(1) Entscheidungen der Regulierungsbehörde sind zu begründen und mit einer Belehrung über das zulässige Rechtsmittel den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen. Entscheidungen, die gegenüber einem Unternehmen mit Sitz im Ausland ergehen, stellt die Regulierungsbehörde der Person zu, die das Unternehmen der Regulierungsbehörde als im Inland zustellungsbevollmächtigt benannt hat. Hat das Unternehmen keine zustellungsbevollmächtigte Person im Inland benannt, so stellt die Regulierungsbehörde die Entscheidungen durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu.
(1a) Werden Entscheidungen der Regulierungsbehörde durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 oder durch Änderungsbeschluss nach § 29 Absatz 2 gegenüber allen oder einer Gruppe von Netzbetreibern oder von sonstigen Verpflichteten einer Vorschrift getroffen, kann die Zustellung nach Absatz 1 Satz 1 durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil der Festlegung oder des Änderungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Veröffentlichung der vollständigen Entscheidung auf der Internetseite der Regulierungsbehörde im Amtsblatt der Regulierungsbehörde bekannt gemacht werden. Die Festlegung oder der Änderungsbeschluss gilt mit dem Tag als zugestellt, an dem seit dem Tag der Bekanntmachung im Amtsblatt der Regulierungsbehörde zwei Wochen verstrichen sind; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. § 41 Absatz 4 Satz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt entsprechend. Für Entscheidungen der Regulierungsbehörde in Auskunftsverlangen gegenüber einer Gruppe von Unternehmen gelten die Sätze 1 bis 5 entsprechend, soweit den Entscheidungen ein einheitlicher Auskunftszweck zugrunde liegt.
(2) Soweit ein Verfahren nicht mit einer Entscheidung abgeschlossen wird, die den Beteiligten nach Absatz 1 zugestellt wird, ist seine Beendigung den Beteiligten mitzuteilen.
(3) Die Regulierungsbehörde kann die Kosten einer Beweiserhebung den Beteiligten nach billigem Ermessen auferlegen.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.
(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:
- 1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Rechtsbeschwerde steht der Regulierungsbehörde sowie den am Beschwerdeverfahren Beteiligten zu.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546, 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Der Bundesgerichtshof ist an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.
(5) Für die Rechtsbeschwerde gelten im Übrigen die §§ 76, 78 Abs. 3, 4 Nr. 1 und Abs. 5, §§ 79 bis 81 sowie §§ 83 bis 85 entsprechend. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Beschwerdegericht zuständig.