Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 25. Aug. 2014 - I-26 W 24/12 (AktE)
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen vom 22.05.2012 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.04.2012 - 82 O 76/03 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerinnen tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, die den Antragstellern im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen sowie die Vergütung und Auslagen der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre im Beschwerdeverfahren.
Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 7,5 Mio. € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
A.
2Die Antragsgegnerinnen gehören der 1825 gegründeten D Versicherungsgruppe an, einem der größten Unternehmen auf dem deutschen Versicherungsmarkt, die nach der Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung von rund 65 % im Jahre 1998 durch die E zunächst als C AG firmierte und 2009 in H AG umbenannt wurde. Die Unternehmen der Gruppe sind spezialisiert auf Erstversicherung und Finanzdienstleistungen im deutschen Privatkunden- und Gewerbegeschäft. Die Antragsteller waren Aktionäre der D AG, die seit 2005 als F firmiert. Die Antragsgegnerin zu 2) (H AG) übte die Holdingfunktion in der H-Gruppe aus. Im Jahr 1997 wurde die G AG auf sie verschmolzen. Im selben Jahr schloss die H AG mit allen wesentlichen Konzerngesellschaften Beherrschungsverträge, um die Konzernstruktur angesichts des erhöhten Wettbewerbsdrucks nach der Vollendung des Binnenmarkts für Versicherungen in der EU zu festigen, so auch am 30.06.1997 mit der D AG. Die Angemessenheit der in diesem Beherrschungsvertrag festgesetzten Kompensationen war Gegenstand des durch den Senat unter dem Aktenzeichen I-26 W 5/08 (AktE) entschiedenen Verfahrens (Beschluss vom 25.03.2009, JURIS).
3Die D AG bot Versicherungsschutz im direkten Geschäft an, insbesondere durch Einzel- und Gruppen-Kapitalversicherungen sowie Risiko- und Rentenversicherungen, fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen sowie Unfall- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Zudem war sie an den zahlreichen Unternehmen beteiligt, u. a. an der WH AG, der I AG, der J GmbH, der K AG sowie der L GmbH, einer Zwischenholding der H AG.
4Nach einer am 02.04.2001 von der Hauptversammlung beschlossenen Barkapitalerhöhung verfügte die D AG über ein Grundkapital in Höhe von 71,3 Mio. €, eingeteilt in 1.900.800 auf den Namen und 633.600 auf den Inhaber lautende Stückaktien. Die Inhaberaktien wurden gehandelt an den Wertpapierbörsen Düsseldorf, Berlin und Frankfurt am Main. Mehrheitsaktionärin war die H AG mit einer Beteiligung am Grundkapital von 97,32 %. Die restlichen 2,68 % (67.799 Aktien) befanden sich im Streubesitz.
5Im Jahr 2001 beabsichtigten die Gesellschaften der H-Gruppe, weitere steuerliche Synergiepotentiale im Konzern zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen (vgl. Vertragsbericht S. 27 ff., 29). Dazu sollten mit allen wesentlichen Konzerngesellschaften Gewinnabführungsverträge geschlossen werden, „in einem ersten Schritt“ mit zahlreichen Konzerngesellschaften der Schaden-, Unfall- und Lebensversicherungsbranche, wobei die als Zwischenholding gegründete – nachfolgend im Jahr 2002 auf die H AG verschmolzene - B GmbH mit Sitz in A als Obergesellschaft für die Gewinnabführungsverträge mit den jeweiligen Gesellschaften ausgewählt wurde (vgl. Vertragsbericht S. 30).
6Am 15.10.2001 hat dann die B GmbH u. a. den hier streitgegenständlichen Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 1) geschlossen. Wegen eines weiteren, mit der M AG geschlossenen Gewinnabführungsvertrags ist bei dem Senat ein Spruchverfahren zu dem Aktenzeichen I-26 W 6/13 (AktE) (82 O 75/03 LG Köln) anhängig.
7Die außerordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) hat dem Gewinnabführungsvertrag am 11.12.2001 zugestimmt. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 21.12.2001, die Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 31.01.2002.
8In § 1 Ziffer 1 des Gewinnabführungsvertrages verpflichtet sich die D AG, ihren ganzen Gewinn an die B GmbH abzuführen. Diese garantiert den außenstehenden Aktionären als angemessenen Ausgleich für jedes volle Geschäftsjahr die Zahlung eines Betrags von 33,30 € pro Stückaktie (§ 3 Ziffer 1). Nach § 4 Ziffer 1 verpflichtet sie sich, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine Barabfindung von 528,00 € pro Stückaktie zu erwerben.
9Die Höhe von Ausgleich und Abfindung ist durch ein Bewertungsgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A ermittelt worden. Darin wird für die Antragsgegnerin zu 1) (D AG) ein Unternehmenswert zum 13.12.2001 von 2.491,1 Mio. DM und daraus resultierend ein Wert je Aktie von 502,55 € ermittelt, den die Vertragsparteien auf 528,00 € aufgerundet haben (Vertragsbericht S. 42 ff., 96). Den Unternehmenswert haben die Bewertungsgutachter nach dem Ertragswertverfahren ausgehend von dem Bewertungsstandard IDW S 1 2000 unter Zugrundelegung von Planungen der D AG für die Jahre 2001 bis 2008 ermittelt, die im Herbst 2001 erstellt worden waren. Bezogen auf die Kapitalisierung der prognostizierten Finanzüberschüsse der D AG und ihrer Beteiligungen werden zu einem Basiszins von geschätzt 6 % für die D AG ein Risikozuschlag in Höhe von 2 %, im Übrigen Risikozuschläge zwischen 2 % und 2,5 % angenommen; diesbezüglich verweisen die Bewertungsgutachter auf in der Vergangenheit in vergleichbaren Bewertungsfällen angesetzte Risikozuschläge, wonach der Risikozuschlag „generell“ bei Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen mit 2 % höher angesetzt wurde als bei Lebensversicherungsunternehmen mit 1,5 % und Krankenversicherungsunternehmen mit 1,75 %. Aufgrund von „gegenwärtig sich ergebenden Prognoseunsicherheiten, besonders im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte“ sei der Ansatz des Risikozuschlags „in allen Sparten um jeweils 0,5 % erhöht“ (Vertragsbericht S. 58 f.). Der Wachstumsabschlag wird im Bewertungsgutachten überwiegend – auch bezüglich der D AG - mit 0,5 % beziffert. Damit ergibt sich für den Zeitraum von 2001 bis 2004 unter Berücksichtigung der Belastung mit einer typisierten Einkommensteuer von 35 % ein Kapitalisierungszinssatz von 5,2 % und für die Phase der ewigen Rente von 4,7 %.
10Die zum sachverständigen Prüfer gemäß § 293c Abs. 1 AktG bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B bestätigte die Bewertung mit Testat vom 19.10.2001.
11Im Juni 2002 hat die Hauptversammlung der D AG überdies die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin zu 2) (H AG)gegen eine angemessene Barabfindung beschlossen (sog. Squeeze-out). Als Barabfindung ist den Minderheitsaktionären ebenfalls ein Betrag in Höhe von 528,00 € je Stückaktie angeboten worden. Die Angemessenheit der Abfindung ist Gegenstand eines noch vor dem Landgericht Köln anhängigen Spruchverfahrens (82 O 94/03 bzw. 82 O 99/03 LG Köln).
12Die Antragsteller haben die im Gewinnabführungsvertrag angebotene Ausgleichszahlung und Abfindung für zu gering gehalten. In dem Bewertungsgutachten würden umfangreiche stille Reserven und Beteiligungen nur unzureichend erfasst. Der angesetzte Kapitalisierungszinssatz, der Basiszins und der Risikozuschlag seien zu hoch angesetzt worden, der Ansatz eines „besonderen Risikozuschlages“ nicht sachgerecht, der Wachstumsabschlag viel zu niedrig.
13Die Antragsteller und gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre haben beantragt,
14den angemessenen Ausgleich und die angemessene Abfindung höher festzusetzen,
15die Antragsteller zu 6) und 15) darüber hinaus,
16für die gerichtlich festgesetzte höhere Ausgleichszahlung und höhere Barabfindung Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz festzusetzen.
17Die Antragsgegnerinnen haben beantragt,
18die Anträge zurückzuweisen.
19Sie haben die Antragsberechtigung einiger Antragsteller bestritten. Die im Gewinnabführungsvertrag festgesetzte Abfindung sowie der festgesetzte Ausgleich seien angemessen und bedürften keiner Korrektur. Auch sei weder der Ansatz eines niedrigeren Risikozuschlags noch der eines höheren Wachstumsabschlags angezeigt. Bei Abschluss der Bewertung und zum Zeitpunkt der Festlegung von Abfindung und Ausgleich hätten u. a. mit Blick auf die für Personenversicherer zum Stichtag noch gültige Freistellung von Dividendenerträgen und Veräußerungsgewinnen erhebliche steuerrechtliche Unsicherheiten bestanden, die über den Risikozuschlag zu berücksichtigen seien. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass die Anschläge vom 11.09.2001 auf das World Trade Center, von denen eine erhebliche Unsicherheit für die weltpolitische Lage ausgegangen sei, erst drei Monate zurück gelegen hätten. An den Finanzmärkten habe große Unsicherheit geherrscht, infolge derer die Aktienkurse erheblich eingebrochen seien; dieser Einbruch habe sich in den 15 folgenden Monaten noch deutlicher fortgesetzt. Mit Blick auf beide vorgenannten Umstände hätten erhebliche Unsicherheiten über die Entwicklung der Versicherungswirtschaft bestanden, von denen Personenversicherer wegen der großen Kapitalanlagebestände besonders stark betroffen gewesen seien.
20Das Landgericht hat mit Beweisbeschluss vom 29.01.2003 in Verbindung mit Beschluss vom 25.09.2003 (Bl. 340, 377 d. A.) die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt, um die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs und der Abfindung zu ermitteln. Parallel sind die Sachverständigen in dem Verfahren 82 O 75/03 LG Köln, das zu dem Aktenzeichen I-26 W 6/13 (AktE) anhängig ist, mit der Begutachtung beauftragt worden.
21In ihrem einen Hauptband und 8 Anlagenbände umfassenden Gutachten vom 14.05.2009 haben die Sachverständigen – ebenfalls vom Bewertungsstandard IDW S 1 2000 ausgehend - einen gegenüber dem Bewertungsgutachten um 27,3 % erhöhten Ertragswert der D AG einschließlich ihrer Beteiligungen in Höhe von insgesamt 3.171.087.000 DM und daraus resultierend eine Barabfindung in Höhe von 639,74 € je Aktie sowie – zunächst - einen Ausgleich in Höhe von 33,30 € je Aktie ermittelt. Den Zukunftserfolgswert haben sie unter Berücksichtigung der Analyseergebnisse der Vergangenheit (1997 bis 2000) anhand der Planungen bzw. Hochrechnungen der Gesellschaft sowie des Bewertungsgutachtens berechnet und ab dem Jahr 2009 ein nachhaltiges Ergebnis abgeleitet (vgl. Anlagenband Nr. 1 zum Gutachten S. 25). Ihrer Berechnung des Kapitalanlageergebnisses haben sie je Asset-Klasse gesondert ermittelte Marktrenditen unter Berücksichtigung der stillen Reserven zugrunde gelegt (vgl. Anlagenband Nr. 1 zum Gutachten S. 87 ff.). Den Kapitalisierungszinssatz haben sie für die Phase I mit 7 % (Basiszins – unter Verwendung von Zinsstrukturkurven nach der Svensson-Methode - 5,5 %, Risikozuschlag 1,5 %) vor und 4,55 % nach typisierten Ertragssteuern ermittelt. Für die ewige Rente haben sie unter Ansatz eines Wachstumsabschlags von 1 % einen Kapitalisierungszinssatz von 3,55 % angesetzt (Gutachten S. 39 ff., 52).
22Bezogen auf den Risikozuschlag haben die Sachverständigen – unter Beibehaltung der Vorgehensweise im Bewertungsgutachten – die von Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A für die Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen sowie die Holdinggesellschaften und die Bausparkasse angesetzten „allgemeinen“ Zuschläge grundsätzlich als sachgerecht übernommen; für die Lebens-und Krankenversicherungsunternehmen (D AG, WH AG sowie I AG) haben sie indes aufgrund geringerer inhärenter Risikostruktur geringere Zuschläge angenommen und die jeweiligen allgemeinen Risikozuschläge um je 0,5 % - bei der AML von 1,5 % auf 1 % - reduziert. Den im Bewertungsgutachten angesetzten besonderen Zuschlag in Höhe von 0,5 % haben sie - bezogen auf die Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen - als angemessen bewertet. Aufgrund der faktischen Steuerfreiheit von Personenversicherern infolge des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) habe zum Bewertungsstichtag ein bei der Bemessung des Risikozuschlags besonders zu berücksichtigendes Risiko einer Steuerrechtsänderung bestanden, das sich in der Folgezeit durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 mit der Abschaffung der Steuerbefreiung für die Dividendenerträge und Veräußerungsgewinne von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auch tatsächlich realisiert habe. Die Schadens- und Unfallversicherungsunternehmen, die Bausparkasse sowie die Zwischenholding seien hiervon allerdings nicht betroffen. Für sie sei daher auch kein besonderer Risikozuschlag anzusetzen; auch die weiteren im Bewertungsgutachten angeführten Gründe rechtfertigten einen solchen nicht (Gutachten S. 50). Der von ihnen angesetzte Risikozuschlag entspreche vergleichbaren Bewertungen anderer Gutachter zu Bewertungsstichtagen im Mai 1999 und Mai 2000 (Bl. 624 f. d. A.).
23Bezüglich des Wachstumsabschlags haben sie erläutert, nach ihren Analysen sei vorliegend von einem inflationsbereinigten Wachstum auszugehen. Die Versicherungsgesellschaften des D-Konzerns hätten in den Jahren 1997 bis 2001 – mit Ausnahme der WDS AG – ein durchschnittliches Beitragswachstum zwischen 1 % bis 9 % aufgewiesen, die Versicherungsbranche habe laut Statistischem Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2008 in den Jahren 1997 bis 2006 im Durchschnitt ein Wachstum von rund 5,5 % (Leben), 5,3 % (Kranken) sowie 1,1 % (Schaden und Unfall) erzielt. Die D AG habe im Beobachtungszeitraum 1996 bis 2001 Wachstumsraten der Beiträge von 6,3 % bis 11 % verzeichnet (Gutachten S. 42 ff.) und zum Bewertungszeitpunkt über eine ausreichende Überdeckung der Solvabilitätsspanne verfügt, so dass das Wachstum nicht durch zusätzliche aufsichtsrechtliche Eigenkapitalanforderungen begrenzt gewesen sei.
24Ihr Gutachten haben die Sachverständigen auf Einwendungen der Verfahrensbeteiligten hin gemäß Beschlüssen des Landgerichts vom 04.11.2009, 08.10.2010 und 03.12.2010 (Bl. 588, 716, 754 d. A.) ergänzt und die Berechnung der Antragsgegnerinnen bei Ansatz eines Risikozuschlags nach dem Tax-CAPM entsprechend der Anlage B 3 (Bl. 860 d. A.) plausibilisiert. Ihre Berechnung der Ausgleichszahlung im Erstgutachten haben sie mit Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 (Bl. 601 ff. d. A.) korrigiert. Danach betrage der Ausgleich pro Aktie tatsächlich lediglich 29,47 € und liege somit unter dem im Gewinnabführungsvertrag angebotenen Ausgleich (Bl. 639 d. A.). Wegen des weiteren Ergebnisses wird auf das Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 (Bl. 601 ff. d. A.) und die ergänzende Stellungnahme vom 20.06.2011 verwiesen.
25Mit Beschluss vom 27.04.2012 (Bl. 956 ff. d. A.) hat das Landgericht die Anträge der Antragsteller zu 2), 12) und 19) als unzulässig zurückgewiesen; in der Sache hat es die Abfindung - unter Zurückweisung der Anträge im Übrigen - auf 639,74 € je Stückaktie festgesetzt. Zur Begründung hat es – vollumfänglich den Gutachten der Sachverständigen folgend – ausgeführt, die im Gewinnabführungsvertrag angebotene Ausgleichszahlung sei angemessen, die Abfindung hingegen mit 639,74 € pro Stückaktie gerichtlich festzusetzen.
26Der von den Sachverständigen ermittelte Unternehmenswert der D AG sei zutreffend. Die Abweichung des tatsächlichen Kapitalanlageergebnisses sei darauf zurückzuführen, dass die Gewinne aus dem Abgang von Kapitalanlagen gesondert geplant und Unterlagen über diese Planung den Sachverständigen nicht vorgelegt worden seien. Zudem würde die Berücksichtigung des tatsächlichen Kapitalanlageergebnisses für 2001 lediglich eine Wertdifferenz ergeben, die 0,26 % des Unternehmenswerts entspreche und daher unwesentlich sei. Die aufgezeigte Abweichung stelle auch die Richtigkeit der Bewertung nicht in Frage. Es sei davon auszugehen, dass die zur Bewertung herangezogene Unternehmensplanung vom 06.03.2002 die Ereignisse vom 11.09.2001 berücksichtige. Abgesehen davon hätten sich die Kapitalmärkte schnell erholt und als robust erwiesen. Auch die stillen Reserven seien zutreffend auf der Basis der Unternehmensplanung bewertet worden. Der Einwand der Antragsgegnerinnen, die Sachverständigen hätten „aggressiv“ bewertet, ohne dies bei der Bemessung des Risikozuschlags zu berücksichtigen, sei ebenfalls nicht berechtigt. Die von den Sachverständigen gewählte Methodik sei nicht zu beanstanden und konsistent. Ein bewertungstheoretisch logischer Zusammenhang zwischen dem Tax-CAPM und der Ermittlung des Basiszinssatzes auf der Grundlage von Zinsstrukturkurven sei nicht gegeben. Die von den Sachverständigen vorgenommene Überprüfung des Risikozuschlags anhand des CAPM habe gezeigt, dass der von ihnen geschätzte Risikozuschlag nicht unplausibel sei. Dieser liege zwar im unteren Bereich vertretbarer Risikozuschläge, stimme aber mit empirischen Daten zu Risikozuschlägen anderer Personenversicherer überein. Die von den Antragsgegnerinnen behauptete veränderte Risikolage sei zum Stichtag weder absehbar noch quantifizierbar gewesen und habe sich auch nicht in den Kapitalmarktdaten wieder gespiegelt. Der Kapitalmarkt habe sich ab 2003 wieder erholt und alte Bestmarken erreicht, so dass es nicht geboten sei, den temporären Krisenzustand in der ewigen Rente fortzuschreiben. Auch der von den Sachverständigen angesetzte Wachstumsabschlag sei nicht zu beanstanden. Wegen der weiteren Gründe wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 956 ff. d. A.) Bezug genommen.
27Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragsgegnerinnen mit ihrer sofortigen Beschwerde (Bl. 1042 d. A.), mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholen und vertiefen, die Sachverständigen - und dem folgend das Landgericht - seien von nicht realistischen, die Entwicklung zum Bewertungsstichtag nicht berücksichtigenden Kapitalanlageergebnissen, einem unangemessen niedrigen Risikozuschlag und einem überhöhten Wachstumsabschlag ausgegangen und so zu einem nicht mehr realistischen Unternehmenswert gelangt. Das ergebe sich sowohl im Vergleich zu den im Bewertungszeitpunkt aktuellen Börsenkursen, als auch in Relation zur historischen Börsenkursentwicklung 10 Jahre vor und nach dem Bewertungsstichtag.
28Die vorgenommenen Anpassungen beim Kapitalanlageergebnis ließen die aktuellen Entwicklungen zum Bewertungsstichtag außer Acht. Die Sachverständigen hätten einen gegenüber der Ausgangsbewertung aggressiveren Bewertungsansatz gewählt, dem „sachgerecht“ durch den Ansatz eines erhöhten Risikozuschlags Rechnung zu tragen sei. Der auf 1,5 % herabgesetzte Risikozuschlag sei insbesondere angesichts der Verhältnisse zum Bewertungsstichtag unangemessen niedrig. Ungeachtet dessen, wie man den Risikozuschlag aufteile, sei der veränderten Risikoeinschätzung gegenüber Versicherungsunternehmen auch bei späteren Bewertungen durch den Ansatz höherer Risikozuschläge zwischen 2 % und 5,5 % Rechnung getragen worden. Hingegen hätten die von den Sachverständigen angeführten Bewertungsfälle mit Bewertungsstichtagen im Mai 1999 und im Mai 2000 ein anderes wirtschaftliches Umfeld gehabt. Auf der Basis des CAPM würde man zu noch deutlich höheren Risikozuschlägen in einer Bandbreite von 3,18 % bis 4,28 % gelangen.
29Der von den Sachverständigen gegenüber der Ausgangsbewertung auf 1 % erhöhte Wachstumsabschlag sei viel zu hoch. Richtig sei zwar, dass die D AG zum Bewertungsstichtag für das damalige Geschäftsvolumen über ausreichende Eigenmittel - Ende 2001 über eine Solvabilitätsspanne von 160 % - verfügt habe. Für die Frage, welcher Thesaurierungsbedarf im Zeitraum der ewigen Rente bestehe bzw. welches Wachstum mit den vorhandenen Eigenmitteln noch darstellbar sei, müsse aber berücksichtigt werden, dass die D AG im Detailplanungszeitraum ein erhebliches Wachstum geplant und zu dessen Finanzierung zusätzlichen Eigenkapitalbedarf gehabt habe. Das Versicherungsgeschäft in Deutschland sei seit der Liberalisierung der Versicherungsmärkte im Jahr 1994 deutlich wettbewerbsintensiver geworden; zusätzliches Geschäft müsse mit immer mehr Eigenkapital unterlegt werden, was die Rendite schmälere.
30Dem sei im Bewertungsgutachten bereits „ausgesprochen großzügig“ durch einen Wachstumsabschlag von 0,5 % Rechnung getragen worden.
31Die Antragsgegnerinnen haben „zu Vereinfachungszwecken“ angeregt, auf den von den Sachverständigen ermittelten Überschüssen aufzusetzen und „lediglich“ Anpassungen beim Kapitalisierungszinssatz vorzunehmen. Eine solche (Rück-)Anpassung des Risikozuschlags und des Wachstumsabschlags auf die Werte der Ausgangsbewertung führten – bei ansonsten unverändertem Ansatz der Werte der Sachverständigen - zu einem Unternehmenswert, der die Angemessenheit der ursprünglich im Gewinnabführungsvertrag festgelegten Abfindung bestätige, wie sich aus der als Anlage B 14 überreichten Berechnung (Bl. 1339 d. A.) ergebe. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf die Beschwerdebegründung vom 16.01.2013 (Bl. 1250 ff. d. A.) verwiesen.
32Die Antragsgegnerinnen beantragen,
33den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 27.04.2012 aufzuheben, soweit darin gemäß § 305 AktG eine höhere Abfindung aus dem am 11.12.2001 beschlossenen Gewinnabführungsvertrag festgesetzt wird.
34Die Antragstellerin zu 7) hatte zunächst mit Schriftsatz vom 24.05.2012 (Bl. 1046 d. A.) ebenfalls sofortige Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss eingelegt, diese aber mit Schriftsatz vom 15.11.2012 zurückgenommen (Bl. 1206 d. A.). Sie und die Antragsteller zu 3) bis 6), 8) bis 11), 16), 18) und 19) sowie die gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre bitten nunmehr um Zurückweisung der sofortigen Beschwerde, indem sie den angefochtenen Beschluss verteidigen.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie die Sachverständigengutachten verwiesen.
B.
36Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist gemäß §§ 17 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 SpruchG a. F., § 22 FGG a. F. zulässig. Da sie nach dem 01.09.2003 eingelegt worden ist, sind gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG auf das Beschwerdeverfahren die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes anzuwenden.
37In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Abfindung zu Recht auf 639,74 € je Stückaktie festgesetzt.
38Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen erfolgen nur Ausführungen zu den von den Antragsgegnerinnen im Beschwerdeverfahren angegriffenen und zwischen den Beteiligten umstrittenen Punkten; im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss verwiesen.
39Für die nachstehende Begründung gilt:
40I. Aussagekraft des Börsenwertes
41Aus den von den Antragsgegnerinnen aufgezeigten Abweichungen lässt sich nicht ableiten, dass die Bewertung der Sachverständigen „unrealistisch“ wäre, zumal einiges darauf hindeutet, dass die Aktie der D AG zum Bewertungszeitpunkt eher unterbewertet war, wie die vorherige und nachfolgende historische Kursentwicklung zeigt. Im Übrigen lag auch der in dem (von den Antragsgegnerinnen nicht in Frage gestellten) Bewertungsgutachten ermittelte - und im Gewinnabführungsvertrag von den Vertragsparteien weiter aufgerundete - anteilige Unternehmenswert mit 502,55 € je Aktie deutlich über dem durchschnittlichen Börsenkurs innerhalb der nach der „Stollwerck“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 19.07.2010, II ZB 18/09, zitiert aus JURIS) maßgeblichen dreimonatigen Referenzperiode vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme, der im Bewertungsgutachten mit 409,68 € beziffert ist (Vertragsbericht S. 93).
42Der Börsenwert einer börsennotierten Gesellschaft ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes lediglich als Untergrenze der wirtschaftlich vollen Entschädigung zu verstehen (BVerfGE 100, 289 ff.; BGHZ 147, 108, 115 ff.). Nach zutreffender Ansicht – die die Antragsgegnerinnen mit der Beschwerdebegründung nicht in Frage stellen - ist aber auf den Ertragswert abzustellen, wenn dieser höher als der Börsenwert ist (vgl. BGHZ 147, 108, 117; Senat, Beschlüsse vom 08.08.2013, I-26 W 15/12 (AktE) Rn. 30, 42; 08.08.2013, I-26 W 17/12 (AktE) Rn. 29; 06.04.2011, I-26 W 2/06 Rn. 22, 98; 23.01.2008, I-26 W 6/06 (AktE) Rn. 45; OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 28.03.2014, 21 W 15/11 Rn. 24; 05.12.2013, 21 W 36/ 12 Rn. 19; 17.06.2010, 5 W 39/09 Rn. 16, 73; OLG München, Beschlüsse vom 14.07.2009, 31 Wx 121/06 Rn. 9, 40; 19.10.2006, 31 Wx 92/05 Rn. 12; OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 05.11.2013, 20 W 4/12 Rn. 82 ff.; 15.10.2013, 20 W 3/13 Rn. 84; 24.07.2013, 20 W 2/12 Rn. 112; 03.04.2012, 20 W 7/09 Rn. 80; 26.10.2006, 20 W 14/05 Rn. 29; jeweils zitiert aus JURIS; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., Anh. § 305 Rn. 49; Meilicke/ Kleinertz in: Heidel, Aktienrecht, 4. Aufl., § 305 Rn. 36; Servatius in: Grigoleit, AktG, § 305 Rn. 15; Emmerich in: Emmerich/Habersack, AktG, 7. Aufl., § 305 Rn. 42 ff.; Koppensteiner in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 305 Rn. 110, 112). Der Börsenkurs kann insoweit zwar – unter der Voraussetzung eines funktionierenden Marktes - ein Indiz für den Unternehmenswert darstellen, weshalb der Aktionär als Entschädigung jedenfalls nicht weniger erhalten soll, als er bei einer Veräußerung am Markt erhalten hätte (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006, 20 W 14/05 Rn. 29, zitiert aus JURIS). Es ist aber zu bedenken, dass Preise, die am Markt gezahlt werden, durch subjektive Wertvorstellungen und Sonderüberlegungen, Börsenkurse auf vielfältige Weise und durch Sondereffekte beeinflusst werden können, etwa durch informationsbedingte Fehleinschätzungen (vgl. Senat, Beschluss vom 10.06.2009, I-26 W 1/07 (AktE) Rn. 89; kritisch auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.12.2013, 21 W 36/12 Rn. 41 ff., 46, jeweils zitiert aus JURIS sowie Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 7. Aufl., Rn. 1215 ff., 1241). Der Börsenkurs kann daher in der Regel keine verlässliche Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit von Kompensationsleistungen liefern (vgl. Senat, Beschluss vom 08.08.2013, I-26 W 15/12 (AktE) Rn. 42, zitiert aus JURIS).
43II. Kapitalanlageergebnis
441.
45Die Sachverständigen haben ihrer Bewertung – zutreffend - den 11.12.2001 als Bewertungsstichtag zugrunde gelegt und davon ausgehend die Bewertung auf solche Informationen und Erkenntnisse gestützt, die zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung standen bzw. bei angemessener Sorgfalt hätten erlangt werden können. Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen müssen auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen und widerspruchsfreien Annahmen aufbauen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 06.04.2011, I-26 W 2/06 (AktE) Rn. 47; 17.11.2008, I-26 W 6/08 (AktE) Rn. 26; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.02.2008, 20 W 10/06 Rn. 22, jeweils zitiert aus JURIS). Maßgeblich ist der Informationsstand, der bei angemessener Sorgfalt am Bewertungsstichtag bestanden haben könnte (sog. Wurzeltheorie, vgl. nur Paulsen in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 304 Rn. 90; § 305 Rn. 84). Zum Bewertungsstichtag noch nicht eingeleitete Maßnahmen, nicht konkretisierte Investitionen, Ertragschancen oder Belastungen sind für die Prognose der erwarteten finanziellen Überschüsse unbeachtlich, sofern sie nicht bereits im Ansatz angelegt oder durch Dokumentation im Unternehmenskonzept hinreichend konkretisiert sind (vgl. Senat, Beschluss vom 17.11.2008, I-26 W 6/08 (AktE) Rn. 26, zitiert aus JURIS).
462.
47Den Ansatz der stillen Reserven für 2001 mit 1.701 Mio. DM haben die Sachverständigen nachvollziehbar damit erläutert, die stillen Reserven in Höhe von 2,16 % der von der D AG prognostizierten Buchwerte angesetzt zu haben (Gutachten S. 15, 62, 79; Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 S. 6, 8, 10, Anlage 1; Ergänzende Stellungnahme vom 22.06.2011 S. 9). Diese Relation wurde im gesamten Prognosezeitraum beibehalten (Anlagenband Nr. 1 zum Gutachten S. 79). Gegen diese Methodik bestehen keine Bedenken. Die von den Sachverständigen verwendete Plangröße ergibt sich nachvollziehbar aus den Unternehmensplanungen. Die Vergangenheitsanalyse der Sachverständigen hat zudem gezeigt, dass der Anteil der stillen Reserven an den Buchwerten der D AG in den Jahren 1997 bis 2000 noch deutlich höher, in einer Bandbreite zwischen 5,68 % und 8,4 %, gelegen hatte. Im Prognosezeitraum steht die Planung zudem in Einklang mit den Ist-Werten der Branche, wie die von den Sachverständigen zur Plausibilisierung herangezogenen Ist-Daten der Branche der Lebensversicherer (JB-BaFin) belegen (Anlagenband Nr. 1 zum Gutachten S. 81). Im Übrigen weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass die Abweichung zum tatsächlichen Kapitalanlageergebnis nur 0,26 % des Unternehmenswerts ausmacht und damit – wie auch die Antragsgegnerinnen letztlich einräumen – vernachlässigbar ist.
483.
49Die Abweichung der Planzahlen der Sachverständigen vom Ist-Ergebnis des Unternehmens der Jahre 2001 bis 2009 ist unbeachtlich, sie vermag eine fehlerhafte landgerichtliche Schätzung nicht zu begründen. Die im Rahmen des Ertragswertverfahrens zu erwartenden Gewinne können naturgemäß nur aus einer ex ante-Betrachtung des maßgeblichen Stichtages, d.h. des Zeitpunkts der Beschlussfassung der Gesellschaft über den Unternehmensvertrag, geschätzt werden. Grundlage der Schätzung sind in der Regel die Erträge der Gesellschaft in den vergangenen 3 bis 5 Jahren. Diese werden in der Zukunft fortgeschrieben, wobei – wie bereits ausgeführt - bei der Prognose der zukünftigen Erträge nur solche positiven und negativen Entwicklungen berücksichtigt werden dürfen, die in dem fraglichen Zeitraum zumindest in ihrem Kern, also „in der Wurzel“, bereits angelegt und damit am Bewertungsstichtag absehbar waren. Für die Gerichte bedeutet dies in einem – wie hier – langjährigen Spruchverfahren, dass die Ertragsaussichten der abhängigen Gesellschaft rückblickend von einem längst vergangenen Zeitraum aus zu beurteilen und zwischenzeitliche Entwicklungen auszublenden sind, sofern sie nicht schon im Ansatz angelegt waren (BGH NZG 1998, 379, 380). Für eine ex-post-Betrachtung ist also kein Raum.
50Die Plausibilität der Bewertung wird auch allein durch die Abweichungen bei den Ergebnissen der Ist-Reserven, Jahresüberschüssen und Kapitalanlageergebnissen (Anlage B 5, Bl. 1259, 1284; Bl. 712; B 7, Bl. 1261 d. A.) nicht in Frage gestellt. Ob und inwieweit stille Reserven entstehen, bestehen bleiben, wachsen, abnehmen oder aufgelöst werden, wird zum einen durch den Markt beeinflusst, weil die Verkehrswerte von Kapitalanlagen auf Faktoren beruhen, die von dem einzelnen Versicherungsunternehmen grundsätzlich nicht beeinflusst werden können. Andererseits stehen stille Reserven zur Disposition des Asset-Managements, etwa hinsichtlich der Struktur der Kapitalanlagen oder Realisierung stiller Reserven. Aus diesem Grund ist es überzeugend, das Ertragspotenzial stiller Kapitalanlagereserven im objektiven Unternehmenswert zu erfassen und zwar – wie bei der vorliegend von den Sachverständigen gewählten Methode - durch die Integration einer Verzinsung dieser Reserven in Höhe der laufenden Kapitalanlagerendite in die Zukunftserfolgsrechnung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der Auflösung stiller Reserven der in der Vergangenheit angesammelte Wertzuwachs berücksichtigt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.01.2004, I-19 W 1/03 (AktE) Rn. 37, zitiert aus JURIS). Vor diesem Hintergrund haben die Sachverständigen und das Landgericht zutreffend darauf verwiesen, dass etwa die Realisierung stiller Reserven in den Jahren nach dem Bewertungsstichtag – entgegen der unternehmenseigenen Planung – durch Veräußerungsgeschäfte tatsächlich zu entsprechend höheren Kapitalanlageergebnissen führen kann. Der Berücksichtigung einer solchen tatsächlichen Entwicklung nach dem Bilanzstichtag im Rahmen der Wertfindung steht indes das Stichtagsprinzip entgegen, wonach zur Wertermittlung nur solche Umstände herangezogen werden dürfen, deren Ursache bereits vor dem Bewertungsstichtag gelegt war und die hätten erkennbar sein können (Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 S. 5). Von daher haben die Sachverständigen auch zu Recht von einer Analyse abgesehen, auf welche Einflussfaktoren die Abnahme der stillen Reserven zurückzuführen ist.
514.
52Der Hinweis darauf, dass die Diskontierung des Kapitalanlageergebnisses mit dem von den Sachverständigen angesetzten Kapitalisierungszinssatz zu einem um ca. 29 % höheren Barwert führt als bei der Diskontierung des Kapitalanlageergebnisses der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A mit dem von ihr angesetzten Kapitalisierungszinssatz (vgl. Bl. 1301 d. A., Anlage B 6), vermag die Schätzung des Landgerichts ebenfalls nicht in Zweifel zu ziehen. Allein die Größenordnung der Abweichung besagt für sich betrachtet nichts über die Plausibilität der Bewertung. Auch insoweit wirkt es sich aus, dass die zahlreichen prognostischen Schätzungen und methodischen Einzelentscheidungen, die Grundlage jeder Unternehmensbewertung sind, im Ergebnis dazu führen, dass die Wertermittlung nur einem Vertretbarkeitsurteil zugänglich ist, die Gutachten aber nicht in der Lage sein können, einen mathematisch „exakten“ oder „wahren“ Unternehmenswert am Stichtag festzustellen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011, 21 W 7/11, Rn. 34 ff., zitiert aus JURIS m. w. N.). Die Verfahrensbeteiligten müssen es daher hinnehmen, dass es eine Bandbreite von unterschiedlichen Werten als angemessene Abfindung gibt und das erkennende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände hieraus einen Wert festsetzt. Dabei muss es von seinem Schätzungsermessen auch Gebrauch machen, um eine verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbare extrem lange Verfahrensdauer zu vermeiden (OLG Stuttgart ZIP 2004, 712, 717; BayObLG AG 2006, 41, 42; Paulsen in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 305 Rn. 78). Maßgeblich ist, dass sowohl die der landgerichtlichen Schätzung zugrundeliegende Wertermittlung als auch die Einzelschritte auf dem Weg dorthin nachvollziehbar und plausibel sind. Das Gegenteil ist – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerdebegründung - nicht ersichtlich. Da die Sachverständigen die Kapitalanlageergebnisse aus dem Produkt aus Marktzinsen und Marktwerten (= Buchwerte + stille Reserven) gebildet haben (Anlagenband Nr. 1 zum Gutachten S. 61, 79, 86 ff.; Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 S. 9 f.), während die Bewertungsgutachter mit der gesonderten Planung aus dem Abgang von Kapitalanlagen (einschließlich der Realisierung stiller Reserven) - über die den Sachverständigen keine Planungen vorlagen - eine andere Methodik gewählt haben, sind die Ergebnisse im Übrigen ohnehin nur eingeschränkt vergleichbar (Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 S. 9).
53III. Risikozuschlag
541.
55Der Einwand der Antragsgegnerinnen, nach der Begründung im angefochtenen Beschluss habe das Landgericht zu einem Gesamt-Risikozuschlag von „mindestens 2 %“ gelangen müssen, greift nicht durch. Bei seinem Ansatz des Risikozuschlags mit 1,5 % hat sich das Landgericht ersichtlich am Gesamtergebnis der Sachverständigen zum Risikozuschlag orientiert. Wie die Antragsgegnerinnen im Übrigen selbst nicht in Abrede stellen, ist eine Aufteilung des Risikozuschlags in einen allgemeinen und einen besonderen Zuschlag nicht geboten.
562.
57Der durch das Landgericht im Ergebnis mit 1,5 % angesetzte Risikozuschlag ist – insbesondere vor dem Hintergrund der durch die Anschläge auf das World Trade Center vom 11.09.2001 und die davon ausgehende weltpolitische Unsicherheit sowie die Finanzmarktkrise nach dem Platzen der sog. Internetblase gekennzeichneten Situation der Versicherungswirtschaft - nicht als „unrealistisch niedrig“ zu bewerten.
58a)
59Der Risikozuschlag soll der Erfahrungstatsache Rechnung tragen, dass die Anlage in Kapital in einem Unternehmen mit größeren Risiken behaftet ist als die Anlage in öffentliche Anleihen (OLG Düsseldorf WM 1990, 1282, 1288; AG 1992, 203). Bewertet wird das allgemeine Unternehmens- und Insolvenzrisiko. Das sind Betriebsstörungen infolge höherer Gewalt, Substanzverluste infolge von Betriebsstilllegungen, Aufwendungen für Umstrukturierungsmaßnahmen, Insolvenzen wichtiger Abnehmer oder Belegschaftsveränderungen sowie das stets vorhandene Insolvenzrisiko (OLG Düsseldorf WM 1992, 986, 991; NZG 2003, 588, 594 f.; AG 2004, 324, 329; BayObLG AG 1996, 127, 128). In Rechtsprechung und Schrifttum besteht Übereinstimmung dahingehend, dass im Risikozuschlag nur außergewöhnliche Ereignisse berücksichtigt werden können, da die spezifischen Unternehmensrisiken ebenso wie die entsprechenden Chancen bereits bei der Ermittlung des Unternehmensertrages zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 31.01.2003, I-19 W 9/00 (AktE); 27.02.2004, I-19 W 3/00 (AktE); Senat, Beschluss vom 25.03.2009, I-26 W 5/08 (AktE), jeweils zitiert aus JURIS). Die Wahrscheinlichkeit, von einem der genannten Risiken getroffen zu werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Die Höhe des Zuschlags hat sich an den Verhältnissen des zu bewertenden Unternehmens orientieren. Nach den Erkenntnissen des Senats werden Risikozuschläge entweder aus Erfahrungswerten gegriffen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 08.08.2013, I-26 W 15/12 (AktE); 06.04.2011, I-26 W 2/06 (AktE); 25.03.2009, I-26 W 5/08 (AktE); 17.11.2008, I-26 W 6/08 (AktE), jeweils zitiert aus JURIS) oder - wie es inzwischen in der Unternehmensbewertung allgemeine Praxis ist - aus Kapitalmarktdaten abgeleitet, wobei sich dann der Risikozuschlag aus dem Produkt der Marktrisikoprämie sowie dem Beta-Faktor ergibt (vgl. Senat, Beschluss vom 12.12.2012, I-26 W 9/11 (AktE); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2005, I-19 W 11/04 (AktE); OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 17.12.2012, 21 W 39/11; 29.04.2011, 21 W 13/11; 26.08.2009, 5 W 35/09; OLG München, Beschluss vom 30.11.2006, 31 Wx 59/06, jeweils zitiert aus JURIS). Dabei kann es bei „Altfällen“ der Bewertung von Versicherungsunternehmen – wie im vorliegenden Fall - zweifelhaft sein, ob die insoweit notwendige Ermittlung empirischer Kapitalmarktdaten bei längst zurückliegenden Bewertungsstichtagen noch möglich ist und zu besseren Erkenntnissen führen kann (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17.11.2008, I-26 W 6/08 (AktE); 06.04.2011, I-26 W 2/06 (AktE), jeweils zitiert aus JURIS; sowie 19.12.2013, I-26 W 9/08 (AktE), - bislang n. v. -). Vor diesem Hintergrund ist es im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigen – wie auch die Bewertungsgutachter – pauschale, aus Erfahrungswerten gegriffene Risikozuschläge zugrundelegen und diese abhängig von der jeweiligen Versicherungssparte in unterschiedlicher Höhe annehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 19.12.2013, I-26 W 9/08 (AktE), - bislang n. v. -). Auch die Antragsgegnerinnen sind dieser Vorgehensweise mit der Beschwerdebegründung nicht mehr entgegengetreten.
60b)
61Die Höhe der Risikozuschläge von Versicherungsunternehmen wird im Rahmen älterer Bewertungen in einer Bandbreite von 1 % bis 4 % geschätzt, wobei die spartenspezifischen Zuschläge bei Lebensversicherungsgesellschaften in der Regel am unteren Rand, bei 1 % liegen, bei Krankenversicherungsgesellschaften bei 1,25 % und – deutlich höher - bei Schaden- und Unfallversicherungs- sowie bei Rückversicherungsgesellschaften mit 2 % (vgl. Hartung, ZVersWiss 2001, 635, 635 f.). Grundsätzlich im Einklang damit wird im vorliegenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A-Bewertungsgutachten noch ausgeführt, „generell“ werde der Risikozuschlag bei Schaden- und Unfallversicherungsunternehmen mit 2 % höher angesetzt als bei Lebensversicherungsunternehmen mit 1,5 % und Krankenversicherungsunternehmen mit 1,75 %. Diese Risikozuschläge entsprächen in ihrer Größenordnung den in der Vergangenheit auch in Bezug auf die einzelnen Versicherungssparten in vergleichbaren Bewertungsfällen angesetzten Risikozuschlägen. Die Bewertungsgutachter gelangen jedoch sodann „im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte“ in allen Sparten zu um jeweils 0,5 % erhöhten Risikozuschlägen (Vertragsbericht S. 58). Schon das belegt, dass sich der von den Sachverständigen mit 1,5 % geschätzte Risikozuschlag zum Bewertungsstichtag innerhalb der zum Bewertungsstichtag üblichen Bandbreite bewegt und keineswegs als „unrealistisch“ bezeichnet werden kann.
62c)
63Für die Angemessenheit des Risikozuschlags spricht auch der Vergleich mit Risikozuschlägen, die dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Spruchverfahren aus dem Versicherungsbereich bekannt sind. Während die Risikozuschläge für Bewertungsstichtage im Jahr 1997 in einer Bandbreite von 0,5 % bis 1,25 % lagen, hat der Senat für einen späteren Bewertungsstichtag im Jahr 2000 einen solchen in Höhe von 1,5 % für angemessen erachtet, der in der Größenordnung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E in den Bewertungsfällen ACL mit den Stichtagen Mai 1999 und Mai 2000 (vgl. Ergänzungsgutachten vom 06.08.2010 S. 24) liegt:
64In seiner Entscheidung vom 17.11.2008 (I-26 W 6/08 (AktE)) hat der Senat - bezogen auf den Stichtag Juni 1997 - einen Risikozuschlag von 2 % für angemessen gehalten, wobei ebenfalls unterschiedliche Risikozuschläge für die einzelnen Versicherungssparten angenommen worden sind. Diese bewegten sich in einer Bandbreite von 2 % bis 2,25 % bei den Sachversicherungsunternehmen und 0,5 % bis 1,25 % bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen, bei denen aufgrund der geringeren inhärenten Risikostruktur von geringeren Zuschlägen auszugehen sei (vgl. Senat, Beschluss vom 17.11.2008, I-26 W6/08 (AktE) Rn. 19, zitiert aus JURIS).
65Bei einer Unternehmensbewertung der M AG bezogen auf den Stichtag September 1997 sind von der Versicherungssparte abhängige Risikozuschläge von 2 % für die Sach- und Bausparversicherung, 1,25 % für die Kranken- und 0,5 % für die Lebensversicherung angenommen worden (vgl. Senat, Beschluss vom 19.12.2013, I-26 W9/08 (AktE), - bislang n. v. ).
66Ebenso ist bei der Bewertung der D AG in dem Spruchverfahren, dem der im September 1997 mit der H AG geschlossene Beherrschungsvertrag zugrundelag (vgl. Beschluss des Senats vom 25.03.2009, I-26 W 5/08 (AktE), zitiert aus JURIS), ein Risikozuschlag von 0,5 % angenommen worden, den zuvor das Landgericht für „angemessen niedrig“ erachtet hatte (vgl. LG Köln, Beschluss vom 17.01.2008, 82 O 77/03 Rn. 84, 89, zitiert aus JURIS).
67In einer Entscheidung vom 20.10.2005 (OLG Düsseldorf, I-19 W 11/04 (AktE) Rn. 36, zitiert aus JURIS) ist ein Risikozuschlag von 1,5 % - bezogen auf die Bewertung eines Lebensversicherungsunternehmens auf den Stichtag August 2000 – für angemessen gehalten worden.
68Nahezu identische Stichtage wie hier im Dezember 2001 bzw. Juni 2002 betrifft schließlich die Bewertung eines Versicherungsunternehmens durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D, in der spartenabhängige Risikozuschläge zwischen 1,25 % und 3 % angenommen worden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 08.08.2013, I-26 W 15/12 (AktE) Rn. 6, zitiert aus JURIS).
69Vor diesem Hintergrund ist der vom Landgericht angesetzte Risikozuschlag als angemessen zu bewerten; die in der Beschwerdebegründung angeführten Bewertungen mit höheren Risikozuschlägen betreffen hingegen – mit Ausnahme des Verfahrens 5 W 41/09 OLG Frankfurt - durchweg erheblich spätere Bewertungsstichtage und vermögen daher angesichts der Situations- und Zeitpunktbezogenheit jeder Bewertung die Plausibilität der landgerichtlichen Schätzung nicht in Zweifel zu ziehen.
70d)
71Der vom Landgericht angenommene Risikozuschlag gibt auch unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände und insbesondere in Anbetracht der erhöhten Unsicherheit zum Bewertungsstichtag betreffend die Einschätzung der weiteren, wirtschaftlichen Entwicklung keine Veranlassung für eine Korrektur.
72Die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte stellt – wie die Sachverständigen schon in ihrem Ausgangsgutachten (S. 48) ausgeführt haben – ein grundsätzliches Prognoserisiko dar, das regelmäßig im Risikozuschlag berücksichtigt wird. Bewertungstheoretisch ist es dagegen nicht geboten, besondere Auswirkungen einzelner Ereignisse zu berücksichtigen, die sich nicht nachhaltig in der Zukunft manifestieren. Die von den Antragsgegnerinnen schon erstinstanzlich im Schriftsatz vom 29.10.2009 aufgeführten Aspekte – insbesondere die Belastung der Kapitalanlageergebnisse infolge der Anschläge auf das World Trade Center – waren indessen – wie die Sachverständigen überzeugend erläutert haben – nicht nur am Bewertungsstichtag nicht absehbar, sondern haben sich letztlich auch - wie sich den Kapitalmarktdaten entnehmen lässt - nicht nachhaltig manifestiert (Ergänzende Stellungnahme vom 22.06.2011 S. 23). Auch deshalb war es – wie die Sachverständigen plausibel festgehalten haben – bewertungstechnisch nicht geboten, den geltend gemachten Krisenzustand bei der Bemessung des Risikozuschlags zu berücksichtigen und somit in der Phase der ewigen Rente fortzuschreiben.
73Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Feststellung der Sachverständigen und dem folgend des Landgerichts nicht zu beanstanden, dass aus Sicht des Bewertungsstichtages schon hinsichtlich der betragsmäßigen Höhe der Auswirkungen der Terroranschläge keine objektivierte Prognose abgegeben werden konnte (Ergänzungsgutachten vom 08.06.2010 S. 10; ergänzende Stellungnahme vom 22.06.2011 S. 23). Das Bewertungsgutachten enthält diesbezüglich keine abweichenden Annahmen, sondern nimmt lediglich allgemein Bezug auf die gegenwärtig sich ergebenden Prognoseunsicherheiten, besonders im Hinblick auf „die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte“ (Vertragsbericht S. 58). Der am 23.04.2002 veröffentlichte Geschäftsbericht der D AG für das Jahr 2001 konstatiert gar, das Jahr 2001 sei mit einer noch deutlicheren Fortsetzung des überdurchschnittlichen Wachstums sehr erfolgreich abgeschlossen worden. Versicherungs- und Kapitalanlagenbestand seien um 13,7 bzw. 4,7 % gestiegen, wobei das niedrige Zinsniveau und die rückläufige Börsensituation zu einem Rückgang des Gesamtüberschusses von 601,4 Mio. € auf 410 Mio. € geführt hätten. Bei einer Podiumsdiskussion zu den ökonomischen und politischen Folgen der Terroranschläge warnte der damalige Vorstandsvorsitzende der M AG ausdrücklich davor, „alle konjunkturellen Probleme jetzt dem internationalen Terrorismus zuzuschieben, statt über die hausgemachten Versäumnisse zu sprechen“ (Geschäftsbericht 2001 S. 16). Auf den Rückgang des Gesamtüberschusses hat die D AG mit einer Reduzierung der Überschussbeteiligung ab 2002 reagiert und ihre Vertriebskraft mit Produktinnovationen, insbesondere im Bereich der ab 2002 staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, weiter ausgebaut (Geschäftsbericht 2001 S. 13). Insgesamt zeichnete sich dem Geschäftsbericht zufolge keine Entwicklung ab, die ihre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich beeinträchtigen könne (Geschäftsbericht 2001 S. 49). Insoweit sieht der Senat keinen Anlass zur Beanstandung der landgerichtlichen Feststellung, wonach die Entwicklung zum Bewertungsstichtag weder absehbar noch quantifizierbar gewesen sei.
74Dies spiegelt sich auch in der von den Sachverständigen im Ergänzungsgutachten (S. 10) herangezogenen Einschätzung des DIW Berlin wider, wonach sich die internationalen Finanzmärkte nach den Anschlägen als sehr robust erwiesen hätten und der amerikanische Dow-Jones-Index nach der Katastrophe vom 11.09.2001 - im Vergleich zu vergangenen Schocks, etwa den Börsencrashs 1929 oder 1987, der Ermordung Kennedys 1963 oder der Invasion Kuwaits 1990 - schnell wieder das alte Niveau erreicht habe (www.diw.de/wb_37/02/).
75Nach dem aus der Anlage B 1 zum Schriftsatz der Antragsgegnerinnen vom 30.09.2010 (Bl. 699 ff. d. A.) ersichtlichen Kursverlauf war die DAX-Entwicklung nach dem 11.09.2001 zunächst ansteigend, bis erst Mitte 2002 ein Abwärtstrend einsetzte, der sich bereits zum 1. Quartal 2003 wieder umkehrte. Der dem Ergänzungsgutachten als Anlage 2 beigefügte DAX-Chart belegt darüber hinaus, dass die Entwicklung ab dem Jahr 2003 wieder kontinuierlich anstieg und schon etwa zu Beginn des Jahres 2005 wieder alte Höchststände erreichte. Die vom Landgericht geteilte Einschätzung der Sachverständigen, die Finanzmärkte hätten sich nach den Anschlägen als „robust“ erwiesen, ist insoweit nicht zu beanstanden. Nach alledem hat das Landgericht, auch vor dem Hintergrund der aufgezeigten Umstände, eine Erhöhung des Risikozuschlags zu Recht für nicht sachgerecht erachtet.
76IV. Wachstumsabschlag
77Der Wachstumsabschlag von Versicherungsunternehmen wird regelmäßig zwischen 0,5 % und 1 % angesiedelt und liegt damit tendenziell unterhalb dem von Industrieunternehmen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 19.12.2013, I-26 W 9/08 (AktE), - bislang n. v.-: 0,75 %; 12.12.2012, I-26 W 9/11 (AktE): 0,5 %; 06.04.2011, I‑26 W 2/06 (AktE): 0,75 %; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.04.2011, 21 W 13/11, Rn. 88, jeweils zitiert aus JURIS; Graßl/Beck in: Drukarczyk/Ernst, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. Aufl., 139, 151 f.). Der hier angesetzte Wachstumsabschlag von 1 % bewegt sich in dieser Bandbreite und hält sich im Rahmen der Wachstumsabschläge, die dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Spruchverfahren bekannt sind. Auch bei der nahezu identische Stichtage wie hier im Dezember 2001 bzw. Juni 2002 betreffenden Bewertung eines Versicherungsunternehmens wurde durch die dortigen Sachverständigen der Wachstumsabschlag mit 1 % angenommen (vgl. Senat, Beschluss vom 08.08.2013, I-26 W 15/12 (AktE) Rn. 11, zitiert aus JURIS). Der gleiche Wert wurde vom Oberlandesgericht München bei der Bewertung eines Rückversicherers angesetzt (Beschluss vom 30.11.2006, 31 Wx 59/06 Rn. 35, zitiert aus JURIS).
78Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der schon vom Landgericht angeführten erheblichen Wachstumsraten, die nicht nur die D AG, sondern die gesamte Branche in der Vergangenheit erzielt hatte, ist der von den Sachverständigen und dem folgend dem Landgericht mit 1 % angenommene Wachstumsabschlag angemessen. Zu einer Herabsetzung besteht – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerdebegründung – kein Anlass.
79Aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus ist es zwar nachvollziehbar, dass es zur Finanzierung eines Wachstums in der ewigen Rente bei Versicherungsunternehmen auch der zusätzlichen Stärkung des Eigenkapitals bedarf (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.08.2009, 5 W 35/09 Rn. 47, zitiert aus JURIS). Die von den Sachverständigen für richtig befundene Höhe des Wachstumsabschlags bewegt sich auch am oberen Rand der für Versicherungsunternehmen zu beobachtenden Bandbreite veranschlagter Wachstumsabschläge. Dies haben die Sachverständigen aber nachvollziehbar damit begründet, dass der D AG Wachstum nicht nur durch substanzerhaltende Aufwendungen, sondern eine Steigerung der Vertriebserfolge auch durch Maßnahmen möglich sein würde, die lediglich im laufenden Geschäft zu einer Umstrukturierung von Ausgaben führen, etwa durch eine Veränderungen der Vertriebsorganisation bzw. des Provisionssystems. Desweiteren sei die Berücksichtigung des Thesaurierungseffekts bei der D AG aufgrund hinreichender Solvabilitätsspannen nicht erforderlich.
80Diese Einschätzung wird durch die Geschäftsberichte der Jahre 2001 ff. bestätigt. Die D AG hat in den nachfolgenden Jahren insbesondere auch mit Reduzierungen der Überschussbeteiligung und Produktinnovationen Voraussetzungen für ihr weiteres Wachstum geschaffen, insbesondere im Zusammenhang mit der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge. U. a. gehörte sie nach dem im Mai 2001 verabschiedeten Altersvermögensgesetz zu den ersten Anbietern der ab 2002 staatlich geförderten Produkte, die bereits im Dezember 2001 zertifiziert wurden; mit dieser grundsätzlichen Umsteuerung in der Rentenversicherung habe ein „neues Zeitalter“ begonnen (Geschäftsbericht 2001 S. 12, 27). 2002 erfolgten u. a. eine Straffung der Organisationsstrukturen in der Direktion und die Integration der Betriebsbereiche Leben und Komposit in gemeinsame Kundenservice-Direktionen. Im Jahr 2003 bildete sich die betriebliche Altersvorsorge als ein deutlicher Schwerpunkt im Bereich der Altersversorgungsprodukte heraus, auf den sie sich bereits 2002 mit Gründung der H ausgerichtet hatte. Es folgten weitere organisatorische Umstrukturierungen in der Direktion und den Kundenservice-Direktionen. 219 Stellen wurden abgebaut. Für das Jahr 2004 wurde sodann wieder ein sehr erfreulicher Verlauf konstatiert. Die D AG habe ihr bisher höchstes Neugeschäft erreichen und den Vorjahreswert um 68,4 % übertreffen können. Dieser Vertriebserfolg beruhe auf ihrer „Spitzenstellung“ im Geschäft der „Riester-Rente“, dem im Juni 2004 verabschiedeten Alterseinkünftegesetz und der damit verbundenen verstärkten Nachfrage im Bereich der privaten Altersvorsorge sowie der Vertriebskraft der A AG (vgl. Geschäftsbericht 2004 S. 13).
81Zwischenzeitlich ist die A AG im Jahr 2008 exklusiver Vertriebspartner der Antragsgegnerin zu 1) geworden. In der aktuellen Darstellung ihrer Unternehmensgeschichte () stellt die M AG heraus, dass sie 2012 ihrer starke Marktposition als zweitgrößter Lebensversicherer gefestigt und die M AG das beste versicherungstechnische Ergebnis ihrer Geschichte erzielt habe, wozu neben einer außerordentlichen Vertriebskraft der A AG innovative Produkte u. a. der Lebensversicherung beigetragen hätten. Nach alledem bestehen im konkreten Fall keine durchgreifenden Zweifel an der landgerichtlichen Schätzung des Wachstumsabschlags.
82C.
83Von einer mündlichen Verhandlung konnte vorliegend abgesehen werden, zumal eine solche in erster Instanz stattgefunden hat (vgl. Simon in: Simon, SpruchG, § 12 Rn. 25).
84Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerinnen. Die Kosten der Antragsteller waren von den Antragsgegnerinnen zu tragen, weil dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Beschwerdeverfahrens der Billigkeit entspricht (§ 15 Abs. 4 SpruchG a.F.; vgl. Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 6 m. w. M.; Klöcker in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 16; Ederle/Theusinger in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 15 SpruchG/ Anh. § 306 Rn. 1).
85Der Geschäftswert bestimmt sich auch für die Beschwerdeinstanz nach dem Unterschiedsbetrag zur angebotenen Kompensation (vgl. Ederle/ Theusinger in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 15 SpruchG/ Anh. § 306 Rn. 2; Klöcker in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 3 f.) und beträgt daher 7,5 Mio. €.
86Die gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre können gemäß § 6 Abs. 2 SpruchG von den Antragsgegnerinnen in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz ihrer Auslagen und eine Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen. Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch für die Bemessung ihrer Vergütung.
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(1) Die Vertragsprüfer werden jeweils auf Antrag der Vorstände der vertragschließenden Gesellschaften vom Gericht ausgewählt und bestellt. Sie können auf gemeinsamen Antrag der Vorstände für alle vertragschließenden Gesellschaften gemeinsam bestellt werden. Zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk die abhängige Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet deren Vorsitzender an Stelle der Zivilkammer. Für den Ersatz von Auslagen und für die Vergütung der vom Gericht bestellten Prüfer gilt § 318 Abs. 5 des Handelsgesetzbuchs.
(2) § 10 Abs. 3 bis 5 des Umwandlungsgesetzes gilt entsprechend.
(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben.
(2) Als Abfindung muß der Vertrag,
- 1.
wenn der andere Vertragsteil eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, die Gewährung eigener Aktien dieser Gesellschaft, - 2.
wenn der andere Vertragsteil eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und das herrschende Unternehmen eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, entweder die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft oder eine Barabfindung, - 3.
in allen anderen Fällen eine Barabfindung
(3) Werden als Abfindung Aktien einer anderen Gesellschaft gewährt, so ist die Abfindung als angemessen anzusehen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären, wobei Spitzenbeträge durch bare Zuzahlungen ausgeglichen werden können. Die angemessene Barabfindung muß die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Sie ist nach Ablauf des Tages, an dem der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag wirksam geworden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(4) Die Verpflichtung zum Erwerb der Aktien kann befristet werden. Die Frist endet frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags im Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist. Ist ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt worden, so endet die Frist frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist.
(5) Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht darauf gestützt werden, daß der Vertrag keine angemessene Abfindung vorsieht. Sieht der Vertrag überhaupt keine oder eine den Absätzen 1 bis 3 nicht entsprechende Abfindung vor, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag die vertraglich zu gewährende Abfindung zu bestimmen. Dabei hat es in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Vertrag die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, das Verhältnis, in dem diese Aktien zu gewähren sind, wenn der Vertrag nicht die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, die angemessene Barabfindung zu bestimmen. § 304 Abs. 4 gilt sinngemäß.
(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.
(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.
(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.
(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.
(1) Das Gericht hat den Antragsberechtigten, die nicht selbst Antragsteller sind, zur Wahrung ihrer Rechte frühzeitig einen Rechtsanwalt als gemeinsamen Vertreter zu bestellen; dieser hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Werden die Festsetzung des angemessenen Ausgleichs und die Festsetzung der angemessenen Abfindung beantragt, so hat es für jeden Antrag einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, wenn aufgrund der konkreten Umstände davon auszugehen ist, dass die Wahrung der Rechte aller betroffenen Antragsberechtigten durch einen einzigen gemeinsamen Vertreter nicht sichergestellt ist. Die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters kann vollständig unterbleiben, wenn die Wahrung der Rechte der Antragsberechtigten auf andere Weise sichergestellt ist. Das Gericht hat die Bestellung des gemeinsamen Vertreters im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Wenn in den Fällen des § 1 Nr. 1 bis 3 die Satzung der Gesellschaft, deren außenstehende oder ausgeschiedene Aktionäre antragsberechtigt sind, oder in den Fällen des § 1 Nr. 4 der Gesellschaftsvertrag, der Partnerschaftsvertrag, die Satzung oder das Statut des übertragenden, übernehmenden oder formwechselnden Rechtsträgers noch andere Blätter oder elektronische Informationsmedien für die öffentlichen Bekanntmachungen bestimmt hatte, so hat es die Bestellung auch dort bekannt zu machen.
(2) Der gemeinsame Vertreter kann von dem Antragsgegner in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen; mehrere Antragsgegner haften als Gesamtschuldner. Die Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest. Gegenstandswert ist der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Geschäftswert. Das Gericht kann den Zahlungsverpflichteten auf Verlangen des Vertreters die Leistung von Vorschüssen aufgeben. Aus der Festsetzung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt.
(3) Der gemeinsame Vertreter kann das Verfahren auch nach Rücknahme eines Antrags fortführen. Er steht in diesem Falle einem Antragsteller gleich.