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| Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG). |
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| Die Berufung ist jedoch nicht begründet. |
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| Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 SGG. Der Antrag der Klägerin, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls Ende 2001/Anfang 2002 festzustellen, ist gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, Nr.3 SGG als Feststellungsklage zulässig. Begehrt werden die Feststellung eines Arbeitsunfalls und von Unfallfolgen. |
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| Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wie es das durch Arbeitsunfall begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin als Versicherte und der Beklagten als Trägerin der Unfallversicherung darstellt. Vor Erhebung einer Feststellungsklage muss der Versicherte im Regelfall einen entsprechenden (Feststellungs-)Antrag an den Versicherungsträger gerichtet haben, mit dem er eine bestimmte Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt hat, z.B. dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt. Das Begehren zur Feststellung eines Arbeitsunfalles ist nicht auf die Feststellung eines nicht feststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchsnorm gerichtet (BSG Urt. vom 27.06.2006 - B 2 U 77/06 B -, SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit der Feststellungsklage auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge begehrt werden (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -). Über beide Feststellungsbegehren ist durch die Beklagte auch durch anfechtbaren Verwaltungsakt inzident entschieden worden, weshalb die prozessuale Voraussetzung einer Verwaltungsentscheidung und eines durchgeführten Vorverfahrens vorliegt. Im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 09.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2010 wurden Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil weder eine posttraumatische Belastungsstörung noch eine sonstige psychoreaktive Störung (so der Widerspruchbescheid) vorgelegen habe, womit die begehrte Feststellung einer posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge konkludent abgelehnt ist. Ein Arbeitsunfall wurde mangels „primärer Gesundheitsschädigung“ aufgrund des Ereignisses Ende 2001/Anfang 2002 (so der Ausgangsbescheid) zunächst konkludent und im Widerspruchbescheid ausdrücklich ein Versicherungsfall (nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind das Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) verneint. |
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| Voraussetzung ist auch für diese Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 SGG), dass ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt hier vor, da ein Gesundheitsschaden behauptet wird, der nach klägerischer Auffassung auf das angeschuldigte Geschehen zurückzuführen ist und geeignet ist, zum einen als -fraglicher- Erstschaden die Feststellung eines Arbeitsunfalles zu erlauben und zum anderen Leistungen für die Vergangenheit und gegebenenfalls auch für die Zukunft zu begründen. |
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| Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris). |
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| Nach diesen Grundsätzen ist ein Arbeitsunfall der Klägerin im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Ereignis nicht nachgewiesen. Der nicht genau datierte Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls insoweit, als es bei der Verrichtung der versicherten Tätigkeit der Klägerin durch den handgreiflichen Übergriff zu einer Einwirkung auf den Körper der Klägerin gekommen ist. Der Senat geht davon aus, dass der randalierende Versicherte die Klägerin an den Armen gepackt und sie, wie in der Unfallanzeige von ihr dargestellt, mehrfach gegen ihren Willen an verschiedene Orte in ihrem Büro gezwungen hatte. Ebenso geht der Senat davon aus, dass hierdurch auch eine Einwirkung auf die Psyche der Klägerin stattgefunden hat, die grundsätzlich auch ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.), und sich vorliegend in der Angst, der Versicherte möge eine Waffe dabei haben, dem Erschrecken über das Verhalten des Versicherten und dem Gefühl der Hilflosigkeit äußerte. |
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| Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein Gesundheitserstschaden entstanden ist. |
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| Gesundheitserstschaden i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.). |
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| Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Jedoch hat die Klägerin weder einen somatischen Gesundheitsschaden vorgetragen noch ergibt sich aus ihrem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung. |
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| Die Handgreiflichkeiten des randalierenden Versicherten haben keine Veränderung des Körperzustands der Klägerin in diesem Sinne bewirkt. Der Eingriff in die körperliche Integrität der Klägerin, indem der Versicherte sie gewaltsam an beiden Armen gepackt hat, hat keine körperliche Verletzung verursacht. Ein ärztlicher Befund hierüber wurde entsprechend dem klägerischen Vorbringen nicht erhoben und ein solcher wurde dem Senat auch nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin möglicherweise hierbei Schmerzen empfunden haben sollte, ist damit allein noch keine substantielle körperliche Verletzung dargelegt, sondern zunächst nur eine regelhafte Enervierung der Schmerzsensoren, die nicht zwingend eine - auch nur geringfügige - Verletzung von Körperstrukturen belegt. |
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| Ein unmittelbar aufgetretener psychischer Gesundheitsschaden ist dem Bericht der Klägerin, den sie der Unfallanzeige ihrer Beschäftigungsbehörde vom 28.01.2010 beigefügt hatte, nicht zu entnehmen. Als unmittelbare Reaktion auf den geschilderten Übergriff des Versicherten gibt die Klägerin zwar an, geschockt gewesen zu sein, entsetzliche Angst gehabt zu haben und nach der gelungenen Flucht aus dem Zimmer total aufgelöst gewesen zu sein. Sonstige Angaben über ihren psychischen Zustand finden sich in ihrem sonstigen Vorbringen nicht. In den vorgelegten Berichten aus der ab 2009 aufgenommenen ärztlichen und psychologischen Behandlung sind krankheitswertige Symptome eines psychischen Gesundheitsschadens nicht oder nur unzureichend dargelegt. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall bis 2008 noch keinen Arzt aufgesucht. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand nicht. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt und ist von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Die Psychologin R.-R. zählt ohne nähere Darlegung aufgrund der Schilderung der Klägerin als Anfangssymptomatik unmittelbar nach dem Vorfall 2001/2002 aufgetretene Intrusionen von Bildern an den Überfall, Albträume und Schlafstörungen auf (Bericht vom 30.06.2010), was traumaspezifische Krankheitssymptome nicht nachvollziehbar belegt und im Widerspruch dazu steht, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hatte, sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern zu können. Im Bericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009 sind zur Erstsymptomatik zum Zeitpunkt des Vorfalls, wobei dieser auf das Jahr 2003 datiert wird, keine Ausführungen gemacht. PD Dr. Ro. verneinte nach Auswertung der Aktenlage - für den Senat daher insoweit nachvollziehbar - ausdrücklich den Nachweis einer psychoreaktiven Störung (Stellungnahmen vom 26.04.2010 und 13.07.2010). Auch Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten vom 09.05.2011 eine akute Belastungsstörung (ICD 10: F 43.0) ausgeschlossen. |
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| Bei dieser Ausgangslage ist die bei psychischen Belastungen schwierige Abgrenzung, ob die Reaktion des Betroffenen sich noch im Bereich des zu erwartenden und angemessenen normalen Verhaltens bewegt oder bereits eine krankheitswertige Regelabweichung vom gesunden normalen Zustand erkennen lässt, nicht zuverlässig möglich. Der mit einem persönlichen körperlichen Übergriff auf die Klägerin einhergehende Vorfall geht weit über alltägliche, berufliche Belastungssituationen hinaus, zwingt aber nicht ohne weiteres - auch wegen seines noch glimpflichen Ausgangs - zu der Annahme, dass damit notwendigerweise gravierende psychische Beeinträchtigungen verbunden gewesen sein müssen. Andererseits ist aber bei gegen die eigene Person gerichteten Attacken eine Schreckreaktion, Angst vor Weiterungen des Übergriffs und eine auch nach Ende des Vorfalls anhaltende Aufgeregtheit mit nervlicher Angespanntheit eine zu erwartende und noch normale Reaktion. Nicht jede nicht alltägliche Gemütslage oder anlassbezogene, psychisch angespannte Befindlichkeit rechtfertigt den Schluss auf einen regelwidrigen Körperzustand. Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.06.2010 eine kurzzeitige Belastungsreaktion unmittelbar nach dem Übergriff als allenfalls noch plausibel bewertet, ist diese anscheinende Hilfsüberlegung, dass eine Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 vorgelegen haben könnte, aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit einen Arbeitsunfall oder jedenfalls Entschädigungsleistungen ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar wäre wegen der Kurzzeitigkeit der akuten Belastungsreaktion aus den oben genannten Gründen, wonach es auf die Schwere, Dauer und Behandlungsbedürftigkeit eines Gesundheitserstschadens nicht ankommt, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht zu verneinen, jedoch reicht die bloße Möglichkeit neben anderen ebenso möglichen Sachverhaltskonstellationen für den Nachweis eines Gesundheitserstschadens nicht aus. Diese Überlegung kommt hinreichend in der Formulierung zum Ausdruck, dass hier eine Belastungsreaktion allenfalls noch plausibel sein könnte. Die im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen haben insoweit keine hinreichende Aufklärung erbracht. Der Senat sieht keinen Ansatz für dahingehende weitere Ermittlungen. Solche sind auch nicht vorgetragen. |
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| Eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1, deren Vorliegen der Senat unterstellt, ist zur Überzeugung des Senats ebenfalls als Gesundheitserstschaden nicht nachgewiesen. |
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| Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet zur Überzeugung des Senats die Annahme eines Gesundheitserstschadens in Form dieser Erkrankung nicht deshalb aus, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst lange Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Nach den von den Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. dargelegten medizinischen Zusammenhängen ist bei einem Ereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A-Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) entspricht, und den später auftretenden B-, C- und D-Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) anzunehmen, dass der Betroffene in der Phase der seelischen Latenz nicht gesund ist. Damit ist mit Auftreten der Symptomatik zwar die Diagnosestellung erst gesichert, ein Gesundheitsschaden kann dagegen bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - bzw. die zum Gesundheitsschaden führende Kausalkette wurde dadurch in Gang gesetzt und der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden kann auch erst später eintreten. |
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| Für den Vollbeweis hinreichende Anhaltspunkte für einen seelischen Gesundheitsschaden unmittelbar nach dem Ereignis hat der Senat nach den obigen Ausführungen nicht. Ob eine Phase einer latenten seelischen Erkrankung vorlag, ist nicht sicher festzustellen. Der Senat geht jedoch zu Gunsten der Klägerin von dem Ingangsetzen eines Kausalverlaufs zur Entstehung der von Dr. C. diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung aus. |
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| Hierbei stellt der Senat die auch vom SG aufgeworfenen Zweifel daran, ob die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt sind, zurück. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. T. konnte bei seiner Untersuchung die typischen Merkmale wie aufdrängende Erinnerungen, Albträume, das Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit usw. nicht erheben. Soweit der Sachverständige auf eine entsprechende Befunderhebung bei den Voruntersuchungen durch das Universitätsklinikum F. verweist, wo die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden ist, ist dies nicht vollständig überzeugend. Zum einen wurde dort bei der Untersuchung der Klägerin im Januar 2009 fälschlich angenommen, dass der auslösende Vorfall erst im Jahre 2003 eingetreten und eine unmittelbar hieran anknüpfende Behandlung durch die Psychologin N. durchgeführt worden sei (Befundbericht der Universitätsklinik F. vom 15.01.2009). Zum anderen sind die dort wiedergegebenen Symptome von tagsüber auftretendem Wiedererleben szenischer Erinnerungen und Bilder bei der Arbeit, Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit verringerter Belastbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Vermeidungsverhalten teils wenig spezifisch und teils nicht vollständig korrekt, da ein Kundenkontakt erst ab 2010 durch Übernahme einer neuen Tätigkeit endgültig vermieden wurde und die Klägerin zuvor gerade mit vielen Menschen über den Vorfall im Rahmen der Selbsthilfe gesprochen hat, wie sich aus den Darlegungen der Psychologin R.-R. vom 30.06.2010 entnehmen lässt. Diese beurteilte die erstmals 2006 aufgetretenen Beschwerden der Klägerin, die sie ihr nach Behandlungsbeginn im Jahr 2009 schilderte, als die typischen Belastungssymptome, die die genannten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen (Bescheinigungen vom 23.12.2009 und vom 30.06.2010). Die Psychologin R.-R. bezeichnete die von ihr bei der Untersuchung der Klägerin selbst erhobenen Beschwerden jedoch nicht als Krankheit. Damit stimmt überein, dass auch Dr. C. ebenso wie Prof. Dr. T. keine akute Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung mehr hat diagnostizierten können. Seine Diagnose eines Status nach posttraumatischer Belastungsstörung bezieht sich auf einen früheren Zustand. Eine Befunderhebung aufgrund des während der Exploration gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zum Zeitpunkt des angenommenen erstmaligen Auftretens der typischen Symptomatik hat die Psychologin R.-R. gerade nicht zur Grundlage ihrer Einschätzung machen können. Dass die Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung ab 2006 erfüllt waren, wovon Psychologin R.-R. und die gerichtlichen Sachverständigen ausgehen, hat der Senat dennoch als zutreffend unterstellt. |
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| Zur Überzeugung des Senats sind die ab 2006 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch nicht wesentlich kausal auf den angeschuldigten Vorfall Ende 2001/Anfang 2002 zurückzuführen. |
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| Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). |
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| Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Bedingungen. |
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| Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.). |
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| Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.). |
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| Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Senats kein wesentlicher Zusammenhang der seit 2006 aufgetretenen psychischen Beschwerden mit dem angeschuldigten Vorfall. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. zu den psychodynamisch wirkenden Bedingungen, die den geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Grunde liegen. Auch die Psychologin R.-R. beschreibt eine damit weitgehend übereinstimmende Psychodynamik. Prof. Dr. T. stellt ebenso wie Dr. C. darauf ab, dass andere Ursachen als das unmittelbare Traumaereignis für die unzureichende Krankheitsverarbeitung der Klägerin auch die hilflos gehandhabte Krisensituation und die zu geringe Hilfestellung durch die Kollegen waren. Dr. C. geht hiermit deckungsgleich davon aus, freilich unter Hinweis auf den hypothetischen Charakter des Bedingungsgefüges, das nur in einer längeren Psychotherapie falsifiziert oder verifiziert werden könne, dass die fehlende soziale Unterstützung durch den Arbeitgeber oder die Beklagte, wonach sie keine prophylaktische Primärbetreuung nach dem Vorfall erfahren habe, bei der im Gutachten näher beschriebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zum Durchbruch des deshalb seit dem Vorfall aufgestauten Grolls führte, als die Klägerin nach dem Umzug 2006 mit den jetzt möglichen Sicherheitseinrichtungen und Bemühungen der Dienststelle zum Schutz vor aggressiven Publikum sich konfrontiert sah und erkennen musste, dass ihr dieser Schutz nicht zuteil geworden sei. Ebenso beschreibt er die unterbliebene Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen, wobei in der Wahrnehmung der Klägerin sogar der Täter durch diese eher geschützt und umworben wurde, da er schließlich sogar Rente erhalten habe. Auch die Bagatellisierung des Vorfalls durch die herbeigerufenen Polizeibeamten, die von einer Anzeige abgeraten hatten, hatte zu der psychischen Konstellation geführt, dass die Klägerin sich als ungerecht behandelt fühlt und sie nun einen - auch juristischen - Kampf um Gerechtigkeit und weniger um materielle Entschädigung führt. Der Senat erachtet diese Umstände als nachgewiesene mitwirkende Bedingungen, denn die behandelnde Psychologin R.-R. hat aufgrund ihrer durchgeführten Langzeittherapie die von Dr. C. als hypothetisch angestellten Überlegungen in dem vom Sachverständigen gemeinten Sinne auch verifiziert. In ihrem Bericht vom 06.12.2010 hatte sie nach 60 Sitzungen bereits ebenso wie Dr. C. dargelegt, dass die Klägerin durch das erlebte Verhalten der Dienststelle, der Polizei und der Vorgesetzten und Kollegen eine Entwertung ihrer Person empfunden hat, weshalb sie um Anerkennung des ihr widerfahrenen Unrechts durch Feststellung dieses Vorfalls als Arbeitsunfall kämpft und nicht, um eine Entschädigung zu erlangen. |
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| Diese in den gutachterlichen Darlegungen der Mediziner und der Psychologin aufgezeigten Bedingungszusammenhänge ergeben aber entgegen deren Einschätzung keinen wesentlichen Zusammenhang der psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Vorfall 2001/2002. Bei geklärtem medizinischem Sachverhalt ist die wertende Entscheidung, welche der aus dem jeweiligen Fachgebiet dargelegten Bedingungen wesentlich ist, eine Rechtsfrage, die dem Gericht vorbehalten ist. Nach den gutachtlichen Darlegungen ist aber das angeschuldigte Unfallereignis nur noch auslösendes Moment, d.h. conditio sine qua non, für die diese von den Sachverständigen und der Psychologin genannten Bedingungen, die die Beschwerden der Klägerin ausgelöst und unterhalten haben. Die psychische Beeinträchtigung der Klägerin beruht weit überwiegend auf Erscheinungen, die mit dem eigentlichen Vorfall des Übergriffs des randalierenden Versicherten entweder nur am Rande zu tun haben - wie die von der Klägerin empfundene verspätete Hilfeleistung durch Kollegen oder die empfundene Bagatellisierung durch die Polizeibeamten - oder auf nachfolgende Eindrücke und Erfahrungen - wie die unterbliebene Betreuung und Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen bzw. die ungerecht empfundene Bevorzugung des Verursachers ihr gegenüber -. Der Vorfall selbst, das in Betracht kommende Unfallereignis, ist demgegenüber vollständig in den Hintergrund gerückt. Dies kommt zur Überzeugung des Senats auch darin zum Ausdruck, dass die von der Psychologin R.-R. beschriebene Beschwerdesymptomatik im Sinne der Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Das typische Vermeidungsverhalten ist nicht erkennbar. Obgleich Beschwerden ab 2006 bestehen, übt die Klägerin erst seit Anfang 2010 eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt aus, wie sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. angegeben hat. Auch treten die Beschwerden nur im Dienstgebäude auf, nicht zuhause oder bei privaten Beschäftigungen, wie die Klägerin mehrfach angegeben hat. Der Bezug zum Dienstbetrieb spricht einerseits für den Schwerpunkt des Bedingungsgefüges im Bereich des Verhaltens der Dienststelle und andererseits gegen die Merkmale der sich ungewollt aufdrängenden typischen Erinnerungen an das Initialereignis, wobei teilweise die auslösenden Momente (Einweisung in die Sicherheitseinrichtungen, Deeskalationstraining) mit dem Vorfall nur geringe Berührungspunkte haben und die typisch intrusiven Erinnerungen an das Unfallgeschehen nicht immer vollständig erkennbar sind, denn erinnert wird häufig die unterbliebene Unterstützung bzw. die empfundene Geringschätzung. In diesem Zusammenhang ist auch die lange Latenz zwischen Initialereignis und auftretender Symptomatik von Bedeutung. Nach Dr. C. ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand, er verweist hierzu auf Foerster/Widder (2007), bei einer längeren Latenz zu berücksichtigen, dass ein Zusammenhang umso plausibler anzusehen ist, je höher die nachvollziehbare seelische Beeindruckung durch das Ereignis war. Der trotz allem noch glimpflich ablaufende Vorfall hat keinen unmittelbaren, erkennbaren tiefergehenden psychischen Eindruck hinterlassen. Bei Prof. Dr. T. hatte die Klägerin sich an die unmittelbaren Folgen des Ereignisses nicht mehr erinnern können, anders als später bei der Untersuchung durch Dr. C., wo sie angab, sie habe nach der Flucht aus dem Büro weinen müssen, sei in aufgewühltem Zustand nachhause gegangen und selbst am nächsten Tag habe sie ihr Ehemann nicht zur Arbeit gehen lassen wollen. Wie oben dargelegt ist eine tiefergehende Beeindruckung, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nicht nachgewiesen. Selbst wenn man mit Dr. C. davon ausgeht, dass trotz der Latenz von mindestens vier Jahren der Zusammenhang mit dem Unfallereignis noch herzustellen ist, ist es nach seinen eigenen Ausführungen nur unter den mitwirkenden anderen Bedingungen (naturwissenschaftlich-philosophisch) kausal geworden. |
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| Diese Bedingungen sind entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. T. und Dr. C., die dies offenkundig unterstellen, dem infrage stehenden Versicherungsfall nicht zuzurechnen, sie sind „unfallfremd“. Damit übereinstimmend stuft auch PD Dr. Ro. in seiner Stellungnahme vom 13.07.2010 den Zusammenhang der psychischen Beeinträchtigung ein, die er als persönlichkeitsbedingte Reaktion bewertet. |
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| Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats. Danach liegt ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang eines psychischen Leidens nicht schon dann vor, wenn in der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Eigenschaften durch das Unfallereignis, die psychischen Unfallfolgen oder durch die Unfallabwicklung des Unfallversicherungsträgers stimuliert werden. Maßstab der wertenden Beurteilung ist vielmehr, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.2010 - L 8 U 1427/10 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Verhalten der Polizei und des Arbeitgebers einschließlich der Vorgesetzten und Kollegen ist als ursächliche Bedingung der später aufgetretenen psychischen Beeinträchtigung der Klägerin und deren Unterhaltung weder einer fehlerhaften Unfallabwicklung durch die Beklagte noch irgendwelchen Auswirkungen psychischer Unfallfolgen zuzurechnen. Die Klägerin hatte nach dem Vorfall ihre Tätigkeit am nächsten Tag fortgeführt, ärztliche oder psychotherapeutische Betreuung nicht in Anspruch genommen und der Beklagten den Vorfall nicht gemeldet. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass präventive Maßnahme oder unterstützende Maßnahmen zur Verarbeitung einer etwaigen Traumatisierung zu ergreifen. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht erkennbar ist, dass der Dienststelle der Klägerin insoweit überhaupt ein Versäumnis vorzuwerfen ist, hat der Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht für das dem Unfall nachgehende Verhalten des Arbeitgebers einzustehen, es sei denn es ist durch den Arbeitsunfall oder dessen Folgen veranlasst und hat zu wesentlichen Weiterungen der Unfallfolgen beigetragen (z.B. psychische Erkrankung wegen einer arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund unfallbedingter Leistungsbeeinträchtigung). Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die seelische Einwirkung durch den Vorfall einer Behandlung oder sonstigen Intervention bedürftig war, denn die Klägerin hatte im Rahmen der Selbsthilfe das Erlebnis verarbeitet, u.a. hatte sie einen Karatekurs belegt, wie Dr. C. und die Psychologin R.-R. ausführen, und hatte keine nach außen sichtbar werdenden funktionellen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen bis 2006. Zwar sind Gesundheitsstörungen, die sich wegen der unterbliebenen, notwendigen Behandlung einer unfallbedingten Schädigung entwickelt haben, wesentlich kausal auf den Unfall zurückzuführen. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. T. und Dr. C. wäre bei der Klägerin eine präventive bzw. prophylaktische Intervention sinnvoll gewesen und nicht eine Behandlung akuter/latenter Krankheitserscheinungen. Doch war das Auftreten der Symptomatik 2006 nicht Folge der Fortwirkung einer unbehandelt gebliebenen seelischen Beeindruckung durch den eigentlichen Vorfall, sondern die hierfür ursächliche seelische Beeindruckung der Klägerin beruhte nach den Darlegungen der Sachverständigen gerade auf dem Umstand, dass die Krisenintervention des Arbeitgebers oder des Unfallversicherungsträgers unterblieben ist, bzw. auf einer vermeintlichen Bagatellisierung durch die Polizei, was aufgrund der dargelegten psychodynamischen Prozesse bei der Klägerin das nachvollziehbare, aber ungerechtfertigte Gefühl erweckt hatte, ein Unrecht seitens der Dienststelle, der Polizei und der Beklagten und eine Geringschätzung ihrer Person erfahren zu haben. Dies steht nicht im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfallereignis und beruht letztlich allein auf der Zuschreibung der Klägerin. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. T. und Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Vorfall lediglich Anknüpfungspunkt für die bei der vorgegebenen Persönlichkeitsstruktur der Klägerin ablaufenden Bewertungsprozesse ist, was aber deren rechtlich unzutreffende Bewertung einer wesentlichen Mitursache des Arbeitsunfalls nicht zu rechtfertigen vermag. |
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| Damit fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität mangels nachgewiesenen Gesundheitserstschadens, woran die Feststellung eines Arbeitsunfalls scheitert. |
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| Mangels Arbeitsunfall ist auch die begehrte Feststellung von Unfallfolgen nicht begründet. Weder eine posttraumatischen Belastungsstörung, selbst wenn sie aus medizinischer Sicht eine begründete Diagnose sein mag, die allein die naturwissenschaftlich-philosophische Kausalitätstheorie zur Grundlage haben kann, noch die von Dr. C. diagnostizierte dissoziative Störung, die der Sachverständiger auf die gleichen Wirkungszusammenhänge zurückführt, können rechtlich Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Darüber hinaus wird die dissoziative Störung nach der von Dr. C. mitgeteilten Definition nach ICD-10 als ursächlich psychogen angesehen und verkörpert häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche Erkrankung manifestieren müsse, was ohne nähere Darlegung das auslösende Trauma eher als Gelegenheitsursache im Sinne einer nicht wesentlichen Bedingung nahelegt. |
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| Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, da die vorliegenden gutachterlichen Äußerungen den medizinischen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt haben. Die hieran anknüpfenden rechtlichen Fragen, ob damit die im Vollbeweis oder nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegenden Tatsachen einer Primärschädigung, eines wesentlichen unfallbedingten Zusammenhangs bzw. eines Zusammenhangs unfallfremder Konkurrenzursachen nachgewiesen sind, hat der Senat zu entscheiden. Der Anregung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 28.02.2013, hierzu Dr. C. ergänzend zu hören, musste der Senat daher nicht nachkommen. Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Beweisantrag der Klägerin, zum Beweis dafür, dass die bei ihr bis 2006 bestandene Beschwerdelatenz aufgrund aktueller wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse auch in Deutschland keinen Anlass bietet, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung infrage zu stellen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise Dr. C. hierzu zu hören, war nicht stattzugeben. Der Senat hatte die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin unterstellt. Dass in der medizinischen Wissenschaft die Kriterien einer verzögert auftretenden posttraumatischen Belastungsstörung bei Beschwerdelatenz möglicherweise unterschiedlich diskutiert werden, wie die insoweit – noch – voneinander abweichenden Diagnosemanuale ICD-10 und DSM-IV erkennen lassen, war für den Senat nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig bedurfte es der vom Klägerbevollmächtigten angeregten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen zum Vorbringen, dass durch die Versorgung traumatisierter Soldaten in der Medizin seit langem bekannt sei, dass seelische Schädigungen oft erst Jahre nach dem traumatisierenden Erlebnis erkannt würden (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 05.03.2013). Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis unter Bezugnahme auf die genannten Veröffentlichungen (Seite 35 seines Gutachtens) und mit Hinweis auf die internationale Literatur mit Forschung zu der verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung bei Kriegsveteranen (Seite 36 seines Gutachtens) bereits dargelegt. Nachdem in den richterlichen Hinweisen vom 12.03.2013 und 14.03.2013 diese Gesichtspunkte den Beteiligten erläutert worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte zu den Aufklärungsverfügungen keine Einwendungen erhoben oder seine Anregung auf weitere Ermittlungen nicht weiter konkretisiert. |
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| Die Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. C., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden auf die Staatskasse übernommen. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.02.2013 - L 8 SB 727/13 B -, vom 19.10.2011 - L 8 SB 3043/11 B; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am klägerischen Prozessziel, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für die Klägerseite günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für das Klagebegehren günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Vorliegend sind die Ausführungen von Dr. C. zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand einer verzögerten posttraumatischen Belastungsstörung und deren Beurteilungskriterien in der Begutachtungspraxis für die Entscheidung des Senats förderlich gewesen und haben die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen aufgrund ambulanter Untersuchung entbehrlich gemacht. Der Senat hat davon abgesehen, nur die voraussichtlichen Kosten eines Aktengutachtens für erstattungsfähig zu erklären, da neben der Vermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die nur ein Gutachten nach Aktenlage erfordert hätte, auch die Anwendung der Bewertungskriterien auf die Klägerin zu klären war, was in der Regel die psychiatrische Exploration im Rahmen einer ambulanten Untersuchung voraussetzt. Dass sich der Senat den aus der Exploration folgenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht angeschlossen hat, ist für die Kostenentscheidung insoweit ohne Belang. |
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| Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. |
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