Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 13. Juni 2018 - 3 OLG 110 Ss 48/18

published on 13/06/2018 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 13. Juni 2018 - 3 OLG 110 Ss 48/18
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Gründe

I.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der auf die Sachrüge gestützten Revision zwingt den Senat zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 II StPO).

1. Der Gesamtstrafenausspruch kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil es das LG versäumt, im Urteil den Vollstreckungsstand der gemäß § 55 I i.V.m. § 54 StGB einbezogenen Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 Euro zum Zeitpunkt des angefochtenen Berufungsurteils festzustellen (vgl. zuletzt nur BGH, Beschluss vom 11.04.2018 – 4 StR 53/18 [bei juris] m.w.N.). Die nach Sachlage nicht überprüfte Mitteilung im Rahmen der in indirekter Rede wiedergegebenen Angaben des Angeklagten zu seiner Person, wonach „die Strafe BZR Ziffer 10 […] noch nicht vollständig bezahlt“ und „noch 3.400,- Euro offen“ seien, ist hierfür nicht ausreichend. Es bleibt vielmehr ungeklärt, ob die einbezogene Geldstrafe tatsächlich erledigt ist oder nicht.

2. Der Gesamtstrafenausspruch leidet darüber hinaus an einem durchgreifenden Zumessungsfehler, weil das LG bei der Begründung der Höhe der erkannten Gesamtstrafe rechtsfehlerhaft „unter nochmaliger Abwägung aller Strafzumessungsgesichtspunkte“ tatsächlich allein auf die Zumessungsgründe für die Bemessung der als Einsatzstrafe festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe „von 13 Monaten“ [sic!]) Bezug nimmt, eine gemäß § 54 I 3 StGB gebotene eigenständige Zumessung gerade für die Gesamtstrafe aber nicht vornimmt (BGH, Beschluss vom 17.12.2013 - 4 StR 261/13 [bei juris]; ferner OLG Bamberg, Beschluss vom 09.02.2016 - 3 OLG 6 Ss 4/16 [bei juris] und 21.01.2016 - 3 OLG 7 Ss 130/15 = OLGSt StGB § 54 Nr 2, jeweils m.w.N.). Insbesondere dann, wenn – wie hier – die Einsatzstrafe nicht unerheblich erhöht wurde und die Gesamtstrafe der Summe der Einzelstrafen nahe kommt, darf auf eine zusammenfassende Würdigung der Person des Angekl. und aller einbezogenen Straftaten einschließlich der für sie jeweils wesentlichen Strafzumessungserwägungen im Rahmen einer näheren Begründung nicht verzichtet werden (BGH und OLG Bamberg a.a.O.; BGH, Beschluss vom 08.11.2017 – 2 StR 542/16 [bei juris]). Dass das LG bei Berücksichtigung der relevanten gesamtstrafenspezifischen Gesichtspunkte zu einer geringeren Gesamtstrafe, nämlich hier einer Freiheitsstrafe in Höhe von 1 Jahr und 2 Monaten, gelangt wäre, ist nicht auszuschließen, weshalb von einem Beruhen i.S.v. § 337 I StGB auszugehen ist.

3. Schließlich unterbleibt auch die gebotene Darstellung der Strafzumessungserwägungen aus der Vorverurteilung, deren Strafe einbezogen wurde (vgl. nur BGH, Urt. v. 08.11.2017 – 2 StR 542/16 [bei juris] m.w.N.).

II.

Nach alledem bedarf der Gesamtstrafenausspruch erneuter Überprüfung. Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 II StPO). Die zur neuen Entscheidung berufene Berufungskammer wird die ergänzenden, den bisherigen nicht widersprechenden Feststellungen zu treffen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 10.03.2015 - 5 StR 22/15 = NStZ-RR 2015, 240 = StV 2015, 563 = BGHR StGB § 46 Abs 1 Spezialprävention 5).

III.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des LG zurückzuverweisen (§§ 353, 354 II StPO).

IV.

Vorsorglich wird für die neue Hauptverhandlung auf Folgendes hingewiesen:

1. Gemäß § 39 2. Alt. StGB ist eine Freiheitsstrafe von einer längeren Dauer als 1 Jahr grundsätzlich nach vollen Monaten und Jahren zu bemessen.

2. Eine etwa erforderlich werdende erneute Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 55 I 1 StGB hat nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Entscheidung, hier also des Berufungsurteils vom 12.03.2018, zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11.04.2018 – 4 StR 53/18 [bei juris] m.w.N.).

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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

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Annotations

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.