Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2012 - L 10 R 1764/12 B

bei uns veröffentlicht am04.05.2012

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.04.2012 abgeändert. Die Kosten des vom Sozialgericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachtens von Prof. Dr. B. werden in vollem Umfang auf die Staatskasse übernommen.

Die Staatskasse hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

 
I.
Gegenstand des Klageverfahrens war die bis zum 31.12.2011 befristete Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Zu Grunde lag u.a. das von der Beklagten eingeholte nervenärztlich Gutachten des Dr. W., der im Dezember 2008 wegen einer schweren depressiven Episode ein unter dreistündiges Leistungsvermögen angenommen, eine Besserung des Gesundheitszustandes aber als nicht unwahrscheinlich angesehen hatte. Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG holte das Sozialgericht Anfang 2011 das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. B. (schwere depressive Episode, Panikstörung; Leistungsvermögen unter drei Stunden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dauerhafte Minderung der Leistungsfähigkeit) und im Herbst 2011 das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie M. (Agoraphobie mit Panik, anhaltende depressive Störung, Schweregrad kooperationsbedingt schwer einschätzbar; mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig) ein. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich vom März 2012, in dem sich die Beklagte zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit über den 31.12.2011 hinaus, befristet bis 30.06.2013, verpflichtete. Hintergrund war die Einschätzung der Kammer, wonach die erfolgte Befristung nicht zu beanstanden, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes während des Rechtsstreits eingetreten und wegen der vom Kläger beabsichtigten Psychotherapie und der eingeleiteten Medikation eine Besserung zu erwarten sei.
Mit Beschluss vom 05.04.2012 hat das Sozialgericht die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. B. zur Hälfte auf die Staatskasse übernommen und eine weitere Übernahme abgelehnt. Das Gutachten habe insoweit zur Sachaufklärung beigetragen, als der Sachverständige eine schwere depressive Episode und eine Panikstörung festgestellt und plausibel ein zeitlich auf unter drei Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen angenommen habe. Damit komme dem Gutachten im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch Bedeutung zu, weil dieses Leistungsvermögen einen Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung begründe. Dies rechtfertige die Kostenübernahme zur Hälfte. Soweit der Sachverständige von einem auf Dauer eingeschränkten Leistungsvermögen ausgehe, könne ihm nicht gefolgt werden. Damit sei der Sachverhalt, der für den in erster Linie vom Kläger verfolgen Anspruch relevant gewesen sei, durch das Gutachten nicht weiter aufgeklärt worden. Hiergegen richtet sich die am 20.04.2012 eingelegte Beschwerde. Der Kläger meint, eine Übernahme eines Teils der Kosten nach Erfolgsquote sei nicht möglich.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Akten Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. B. durch die Staatskasse.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung bzw. - erging keine solche Entscheidung - im Falle eines Klageerfolges für die verfahrensbeendenden Erklärungen wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte. Dabei muss es sich, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben.
Hier bejaht der Senat eine zur Übernahme der Gutachtenskosten führende Relevanz des Gutachtens des Prof. Dr. B. für die vom Sozialgericht für entscheidungserheblich erachtete Sachaufklärung und die verfahrensbeendigenden Erklärungen.
Inhalt der gerichtlichen Prüfung war ursprünglich allein die Frage, ob die Beklagte zu Recht lediglich von einem Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ausgegangen war und dem entsprechend die Rente befristet hatte. Allerdings bedarf die Frage, nach welchen Kriterien diese Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Befristung zu erfolgen hat (s. hierzu BSG, Urteil vom 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R in SozR 4-2600 § 102 Nr. 2), keiner weiteren Erörterung. Denn nach Ende des Befristungszeitraumes am 31.12.2011 erstreckte sich die gerichtliche Prüfung (auch) auf die Frage, ob dem Kläger ab dem 01.01.2012 der bisher zuerkannte Rentenanspruch weiterhin zustand (BSG, Urteil vom 11.02.1988, 4/11a RA 10/87 in SozR 2200 § 1276 Nr. 11). Damit kam den vom Sachverständigen Prof. Dr. B. beantworteten Fragen des Sozialgerichts nach den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und ihren Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits (März 2012) wesentliche Bedeutung zu. Hiervon geht auch das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss aus.
Soweit es allerdings eine nur teilweise Übernahme der Kosten vornimmt, weil der Kläger nur einen Teilerfolg erreichte, folgt ihm der Senat nicht. Richtig ist, dass die Annahme des Sachverständigen, es handle sich um eine dauerhafte Leistungsminderung, keinen Eingang in den gerichtlichen Vergleich fand, sich die Beteiligten vielmehr bei der vergleichsweisen Regelung an der Beurteilung der Kammer, eine Besserung sei zu erwarten, orientierten. Damit obsiegte der Kläger auf Grund des Gutachtens von Prof. Dr. B. teilweise, indem er eine Weitergewährung der Rente erreichte und er unterlag in Bezug auf die begehrte dauerhafte Rentengewährung. Eine Quotelung der Übernahme entsprechend diesem Erfolg lehnt der Senat ab. Das Ausmaß des Erfolges des Klägers im Rechtsstreit erscheint dem Senat - jedenfalls bei einheitlichem Streitgegenstand und im Regelfall - kein geeignetes Kriterium bei der Entscheidung über die Übernahme der Kosten für das Gutachten nach § 109 SGG. Denn das Ausmaß des Erfolges korrespondiert nicht notwendig mit den Kostenanteilen für die jeweiligen Ermittlungen. Entsprechend müssten deshalb ggf. nähere Betrachtungen zu den jeweils für den Teilerfolg oder teilweisen Misserfolg im Zusammenhang stehenden Kostenanteilen des Gutachtens angestellt werden. Im vorliegenden Fall hätte sich damit etwa die Frage gestellt, welche getrennt erfassbaren Kosten für die Prüfung des Sachverständigen, ob und welche Gesundheitsstörungen beim Kläger vorlagen und zu welchen Leistungsdefiziten sie führten, im Verhältnis zu jenen ggf. getrennt erfassbaren Kosten anfielen, die zur Klärung der Frage erforderlich waren, ob und ggf. wodurch eine Besserung dieser Situation erreichbar wäre. Nicht getrennt erfassbare Kosten wären, weil zum Erfolg führend, auch aus Sicht des Sozialgerichts zu übernehmen. Eine derartige Prüfung von getrennt erfassbaren Kostenanteilen des Gutachtens erscheint im Hinblick auf die zu treffende Entscheidung unverhältnismäßig. Damit bleibt es bei den oben dargestellten Kriterien für die Ermessensentscheidung, wonach eine Übernahme der Kosten nach § 109 SGG erfolgt, wenn das Gutachten wesentlich zur Sachaufklärung beitrug; ein voller Erfolg des Rechtsstreits ist hierfür nicht erforderlich (im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.10.2008, L 6 SB 4170/08 KO-B; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage, §109 Rdnr. 16a).
10 
Die Kostenentscheidung beruht - hinsichtlich der Frage, ob eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt - auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und - hinsichtlich der Frage, wer zu erstatten hat - auf einer entsprechenden Anwendung des § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 467 der Strafprozessordnung (StPO). Ähnlich den Fällen der Ordnungsgeldbeschwerde (vgl. BFH, Beschluss vom 10.01.1986, VIIII B 5/85 in BFHE 145, 314) sind die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens damit von der Staatskasse zu tragen (s. zum Ganzen ausführlich Beschluss des Senats vom 17.03.2009, L 10 U 1056/09 KO-B).
11 
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2012 - L 10 R 1764/12 B

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2012 - L 10 R 1764/12 B

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger
Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2012 - L 10 R 1764/12 B zitiert 10 §§.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 173


Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist i

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 04. Mai 2012 - L 10 R 1764/12 B zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 17. März 2009 - L 10 U 1056/09 KO-B

bei uns veröffentlicht am 17.03.2009

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2005 aufgehoben. Die Kosten des vom Sozialgericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten G

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 24. Okt. 2008 - L 6 SB 4170/08 KO-B

bei uns veröffentlicht am 24.10.2008

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2008 aufgehoben. Die durch die Einholung des Gutachtens von Dr. M. vom 11. Januar 2006 entstandenen Kosten sowie die Auslagen der

Referenzen

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2008 aufgehoben.

Die durch die Einholung des Gutachtens von Dr. M. vom 11. Januar 2006 entstandenen Kosten sowie die Auslagen der Klägerin werden in vollem Umfang auf die Staatskasse übernommen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Gestritten wird um die Frage, ob das Sozialgericht Stuttgart (SG) zu Recht nur die Hälfte der Kosten und Auslagen eines auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachtens auf die Staatskasse übernommen hat.
Im Hauptsacheverfahren war die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 streitig. Das Versorgungsamt S. (VA) hatte mit Bescheid vom 11. Dezember 2002 bei der Klägerin wegen Hirndurchblutungsstörungen sowie psychovegetativer Störungen einen GdB von 20 festgestellt. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2003 zurückgewiesen. Mit der hiergegen beim SG erhobenen Klage (S 22 SB 3078/03) begehrte die Klägerin, die bei ihr vorliegenden Behinderungen mit einem GdB von wenigstens 50 zu bewerten. Im Rahmen der Sachaufklärung erhob das SG u. a. Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Dr. Sch. mit Zusatzgutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. N. und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.. Zusammenfassend bestätigte Dr. Sch. den vom Beklagten festgestellten GdB von 20. Auf Antrag der Klägerin wurde gem. § 109 SGG Dr. M. mit der Erstellung eines internistisch-rheumatologischen Fachgutachtens beauftragt. Dr. M. beschrieb eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen, somatisch betonten, schweren bis mittelschweren Form einer Fibromyalgie entspreche. Für die chronische Schmerzerkrankung sei ein Einzel-GdB von 50 angemessen, unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Bluthochdrucks mit einem Einzel-GdB von 10 sei der Gesamt-GdB auch mit 50 einzuschätzen. Nachdem der Beklagte hiergegen Einwendungen erhoben hatte, forderte das SG Dr. M. mit Schreiben vom 4. Mai 2006 zu einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme auf, welche dieser unter dem 23. Mai 2006 erstattete. Mit Urteil vom 13. September 2006 änderte das SG die angefochtenen Bescheide ab und verurteilte den Beklagten, den GdB mit 40 festzustellen. Es schloss sich der Einschätzung von Dr. M. insoweit an, dass als führendes Erkrankungsbild eine somatoforme Schmerzstörung zu berücksichtigen sei. Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) sei der GdB jedoch mit 40 zu bewerten. Der von Dr. M. vorgeschlagene GdB von 50 sei überhöht, da eine Gleichstellung mit einer schweren psychischen Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten trotz der bei der Klägerin bestehenden Einschränkungen nicht gerechtfertigt sei. Gegen das Urteil erhob die Klägerin beim Landessozialgericht Berufung (L 3 SB 5340/06). Im Berufungsverfahren wurde das nervenärztliche Gutachten von Prof. Dr. T. eingeholt, der die Einschätzung des SG bestätigte. Die Berufung wurde mit Urteil vom 16. Juli 2008 zurückgewiesen.
Das SG übernahm mit Beschluss vom 28. Juli 2008 die Hälfte der Kosten für das Gutachten von Dr. M. vom 11. Januar 2006 sowie für dessen ergänzende Stellungnahme vom 23. Mai 2006 auf die Staatskasse. Es hielt eine Kostenteilung für gerechtfertigt, weil das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts nur teilweise objektiv gefördert habe und nur für den teilweisen Klageerfolg mitentscheidend gewesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. August 2008 beim SG Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, auch wenn das SG nur von einer Teilförderung ausgehe, hätte es die vollständige Übernahme der Kosten auf die Staatskasse beschließen müssen. Das Gesetz kenne keine Teilübernahme.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die volle Erstattung der ihr durch die Erstellung des Gutachtens von Dr. M. vom 11. Januar 2006 entstandenen Kosten und Auslagen durch die Staatskasse.
Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Nach dem Gesetz liegt es somit im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Ein vom Sozialgericht ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat voll nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergeht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 109 Rn. 22).
Bei dieser Ermessensentscheidung ist vornehmlich darauf abzustellen, ob das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 109 Rn. 16 a). Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr gemessen an dem Streitgegenstand, nicht aber am Prozesserfolg, um einen wesentlichen bzw. maßgeblichen Beitrag gehandelt haben (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2000, L 8 SB 2009/00, zitiert nach Juris). Streitgegenstand in diesem Sinne war hier die Abklärung und Feststellung des zutreffenden GdB.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe sind die Kosten der Begutachtung durch Dr. M. in vollem Umfang auf die Staatskasse zu übernehmen. Die vom SG vorgenommene Kostenteilung ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Ob - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - eine solche Kostenteilung überhaupt möglich ist (so: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 109, Rn. 16 a), kann hier offen bleiben (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2000, L 8 SB 2009/00, s.o.). Nicht ausreichend für eine Kostenteilung ist jedenfalls, dass das Unterliegen des Klägers im Hinblick auf den erhobenen Klageantrag messbar und aus-scheidbar ist. Eine Kostenteilung kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht, wenn ein zur Klärung des GdB eingeholtes Gutachten neue Erkenntnisse hervorbrachte, die zu einer wesentlichen Erhöhung des GdB führten. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin im vorliegenden Hauptsacheverfahren wohl ein vornehmliches Interesse an der Feststellung der Schwerbehinderung (GdB 50) hatte, das nicht erfüllt wurde. Dennoch kann die vom SG erfolgte Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 anstatt bisher 20, die auf das Gutachtens von Dr. M. gestützt war, nicht als unwesentliches Obsiegen angesehen werden. Vielmehr nahm das SG, indem es Dr. M. weitgehend, wenn auch nicht vollständig, folgte, eine grundlegende Neubewertung der bislang vom Beklagten wegen psychovegetativer Störungen auf dem psychiatrischen Fachgebiet berücksichtigten Funktionsbeeinträchtigungen - nun als Folgen einer chronischen Schmerzerkrankung/Fibromyalgie - vor. Im Übrigen mag aus dem rechtspolitischen Blickwinkel über den Sinn der Staffelung des Grads der Schwerbehinderung nach 10er Graden gestritten werden. Eine Diskussion hierüber ist jedoch hier nicht von Belang. Solange diese Staffelung gesetzlich vorgesehen ist, kann den Betroffenen nicht entgegen gehalten werden, sie hätten an der Feststellung eines GdB von weniger als 50 in Wahrheit gar kein Interesse. Zu Bedenken ist hier beispielsweise, dass die Klägerin mit dem Urteil des SG in die Lage versetzt wurde, im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gemäß § 3 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zu beantragen. Soweit vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Beschluss vom 18. April 2005 (L 5 B 33/04 SB, zitiert nach Juris) ausgeführt wurde, bei nur teilweiser Förderung des Verfahrens durch ein Gutachten nach § 109 SGG sei nur eine teilweise Kostenerstattung angebracht, kann dem der Senat so - zumindest in dieser pauschalen Aussage - nicht folgen. Die Übernahme der Kosten darf vielmehr nicht stets davon abhängig gemacht werden, dass ein Gutachten nach § 109 SGG letztlich zum vollen Klageerfolg geführt hat. Dies ist nach der Kenntnis des Senats jedenfalls in Baden-Württemberg auch nicht die gängige Gerichtspraxis. Selbst in der vom LSG Niedersachsen-Bremen herangezogenen Kommentarliteratur wird schließlich ausgeführt, dass eine teilweise Kostenübernahme zwar möglich, aber bei einem einheitlichen Streitgegenstand in der Regel nicht sachgerecht sei (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 109, Rn. 16 a). Eine „wesentliche“ Förderung der Sachaufklärung, die bei der Entscheidung über die endgültige Kostentragung als entscheidendes Kriterium zu prüfen ist, ist mithin nicht mit dem vollen Erfolg der Klage gleichzusetzen.
10 
Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte erschien es daher dem Senat sachgerecht, die Kosten des Gutachtens von Dr. M. vom 11. Januar 2006 in vollem Umfang auf die Staatskasse zu übernehmen. Soweit das SG auch die Hälfte der Kosten der ergänzenden Stellungnahme Dr. M.s vom 23. Mai 2006 auf die Staatskasse übernommen hat, war der Beschluss der Klarheit halber aufzuheben. Die genannte Stellungnahme wurde von Amts wegen eingeholt, weshalb insoweit keine Entscheidung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG ergehen konnte.
11 
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Im Verfahren nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG hat das Beschwerdegericht eine eigenständige Kostenentscheidung zu treffen. Das Beschwerdeverfahren ist eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 Nr. 5 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG ist eine besondere Rahmengebühr für das Beschwerdeverfahren vorgesehen (Nr. 3501 RVG VV ).
12 
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2005 aufgehoben.

Die Kosten des vom Sozialgericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachtens nebst ergänzender Stellungnahme von Dr. Sch., Kornwestheim, werden auf die Staatskasse übernommen.

Die Staatskasse hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

 
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte. Es muss sich, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben.
Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten des vom Sozialgericht nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. Sch. einschließlich der erstinstanzlich eingeholten ergänzenden Stellungnahme des genannten Sachverständigen auf die Staatskasse zu übernehmen. Wie sich aus dem Urteil des Senats vom 19.02.2009 im Hauptsacheverfahren L 10 U 4834/05 ergibt, haben nämlich das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme die Aufklärung insbesondere zur Frage der Gangstörung des Klägers objektiv gefördert.
Die Kostenentscheidung beruht - hinsichtlich der Frage, ob eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt - auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und - hinsichtlich der Frage, wer zu erstatten hat - auf einer entsprechenden Anwendung des § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. § 467 der Strafprozessordnung (StPO).
An dieser bereits in seinem Beschluss vom 30.07.2008 (L 10 U 3522/08 KO-B m.w.N.) vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat nach nochmaliger Prüfung fest. Der Gegenauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 30.10.2008, L 11 R 3757/08 KO-B, wonach eine Kostenerstattung analog § 67 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 66 Abs. 8 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) ausgeschlossen sei, folgt er nicht. Der 11. Senat meint, § 17 GKG enthalte mit seiner Regelung über die Vorschusspflicht für Auslagen in Verfahren nach § 197a SGG eine dem § 109 SGG für Verfahren nach § 183 SGG vergleichbare Regelung (Auslagenvorschuss) und weist darauf hin, dass das jeweilige Verfahren der Beschwerde für Fälle des § 197a SGG in § 67 GKG, für Fälle des § 109 SGG dagegen in den §§ 172 ff SGG geregelt ist. Die Folgerung des 11. Senats, § 193 SGG sei in den Fällen des § 183 SGG nicht anwendbar, trifft jedoch nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall: Eben weil die Beschwerde in den Fällen des § 183 SGG nach den Regeln des SGG durchgeführt wird, gilt (anders als bei § 197a SGG mit seiner Verweisung auf die Kostenregelungen der Verwaltungsgerichtsordnung) § 193 SGG als für das sozialgerichtliche Verfahren maßgebende Regelung über die Kostenerstattung.
Die vom 11. Senat angestellte Überlegung, das SGG enthalte keine Vorschrift über die Kostentragungspflicht der Staatskasse und es handele sich bei der Kostenbeschwerde nach § 109 SGG um ein „parteieinseitiges“ Verfahren, ist zwar richtig, der hieraus gezogene Schluss, die Regelungen des GKG (einschließlich des Ausschlusses einer Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren) seien sachnäher als jene des OWiG und der StPO, jedoch nicht. Denn die beschriebene Überlegung betrifft nicht die zuerst zu entscheidende Frage, ob eine Kostenerstattung stattfindet, sondern die erst im Anschluss daran zu beantwortende Frage nach dem Schuldner dieser Erstattungspflicht:
Gerade weil es sich um ein „parteieinseitiges“ Verfahren handelt, kommt nicht der Klagegegner als Schuldner in Betracht, was - ähnlich den Fällen der Ordnungsgeldbeschwerde (vgl. BFH, Beschluss vom 10.01.1986, VIIII B 5/85 in BFHE 145, 314) - zur entsprechenden Anwendung des § 46 OWiG i.V.m. § 467 StPO und damit dazu führt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - im Falle einer Erstattung - von der Staatskasse zu tragen sind.
Die Frage dagegen, ob eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt, hat damit nichts zu tun. Ihre Beantwortung richtet sich nach den Regeln des sozialgerichtlichen Beschwerdeverfahrens und dort eben nach § 193 SGG, der im Beschwerdeverfahren analog anzuwenden ist und somit auch für Kostenbeschwerden nach § 193 SGG gilt (so im Übrigen auch andere Senate des LSG Baden-Württemberg, s. u.a. Beschluss vom 16.08.2006, L 1 U 3854/06 KO-B, Beschluss vom 24.10.2008, L 6 SB 4170/08 KO-B, Beschluss vom 13.11.2007, L 9 U 2223/07 AK-A; ebenso Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 15.09.2005, L 2 B 40/04; Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 30.11.2006, L 6 B 221/06 SB; Beschluss des Bayerischen LSG vom 09.02.2009, L 15 SB 12/09 B und Beschluss vom 15.12.2008, L 1 B 961/08 R). Für eine analoge Anwendung des § 46 OWiG i.V.m. § 467 StPO besteht daher insoweit, was die Frage betrifft, ob eine Erstattung erfolgt, kein Anlass. Damit ist auch kein Raum für die Überlegung des 11. Senats, das GKG sei insoweit sachnäher als OWiG und StPO.
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Im Übrigen wäre angesichts dessen, dass der Gesetzgeber in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG die Anwendung des GKG ausdrücklich angeordnet, für den Personenkreis des § 183 SGG dagegen mit der Kostenfreiheit nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGG ausdrücklich ausgeschlossen hat, die (entsprechende) Anwendung des GKG auf Fälle des § 183 SGG mit Wortlaut, Systematik von § 197a SGG und § 183 SGG sowie der mit § 183 SGG bezweckten Privilegierung des erfassten Personenkreises schwerlich zu vereinbaren.
11 
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.