Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 12. Juni 2015 - L 9 SO 46/12

ECLI: ECLI:DE:LSGSH:2015:0612.L9SO46.12.0A
published on 12/06/2015 00:00
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 12. Juni 2015 - L 9 SO 46/12
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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 3. April 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte erstattet dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten der Ersatzvornahme, für die durch die Stadt E... durchgeführte Bestattung der Ehefrau des Klägers in Höhe von 1.755,18 EUR, die gegenüber dem Kläger geltend gemacht wurden als Bestattungskosten.

2

Der Kläger ist der Ehemann der am ___2009 verstorbenen G___ U___. Die Verstorbene bezog gemeinsam mit ihrem Ehemann vor ihrem Tod Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Eheleute verfügten über kein Vermögen. Als weitere Verwandte der Verstorbenen gibt es eine Tochter. Es gab keine gemeinsamen Kinder der Eheleute. Der Kläger hat das Erbe ausgeschlagen. Er verfügte mit Ausnahme des Arbeitslosengeldes II über kein Einkommen.

3

Der Kläger stellte am 28. Dezember 2009 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Beerdigungskosten für seine verstorbene Ehefrau. Dazu reichte er eine Todesbescheinigung und einen nicht unterschriebenen Bestattungsauftrag für das Bestattungsunternehmen S____ ein, worin die voraussichtlichen Bestattungskosten mit 3.124,79 EUR angegeben waren.

4

Am 5. Januar 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Beerdigung im Rahmen einer Ersatzvornahme durch das Ordnungsamt der Stadt E... veranlasst und durchgeführt worden sei. Mit Bescheid vom 12. Januar 2010 setzte die Stadt E... die Kosten für die Beerdigung der Ehefrau des Klägers mit 1.755,18 EUR fest und verlangte vom Kläger die Erstattung. Bei dem Betrag handelte es sich um die vom Beerdigungsunternehmen der Stadt E... in Rechnung gestellte Summe für die Durchführung der Beerdigung.

5

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. Januar 2010 die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, bei den von der Stadt E... geforderten Kosten der Ersatzvornahme handele es sich nicht um Bestattungskosten im Sinne des Sozialhilferechts. Bestattungskosten seien jene Kosten, die das Ordnungsamt an das Bestattungsunternehmen gezahlt habe.

6

Am 5. Februar 2010 legte der Kläger Widerspruch ein. Die von der Stadt E... veranlassten Kosten seien unangemessen, weil eine Verbringung der Verstorbenen nach W___ im Landkreis Sa___ einerseits gegen den Willen der Verstorbenen und auch seinen Willen - den des Ehemannes - und andererseits völlig unmotiviert gewesen wäre. Die Überführungskosten seien nicht zu erstatten. Im Übrigen handele sich um Bestattungskosten, die zu übernehmen seien.

7

Der Beklagte wies nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 6. Mai 2010, Beteiligung des Widerspruchsbeirates am 31. Mai 2010, erneuter Anhörung mit Schreiben vom 27. August 2010 und weiterer Beteiligung des Widerspruchsbeirates am 15. September 2010 den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 als unbegründet zurück.

8

Er - der Beklagte - führte zur Begründung aus, Sozialhilfe sei nur nachrangig zu gewähren und Selbsthilfemöglichkeiten seien daher vorrangig in Anspruch zu nehmen. So seien erforderliche Kosten einer Bestattung aus Sozialhilfemitteln nur zu übernehmen, wenn den hierzu Verpflichteten die Tragung der Kosten nicht zuzumuten sei. Der Kläger sei zwar Bestattungsverpflichteter, jedoch könne ihm zugemutet werden, bei der Stadt E... einen Antrag nach § 21 Abs. 2 Vollzugs- und Vollstreckungskostenverordnung (VVKVO) zu stellen. Danach könne von der Beitreibung der Kosten abgesehen werden, wenn diese für den Schuldner eine unbillige Härte darstellten. Demnach stünde dem Kläger eine einschlägigere Anspruchsgrundlage zur Verfügung, mit deren Hilfe er - der Kläger - die ihm von der Stadt E... auferlegten Kosten abwenden könne. Es könne ihm auch zugemutet werden, einen solchen Anspruch gegenüber der Stadt E... geltend zu machen. Dies ergebe sich aus dem gesetzlich geregelten Nachrangprinzip der Sozialhilfe. Trotz Hinweises auf die Möglichkeit und die Pflicht zur Stellung eines solchen Antrages bei der Stadt E... habe er dies bislang nicht getan. Da er überhaupt keine Bemühungen zur Verwirklichung eines vorrangigen Anspruchs erkennen lasse, komme eine nachrangige Leistungsgewährung im Rahmen der Sozialhilfe nicht in Betracht. Die Umstände und die Aufklärung bei der Antragsstellung hätten keinen Anlass dafür gegeben, dass nicht der Kläger die Bestattung in Auftrag gegeben, sondern sich stattdessen an die Stadt E... gewandt habe. Spätestens mit dem Anhörungsschreiben vom 6. Mai 2010 zur beabsichtigten Zurückweisung des Widerspruchs habe er von der Möglichkeit des Forderungserlasses nach § 21 VVKVO erfahren.

9

Der Kläger hat am 13. Oktober 2010 vor dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgetragen hat, er - der Kläger - sei zu keinem Zeitpunkt über die Möglichkeit eines Antrags nach § 21 Abs. 2 VVKVO aufgeklärt worden. Auch sei keine Aufklärung durch die Mitarbeiterin des Beklagten zum Procedere erfolgt. Inzwischen sei ein Erlassantrag gegenüber der Stadt E... gestellt worden, der nicht schriftlich beschieden werde. Mündlich sei ihm - dem Kläger - durch die Mitarbeiterin der Stadt E..., Frau F___, mitgeteilt worden, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid vom 26. Januar 2010 in Form des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Beerdigungskosten in Höhe von 1.755,18 EUR an die Stadt E... zu zahlen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Er hat auf den Beschluss des Landessozialgerichts vom 14. März 2006 (Az. L 9 B 65/06 SO ER) Bezug genommen. Danach müsse nach dem Bestattungsgesetz vorrangig das Ordnungsamt eintreten. Insofern könnten erst recht nicht die Kosten der Ersatzvornahme geltend gemacht werden. Der Kläger sei durch seine Mitarbeiterin - die des Beklagten - auf seine Verpflichtung hingewiesen worden, die Bestattung in Auftrag zu geben. Er - der Beklagte - habe erst mit dem Anhörungsschreiben auf die Möglichkeit der Antragstellung nach § 21 VVKVO hingewiesen und nicht behauptet, dass dies bereits zuvor erfolgt sei.

15

Das Sozialgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung zu den persönlichen Verhältnissen seiner verstorbenen Ehefrau befragt. Diese habe danach eine Tochter, die selbst zwei Kinder habe. Sie lebe von ihrem Ehemann getrennt, arbeite halbtags und ein Kind lebe noch bei ihr. Sie - die Tochter der Verstorbenen - wohne in Z___. Kontakt habe zu Lebzeiten der Ehefrau bestanden. Es solle Schulden gegeben haben, daher hätten sich die Eheleute getrennt. Deshalb sei sie - die Tochter - gar nicht wegen der Beerdigungskosten angesprochen worden.

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Das Sozialgericht Lübeck hat den Beklagten mit Urteil vom 3. April 2012 zur Zahlung von 1.755,18 EUR an die Stadt E... verurteilt.

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Der Kläger sei vorrangig zur Tragung der Kosten für die Beerdigung seiner Ehefrau verpflichtet. Kostentragungspflichtiger im Sinne des § 74 SGB XII sei derjenige, der letztendlich verpflichtet sei, die Kosten der Bestattung zu tragen. In der Regel sei dies gemäß § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der Erbe des Verstorbenen. Die Verpflichtung könne jedoch auch unterhaltsrechtlich begründet sein oder aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Mai 2002 - 5 C 14/01 -, NJW 2003, S. 78; OVG Schleswig, Urteil vom 18. März 1999 - 1 L 37/98 -, juris). Hier sei der Kläger zwar weder erbrechtlich noch unterhaltsrechtlich zur Kostentragung verpflichtet; denn er habe das Erbe ausgeschlagen und sei nicht leistungsfähig im Sinne des Unterhaltsrechts gemäß § 1603 BGB, denn für die Verpflichtung im Rahmen des § 74 SGB XII reiche allein die abstrakte Unterhaltspflicht nicht aus (Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, § 74 Rn. 20; Paul in ZFSH/SGB 2002 - Aufsatz: Wer ist Verpflichteter im Sinne des § 15 BSHG?, VGH München, Urteil vom 10. Januar 2006 - 12 B 03.756 -, juris). Den Kläger treffe aber als Ehemann der Verstorbenen vorrangig vor deren Tochter die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und er sei aus diesem Grunde auch Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 - 5 G 8/00 -, juris; Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 74 SGB XII, Rn. 24). Gemäß §§ 13 i.V.m. 2 Nr. 12 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein (Bestattungsgesetz) seien Hinterbliebene in der dort genannten Reihenfolge zur Bestattung verpflichtet. Diese Verpflichtung sei öffentlich-rechtlich zwingend begründet und ihr könne sich nicht entzogen werden, so dass auch diese Verpflichtung zu einer Verpflichtung im Sinne des § 74 SGB XII führen könne, wenn, wie hier, vorrangig keine anderweitig begründete Verpflichtung bestehe. Diese rechtliche Wertung ändere auch der Umstand nicht, dass der Kläger die Bestattung trotz seiner Bestattungspflicht nicht selbst in Auftrag gegeben habe, sondern diese durch die Stadt E... im Wege der Ersatzvornahme veranlasst worden sei. Denn die Ordnungsbehörde nehme den Kläger nun auf der Grundlage des bestandskräftigen Festsetzungsbescheides vom 12. Januar 2010 in Höhe der verauslagten Bestattungskosten als vorrangig zur Bestattung Verpflichteten in Anspruch, so dass ihn auch auf diesem Weg die letztendliche Kostentragungspflicht treffe. In diesen Fällen sei es daher unerheblich, dass die zivilrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmer und die „Verpflichtung“ im Sinne des § 74 SGB XII auseinanderfielen und nicht in einer Person vereint seien. In der Konstellation, in der die Ordnungsbehörde die Bestattung veranlasse, habe daher zwar nicht die Ordnungsbehörde als öffentliche Hand selbst einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger, jedoch könne der vom Ordnungsamt in Anspruch genommene Bestattungsverpflichtete einen solchen Anspruch geltend machen (so auch Grube/Wahrendorf, § 74, Rn. 26; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 04/10, § 74, Rn. 7; BVerwG, Beschluss vom 19. August 1994 - 1 B 149/94 -, NVwZ-RR 1995, 283; VGH Mannheim, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, VBIBW 2005,141; OVG Münster, Urteil vom 29. April 2008 - 19 A 3665/06 -; VG Stade, Urteil vom 18. Februar 2004 - 1 A 681/03 -, ZfF 2005, 133; VG Augsburg, Beschluss vom 12. Januar 2007 - Au 7 K 06.1015 -; VG Köln, Urteil vom 20. März 2009 - 27 K 5617/07 -). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht vertrete in seiner vom Beklagten zitierten Entscheidung vom 14. März 2006 keine andere Auffassung. Denn dort habe das Gericht lediglich über die Frage zu befinden gehabt, ob die Antragstellerin im Eilverfahren auf möglicherweise bestehende Ersatzansprüche gegen gleich- oder vorrangig verpflichtete Verwandte verwiesen werden könne, wenn diese nicht sofort realisierbar seien und die Bestattung ganz oder teilweise noch nicht erfolgt sei (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. März 2006 - L 9 B 65/06 SO ER -, juris). Das Landessozialgericht habe entschieden, dass in dieser Konstellation eine selbst darlehensweise Verauslagung der Kosten durch den Sozialhilfeträger nicht erforderlich sei, um innerhalb der gesetzlichen Fristen eine entsprechende Bestattung sicherzustellen, da das Ordnungsamt diese im Wege der Ersatzvornahme zu veranlassen habe. Eine solche Situation sei hier jedoch nicht gegeben, da keine anderweitigen Ersatzansprüche gegenüber gleich- oder vorrangig Verpflichteten im Sinne des § 74 SGB XII existierten und es um die Frage der letztendlichen Kostenübernahme gehe.

18

Entgegen der Ansicht des Beklagten im Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2010 handele es sich daher bei den geltend gemachten Kosten auch um Bestattungskosten im Sinne des § 74 SGB XII. Bei Auseinanderfallen von zivilrechtlicher Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmer und der Kostentragungspflicht nach § 74 SGB XII komme es allein darauf an, ob den Antragsteller die Pflicht zur Tragung der Bestattungskosten letztendlich treffe. Nur weil ein Dritter, wie hier die Stadt E..., die Bestattung in Auftrag gegeben habe und die vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmer eingegangen sei, könne der Sozialhilfeträger gegenüber dem letztendlich zur Kostentragung Verpflichteten und tatsächlich für die Erstattung in Anspruch Genommenen die Leistung nicht mit der Begründung ablehnen, es handele sich nunmehr um „Kosten der Ersatzvornahme oder Schulden“. Denn zum einen nehme die Anspruchsgrundlage des § 74 SGB XII im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein, da sie den Anspruch auf Kostenübernahme nicht zwingend an die Bedürftigkeit des Verpflichteten knüpfe, sondern die eigenständige Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit verwende (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rn. 14 f.; BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997 - 5 C 13/96 - BVerwGE 105, 51 ff). Die Regelung unterscheide sich daher von anderen Leistungen des 5. bis 9. Kapitels u. a. dadurch, dass der Bedarf bereits vor Antragstellung gedeckt sein könne, eine Notlage, die andere Sozialhilfeansprüche regelmäßig voraussetze, nicht mehr gegeben sein müsse. Die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe setze danach lediglich voraus, dass die ggf. bereits beglichenen Kosten „erforderlich“ seien und es dem Verpflichteten nicht „zugemutet“ werden könne, diese Kosten zu tragen, ohne ausdrücklich und ausschließlich auf die Bedürftigkeit abzustellen. Der sozialhilferechtliche Bedarf der Sozialleistung nach § 74 SGB XII sei daher nicht die Bestattung, sondern die Entlastung des Verpflichteten von den Kosten. Damit werde die Verbindlichkeit als solche als sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rn. 14 f.; BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997 - 5 C 13/96 - BVerwGE 105, 51 ff). Zum anderen habe die Stadt E... als Ordnungsbehörde im Bescheid vom 12. Januar 2010 die von ihr konkret verauslagten und durch Rechnung vom Bestattungsinstitut ausgewiesenen Kosten der Bestattung festgesetzt und nicht stattdessen oder zusätzlich zu den tatsächlich angefallenen Ausgaben für die Beerdigung Gebühren für die Ersatzvornahme erhoben, so dass es sich auch aus diesem Grund zweifelsohne um unmittelbar durch die Bestattung verursachte Kosten im Sinne des § 74 SGB XII handele.

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Die angefallenen und vom Kläger zur Übernahme beantragten Kosten der Bestattung in Höhe von 1.755,18 EUR seien erforderlich gewesen. Als erforderlich im Sinne des § 74 SGB XII seien die dem Grunde und der Höhe nach anfallenden Kosten für eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form anzusehen (Grube/Wahrendorf, § 74, Rn. 31; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 74, Rn. 14 f.). Die laut Rechnung des Bestattungsinstituts vom 31. Dezember 2010 abgerechneten Leistungsposten entsprächen nach Auffassung der Kammer diesen Anforderungen. Es handele sich um eine Feuerbestattung einfachster Form, was vorliegend bereits dem Umstand geschuldet sein dürfte, dass die Bestattung durch das Ordnungsamt im Wege der Ersatzvornahme in Auftrag gegeben worden sei.

20

Dem Kläger sei aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die Kostentragung nach § 74 SGB XII auch unzumutbar. Er sei zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Beklagten aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation nicht in der Lage gewesen, die Kosten der Bestattung selbst zu tragen.

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Der Kläger könne durch den Beklagten nicht darauf verwiesen werden, er habe vorrangige Ansprüche - konkret in Form eines Antrages nach § 21 Abs. 2 VVKVO - geltend zu machen. Zwar sei es grundsätzlich zutreffend, dass der Antragsteller vor einer Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger zunächst Ausgleichs- oder Ersatzansprüche gegenüber gleich- oder vorrangig Verpflichteten im Sinne des § 74 SGB XII geltend machen müsse. Dies folge aus dem im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigenden allgemeinen Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII. Um einen solchen, dem sozialhilferechtlichen Anspruch des § 74 SGB XII vorrangigen, Anspruch handele es sich bei der Vorschrift des § 21 Abs. 2 VVKVO jedoch nach Auffassung der Kammer nicht. Danach könne die Vollzugs- und Vollstreckungsbehörde von einer Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen teilweise oder ganz absehen, wenn die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte darstellen würde. Damit handele es sich bei dieser Vorschrift um eine allgemeine Härteklausel, die dem Kläger keinen Ersatzanspruch gegen die Ordnungsbehörde einräume, sondern der Ordnungsbehörde lediglich in Härtefällen das (ggf. intendierte) Ermessen einräume, von einer Beitreibung abzusehen. Ein solcher Härtefall liege jedoch nicht vor, wenn dem Betroffenen ein sozialhilferechtlicher Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII als realisierbare Ersatzmöglichkeit zur Verfügung stehe. Dies entspreche der überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die den Kostenübernahmeanspruch aus § 74 SGB XII vor der Anwendung einer landesrechtlichen Härtefallregelung als vorrangig ansehe und damit das Verhältnis gegenüber der Auffassung des Beklagten genau entgegengesetzt beurteile (Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rn. 8; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rn. 85; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2004, - 1 S 681/04 -, juris, Rn. 26; VG Köln, Urteil vom 20. März 2009, - 27 K 5617/07 -, juris, Rn. 48; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (923/924); a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07-, juris, Rn. 45 ff.). Nur diese rechtliche Wertung ermögliche eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigere, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, z. B. weil ihm klar sei, dass er die vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Bestattungsunternehmer nicht aus eigenen finanziellen Mittel begleichen könne, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unzumutbarkeit der damit verbundenen Kostenlast - beuge und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichte.

22

Auf die Umstände zur Veranlassung der Beerdigung und der Beratung bei Antragstellung komme es nicht an. Da die Kosten der Stadt E... zustünden und der Kläger eine Zahlung an die Stadt E... wünsche, sei entsprechend tenoriert worden.

23

Der Beklagte hat gegen das am 25. April 2012 zugestellte Urteil am 24. Mai 2012 Berufung eingelegt.

24

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die für die von der Stadt E... im Wege der Ersatzvornahme veranlasste Beerdigung seiner Ehefrau entstanden seien. Das Landessozialgericht habe in seinem Beschluss vom 14. März 2006 (Az. L 9 B 65/06 SO ER) ausgeführt, dass es keiner Kostenübernahme bedürfe, wenn das Ordnungsamt eintreten müsse. Insofern müsse es erst recht für Fälle wie diesen gelten, in denen die Bestattung bereits vollzogen worden sei. Es handele sich bei den Kosten der Ersatzvornahme nicht um Bestattungskosten im Sinne des § 74 SGB XII. Der Anspruch scheitere spätestens bei der Zumutbarkeit, da der Kläger einen Erlassantrag bei der Stadt E... stellen könne. Er - der Beklagte - teile die Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalens (Urteil vom 30. Juli 2009 – 19 A 448/07) bezüglich des Verhältnisses von Leistungsanspruch zur unbilligen Härte nach der landesrechtlichen Kostenordnung. § 74 SGB XII lasse das Vorliegen einer unbilligen Härte unberührt. Auf die konkreten Beratungsumstände des vorliegenden Falles komme es nicht an.

25

Der Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 3. April 2012 aufzuheben

27

und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Er nimmt Bezug auf das Vorbringen in erster Instanz und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck. Zudem liege ein Beratungsverschulden des Beklagten vor. Die Bestattung sei wegen der Untätigkeit des Beklagten durch das Ordnungsamt durchgeführt worden. Er - der Kläger - habe dem Beklagten, der Stadt E... und dem Bestattungsunternehmer erklärt, dass er wirtschaftlich nicht in der Lage sei, die Kosten der Bestattung zu bestreiten. Zudem hätte der Beklagte ihm behilflich sein können, die Kostenerstattung im Rahmen der unbilligen Härte abzuwenden. Mit dem Bundessozialgericht (Urteil vom 25. August 2011, B 8 SO 20/10 R) könne davon ausgegangen werden, dass bei Bezug von Sozialhilfe dem Leistungsempfänger regelmäßig die Kostentragung für die Bestattung nicht zumutbar sei.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe

32

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten der Ersatzvornahme zu zahlen. Die entgegenstehenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

33

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2010, mit dem die Beklagte die Erstattung der Kosten für die Beerdigung der Ehefrau des Klägers abgelehnt hat.

34

Einer Beiladung der Stadt E... bedarf es nicht. Anders als im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis bedeutet Kostenübernahme im Sinne des § 74 SGB XII nicht die Erklärung eines Schuldbeitritts, sondern lediglich die Normierung einer Geldschuld. Der Kläger hat zwar die Erbringung der Leistung an die Stadt E... in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beantragt. Dies stellt allenfalls eine Zahlungsbestimmung dar, mit der der Beklagte den klägerischen Anspruch diesem gegenüber erfüllen kann. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist ausschließlich auf Zahlung an sich selbst gerichtet, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt keine notwendige Beiladung gerechtfertigt wäre (BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 20/10 R –, juris, Rn. 14). Die Erklärung des Klägers in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung stellt insoweit keine Abtretung dar. Ein solche wäre nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht möglich, da der Anspruch auf Sozialhilfe nicht übertragen werden kann. Eine solche Abtretung wäre demgemäß nach § 134 BGB nichtig und daher unbeachtlich.

35

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 74 SGB XII (in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003, BGBl. I 3022, erhalten hat). Danach werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

36

Der Kläger ist Verpflichteter im Sinne dieser Vorschrift. Die Regelung selber konkretisiert nicht, wann eine Verpflichtung zur Kostenübernahme für eine Bestattung vorliegt. Die Verpflichtung kann erbrechtlich (§ 1968 BGB), unterhaltsrechtlich (§ 1601 BGB) oder landesrechtlich durch die Bestattungsvorschriften begründet sein. Die Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten ergibt sich hier bereits aus dem Bescheid der Stadt E... vom 12. Januar 2010. Der Kläger ist durch den Verwaltungsakt zur Zahlung der Bestattungskosten verpflichtet worden. Mit dem Bescheid macht die Stadt E... gegenüber dem Kläger die Bestattungskosten in Höhe von 1.755,18 EUR geltend, die die Firma S____ der Stadt für die Bestattung der Ehefrau des Klägers in Rechnung gestellt hat. Als Rechtsgrundlage für die Ersatzvornahme und die Kostenerstattung sind die §§ 73 Abs. 2 und 3, 165, 166, 174, 176, 230 Abs. 1, 238 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz (LVwG) i.V.m. §§ 2 Nr. 12 Ziff. C, 13 Abs. 2 Bestattungsgesetz Schleswig-Holstein (vom 4. Februar 2005, GVOBl. S. 60) genannt.

37

Der Charakter der Kosten als Bestattungskosten ändert sich nicht durch die Ersatzvornahme, die die Ordnungsbehörde durchgeführt hat. Die Ersatzvornahme nach § 238 LVwG kommt bei Handlungen in Betracht, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist, mithin bei vertretbaren Handlungen. Diese „Vertretung“ kann dann erfolgen, wenn eine verpflichtete Person ihre gebotene Handlung nicht erfüllt. Die Vollzugsbehörde kann die Handlung auf Kosten des Pflichtigen ausführen oder durch eine andere Person ausführen lassen. Die Anordnung der Weitergabe der Kosten ist bereits in § 238 LVwG Gesetz normiert. Insofern widerspräche es dem Normzweck, wenn der Charakter der Kosten der Ersatzvornahme ein gänzlich anderer als für die eigentlich geforderte Handlung sein sollte. In beiden Fällen fallen Kosten für die Erfüllung der ursprünglichen Pflicht an. In dem Fall, in dem der Kläger selbst die Bestattung in Auftrag gegeben hätte, wären die Kosten unmittelbar bei ihm angefallen. Durch die Ersatzvornahme ist die Stadt E... in „Vorlage“ getreten und muss nach § 238 LVwG die Kosten beim Kläger geltend machen.

38

Zusätzlich ist die Ordnungsbehörde gleichrangig bestattungspflichtig. Ihre Bestattungspflicht nimmt im System der Bestattungspflichtigen eine Sonderstellung ein. Die Ordnungsbehörde ist selbst nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattungsG bestattungspflichtig, u. a. wenn die zur Bestattung verpflichteten Personen ihrer Pflicht nicht innerhalb der Frist von neun Tagen gem. § 16 BestattungsG nachkommen. Die Bestattungspflicht erfolgt gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattungsG entsprechend §§ 230, 238 LVwG, mithin im Wege des sofortigen Vollzuges nach § 230 LVwG als Ersatzvornahme nach § 238 LVwG. Die ordnungsbehördliche Pflicht der Gemeinde ist nach dem BestattungsG bereits als Ersatzhandlung für die eigentlich nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattungsG Verpflichteten, die Hinterbliebenen, ausgestaltet.

39

Dem Kläger ist es nicht zumutbar die Bestattungskosten zu tragen. Das SGB XII und insbesondere dessen § 74 enthält keine Definition des Begriffes der Zumutbarkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergibt sich der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zugemutet werden kann, insbesondere aus den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts (BSG, Urteil vom 29. September 2009, B 8 SO 23/08 R, juris, Rn. 14). § 74 SGB XII stellt für die Übernahme der Bestattungskosten nicht ausdrücklich und ausschließlich auf die Bedürftigkeit ab. Anders als bei den anderen Leistungen des Fünften bis Neunten Kapitels des SGB XII kann der Bedarf bereits vor Antragstellung gedeckt sein und eine Notlage, die für die Inanspruchnahme anderer Sozialhilfeleistungen regelmäßig vorausgesetzt wird, muss nicht mehr gegeben sein. Vor diesem Hintergrund nimmt § 74 SGB XII im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein (BSG, a.a.O.). Der sozialhilferechtliche Bedarf ist im Falle des § 74 SGB XII nicht die Bestattung an sich, sondern die Entlastung des Verpflichteten von den Kosten. Aufgrund der Normierung der eigenständigen Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit (vgl. für die Vorgängervorschrift des § 15 BSHG Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 5. Juni 1997, 5 C 13/96, juris, Rn. 8) sind für den Anspruch auf die Übernahme von Bestattungskosten neben der Bedürftigkeit weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. § 19 Abs. 3 SGB XII bestimmt, dass u. a. Hilfen in anderen Lebenslagen (§ 70 bis 74 SGB XII) geleistet werden, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Das bedeutet, dass bei Vorliegen einer Bedürftigkeit die Unzumutbarkeit der Übernahme der Bestattungskosten ohne Weiteres gegeben ist. Da aber die Vorschrift des § 74 SGB XII nicht nur den Begriff der Bedürftigkeit verwendet, sondern auf die Zumutbarkeit abstellt, kann für eine Kostenübernahmeentscheidung nicht allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt werden. Es müssen vielmehr nach den Besonderheiten des Einzelfalles (§ 9 Abs. 1 SGB XII) auch solche Umstände Berücksichtigung finden, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind (BSG, a.a.O., Rn. 16). So ist, wenn denn eine Bedürftigkeit nicht gegeben ist, für die Zumutbarkeit auch auf die Qualität der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen abzustellen. Das BSG hat dazu ausgeführt, dass in der Regel die Anforderungen an die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes umso geringer seien, je enger das Verwandtschaftsverhältnis oder die rechtliche Beziehung gewesen sei. Umgekehrt könnten etwa zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit begründen. Entscheidend seien jeweils die Verhältnisse des Einzelfalls (BSG, a.a.O., Rn. 16). Demnach ist zunächst eine Prüfung der Bedürftigkeit vorzunehmen und im Anschluss daran wären im Falle der Verneinung einer Bedürftigkeit weitere Gesichtspunkte des Einzelfalles zu würdigen. Die Bedürftigkeit bzw. Unzumutbarkeit aus anderen Gründen muss nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 74 SGB XII zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Bestattungsunternehmens vorliegen, da der Leistungsfall die Verbindlichkeit an sich ist (BSG, a.a.O., Rn. 17).

40

An der Erforderlichkeit der Kosten in Höhe von 1.755,18 EUR bestehen keinerlei Zweifel. Kostengünstiger wird eine Bestattung nach der langjährigen Erfahrung des Senats kaum durchzuführen sein. Anzumerken wäre allenfalls, dass wohl stärker auf die Bedürfnisse der Angehörigen bei der Durchführung der Bestattung einzugehen gewesen wäre. Hinsichtlich der Kosten ist nämlich grundsätzlich eine den Individualitätsgrundsatz berücksichtigende Entscheidung zu treffen (§ 9 Abs. 1 SGB XII); grundsätzlich ist dabei auch angemessenen Wünschen des Bestattungspflichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB XII) und ggf. des Verstorbenen (§ 9 Abs. 1 SGB XII) sowie religiösen Bekenntnissen (Art. 4 Grundgesetz) mit Rücksicht auf die auch nach dem Tod zu beachtende Menschenwürde (BVerwG Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 41; BSGE 100, 131 ff RdNr. 22 = SozR 4-3500 § 90 Nr. 3) Rechnung zu tragen ist (BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 20/10 R –, juris, Rn. 18). Die fehlende Rücksprache hinsichtlich Art, Ort und Zeitpunkt der Bestattung der verstorbenen Ehefrau des Klägers scheint die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen nicht zu erfüllen.

41

Dem Kläger ist die Kostentragung nicht zuzumuten. Er verfügt nicht über Einkommen und Vermögen, um die Kosten der Bestattung zu tragen. Die üblichen Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII dienen als Orientierungspunkte für die Beurteilung der Zumutbarkeit (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 74 SGB XII RdNr .12); in besonderer Weise ist Bedürftigkeit im Sinne des SGB II bzw. SGB XII bezogen auf Leistungen zum Lebensunterhalt ein wesentliches Kriterium der Zumutbarkeit des § 74 SGB XII (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R –, juris, Rn. 25). Der Kläger lag mit seinem Leistungsbezug unter der Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII. Ein Erbe, als vorrangig einzusetzendes Vermögen bzw. Einkommen, bestand ebenso wenig wie Zuwendungen aus Anlass des Todes (z. B. Sterbegeld, Lebensversicherung, Bestattungsvorsorgevertrag). Das dürfte auch der Grund für die Erbausschlagung seitens des Klägers gewesen sein.

42

Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Möglichkeit eines Erlasses der Kosten der Ersatzvornahme nach § 21 Landesverordnung über die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (Vollzugs- und Vollstreckungskostenverordnung - VVKVO - vom 11. September 2007, GVOBl. 2007, 443) entgegen. Nach § 21 Abs. 2 VVKVO kann die Vollzugs- oder Vollstreckungsbehörde von einer Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen teilweise oder ganz absehen, wenn die Beitreibung der Kosten für die Schuldnerin oder den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. Zutreffend hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die nahezu einhellige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (Bayrischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008, - 4 ZB 07.2815 -, juris Rn. 8; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rn. 85; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris, Rn. 26; VG Köln, Urteil vom 20. März 2009 - 27 K 5617/07, juris, Rn. 48; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (923/924); a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Juli 2009 – 19 A 448/07 -, juris, Rn. 45 ff.) ausgeführt, dass hinsichtlich der Kosten einer Beerdigung die Kostenübernahme nach § 74 SGB XII als vorrangig angesehen werde.

43

Diese Auffassung wird vom Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht geteilt (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 6 A 219/13 –, juris, Rn. 28; Urteil vom 16. Oktober 2014 - 6 A 62/13 -, juris, Rn. 22). Nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts schließt der Anspruch nach § 74 SGB XII die Anwendung der Härteklausel gemäß § 21 VVKVO hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse aus, nur persönliche Härtefallgründe könnten ggf. mit Erfolg im Rahmen von § 21 VVKVO geltend gemacht werden. Letztere liegen hier jedoch nicht vor. Insofern steht dem Kläger kein realisierbarer Anspruch gegen die Stadt E... zur Seite, der geeignet wäre, die Kostentragung zu vermeiden. Bei den anderslautenden Ausführungen des OVG Nordrhein-Westfalens (a.a.O., Rn. 45 - 47) handelt es sich zum einen nicht um einen tragenden Grund der Entscheidung und zum anderen ist die Auslegung des OVG zur Kostenordnung Nordrhein-Westfalens ergangen. Selbst wenn der erkennende Senat der Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalens folgen würde, ist nicht ersichtlich, wie vor dem Hintergrund der örtlichen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gem. § 52 Nr. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – maßgebend ist der Sitz des Beklagten – der Kläger einen Anspruch gegen die Stadt E... erreichen könnte. Da es sich bei den Vollstreckungsordnungen um Landesrecht handelt, ist auch dem Bundesverwaltungsgericht eine Klärung wegen § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO versagt. Es hat über die Anwendung und Auslegung von Bundesrecht zu entscheiden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 17. August 2009 - 6 B 10.09 - mwN, juris). Im Übrigen folgt der Senat der Auffassung des Sozialgerichts und sieht nach § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Urteilsgründe ab.

44

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

45

Gründe für die Zulassung der Revision durch den Senat nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.


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Tenor Die Bescheide vom 03.09.2010 und 08.08.2013 werden aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand 1 Die Beteili
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Annotations

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Bei der Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel ist der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs ihr monatliches Einkommen zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.

(2) Ist die nachfragende Person minderjährig und unverheiratet, so ist ihr und ihren Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs das monatliche Einkommen der nachfragenden Person und ihrer Eltern zusammen eine Einkommensgrenze nicht übersteigt, die sich ergibt aus

1.
einem Grundbetrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28,
2.
den Aufwendungen für die Unterkunft, soweit diese den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang nicht übersteigen und
3.
einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für einen Elternteil, wenn die Eltern zusammenleben, sowie für die nachfragende Person und für jede Person, die von den Eltern oder der nachfragenden Person überwiegend unterhalten worden ist oder für die sie nach der Entscheidung über die Erbringung der Sozialhilfe unterhaltspflichtig werden.
Leben die Eltern nicht zusammen, richtet sich die Einkommensgrenze nach dem Elternteil, bei dem die nachfragende Person lebt. Lebt sie bei keinem Elternteil, bestimmt sich die Einkommensgrenze nach Absatz 1.

(3) Die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 bestimmt sich nach dem Ort, an dem der Leistungsberechtigte die Leistung erhält. Bei der Leistung in einer Einrichtung sowie bei Unterbringung in einer anderen Familie oder bei den in § 107 genannten anderen Personen bestimmt er sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten oder, wenn im Falle des Absatzes 2 auch das Einkommen seiner Eltern oder eines Elternteils maßgebend ist, nach deren gewöhnlichem Aufenthalt. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist Satz 1 anzuwenden.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.