Oberlandesgericht Düsseldorf Grund- und Teilurteil, 30. Aug. 2016 - I-21 U 174/15
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 31.07.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) werden der Klägerin auferlegt.
Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten der Berufung sowie der übrigen Kosten - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 ) und 3) - wird die Sache an das Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung (wegen der Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Beklagten zu 2) und 3) Sicherheit in selber Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet haben.
Die Revision wird in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen.
1
Gründe:
2A.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.
4Die Klägerin erwarb am 21. April 2004 als Bauträgergesellschaft das bis dahin mit einem eingeschossigen Haus bebaute Grundstück A-Straße … in Stadt 1a, katastermäßig erfasst als Gemarkung ….. Flur ….. Flurstück …... Sie beabsichtigte, eine umfangreiche Baumaßnahme durchzuführen. Es sollten drei Mehrfamilienwohnhäuser sowie zwei dahinter liegende Stadthäuser errichtet werden, in denen jeweils Eigentumswohnungen geschaffen und veräußert werden sollten. Zudem sollte eine Tiefgaragenanlage mit Anbindungen an alle fünf Häuser entstehen.
5Zur Realisierung des Objektes hatte die Klägerin bereits Anfang des Jahres 2008 den Beklagten zu 1) mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-9 beauftragt. Wegen des Inhalts des später schriftlich niedergelegten Vertrages wird Bezug genommen auf die als Anlage K 1 zu den Akten gereichte Vertragsurkunde vom 25. März 2009.
6Unter dem 17. März 2008 stellte der Beklagte zu 1) Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides, der am 15.07.2008 erteilt wurde und gegen den eine benachbarte Wohnungseigentümergemeinschaft vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf klagte. Die Klage wurde mit Urteil vom 02.04.2009 (11 K 5800/08) abgewiesen. Rechtsmittel wurde nicht eingelegt. Mit der Wahrnehmung ihrer Rechte in diesem Verfahren beauftragte die Klägerin die Streithelferin zu 1.
7Die Klägerin beauftragte zudem unstreitig zumindest den Beklagten zu 3), der öffentlich bestellter Vermessungsingenieur ist, mit den Leistungen gemäß dem von diesem unterzeichneten Schreiben vom 29. Juli 2008, auf das wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird (Anlage K 2). Der Beklagte zu 3) bildete mit dem damals ebenfalls öffentlich zum Vermessungsingenieur bestellten Beklagten zu 2) eine Arbeitsgemeinschaft. Auf der Grundlage vom Beklagten zu 1) übermittelter Planunterlagen erstellte der Beklagte zu 3) unter dem 10. Dezember 2008 eine Abstandsflächenberechnung (Anlage K 5) für die Häuser A bis C, welche als Anlage zu dem von ihm ebenfalls erstellten amtlichen Lageplan zur Bauvorlage vom selben Tag (Anlage K 36) genommen wurde.
8Die Klägerin reichte die Bauunterlagen inklusive dieses sowie eines auf die Häuser D und E erweiterten Lageplanes vom 6. Juli 2009 (Anlage A 10 Beklagter zu 3) bei der Stadt Stadt 1 ein. Die Stadt erteilte unter dem 23. Juli 2009 die beantragte Baugenehmigung für die Häuser A bis C, nach deren Erhalt die Klägerin im September 2009 mit den Bauarbeiten begann. Unter dem 11. Dezember 2009 genehmigte die Stadt die Häuser D und E. Unmittelbar neben dem Baugrundstück wohnende Nachbarn erhoben gegenüber der Stadt fristgerecht Nachbarklage gegen die Baugenehmigungen beim VG Düsseldorf und stellten zugleich einen Eilantrag, die aufschiebende Wirkung dieser Anfechtungsklage anzuordnen. Mit Kammerbeschluss vom 25. Januar 2010 lehnte das VG Letzteres ab (vgl. Bl. 145-148 der Beiakte 11 L 1344/09, VG Düsseldorf), wogegen die Nachbarn Beschwerde einlegten. Am 17. März 2010 ordnete sodann das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung an. Nach Auffassung des OVG wurden die erforderlichen Abstandsflächen durch das genehmigte Bauvorhaben der Klägerin unzulässig unterschritten. Wegen der Einzelheiten, auch wegen der zwischenzeitlichen Grundstücksverhältnisse inklusive einer Vereinigungsbaulast, wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses (vgl. Bl. 250-254R der o.g. Beiakte). Die diesbezüglichen Argumente waren weder von den Nachbarn im Rahmen der anwaltlichen Schriftsätze noch vom VG Düsseldorf erörtert worden.
9Die Klägerin legte nach Erhalt der Entscheidung die Bauarbeiten zunächst still und strebte dann eine schnellstmögliche Umplanung an, um vollziehbare neue Baugenehmigungen zu erhalten. Im Anschluss an den Beschluss des OVG fand ein Abstimmungsgespräch unter Beteiligung der Klägerin, der Beklagten zu 1) und 3) und der von der Klägerin beauftragten Streithelferin zu 1) statt. Der entwickelten Lösung gemäß erfolgte eine Modifikation der Planung durch den Beklagten zu 1) und in seinem Aufgabenbereich zumindest auch durch den Beklagten zu 3). Auf Basis der modifizierten Planung erhielt die Klägerin Nachtragsbaugenehmigungen der Stadt Stadt 1 vom 14. April 2010. Mit Beschluss vom 20. Juli 2010 (Anlage K 7) ordnete das VG Düsseldorf die aufschiebende Wirkung der auch hiergegen von den Nachbarn erhobenen Anfechtungsklage an. Im Anschluss an eine erneute Umplanung erteilte die Stadt Stadt 1 unter dem 6. August 2010 eine weitere (Nachtrags-) Baugenehmigung, welche bestandskräftig wurde.
10Die Baumaßnahme ist inzwischen umgesetzt.
11Die Klägerin hat behauptet:
12Sie habe das Vermessungsbüro und nicht allein den Beklagten zu 3) beauftragt.
13Es wäre unproblematisch möglich gewesen, die den Ursprungsplanungen entsprechende verkaufbare Geschossfläche insgesamt zu realisieren, hätten die Beklagten, insbesondere der Beklagte zu 1), die Abstandsflächenproblematik erkannt und umgesetzt. Sie, die Klägerin, sei zu keinem Zeitpunkt durch einen der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass die der Genehmigung zugrunde liegende Planung rechtsfehlerhaft oder rechtlich riskant gewesen sei. Ansonsten hätte sie die angegriffene Baugenehmigung niemals beantragt, sondern wäre einen rechtssicheren Weg gegangen. Ihr seien im Zuge des Baustillstands und der Umplanungen enorme zusätzliche Kosten entstanden, u. a. Nachträge und Stillstandskosten der Streithelferin zu 2) über 70.170,33 EUR und Avalkosten von 126.963,93 EUR. Zudem seien ihr wirtschaftliche Einbußen wegen Mindererlösen in Höhe von 125.420,00 EUR entstanden. Diese hätten auch dann vermieden werden können, wenn der Beklagte zu 1) den Gebäudekörper von Haus A bei der Umplanung anders gestaltet hätte. Zu dem geltend gemachten Gesamtschaden in Höhe von 431.296,02 EUR hat die Klägerin umfangreich vorgetragen.
14Sie war in erster Instanz der Ansicht,
15der Beklagte zu 1) habe eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung geschuldet und hierfür verschuldensunabhängig einzustehen. Die Berechnung von Abstandsflächen stelle Grundwissen dar, über das der Architekt verfügen müsse. Bereits unter dem 22. Januar 2007 sei ein veröffentlichter Beschluss des OVG ergangen, welcher der Rechtsprechung entspreche, die auch in dem Beschluss vom 17. März 2010 zur Aufhebung der Baugenehmigung geführt habe. Auch die weiteren Beklagten, der Beklagte zu 2) zumindest als Gesellschafter, hätten für die fehlerhaft berechneten Abstandsflächen einzustehen.
16Die Klägerin und ihre Streithelferin zu 1) haben erstinstanzlich beantragt,
171. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 431.296,02 EUR nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
182. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.345,77 EUR vorprozessualer Rechtsanwaltskosten nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Die Beklagten hatten beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte zu 1) war der Auffassung, die Abstandsflächenberechnung habe den von der Klägerin beauftragten Vermessungsingenieuren oblegen.
22Der Beklagte zu 2) hat behauptet, er sei mit dem gesamten Vorgang nicht befasst gewesen.
23Die Beklagten zu 2) und 3) waren der Auffassung, dass die von dem Beklagten zu 3) entfaltete Tätigkeit hoheitlicher Natur gewesen sei.
24Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 18. November 2013 (Bl. 342 ff. d.A.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Vernehmung der Zeugin B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ÖbVI C vom 3. Juli 2014 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 13. Mai 2015 (Bl. 475 ff. d.A.).
25Die Akten 11 L 1344/09, 11 K 5630/09, 11 L 787/10 und 11 K 3200/10 des VG Düsseldorf waren und sind beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung erster und zweiter Instanz.
26Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
27Der Klägerin stünden gegen den Beklagten zu 1) keine Schadensersatzansprüche aus §§ 633, 634 Nr. 4, 280 BGB zu.
28Der ursprünglichen Planung des Beklagten zu 1) hafte zwar ein Werkmangel an, da ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, als Erfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schulde und dieser Erfolg infolge der Entscheidung des OVG Münster vom 17. März 2010 vereitelt worden sei, auch wenn diese in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen sei, da der Klägerin ein Rechtsmittel nicht zur Verfügung gestanden habe (unter Verweis auf § 152 Abs. 1 VwGO). Es sei zudem nicht zu erwarten gewesen, dass das OVG in der Hauptsache von seiner Rechtsauffassung abrücken werde.
29Den Beklagten zu 1) treffe aber kein Verschuldensvorwurf. Ein Architekt müsse zwar grundsätzlich die zur Lösung der ihm übertragenen Planungsaufgaben notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts besitzen. So sei in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass die Einhaltung der Grenzabstände nach Bauordnungsrecht zu den grundlegenden Anforderungen zählten, die ein Architekt bei der Planung zu beachten habe. Jeder Architekt müsse wissen, dass bei einem Bauvorhaben Rücksicht auf die Nachbarbebauung zu nehmen sei, und er müsse auch in der Lage sein, die Grenzabstände nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu berechnen. Auch dieser Pflichtenkreis unterliege jedoch immer der Einschränkung, dass die Klärung schwieriger Rechtsfragen von dem Architekten nicht erwartet werden könne, denn der Architekt sei kein Rechtsberater seines Auftraggebers und könne einem solchen auch nicht von seinem Pflichtenkreis her gleichgestellt werden.
30Der vorliegende Fall gründe in einer solch schwierigen Rechtsfrage. Der Beklagte zu 1) bzw. die Zeugin B hätten keineswegs – wie die Klägerin anfänglich behauptet habe – die Neuregelung des § 6 Abs. 6 BauO NRW gänzlich verkannt. Schon die Zeugin B habe glaubhaft ausgesagt, dass ihr die Neuregelung bekannt gewesen sei. Dies finde sich bestätigt in den Ausführungen des Sachverständigen ÖbVI C. Die Analyse des amtlichen Lageplans vom 10. Dezember 2008 (Anlage K 36) durch den Sachverständigen habe in aller Deutlichkeit ergeben, dass die Abstandsflächenberechnung unter Heranziehung der Vorschrift in ihrer damals gültigen Fassung erfolgt sei. Dies folge schon daraus, dass für mehr als zwei Außenwände der Gebäude als Tiefe der Abstandsfläche die Hälfte der nach § 6 Abs. 5 BauO NRW erforderlichen Tiefen angesetzt worden sei. Dies wäre in Anwendung des sog. Schmalseitenprivilegs nach der BauO NRW 2000 nicht möglich gewesen.
31Der eingangs aufgezeigte Werkmangel beruhe darauf, dass das OVG mit dem Beschluss vom 17. März 2010 gegen die Interessen der Klägerin eine Einzelfrage zu der Neuregelung in § 6 Abs. 6 BauO NRW entschieden habe. Der Sachverhalt sei dadurch atypisch gelagert. Die Entscheidung beruhe im Kern auf der Ansicht, dass bei getrennt stehenden Gebäuden auf einem Baugrundstück die gegenüber einer Grundstücksgrenze liegenden Außenwände der Gebäude, soweit sie die reguläre Tiefe von 0,8 H nicht einhielten, insgesamt nicht länger als 16 Meter sein dürfen, also eine Addition vorzunehmen sei. Eine solche Rechtsprechung – die insoweit die Rechtslage im Vergleich zum gebäudebezogenen Schmalseitenprivileg zum Nachteil des Bauherrn verschärft hat – habe sich zuvor nicht angedeutet und habe daher von dem Beklagten zu 1) auch nicht berücksichtigt werden können. Zwar träfen die klägerischen Ausführungen zu, dass bereits eine Entscheidung des OVG (Beschluss v. 22.01.2007, 10 B 2456/06) zu der betreffenden Neuregelung ergangen gewesen sei. Diese Entscheidung befasse sich aber mit der Ersetzung des Schmalseitenprivilegs und der damit verbundenen Privilegierung des Bauherrn durch die mehrfache Anwendung der Halbierung. Die hier in Rede stehende Problematik einer Addition der Außenwände bei getrennt stehenden Gebäuden spiele dort keine Rolle und sei dementsprechend auch nicht abgehandelt.
32Auch die Einsichtnahme in einen juristischen Kommentar, die dem Architekten zur Prüfung einer Rechtsfrage im Einzelfall zuzumuten sein könne, hätte den Beklagten zu 1) nicht zu einer anderen Planung veranlassen müssen. So heiße es in der im Dezember 2007 erschienenen 11. Auflage des von Gädtke/Temme/Heintz herausgegebenen Kommentars zur BauO NRW in Randnummer 251 zu § 6 u. a. (Hervorhebungen im Original):
33„… Eine Anwendung der Halbierungsregel bei getrennt liegenden Gebäuden auf demselben Grundstück entspräche dem Vorgängerrecht, das die mehrfache Anwendung des Schmalseitenprivilegs zuließ, selbst wenn jedes Gebäude die Wandlänge von 16 m ausschöpfte, was den Nachbarn ungleich stärker belastete, als eine Aufteilung der auf 16 m beschränkten Halbierung auf zwei getrennte Gebäude. Es ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine derartige Verschärfung der Vorschrift nicht gewollt hat. Es ist eher anzunehmen, dass diese Folgen der Rechtsänderung im Gesetzgebungsverfahren nicht erkannt worden sind, was nicht verwundert, da das Schmalseitenprivileg schon immer besondere Schwierigkeiten bereitete. Eine für die Praxis brauchbare Formulierung des Schmalseitenprivilegs ist noch niemand gelungen, was schließlich auch unter Berücksichtigung der nicht enden wollenden Abhandlungen in der Fachliteratur und der Länge der einschlägigen Kommentierungen für die Abschaffung mit der MBO 2002 ausschlaggebend war (s. Rn. 234). Insgesamt spricht aus Gründen des Maßes der nachbarlichen Beeinträchtigung mehr dafür, eine Aufteilung der Länge von 16 m auch im Fall getrennt stehender Gebäude zuzulassen, da der Nachbar durch die Aufteilung der Baumasse auf zwei Baukörper mit dazwischen liegendem Abstand weniger stark beeinträchtigt wird als bei einem größeren kompakten Gebäude, zumal Dächer bis 45° Neigung an der Traufseite – entgegen der MBO 2002 – nicht auf die Wandhöhe – H – angerechnet werden und sich hierdurch der Vergleich des größeren mit den beiden kleineren Baukörpern in Wirklichkeit noch viel extremer darstellt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach Satz 1 die halbierte Tiefe der Abstandfläche auch für sich gegenüberliegende Außenwände getrennt stehender Gebäude auf demselben Grundstück zulässig ist, so dass es keinen rechten Sinn macht, dort die Halbierung zuzulassen, nicht aber bei der Aufteilung auf zwei getrennt stehende Gebäude. Da sich die Frage aufgrund der unklaren Formulierung nicht zufriedenstellend klären lässt, bleibt letztlich nichts anderes übrig, als das Ergebnis der Rechtsprechung abzuwarten. Bis dahin kann eine mit dem Problem befasste Bauaufsichtsbehörde im Interesse des Rechtsfriedens versuchen, eine Einigung der Angrenzer herbeizuführen, um sodann – sollten sie denn von der Unzulässigkeit der Aufteilung weiterhin ausgehen – unter Anwendung des § 73 BauO NRW eine Abweichung zu gewähren.“
34Der von der Klägerin zu Recht als das Standardwerk zur BauO NRW bezeichnete Kommentar habe demnach für die hiesige Konstellation damals mit guten Gründen eine Rechtsauffassung vertreten, in deren Folge die Planung des Beklagten zu 1) genehmigungsfähig gewesen wäre. Es verwundere daher, dass sich das OVG zur Rechtfertigung seiner gegenteiligen Auffassung auf jene Kommentarstelle berufe. Die weiter zitierten Hinweise des Ministeriums für Bauen und Verkehr NRW beträfen ebenfalls eine andere Konstellation; die Situation zweier freistehender Gebäude sei dort nicht dargestellt. Die Entscheidung des OVG vermöge die Kammer auch in der Sache nicht zu überzeugen, die sich den oben zitierten Gegenargumenten anschließe. Eine dem OVG konträre Rechtsauffassung vertrete denn auch der weitere Großkommentar zur BauO NRW von Boeddinghaus/Hahn/Schulte. Danach könne der Ansicht des OVG nicht gefolgt werden, denn die Bezugseinheit für die Abstandsvorschriften sei immer und grundsätzlich das einzelne Gebäude, auch wenn dies nicht besonders erwähnt werde. In der Gesetzesbegründung fielen zudem die Worte „wie bisher“, was den Willen des Gesetzgebers im Sinne der Planung des Beklagten zu 1) belege.
35Schließlich habe auch der Sachverständige ÖbVI C bei seiner mündlichen Anhörung die OVG-Entscheidung als dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufend kritisiert. Der Sachverständige habe keineswegs ausgeschlossen, dass er die Abstandsflächen damals ebenso berechnet hätte wie die Beklagten zu 1) bzw. 3).
36Weiter sei zu bedenken, dass auch das VG Düsseldorf die Planung gerade auch der Abstandsflächen in seinem Beschluss vom 25. Januar 2010 (11 L 1344/09) gebilligt habe. Klüger als drei Verwaltungsrichter, die bei ihrer Entscheidung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen seien und diesen sorgfältig geprüft hätten, müsse der Beklagte zu 1) nicht sein. Auch wenn die im Amtshaftungsrecht entwickelte „Kollegialgerichtsrichtlinie“ nicht unbesehen und generell für die Architektenhaftung Geltung beanspruchen könne, rechtfertigten doch die Besonderheiten des vorliegenden Falls einen Schluss von der gerichtlichen Verfahrensweise darauf, dass dem Beklagten zu 1) ein Verschuldensvorwurf nicht zu machen sei. Das VG habe die Berechnung der Abstandsflächen eingehend geprüft und ausgeführt aus, dass vor den Außenwänden der genehmigten Wohngebäude zu den Grundstücksgrenzen der Antragsteller die notwendigen Abstandsflächen eingehalten würden. Eine Erörterung der vom OVG gesehenen Problematik sei hingegen unterblieben, obwohl sich das Verwaltungsgericht mit dem Inhalt der Lagepläne befasst habe. Diesen sei unschwer zu entnehmen, dass die beabsichtigte Grundstücksteilung mit einer Vereinigungsbaulast für die einheitliche Tiefgarage einhergehe. Gleichwohl sei es dem Verwaltungsgericht nicht in den Sinn gekommen, deswegen eine Addition der Außenwände auch nur näher zu erwägen und zu erörtern. Dies sei trotz der Vereinigungsbaulast wegen der zitierten Passagen aus dem Standardkommentar zur BauO auch nicht verwunderlich. Nach der Argumentation des OVG verhelfe zudem letztlich eine unterirdische Tiefgarage, die gemäß § 6 Abs. 1 BauO NRW gerade keine Abstandsflächen auslöse, der Nachbarklage wegen mangelnder Abstandsflächen zum Erfolg. Angesichts dieser nicht eben naheliegenden Konsequenz hätte das OVG nach Ansicht des Landgerichts Anlass gehabt, die nachbarschützenden Wirkungen einer Vereinigungsbaulast zu überdenken, wenn und soweit das grenzüberschreitende Gebäude keine nachbarlichen Belange tangiere. Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW sei gebäudebezogen, was eine teleologische Reduktion nahelege.
37Angesichts der deutlich überwiegenden Argumente für eine unterbleibende Addition der eine Tiefe von 0,8 H unterschreitenden Außenwände getrennt stehender Gebäude sei der Beklagte zu 1) auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf eine unklare Rechtslage hinzuweisen. Dies gelte unbeschadet der letzten Ausführungen bei der zitierten Randnummer aus dem Gädtke/Temme/Heintz. Denn dass der Klägerin an Rechtsfrieden besonders gelegen war, habe der Beklagte zu 1) mit Blick auf das Verfahren gegen den Bauvorbescheid nicht annehmen müssen. Hier gleichwohl eine Hinweispflicht zu bejahen, würde den Architekten unzulässigerweise dem Rechtsberater der Auftraggeberin gleichstellen. Immerhin habe selbst das VG Düsseldorf es nicht für nötig gehalten, die Problematik auch nur zu thematisieren. Den Architekten träfen keine Hinweispflichten die über die Begründungsanforderungen verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen hinausgehen.
38Selbst wenn eine Hinweispflicht des Beklagten zu 1) zu bejahen wäre, müsse dessen Haftung gegenüber der Klägerin im Ergebnis ausscheiden. Denn ein jeder von der Klägerin eingeschalteter Rechtsberater hätte die damals aktuelle Kommentierung des Gädtke/Temme/Heintz herangezogen, weshalb eine Beratung in dem dort niedergelegten Sinne richtig bzw. nicht zu beanstanden gewesen wäre. Es bestünden mindestens Zweifel, dass die Klägerin unter Würdigung der verfügbaren Argumente eine andere „rechtssichere“ Planung gewünscht hätte. Eine Vermutung in diesem Sinne komme ihr jedenfalls nicht zugute. Denn eine von dem Beklagten zu 1) erteilte Information und weitere rechtliche Erkundigungen hätten nur der selbständigen Entscheidung der Klägerin dienen können. Diese entziehe sich jeder typisierenden Betrachtung. Die Entscheidung hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab, so dass kein Erfahrungsurteil als notwendige Grundlage einer Vermutung möglich sei.
39Es habe sich um ein komplexes Gesamtprojekt gehandelt, für dessen Rechtmäßigkeit das allermeiste gesprochen habe. Die Klägerin habe den erzielbaren Maximalprofit angestrebt. Dieser hänge nicht allein von der reinen Wohnfläche, sondern auch von deren Wertigkeit in gestalterischer Hinsicht ab. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin eine Aufteilung des Grundstücks und damit kleinere Eigentümergemeinschaften schon zwecks besserer Vermarktung gewünscht, was unstreitig ist. Die Kammer hege keinerlei Zweifel an der plausiblen Aussage der Zeugin B, die insgesamt sachlich und ohne Beschönigung ihres eigenen Handelns z.B. bezüglich fehlender Bedenken und Hinweise ausgesagt habe. Die von der Klägerin angesprochene Verschiebung der geplanten Gebäudekörper zwecks Einhaltung der Abstandsflächen auch bei Addition der Außenwände unter 0,8 H Tiefe hätte das architektonische Gesamtkonzept völlig geändert. Dies belegten die bei der Akte befindlichen Lagepläne mitsamt der zeichnerischen Darstellung der Abstandsflächen. Eine Verschiebung von Haus B nach Norden und von Haus C nach Südosten hätte – wenn überhaupt möglich – nicht nur verschiedene Abstände zwischen den Gebäudekörpern massiv verkleinert und die Symmetrie durchbrochen, sondern auch die Tiefgarage tangiert. Deren Errichtung unterhalb der Gebäudekörper hätte die Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen wohl kaum ernsthaft in Betracht gezogen. Letztlich habe sich die Notwendigkeit einer abweichenden Planung beim damaligen Meinungsstand zu § 6 Abs. 6 BauO NRW 2006 nicht am Horizont abgezeichnet. Gegen ein derartiges, überaus vorsichtiges Agieren der Klägerin spreche zudem, dass sie trotz der im August erhobenen Anfechtungsklage der Nachbarn im folgenden Monat mit den Bauarbeiten begonnen habe.
40Auf die Regelung in Ziffern 9.2, 13.1 des Architektenvertrages, welche der Beklagte zu 1) weiter zu seiner Entlastung heranziehe, komme es nach alledem nicht an.
41Soweit die Klägerin den geltend gemachten Schadensersatz für einen Mindererlös der verkauften Wohnungen hilfsweise auf eine vermeintlich fehlerhafte Umplanung des Beklagten zu 1) stütze, sei der Klage ebenfalls kein Erfolg beschieden. Der im Bauträgergeschäft erfahrenen Klägerin könne nicht verborgen geblieben sein, dass mit der abgestimmten und anwaltlich begleiteten Umplanung u. a. Wohnquadratmeter wegfielen. Dem Vortrag ihrer Streithelferin zu 1) über die erfolgte Abstimmung im Anschluss an die OVG-Entscheidung vom 17. März 2010 sei die Klägerin nicht entgegengetreten. Wenn denn tatsächlich eine Verlängerung des Gebäudekörpers von Haus A etc. möglich gewesen wäre, hätte sie solche gestaltändernden Maßnahmen von dem Beklagten zu 1) vor abermaliger Stellung des Baugesuchs konkret verlangen müssen. Es könne somit dahinstehen, ob dem nicht auch der erfolgte Abverkauf der Wohneinheiten Nrn. 1, 7 und 11-13 des Hauses A entgegen gestanden hätte.
42Die Klägerin habe daher auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3). Weitergehende Pflichten als einen Architekten im Verhältnis zu seiner Auftraggeberin träfen einen Vermessungsingenieur nicht. Auch dieser sei kein Rechtsberater und dürfe einem solchen nicht gleichgestellt werden. Solle ein Vermessungsingenieur außer der rechnerischen Ermittlung der Abstandsflächen auch die (verschuldensunabhängige) Verantwortlichkeit für die rechtlichen Anforderungen von Abstandsflächenprivilegien tragen, müsse dies im Auftrag deutlich zum Ausdruck kommen (unter Verweis auf OLG Hamm, NJW-RR 2000, 22). Hieran fehle es. Dem Schreiben des Beklagten zu 3) vom 29. Juli 2008, welches der Beauftragung durch die Klägerin zugrunde liege, lasse sich für eine derart weitreichende Einstandspflicht nichts entnehmen. Für einen entsprechenden Rechtsbindungswillen genüge die vorzufindende Angabe, einen amtlichen Lageplan zur Bauvorlage gemäß §§ 2, 3 BauPrüfVO NRW anzufertigen, und ein korrespondierender Kostenvoranschlag nicht. All dies gelte unabhängig davon, ob der Beklagte zu 3) privatrechtlich oder hoheitlich tätig geworden sei.
43Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.
44Sie rügt, dass sich das Urteil über obergerichtliche Rechtsprechung hinwegsetze.
45Da eine Abnahme der Genehmigungsplanung nicht vorgelegen habe, komme nur § 280 BGB und nicht §§ 633, 634 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht. Die Pflichtverletzung werde vom Landgericht selbst angenommen. Das Landgericht nehme auch zu Recht an, dass der Architekt grundsätzlich eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schulde. Diesen Anforderungen hätte weder die Ausgangsplanung, die zum Erlass der Baugenehmigung vom 23.07.2009 führte, noch die Nachtragsplanung genügt, die zur Nachtragsgenehmigung vom 14.04.2010 geführt hat.
46Es habe vorliegend auch keine schwierige Rechtslage bestanden, die nicht hätte erkannt werden müssen. Die Beklagten hätten um die Tiefgarage gewusst, die sich über die Grundstücksgrenzen hinaus erstrecken musste, um weitere bauordnungsrechtliche Vorgaben zu erfüllen, beispielsweise die wegemäßige Erschließung nach § 4 Abs. 1 BauO NW und den Nachweis der Erfüllung der Stellplatzverpflichtung. Daher liege trotz der beabsichtigten Realteilung lediglich ein Baugrundstück vor mit der logischen Konsequenz, dass auf diesem einheitlichen Grundstück die Halbierungsregelung bis zum Höchstwert von 16 m nur einmalig Anwendung finden könne. Die mehrfache Anwendung der Halbierungsregelung scheitere mithin an der weiteren planerischen Lösung des Beklagten zu 1. Selbst wenn man die Auslegung der Halbierungsregelung oder das Zusammenwirken der Halbierungsregelung mit der Bestimmung in § 4 Abs. 2 BauO NW als schwierige Rechtsfrage werte, hätte der Beklagte zumindest insoweit seine Pflichten verletzt, als er die Klägerin nicht auf die Risiken seiner Planungen hingewiesen habe.
47Auch aus der Aussage der Zeugin B ergebe sich, dass der Beklagte zu 1), ebenso wie die Zeugin, die Wirkungen der durch die Tiefgarage ausgelösten Vereinigungsbaulast auf die Anwendbarkeit der Halbierungsregelung überhaupt nicht gesehen hätten. Sie hätten mithin fahrlässig verkannt, dass mit dieser Vereinigungsbaulast bauordnungsrechtlich ein Baugrundstück hergestellt werde, mit der weiteren Folge, dass die Höchstlänge des § 6 Abs. 6 BauO NW überschritten worden sei.
48Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auch nicht davon auszugehen, dass ein Unterlassen dieses geschuldeten Hinweises für den Schadenseintritt nicht ursächlich geworden sei, was die Klägerin unter Hinweis auf Fragen der Finanzierung und den tatsächlichen Ablauf näher darlegt (Bl. 812, 813 GA).
49Sie behauptet,
50dass sie bei einem entsprechenden Hinweis weder die vorläufige Teilungserklärung in Auftrag gegeben noch Erwerberverträge geschlossen hätte. Auch die Stadtsparkasse Stadt 1 hätte die Baufinanzierung nicht erteilt, da ohne eindeutige Klärung der Abstandsflächen keine tragfähige und belastbare Kalkulation vorgelegen hätte.
51Sie ist der Ansicht,
52dass zudem die Einschätzung des Landgerichts, dass ein Architekt, dessen Planung der Beurteilung des VG standhalte, nicht schuldhaft agiert haben könne, rechtsfehlerhaft sei. So habe sich das OVG vorrangig mit den Einwendungen der Nachbarn auseinandergesetzt. Dass daneben bauordnungsrechtliche Probleme bestanden, sei von den Nachbarn nicht reklamiert worden. Sie wiederholt auch ihren Vortrag dazu, dass sie sich auch nicht zu dem fraglichen Problem bereits frühzeitig von einem Rechtsanwalt habe beraten lassen. Darauf hätte die Streithelferin zu 1) auch bereits umfangreich und detailliert hingewiesen. Das entsprechende Mandat habe lediglich den erteilten Bauvorbescheid betroffen, der ausschließlich planungsrechtliche Fragestellungen zum Gegenstand habe. Die bauordnungsrechtliche Beurteilung habe nicht im Raum gestanden. Rechtsanwalt D sei daneben nur hinsichtlich zivilrechtlicher Fragen beratend tätig geworden.
53Auch die Hinweise des Beklagten zu 1) zu dem Inhalt der architektenvertraglichen Regelungen lägen neben der Sache. Eine vertragliche Risikoübernahme durch den Bauherrn könne daraus nicht gefolgert werden.
54Sie ist zudem weiterhin der Auffassung, dass auch der Beklagte zu 3) und der Beklagte zu 2) haften. Eine Haftung des Beklagten zu 3) ergebe sich unmittelbar aus § 280 BGB. So hätte der Beklagte zu 3) es vertraglich übernommen, die Abstandsflächen im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 1) im Detail zu berechnen. Auch der Beklagte zu 3) habe gegen die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verstoßen, als er entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 6 BauO NW gerechnet und geplant habe. Ihm sei die beabsichtigte Realteilung ebenso bekannt gewesen, wie die Notwendigkeit der grundstücksübergreifenden Tiefgarage mit erforderlicher Vereinigungsbaulast. Auch er könne als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur das vermutete Verschulden nicht widerlegen. Der Beklagte zu 2) hafte für die Fehler des Beklagten zu 3) in analoger Anwendung von § 128 HGB, als von einer Tätigkeit der zwischen den Beklagten zu 2) und 3) ihrer Ansicht nach bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts auszugehen sei.
55Die Parteien stellen in der Berufung die erstinstanzlichen Anträge.
56Die Klägerin hat zudem beantragt,
57die Sache für den Fall der Haftung eines Beklagten dem Grunde nach bezüglich der Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen.
58Der Beklagte zu 1) verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
59Das Landgericht stelle im Rahmen der rechtlichen Prüfung der Vorwerfbarkeit des behaupteten Fehlers der Genehmigungsplanung zutreffend dar, dass er selbst unter Zugrundelegung angemessener Sorgfalt zum Zeitpunkt der Stellung der Genehmigungsplanung zu keinen anderen Erkenntnissen zur Problematik der Abstandsflächen hätte gelangen können oder Hinweise hätte erteilen müssen, da zu diesem Zeitpunkt sämtliche Erkenntnismöglichkeiten aufgrund juristischer Literatur und Rechtsprechung mit keinem Wort auf das Verständnis der Neuregelung in § 6 Abs. 6 BauO NW hindeuteten, wie sie das OVG letztlich zugrundelegte.
60So berücksichtige das Landgericht auch die vorangegangene Entscheidung des OVG vom 22. Januar 2007. Das Landgericht berücksichtige ferner die dem Beklagten zu 1) damals zur Verfügung stehende juristische Literatur. Zudem habe auch der gerichtlich bestellte Sachverständige bestätigt bzw. nicht ausgeschlossen, dass er die Abstandsflächen damals ebenso berechnet hätte, wie es die Beklagten getan haben. So gehe auch der Sachverständige davon aus, dass die Auslegung des OVG Münster dem Willen des Gesetzgebers widerspreche.
61Der Beklagte zu 1) wiederholt zudem sein Vorbringen zu der vertraglichen Vereinbarung und der daraus seines Erachtens resultierenden Enthaftung seiner Person.
62Er ist der Auffassung, dass er auch keinen Hinweis geschuldet habe, dass seine Planung Risiken berge, da weder ihm noch seiner Mitarbeiterin irgendwelche Bedenken gekommen seien. Ihm hätten mit den Ausführungen des Landgerichts auch keine entsprechenden Bedenken kommen müssen. Dies habe das Landgericht ausführlich begründet. Es würde zudem die Aussage der Zeugin B falsch wiedergegeben, wenn behauptet wird, dass diese die Wirkungen der Vereinigungsbaulast nicht gesehen habe. Dies ergebe das Sitzungsprotokoll vom 13. Mai 2015 nicht.
63Zudem werde der als neu zu bewertende Vortrag bestritten, wonach die Klägerin bei Kenntnis von Planungsrisiken eine Umplanung angeordnet und kalkuliert hätte. Dieser Umstand sei bereits erstinstanzlich streitig gewesen, so dass die Klägerin dazu nun nicht ohne weiteres weiter vortragen könne. Gleiches gelte für den nun vertiefenden Vortrag hinsichtlich ihres Geschäftsverhältnisses zur Stadtsparkasse Stadt 1.
64Der Beklagte zu 2) verteidigt das erstinstanzliche Urteil ebenfalls und wiederholt sein Vorbringen, dass er mit dem Beklagten zu 3) eine Bürogemeinschaft unterhalten habe, nicht aber eine auf gemeinsame Zwecke abzielende Leistungsgemeinschaft. Zudem wiederholt er sein Vorbringen dazu, dass der Beklagte zu 3) als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur tätig geworden sei, so dass schon keine privatrechtliche, geschweige denn eine Tätigkeit als GbR vorliege.
65Auch er lässt vortragen, dass die Auslegung durch das OVG völlig fernliegend gewesen sei. Es sei insbesondere für einen Nichtjuristen kaum nachvollziehbar, dass die Frage, ob es sich um ein oder mehrere Gebäude handele, nicht von den sichtbaren aufstehenden Gebäuden abhängig sei, sondern von dem rein theoretischen rechtlichen Umstand des Vorhandenseins einer Vereinigungsbaulast, respektive der unterirdisch, einen Nachbarn bei der Beurteilung der Grenzabstände nicht beeinträchtigenden gemeinsamen Tiefgarage.
66Der Beklagte zu 3) wiederholt sein Vorbringen, dass seine Tätigkeit als Vermessungsingenieur eine hoheitliche gewesen sei. Zudem sei es eben nicht zum Abschluss eines Werkvertrages über die detaillierte Berechnung von Abstandsflächen gekommen. Es habe keinen isolierten Auftrag diesbezüglich gegeben, sondern nur einen Auftrag zur “Anfertigung der amtlichen Lagepläne zur Bauvorlage“, die eine Abstandsflächenberechnung erforderlich machte.
67Daher verkenne die Klägerin nach wie vor die Verantwortungsbereiche der Beklagten zu 1-3. In diesem Fall hafte der Architekt für eine fehlerhafte Berechnung der Abstandsflächen und nicht der Vermessungsingenieur.
68Er ist zudem der Auffassung, dass durch Entgegennahme der Pläne auch eine Abnahme angenommen werden müsse.
69Er wiederholt ferner sein erstinstanzliches Vorbringen, dass die Auslegung durch das OVG nicht vorhersehbar gewesen sei und von ihm nach wie vor für unzutreffend und als dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufend angesehen werde, ebenso wie dies auch von dem gerichtlichen Sachverständigen und dem Landgericht gesehen werde.
70Es sei auch dem Vortrag der Klägerin entgegenzutreten, dass sie auf entsprechende Hinweise reagiert und eine andere Planung in Angriff genommen hätte. Dagegen sprächen schon die unstreitigen Abläufe, wonach die Klägerin trotz der im August 2009 erhobenen Anfechtungsklage der Nachbarn im September 2009 mit den Bauarbeiten begonnen habe.
B.
71Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig. In der Sache ist die Berufung teilweise begründet (§ 513 Satz 1 ZPO), weil die Kläger einen Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO dargelegt haben, der sich zu ihren Ungunsten ausgewirkt hat. Die Berufung hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Klageabweisung bezüglich des Beklagten zu 1) richtet.
72Insoweit ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt und die Sache daher antragsgemäß zur Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen.
73Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg. Insoweit hat die Klägerin Rechtsfehler des angegriffenen Urteils zu ihren Ungunsten gemäß §§ 513, 546 ZPO nicht aufgezeigt und die vom Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen gebieten eine abweichende Entscheidung nicht (§§ 513, 529 ZPO).
74Im Einzelnen:
75I. Anspruch gegen den Beklagten zu 1):
76Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) auf Ersatz der ihr durch die fehlerhafte Abstandsflächenberechnung entstandenen Schäden gem. § 280 BGB.
771.
78Wie die Berufung zutreffend geltend macht, ist allgemeines Schuldrecht anzuwenden, da die Leistungen des Beklagten zu 1) noch nicht abgenommen und zudem auch noch nicht vollständig erbracht worden waren. Eine Teilabnahme war nicht vereinbart worden. Zudem wäre die Leistung des Beklagten zu 1 mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25. Februar 1999 (vgl. Urteil vom 25.02.1999 Az.: VII ZR 190/97) jedenfalls in Folge des OVG Beschlusses nicht abnahmefähig gewesen, so dass auf die werkvertraglichen Regelungen nicht zurückgegriffen werden kann.
792.
80Eine Haftung des Beklagten zu 1) ist auch nicht vertraglich ausgeschlossen. Mit den zutreffenden Ausführungen der Berufungsklägerin gibt der zwischen den Parteien geschlossene Vollarchitektenvertrag (Anlage K 1) nichts dafür her, dass entsprechende Fehler/juristische Unklarheiten allein von der Klägerin zu verantworten sein sollten. Da dies vom gesetzlichen Leitbild des Architektenvertrages gravierend abweicht, hätte es diesbezüglich einer eindeutigen und zweifelsfreien Regelung in dem nachträglich schriftlich niedergelegten Vertrag bedurft. Eine solche findet sich in den von dem Beklagten zu 1) herangezogenen Regelungen der Ziffern. 9.2 und 13.1 und auch sonst nicht.
81Ziffer 9.2 überträgt die entsprechende Verantwortung für juristische Fragen für “Zweifelsfälle“ auf den Auftraggeber. Da der Beklagte zu 1) seine Abstandsflächenberechnungen nach seinem eigenen Vorbringen nicht für zweifelhaft hielt und diesbezüglich auch keinen Hinweis erteilt hat, ist mit dieser Formulierung die Haftung nicht dem gesetzlichen Leitgedanken entgegen auf die Klägerin übergegangen sein. Es lag kein Zweifelsfall i.S.d. Regelung vor.
82Auch die Regelung in Ziffer 13.1 des Vertrages ist nicht geeignet, den Beklagten zu 1) von einer Haftung dem Grunde nach freizustellen, da die Erstellung der Abstandsflächenberechnung (auch) Teil der von ihm geschuldeten Leistungen war, wie im folgenden noch ausgeführt werden wird.
833.
84Der Beklagte zu 1) hat die ihm aus dem Architektenvollvertrag erwachsenden Pflichten schuldhaft verletzt.
85a.
86Wie das Landgericht in seinem sorgfältig und umfassend begründeten Urteil zutreffend ausführt, schuldet der mit einer entsprechenden Genehmigungsplanung beauftragte Architekt einen Entwurf, der zu einer dauerhaften und nicht mehr rücknehmbaren Baugenehmigung führen kann (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 25.02.1999 – VII ZR 190/97; OLG Düsseldorf 22 U 176/95), mithin genehmigungsfähig ist. Der Architekt hat nach ständiger Rechtsprechung des BGH die vertraglich zugesagte Leistung diesbezüglich daher nicht erbracht, wenn die angestrebte Baugenehmigung zunächst zwar erteilt wird, jedoch später von einem Dritten erfolgreich angefochten wird (vgl. Leitsatz der vorgenannten Entscheidung des BGH).
87Der Beklagte zu 1) hat die geschuldete Leistung mithin nicht erbracht, denn das OVG hat in seinem Beschluss vom 17. März 2010 festgestellt, dass die erteilten Baugenehmigungen rechtswidrig waren, weil bei dem geplanten Bauvorhaben unzulässiger Weise mehrfach von der Halbierungsregel des § 6 Abs. 6 BauO NW Gebrauch gemacht wurde. An diese Entscheidung ist der Senat trotz des vorläufigen Charakters einer Eilentscheidung gebunden, da das OVG eine ausführliche Prüfung der Sach- und Rechtslage vorgenommen hat (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 10.1.2002, 1 U 207/00 dort Rn. 51), und mit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts daher davon auszugehen ist, dass es im Hauptsacheverfahren nicht anders entschieden hätte.
88Es ist zwar zutreffend, dass das zuvor mit der Sache befasste VG Düsseldorf dies nicht beanstandet und die Abstandsflächen vielmehr sogar gebilligt hatte. Ferner stellt das Landgericht ohne Rechtsfehler fest, dass der Architekt zwar die jeweils geltenden bauordnungs– und bauplanungsrechtlichen Vorschriften kennen und bei seiner Planung berücksichtigen muss, von ihm die Lösung schwieriger Rechtsfragen aber nicht verlangt werden kann, da er als Architekt nicht zugleich Rechtsberater ist. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Architekt die Voraussetzungen eines Bauvorhabens aber insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung und Anforderungen des Nachbarrechts - also der Abstandsflächen bzw. Erforderlichkeit von Nachbarzustimmungen - prüfen. Der Architekt muss dies selbständig auf der Grundlage des von ihm zu fordernden Sachwissens überprüfen. Müssen ihm bei dieser Prüfung z.B. Bedenken kommen, ob eine bestehende Nachbarzustimmung für die beabsichtigte Bebauung ausreicht, hat er den Auftraggeber darauf und auf die mit der fehlenden Zustimmung verbundenen Risiken hinzuweisen. Er ist zwar nicht verpflichtet, eine solche Zustimmung einzuholen, sofern ihm dazu kein Auftrag erteilt worden ist. Er muss jedoch die Entscheidung des Auftraggebers darüber herbeiführen, ob diese eingeholt wird. Erst wenn sich herausstellt, dass die Nachbarzustimmung notwendig ist, jedoch vom Bauherrn trotz der entsprechenden Aufklärung nicht eingeholt wird, verdichtet sich die Frage, ob der Bauherr bereit ist, die Planung seiner Bauabsicht trotz des Risikos, dass die Baugenehmigung versagt wird oder durch einen Nachbarwiderspruch zu Fall gebracht wird, weiter zu betreiben. Wird die Planung hingegen ohne die entsprechende Aufklärung erstellt und eine notwendige Nachbarzustimmung nicht herbeigeführt, so ist sie nicht genehmigungsfähig, und der Architekt ist zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2011 – VII ZR 8/10 – dort Rz. 27, und auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.1996 – 22 U 176/95 –).
89Auch wenn die eigentliche Planung des Beklagten zu 1) mit den fehlerfreien Ausführungen des Landgerichts auf Grundlage der damaligen Erkenntnismöglichkeiten des Beklagten zu 1) nicht fehlerhaft oder jedenfalls nicht schuldhaft fehlerhaft war, hat er jedenfalls seine Aufklärungspflichten verletzt und hat diese insbesondere nicht durch die lediglich allgemeine Empfehlung an die Klägerin in der E-Mail vom 15. Mai 2008, einen Rechtsbeistand zu suchen, erfüllt. Ein mögliches Problem hinsichtlich der Abstandsflächenberechnung wird in der E-Mail mit keinem Wort angesprochen.
90Der Beklagte zu 1) kann sich auch nicht darauf berufen, von einer Aufklärung habe er absehen können, weil er seine Planung für rechtmäßig habe halten dürfen. Denn die dem hiesigen Bauvorhaben zugrunde zu legende Norm des § 6 Abs. 6 BauO NW war erst seit dem 28.12.2006 in Kraft und ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig so zu verstehen, wie sie der Beklagte zu 1) angewendet hat. Bei der Änderung von Bauvorschriften von solch überragender Bedeutung wie denen der Nachbar- bzw. Abstandsregelungen ist es auch einem Architekten zuzumuten, einen gängigen Kommentar zu Rate zu ziehen. Dies stellen auch der Beklagte zu 1) selbst und das Landgericht nicht in Frage. Hätte der Beklagte zu 1) den im vorliegenden Verfahren mehrfach zu Recht als Standardkommentar bezeichneten Kommentar von Gädtke u.a. zur BauO NW in der 11. Auflage zu Rate gezogen und die vom Landgericht zutreffend zitierte Fundstelle bei Rz. 251 zu § 6 (siehe oben) eingesehen, hätte er auch als Nichtjurist ohne weiteres erkennen können, dass dort die gewählte Gesetzesformulierung als „unklar“ bzw. „nicht zufriedenstellend“ bezeichnet wird und darauf hingewiesen wird, dass nichts anderes übrig bleibt, als das Ergebnis der Rechtsprechung abzuwarten, weswegen eine Einigung mit den Angrenzern angeraten wird. Das hätte ihn veranlassen müssen, die Klägerin als Bauherrin über das Risiko einer eventuell abweichenden Beurteilung durch die Genehmigungsbehörde oder Rechtsprechung aufzuklären, einschließlich der sich daraus u.U. ergebenden Konsequenzen. Die Formulierung in der Kommentierung deutet darauf hin, dass auch „atypische“ Entscheidungen der Gerichte aufgrund der Formulierung möglich und nicht auszuschließen sind. Sodann hätte er eine Entscheidung der Klägerin darüber herbeiführen müssen, ob das Bauvorhaben in Kenntnis dieses jedenfalls nicht gänzlich fernliegenden Risikos weiter entsprechend geplant werden soll.
91Für die Annahme einer solchen Hinweispflicht sprechen zudem der erhebliche wirtschaftliche Umfang der geplanten Maßnahme sowie der Umstand, dass eine maximale räumliche Ausnutzung des Grundstücks geplant war und nicht nur deswegen, sondern auch wegen der Erfahrungen bei der Bauvoranfrage, mit Widerstand der Nachbarn zu rechnen war.
92Dieser Hinweispflicht kam der Beklagte zu 1) nicht nach.
93Davon war er auch nicht deshalb entbunden, weil die Klägerin im Rahmen der Bauvoranfragen bereits von den Rechtsanwälten E und F vertreten wurde. Gegenstand dieser Rechtsberatung war jedenfalls nicht die Frage der Abstandsflächen.
94Er kann sich desweiteren auch nicht darauf berufen, dass nur der Beklagte zu 3) als Fachplaner für die Planung der Abstandsflächen verantwortlich war, denn die Erbringung einer Abstandsflächenberechnung gehört zum Leistungsumfang eines mit sämtlichen Leistungsphasen beauftragten Architekten, ohne die er vor allem die hier gem. Ziffer 2.4.1 des Vertrages geschuldete Genehmigungsplanung nicht leisten kann (vgl. u.a. Locher/Koeble Frick, HOAI (2002), 8. Auflage, § 15 Rz. 115 = Rz. 138 in der 10. Auflage zu § 33 HOAI 2009).
95Ein Hinweis dahingehend, dass die Halbierungsregel u.U. nur einmal pro Grundstück zulässig sein könnte und nicht gebäudebezogen anzuwenden ist, wäre daher bereits nach der angezeigten Lektüre der Kommentierung und zudem aufgrund der allen Beteiligten bekannten Vereinigungsbaulast nicht nur angebracht, sondern erforderlich gewesen. Es war nämlich nicht auszuschließen, dass der Baugenehmigung im Laufe des Verwaltungsverfahrens und des sich naheliegender Weise anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine andere als die im Kommentar vertretene Auslegung zugrunde gelegt wird.
96b.
97Dem Beklagten zu 1) ist es nicht gelungen zu beweisen, dass die Klägerin auch bei einer entsprechenden Aufklärung an dem Bauvorhaben in der von dem Beklagten zu 1) geplanten Form festgehalten hätte.
98Derjenige, der vertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Auftraggeber die Beratung also unbeachtet gelassen hätte. Die Erfüllung der Aufklärungspflicht soll die Beweisnot beseitigen, die darin besteht, dass sich nachträglich nur schwer mit der erforderlichen Zuverlässigkeit beurteilen lässt, wie der Betroffene bei rechtzeitiger Kenntnis von schadendrohenden Umständen und des Umfangs von Schadensrisiken gehandelt hätte. Es handelt sich dabei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne des Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende, wenngleich auch widerlegliche Vermutung (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2013 – VII ZR 4/12 –, dort Rz. 21/22 mit weiteren Nachweisen). Diese Vermutung vermochte der Beklagte nicht zu widerlegen; auch nicht mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 12. Juli 2016.
99Dies aus folgenden Gründen:
100Die Aufklärungspflicht des Beklagten zu 1) hätte lediglich den Hinweis auf das Risiko einer abweichenden Auslegung der Regelung in § 6 Abs. 6 BauO NW umfasst. Dabei geht es um eine Rechtsfrage, zu deren Klärung die Klägerin sodann hätte veranlassen müssen, einen Rechtsberater hinzuzuziehen. Da sie bereits bei dem Verfahren zum Bauvorbescheid die Streithelferin zu 1) eingeschaltet hatte, wären diese -als entsprechend spezialisierte Kanzlei- bei einem gewöhnlichen Geschehensablauf voraussichtlich auch mit der Beantwortung dieser Rechtsfrage beauftragt worden. Selbst wenn diese durch ihren Partner Dr. F die maßgeblichen Stellen in dem bereits genannten Kommentar kommentiert und auch in der von ihm mitherausgegebenen 12. Auflage an den bereits zitierten Ausführungen festgehalten hat, kann hieraus nicht der sichere Schluss gezogen werden, dass die Rechtsberatung das Risiko einer abweichenden Beurteilung als völlig zu vernachlässigen angesehen hätte und die Klägerin mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen hätte. Dagegen spricht bereits, dass in der Kommentierung eben ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass „das Ergebnis der Rechtsprechung abzuwarten“ bleibt und eine Einigung mit den Nachbarn daher sinnvoll ist. Bei der zu erwartenden sorgfältigen anwaltlichen Beratung wäre mithin auf ein grundsätzliches Risiko hinzuweisen gewesen und eine Regelung im Konsens mit den betroffenen Nachbarn anzuraten gewesen, wenn das verwaltungsrechtliche Risiko möglichst gering gehalten werden sollte. Der Beklagte zu 1) vermochte eine entsprechende Vermutung jedenfalls nicht zu widerlegen.
101Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin mit der Ausführung des Bauvorhabens trotz Kenntnis der Nachbarklagen begonnen hat, denn diese bezogen sich vornehmlich auf die Tiefgarage bzw. deren Zufahrt und eben nicht auf unzulässig unterschritten Abstandsflächen. Zudem durfte die Klägerin angesichts des für sie günstigen Ausgangs des Verfahrens zum Bauvorbescheid mit Urteil vom 22. April 2009 -von dem sie mithin seit Ende April/Anfang Mai 2009 Kenntnis gehabt haben dürfte- davon ausgehen, dass sich auch das anschließende Verfahren gegen die Baugenehmigung für sie positiv gestalten würde. Ohne den geschuldeten Hinweis des Beklagten zu 1) bestanden jedenfalls keine greifbaren Anhaltspunkte, am Bestand der Baugenehmigung zu zweifeln.
102c.
103Der Beklagte zu 1) handelte auch schuldhaft, als er die an ihn zu stellenden, zuvor näher dargestellten, Anforderungen jedenfalls fahrlässig nicht erfüllt hat.
104Anhaltspunkte für ein grundsätzliches Mitverschulden der Klägerin bestehen nicht. Das Risiko einer entsprechenden Auslegung der noch recht neuen Regelung des § 6 Abs. 6 BauO NW war jedenfalls für einen Auftraggeber nicht offenkundig, wenn es schon von den beauftragten Fachleuten übersehen wurde. Auch nach Erhebung der Nachbarklage bestanden keine entsprechenden Anhaltspunkte für die Klägerin, die sie zu einem Baustopp oder einer Umplanung hätten veranlassen müssen.
1054.
106Der Klägerin ist durch die unstreitig erforderlichen Umplanungen auch ein Schaden entstanden, der der Höhe nach streitig und infolge der abweichenden Rechtsauffassung des Landgerichts zu einer Haftung des Beklagten zu 1) dem Grunde nach noch nicht aufgeklärt ist. Diesbezüglich ist noch keine Entscheidungsreife gegeben, vielmehr ist eine umfangreiche Beweisaufnahme zur Klärung der im Einzelnen streitigen Umstände erforderlich. Daher war der Rechtsstreit dem Antrag der Klägerin entsprechend gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zur Aufklärung der Anspruchshöhe zurückzuverweisen.
107II. Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3)
108Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) ist jedenfalls deswegen unbegründet, da deren Tätigkeit als öffentlich bestellte und vereidigte Vermessungsingenieure hoheitlichen Charakter hat und sich diese deshalb erfolgreich auf die Subsidiarität ihrer Haftung gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB berufen können.
1091.
110Die Haftung des Beklagten zu 3), der die Abstandsflächenberechnung erstellt hat, die dem von ihm ebenfalls erstellten amtlichen Lageplan zur Bauvorlage beigefügt war, ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil er die von dem Beklagten zu 1) übermittelten Werte bei der Erstellung der Abstandsflächenberechnung übernommen hat.
111Der Beklagte zu 3) durfte sich nicht darauf beschränken, diese lediglich zu übernehmen und zeichnerisch im Lageplan darzustellen. Unstreitig war der Beklagte zu 3) mit der Erstellung eines amtlichen Lageplans beauftragt. In dem von ihm selbst mit Schreiben vom 29. Juli 2008 (Anlage K 2) dargestellten Leistungsumfang heißt es unter anderem:
1121. „… Anfertigung eines Lageplans mit Maßen, Höhen, Topographie und Planungsrecht für Planzwecke,“
113…
1143. “Anfertigung des amtlichen Lageplans zu Bauvorlage gemäß §§ 2 + 3 BauPrüfVO NRW – 3 Mehrfamilienhäuser mit Tiefgaragen als ein Bauantrag –…“
115In Ausführung des Auftrags hat der Beklagte zu 3) eine Abstandsflächenberechnung durchgeführt, die als Anlage zum amtlichen Lageplan zur Bauvorlage genommen worden ist. Diese Leistung erweist sich damit als Teilleistung bei der Erstellung des amtlichen Lageplans, denn nach Ansicht des Senats gehört sie zu dieser. Die Erstellung des Lageplans umfasst eben auch die korrekte Ermittlung von Tiefe und Breite der Abstandsflächen.
116Wie sich aus der Abstandsflächenberechnung ergibt, fußt sie auf der Anwendung der Regelung des § 6 Abs. 6 BauO NW, wobei der Beklagte zu 3) als Folge einer wertenden Beurteilung von der Halbierungsregelung mehrfach Gebrauch gemacht hat, wie auch der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige bestätigt hat.
117Der Beklagte zu 3) hat damit nicht lediglich aufgrund etwa erteilter Vorgaben gerechnet, sondern seinen Berechnungen Eigenüberlegung zur Art und Weise ihrer Ermittlung vorangestellt. Damit hatte er nach Ansicht des Senats zugleich die Verantwortung für die Berechnungsweise jedenfalls mitübernommen. Dem steht auch nicht die Entscheidung des OLG Hamm vom 09. Juni 1999 (12 U 152/98) entgegen, wonach der Vermessungsingenieur „im Zweifel“ nicht die rechtlichen Voraussetzungen des sogenannten Schmalseitenprivilegs prüft. Diese Entscheidung überzeugt den Senat nicht, da sie eine nachvollziehbare Begründung vermissen lässt.
1182.
119Die Berufung gegen den Beklagten zu 3) hat aber deshalb keinen Erfolg, weil er sich auf den Einwand der subsidiären Haftung gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB berufen kann.
120Der Bundesgerichtshof hat zwar durch Beschluss vom 29.11.2012 entschieden, dass – bezogen auf Berliner Landesrecht – die Erstellung eines Lageplans zur Bauvorlage durch den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur keine öffentliche Aufgabe ist. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass dies nicht auf den vorliegenden Fall und insbesondere nicht auf das Nordrhein-Westfälische Landesrecht übertragbar ist.
121Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 31.03.2016 – III ZR 70/15 – dort Rz. 12 mit weiteren Nachweisen). Dabei kann es genügen, dass die Arbeit einer Person mit der Verwaltungstätigkeit einer Behörde auf das Engste zusammenhängt und sie in diese so maßgeblich eingeschaltet ist, dass ihre Prüfung geradezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrem Handeln niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit bildet (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 13).
122Dies ist zur Überzeugung des Senats bei der streitgegenständlichen Tätigkeit des Beklagten zu 3) der Fall.
123Dieser war mit der Erstellung eines amtlichen Lageplans beauftragt, dessen Voraussetzungen in § 3 Absatz 3 PrüfVO NW geregelt sind, wonach der Lageplan und die Berechnungen nach Abs. 2 in speziellen Fallkonstellationenvon einem Katasteramt angefertigt oder von einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur angefertigt und mit öffentlichem Glauben beurkundet werden müssen. Hier lag unstreitig ein Fall von § 3 Absatz 3 Nr. 1 und 4 BauPrüfVO NW vor. Der amtliche Lageplan dient zudem der Fortführung des Liegenschaftskatasters.
124Für ein hoheitliches Tätigwerden des öffentlich zum Vermessungsingenieur bestellten Beklagten zu 3) sprechen zudem die Regelung im „Gesetz über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und –ingenieure in Nordrhein Westfalen (ÖbVIG NRW)“. So ist der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur zwar frei in der Berufsausübung, seine Tätigkeit ist indes kein Gewerbe und er ist als unabhängiger Träger der amtlichen Vermessungsverwaltung neben den Behörden als Beliehener zur Ausführung verschiedener Amtshandlungen berechtigt, § 2 Abs. 2 S. 1 und 2 ÖbVIG NRW. § 2 Abs. 2 Nr. 6 stellt zudem klar, dass er berechtigt ist, weitere ihm nach Gesetz und Rechtsverordnung des Landes zugewiesenenAmtshandlungen auszuführen, worunter nach Ansicht des Senats auch die Aufgaben aus der BauPrüfVO NW zu verstehen sind.
125Ferner spricht auch der Umstand, dass sich die Entlohnung der Tätigkeiten der Vermessungsingenieure nach der „Kostenordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure / Vermessungsingenieurinnen in Nordrhein-Westfalen (ÖbVermIngKO NRW)“ richtet, gegen die Annahme einer privatrechtlichen Tätigkeit eines Freiberuflers und für die Annahme einer hoheitlichen Tätigkeit, zumal der Beklagte zu 3) bei der Veranschlagung der Kosten in dem Schreiben vom 29. Juli 2008 bei sechs von neun Positionen die gesetzliche Kostenordnung, insbesondere für die Positionen 2 und 3, zugrunde legt.
1263.
127Daher kann sich auch der Beklagte zu 2) jedenfalls mit Erfolg auf den Einwand der Subsidiarität seiner Haftung berufen, so dass dahinstehen kann, ob nicht auch er Vertragspartner der Klägerin geworden ist, wobei der Senat nach der Aussage der Zeugin B und dem Inhalt der schriftlichen Unterlagen (Schreiben vom 29.07.2008, Vollmacht vom 05.08.2008 = Anlage K 4, Abstandsflächenberechnung und Lageplan) stark dazu tendiert, dies anzunehmen.
128C.
129Aufgrund der Entscheidungsreife dem Grunde nach war Grund- und Teilurteil zu erlassen und der Rechtsstreit antragsgemäß gem. § 538 Absatz 2 Nr. 4 ZPO zur Aufklärung und Entscheidung über die Höhe sowie zur Entscheidung über die Kosten an das Landgericht zurückzuverweisen. Aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung umfasst dies auch die Kosten der Streithelfer.
130Über die Kosten der Beklagten zu 2) und 3) war abweichend von diesem Grundsatz bereits jetzt zu entscheiden, da diese im Hinblick auf ihr Ausscheiden aus dem Prozess und die voraussichtliche weitere Verfahrensdauer ein schützenswertes Interesse daran haben, dass über ihre Kosten vorab entschieden wird.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
132Bezüglich der Frage, ob sich bei der streitgegenständlichen Tätigkeit der Beklagten zu 2) und 3) um eine hoheitliche Tätigkeit gehandelt hat und sich diese somit auf die Subsidiarität ihrer Haftung gem. Art. 34 GG, § 839 BGB berufen können, war gem. § 543 Absatz 2 Nr. 2 ZPO die Revision zuzulassen, da der Bundesgerichtshof diese Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 29.11.2012 – III ZR 21/12) jedenfalls für das Land Berlin anders entschieden und im Leitsatz festgestellt hat, dass „die Lageplanerstellung und die Gebäudeeinmessung durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure … im Land Berlin nicht als öffentliche Aufgabe durchgeführt“ werden.
133Eine weitergehende Zulassung der Revision war nicht geboten, insbesondere nicht zu der Frage der Haftung des Beklagten zu 1).
134Entgegen der Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 12. Juli 2016 (dort Seite 6 = Bl. 927 GA) weicht der Senat nicht von den dort zitierten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ab, da auch der Senat nicht annimmt, dass der Beklagte zu 1) einem Rechtsberater gleichzustellen ist und von diesem insbesondere nicht erwartet, schwierige Rechtsfragen selbst zu beantworten. Der Senat nimmt nur eine Hinweispflicht des Beklagten zu 1) in dem aus den Urteilsgründen ersichtlichen Umfang an, wie dies auch der Bundesgerichtshof in anderen Fällen tut (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2011 – VII ZR 8/10).
135Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache insoweit hat der Beklagte zu 1 nicht dargetan. Eine solche ist auch sonst nicht ersichtlich.
136Streitwert für das Berufungsverfahren: 431.296,02 EUR.
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(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
- 1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst - 2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
- 1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst - 2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
- 1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen, - 2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, - 3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und - 4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind die Kosten der Baukonstruktion anrechenbar.
(2) Für Grundleistungen bei Gebäuden und Innenräumen sind auch die Kosten für Technische Anlagen, die der Auftragnehmer nicht fachlich plant oder deren Ausführung er nicht fachlich überwacht,
- 1.
vollständig anrechenbar bis zu einem Betrag von 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten und - 2.
zur Hälfte anrechenbar mit dem Betrag, der 25 Prozent der sonstigen anrechenbaren Kosten übersteigt.
(3) Nicht anrechenbar sind insbesondere die Kosten für das Herrichten, für die nichtöffentliche Erschließung sowie für Leistungen zur Ausstattung und zu Kunstwerken, soweit der Auftragnehmer die Leistungen weder plant noch bei der Beschaffung mitwirkt oder ihre Ausführung oder ihren Einbau fachlich überwacht.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.