Landessozialgericht NRW Beschluss, 29. Aug. 2013 - L 19 AS 1345/12 B
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.06.2012 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren ab 21.11.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt X, S, beigeordnet
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit um die Aufhebung der Bewilligung sowie Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II.
4Die 1956 geborene Klägerin bezog in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 1988 geborenen Sohn T Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin und ihr Sohn wohnten in einer Wohnung, die der Mutter der Klägerin gehörte und für die die Klägerin nach eigenen Angaben Miete zu entrichten hatte. Die Mutter der Klägerin bewohnte eine Wohnung im selben Haus und wurde von der Klägerin gepflegt. Am 00.00.2006 verstarb die Mutter der Klägerin und wurde von dieser beerbt. Im Rahmen eines notariellen Antrags auf Erteilung eines Erbscheins wurde der Nettowert des Nachlasses auf 20.000 EUR geschätzt. Nach einem Aktenvermerk war der Beklagte jedenfalls am 28.12.2006 über den Tod der Mutter informiert. Am 14.03.2007 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, die bisherige Miete werde nunmehr als Darlehenszins an die Bausparkasse X entrichtet. Am 08.03.2007 erhielt der Beklagte die Unterlagen über die Eigentumsverhältnisse, die Zinsbelastungen und die Wertermittlung bezüglich beider Wohnungen. Der Beklagte gelangte zu der Überzeugung, die Klägerin und ihr Sohn seien infolge des Erbfalles für Teilzeiträume des Leistungsbezuges nicht bedürftig gewesen und hätten zu Unrecht Leistungen bezogen. Mit insgesamt sechs Bescheiden, von denen drei den Sohn der Klägerin, drei sie selbst betreffen, hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für Teilzeiträume auf und forderte beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Erstattung der ihnen jeweils erbrachten Leistungen auf.
5Mit der im vorliegenden Rechtsstreit am 16.09.2011 namens des Sohnes T, jedoch unter Nennung des vom Beklagten für ein Verfahren der Klägerin vergebenen Ordnungszeichens (xxx) sowie unter Beifügung des an die Klägerin gerichteten Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 16.04.2010 und des zugehörigen Widerspruchsbescheides (xxx) vom 12.08.2011 - eingegangen beim Bevollmächtigten am 16.08.2011 - erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 16.09.2011 die Aufhebung und Rückforderung von für die Zeit von Dezember 2007 bis September 2009 erbrachten Leistungen angefochten. Nachdem das Sozialgericht darauf hingewiesen hatte, die mit übersandten Bescheide beträfen nicht den Sohn der Klägerin, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 29.09.2011, dem Sozialgericht per Fax am gleichen Tag übersandt, "klargestellt", Klägerin sei Frau J T.
6Mit Beschluss vom 04.06.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abgelehnt. Der Beteiligtenwechsel stelle eine Klageänderung i.S.v. § 99 Abs. 1 SGG dar. Die so geänderte Klage sei jedoch nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden und damit unzulässig. Auf die weitere Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
7Gegen den am 13.06.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 02.07.2012. Es seien am 16.09.2012 sechs Klagen, drei die Klägerin selbst und drei ihren Sohn betreffend, erhoben worden und über die jeweils beigefügten Bescheide den jeweiligen Personen zuzuordnen. Eine Klageänderung liege daher nicht vor, lediglich eine Falschbezeichnung. Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
8II.
9Die zulässige Beschwerde ist begründet.
10Nach §§ 73a SGG, 114 ZPO steht der nach ihren glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftigen Klägerin für ihre nicht mutwillige Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe zu, da diese insbesondere auch hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO bietet. Die Auslegung des Klageantrags führt zu dem Ergebnis, dass bereits am 16.09.2011 und damit unter Wahrung der Klagefrist im Namen der Klägerin Klage erhoben worden ist (1.). Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bedarf der Überprüfung im Hauptsacheverfahren (2.).
111. Die Klageschrift vom 16.09.2011 ist in sich und insbesondere auch unter weiterer Berücksichtigung der beigefügten Unterlagen widersprüchlich und daher auslegungsbedürftig. In der Klageschrift wird der Sohn der Klägerin als Kläger benannt, zugleich aber - durch Nennung der Widerspruchskennung W 2341/10 in der Klageschrift - auf eine die Klägerin betreffende Entscheidung Bezug genommen, die zudem in der Anlage zur Klageschrift beigefügt ist. Ein auf den Wortlaut beschränktes Verständnis der Klageschrift vom 16.09.2011 führt daher zu dem mindestens einer Hinterfragung bedürftigen Ansatz, dass der Sohn der Klägerin die Überprüfung von nicht ihn, vielmehr seine Mutter betreffenden Bescheiden begehrt. Dafür, dass und warum dies tatsächlich der Fall sein könnte, bietet der aktenkundige Sachverhalt keinerlei Hinweis, ebenso fehlt es an prozessualen Gründen für ein solches Vorgehen. Das wörtliche Verständnis der Klageschrift führt daher zur Annahme eines offensichtlich haltlosen Klagebegehrens, bei dessen Begründung unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten besondere Zurückhaltung geboten ist (BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R). Prozessuale Anträge sind vielmehr so auszulegen, dass ein Begehren eines Antragstellers bzw. Rechtsmittelführers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (vgl. BSG Urteile vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 11 mwN; 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, BSGE 106, 78 = SozR 4-4200 § 37 Nr 2, RdNr 15; vgl zum Klageantrag: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 11; Zusammenfassung bei BSG Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 166/11 R). Als beantragt ist dementsprechend alles anzusehen, was nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommt. Die Gerichte haben sich nicht daran zu orientieren, was als Klageantrag zulässig ist, sondern was nach dem klägerischen Vorbringen begehrt wird, soweit jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen. Auch für die Auslegung von Prozesshandlungen einschließlich der Klageanträge ist die Auslegungsregel des § 133 BGB entsprechend anzuwenden. Danach ist nicht an dem Wortlaut einer Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, soweit er für das Gericht und die Beteiligten erkennbar ist. Dabei muss der für das Gericht und die übrigen Beteiligten erkennbare gesamte Klagevortrag einschließlich der Verwaltungsvorgänge herangezogen werden (BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R m.w.N.)
12Für eine Auslegung der Klageschrift vom 16.09.2011 dahin, dass es sich um eine Klage der Klägerin selbst handelt, sprechen mehrere Gesichtspunkte. So hat der gemeinsame Prozessbevollmächtigte die insgesamt sechs Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide vom 16.04.2010 in der Gestalt der jeweils zugehörigen Widerspruchsbescheide in sechs Klageverfahren angefochten, wovon drei die an den Sohn der Klägerin gerichteten Bescheide betreffen (S 40 AS 2190/11, S 40 AS 2111/11, S 40 AS 2113/11). Bereits dies legt die Annahme nahe, dass es sich bei den weiteren Verfahren um Verfahren der Klägerin selbst handelt. Ein gewichtiges Indiz hierfür stellt die Bezugnahme auf die die Klägerin selbst betreffenden Bescheide durch Angabe der Nummer des Widerspruchsverfahrens und die Beifügung der Bescheide dar, schließlich die mit Schreiben vom 29.09.2011 ausdrücklich vorgenommene Klarstellung.
132. Die Rechtsverfolgung hat auch im Übrigen hinreichende Aussicht auf Erfolg.
14Zutreffend ist der Beklagte allerdings davon ausgegangen, dass die durch den Tod der Mutter am 00.00.2006 angefallene Erbschaft grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen ist (BSG Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R). Ob die wohl im Wesentlichen aus den beiden Eigentumswohnungen bestehende Erbschaft hingegen als bereite Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stand (BSG a.a.O.) und die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligungsbescheide nach §§ 45, 48 SGB II vorlagen, bedarf der näheren Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Gegen das Vorhandensein bereiter Mittel bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls könnte sprechen, dass die Erbschaft wohl nicht aus Barmitteln besteht und die Klägerin zwar keine Miete, aber die Schuldzinsen zu errichten hatte, weshalb durch das Erben der Wohnung auch im Bereich der Unterkunftskosten keine Änderung eingetreten ist.
15Ob der Umstand, dass erhebliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Klägerin mit einem Partner iSd § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II zusammenlebt, im anhängigen Verfahren berücksichtigt werden kann (hierzu BSG Urteil vom 29.09.1987 - 7 Rar 104/85), lässt der Senat offen.
16Über Ersatzansprüche nach § 34 SGB II wegen Nichtverwertung der Erbschaft ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
17Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind gem. §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs.4 ZPO nicht zu erstatten.
18Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.
(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, - 3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.
(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.
(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.
(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
- 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet. Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde. Sachleistungen sind, auch wenn sie in Form eines Gutscheins erbracht wurden, in Geld zu ersetzen. § 40 Absatz 6 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung. Von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.
(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über. Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.
(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, für das die Leistung erbracht worden ist. Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.
(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.
(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.