Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. Sept. 2015 - I-16 U 120/15
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 03.06.2015 ver
kündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 12 O 137/15 - dahingehend abgeändert, dass auch die weitergehenden Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 27.04.2015 [Anträge zu 1. b) bis d) bzw. Urteilsaussprüche zu I. 1. bis 4.] zurückgewiesen werden.
Die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz werden dem Verfügungskläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e :
2Der Senat sieht gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von einer Darstellung des Tatbestands ab.
3Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 03.06.2015 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 12 O 137/15 - ist zulässig und begründet.
4A.
5Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Diese beschränkt sich nicht in einer bloßen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen und richtet sich in der notwendigen Weise gegen die tragenden Erwägungen bzw. alle selbstständigen Begründungselemente/-teile der angefochtenen Entscheidung. Die Verfügungsbeklagten rügen Rechtsverletzungen (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO), die im Falle ihres Vorliegens entscheidungserheblich wären, und machen Fehler bei der Tatsachenfeststellung („Beweiswürdigung“) des erstinstanzlichen Gerichts (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO) geltend. Allerdings sind - bei allem Verständnis des Senats dafür, dass ein Rechtsanwalt die Interessen seiner Mandantschaft engagiert und mit Nachdruck vertritt - die diversen sprachlichen Entgleisungen des Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten nicht nur in der Berufungsbegründung, sondern auch in den erstinstanzlichen Schriftsätzen, mit denen der Verfügungskläger, aber auch das erstinstanzliche Gericht belegt werden und mit denen in eklatanter Weise das Gebot der Sachlichkeit, dem auch die Rechtsanwaltschaft unterworfen ist (§§ 43 Satz 2, 43a Abs. 3 BRAO), missachtet wird, nicht hinnehmbar. Der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten scheint bei seinen Formulierungen offenkundig vergessen zu haben, dass er nicht nur Partei- und Interessenvertreter, sondern zugleich auch objektives Organ der Rechtspflege ist. Dieser Eindruck hat leider seine Bestätigung in dem respektlosen Auftreten des Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten im Senatstermin vom 21.08.2015 gefunden.
6B.
7Die Berufung hat in der Sache Erfolg.
8Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft die mit den Anträgen zu 1. a) bis d) verfolgten Unterlassungsverbote [Urteilsausprüche zu I. 1. bis 4.] ausgesprochen. Der Verfügungsantrag zu 1. e) ist bereits erstinstanzlich zurückgewiesen worden und daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen. Dem Verfügungskläger steht gegen die Verfügungsbeklagten kein gemäß §§ 935, 940 ZPO i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung seiner Namensnennung in dem Artikel „Verlorene Jungs“ [Antrag zu 1.] sowie der konkret angegriffenen, überdies in dem vorgenannten Artikel enthaltenen Aussagen [Anträge zu 1. b) bis d)] zu.
9I.
10Im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten zu 2. fehlt es - unabhängig davon, dass auch kein entsprechender Verfügungsanspruch besteht [dazu unter II.] - hinsichtlich sämtlicher seitens des Verfügungsklägers verfolgter Unterlassungsbegehren von vornherein an einem Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO.
111.
12Der vom Verfügungskläger neben dem Verfügungsanspruch gleichfalls glaubhaft zu machende Verfügungsgrund besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Eilbedürftigkeit oder „Dringlichkeit“; vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 935 Rn. 5). Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung muss mit dem Ziel einer zulässigen Regelung den Verfügungsgrund - die unmittelbar für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung im Hauptverfahren drohende Gefahr - bezeichnen (MüKo/Drescher, ZPO, 4. Aufl., § 940 Rn. 9 f.). An dem Verfügungsgrund fehlt es, wenn die Zeitdimension des Hauptverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung bietet, weil dem Antragsteller auch mit der späteren Realisierung seines Rechts gedient ist (MüKo/Drescher, ebenda). Ein Verfügungsgrund besteht bei - konkreten - Anhaltspunkten für eine bevorstehende Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot, dagegen nicht schon - trotz bestehender Wiederholungsgefahr - allein wegen der vergangenen Zuwiderhandlung (MüKo/Drescher, a.a.O, § 935 Rn. 17; Senat, Beschl. v. 06.01.2015 - I-16 W 92/14, 16 W 9216 W 92/14, Juris, Rn. 3) Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass sich regelmäßig bereits aus der Wiederholungsgefahr zugleich die Dringlichkeit ergebe (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940 Rn. 1), wird hierbei außer Acht gelassen, dass es sich bei der Wiederholungsgefahr um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handelt, die vom prozessualen, eine Eilentscheidung rechtfertigenden Erfordernis des Verfügungsgrunds zu unterscheiden ist, weshalb diese Ansicht abzulehnen ist.
132.
14Derartige - konkrete - Anhaltspunkte für eine bevorstehende Zuwiderhandlung sind von dem Verfügungskläger im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten zu 2. nicht dargetan worden noch sind solche sonst ersichtlich.
15Die Verfügungsbeklagte zu 2. hat den verfahrensgegenständlichen Artikel „Verlorene Jungs“ mit den darin enthaltenen, mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret vom Verfügungskläger angegriffenen Aussagen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit für die Verfügungsbeklagte zu 1. verfasst, wobei die Beeinträchtigung für den Verfügungskläger insbesondere daraus resultiert, dass der Print-Artikel - jedenfalls bis vor kurzem - im Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. in unveränderter, nicht anonymisierter Form, d.h. unter voller Namensnennung des Verfügungsklägers, abrufbar war. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte zu 2. einem gegen die Verfügungsbeklagte zu 1. als ihrer Arbeitgeberin ausgesprochenen Unterlassungsverbot zuwider gehandelt und den Artikel weiter in unveränderter Form im Online-Archiv belassen hätte noch dass konkret zu befürchten war/ist, dass sie den verfahrensgegenständlichen Artikel oder Auszüge hiervon anderweitig veröffentlichen oder anderen Personen zugänglich machen wird oder dass sie beabsichtigt, etwa in einer (Folge-) Berichterstattung die mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret beanstandeten Äußerungen in Bezug auf den Verfügungskläger zu tätigen. Dahingehende Anhaltspunkte ergeben sich - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht daraus, dass die Verfügungsbeklagte zu 2. auf die seitens des Verfügungsklägers an sie gerichtete Aufforderung, den Artikel zu „löschen“, geantwortet hat, dass dieser, so wie er sei, online bleibe (vgl. Anlage A 3). Dies ist für sich nicht genügend, um anzunehmen, dass sich die Verfügungsbeklagte zu 2. über ein gegenüber ihrer Arbeitgeberin ausgesprochenes, gerichtliches Unterlassungsverbot hinwegsetzen würde. Auch der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte zu 2. ausweislich der Angaben am Ende des Artikels (vgl. Anlage A 2) bereits seit Jahren über Pädophilie und sexuellen Missbrauch publiziert, ist - entgegen der Einschätzung des Landgerichts - für sich nicht geeignet, eine konkrete, ein Eilverfahren rechtfertigende Gefährdung von Rechten des Verfügungsklägers zu begründen, sondern allenfalls eine abstrakte Gefahr, die für die Bejahung eines Verfügungsgrunds jedoch nicht hinreichend ist [vgl. hierzu auch unter II. 2. b) aa)].
16Soweit der Verfügungsantrag gegen den Arbeitgeber - so wie hier - ganz oder teilweise erfolglos ist, wendet eine Unterlassungsverfügung gegen die verantwortliche Redakteurin und Autorin die akute Beeinträchtigung des Verfügungsklägers ebenfalls nicht ab, weil die Verfügungsbeklagte zu 1. den von dem Verfügungskläger beanstandeten Artikel dann - aller Voraussicht nach - weiter bzw. wieder in unveränderter Form in ihr Online-Archiv einstellen und damit auch die darin enthaltenen, mit den Anträgen zu 1. b) bis d) beanstandeten Aussagen in Bezug auf die Person des Verfügungsklägers weiter verbreiten wird, ohne dass eine erfolgreiche Untersagungs-/Unterlassungsverfügung gegen die Verfügungsbeklagte zu 2. daran etwas ändern würde (zum Ganzen vgl. Senat, Beschl. v. 06.01.2015 - I-16 W 92/14, Juris, Rn. 4).
17Entgegen der Ansicht des Landgerichts wird mit dem Ansatz des Senats auch nicht die effektive Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegen einen Redakteur oder Autor im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes behindert oder eingeschränkt. Die Durchsetzung eines entsprechenden Anspruchs gegenüber diesem Personenkreis auch mittels einstweiliger Verfügung bleibt vielmehr weiterhin möglich, sofern die dafür kraft Gesetzes erforderlichen Voraussetzungen, wozu neben einem Verfügungsanspruch grundsätzlich auch ein im Streitfall glaubhaft zu machender Verfügungsgrund gehört, vorliegen. Mit dem Wunsch nach (mehr) Effektivität kann das Außerachtlassen von gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls nicht gerechtfertigt werden.
18II.
19Auch im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten zu 1. ist die einstweilige Verfügung zu Unrecht erlassen worden. Dem Verfügungskläger steht kein gemäß §§ 935, 940 ZPO i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG durchsetzbarer Anspruch auf die mit den Anträgen zu 1. a) bis d) verfolgten Unterlassungsbegehren zu.
201. Antrag zu 1. a) bzw. Urteilsausspruch zu I. 1.
21Aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG - als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - ergibt sich kein Anspruch für das vom Verfügungskläger mit dem Antrag zu 1. a) verfolgte Begehren [Urteilsausspruch zu I. 1.], nicht mehr namentlich in dem Artikel „Verlorene Jungs“ erwähnt zu werden, selbst wenn man den Antrag zu Gunsten des Verfügungsklägers auf das Einstellen des Original-Printartikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. bezieht.
22a)
23Der Verfügungsantrag ist bereits unklar bzw. auslegungsbedürftig (zur Auslegungsfähigkeit von Anträgen vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 308 Rn. 2 unter Verweis auf § 139 Rn. 15). Der Antrag bezieht sich nach seinem Wortlaut auf den in der Print-Ausgabe der taz.am wochenende erschienenen Artikel „Verlorene Jungs“. Dies ergibt sich aus der im Antrag erfolgten Bezugnahme auf das konkrete Erscheinungsdatum 14./15.03.2015 und die Ausgaben-Nr. 10664; ein Bezug zu einer Online-Veröffentlichung des Artikels bzw. das Einstellen dieses Print-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. wird insoweit nicht hergestellt. Ein Unterlassungsanspruch ist jedoch auf die Abwehr künftiger Beeinträchtigungen gerichtet (vgl. nur Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1004 Rn. 31, 33). Dementsprechend kann ein Anspruch des Verfügungsklägers, ihn zukünftig nicht mehr mit vollständigem Vor- und Zunamen in der bereits erschienen und in den Verkehr gebrachten Print-Ausgabe des Artikels zu benennen, schon denklogisch nicht bestehen, jedenfalls nicht als Unterlassungsanspruch. Für einen solchen Verfügungsantrag fehlt es bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Verfügungskläger kann hinsichtlich der bereits erschienenen Print-Ausgabe allenfalls einen Folgenbeseitigungsanspruch (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.07.2015 - VI ZR 340/14, Juris, Rn. 13 ff. m.w.N.: Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen) oder auch presserechtliche Ansprüche (Gegendarstellung, Widerruf, Richtigstellung) haben; entsprechende Anträge sind jedoch nicht gestellt.
24b)
25Legt man den Antrag zu 1. a) - berücksichtigend, dass es sich hierbei ursprünglich um einen Hilfsantrag zu dem auf Unterlassen des öffentlich Zugänglichmachens des gesamten in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. eingestellten, in der Print-Ausgabe der taz.am wochenende vom 14./15.03.2015, Ausgabe Nr. 10664, erschienenen Artikels „Verlorene Jungs“ gerichteten, später jedoch zurückgenommenen Hauptantrag gehandelt hat – dahingehend aus, dass mit diesem (lediglich) das Unterlassen der Namensnennung in der Online-Wiedergabe des Original-Artikels begehrt wird - dass dies gemeint ist, hat der Verfügungskläger überdies mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 03.09.2015 (dort Seite 3) klargestellt -, so stellt dieses Begehren wegen der prinzipiell ständigen Verfügbarkeit des Artikels im Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. auch künftig zwar ein taugliches, auf die Abwehr einer künftigen Beeinträchtigung gerichtetes Unterlassungsbegehren dar, das mit einem Antrag nach § 1004 Abs. 1 BGB analog verfolgt werden kann. Allerdings ist ein derartiges Unterlassungsbegehren nicht begründet. Vielmehr ergibt die verfahrensbedingt lediglich summarische Prüfung und Abwägung der betroffenen Rechtsgüter, des durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers einerseits, mit dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Publikationsinteresse der Verfügungsbeklagten zu 1. andererseits, dass durch das Einstellen des Original-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. unter Beibehaltung seiner Namensnennung nicht in rechtswidriger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers eingegriffen wird, mithin dem Publikationsinteresse der Verfügungsbeklagten zu 1. hier der Vorrang vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers gebührt.
26aa)
27Das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht erfasst als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts auch das Recht des Einzelnen auf Anonymität und damit den Schutz vor Namensnennung. Dieses Recht auf Anonymität ergibt sich bereits als Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes der Privatsphäre, die dahin geht, dass Vorgänge aus dem Privat-, Intim- und Geheimbereich des Einzelnen, auch wenn es sich um wahre Tatsachen handelt, der Öffentlichkeit nicht oder nur eingeschränkt zugänglich gemacht werden dürfen (Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 19 Rn. 5 ff., 40; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 35 ff., Kap. 10 Rn. 53). Während dieser Schutz in erster Linie auf den Schutz vor der Preisgabe von Details und ganzen Lebensvorgängen gerichtet ist, kann darüber hinaus auch ein Schutz vor Namensnennung an sich bestehen (Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 40). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass zu dem vom Persönlichkeitsrecht gewährleisteten sog. Indiskretionsschutz grundsätzlich auch das Recht des Individuums zählt, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in identifizierbarer Weise in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05, Juris, Rn. 11; BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 - 1 BvR 536/72, Juris, Rn. 44 ff., 54 ff.; BVerfG, Beschl. v. 03.06.1980 - 1 BvR 185/77, Juris, Rn. 13 f., 16; Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 41; Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 10 Rn. 53). Allerdings ist der grundsätzlich bestehende Anonymitäts- und Namensschutz nicht absolut, sondern im Einzelfall können das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die durch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützte Presse- und Rundfunkfreiheit den Vorrang haben, weshalb es einer Interessenabwägung der kollidierenden Rechtsgüter in Bezug auf den konkreten Einzelfall bedarf (BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05, Juris, Rn. 11 ff.; BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 8 ff. m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 22.03.2007 - 1 BvR 2007/02, Juris, Rn. 36 ff.; Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 41).
28bb)
29Indem in dem Artikel „Verlorene Jungs“ unter voller Namensnennung über dem Verfügungskläger berichtet wird, ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in mehrfacher Hinsicht betroffen.
30(1)
31Durch die in dem verfahrensgegenständlichen Artikel enthaltenen, konkret mit den Anträgen zu 1. b) bis d) angegriffenen Aussagen in Bezug auf den insofern mit vollem Vor- und Zunamen genannten Verfügungskläger wird dieser in erheblicher Weise in seiner Privatsphäre sowie in seinem sozialen, aber auch in seinem beruflichen Geltungsanspruch berührt.
32aaa)
33Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bietet - im Gegensatz zur Veröffentlichung des Bildes einer Person - nicht schon Schutz davor, überhaupt in einem Wortbericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten (BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 9; BVerfG, Beschl. v. 25.01.2012 -1 BvR 2499/09, 1 BvR 21 BvR 2503/09, Juris, Rn. 35; BVerfG, Beschl. v. 14.09.2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 21 BvR 2538/08, 1 BvR 61 BvR 6/09, Juris, Rn. 52). Dabei kommt es vor allem auf den Inhalt der Berichterstattung an. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insoweit insbesondere vor einer Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre. Des Weiteren schützt es vor herabsetzenden, vor allem ehrverletzenden Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen unterschoben werden, die er nicht getan hat (BVerfG, Beschl. v. 14.09.2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 21 BvR 2538/08, 1 BvR 61 BvR 6/09, Juris, Rn. 52). Durch die mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret von ihm beanstandeten, in dem verfahrensgegenständlichen Artikel enthaltenen Aussagen wird der Verfügungskläger in seiner Privatsphäre und nicht - wie vom Landgericht angenommen - in seiner Intimsphäre beeinträchtigt. Dabei stellt insbesondere schon das Bereithalten des streitgegenständlichen Artikels zum Abruf im Internet durch das Einstellen in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. für sich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers dar. Ein Eingriff kann nämlich nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, erfolgen, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - ein Artikel mit identifizierenden Inhalten lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten wird (BGH, Urt. v. 13.12.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 8 m.w.N.).
34bbb)
35Das Landgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Verfügungskläger durch den verfahrensgegenständlichen Artikel, soweit er die mit den Anträgen zu 1. b) bis d) inkriminierten Aussagen betrifft, in seiner Intimsphäre betroffen wird, die wegen ihrer besonderen Nähe zur Menschenwürde als Kernbereich privater Lebensgestaltung einer Güterabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von vornherein unzugänglich ist (vgl. BGH Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 332/09, Juris, Rn. 11; BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, Juris, Rn. 25 f.). Tatsächlich wird durch die Aussagen nur die eine Güterabwägung eröffnende Privatsphäre betroffen.
36α)
37Dies gilt zunächst für die mit dem Antrag zu 1. c) beanstandete Aussage. Zwar sind Vorgänge aus dem Sexualbereich regelmäßig dem gegen eine Darstellung in der Öffentlichkeit nahezu absolut geschützten Intimbereich einer Person zuzuordnen, allerdings nicht zwangsläufig und in jedem Fall. Geschützt ist die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem staatlichen Zugriff entzogenen Freiraum zu erleben. Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, Juris, Rn. 25 f. m.w.N.). Dabei kommt es auch darauf an, in welchem Umfang Details zur Sprache gebracht werden (BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, Juris, Rn. 66; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 17a; Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 5 Rn. 49). Zwar weisen der gesamte Artikel aufgrund seiner Thematik und die mit dem Antrag zu 1. c) inkriminierte Aussage im Besonderen einen sexuellen Bezug gerade auch hinsichtlich der Person des Verfügungsklägers auf, der insoweit beispielhaft als eines der sexuellen Missbrauchsopfer des Lehrers B… dargestellt wird und mit einer Sexualstraftat ein gewalttätiger Übergriff in die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit des Opfers einhergeht. Doch da Art und Intensität des Übergriffs - anders als etwa bei dem Betroffenen „… C…“ - nicht näher geschildert werden und sich der Verfügungskläger überdies selbst in von ihm an staatliche Stellen gerichteten Schreiben nicht nur mit den - aus Sicht des Verfügungsklägers „wirklichen“ - Missbrauchsopfern solidarisiert, sondern auch selbst eine Opferrolle eingenommen bzw. sich in eine solche hineinbegeben hat und er sich zudem - unstreitig - mit einer Nennung seines richtigen Namens in einer Print-Veröffentlichung über den Missbrauchsskandal einverstanden erklärt und sich damit - zumindest in gewissem Umfange - freiwillig seiner Anonymität begeben hat, wird der Verfügungskläger durch diese Aussage nicht in seinem absolut geschützten Intimbereich, sondern lediglich in seiner Privatsphäre betroffen.
38Der sowohl räumlich als auch thematisch bestimmte Schutzbereich der Privatsphäre umfasst diejenigen Angelegenheiten, die auf Grund ihres Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, ihr Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 - 1 BvR 653/96, Juris, Rn. 73; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 8; Burkhardt, in Wenzel, a.a.O., Kap. 5 Rn. 54 ff.; Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 4 ff - jeweils m.w.N.), wie dies etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebüchern, bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten, im Bereich der Sexualität, bei sozial abweichendem Verhalten oder bei Krankheiten der Fall ist (BGH, Urt. v. 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Juris, Rn. 12 m.w.N.). Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung durch andere, wären die Auseinandersetzung mit sich selbst, die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden, die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 332/09, Juris, Rn. 15; BGH, Urt. v. 22.11.2011 - VI ZR 26/11, Juris, Rn. 10; BGH, Urt. v. 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Juris, Rn. 12). Die Privatsphäre umfasst mithin den Bereich, zu dem andere nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird (BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 - 1 BvR 653/96, Juris, Rn. 73 ff.). Der Umstand, Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden zu sein, berührt angesichts seines Bezugs zu dem sensiblen Bereich des sexuellen Missbrauchs und seiner Nähe zur Intimsphäre daher die Privatsphäre des Betroffenen (vgl. auch Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 17 m.w.N.), die naturgemäß prinzipiell einem engeren Schutz unterliegt, als Berichterstattungen, die die Sozial- oder Öffentlichkeitssphäre betreffen (vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05, Juris, Rn. 12 ff.; Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 5 Rn. 22).
39β)
40Auch hinsichtlich der mit dem Antrags zu 1. b) beanstandeten Aussage ist die vom Landgericht vorgenommene Zuordnung zur Intimsphäre nicht zutreffend. Zwar ist unstreitig, dass sowohl der Sprachfehler als auch die Sehbehinderung, die den Verfügungskläger in seiner Kindheit beeinträchtigt haben, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels - und auch jetzt - nicht mehr wahrnehmbar waren/sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts gehören jedoch auch äußerlich nicht wahrnehmbare Krankheiten und/oder körperliche Zustände regelmäßig - etwas anderes kann z.B. für Geschlechtskrankheiten gelten (Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 59) - nicht zur Intim-, sondern lediglich zur Privatsphäre (vgl. BGH, Urt. v. 05.12.1995 - VI ZR 332/94, Juris, Rn. 11; BVerfG, Entsch. v. 08.03.1972 - 2 BvR 28/71, Juris, Rn. 24; Prinz/Peters, a.a.O., Rn. 59; a.A. Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 17; Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 5 Rn. 48, 57). Diese Zuordnung ist im Streitfall - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch deswegen gerechtfertigt, weil über diese Beeinträchtigungen des Verfügungsklägers in dem Artikel unter Verzicht auf (unnötige) Details berichtet wird (zu diesem Aspekt vgl. Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 18 m.w.N.).
41γ)
42Auch hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. d) angegriffenen Aussage wird - entgegen der Ansicht des Landgerichts - ebenfalls nur in die Privat- und nicht in die Intimsphäre eingegriffen, weil der der Öffentlichkeit im Allgemeinen verborgene Bereich der Familie betroffen ist.
43(2)
44Darüber hinaus ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber auch - losgelöst von der Sphärenzuordnung der Aussageinhalte - unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, das charakteristischerweise durch die Mitteilung wahrer Tatsachen beeinträchtigt wird, betroffen (vgl. hierzu auch jüngst BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 8). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geht über den Schutz der Privatsphäre hinaus und stellt sich als Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 41 BvR 440/83, 1 BvR 41 BvR 484/83, Juris, Rn. 146; BVerfG, Beschl. v. 11.06.1991 - 1 BvR 239/90, Juris, Rn. 12 ff.; BGH, Urt. v. 22.10.2013 - VI ZR 304/12, Juris, Rn. 11 ff.; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, Juris, Rn. 28; BGH, Urt. v. 23.11.1990 - VI ZR 104/90, Juris, Rn. 13; zuletzt BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 9 m.w.N.). Allerdings gewährt auch dieses Recht dem Einzelnen kein unbeschränktes dingliches Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen, sondern findet seine Grenze in den Rechten Dritter - beispielsweise auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK (BGH, Urt. v. 22.10.2013 - VI ZR 304/12, Juris, Rn. 11; von Pentz, AfP 2014, 8, 13).
45Vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung werden auch Informationen und Daten erfasst, die zum Bereich der Sozialsphäre zu zählen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 9, 11 m.w.N.). Die Sozial- oder Öffentlichkeitssphäre erfasst das Individuum in seinen Beziehungen zur Umwelt, insbesondere in seinem beruflichen Wirken und seiner sonstigen öffentlichen Tätigkeit (Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 7 m.w.N.). Auch dieser Bereich wird von dem verfahrensgegenständlichen Artikel tangiert. Dies betrifft die folgenden, in dem Artikel enthaltenen Textpassagen, in denen der Verfügungskläger ebenfalls namentlich erwähnt wird und welche von ihm im Übrigen nicht mit gesonderten Unterlassungsanträgen angegriffen worden sind. Diese betreffen im Wesentlichen sein von vornherein nach außen gerichtetes Engagement bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals:
46„I… W… lebt nur eine Autostunde entfernt von seinem Bruder A… R…, an der polnischen Grenze. I…, der Jüngere, der anrennt gegen das System, das den Missbrauch zuließ. Vor zwei Jahren gründete er eine Aufarbeitungs-AG, fing an die Behörden mit Briefen zu bombardieren, erwirkte schließlich am Mittwoch den Termin in Wiesbaden.
47(…) „Wir erwarten jetzt endlich Antworten!“, schrieb I… W… im Mai 2013 in einem wütenden Brief an den D… Schulamtsdirektor.
48(…)
49„I… W… ist 50 Jahre alt, trägt eine starke Brille und wirkt weniger selbstsicher als sein Bruder. (…)“
50(…)
51I… W… legt einen Ordner voller Briefe und gedruckter E-Mails auf den Tisch: Korrespondenz mit dem Landesschulamt. Zunächst schreibt eine Mitarbeiterin des Leitenden Direktors, man sei „sehr betroffen“. Leider könne man im Archiv nichts mehr finden.
52(…) Die Behörde scheint nicht recherchieren zu wollen. Für I… W… ist das eine Provokation. Er wendet sich an das Kultusministerium. (…).“
53Äußerungen zur Sozialsphäre einer Person dürfen nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit negativen Sanktionen verknüpft werden, etwa bei Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung sowie bei Eintreten einer Prangerwirkung (BVerfG, Beschl. v. 17.12.2002 - 1 BvR 755/99, 1 BvR 71 BvR 765/99, Juris, Rn. 33; BGH, Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 259/05, Juris, Rn. 13; BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 16 m.w.N.).
54(3)
55Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verknüpft ist das prinzipielle Recht des Einzelnen, selbst über sein Lebensbild in der Öffentlichkeit und damit seinen sozialen Geltungsanspruch zu bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 24.03.1998 - 1 BvR 131/96, Juris, Rn. 32 f., 49 ff.; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 42 Rn. 2a). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst die Freiheit des Einzelnen, selbst zu entscheiden, welches Persönlichkeitsbild er von sich vermitteln will. Dieses Recht kann verletzt sein, wenn Äußerungen, die er abgegeben hat, verfälscht wiedergegeben werden oder wenn ihm Äußerungen, die er nicht gemacht hat, unterschoben werden (BVerfG, Beschl. v. 26.06.1990 - 1 BvR 776/84, Rn. 102), wie der Verfügungskläger namentlich in Bezug auf die mit den Antrag zu 1. d) beanstandete Äußerung reklamiert. Zwar gebietet es das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht, dem Betroffenen einen Abwehranspruch zuzubilligen, soweit es um Äußerungen geht, die sich nicht in nennenswerter Weise auf das Persönlichkeitsbild des Betroffenen auswirken können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Träger des Persönlichkeitsrechts keinen Anspruch darauf hat, von anderen nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte (BVerfG, Beschl. v. 23.10.2007 - 1 BvR 150/06, Juris, Rn. 20 m.w.N.). Das Persönlichkeitsrecht ist jedoch berührt bei solchen Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98, Juris, Rn. 25 m.w.N.).
56cc)
57Der durch das Einstellen des unveränderten, nicht anonymisierten Print-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. bewirkte Eingriff in die vorstehend aufgezeigten, verschiedenen Aspekte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers ist jedoch nicht rechtswidrig.
58(1)
59Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 9; BGH, Urt. v. 16.12.2014 - VI ZR 39/14, Juris, Rn. 16; BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 13). Hier kollidiert das Interesse des Verfügungsklägers an der Unterlassung der sein Persönlichkeitsrecht berührenden Fortsetzung der identifizierenden Berichterstattung durch das unveränderte Einstellen des Original-Artikels „Verlorene Jungs“ in das Online-Archiv mit dem Interesse der Verfügungsbeklagten zu 1. an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung. Im Streitfall sind daher das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Verfügungsklägers am Schutz seiner Privatsphäre, seiner persönlichen Daten und seiner sozialen Anerkennung mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Verfügungsbeklagten zu 1. auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergibt - anders als das Landgericht meint -, dass die geschützten Interessen der Verfügungsbeklagten zu 1. diejenigen des Verfügungsklägers überwiegen.
60(2)
61In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, Juris, Rn. 17 ff.; BVerfG, Beschl. v. 25.06.2009 - 1 BvR 134/03, Juris, Rn. 61 f.; BVerfG, Beschl. v. 09.03.2010 - 1 BvR 1891/05, Juris, Rn. 27 ff.; BVerfG, Beschl. v. 25.01.2012 - 1 BvR 2499/09, 1 BvR 21 BvR 2503/09, Juris, Rn. 33 ff., 39 ff.; ferner BGH, Urt. v. 08.05.2012 - VI ZR 217/08, Juris, Rn. 37; BGH, Urt. v. 30.10.2012 - VI ZR 4/12, Juris, Rn. 12 - jeweils m.w.N.). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.2008 - 1 BvQ 46/08, Juris, Rn. 12 ff.; BVerfG, Beschl. v. 25.01.2012 - 1 BvR 2499/09, 1 BvR 21 BvR 2503/09, Juris, Rn. 39; BGH, Urt. v. 30.10.2012 - VI ZR 4/12, Juris, Rn. 12).
62Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BVerfG, Beschl. v. 07.12.2011 - 1 BvR 2678/10, Juris, Rn. 33; BVerfG, Beschl. v. 25.10.2012 - 1 BvR 901/11, Juris, Rn. 19; BGH, Urt. v. 30.10.2012 - VI ZR 4/12, Juris, Rn. 12; von Pentz, AfP 2015, 11, 14; dies., AfP 2014, 8, 11 ff.). Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.03.1998 - 1 BvR 131/96, Juris, Rn. 45 ff.; BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, Juris, Rn. 17; BGH, Urt. v. 09.02.2010 - VI ZR 243/08, Juris, Rn. 16; BGH, Urt. v. 30.10.2012 - VI ZR 4/12, Juris, Rn. 12) oder wenn die Aussagen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre betreffen und sich nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (BVerfG, Beschl. v. 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96, Juris, Rn. 51; BVerfG, Beschl. v. 23.2.2000 - 1 BvR 1582/94, Juris, Rn. 22) oder wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten drohen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (BGH, Urt. v. 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Juris, Rn. 17; BGH, Urt. v. 22.11.2011 - VI ZR 26/11, Juris, Rn. 15; BVerfG, Beschl. v. 23.02.2000 - 1 BvR 1582/94, Juris, Rn. 22; von Pentz, AfP 2014, 8, 11 m.w.N.).
63Bei der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen sind ferner der Beitrag der in Rede stehenden Äußerung zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, die Bekanntheit der betroffenen Person und der Gegenstand der Berichterstattung, das frühere Verhalten der betroffenen Person, die Art der Erlangung von Informationen und ihr Wahrheitsgehalt sowie der Inhalt, die Form und die Auswirkungen der Veröffentlichung zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 18.09.2012 - VI ZR 291/10, Juris, Rn. 18 f.; EGMR, Urt. v. 07.02.2012 - 40660/08, 60641/08, Juris, Rn. 108 ff.; EGMR, Urt. v. 07.02.2012 - 39954/08, Juris, 186 ff. - jeweils zur Wort- und Bildberichterstattung).
64Der Persönlichkeitsschutz des Einzelnen verlangt von der Presse zudem bei identifizierbarer Darstellung oder gar namentlicher Benennung einer Person in einer (geplanten) Berichterstattung mit besonderer Sorgfalt abzuwägen, ob dem Informationsinteresse nicht auch ohne Namensnennung genügt werden kann, weil Berichte unter Namensnennung die persönliche Sphäre des Betroffenen viel stärker und intensiver berühren als anonymisierte Berichte (BGH, Urt. v. 15.04.1980 - VI ZR 76/79, Juris, Rn. 9 m.w.N.; ferner Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 41; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 39 Rn. 22 f.; Steffen, in: Löffler, Presserecht, 6. Aufl., § 6 LPG Rn. 197 m.w.N.). Andererseits ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass eine personalisierte oder identifizierbare Darstellung in einer Medienäußerung deren Authentizität und Glaubhaftigkeit erhöht, wobei dieses Anliegen für sich nicht schon zu einem Überwiegen des öffentlichen Informationsinteresses gegenüber den Belangen des Persönlichkeitsschutzes führt (BVerfG, Beschl. v. 22.03.2007 - 1 BvR 2007/02, Juris, Rn. 37). Bei der Abwägung ist weiterhin in Ansatz zu bringen, welche Persönlichkeitssphäre durch eine Berichterstattung oder mediale Darstellung betroffen wird, ob der Betroffene selbst Anlass für die Berichterstattung gegeben hat, ob und inwieweit er zuvor bereits selbst freiwillig private Details der Öffentlichkeit preisgegeben hat sowie der Grad des Informationsinteresses und der Aktualitätsbezug einer Darstellung bzw. Berichterstattung (vgl. hierzu Wanckel, in: Götting/Scherz/Seitz, a.a.O., § 19 Rn. 41 ff.; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 39 Rn. 20 ff.; Steffen, in: Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 195 ff.; ferner Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 10 Rn. 53 - jeweils m.w.N.). Je weniger eine Person zu einer medialen Darstellung oder Presseberichterstattung selbst Anlass gegeben hat, umso zurückhaltender muss sich die Presse bzw. das Internet mit dieser befassen. Dies gilt besonders dann, wenn es um ein negatives oder intimes Erscheinungsbild geht, das man wegen der belastenden oder bloßstellenden Wirkung typischerweise nicht der Öffentlichkeit vorgestellt sehen möchte (Steffen, in: Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 196 m.w.N.). Besondere Zurückhaltung ist dabei gegenüber Personen geboten, die gegen ihren Willen „ins Schweinwerferlicht“ der Öffentlichkeit geraten sind, etwa als Beschuldigte, Zeugen oder Opfer in Strafprozessen (Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 39 Rn. 24 m.w.N.; vgl. auch Burkhardt, in: Wenzel, a.a.O., Kap. 10 Rn. 53).
65(3)
66Diese Maßstäbe zugrunde gelegt ergibt sich, dass im Streitfall das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie die Presse- und Medienfreiheit das durch das Einstellen des nicht anonymisierten Artikels in das Online-Archiv beeinträchtigte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers und dessen Anonymitätsinteresse überwiegen, was u.a. auch darin begründet ist, dass die identifizierende Berichterstattung im Print-Artikel zulässig war.
67aaa)
68Zu Gunsten des Verfügungsklägers ist in die Abwägung einzustellen, dass dieser sich durch sein auch öffentliches Bemühen um Aufklärung und Aufarbeitung der Geschehnisse um den massenhaften sexuellen Missbrauch von Schülern an der E-H…-…-Schule in D… durch den Lehrer B… seines Persönlichkeitsschutzes nicht vollständig begeben hat. Denn dass dieser sich vor dem Erscheinen des Print-Artikels einer unbegrenzten/großen Öffentlichkeit, z.B. in Fernseh- oder Radiointerviews, aktiv und exponiert als eines der (Missbrauchs-) Opfer des Lehrers B… präsentiert und dargestellt hat, ist weder dargetan noch ersichtlich. Dies ist vielmehr erstmals durch den streitgegenständlichen Artikel erfolgt. Auch auf der von ihm initiierten und verantworteten Webseite www.missbrauchte-jungs.de wird er lediglich im Impressum als Verantwortlicher benannt. Zu einer zum Verlust seines Diskretionsschutzes führenden Selbstentäußerung ist es auch nicht dadurch gekommen, dass der Verfügungskläger den mit den Behörden geführten Schriftverkehr, teils ohne seinen Namen vollständig zu anonymisieren, auf der erwähnten Internetseite www.missbrauchte-jungs.de veröffentlicht hat. Denn angesichts des bis zur Veröffentlichung des Artikels geringen, auch medialen Interesses an dieser Thematik war sein Name mit diesen Vorfällen in der Öffentlichkeit nicht fest verknüpft. Insbesondere hat der Verfügungskläger zuvor nicht öffentlich geäußert, dass es zu einem (versuchten) sexuellen Übergriff durch den Lehrer B… auf ihn gekommen ist, dass sein Bruder A… missbrauchsbedingt (sexuelle) Gewalt in die Familie getragen hat und/oder dass er als Kind mit Sprach- und Sehproblemen zu kämpfen hatte. Der Verfügungskläger hatte mithin hinsichtlich dieser spezifischen Informationen seine Anonymität noch nicht verloren, sondern diese sind durch die angegriffene Berichterstattung erstmals offenbart worden und waren damit „neu“.
69Ferner ist zu Gunsten des Verfügungsklägers zu berücksichtigen, dass er durch die Berichterstattung in dem beanstandeten Artikel, insbesondere bei den mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret beanstandeten Textpassagen in seiner Privatsphäre und damit in seinem inneren Lebensbereich betroffen wird, der zwar keinen absoluten, jedoch einen hohen Schutz genießt und in den sich Eingriffe, selbst wenn es um die Veröffentlichung wahrer Tatsachen geht, nur bei einem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen und überdies kein Persönlichkeitsschaden droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (von Pentz, AfP 2014, 8, 11; dies., AfP 2015, 8, 14 Fn. 36). Dabei fällt vorliegend besonders ins Gewicht, dass u.a. der sensible, besonders schambehaftete Bereich des sexuellen Missbrauchs betroffen ist, was gerade gegenüber Opfern von Seiten der Presse eine besondere Zurückhaltung und Rücksichtnahme bei der Berichterstattung verlangt (vgl. hierzu auch Steffen, in: Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 211 m.w.N.).
70Weiterhin ist zu bedenken, dass die Erwähnung des Verfügungsklägers mit vollem Vor- und Zunamen - und zwar auch aus Sicht der Verfügungsbeklagten - nicht erforderlich war und ist, um der Berichterstattung die notwendige Authentizität und Glaubhaftigkeit zu verleihen, wie u.a. die Änderung/Anonymisierung des Namens eines der drei personalisiert dargestellten (Missbrauchs-) Opfer („… C…“) in dem Artikel belegt. Die Authentizität der Reportage wird vielmehr bereits durch die Vielzahl an sonstigen, einer Überprüfung zugänglichen Fakten, die in dieser erwähnt werden, gewährleistet, insbesondere durch die namentliche Benennung des Täters, den Verweis auf seine Verurteilung, die genaue Bezeichnung der Schule oder den Hinweis auf das Treffen mit dem Kultusminister. Die Verwendung von Klarnamen war überdies auch nicht notwendig, um das eigentliche, nicht nur vom Verfügungskläger, sondern - wie sich aus dem Duktus der Berichterstattung ergibt (so z.B. „AUFKLÄRUNG Ein Lehrer missbraucht an einer hessischen Schule über Jahrzehnte weit mehr als hundert Schüler. Die Behörden sehen nicht hin“) - auch von den Autoren mit dem Artikel verfolgte bzw. sich zu eigen gemachte Ziel zu erreichen, auf das Versagen und die Untätigkeit der staatlichen Stellen damals und heute in diesem Zusammenhang aufmerksam zu machen und diese zum Tätigwerden zu veranlassen.
71Ferner sind auf Seiten des Verfügungsklägers die Auswirkungen in den Blick zu nehmen, die sich für diesen durch seine Benennung mit vollem Namen in dem Artikel und insbesondere in dessen Kontext ergeben, die ihn für jedermann identifizierbar als sexuelles Missbrauchsopfer stigmatisieren, wobei die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Wirkung durch das Einstellen des Original-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. eine zusätzliche Steigerung erfährt, weil - jedenfalls in der Vergangenheit - bereits bei der Eingabe des Vor- und Zunamens des Verfügungsklägers in den gängigen Internetsuchmaschinen, z.B. Google, unter den ersten Suchergebnissen auch der online gestellte Artikel „Verlorene Jungs“ erschien (vgl. Anlage A 6). Gerade diese die Anonymität des Einzelnen zusätzlich beeinträchtigenden Besonderheiten des Internets in Bezug auf den Verbreitungsgrad sowie die räumlich und zeitlich nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit von online bereitgestellten Informationen führen dazu, dass das unveränderte Einstellen des Original-Artikels - unter Beibehaltung der vollen Namensnennung des Verfügungsklägers - in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. bewirkt, dass der Verfügungskläger - auch bei zeitbedingt abnehmender Aktualität der Thematik um den Missbrauchsskandal an der E…-H…-…-Schule - auch noch nach Jahren bei einer allein mit seinem Namen zu anderen Zwecken durchgeführten Internetrecherche mit diesen Geschehnissen unmittelbar in Verbindung gebracht wird bzw. werden kann (vgl. auch BGH, Urt. v. 23.09.2014 - VI ZR 358/13, Juris, Rn. 33 für ein Arztsuche- und Arztbewertungsportal unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 13.05.2014 - C-131/12, Juris, Rn. 87). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt jedoch auch vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit einer Person und seiner Privatsphäre (BGH, Urt. v. 15.12.2009 - VI ZR 227/08, Juris, Rn. 16 m.w.N. für einen Straftäter).
72bbb)
73Zu Gunsten der Verfügungsbeklagten ist in Ansatz zu bringen, dass der verfahrensgegenständliche Artikel auf Initiative des Verfügungsklägers unter Verarbeitung von u.a. auch von diesem im Rahmen des Gesprächs vom 28.01.2015, ergänzt um die per E-Mail vom 02.03.2015 übersandte Zusammenfassung der Tagebuchaufzeichnungen, freiwillig zur Verfügung gestellten bzw. offenbarten Informationen entstanden ist. Auch hat sich der Verfügungskläger prinzipiell mit seiner namentlichen Erwähnung in einem Print-Artikel über die Thematik einverstanden erklärt. Er hat darüber hinaus einzelne Teile des Artikels, in denen er namentlich erwähnt wird, soweit sie (Wortlaut-) Zitate von ihm beinhalten, ausdrücklich autorisiert. Diese sind ihm mit E-Mal der Verfügungsbeklagten zu 2. vom 05.03.2015 zwecks Autorisierung übersandt und vom Verfügungskläger mit E-Mail vom 06.03.2015 freigegeben worden („Ja, das ist okay, und 50 Jahre stimmt noch.“; vgl. die Anlage zum Verfügungsbeklagtenschriftsatz vom 26.05.2015). Soweit der Verfügungskläger den Zugang der E-Mail vom 05.03.2015 bestritten hat, ergibt sich spätestens aus den seitens der Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 26.05.2015 vorgelegten Ausdrucken der beiden E-Mails vom 05./06.03.2015, dass dieses Bestreiten des Verfügungsklägers der Wahrheit zuwider erfolgt ist (§ 138 Abs. 1 ZPO).
74Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich der Verfügungskläger bereits vor dem Erscheinen des Print-Artikels am 14./15.03.2015 aktiv um die Aufarbeitung und Aufklärung des massenhaften Missbrauchs von Schülern durch den Lehrer B… an der E…-H…-…-Schule bemüht und insoweit auch öffentlich engagiert hat, indem er offen die Webseite www.missbrauchte-jungs.de erstellt und verantwortet, eine Interessengemeinschaft- bzw. Bürgerinitiative („Aufarbeitungs-AG“) zu der Thematik gegründet hat und gleichsam als Sprecher der Betroffenen Schreiben an staatliche Stellen verfasst hat, wobei er sich hierbei mit den Missbrauchsopfern nicht nur solidarisiert, sondern sich durch seine Wortwahl selbst in die Reihe der Opfer eingeordnet und als solches dargestellt hat. Zumindest konnte durch dieses Verhalten und Auftreten des Verfügungsklägers gegenüber Dritten der Eindruck entstehen, dass er nicht nur als Anwalt der Opfer auftritt, sondern dass er selbst ein Opfer des Lehrers B… geworden ist, zumal dies auch für Außenstehende sein Engagement bei der Aufklärung des Vorgangs erklärbarer macht.
75Dem verfahrensgegenständlichen Artikel kam auch ein entsprechender „Öffentlichkeitswert“ zu (zu diesem Aspekt vgl. Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 39 Rn. 21). Der Artikel befasst sich mit einer Thematik von gesellschaftlicher bzw. politischer Relevanz von allgemeinem Interesse. Zwar lagen die letzten Missbrauchstaten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels schon zwanzig Jahre und die Verurteilung des Lehrers B… schon zehn Jahre zurück, doch besteht der aktuelle Bezug der Berichterstattung darin, dass aus Sicht einzelner Betroffener, einschließlich des Verfügungsklägers, die verantwortlichen Stellen trotz der strafrechtlichen Verurteilung des Lehrers B… und diverser schriftlicher Eingaben weiterhin untätig geblieben sind und nichts oder zumindest nicht genügend unternommen haben, um den Vorfall aufzuarbeiten, die Opfer ausfindig zu machen und gegebenenfalls zu entschädigen sowie unter Präventionsaspekten eine Fehleranalyse zu betreiben. Auf diesen aus Sicht des Verfügungsklägers aktuell bestehenden Missstand durch die Berichterstattung aufmerksam zu machen, war von diesem explizit gewünscht. Er wollte, dass der Fall durch die mediale Berichterstattung (wieder) in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, um die verantwortlichen staatlichen Stellen zum Handeln zu veranlassen, was es naturgemäß mit sich brachte, dass die mittlerweile zeitlich schon verhältnismäßig lange zurückliegenden Missbrauchstaten (wieder) einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurden.
76Für ein berechtigtes Publikationsinteresse der Verfügungsbeklagten ist weiterhin anzuführen, dass es sich insbesondere bei den vom Verfügungskläger mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret in Bezug auf seine Person beanstandeten Aussagen um wahre Tatsachenbehauptungen handelt bzw. diese zumindest einen wahren Tatsachenkern aufweisen, der mit den Mitteln des Beweises auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft werden kann (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 13.04.1994 - 1 BvR 23/94, Juris, Rn. 27; BGH, Urt. v. 16.12.2014 - VI ZR 39/14, Juris, Rn. 8; ferner BGH, Urt. v. 25.11.2003 - VI ZR 226/02, Juris, Rn. 31 m.w.N.). Dies gilt trotz ihrer Substanzarmut auch für die mit dem Antrag zu 1. c) beanstandete Aussage, weil damit aus Sicht eines Durchschnittslesers/-empfängers - gerade auch im Zusammenhang mit dem (Gesamt-) Artikel - der Eindruck erzeugt wird, dass auch der Verfügungskläger Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden ist, auch wenn insofern keine konkreten Missbrauchshandlungen mitgeteilt werden. Dass der Verfügungskläger als Kind unter einem Sprachfehler gelitten und schlecht gesehen hat, wird von ihm selbst eingeräumt und ist damit unstreitig. Gleiches gilt für die Aussage, dass der Lehrer B… ihm gegenüber (einmal) übergriffig geworden sei; auch diese trifft zu. Denn - wie vom Verfügungskläger nicht in Abrede gestellt wird - hat der Lehrer B… ihn bei einer Gelegenheit am Genital „befummelt“, eine Begebenheit, die - unabhängig von der strafrechtlichen Klassifizierung dieses Tuns - mit der Formulierung „Übergriff“ oder „übergriffig geworden sein“ durchaus treffend umschrieben wird. Im Übrigen stellt das „Befummeln“ am Genital bereits eine objektiv sexualbezogene Handlung im Sinne von § 184g Nr. 1 StGB dar, die - abhängig von der Intensität der Berührung - prinzipiell geeignet ist, den Tatbestand des - gegebenenfalls versuchten - sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB n.F.) oder des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 StGB n.F.) zu erfüllen. So wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung - abhängig von Art, Dauer und Intensität der Handlung - bereits beim Streicheln des Geschlechtsteils über der Kleidung oder beim Greifen zwischen die Beine eine die Erheblichkeitsschwelle überschreitende und damit prinzipiell strafbare sexualbezogene Handlung bejaht (vgl. Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 184g Rn. 15b m.w.N.). Auch die Aussage, dass der Verfügungskläger von Gewalt erzählt habe, die sein Bruder in die Familie getragen habe, hat - unabhängig von dem dazu zwischen den Parteien bestehenden Streit, ob die Verfügungsbeklagte zu 2. diese Information vom Verfügungskläger erhalten hat - immerhin einen wahren Tatsachenkern, als der Bruder des Verfügungsklägers (A… R…) auf seinen eigenen sexuellen Missbrauch - nach dem dem Senat unterbreiteten Sachverhalt -tatsächlich mit Gewalthandlungen reagierte, die teils sogar eine sexuelle Komponente aufwiesen, wie sich nicht zuletzt aus dem dokumentierten E-Mail-Verkehr zwischen dem Verfügungskläger und seinem Bruder vom 12.02.2015 ergibt, und was vom Verfügungskläger letztlich auch nicht in Abrede gestellt wird. Im Übrigen spricht auch der Inhalt der mit Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 26.05.2015 vorgelegten Ablichtungen der Notizen, die sich die Verfügungsbeklagte zu 2. von dem mit dem Verfügungskläger am 28.01.2015 geführten Gespräch gemacht hat, im Verein mit den eidesstattlichen Versicherungen der Verfügungsbeklagten zu 2. vom 06.05.2015 und 26.05.2015 und des Bruders A… vom 02.06.2015 sowie dessen E-Mail vom 16.03.2015 für die Richtigkeit der Darstellung der Verfügungsbeklagten, dass es der Verfügungskläger gewesen ist, der der Verfügungsbeklagten zu 2. von Gewalttätigkeiten des Bruders innerhalb der Familie berichtet hat. Zwar hat der Verfügungskläger in seinen Erklärungen vom 20.04.2015 und 20.05.2015 etwas Anderes an Eides Statt versichert, doch kann insoweit nicht außer Betracht bleiben, dass der Verfügungskläger (auch) in Bezug auf den Zugang der E-Mail vom 05.03.2015 - wie dargelegt - ersichtlich etwas Falsches an Eides Statt versichert hat. In den von den Verfügungsbeklagten vorgelegten Notizen heißt es (Bl. 133 GA): „A…: War brutal, vergewaltigte Bruder, war extrem brutal.“
77Des Weiteren ist zu Gunsten der Verfügungsbeklagten in die Abwägung einzustellen, dass in dem verfahrensgegenständlichen Artikel - neben die Privatsphäre des Verfügungsklägers betreffenden Inhalten - auch über sein Engagement bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals berichtet wird und damit ein Bereich betroffen ist, in dem sich die persönliche Entfaltung des Einzelnen von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (Sozialsphäre). Wenn der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen tritt, durch sein „Sein“ oder Verhalten auf andere einwirkt und dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens berührt, ergeben sich Einschränkungen seines ausschließlichen Bestimmungsrechts über seinen Privatbereich, soweit dieser nicht zum unantastbaren innersten Lebensbereich gehört (BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 - 1 BvR 536/72, Juris, Rn. 45; BVerfG, Beschl. v. 23.02.2000 - 1 BvR 1582/94, Juris, Rn. 22). Äußerungen zu der Sozialsphäre einer Person dürfen daher - wie ausgeführt - nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit negativen Sanktionen verknüpft werden. Derartige schwerwiegende Auswirkungen sind weder dargetan noch ersichtlich.
78ccc)
79Wägt man all diese Aspekte gegeneinander ab, so ergibt sich, dass die namentliche Nennung des Verfügungsklägers in dem Print-Artikel „Verlorene Jungs“, auch in Bezug auf die mit den mit den Anträgen zu 1. b) bis d) konkret beanstandeten Aussagen, zulässig war. Insbesondere ändert am Ergebnis der Abwägung und der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung der Umstand nichts, dass über die Thematik des Artikels auch ohne Namensnennung des Verfügungsklägers hätte berichtet werden können. Denn es gehört zum Kern der Meinungs- und Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses wert halten und was nicht und wie sie hierüber berichten (vgl. BGH, Urt. v. 29.042014 - VI ZR 137/13, Juris, Rn. 23; BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13, Juris, Rn. 19 - jeweils m.w.N.).
80Für die Übernahme des Original-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. ergibt sich nichts Anderes; der Verfügungskläger hat insofern keinen Anspruch auf eine nachträgliche Anonymisierung. Der Bundesgerichtshof erachtet es in ständiger Rechtsprechung für zulässig, dass als Altmeldungen erkennbare Originalbeiträge mit identifizierender Darstellung betroffener Personen - so wie hier - in Online-Archiven zum Abruf bereitgehalten werden dürfen, sofern deren Ausgangsveröffentlichung zulässig war (BGH, Urt. v. 15.12.2009 - VI ZR 227/08, Juris, Rn. 11, 17 ff.; BGH, Urt. v. 09.02.2010 - VI ZR 243/08, Juris, Rn. 13 ff., 20 ff.; BGH, Urt. v. 20.04.2010 - VI ZR 245/08, Juris, Rn. 11, 13 ff., 20 ff.; BGH, Urt. v. 22.02.2011 - VI ZR 346/09, Juris, Rn. 10, 17 ff; BGH, Urt. v. 08.05.2012 - VI ZR 217/08, Juris, Rn. 34, 36 ff.; BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 8, 11 ff.). Auch der Umstand, dass derartige Originalberichte mit Hilfe gängiger Suchmaschinen ohne weiteres auffindbar sind, rechtfertigt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, die Möglichkeit vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte zu recherchieren, auf die Print-Medien zu beschränken (BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 20).
81Berücksichtigt man dies, so ist das Einstellen bzw. weitere Vorhalten des Original-Printartikels im Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, auch eingedenk des Umstands, dass es bedingt durch die Besonderheiten des Internets und die zur Verfügung stehenden Suchmaschinen keinen (einfachen) Weg zurück in die Anonymität gibt, zulässig (vgl. hierzu bzw. zum Recht auf Vergessenwerden“ auch EuGH, Urt. v. 13.05.2014 - C-131/12, Juris, Rn. 95 ff., wo allerdings der Suchmaschinenbetreiber in die Verantwortung genommen wird). Zugunsten der Verfügungsbeklagten fällt dabei insbesondere ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (BGH, Urt. v. 15.12.2009 - VI ZR 227/08, Juris, Rn. 20; BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 8, 11 ff). Bedeutung kommt des Weiteren auch dem Umstand zu, dass sich streitgegenständliche Artikel nicht auf den aktuellen Seiten des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten zu 1. befand/befindet, wo er dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der Verfügungsbeklagten zu 1. ins Auge fällt. Vielmehr war/ist er nur auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Verfügungsbeklagten zu 1. (Online-Archiv) zugänglich und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich durch die Überschrift „Das taz Print-Archiv“ verbunden mit der Angabe des Erscheinungsdatums des Original-Artikels (vgl. Anlage A 2) als Altmeldung gekennzeichnet (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 15.12.2009 - VI ZR 227/08, Juris, Rn. 19).
82Die durch das Einstellen des nicht anonymisierten des Original-Artikels in das Online-Archiv bewirkte Fortdauer des Eingriffs in das Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers steht auch (noch) nicht außer Verhältnis zu dem - derzeit noch - bestehenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit, hinter dem das Interesse des Verfügungsklägers an einer Anonymisierung zeitgeschichtlicher Originalberichte zurückzutreten hat (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.11.2012 - VI ZR 330/11, Juris, Rn. 21), weil seit der Veröffentlichung des Print-Artikels gerade einmal gut sechs Monate vergangen sind, so dass jedenfalls nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber entschieden zu werden braucht, ob, ab wann und wie dem Verfügungskläger u.U. nach Ablauf einer gewissen Zeit etwa ein Zurücktreten in die Anonymität - gegebenenfalls durch Anonymisierung oder Löschung ihn identifizierender Darstellungen oder durch (technisches) „Verstecken“ des Original-Artikels im Online-Archiv, so dass die gängigen Suchmaschinen ihn nicht finden (vgl. hierzu von Pentz, AfP 2015, 11, 20 f.) - zu ermöglichen ist.
83ddd)
84Auf den genauen Inhalt, Reichweite und Fortdauer einer vom Verfügungskläger etwa erklärten Einwilligung zur Rechtfertigung des Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht kommt es vor dem Hintergrund dieses Abwägungsergebnisses nicht an.
852. Anträge zu 1. b) bis d) bzw. Urteilsaussprüche zu I. 2. bis 4.
86Das Landgericht hat auch rechtsfehlerhaft den mit den Anträgen zu 1. b) bis d) verfolgten Unterlassungsbegehen [Urteilsaussprüche zu I. 2. bis 4.], mit denen sich der Verfügungskläger - ohne Bezug zu dem Print-Artikel oder dessen Einstellen in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. - gegen das Verbreiten und/oder Veröffentlichen der Behauptungen, dass er - der Verfügungskläger als Kind schlecht gesehen habe [Antrag zu 1. b)], dass der Lehrer E… B… ihm - dem Verfügungskläger - gegenüber übergriffig geworden sei [Antrag zu 1. c)] und dass er - der Verfügungskläger - von Gewalt erzählt habe, die sein Bruder in die Familie getragen habe, wendet [Antrag zu 1. d)], stattgegeben. Die Verfügungsanträge zu 1. b) bis d) haben nicht ein Unterlassen der Namensnennung in Bezug auf einzelne Textteile des Artikels zum Gegenstand, sondern zielen auf ein - generelles Unterlassen - von Behauptungen in Bezug auf die Person des Verfügungsklägers ab.
87a) Einstellen des Artikels in das Online-Archiv
88Soweit es durch das nicht anonymisierte Einstellen des Print-Artikels, in dem die mit den Anträgen zu 1. b) bis d) seitens des Verfügungsklägers beanstandeten, seine Person betreffenden Aussagen nahezu wortwörtlich enthalten sind, in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. zu einem dadurch bedingten (erneuten) Verbreiten und/oder öffentlich Zugänglichmachen dieser Aussagen kommt, ist der dadurch bewirkte Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers aus den oben unter B. II. 1. b) cc) (3) genannten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zulässig. Es fehlt mithin bereits an einem Verfügungsanspruch.
89b) Wiedergabe der inkriminierten Äußerungen in neuen Veröffentlichungen
90Hinsichtlich einer künftigen Wiedergabe der inkriminierten Äußerungen über den Verfügungskläger in neuen Veröffentlichungen, sei es in Print-Medien, im Internet oder in sonstiger Weise, fehlt es - auch im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten zu 1. - jedenfalls an einem Verfügungsgrund.
91aa)
92Das Vorliegen eines Verfügungsgrunds gemäß §§ 935, 940 ZPO setzt voraus, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung notwendig ist. Dieses Erfordernis stellt sich als besondere Form des Rechtsschutzbedürfnisses dar (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940 Rn. 4; LG Köln, Urt. v. 09.01.2009 - 28 O 765/08, Juris, Rn. 25). Der Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung aufgrund eines bloß summarischen Verfahrens, in dem insbesondere auch der Rechtsweg verkürzt ist, bedarf einer besonderen Rechtfertigung. Dies bedingt, dass die ohne den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu befürchtenden Nachteile so schwer wiegen, dass ihre Abwehr den vorläufigen Verzicht auf die überlegenen Erkenntnismöglichkeiten des Klageverfahrens rechtfertigt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.03.2010 - I-20 U 188/09, Juris, Rn. 15 f.). Ob eine Dringlichkeit in diesem Sinne gegeben ist, beurteilt sich in objektiver Betrachtungsweise, wobei die schutzwürdigen Interessen beider Seiten gegeneinander unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abzuwägen sind (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 940 Rn. 4; Ricker/Weberling, a.a.O., Kap. 44 Rn. 15; Prinz/Peters, a.a.O., Rn. 325; Senat, Beschl. v. 01.04.2014 - I-16 W 12/14, S. 5 f. n.v.).
93bb)
94In Bezug auf die mit den Anträgen zu 1. b) bis d) angestrebten Unterlassungsverbote fehlt es auch im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten zu 1. an einem Verfügungsgrund. Ein solcher ist von dem insofern darlegungs- und glaubhaftmachungsbelasteten Verfügungskläger weder schlüssig dargetan worden noch ist ein solcher sonst ersichtlich. Anlass für die Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens war die unveränderte Einstellung des Original-Printartikels „Verlorene Jungs“ in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. Die Online-Wiedergabe dieses Original-Artikels ist - wie ausgeführt - unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Online-Archiven zulässig. Anhaltspunkte dafür, dass seitens der Verfügungsbeklagten zu 1. eine Folgeberichterstattung oder andere Veröffentlichung geplant ist, in die die beanstandeten Aussagen einfließen sollen, sind weder dargetan noch ersichtlich. Vom Verfügungskläger ist nicht aufgezeigt worden, dass unabhängig vom Einstellen des Print-Artikels in das Online-Archiv der Verfügungsbeklagten zu 1. ein Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen der darin enthaltenen, mit den Anträgen zu 1. b) bis d) beanstandeten Aussagen durch die Verfügungsbeklagte zu 1. - konkret - droht und damit ein präventives Vorgehen hiergegen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von Nöten ist.
95III.
96Das Vorbringen des Verfügungsklägers in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03.09.2015 hat der Senat zur Kenntnis genommen. Es gab jedoch keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 296a ZPO).
97IV.
98Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
99Im Hinblick auf § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist eine Entscheidung über die Zulassung der Revision und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht veranlasst.
100V.
101Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 10.000,00 (€ 2.500,00 je Antrag) festgesetzt.
102S… -O…i.V. für den wegen Erkrankung an der Unterschrift gehinderten Vorsitzenden Richter am OLG D… |
S…-O…Richterin am Oberlandesgericht |
O…Richter am Landgericht |
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Der Rechtsanwalt hat seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Er hat sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Wer der Prostitution
- 1.
in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, oder - 2.
in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
(1) Wer sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, - 2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder - 3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen
- 1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder - 2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2
- 1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder - 2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.
(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.