Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 08. Aug. 2014 - I-16 U 58/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.02.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf – 10 O 53/11 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.428,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.10.2010 Zug um Zug gegen Übertragung von 10 Wertpapieren „Lehman Brothers Treasury Co. B.V., Step-Up Express Zertifikat“, WKN …, ISIN …, zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 1.234,47 € erledigt ist.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von seinen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 837,52 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von indexorientierten Wertpapieren der mittlerweile insolventen Emittentin Lehman Bros. Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) mit Sitz in Amsterdam.
3In Finanzgeschäften lässt sich der Kläger regelmäßig von seiner Mutter, Frau G… K…, vertreten. Frau K… ist seit 2005 Kundin bei der Beklagten. Der Kläger verfügt seit dem 06.08.2007 über ein eigenes Wertpapierdepot bei der Beklagten. An diesem Tag erstellte die Kundenberaterin, Frau M… S…, für den Kläger, vertreten durch seine Mutter, im Rahmen eines Beratungsgesprächs ein Risikoprofil. Am 10.10.2007 erwarb Frau K… aufgrund der Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten, Herrn O… M… (im Folgenden: Berater), stellvertretend für den Kläger, 10 Step-Up Express Zertifikate zum Preis von je 1.020,00 € inkl. Ausgabeaufschlag, mithin insgesamt 10.200,00 €. Wegen der Funktionsweise des Zertifikats sowie der weiteren Einzelheiten des Erwerbs wird auf die Wertpapiersammelorder vom 10.10.2007 und die Produktinformation Bezug genommen. Ferner traf Frau K… für den Kläger mit der Beklagten eine Festgeldvereinbarung über 10.000,00 €. Bereits vor dem – streitgegenständlichen – Erwerb investierte Frau K… im eigenen Namen in andere Wertpapiere, darunter insbesondere auch Zertifikate.
4Der Kläger hat behauptet, seine Mutter habe im Beratungsgespräch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für ihn nur absolut sichere Kapitalanlagen in Frage kämen, da es sich bei dem anzulegenden Kapital um einen Vorerbteil handele, der entweder als Barvermögen für sein Studium oder ansonsten als Startkapital für die eigene Existenz zur Verfügung stehen sollte. Vor diesem Hintergrund sei die finanzielle Flexibilität der Kapitalanlage für ihn – den Kläger – besonders wichtig gewesen. Der Berater habe daraufhin das streitgegenständliche Zertifikat, das in Risikoklasse 5 einzusortieren sei, vorgestellt, ohne den Produktflyer zugrunde zu legen bzw. diesen zu übergeben. Der Berater habe erklärt, dass es sich um eine vollkommen risikofreie Anlage mit Kapitalschutz handele. Das Risiko eines Totalverlustes bzw. das Emittentenrisiko habe der Berater ebenso wenig dargestellt wie das Fehlen einer Einlagensicherung, das Sekundärmarktrisiko und das Sonderkündigungsrecht der Emittentin. Im Zusammenhang mit der Emittentin und Garantin des Wertpapiers sei seiner Mutter zudem verschwiegen worden, dass diese personenverschieden seien. Auch sei ein Hinweis auf die erhaltenen Rückvergütungen der Beklagten unterblieben. Insgesamt sei die Funktionsweise des Zertifikats gar nicht bzw. unzureichend dargestellt worden. Einen Verkaufsprospekt und die Endgültigen Bedingungen habe seine Mutter weder vor noch nach der Zeichnung erhalten. In der Folgezeit habe ein anderer Berater der Beklagten, Herr K…, dazu geraten, von einem Verkauf der Wertpapiere abzusehen und weiter abzuwarten, obwohl sich die stetig fortschreitende negative Kursentwicklung der Anlage bereits abgezeichnet habe. Da seine Mutter über keine fundierten Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich Kapitalanlagen verfüge, habe sie den Angaben beider Berater vertraut. Die Inhalte des Risikoprofils vom 06.08.2007 würden weder auf seinen – des Klägers – noch auf den Angaben seiner Mutter beruhen. Das Profil sei vielmehr in Eigenregie der Beklagten erstellt worden.
5Ursprünglich hat der Kläger mit dem Antrag zu 1) beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.200,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung in erster Instanz in Bezug auf die in Höhe von 584,47 € gezahlten Ausschüttungen aus dem Insolvenzverfahren der Emittentin übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben, hat der Kläger sodann beantragt,
61. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.615,53 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009 Zug um Zug gegen Übertragung von 10 Wertpapieren „Lehmann Brothers Treasury Co. B.V., Step-Up Express Zertifikat“, WKN: …, ISIN …, zu zahlen;
72. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 764,58 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009 zu zahlen;
83. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.150,49 € freizustellen.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte hat behauptet, der Berater habe im Rahmen des Beratungsgesprächs am 10.10.2007 den Produktflyer vorgelegt und mit Frau K… die Funktionsweise und die Risiken der streitgegenständlichen Zertifikate umfassend erläutert. Die gezeichneten Wertpapiere entsprächen zudem der sich aus dem Risikoprofil ergebenen Anlagestrategie des Klägers. Eine Rückvergütung habe sie – die Beklagte – nicht erhalten, sondern lediglich eine Marge aus dem Weiterverkauf der erworbenen Zertifikate erzielt. Im Übrigen handele es sich bei Frau K… um eine erfahrene Anlegerin, die bereits einschlägige Vorerfahrung besessen habe. Sie habe über umfangreiches Informationsmaterial, u.a. die Basisinformationen über Wertpapiere, verfügt.
12Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beratung nicht anlegergerecht erfolgt sei. Aus dem Risikoprofil des Klägers ergebe sich, dass er kein rein auf Sicherheit bedachter Anleger gewesen sei; die Anlagestrategie habe auch dem bisherigen Anlageverhalten seiner Mutter entsprochen. Das streitgegenständliche Zertifikat liege in der Risikoklasse 3 und damit innerhalb der maximal zulässigen Risikoklasse. Auf die Überschreitung des Risikoanteils sei der Kläger auf der Wertpapiersammelorder hingewiesen worden. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Beratung nicht anlagegerecht gewesen sein. Seine Mutter habe auf der Wertpapiersammelorder bestätigt, über die Risiken und Funktionsweisen aufgeklärt worden zu sein. Die Order enthalte auch Hinweise auf die fehlende Einlagensicherung und das Totalverlustrisiko. Angesichts der Vorerfahrung seiner Mutter habe die Beklagte davon ausgehen können, dass ihr das allgemeine Emittentenrisiko geläufig gewesen sei. Auf eine konkrete Gefahrenlage bei der Emittentin bzw. der Garantin habe die Beklagte zum Anlagezeitpunkt nicht hinweisen müssen. Die Beklagte habe auch keine Aufklärungspflichten über Provisionen verletzt, da zwischen den Parteien ein Festpreisgeschäft zustande gekommen sei. Auch habe die Beklagte keine Pflichten aus einem nach dem Erwerb geschlossenen Beratungsvertrag verletzt.
13Dieses Urteil greift der Kläger mit der Berufung an. Er betont, dass seine Mutter weder etwaige Angaben getätigt noch Einblick in die Erstellung des Risikoprofils gehabt habe. Das erworbene Produkt habe auch nicht mit den Inhalten der Risikoprofilierung korrespondiert. Seine Mutter sei auf den Hinweis zur Risikoüberschreitung nicht hingewiesen und über die Konsequenzen nicht aufgeklärt worden. Das Produkt, bei dem es sich nicht um ein „allenfalls mäßig riskantes“ Wertpapier handele, passe auch nicht in den gewählten Renditekorridor. Das Depot habe nach dem streitgegenständlichen Erwerb den zugelassenen Risikobereich überschritten. Unabhängig davon, dass seine Mutter hinsichtlich eigener Anlageentscheidungen bereits nur an risikofreien Anlagenprodukten interessiert gewesen sei, habe sie für ihn ausnahmslos risikofreie Produkte erwerben wollen. Seine Mutter habe den erheblichen sicherheitsrelevanten Unterschied zwischen dem streitgegenständlichen Produkt und der gleichzeitig erworbenen Festgeldanlage nicht gekannt. Darüber hinaus hätten bei der Beratung keinerlei Produktinformationen vorgelegen. Aus der Freizeichnungsklausel auf der Wertpapierorder ergebe sich eine anlagegerechte Beratung nicht; Entsprechendes gelte für die dortigen Hinweise auf die fehlende Einlagensicherung und das Totalverlustrisiko. Seine Mutter sei auch bei früheren Anlagen nicht über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden. Der Erwerb des Papiers sei ein Kommissionsgeschäft gewesen. Der Berater habe nicht auf das vorzeitige Kündigungsrecht der Emittentin, aus dem sich ein weiteres Totalverlustrisiko ergebe, hingewiesen.
14Nachdem der Kläger nach Einlegung der Berufung am 12.03.2014 der Kläger weitere Ausschüttungen in einer Gesamthöhe von 952,88 € erhalten hat, erklären die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt. Darüber hinaus erklärt der Kläger, der weitere Ausschüttungen in einer Gesamthöhe von 1.234,47 € erhalten hat, den Rechtsstreit auch insoweit für erledigt.
15Er beantragt,
16unter Abänderung des am 11.03.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf – 10 O 53/11 –
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.428,18 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009 Zug um Zug gegen Übertragung von 10 Wertpapieren „Lehman Brothers Treasury Co. B.V., Step-Up Express Zertifikat“, WKN: …, ISIN …, zu zahlen,
18die Beklagte zu verurteilen, an ihn 764,58 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009 zu zahlen,
19die Beklagte zu verurteilen, ihn von seinen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.150,49 € freizustellen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt vor, das Risikoprofil des Klägers sei nach den Angaben seiner Mutter, die eine erfahrene Anlegerin sei, erstellt worden. Sofern seine Mutter Dokumente „blind“ unterschrieben habe, sei dies für den Berater nicht erkennbar gewesen. Eines besonderen Hinweises auf das Emittentenrisiko sei nicht erforderlich gewesen. Der Erwerb der Festgeldanlage sei zur Risikominimierung erfolgt. Der Erwerb sei ein Eigengeschäft im Wege eines Festpreisgeschäfts gewesen, bei dem sie nicht über ihre Gewinnmarge habe aufklären müssen. Sie erhebt die Einrede der Verjährung.
23Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke verwiesen.
24II.
25Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.
26A.
27Der Kläger hat gegen die Beklagte eine Schadensersatzanspruch in Höhe von 7.428,18 € aus §§ 280, 241 Abs. 2 BGB.
281.
29Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Ein Beratungsvertrag kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (BGH, Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06, Rn. 12; BGH, Urteil vom 25.06.2002, XI ZR 218/01, Rn. 38). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden beziehungsweise zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGH, Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06, Rn. 12; BGH, Urteil vom 21.03.2006, XI ZR 63/05, Rn. 10; BGH, Urteil vom 09.05.2000, XI ZR 159/99, Rn. 10). Danach ist für den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages ohne Bedeutung, von welcher Partei – Kunde oder Bank – die Initiative ausgegangen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass es zu Verhandlungen kommt, welche eine konkrete Anlageentscheidung zum Gegenstand haben (BGH, Urteil vom 06.07.1993, XI ZR 12/93, Rn. 11 f.) und deren fachkundige Bewertung und Beurteilung durch die Bank als Grundlage für die Anlageentscheidung dienen soll. Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze bleibt für die Annahme eines konkludent zustande gekommenen Beratungsvertrages grundsätzlich dann kein Raum, wenn der Kunde der Bank gezielte Aufträge erteilt und sich die Tätigkeit der Bank auf deren Erledigung beschränkt. Denn in einem solchen Fall darf die Bank davon ausgehen, dass sich der Kunde über das von ihm angestrebte Anlagegeschäft bereits informiert hat und er insoweit nur noch der Beratung bedarf, als er dies ausdrücklich verlangt (BGH, Urteil vom 19.05.1998, XI ZR 216/97, Rn. 13; Senat, Urteil vom 19.11.1999, I-16 U 196/98, ZIP 1999, 2144 Rn. 82). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die Mutter des Klägers wandte sich im Oktober 2007 an die Beklagte, um für ihn 10.000,00 € anzulegen. Auf Empfehlung des Beraters, der ihr das Produkt vorstellte, erwarb sie die streitgegenständliche Anlage. Auch die Beklagte trägt in der Klageerwiderung ein umfangreiches Beratungsgespräch und eine ausführliche Beratung durch den Berater vor. Die Mutter des Klägers handelte als dessen Vertreterin, so dass der Kläger gemäß § 164 Abs. 1 BGB aus dem Beratungsvertrag berechtigt und verpflichtet ist.
302.
31Aus dem Beratungsvertrag ist die Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (BGH, Urteil vom 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urteil vom 21.09.2011, XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119; BGH, Urteil vom 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., BGH, Urteil vom 07.10.2008, XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12; BGH, Urteil vom 09.05.2000, XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; BGH, Urteil vom 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (BGH, Urteil vom 21.09.2011, XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urteil vom 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, BGH, Urteil vom 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49; BGH, Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
32a)
33Im Rahmen der vom Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung müssen die persönlichen (wirtschaftlichen) Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden; die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (BGH, Urteil vom 06.12.2012, III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 221; BGH, Urteil vom 19.04.2007, III ZR 75/06, NJW-RR 2007, 1271, 1272 Rn. 9; BGH, Urteil vom 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f; BGH, Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 337/08, NJW-RR 2010, 115, 117 Rn. 25).
34aa)
35Unstreitig wurde am 06.08.2007 ein Risikoprofil erstellt. Darin ist schriftlich festgehalten, dass sich für den Kläger auf der Grundlage der Antworten zu seiner Vermögenssituation, seiner Risikoeinstellung und seinen Vorerfahrungen mit anderen Wertpapiergeschäften eine ihm von der Beklagten empfohlene Anlagestrategie „Ausgewogen“ mit einem Risikoanteil von 55% ergab, die er (bzw. seine Mutter für ihn) ebenfalls für ihn wählte. Dabei ging es ihm ersichtlich nicht ausschließlich um eine sichere Kapitalanlage, sondern auch die Erzielung eines höheren Ertrages hatte wesentliche Bedeutung. Hierfür spricht bereits, dass der Kläger eine Anlageform favorisierte, die bei 3 vorgegebenen Gewinnspannen eine deutlich über dem von sicherem Festgeld liegende Renditeerwartung von – 5% bis 12 % befriedigen sollte. Aus den Angaben zu seiner Vermögenssituation ergab sich, dass es sich bei ihm um einen als gut situiert zu bezeichnenden Anleger handelte, der ein Gesamtvermögen bei der Beklagten und anderen Banken in Höhe von zwischen rund 100.000,00 € bis rund 150.000,00 € besaß. Anlageerfahrung bestand bis zur Risikoklasse 4, die u.a. Kapitalanlagen in Nicht-Eurofonds einschließlich Länder- und Branchenaktienfonds sowie in Aktien umfasste. Diese Risikoklasse sollte auch zukünftig die maximale sein. Das Risikoprofil belegt, dass der Kläger grundsätzlich bereit war, im Interesse eines besseren Ertrags gewisse Risiken in Kauf zu nehmen (vgl. Senat, Urteil vom 02.12.2011, I-16 U 141/10).
36Aus den einzelnen Antworten des Klägers zu seiner Risikoeinstellung folgt nichts anderes. Denn diesen – isoliert betrachteten - Angaben kann nicht entnommen werden, dass der Kläger bei Fragen der Geldanlage grundsätzlich nur auf Sicherheit bedacht war. Vielmehr ist die Risikoeinstellung des Anlegers auf der Grundlage der Gesamtwürdigung der von ihm gemachten Angaben vorzunehmen, aus der sich nicht entnehmen lässt, dass es dem Kläger ausschließlich darauf angekommen sei, Risiken zu vermeiden. So stimmte er den Fragen, ob für ihn bei seinen Anlagen ausschließlich die Sicherheit im Vordergrund stehe und ob er bei Geldangelegenheiten nur ungern Risiken eingehe, lediglich tendenziell zu. Ebenso stimmte er jedoch der Frage tendenziell zu, dass er gerne höhere Renditen erzielen wolle und dafür bereit sei, Risiken zu akzeptieren. Der Frage, ob er auch kurzfristige Verlustmöglichkeiten auf jeden Fall vermeiden wolle, stimmte er nur tendenziell nicht zu. Demgegenüber stimmte er der Frage, ob es ihn stark belasten würde, wenn nur ein Teil seines Vermögens verloren ginge, nur tendenziell nicht zu. Damit korrespondierend gab er Erfahrungen und Kenntnisse bis Risikoklasse 4 an.
37bb)
38Die Vorgehensweise der Beklagten bei der Ermittlung der Finanzplanung (Verwendung eines nach gewissen Kriterien geordneten, hinreichend verständlichen Fragebogens, den sie nach den mündlich erfragten Angaben der Anleger ausfüllte), ist nicht zu beanstanden (vgl. Urteile des Senats vom 11.10.2013, I-16 U 145/12, vom 14.03.2013, I-16 U 96/12, sowie vom 12.08.2011, I-16 U 136/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2010, I-6 U 200/09, juris Rdn. 58 – 62).
39cc)
40Auf der Basis dieser Finanzplanung war die Empfehlung der streitgegenständlichen Beteiligung anlegergerecht. Bei Indexzertifikaten auf einen Standardindex wie den Dow Jones EURO STOXX 50 handelt es sich nicht um besonders riskante Anlagen, die lediglich einem besonders risikofreudigen Anleger hätten empfohlen werden dürfen, sondern um mäßig riskante Wertpapiere, die in ihren Chancen und Risiken einer deutschen Standardaktie vergleichbar sind und bei denen die Gefahr eines Totalverlustes wegen der Bezugnahme auf einen „Korb“ verschiedener Aktien niedriger liegt als beim Direkterwerb einer einzelnen Aktie, die in dem als Basiswert zu Grunde liegenden Index gelistet ist (Senat, Urteil vom 11.10.2013, I-16 U 145/12, Urteil vom 13.01.2012, I-16 U 159/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2010, I-6 U 200/09, BKR 2011, 25 ff. sowie Beschluss vom 08.12.2011, I-6 U 32/11). Die Zertifikate orientierten sich an der Entwicklung des Dow Jones EURO STOXX 50, der 50 Blue-Chip-Unternehmen der europäischen Länder beinhaltet. Die von der Beklagten vorgenommene Einstufung der hier streitigen Wertpapiere in die mittlere - und somit auch für den Kläger in Betracht kommende - Risikoklasse 3 ist daher nicht zu beanstanden.
41Darüber hinaus unterzeichnete die Mutter des Klägers für ihn am 10.10.2007 die „Wertpapiersammelorder“. Darin heißt es: „Risikoanteil nach Ausführung 100%, Risikoanteil zu hoch, (max. 55%), Risikoanlagen auf Kundenwunsch“.
42dd)
43Der Kläger muss sich an diesen von seiner Mutter für ihn unterschriebenen Erklärungen festhalten lassen. Nach § 416 ZPO erbringt die Privaturkunde vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärung von den Ausstellern abgegeben worden ist, jedoch keinen Beweis über ihren materiellen Inhalt. Der Aussteller einer Urkunde kann daher nicht mit der bloßen Behauptung gehört werden, dass er die Urkunde unterschrieben habe, ohne sie zu lesen: Wer vorbehaltlos unterschreibt, ohne den Inhalt der Urkunde zur Kenntnis zu nehmen, unterwirft sich damit ohne Weiteres dem Urkundeninhalt (Zöller/Geimer § 416 ZPO Rn. 11).
44ee)
45Allerdings behauptet der Kläger, dass seine Mutter im Beratungsgespräch ausdrücklich deutlich gemacht habe, dass für ihn nur absolut sichere Kapitalanlagen in Frage kommen würden, weil es sich um einen Vorerbteil von ihm gehandelt habe, der ihm entweder als Barvermögen für sein Studium oder ansonsten ggfs. als Startkapital für die eigene Existenz zur Verfügung stehen sollte. Das Landgericht diese Behauptung u.a. deshalb für unbeachtlich gehalten, weil der Kläger eine Festgeldanlage getätigt habe, woraus sich der Schluss ergebe, dass seine Mutter die unterschiedlichen Risiken der jeweiligen Anlageform erkannt habe. Mit dieser Argumentation durfte das Landgericht nicht von einer Beweisaufnahme absehen. Zum einen kann nicht per se ausgeschlossen werden, dass ein Anleger in verschiedene, - nach seinem Verständnis - ähnlich sichere Produkte investiert. Zum anderen hatten die Anlagen unterschiedliche Laufzeiten (Festgeld: 1 Jahr; Zertifikat: rund 2 Jahre). Dass es sich bei den beiden Anlagen um ein „Kombiprodukt“ gehandelt habe, bei dem die Konditionen der Festgeldanlage nur bei gleichzeitigem Erwerb des Zertifikats angeboten wurden, trägt die Beklagte nicht vor. Auch ist das Anlageverhalten seiner Mutter bei ihren eigenen Anlagen, entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht, nicht zu berücksichtigen. Zwar muss der Kläger sich die Kenntnis seiner Mutter als seiner Vertreterin gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen; ihr Anlageverhalten bei eigenen Anlagen gibt aber keinerlei Aufschluss über die Risikobereitschaft und die Anlageziele des Klägers. Eine Beweisaufnahme zu dieser Frage ist zweitinstanzlich jedoch nicht erforderlich, weil die Beratung der Beklagten jedenfalls nicht anlagegerecht war.
46b)
47Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nur am Tag der Zeichnung ein Gespräch stattgefunden hat. Die Aufklärung soll unstreitig mündlich und ohne Vorlage des Prospekts erfolgt sein. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, sie habe die Mutter des Klägers anhand des Produktflyers aufgeklärt.
48aa)
49Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, ihn bzw. seine Mutter über sog. „Rückvergütungen“ aufzuklären. Eine Bank ist aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. nur Urteil vom 28.05.2013, XI ZR 199/11, Beschluss vom 09.03.2011, XI ZR 191/10, WM 2011, 925; Urteil vom 08. 05. 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist demgegenüber eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15.04.2010, III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22.03.2011, XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt dann, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (BGH, Urteile vom 27.09.2011, XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils m.w.N.). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (BGH, Urteil vom 27.09.2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, BGH, Urteil vom 27.09.2011, XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47).
50Diese Maßstäbe zugrundegelegt, bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Aufklärung über den aus dem streitgegenständlichen Wertpapiergeschäft erzielten Gewinn. Entgegen der Ansicht des Klägers ist zwischen den Parteien ein Festpreisgeschäft und nicht ein Kommissionsgeschäft zustande gekommen. Bei einem Kommissionsgeschäft erwirbt die Bank Wertpapiere im eigenen Namen für fremde Rechnung, nämlich des Kunden. Demgegenüber wird bei einem Festpreisgeschäft ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB zwischen Bank und Kunden zu einem bestimmten oder bestimmbaren Preis abgeschlossen (Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte). Der Kunde erwirbt also die Wertpapiere unmittelbar von der Bank. Die Bank nimmt die Wertpapiere entweder aus ihrem Eigenbestand oder sie tätigt ein Deckungsgeschäft. Ausweislich der Wertpapiersammelorder vereinbarten die Parteien einen festen Preis, nämlich 10 Zertifikate zum Gesamtpreis von 10.200,00 € inkl. 2% Ausgabeaufschlag. Der Aufdruck „Kommissionsgeschäft“ auf der – späteren – Effektenabrechnung ändert an der vertraglichen Vereinbarung der Parteien nichts. Im Übrigen fehlt auch ein Beweisantritt des Klägers.
51bb)
52Entgegen der Behauptung des Klägers kann auch eine unzureichende Aufklärung über das Totalverlustrisiko nicht festgestellt werden. Einen entsprechenden Hinweis enthält die Wertpapiersammelorder unter dem Titel „Hinweis allgemein“; dort heißt es:
53„Der Wert der Anlage unterliegt den Schwankungen des Marktes, welche zum ganzen oder teilweisen Verlust des Investments führen können“.
54Mit diesem Hinweis wird der Anleger über das Totalverlustrisiko aufgeklärt und nicht lediglich eine anderweitig erfolgte Aufklärung über dieses Risiko bestätigt. Die Mutter des Klägers unterzeichnete die Wertpapiersammelorder. Wegen der formellen Beweiskraft der Privaturkunde (§ 416 ZPO) wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Eine Beweisaufnahme über den materiellen Inhalt dieser Erklärung ist nicht erforderlich.
55cc)
56Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine fehlende Aufklärung über die fehlende Einlagensicherung rügt. Auch insoweit enthält die von der Mutter des Klägers unterzeichnete Wertpapiersammelorder einen Hinweis unter dem Titel „Hinweis allgemein“; dort heißt:
57„Anlagen in diese Produkte sind keine Bankeinlagen und sind nicht durch C…/C…, deren Töchter oder den Einlagensicherungsfonds garantiert.“
58dd)
59Grundsätzlich ist im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert (BGH, Urteil vom 27.09.2011, XI ZR 182/10, juris). Allerdings sind Kunden, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den beabsichtigten Geschäften verfügen oder sich, nicht ersichtlich unglaubwürdig, als erfahren gerieren und eine Aufklärung nicht wünschen, nicht aufklärungsbedürftig (BGH, Urteile vom 14.05.1996, XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216, vom 24.09.1996, XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 311 und vom 21.10.2003, XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2244; BGH, Urteil vom 28.09.2004, XI ZR 259/03, juris). Eine ausreichende Kenntnis der Mutter des Klägers vom Emittentenrisiko ergibt sich nicht aus den „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapiere“. Zwar kommen die "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren" grundsätzlich als Mittel der Aufklärung in Betracht. Ein Anleger muss sie jedoch nur in denjenigen Abschnitten zur Kenntnis nehmen, die eine von ihm ernstlich in Betracht gezogene Anlageform betreffen und deren Kenntnis in einem späteren Beratungstermin die Bank nach ihrer Aushändigung an den Anleger jedenfalls dann unterstellen kann, wenn sie noch nicht allzu lange zurückliegt und der Anleger auch von sich aus keine entsprechenden Nachfragen an den Anlageberater stellt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2010, I-6 U 200/09, 6 U 200/09, juris). Die Mutter des Klägers erhielt diese Broschüre im Jahr 2005 ausgehändigt. Sie erhielt sie damit rund zwei Jahre vor der streitgegenständliche Anlage und auch nicht im Zusammenhang mit ihr (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.07.2012, 17 U 36/12, Rn. 19 f.; OLG Celle, Urteil vom 15.05.2013, 3 U 11/13 Rn. 13; vgl. BGH, Urteile vom 14.05.1996, XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1215 und vom 24.09.1996, XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 310 f.)
60Zu Unrecht hat das Landgericht entsprechende Kenntnisse der Mutter des Klägers aufgrund der vorangegangenen Zeichnung von Zertifikaten angenommen und eine Aufklärungspflicht der Beklagten deshalb verneint. Dafür, dass eine Aufklärungspflicht im Einzelfall ausnahmsweise nicht bestand, ist die Bank darlegungs- und beweisbelastet (KG Berlin, Urteil vom 03.05.2005, 19 U 75/04, juris, Rn. 22). Im Rahmen ihres eigenen Erwerbs des „Premium Express Defensiv Zertifikats 3“ am 28.07.2006, der „Wintertraum Anleihe II“ am 22.02.2006 und des „JP Morgan Rohstoff Express Offensiv Zertifkats II“ am 22.11.2006 unterzeichnete die Mutter des Klägers zwar jeweils eine Wertpapiersammelorder, bei der der Risikohinweis: „Mit dem Kunden sind die Risiken und Funktionsweise der Anlage besprochen worden“ angekreuzt wurde. Eine entsprechende Erklärung enthält auch die von der Mutter für die streitgegenständliche Beteiligung unterzeichnete Wertpapiersammelorder. Wegen der Beweiskraft der Privaturkunde wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Es bedarf jedoch vorliegend keiner weiteren Aufklärung, ob die Mutter des Klägers über das Emittentenrisiko im Zuge der früheren Zeichnungen oder im Rahmen des streitgegenständlichen Erwerbs anhand des Produktflyers aufgeklärt wurde, was der Kläger in Abrede stellt; seine Mutter wurde jedenfalls nicht oder jedenfalls nicht ausreichend über das Sonderkündigungsrecht der Emittentin aufgeklärt.
61ee)
62Die Mutter des Klägers wurde nicht – ausreichend - über das Sonderkündigungsrecht der Emittentin aufgeklärt. Ausweislich der „Endgültige(n) Bedingungen“ konnte die Emittentin die Schuldverschreibung vor dem Endfälligkeitstag zurückzahlen, u.a. aus steuerlichen Gründen oder bei Einstellung des Index. Im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung konnte der marktgerechte Betrag, den der Anleger zurückerhalten sollte, unter dem vom Anleger gezahlten Betrag liegen oder auch Null betragen (S. 35 der Bedingungen).
63Bei diesem Risiko handelt es sich um ein aufklärungspflichtiges Risiko. Aufklärungspflichtig sind diejenigen Eigenschaften und Risiken, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beklagte vertritt – unter Hinweis auf die Rechtsprechung verschiedener Senate des Oberlandesgerichts Düsseldorf – die Ansicht, dass die Kündigungsrechte für die Anlageentscheidung nicht von Belang gewesen seien, weil es sich um eng umrissene, in ihrem Eintritt äußerst unwahrscheinliche Fallgestaltungen wie etwa der Einstellung des maßgeblichen Indizes handele. Den daraus folgenden Risiken komme neben den in der Funktionsweise des Zertifikats begründeten Risiken keine eigenständige, qualitativ abgehobene Bedeutung zu, so dass eine ungefragte Offenbarung nicht erforderlich gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört allerdings zu einer vollständigen Risikodarstellung bei einem Zertifikat, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt. Der Bundesgerichtshof betont in diesem Zusammenhang, dass dieses Emittentenrisiko neben das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert tritt, der Anleger also beide Risiken trägt. Über das Emittentenrisiko muss der Anleger auch dann aufgeklärt werden, wenn zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, weil es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von Bedeutung sein kann, dass er dieses Risiko für die gesamte Laufzeit der Anlage übernimmt (BGH, Urteil vom 27.09.2011, XI ZR 178/10, juris m.w.N.). Diese Rechtsprechung zugrunde gelegt, gehört es zu einer vollständigen Risikodarstellung des erworbenen Zertifikats, dass der Anleger darüber aufgeklärt wird, dass ein Totalverlust auch dann eintreten kann, wenn die Emittentin von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Dieses Risiko tritt dabei neben das Risiko eines Totalverlustes aufgrund von Marktschwankungen, d.h. der Entwicklung des zugrundeliegenden Index, sowie das Emittentenrisiko, d.h. das Risiko der Zahlungsfähigkeit. Der Hinweis darauf, dass der Eintritt dieses Risikos „äußerst unwahrscheinlich“ sei, verfängt demgegenüber nicht. Für die Frage der Aufklärungspflicht ist es unerheblich, ob es sich um ein fernliegendes oder sogar nur ein theoretisches Risiko handelt. Die Möglichkeit, die Schuldverschreibung zu kündigen, stellt ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes (Total-)verlustrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Entscheidung trifft (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2014, XI ZR 477/12 zu den Aufklärungspflichten bei offenen Immobilienfonds). Das Risiko einer Sonderkündigung während der Vertragslaufzeit hängt dabei zum einen von den Kündigungsvoraussetzungen (z.B. steuerliche Gründe oder Einstellung des Index), zum anderen Feststellung der Berechnungsstelle, die den Rückzahlungsbetrag „nach billigem Ermessen in kaufmännisch vernünftiger Weise als der zu diesem Zeitpunkt marktgerechten Wert der Schuldverschreibungen feststellt“. Es hat also eine andere Struktur als das Totalverlustrisiko und das allgemeine Emittentenrisiko, so dass die Aufklärung über diese Risiken nicht die Aufklärung über das Sonderkündigungsrecht einschließt. Über dieses Risiko klärt auch der Produktflyer nicht ausreichend auf: Der Hinweis in Fußnote 2 auf S. 5 spricht zwar eine „vorzeitige Rückzahlung“ an und nennt – beispielhaft – nicht näher spezifizierte, steuerliche Gründe. Insbesondere aber beschreibt er als Folge – lediglich – eine Rückzahlung unterhalb des Nominalbetrags, jedoch nicht das Risiko des Totalverlustes. Eine Beweisaufnahme zum Beratungsgespräch, im Rahmen dessen die Mutter des Klägers nach der Behauptung der Beklagten anhand des Flyers aufgeklärt worden sein soll, bedarf es daher nicht. Sofern die Beklagte erstmals mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.07.2014 behauptet, die Mutter des Klägers habe das Sonderkündigungsrecht der Emittentin aufgrund ihrer umfassenden Vorerfahrung bzw. aus den ihr übergebenen "Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren" gekannt, ist dieser Vortrag verspätet (§ 296a ZPO).
643.
65Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 f. mwN). Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BGH, Urteil 08.05.2012, XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 29). Diese Beweislastumkehr greift schon bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein. Die Kausalitätsvermutung gilt nicht lediglich dann, wenn der Anleger bei zutreffender Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte, er sich also nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Denn das Abstellen auf das Fehlen eines Entscheidungskonflikts ist mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht zu vereinbaren (BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff.). Die Beklagte hat erstmals mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.07.2014 behauptet, das Sonderkündigungsrecht sei für die Anlageentscheidung unbeachtlich gewesen. Der Vortrag ist verspätet, § 296a ZPO.
664.
67Die Beklagte handelte auch schuldhaft. Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird das Verschulden der anlageberatenden Bank vermutet, wenn feststeht, dass sie ihre Beratungspflichten verletzt hat (BGH, Beschluss vom 19.07.2011, XI ZR 191/10, Rn. 11). Anhaltspunkte, die ein Verschulden der Beklagten entfallen ließen, trägt sie nicht vor.
685.a)
69Aufgrund der nicht anlagegerechten Beratung ist die Beklagte gemäß § 249 BGB verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als ob er die Zertifikate nicht erworben habe. Unter Abzug der von erhaltenen Ausschüttungen beläuft sich der Schaden des Klägers auf 7.428,18 €.
70b) Einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 764,58 € hat der Kläger nicht. Zwar umfasst der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages gemäß § 252 Satz 1 BGB auch den entgangenen Gewinn (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10, juris, Rn. 64 m.w.N.). Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist einem Kapitalanleger, der durch unrichtige Angaben dazu bewogen worden ist, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage in diese Gesellschaft, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital in dieser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (vgl. BGH, Urteile vom 02.12.1991, II ZR 141/90, WM 1992, 143 (144), Urteil vom 30.11.1979, V ZR 23/78, WM 1980, 85, Urteil vom 08.11.1973, III ZR 161/71, WM 1974, 128 (129)). Dafür, dass und in welcher Höhe dem Anleger durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist, ist der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2004, XI ZR 355/02, WM 2004, 422 (425)). Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (vgl. BGH, Urteil vom 28.02.1996, XII ZR 186/94, WM 1996, 1270 (1272) m.w.N.). Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang-Braun/Lang/Loy, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Auflage, Rn. 508). Gemessen an diesen Grundsätzen genügt der Kläger mit seinem Vortrag nicht der ihm obliegenden Darlegungslast, denn er hat nicht konkret dargetan, welche festverzinsliche Anlage seine Mutter für ihn gewählt hätte. Der bloße Hinweis auf festverzinsliche Anlagemöglichkeiten mit einer Rendite von vier Prozent jährlich reicht dazu nicht aus.
716.
72Der Anspruch des Klägers ist nicht gemäß § 37a WpHG verjährt. Die Verjährung war ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 29.09.2009 vom 26.05.2009 bis zum 29.11.2009 nach Maßgabe der Kulanzregelung gehemmt. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird gemäß § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Der Kläger, der die streitgegenständliche Anlage am 10.10.2007 erworben hatte, erhob die Klage im Februar 2011 und damit in nicht verjährter Zeit.
73B.
74Der in der einseitigen Teilerledigungserklärung des Klägers enthaltene Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Dem Kläger stand, nachdem er nach Einlegung der Berufung Ausschüttungen in einer Gesamthöhe von 952,88 € erhalten hatte, ein Zahlungsanspruch in Höhe von noch 8.662,65 € zu. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. In Höhe von 1.234,47 € hat sich der Rechtsstreit in der Folgezeit erledigt, da der Kläger nach Erhalt der weiteren Ausschüttungen nicht mehr Zahlung in dieser Höhe beanspruchen konnte, weil, wie dargestellt, die Ausschüttungen von seinem Schaden in Abzug zu bringen waren.
75C.
76Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus §§ 286, 288 BGB, und zwar ab dem 04.12.2010. Der Eintritt des Verzugs bereits am 30.09.2009 ergibt sich demgegenüber insbesondere nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 29.09.2009, mit dem sie dem Kläger eine kulanzweise Regelung anbot.
77D.
78Der Anspruch des Klägers auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus § 280 Abs. 1 BGB und beläuft sich auf 837,52 €. Die Geschäftsgebühr ist mit 1,3 zu bemessen; entgegen der Ansicht des Klägers war die Angelegenheit weder besonders umfangreich oder schwierig. Der Betrag errechnet sich wie folgt: 526,00 € x 1,3 + 20,00 € = 703,80 € + 19% (133,72 €).
79E.
80Der Schriftsatz der Beklagten vom 28.07.2014 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Im Übrigen hat der Senat die dortigen Überlegungen bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
81F.
82Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 709, 711, 713 ZPO.
83Der Streitwert beträgt bis zum 01.07.2013: 9.615,53 €, vom 01.07.2013 bis zum 08.07.2014: 8.662,65 €, ab dem 09.07.2014: bis 8.000,00 €.
84Die Revision wird zugelassen.
85D… Dr. W… Dr. P…
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere
- 1.
Aktien, - 2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten, - 3.
Schuldtitel, - a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten, - b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565
- 1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann, - 2.
es sich nicht um Derivate handelt und - 3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte: - a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, - b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten, - c)
Zinssätze oder andere Erträge, - d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen, - e)
derivative Geschäfte oder - f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
- 2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie - a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist, - b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder - c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind; - 3.
finanzielle Differenzgeschäfte; - 4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate); - 5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.
(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1, - 2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs, - 3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2, - 4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3, - 5.
Emissionszertifikate, - 6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und - 7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.
(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.
(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.
(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft), - 2.
das - a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making), - b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung), - c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder - d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
- 3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung), - 4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung), - 5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft), - 6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft), - 7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung), - 8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems), - 9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems), - 10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft), - 2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist, - 3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen, - 4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen, - 5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung), - 6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen, - 7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.
(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.
(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.
(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.
(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind
- 1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien, - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
- 2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und - a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder - b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
- 3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.
(14) Inlandsemittenten sind
- 1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und - 2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.
(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.
(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,
- 1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder - 2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.
(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
- 2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet; - 3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes, - a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet; - c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.
(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt; - 2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.
(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von
- 1.
einem Index oder einer Indexkombination, - 2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten, - 3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder - 4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.
(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.
(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,
- 1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und - 2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird: - a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten; - b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument; - c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die
- 1.
nicht die Hauptverwaltung ist, - 2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und - 3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.
(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.
(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.
(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.
(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:
- 1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen, - 2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder - 3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.
(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem
- 1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist, - 2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und - 3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.
(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).
(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.
(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.
(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.
(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.
(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.
(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.
(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.
(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(38) (weggefallen)
(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.
(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist
(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.
(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:
- 1.
die Europäische Union, - 2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats, - 3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten, - 4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft, - 5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind, - 6.
die Europäische Investitionsbank.
(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
- 1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und - 2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.
(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch
- 1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang, - 2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und - 3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.
(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.
(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.
(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.
(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.