Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. Sept. 2017 - 2 UF 133/17

published on 18/09/2017 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. Sept. 2017 - 2 UF 133/17
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Amtsgericht Obernburg am Main, 3 F 321/16, 12/04/2017

Gericht

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Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht - Obernburg a. Main vom 12.04.2017 (Az.: 3 F 321/16) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder der getrennt lebenden verheirateten Beteiligten, E., geboren am .., und M., geboren am ... Die getrennt lebenden Eheleute waren ursprünglich gemeinsam sorgeberechtigt. Im einstweiligen Anordnungsverfahren des Amtsgerichts Obernburg am Main (Az. 3 F 719/15 eA) wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder einstweilen auf die Kindsmutter übertragen. Die Beschwerde hiergegen wurde durch das Oberlandesgericht Bamberg zurückgewiesen (Az 2 UF 267/15).

Die Antragsgegnerin zog am 07.10.2015 mit den beiden gemeinschaftlichen Kindern sowie ihrer Tochter damals 13-jährigen Tochter V, die aus der früheren Beziehung mit ihrem jetzigen Partner stammt, aus der gemeinsamen Wohnung in der ... in A. aus und zog zunächst zu einer Freundin. In der Übergangszeit wurden die Kinder tagsüber von der Mutter betreut und der Vater holte die Kinder um 17.30 Uhr zum Übernachten ab. In diesem Zusammenhang hatte die Kindsmutter im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, dem durch den genannten Beschluss des Amtsgerichts im Verfahren 3 F 719/15 auch stattgegeben wurde. Seitdem leben die Kinder bei der Kindsmutter und der Antragsteller hat Umgang, zuletzt jeweils alle zwei Wochen am Wochenende und Mittwoch nachmittags.

Erstinstanzlich beantragte der Kindsvater zunächst die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Kindsmutter immer wieder den Umgang mit den beiden Kindern M. und E. unterbinde und sich als nicht bindungstolerant erweise.

Die Kindsmutter beantragte, den Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zurückzuweisen und stellte gleichzeitig den Antrag, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden minderjährigen Kinder M. und E. auf die Antragsgegnerin allein zu übertragen. Eine Umgangsvereitlung liege nicht vor, vielmehr versuche der Antragsteller Umgangszeiten einseitig festzulegen oder abzuändern. Im Übrigen instrumentalisiere der Antragsteller die Kinder zwecks Einwirkung auf die Antragsgegnerin und habe Filmaufnahmen anlässlich der Übergabe der Kinder angefertigt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 09.06.2016 ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten darüber in Auftrag gegeben, welcher Elternteil besser in der Lage ist, die Kinder zu betreuen und zu erziehen und mit dem Gutachten S beauftragt. Diese erstattete unter dem 29.11.2016 ihr schriftliches Sachverständigengutachten. Die Sachverständige wertete hierzu die überlassenen Gerichtsakten 3 F 321/16 und 3 F 719/15 eA aus, führte mit den Kindseltern jeweils getrennt Explorationsgespräche und explorierte die Kinder M. und E. mehrfach. Darüber hinaus führte sie diverse Testverfahren mit den Kindern und Interaktionsbeobachtungen mit den Kindern und dem jeweiligen Elternteil in der Praxis der Sachverständigen und bei dem jeweiligen Elternteil durch. Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse kam die Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin gegenwärtig besser als der Vater dazu in der Lage sei, die Kinder bei der Bewältigung der Elterntrennung zu unterstützen. Sie zeige sich zudem als der bindungstolerantere Elternteil, weshalb die Sachverständige die Empfehlung aussprach, dass die Kinder weiterhin ihren Lebensmittelpunkt im mütterlichen Haushalt haben und den Kontakt zum Vater durch Umgangskontakte im zweiwöchigen Rhythmus über das Wochenende aufrechterhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten der Sachverständigen S vom 29.11.2016 Bezug genommen.

Der Antragsteller favorisiert das Wechselmodell im wöchentlichen Wechsel und beantragte nach Eingang des Gutachtens zuletzt erstinstanzlich, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden minderjährigen Kinder auf beide Elternteile gemeinsam zu übertragen.

Das Amtsgericht hat im Termin vom 22.03.2017 die Sachverständige zur Erläuterung ihres Gutachtens ergänzend angehört. Ferner hat das Amtsgericht den Kindern M. und E. einen Verfahrensbeistand bestellt und diesem sowie dem Jugendamt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Kindsmutter und Kindsvater wurden im Termin vom 22.03.2017 und im Termin vom 08.06.2016 angehört.

Eine Kindesanhörung fand nicht statt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsvermerke des Amtsgerichts Obernburg am Main vom 22.03.2017 und vom 08.06.2016 Bezug genommen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg am Main vom 12.04.2017 wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder E. und M. der Antragsgegnerin (Kindsmutter) übertragen. Im Wesentlichen begründet das Familiengericht dies damit, dass die Kindsmutter seit der Trennung der Eltern im Herbst 2015 die Hauptbezugsperson der Kinder gewesen sei, wo sie auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Eine Kommunikation zwischen beiden Elternteilen sei lediglich spärlich ausgeprägt. Die vielfachen Streitigkeiten zwischen den beteiligten Eltern seien dem Gericht aus weiteren Verfahren bekannt. Dem Antrag der Antragsgegnerin, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu übertragen, sei daher stattzugeben, da dies dem Kindeswohl von M. und E. diene. Das Gutachten der Sachverständigen S habe sich klar und eindeutig für einen Aufenthalt der Kinder bei der Mutter ausgesprochen. Aus der Vielzahl der Streitigkeiten der beteiligten Eltern und der im Sachverständigengutachten festgestellten fehlenden Kooperation und insbesondere der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Eltern ergebe sich für das Gericht, dass eine gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für M. und E. durch die beteiligten Eltern nicht dem Wohl der Kinder entspreche. Es wären weitere Streitigkeiten der Eltern zu erwarten, die sich negativ auf das Wohl von M. und E. auswirken würden, da zu erwarten sei, dass die Kinder auch in diese zu erwartenden Streitigkeiten mit einbezogen würden, was den Loyalitätskonflikt, in dem sich M. und E. befinden, noch steigern werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.04.2017 Bezug genommen.

Gegen diesen, der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 19.04.2017 zugestellten, Beschluss legte dieser mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 19.05.2017, eingegangen am 23.05.2017, Beschwerde ein und beantragte, den Beschluss des Amtsgerichts Obernburg zu dem Aktenzeichen 3 F 321/16 vom 12.04.2017 mit der Maßgabe aufzuheben, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Antragsteller, hilfsweise auf beide Eltern zurückzuübertragen sei.

Ziel der Beschwerde des Antragstellers ist im Wesentlichen, dass er im Rahmen des am Amtsgericht Obernburg parallel geführten Verfahren wegen Umgangs (Az. 3 F 366/17) das Wechselmodell durchsetzt. Er rügt mit seiner Beschwerde, dass eine Anhörung der Kinder nicht stattgefunden habe. Allein das Wechselmodell sei geeignet, das Konfliktpotential der Eltern zu lösen. Eine Stellungnahme der Sachverständigen zum gemeinsamen Sorgerecht fehle. Diese hätte das Amtsgericht einholen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 19.05.2017 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Es bestehe keine gemeinsame Basis für eine gemeinsame Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, da eine ausreichende Rest-Kooperationsfähigkeit zwischen den Beteiligten nicht vorhanden sei. Da beim Antragsteller als auch in seinem familiären Umfeld eine Neigung vorhanden sei, Kinder in einer nicht sachgerechten Art und Weise gegen den anderen Elternteil zu beeinflussen, sei bei einer anderen Entscheidung das Kindeswohl langfristig gefährdet. Insoweit wird auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 29.06.2017 Bezug genommen.

Das Beschwerdegericht hat eine Stellungnahme des Jugendamtes eingeholt, das mit Schreiben vom 29.06.2017 seinen schriftlichen Bericht abgab. In diesem teilt das Jugendamt mit, dass die Eltern schon seit fast zwei Jahren nicht in der Lage seien, einvernehmliche Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen. Dem Vater gelinge es nicht - wie im Gutachten vorgetragen - seine eigene Trauer und Belastung vor den Kindern zu verbergen. Im Übrigen würden auch die massiven Streitigkeiten bei den Übergaben als hoher Belastungsfaktor für die Kinder beurteilt. Der Kindsvater könne die Ausführungen der Gutachterin nicht nachvollziehen und gebe der Mutter die Schuld an den Belastungen für die Kinder und werfe ihr immer wieder mangelnde Bindungstoleranz vor. Nach Auffassung des Jugendamts kommt ein Wechselmodell aufgrund der massiven Einschränkungen der Kommunikation und der fehlenden Kooperationsfähigkeit der Eltern nicht infrage.

Der Verfahrensbeistand teilt mit, dass es dem Kindeswohl nicht dienen würde, ein Wechselmodell hier durchzuführen, da die Eltern hochzerstritten seien und eine geringe Bindungstoleranz beim Kindsvater vorliege. Er könne die Auffassung nicht teilen, dass das Wechselmodell in diesem konkreten Fall die Kommunikation und die Kooperation der Kindeseltern verbessern würde, vielmehr würden die Kinder stattdessen zusätzlich leiden.

Er selbst habe die Erstrichterin gebeten, von weiteren Kindesanhörungen zum Schutz der Kinder abzusehen.

Der Senat hat einen mündlichen Erörterungstermin durchgeführt und in diesem die Eltern, den Verfahrensbeistand, die Sachbearbeiterin des Jugendamtes und die Sachverständige angehört. Ferner hat es im Beisein des Verfahrensbeistandes und der Sachverständigen die minderjährigen Kinder E. und M. angehört.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass es dem Kindeswohl am besten entspricht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. und E. auf die Kindsmutter zu übertragen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts, denen der Senat beitritt, wird Bezug genommen.

Nur ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist dem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge in diesem Teilbereich und die Übertragung auf den anderen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Kriterien zur Feststellung des Kindeswohls sind Erziehungseignung, Bindungen des Kindes, Förderprinzip, Kontinuitätsprinzip und Kindeswillen. Sie stellen keine gesetzliche Rangfolge auf, sondern sind anhand des konkreten Falles gegeneinander abzuwägen. Andere Gesichtspunkte sind nur in diesem Rahmen beachtlich (BGH FamRZ 2010, 1060).

Die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wie von dem Beschwerdeführer hilfsweise beantragt, ist unter den gleichen Voraussetzungen abzulehnen, unter denen im Fall des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben wäre. Dabei kann unter der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ein nachhaltiger und tiefgreifender Elternkonflikt zur Folge haben, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht.

Insbesondere wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man die Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen. Die Gefahr einer erheblichen Belastung des Kindes kann sich dabei auch aus der Nachhaltigkeit und der Schwere des Elternkonflikts ergeben. Es genügt die begründete Befürchtung, dass es zu einer solchen Belastung kommt, weil ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit für ein Kind zwangsläufig zu Belastungen führt (BGH FamRZ 2016, 1439 - 1444).

So liegt der Fall hier. Beide Eltern haben ausgeführt, dass eine konfliktfreie Kommunikation nicht möglich sei. Die wenigen Übergaben im Rahmen der Mittwochs-Umgänge verlaufen konfliktbeladen. Die Sachverständige S hat in ihrem Gutachten ausgeführt, dass die Kinder bei den Übergaben, bei denen die Eltern sich persönlich begegnen, immer wieder deutlichen Belastungen ausgesetzt sind, und insbesondere der Vater, indem er beispielsweise in Anwesenheit weiterer Familienmitglieder die Kinder zu einem Übergabezeitpunkt filmte, die Kinder unmittelbar in den Elternkonflikt involviert hat.

Da beide Eltern nicht in der Lage sind, miteinander in Erziehungsfragen zu diskutieren bzw. Lösungen zu erarbeiten, fehlt es letztlich an einer Basis für eine gemeinsame elterliche Sorge und damit erst recht für das vom Antragsteller erstrebte Wechselmodell. Dabei ist irrelevant, wer für den Elternstreit verantwortlich ist und wer die Störung auf der Kommunikationsebene mehr zu verantworten hat. Tatsache ist, dass beide Elternteile zum gegenwärtigen Zeitpunkt, so auch die Sachverständige, Defizite in ihrer Kommunikationsbereitschaft haben, wobei diese im Kern den Konflikt um den Aufenthalt der Kinder betreffen. Die Sachverständige kommt daher auch zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Wechselmodell dem Kindeswohl entsprechen könne, wie ein geringes Konfliktniveau zwischen den Eltern, die Zustimmung aller Beteiligten zu diesem Modell und eine konstruktive, sachliche und friedliche Kommunikation nicht vorliegen, weshalb das Modell aus Sachverständigensicht ungeeignet erscheine.

Demzufolge hat - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat und dem vollumfänglich beigetreten wird - die Sachverständige S die klare Empfehlung ausgesprochen, dass die Kinder weiterhin auch zukünftig ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter haben sollen. Bei diesem Ergebnis ist die Sachverständige auch nach Anhörung der Kinder durch den Senat geblieben. Sie hält die Kindsmutter für mehr erziehungsgeeignet, da der Kindsvater die Kinder in seine persönlichen Probleme involviere und die Kinder dadurch belaste. Sie sieht in der Beziehung zum Vater eine starke Belastungssituation der Kinder, die nach wie vor vorhanden sei, weshalb sie sogar eine Verringerung der Umgangskontakte für sinnvoll halte. Zwar sei der Wunsch der Kinder nach vermehrtem Kontakt zum Vater durchaus konstant, allerdings sei seitens der Kinder hiermit eine falsche Zielvorstellung verbunden, nämlich der Wunsch, konfliktfreien Kontakt zu beiden Elternteilen zu haben. Sie sieht bei vermehrtem Kontakt zum Vater die Gefahr, dass die Kinder immer mehr die Position des Vaters übernehmen und sich damit der Konflikt zwischen den Eltern verschärfe.

Der Senat tritt den Ausführungen der Sachverständigen bei und macht sich diese zu eigen. Der Kindsvater ist offensichtlich noch immer durch die Trennung bzw. die Umstände nach der Trennung erheblich belastet. Er hat im Termin vom 18.09.2017 selbst angegeben, dass er derzeit nicht arbeiten könne und krankgeschrieben sei, weil er sich wegen der ständigen Auseinandersetzungen um die Kinder und wegen des Geldes überfordert und belastet sehe. Er sei deshalb seit Ende August dieses Jahres in Psychotherapie. Seit Februar dieses Jahres sei er von einem Facharzt für Psychiatrie arbeitsunfähig krankgeschrieben.

Zudem nehmen beide Kinder die väterliche Belastung im Rahmen der Trennung deutlich wahr, erlebten den Vater, der die Partnerschaft zunächst aufrechterhalten wollte, in einer Opferrolle und identifizieren sich, so die Gutachterin, stark mit der väterlichen Sichtweise im elterlichen Konflikt. Beide Kinder fühlen sich demgemäß für das Wohlbefinden des Vaters, der sehr unter der Trennung leidet und diese nicht akzeptieren will, verantwortlich und werden emotional von ihm vereinnahmt, in das Trennungsgeschehen einbezogen und zur Loyalität in seine Sichtweise des Trennungsgeschehens gedrängt.

So äußerte E. gegenüber der Sachverständigen, dass er zum Vater wolle, damit dieser nicht so traurig sei. Er hat auch Angst, dass bei einem Umzug der Mutter ein Kontaktabbruch zum Vater drohe, was dieser ihm so vermittelt habe. Der Kindsvater hat im Termin selbst angegeben, dass E. immer stark klammere, wenn er zurück zur Mutter solle.

Auch M., die im Vergleich zu ihrem kleineren Bruder zwar nicht ganz so emotional beeinflusst scheint, verspricht sich bei einem Leben bei dem Vater, dass ein konfliktfreier Kontakt zur Mutter möglich sei. Die Schlussfolgerung der Sachverständigen, dass eine Überforderungssituation im Bezug zum Vater und ein Risiko, dass bei mehr Kontakt zum Vater die ansonsten ressourcenreiche Beziehung zur Mutter gefährdet sei, liegt demzufolge auf der Hand und der Senat tritt ihr auch bei. Der Kindsvater, der wie die Kindsmutter vom Ausgangspunkt her grundsätzlich erziehungsgeeignet ist und auch Förderkompetenzen besitzt, ist für die seelische Entwicklung der Kinder derzeit nicht gut geeignet. Er hat sein eigenes Leben momentan nicht im Griff, leidet unter dem Trennungsgeschehen und vereinnahmt die Kinder emotional derart, dass diese aus Sorge um ihn zu ihm halten und hierdurch emotional deutlich überfordert sind.

Hingegen ist die Betreuung durch die Mutter, die auch nach der Trennung aufrechterhalten wurde, eine Konstante für die Kinder und so entspricht nach Auffassung der Sachverständigen auch unter dem Aspekt der Betreuungskontinuität ein Aufenthalt im mütterlichen Haushalt dem Wohl der Kinder. Aufgrund der geringen Bindungsintoleranz des Vaters könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Vater einen verlässlichen und stabilen Kontakt der Kinder im Gegenzug zulassen würde.

Demzufolge entspricht die Entscheidung des Amtsgerichts, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter zu übertragen, der Sach- und Rechtslage. Dem Kindeswohl dient es hier mehr, dass der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist auch nicht dem gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrecht zur Durchführung eines Wechselmodells der Vorrang einzuräumen. Zwar hat der Bundesgerichtshof nunmehr die Anordnung eines Wechselmodells im Rahmen einer Umgangsregelung ausdrücklich für zulässig erachtet, allerdings liegen hier die Voraussetzungen, unter denen der Bundesgerichtshof ein Wechselmodell für zulässig erachtet, ersichtlich nicht vor. Denn die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen. Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes (vgl. BGH vom 01.02.2017, Az. XII ZB 601/15).

Die umgekehrte Argumentation des Beschwerdeführers, dass das Wechselmodell am besten geeignet sei, das Konfliktpotential der Eltern zu lösen, widerspricht daher eindeutig einer kindeswohldienlichen Regelung. Die Kinder sind vielmehr vor dem elterlichen Konflikt zu schützen und herauszuhalten, so dass es hier bei der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindsmutter verbleiben muss.

Die Beschwerde hat daher in der Sache keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem An
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

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(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem An
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published on 01/02/2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 601/15 vom 1. Februar 2017 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 1684, 1697 a; FamFG §§ 26, 159 a) Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmä
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(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.