Landgericht Wuppertal Urteil, 18. März 2015 - 3 O 465/10
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen einer anwaltlichen Beratung zum Abschluss eines Abfindungsvergleiches nach einem Verkehrsunfall geltend.
3Der 1982 geborene Kläger, ein gelernter Maler und Lackierer, erlitt am 16.10.2004 gegen 22 Uhr in S einen Verkehrsunfall. Das verunfallte Fahrzeug, in dem sich der Kläger als Beifahrer befand, wurde von Herrn L, der bei der XXX versichert war, gesteuert. Infolge überhöhter Geschwindigkeit und ungünstiger Straßenverhältnisse verlor Herr L4 die Kontrolle über sein Fahrzeug und schleuderte nach links über die Gegenfahrbahn hinweg mit der Beifahrerseite des Fahrzeugs gegen einen Baum. Der Kläger wurde direkt nach dem Unfall unangeschnallt vorgefunden.
4Herr L4 wurde am 18.10.2005 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Der Beklagte zu 2) vertrat den Kläger bereits im Strafverfahren gegen Herrn L4.
5Der Kläger erlitt aufgrund des Aufpralls schwerwiegende Verletzungen, unter anderem ein Schädelhirntrauma III. Grades sowie eine Schädelbasisfraktur mit Absprengungen der Gelenkfläche. Er wurde zunächst in bewusstlosem Zustand in die neurologische Klinik des Sana Klinikums S verbracht. Zur weiteren stationären Behandlung wurde er dann am 17.10.2004 in das T Krankenhaus V verwiesen, wo er im komatösen Zustand bis zum 10.11.2004 verblieb (Bl. 8 d.GA.). Anschließend befand sich der Kläger mehrere Monate in stationärer aber auch ambulanter Behandlung in verschiedenen Kliniken.
6Aufgrund des Komas wurde der Bruder des Klägers, der Zeuge C2, am 27.10.2004 durch Beschluss des AG X zum gesetzlichen Betreuer des Klägers bestellt (vgl. Akte AG X, 6 XV II B 156). Die Betreuung endete im Mai 2005.
7Der Zeuge C2 beauftragte am 25.11.2004 den Beklagten zu 2) mit der Wahrnehmung der Interessen des Klägers gegenüber der XXX. Der Kläger selbst unterzeichnete anschließend am 05.04.2005 im Rahmen einer Erstbesprechung, an der auch seine Mutter, die Zeugin C, teilnahm, dann ebenfalls eine Vollmacht (Bl. 34 d.GA.) und überließ den Beklagten mehrere Arztberichte aus dem Zeitraum 10.11.2004 bis 28.03.2006 (vgl. Anlagen B17 bis B 22, B 46 bis B 51 und B29, K2, K3 und K7, vgl. Bl. 208 d.GA.).
8Mit Schreiben vom 26.04.2005 trat die XXX erstmals in Regulierungsgespräche ein.
9In einem Schreiben vom 02.08.2005 berief sich die die XXX zunächst auf die Mithaftung des Klägers: „…es besteht eine Mitverantwortlichkeit, da der Mandant nicht ordnungsgemäß angegurtet war. Wir berücksichtigen eine Haftungsquote von 66,66 %.“ (Anlage B2). Mit Schreiben vom 21.09.2005 teilte die XXX den Beklagten, nachdem sie die Originalstrafakten zum Unfallereignis vom 16.10.2004 eingesehen hatte, dann mit: „Unsere Mithaftungseinwendungen halten wir zum derzeitigen Informationsstand nicht weiter aufrecht.“ (vgl. Anlage K12). Am 17.05.2006 regte der zuständige Mitarbeiter der XXX, der Zeuge L2 an, ein Regulierungsgespräch durchzuführen, in dessen Rahmen möglicherweise eine Gesamtlösung gefunden werden könne (Bl. 36 d.GA.). Mit Schreiben vom 19.05.2006 wurde der Kläger hierüber von dem Beklagten zu 2) informiert (Anlage B7).
10Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) fanden am 18.04.2006 (Dauer 90 Minuten), am 17.07.2006 (Dauer 60 Minuten) und am 21.09.2006 (Dauer 60 Minuten) ausführliche Besprechungstermine statt (Bl. 47 d.GA.), bevor es am 31.10.2006 zum Gespräch mit dem Zeugen L2 kam, an dem der Kläger und seine Mutter teilnahmen (Bl. 495 d.GA.). Der Beklagte zu 2) hatte den Kläger vorab über diesen Termin mit Schreiben vom 28.09.2006 informiert (Anlage B10).
11Am 16.11.2006 und am 21.11.2006 fanden daraufhin weitere Besprechungstermine statt (Bl. 195 d.GA.). Aus dem zum Gespräch am 21.11.2006 vorgelegten Aktenvermerk (Anlage B35) des Beklagten zu 2) geht hervor, dass in dem Gespräch erörtert wurde, im Hinblick auf welche Schadenspositionen gute Erfolgsaussichten bei einer möglichen gerichtlichen Geltendmachung bestünden (Schmerzensgeld und Haushaltshilfe) und dass im Hinblick auf den Verdienstausfall ein nicht unerhebliches Prozessrisiko bestünde. In dem zum Beratungsgespräch am 21.11.2006 vorgelegten Aktenvermerk wird Bezug genommen auf den immateriellen Vorbehalt hinsichtlich möglicher weiterer notwendiger medizinischer Eingriffe wegen des Splitters im Kopf des Klägers (Anlage B36). Den Termin am 16.11.2006 nahm lediglich die Mutter des Klägers, die Zeugin C, wahr. Sie hatte aber noch in dem Termin selbst den weiteren Gesprächstermin am 21.11.2006 vereinbart, zu dem sie dann gemeinsam mit dem Kläger erschien.
12Mit Schreiben vom 01.12.2006 teilte der Beklagte zu 2) der XXX mit, dass eine grundsätzliche Bereitschaft zur Einigung auf Basis eines Zahlungsbetrages in Höhe von 330.000,00 EUR bestünde (Anlage B12). Mit Schreiben vom 14.12.2006 teilte der Beklagte zu 2) dem Kläger mit, dass ein Vorbehalt hinsichtlich des Fragments auf der Gelenkfläche der Schädelbasis aufgenommen werden sollte (Anlage B14). Anschließend fand am 11.01.2007 ein weiterer Besprechungstermin mit dem Kläger statt. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger ein Pflegegeld von monatlich 205,00 EUR erhielt, wurde der XXX mit Schreiben vom 19.01.2007 ein angepasster Vergleichsbetrag in Höhe von 322.500,00 EUR vorgeschlagen (Bl. 150 d.GA.).
13Mit Schreiben vom 06.02.2007 übermittelte der Beklagte zu 2) dem Kläger die finale Abfindungserklärung. Ein abschließendes Gespräch fand daraufhin am 26.02.2007 statt, bevor mit Schreiben vom 02.03.2007 (Anlage B44) die vom Kläger unterzeichnete Abfindungserklärung an die XXX zur Gegenzeichnung weitergeleitet wurde.
14Der Kläger ist seit dem Unfall aufgrund einer schweren Hirnschädigung dauerhaft erwerbsunfähig und Frührentner (Bl. 10 d.GA.). Am 27.06.2006 erging ein Rentenbescheid, aufgrund dessen der monatliche Verdienstausfall berechnet wurde (Bl. 37 d.GA., Anlage B 32). Dem Bescheid zufolge erhielt der Kläger beginnend ab dem 01.05.2005 zunächst befristet bis zum 30.04.2008 monatliche Zahlungen in Höhe von 816,87 EUR. In dem Bescheid heißt es zum Grund der Befristung: „Der Rentenanspruch ist zeitlich befristet, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.“ (vgl. Anlage B32). Dem Kläger war ebenfalls befristet ein Pflegegeld entsprechend der Pflegestufe I bewilligt worden (Bl. 163 d.GA.). Seit dem 01.07.2010 erhält der Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 848,26 EUR. Dem Kläger wurde ein Grad der Behinderung mit 100 %, sowie die Merkmale G, B und zunächst auch aG zuerkannt (Bl. 97 d.GA.) Des Weiteren musste der Kläger psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, um den Unfall und die neue Lebenssituation zu verarbeiten (Bl. 9 d.GA.).
15Der Kläger, der vor dem Unfall eine eigene Wohnung bewohnte, zog nach dem Unfall, da er ohne fremde Hilfe nicht zurecht kam, zunächst zu seiner Mutter, die ihm im Alltag half (Bl. 9 d.GA.). Im August 2006 informierte die Zeugin C den Beklagten zu 2), dass der Kläger sie verletzt hatte. Ein anschließend von der Dipl. Psychologin W verfasstes Gutachten stellte eine dissoziative Störung des Klägers fest (Bl. 149 d.GA., vgl. hierzu die Stellungnahme der Dipl. Psychologin W vom 10.12.2010, Anlage K6). Seit dem 01.11.2007 bewohnt der Kläger wieder eine eigene Wohnung.
16Im Rahmen der Schadensregulierung wurde dem Kläger seitens der XXX durch mehrere Zahlungen im Zeitraum 26.04.2005 – 23.05.2006 insgesamt ein Betrag in Höhe von 37.718,34 EUR gezahlt (vgl. Anlagen K10 – K14 zu den einzelnen Zahlungen). Im Februar 2007 kam es zum Abschluss eines Abfindungsvergleichs mit der XXX. In diesem ist geregelt: „Ich/wir, IC, U-Straße,### X erkläre(n) mich/uns nach Zahlung von restlichen 322.500,00 EUR (in Worten: Dreihundertzweiundzwanzigtausendfünfhundert EUR) durch den XXX Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. mit allen Ansprüchen für jetzt und die Zukunft vorbehaltlos, als auch wegen unerwarteter und unvorhersehbarer Folgen endgültig abgefunden, die mir/uns aus dem Schadensfall vom 16.10.2004 gegen VN: Ali L4, ### X sowie alle mitversicherten Personen zustehen können. Schadensersatzansprüche gegen Dritte sind insoweit ausgeschlossen, als die in Anspruch genommenen Dritten Ausgleichsansprüche gegen den XXX und die versicherten Personen geltend machen könnten.
17Vorbehalten bleiben materielle und immaterielle unfallbedingte Zukunftsansprüche soweit es aufgrund einer Lageveränderung des 1 x 0,5 cm großen Fragmenten aus der Gelenkfläche der Schädelbasis (C 0) zu einer dauerhaften, deutlichen Verschlimmerung (z.B. Querschnittslähmung) des jetzigen Gesundheitszustandes kommt und kein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger stattfindet.“ (vgl. Abfindungsvergleich, Anlage K15).
18Die XXX teilte den Rechtsanwälten I mit Schreiben vom 16.12.2010 im Hinblick auf die Abfindungserklärung mit: „Bezüglich des in der Abfindungserklärung enthaltenen Vorbehaltes verzichten wir ihrem Mandanten gegenüber im Rahmen eines am 16. Dezember 2010 ergangenen Feststellungsurteils auf die Einrede der Verjährung. Der Verjährungsverzicht wird mit der Maßgabe abgegeben, dass noch keine Verjährung eingetreten ist. Die Verzichtserklärung geht nicht über die Wirkung eines feststellenden Urteils hinaus.“ (vgl. Anlage K 29, Bl. 130 d.GA.).
19Nachdem der Abfindungsvergleich mit der XXX im März 2007 zustande gekommen war, überließ der Kläger seinem Bruder C2, der seinerzeit Anlageberater bei der Stadtsparkasse X war, die Verwaltung des Abfindungsbetrages (Bl. 40 d.GA.). Der Kläger machte in der Folge eine Schadenersatzklage gegen seinen Bruder C2 vor dem Landgericht Düsseldorf anhängig (Bl. 97 d.GA.), da sich die Kapitalanlage nicht wie erwartet entwickelt hatte. Die Bewilligung der PKH in diesem Verfahren wurde mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.
20Anfang 2007 suchte der Kläger den Beklagten zu 2) zusätzlich wegen eines Haftpflichtschadens auf, da er während eines privaten Fußballspiels den PKW eines Dritten beschädigt hatte und aus diesem Ereignis in Anspruch genommen wurde (Bl. 42 d.GA.). Der Beklagte zu 2) hat den Kläger ferner wegen einer Verkehrssache wegen BTM im Straßenverkehr vom 03.03.2007 vertreten (Bl. 40 d.GA). Aus diesem Vorfall ging dann ein Führerscheinentziehungsverfahren vor dem VG Köln hervor. Ein in diesem Rahmen eingeholtes TÜV Gutachten stellte am 05.06.2008 fest, dass der Kläger bereits seit drei Jahren Drogen (Cannabis) konsumierte. Das Gutachten stellte gleichzeitig fest, dass aus gesundheitlichen Gründen keine Bedenken gegen die Ausübung der Fahrerlaubnis bestünden. Der Kläger verfügt nach wie vor über seine Fahrerlaubnis (Bl. 153 d.GA.).
21Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 2) – 5) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1) einen Schadenersatzanspruch wegen Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages geltend, der sich aus folgenden Positionen ergibt: Mit seinem Klageantrag zu 1) begehrt der Kläger eine jeweils vierteljährlich im Voraus zu zahlende Verdienstausfallrente bis zum Renteneintritt, mit seinem Antrag zu 2) begehrt der Kläger zudem Zahlung des monatlichen Verdienstausfalls für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2010 in Höhe von insg. 25.132,20 EUR (Bl. 21 d.GA.) sowie mit dem Klageantrag zu 3) Feststellung, dass die Beklagten dem Kläger auch die auf die nicht entrichtete Verdienstausfallrente anfallenden Steuern und Abgaben zu ersetzen haben (Bl. 21 d.GA.). Mit dem Klageantrag zu 4) begehrt der Kläger schließlich Schadensersatz in Höhe von 12.160,00 EUR für den Zeitraum November 2007 bis Dezember 2010 für vermehrte Bedürfnisse, sowie mit dem Klageantrag zu 5) Zahlung einer Rente für vermehrte Bedürfnisse in angemessener Höhe pro Monat jeweils vierteljährlich im Voraus und schließlich mit dem Klageantrag zu 6) Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz etwaiger Zukunftsschäden verpflichtet sind (Bl. 23 d.GA.). Zur Schadensberechnung wird auf Bl. 19f. und Bl. 21 d.GA. verwiesen.
22Der Kläger behauptet, er habe sich kurz vor dem Aufprall geistesgegenwärtig abgeschnallt, was ihm das Leben gerettet habe. Vor dem Unfallereignis habe er lediglich einmal Absencen in seiner Jugend gehabt, vom 11. bis 21. Lebensjahr sei er jedoch anfallsfrei gewesen. Im Jahr 2005 habe er einen Grand-mal-Anfall, in den Folgejahren jeweils jedes Jahr einen weiteren Grand-mal-Anfall gehabt, bis er im Jahre 2009 rund acht solcher Grand-mal-Anfälle erlitten habe (Bl. 96 d.GA.). Seit dem Unfall leide er unter Schwächeanfällen sowie an starken Kopf-und Rückenschmerzen, die sich nur mit Hilfe stärkster Schmerzmittel und Morphium behandeln ließen. Er leide unter Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sowie Gedächtnisschwächen. Der Unfall habe zudem eine Wesensveränderung zur Folge gehabt, die zu unkontrollierten Wutausbrüchen und Suizidgedanken führe. Er behauptet, erst nach dem Unfall Drogen (Cannabis) konsumiert zu haben, um die Schmerzen zu lindern (Bl. 109 d.GA.).
23Zum Zeitpunkt des Unfalls habe er beabsichtigt, die Vorbereitungskurse zur Meisterprüfung zu besuchen, um die Meisterprüfung abzulegen und anschließend selbständig tätig zu sein. Sein Arbeitgeber, Herr L3, der zwischenzeitlich verstorben ist, habe ihm angeboten, nach Ablegung der Meisterprüfung die Leitung seines Malermeisterbetriebes zu übernehmen (Bl. 8 d.GA.).
24Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) habe ihm den Abschluss des Abfindungsvergleichs dringend angeraten, er habe gesagt, ein höherer Betrag ließe sich auf keinen Fall erzielen (Bl. 12 d.GA.). Der Beklagte zu 2) habe seine Pflichten verletzt, da er ihm nicht die Risiken eines Abfindungsvergleiches vor Augen geführt habe. Er hätte ihn darüber aufklären müssen, dass er wegen seiner Berufsunfähigkeitsrente mit dem Abfindungsbetrag sein Leben lang, bis zum Eintritt ins Rentenalter mit 65, auskommen müsse, der Abfindungsvergleich das Risiko einer Fehleinschätzung der gesundheitlichen Situation mit sich brächte und er nach Abschluss des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen oder immateriellen Schadens – ausgenommen des vom Vorbehalt erfassten Ausnahmefalls – mehr gegen die XXX geltend machen könne (Bl. 13f. d.GA.). Der Beklagte zu 2) hätte ihm von dem Abschluss des Abfindungsvergleichs abraten müssen (Bl. 16 d.GA.), bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Beklagten zu 2) hätte er sich für den Prozess gegen die XXX entschieden. Der Beklagte zu 2) habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn darüber aufzuklären, dass die Schadensregulierung im Falle einer gerichtlichen Entscheidung viel günstiger ausgefallen wäre, eine höhere Abfindungssumme hätte erzielt werden können und zudem die Einstandspflicht der XXX hinsichtlich eines eventuellen Zukunftsschadens hätte festgestellt werden können (Bl. 15 d.GA.). Er habe es unterlassen, ihn über den Haushaltsführungsschaden aufzuklären. Er habe es ferner pflichtwidrig unterlassen, ihn über die Verjährungsfrist hinsichtlich des im Abfindungsvergleichs vorgesehenen Vorbehalts aufzuklären (Bl. 17 d.GA.).
25Der Kläger behauptet, zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geschäftsunfähig gewesen zu sein (Bl. 263 d.GA.), dies sei auch für den Beklagten zu 2) erkennbar gewesen (Bl. 476 d.GA.). Er behauptet, er habe erst im Jahre 2007, nach Abschluss des Vergleichs, mit seinem Bruder C2 über Anlagemöglichkeiten gesprochen (Bl. 101 d.GA.).
26Mit Schriftsatz vom 19.08.2013 (Bl. 461 d.GA.) beantragt er, durch Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 ZPO feststellend zu erkennen,
27dass der Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und den Beklagten zu 1.) aus Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages, der die Geltendmachung der Ansprüche des Klägers nach dem Verkehrsunfall vom 16.10.2004 zum Gegenstand hatte, dem Grunde nach besteht, soweit er nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
28Der Kläger beantragt zudem,
291. die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an ihn jeweils vierteljährlich im Voraus, einen Betrag in Höhe von 2.094,60 EUR vierteljährlich als Verdienstausfallrente ab dem 01.01.2011 bis zum 01.10.2048 und am 01.01.2049 einen Betrag in Höhe von 698,20 EUR zu zahlen,
302. die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 25.132,20 EUR als Verdienstausfallrente für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.12.2010 zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
313. festzustellen, dass die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) verpflichtet sind, die anfallenden Steuern und Abgaben auf die Verdienstausfallrente seit dem 01.01.2001 bis zum 31.01.2049 nach der Vorlage des Steuerbescheides für den jeweiligen Veranlagungszeitraum an das Finanzamt S zu zahlen
324. die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 12.160,00 EUR als Rente für vermehrte Bedürfnisse für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 zu zahlen,
335. die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an ihn eine angemessene Rente für vermehrte Bedürfnisse, jeweils vierteljährlich im Voraus, ab dem 01.01.2011 zu zahlen,
346. festzustellen, dass die Beklagten zu 2.) bis 5.) als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.) verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 16.10.2004 gegen 22:00 Uhr auf der C-Straße X Richtung A/B zu ersetzen, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen und soweit die Ansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
35Die Beklagten beantragen,
36die Klage abzuweisen.
37Die Beklagten bestreiten, dass sie den Kläger zum Abschluss des Abfindungsvergleichs gedrängt haben, vielmehr habe der Kläger sein Interesse an Regulierungsgesprächen mit der XXX ausdrücklich bejaht (Bl. 45 d.GA.), er habe den Beklagten zu 2) ausdrücklich angewiesen, einen entsprechenden Besprechungstermin mit der XXX abzusprechen (Bl. 46 d.GA.). Der Kläger habe ausdrücklich keine prozessuale Auseinandersetzung gewollt, er habe vielmehr dem Beklagten zu 2) mitgeteilt, dass sein Bruder C2 Anlageberater bei der Sparkasse X sei und ihn hinsichtlich der Anlage des Abfindungsbetrages exzellent beraten würde (Bl. 46 d.GA.).
38Die Beklagten behaupten, der Zeuge L2 habe darauf hingewiesen, dass die XXX im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung sich auf einen Mithaftungseinwand des Klägers von einem Drittel aufgrund des Umstandes, dass dieser nicht angeschnallt war, berufen würde (Bl. 35 d.GA.). Die XXX habe sich auch darauf berufen, dass der Kläger bereits vor dem Unfall und unfallunabhängig an Epilepsie gelitten habe und entsprechend medikamentös behandelt worden sei (Bl. 36 d.GA.).
39Es seien in einzelnen Besprechungsterminen am 17.07.2006 und 21.09.2006 mit dem Kläger die Möglichkeit eines Abfindungsvergleichs und die entsprechenden Auswirkungen und Folgen erörtert worden (Bl. 37 und 47 d.GA.). Im Anschluss an den Besprechungstermin vom 31.10.2006 seien dann in den Terminen am 16. und 21.11.2006 wiederum die tatsächlichen und rechtlichen Folgen eines Vergleiches erörtert worden (Bl. 47 und 173 d.GA.). Mit Schreiben vom 06.11.2006 sei der Kläger zudem noch einmal über den Inhalt des Gesprächs am 31.10.2006 informiert worden, in diesem Schreiben seien die einzelnen in Ansatz gebrachten Schadenspositionen erläutert worden (Bl. 170 d.GA., zum Inhalt vgl. Anlage B11). Im Gespräch am 21.11.2006 seien die einzelnen Zahlen noch einmal erläutert worden, es sei dem Kläger dargelegt worden, in welcher Höhe Schmerzensgeld, Verdienstausfall, der Haushaltsführungsschaden und vermehrte Bedürfnisse im Rahmen eines Gerichtsverfahrens geltend gemacht werden könnten.
40Im Gespräch am 16.11.2006 sei das Zahlenwerk des Vergleichsvorschlags auf Basis des Schreibens vom 06.11.2006 im Einzelnen mit der Mutter des Klägers erörtert worden (Bl. 38 d.GA.). Es sei nach Abstimmung und intensiver Erörterung mit dem Kläger schließlich der Abfindungsbetrag in Höhe von 350.000,00 EUR der XXX vorgeschlagen wurden.
41Im Rahmen der Verhandlungen mit der XXX über die Höhe der Abfindungszahlung sei auch intensiv erörtert worden, inwiefern der Vorbehalt hinsichtlich materieller und immaterieller Schäden betreffend der gesundheitlichen Entwicklung des Klägers zu berücksichtigen sei (Bl. 38 d.GA.). Der Kläger habe ausdrücklich erklärt, dass nur hinsichtlich des Wanderns des Fragments auf der Gelenkfläche der Schädelbasis ein Vorbehalt erforderlich sei, im Übrigen seien die Ärzte der Auffassung, dass mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustands aufgrund der Unfallfolgen nicht zu rechnen sei (Bl. 39 d.GA.). Der Kläger sei jedoch unmissverständlich darauf hingewiesen worden, dass, soweit ein medizinischer Vorbehalt nicht aufgenommen würde, sämtliche Schadenersatzansprüche, seien es Schmerzensgeldansprüche oder weitergehende Verdienstausfallansprüche oder Ansprüche wegen vermehrter Bedürfnisse, endgültig abgeschnitten seien (Bl. 48 d.GA.). Es sei ihm erklärt worden, dass mit Abschluss des Abfindungsvergleichs und der vereinbarten Zahlung durch die XXX diese Ansprüche insgesamt und endgültig abgefunden seien (Bl. 41 d.GA.).
42Es seien die Vor-und Nachteile einer Kapitalzahlung mit dem Kläger abgewogen wurden. Er sei mehrfach darauf hingewiesen worden, sich seine Entscheidung nicht leicht zu machen, diese gut zu überdenken und insbesondere in seine Überlegungen nicht nur seine Familie sondern auch seine behandelnden Ärzte und weitere Personen seines Vertrauens einzubeziehen (Bl. 52. d.GA.). Der Kläger habe aber in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass er sich bereits mit seinem Bruder besprochen habe und er den Abfindungsbetrag zu einem Drittel in eine Immobilie anlegen wolle, zu einem weiteren Drittel in entsprechende Anlageformen nach Empfehlung seines Bruders und das restliche Drittel mündelsicher angelegt werden solle (Bl. 48 und 161 d.GA.). Dem Kläger sei es darauf angekommen, mit seinem Leben weiter machen zu können, eine erkleckliche Kapitalsumme zu erhalten und sich nicht weiter in Krankenhäusern und bei Fachärzten zu entsprechenden Untersuchungen aufhalten zu müssen (Bl. 164 d.GA.). Er sei sich aber darüber im Klaren gewesen, dass der Abschluss des Abfindungsvergleichs bedeuten würde, dass die einzelnen Schadensposten kapitalisiert und durch eine Einmalzahlung abgefunden würden und dass dieses eine endgültige Regelung darstellen würde (Bl. 158 d.GA).
43Der Kläger sei auch über die Möglichkeiten der Prozesskostenhilfe und die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Prozessfinanzierers aufgeklärt worden. Letzteres habe der Kläger jedoch im Hinblick auf die damit verbundene Quotierung der Schadenersatzleistung abgelehnt. Die Beklagten behaupten weiter, in diesem Zusammenhang sei zugleich auch darauf hingewiesen worden, dass die Höhe des monatlichen Verdienstausfalles sowie der vermehrten Bedürfnisse im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung hoch streitig werden würde und angesichts des jungen Alters des Klägers es zumindest schwierig werden würde, im Prozess den zukünftigen Werdegang des Klägers zur Überzeugung des Gerichts darzulegen (Bl. 49f. d.GA.).
44Die Beklagten behaupten, eine Haftungsbeschränkung in Höhe von 250.000,00 EUR mit dem Kläger vereinbart zu haben.
45Die Beklagten bestreiten, dass der Kläger aufgrund seiner Fähigkeiten und vor dem Hintergrund seiner schulischen Leistungen überhaupt in der Lage gewesen wäre, den Betrieb seines Arbeitgebers zu übernehmen (Bl. 42 d.GA.).
46Sie sind der Ansicht, die vom Kläger vorgenommene Schadensberechnung sei fehlerhaft. Sie sind ferner der Ansicht, eine Verjährung der von dem Vorbehalt erfassten Ansprüche läge nicht vor, die Parteien seien sich gerade einig darüber gewesen, dass die Verjährung betreffend dieser Ansprüche gehemmt sein sollte, bis es zu einer Veränderung des Fragmentes käme. Der Anspruch sei überhaupt noch nicht entstanden (Bl. 54 d.GA.).
47Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung (Bl .56 d.GA.).
48Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 28.06.2001, Bl. 216 d.GA. und Beweisbeschluss vom 29.08.2014, Bl. 518 d.GA. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Gutachten des Sachverständigen L (Anlagenband) und die Anhörung des Sachverständigen, Bl. 429 d.GA., sowie das Protokoll zur Beweisaufnahme vom 11.02.2015, Bl. 579 d.GA. Die Akten AG X 6 XVII B 156 waren beigezogen.
49Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
50Entscheidungsgründe
51Die zulässige Klage ist nicht begründet.
52Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz gegen die Beklagten zu. Dem Beklagten zu 2) ist insbesondere keine Verletzung seiner Pflichten aus dem mit dem Kläger geschlossenen Anwaltsvertrag anzulasten, die zu einer Schadenersatzpflicht zugunsten des Klägers aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Anwaltsvertrag führt.
531.
54Der Kläger hat eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts darlegen können. Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) eine Vielzahl von Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beratung zum Abschluss des Abfindungsvergleichs vor. Im Wesentlichen wirft er dem Beklagten zu 2) vor, dass er ihn nicht über die Bedeutung des Abfindungsvergleichs beraten habe, ihn nicht ausreichend über die Folgen und Auswirkungen, sowie die Vor- und Nachteile belehrt hätte. Er wirft dem Beklagten zu 2) weiter vor, dieser habe ihm den Abschluss des Abfindungsvergleichs dringend angeraten und ihn zudem nicht über die Verjährung etwaiger Ansprüche gegen die XXX aufgeklärt.
55Im Rahmen der anwaltlichen Beratung muss der Anwalt seinen Mandanten, sofern dieser den Abschluss eines Vergleiches erwägt, umfassend über dessen Vor- und Nachteile beraten. Dies gilt im gesteigerten Maße, sofern es sich um den Abschluss eines Abfindungsvergleiches handelt (BGH Beschl. v. 26.01.2012, IX ZR 222/09 juris).
56Der Mandant wiederum trägt im Haftungsprozess gegen den Anwalt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs aus dem mit dem von ihm verklagten Rechtsanwalt geschlossenen anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag. Der Kläger muss in diesem Fall die von ihm behaupteten Pflichtverletzungen mit der erforderlichen Substanz darlegen und gegebenenfalls den Vorwurf der Pflichtverletzung auch beweisen. Dies gilt selbst dann, wenn es – wie vorliegend – um den Nachweis negativer Tatsachen geht (BGH, Urt. v. 18.11.1999, IX ZR 420/97, NJW 2000, 730). Der im Regressprozess verklagte Rechtsanwalt wiederum ist belastet mit der sekundären Darlegungslast hinsichtlich des Ablaufs und Inhalts des Beratungsgesprächs (OLG Celle, Urt. v. 25.11.2009, 3 U 147/09). Dies bedeutet, der Rechtsanwalt darf sich nicht damit begnügen, die vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu bestreiten und allgemein zu behaupten, er habe den Kläger ausreichend beraten. Der Rechtsanwalt muss dem Vorwurf vielmehr durch substantiierten Vortrag entgegen treten und im Einzelnen darlegen, wann er den Kläger wie wozu beraten hat und zum Verlauf der Besprechungen im Einzelnen konkrete Angaben machen.
57Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert daran, dass der ihm obliegende Nachweis seiner Behauptung, der Beklagte zu 2) habe ihn im Zusammenhang mit dem Abschluss des Abfindungsvertrages nicht pflichtgemäß beraten, nicht gelungen ist.
58a)
59Dass der Beklagte zu 2) seiner Aufklärungspflicht genügt hat, haben die Beklagten unter Berücksichtigung der ihnen obliegenden sekundären Beweislast hinreichend vorgetragen. Die Beklagten haben den gesamten Ablauf von der ersten Besprechung bis hin zum Abschluss des Abfindungsvergleichs unter Vorlage zahlreicher Unterlagen dargelegt. Der vom Kläger demgegenüber zu führende Beweis einer Pflichtverletzung wegen mangelnder Aufklärung ist angesichts der substantiierten Darstellung der Beklagten über die dem Kläger gegenüber erfolgte Aufklärung nicht gelungen. Die durchgeführte Beweisaufnahme ist insoweit weitgehend unergiebig geblieben und hat die Tatsachenschilderungen der Beklagten teilweise sogar bestätigt.
60Die Beklagten haben bereits zum ersten Beratungstermin mit dem Kläger und seiner Mutter einen internen Aktenvermerk vorgelegt (Anlage B16). Den darauf folgenden Ablauf der einzelnen Beratungsgespräche haben die Beklagten unter Vorlegung zahlreicher Beweise beschrieben. So haben die Beklagten dargelegt, dass die XXX erstmals mit Schreiben vom 26.04.2005 in die Regulierung eingetreten war und am 17.05.2006 vorgeschlagen hatte, ein Regulierungsgespräch durchzuführen. Mit dem als Anlage B7 vorgelegten Schreiben hat der Beklagte zu 2) den Kläger hierüber informiert. Der in der Folge angefallene Schriftwechsel mit der XXX wurde ebenfalls vorgelegt. Die Beklagten haben dargelegt, dass in der Folge weitere Beratungsgespräche am 18.04.2006, 17.07.2006 und 21.09.2006 mit dem Kläger stattfanden. Ausgehend von der Dauer der einzelnen Gespräche steht fest, dass eine eingehende Beratung stattgefunden hat. Dies wird auch durch die Bekundungen der Mutter des Klägers, der Zeugin C, bestätigt. Sie hat ausgesagt, dass sie sich zwar an den Inhalt der Gespräche im Zusammenhang mit dem Vergleich nicht mehr erinnern könne, sie sich aber erinnere, dass es mehrere Gespräche gegeben habe. Auf Nachfrage hat die Zeugin C bekundet, dass sie sich an nichts erinnern könne, was der Beklagte zu 2) ihr und dem Kläger im Zusammenhang mit einem Vergleich erklärt habe. Gut erinnern konnte sich die Zeugin C hingegen daran, dass der Beklagte zu 2) „immer ein rotes Buch“ dabei gehabt habe, in welchem er zur Erläuterung der einzelnen Zahlen und der Dauer einzelner Zahlungen nachgeguckt habe. Sie hat weiter ausgesagt, dass sie wisse, dass der Beklagte zu 2) Ihnen einiges erklärt habe, sich aber nicht mehr an Einzelheiten erinnern könne.
61Die Beklagten haben weiter vorgetragen, dass bereits in den Besprechungen am 17.07.2006 und am 21.09.2006 mit dem Kläger abstrakt besprochen worden wäre, was es bedeuten würde, einen Vergleich abzuschließen. Es sei erörtert worden, dass mit dem Abschluss eines Vergleichs das Unfallgeschehen endgültig abgeschlossen wäre. Auch diese Behauptung wird durch die Aussage der Zeugin C bestätigt. Die Zeugin C hat bekundet, dass ihnen schon klar gewesen sei, dass „damit die Sache vom Tisch war“. Der Beklagte zu 2) habe gesagt, dass sie sich an ihn wenden sollten, wenn sich etwas verändern würde. Das habe sich vor allem auf die Fragmente im Hirn bezogen.
62Die Beklagten haben weiter vorgetragen, dass der Kläger selbst es gewesen sei, der letztendlich auf die Vereinbarung eines Termin mit dem Mitarbeiter der XXX gedrängt habe, nachdem die XXX mit Schreiben vom 26.04.2005 erstmals die Möglichkeiten einer vergleichsweisen Einigung angesprochen hatte. Dass der Kläger es leid gewesen sei, sich weiteren ärztlichen Untersuchungen unterziehen zu müssen, was zwingende Folge einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewesen wäre. Dies wird bestätigt durch die Aussage des Bruders des Klägers, dem Zeugen C2, der bekundet hat, dass er zwar nicht glauben würde, dass sein Bruder von sich aus auf den Abschluss des Vergleichs gedrängt habe, er wisse aber, dass sein Bruder froh gewesen sei, dass die Sache zu einem Ende gekommen war.
63Die Beklagten haben unter Vorlage ihres Schreibens vom 06.11.2006 (Anlage B11) vorgetragen, dass sie den Kläger angehalten haben, keine voreilige Entscheidung zu treffen, sondern sich in Ruhe zu überlegen, ob der Abschluss des Abfindungsvergleiches das Richtige für ihn sei. Bereits aus dem Schreiben geht hervor, dass der Beklagte zu 2) den Kläger auch darauf hinweist, sich ggf. mit Verwandten und einem Bankberater zu besprechen. Das Schreiben endet mit dem Hinweis, dass der Kläger einen weiteren Beratungstermin vereinbaren möge, für den 60 Minuten eingeplant werden sollten.
64Die Beklagten haben weiter dargelegt, dass auf die vermehrten Hinweise des Beklagten zu 2), sich die Entscheidung, ob der Abfindungsbetrag akzeptiert werden solle, nicht leicht zu machen, sowohl der Kläger als auch seine Mutter abwinkend reagiert haben und mitgeteilt haben, der Beklagte zu 2) solle sich keine Sorgen machen, der Kläger würde in finanzieller Hinsicht von seinem Bruder beraten werden. Auch diese Behauptungen werden gestützt durch die Bekundungen des Zeugen C2. Er hat bekundet, dass der Kläger ihn im Februar 2007 kontaktiert habe und um Rat hinsichtlich der Anlage der Gelder gebeten habe. Hierbei sei nicht über die Hintergründe des Vergleichs und irgendwelche Umstände gesprochen wurden, er kenne auch weder den Inhalt des Vergleichs, noch habe er sich mit dem Zustandekommen beschäftigt, es sei in seinen Gesprächen mit dem Kläger vielmehr ausschließlich um die Geldanlage gegangen.
65Die Beklagten haben auch vorgetragen, dass sie mit dem Kläger über die Alternative einer gerichtlichen Auseinandersetzung gesprochen haben. Dieser Vortrag wird gestützt durch das Schreiben des Beklagten zu 2) an die XXX vom 01.12.2006 (Anlage B12), in dem es zum Ende hin heißt, dass die Beklagten ggf. gezwungen wären, dem Kläger zu raten, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte zu 2) hat auch die Alternative einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Kläger und seiner Mutter, die an der Mehrzahl der Besprechungstermine teilgenommen hat, erörtert. Der zum Beratungsgespräch am 16.11.2006 als Anlage B35 vorgelegte Aktenvermerk lässt ebenfalls erkennen, dass der Beklagte zu 2) gemeinsam mit der Zeugin C über den Abfindungsvergleich als Möglichkeit, als auch über die in Rede stehenden Beträge gesprochen hat. In dem Aktenvermerk heißt es, dass gemeinsam ermittelt wurde, dass bisher ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000,00 EUR gezahlt worden sei, dieser Betrag müsse dann von der Ausgleichszahlung in Abzug gebracht werden. Es ist ferner festgehalten, dass „wir beim Schmerzensgeld und bei den Kosten zur Haushalthilfe sicherlich juristisch gut stehen, demgegenüber beim Verdienstausfall sicherlich ein nicht unerhebliches Prozessrisiko haben“. Weiter heißt es in dem Aktenvermerk, dass eine endgültige Entscheidung der Familie C noch nicht gefallen sei, die Partei die Angelegenheit nochmals familienintern als auch mit dem Bruder des Klägers besprechen und sich dann wieder melden werde. Es heißt weiter: „Partei wird sich insoweit melden, ob dies überhaupt in Betracht kommt“. Unter Berücksichtigung dieses Aktenvermerks haben die Beklagten substantiiert vorgetragen, dass in dem Gespräch am 16.11.2006 eingehend über die Möglichkeiten, die der Abfindungsvergleich bietet, und das Zusammenkommen des Abfindungsbetrages gesprochen haben. Der als Anlage B34 vorgelegte handschriftliche Vermerk zeigt zudem eine Übersicht über die einzelnen Beträge, die bei der Ermittlung des Abfindungsbetrages eingeflossen sind. Da in dem Aktenvermerk vom 16.11.2006 festgehalten ist, dass der Abfindungsvergleich noch einmal familienintern besprochen würde und die Partei sich dazu melden würde, ob dies überhaupt so in Betracht käme, ist es absolut lebensnah, dass gleichzeitig auch besprochen wurde, was die Alternative wäre, wenn es nicht zum Abschluss eines Vergleichs käme.
66Aus dem als Anlage B13 vorgelegten Schreiben vom 14.12.2006 zeigt sich, dass bereits mehrere Erörterungen zum Thema Abfindungsvergleich stattgefunden haben, denn der Beklagte zu 2) formuliert im Hinblick auf den erwarteten Vergleichsvorschlag der XXX, dass der Vorgang gegebenenfalls „nochmals“ in der Kanzlei erörtert werden müsse. Auch diese Formulierung bestätigt, dass es bereits mehrere Erörterungen gegeben hat. Dies wird auch nicht widerlegt durch die Aussage der Zeugin C, die bekundet hat, dass sie sich nicht erinnern könne, ob vor dem Gespräch am 31.10.2006 schon einmal über die Möglichkeiten eines Vergleichs gesprochen worden sei, sie sich aber erinnere, dass sie und der Kläger nach dem Treffen mit dem Zeugen L2 mehrere Male bei dem Beklagten zu 2) gewesen seien. Die Zeugin C hat bekundet, dass sie sich inhaltlich gar nicht mehr an die Gespräche mit dem Beklagten zu 2) erinnere, sondern nur noch wisse, dass es jedenfalls mehrere Gespräche gegeben habe. Diese Aussage widerlegt mithin nicht den Vortrag der Beklagten, dass sowohl vor dem Gespräch mit dem Zeugen L2 am 31.10.2006 als auch hinterher ausführlich über den Vergleich gesprochen wurde. Der Vortrag der Beklagten wird vielmehr durch den vorgelegten Schriftwechsel mit dem Kläger bestätigt.
67Schließlich ergibt sich auch aus der von den Beklagten vorgelegten Korrespondenz, dass der Abschluss des Abfindungsvergleichs nur eine Möglichkeit war. So heißt es im Schreiben vom 14.12.2006: „Wir werden diese Vorbehaltsformulierung, sollte es zu einer Insgesamtregelung kommen, in die Abfindungserklärung mit aufnehmen.“ (Anlage B14). Die Formulierung zeigt, dass noch im Dezember 2006 der Beklagte zu 2) jedenfalls nicht sicher davon ausging, dass es zwingend zum Abschluss eines Abfindungsvergleiches kommen würde.
68Auch die Bekundungen des Zeugen L2 konnten die vom Kläger gerügten Pflichtverletzungen nicht bestätigen. Die Bekundungen waren im Hinblick auf die vorgeworfenen Pflichtverletzungen des Beklagten zu 2) nicht ergiebig. Der Zeuge L2 hat bekundet, das Ziel des Gesprächs am 31.10.2006 eine einvernehmliche Regelung gewesen sei. Er hat bekundet, dass zunächst eine vorbehaltlose Zahlung erfolgen sollte. Nachdem die Aufnahme des Vorbehalts hinsichtlich des Fragments im Gehirn vereinbart worden sei, sei die Summe aber noch einmal nachgebessert worden. Er könne sich erinnern, dass die Verhandlungen, sofern die geforderte Summe deutlich über 350.000,00 EUR gelegen hätte, von ihm abgebrochen worden wären. Von Mitverschulden sei in dem Gespräch seines Wissens keine Rede gewesen. Es sei in dem Gespräch aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden.
69b)
70Ob dem Beklagten eine Pflichtverletzung im Hinblick auf eine mögliche Verjährung aus dem Abfindungsvergleich anzulasten ist, kann dahinstehen. Selbst wenn ein solcher vom Kläger behaupteter Pflichtverstoß des Beklagten zu 2) anzunehmen wäre, käme es hierauf nicht an. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass schon eine Veränderung des Fragments an seinem Gehirn festgestellt worden ist. Mangels Entstehung des Anspruchs kann dieser noch nicht verjährt sein. Ein kausal auf der behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) beruhender Schaden wegen der behaupteten Nichtaufklärung über die Verjährung kann mithin noch gar nicht vorliegen.
712.
72Auch das weitere Verteidigungsvorbringen des Klägers, er sei zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geschäftsunfähig gewesen, führte nicht zum Erfolg. Das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen L hat ergeben, dass der Kläger weder am 05.04.2005, noch im Januar 2007 geschäftsunfähig war.
73Die von den Parteien vorgebrachte Kritik an der Vorgehensweise des Gutachters greift nicht. Die Ausführungen des Sachverständigen L sind überzeugend, er begründet sein Ergebnis schlüssig und nachvollziehbar. Er hat die von ihm gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Der Sachverständige L hat neben den ihm zur Verfügung stehenden ärztlichen Berichten der neurologischen Klinik der Ruhr-Universität D, des T Krankenhauses V und weiteren ärztlichen Berichten auch den Inhalt der Betreuungsakte sowie ein persönlich mit dem Kläger durchgeführtes Gespräch seiner Begutachtung zugrundelegt. Der Sachverständige hat zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit im Jahre 2007 den weiteren Heilungsverlauf des Klägers berücksichtigt. Er hat festgestellt, dass der Kläger zwar im April 2005 und auch im Jahr 2007 sowohl unter neurologischen Störungen litt, als auch psychische Störungen organischer Ursache hatte, in deren Folge eine Geschäftsunfähigkeit auftreten kann. Er stellt jedoch fest, dass der Kläger im Januar 2005 an einem Aufklärungs-und Beratungsgespräch teilnehmen konnte und es im März 2005 erreichbar erschien, dass er wieder in seinen Beruf eingegliedert würde. Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine Geschäftsunfähigkeit am 05.04.2005 sehr wahrscheinlich nicht vorgelegen habe.
74Die Einschätzungen des Sachverständigen L werden darüber hinaus gestützt durch den Eindruck des Zeugen C2, dass der Kläger bereits Ende 2004 keiner Betreuung mehr bedurfte (Schriftverkehr mit dem AG X, Anlage B37 und B38, Bl. 486; Bl. 62 der Betreuungsakte), da er bereits selber wieder aktiv am Leben teilnahm.
75Der Sachverständige hat sich zulässig auch auf die Stellungnahmen des behandelnden Neurologen Dr. T vom 25.04.2005 (Bl. 74 der Betreuungsakten) und des Beauftragten des Amtes für Jugend und Soziales – Betreuungsstelle – Herrn X bezogen (Bl. 70 der Betreuungsakten). Beide bestätigten, dass der Kläger Anfang April 2005 keiner weiteren Betreuung mehr bedurfte.
76Darüber hinaus wurde die Betreuung auch nicht wegen einer möglichen Geschäftsunfähigkeit, sondern alleine wegen des Komas, in dem der Kläger sich direkt nach dem Unfall befand, angeordnet (Bl. 5 der Betreuungsakte). Der Beschluss des AG X legt die Betreuung für folgende Aufgabenkreise fest: „Gesundheitssorge und im Rahmen dessen die Aufenthaltsbestimmung und die Vermögenssorge, sowie Vertretung gegenüber Behörden“. Ein Einwilligungsvorbehalt wurde jedoch nicht festgelegt (Bl. 7 und 10 der Betreuungsakten).
77Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im März 2007 geschäftsunfähig war, ergaben sich ebenfalls nicht. Vielmehr stellt der Sachverständige zusammenfassend fest, dass der Kläger Anfang 2007 jedenfalls soweit rehabilitiert war, dass er selbstständig ein KFZ führen konnte und durchgehend in der Lage war, eine ambulante Psychotherapie wahrzunehmen.
78Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
79Streitwert: 79.961,48 EUR.
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(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.