Landgericht Tübingen Beschluss, 14. Apr. 2015 - 5 T 72/15

published on 14/04/2015 00:00
Landgericht Tübingen Beschluss, 14. Apr. 2015 - 5 T 72/15
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Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Calw vom 19.01.2015, Az. 9 M 446/15, wird

v e r w o r f e n.

2. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 2.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Gläubigerin betreibt aus einem Urteil des Amtsgerichts Calw vom 9. August 2013 - 8 C 85/12 - die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Zu dem auf 28. Oktober 2014 bestimmten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft, zu dem der Schuldner ordnungsgemäß geladen worden war, ist dieser nicht erschienen, mit der Begründung, aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen zu können.
Mit Beschluss vom 19. Januar 2015 - 9 M 82/15 - erließ das Amtsgerichts Calw gegen den Schuldner einen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft. Ohne dass der Schuldner verhaftet worden war, gab dieser am 26. Februar 2015 die Vermögensauskunft ab und legte vor der Rechtspflegerin S. beim Amtsgericht Calw „Erinnerung gemäß § 766 ZPO“ gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Calw vom 19. Januar 2015, die Vorgehensweise des Gerichtsvollziehers und das komplette Zwangsvollstreckungsverfahren ein.
Das Amtsgericht Calw hat mit Beschluss vom 13. März 2015 - 9 M 446/15 - der sofortigen Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl vom 19. Januar 2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Tübingen zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist unzulässig. Die sofortige Beschwerde des Schuldners war statthaft (1.), form- und fristgerecht (2.), doch fehlt dem Schuldner das erforderliche Rechtsschutzinteresse (3.).
1.
Der Erlass des Haftbefehls kann mit der sofortigen Beschwerde nach allgemeiner Ansicht angefochten werden (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 802g Rn. 15 m. w. N.).
2.
Die vor dem Rechtspfleger am 26. Februar 2015 zu Protokoll eingelegte sofortige Beschwerde war nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO formgerecht. Zwar wird der Haftbefehl bereits mit seiner Hinausgabe rechtlich existent und damit anfechtbar (vgl. Stöber in Zöller a. a. O.). Die zweiwöchige Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beginnt aber erst mit der Übergabe des Haftbefehls an den Schuldner bei der Verhaftung nach § 802g Abs. 2 Satz 1 ZPO. Dies ist bislang nicht erfolgt, so dass die sofortige Beschwerde auch fristgerecht eingelegt worden ist.
3.
Der Schuldner hat aber kein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Haftbefehls.
a.
Durch die Abgabe der Vermögensauskunft am 26. Februar 2015 ist der Haftbefehl vom 19. Januar 2015 verbraucht worden (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 15.03.2006 - 5 T 563/06, DGVZ 2006, 74, juris Rz. 10), so dass es einer förmlichen Aufhebung des Haftbefehls nicht bedarf. Eine Verhaftung des Schuldners darf aufgrund dieses Haftbefehls nicht mehr erfolgen (vgl. Wagner in Münchner Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 802g Rn. 7 m. w. N.). Dies kommt auch durch § 802i Abs. 2 Satz 1 ZPO zum Ausdruck, wonach der verhaftete Schuldner nach Abgabe der Vermögensauskunft sofort freizulassen ist.
Sollte der Gläubiger gleichwohl aufgrund des Haftbefehls eine Verhaftung zur Erzwingung der Vermögensauskunft betreiben, so kann sich der Schuldner gegen eine Verhaftung durch den bereits „verbrauchten“ Haftbefehl durch Vorlage eines Ausdrucks der bereits erteilten Vermögensauskunft wehren. Auf einen solchen Ausdruck hat der Schuldner nach § 802f Abs. 5 Satz 3 ZPO einen Anspruch. Im Übrigen kann - und muss - der Gerichtsvollzieher zumindest auf den entsprechenden Einwand des Schuldners nach § 802k Abs. 2 ZPO bei dem zentralen Vollstreckungsgericht Einsicht in das Schuldnerverzeichnis nehmen und sich davon überzeugen, dass der Haftbefehl durch Abgabe der Vermögensauskunft verbraucht ist.
b.
10 
Dass gegen den Schuldner ein Haftbefehl erlassen worden ist, wird - anders als vor dem 1. Januar 2013 (vgl. § 915 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.) - nicht mehr im Schuldnerverzeichnis vermerkt, so dass ein Rehabilitierungsinteresse nicht besteht. Gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird als Eintragungsgrund lediglich angeben, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist. Der Erlass eines Haftbefehls wird nicht vermerkt (vgl. auch Auskunft des Obergerichtsvollziehers vom 4. März 2015, Bl. 6 d. A.).
c.
11 
Der Schuldner hat auch kein schützenswertes Interesse an einer Feststellung, dass der mittlerweile verbrauchte Haftbefehl, zu Unrecht ergangen war (aa.). Abgesehen davon, ist nicht ersichtlich, dass der Haftbefehl tatsächlich zu Unrecht erlassen wurde (bb.).
12 
aa. Es sind keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ein rechtliches Interesse des Schuldners für eine nachträgliche Feststellung ableiten ließe, dass der mittlerweile aufgrund der Abgabe der Vermögensauskunft verbrauchte Haftbefehl deshalb zu Unrecht ergangen war, weil der Schuldner nach seinem Vortrag zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft aus gesundheitlichen Gründen nicht hatte erscheinen können. Ein Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich nur solange gegeben, als ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in solchen Fällen nur bei gewichtigen Grundrechtseingriffen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen konnte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 u.a., BVerfGE 96, 27, juris Rz. 49). Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kommt insbesondere bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in Betracht (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.12.2006 - 6 Wx 17/06, juris Rz. 11 m. w. N.). Vorliegend ist der Haftbefehl aber zu keinem Zeitpunkt gegen den Schuldner vollzogen worden, so dass es an einer freiheitsbeschränkenden Maßnahme und damit einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff fehlt. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht für den Schuldner somit nicht.
13 
bb. Zudem ist der Haftbefehl tatsächlich zu Recht ergangen. Die vom Schuldner behauptete Verhandlungsunfähigkeit stellt keine ausreichende Entschuldigung dafür dar, dass er bis zum 26. Februar 2015 die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert hatte. Die von ihm übermittelte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und sein Attest ohne Diagnose entschuldigten sein Fernbleiben im Termin am 28. Oktober 2014 nicht. Das im Beschwerdeverfahren in Kopie vorgelegte Attest vom 11. März 2015 attestiert dem Schuldner zwar durchaus ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen, doch entschuldigen diese die Verweigerung der Vermögensauskunft bereits deshalb nicht, weil der Gerichtsvollzieher dem Schuldner angeboten hatte, ihn zuhause aufzusuchen und dort die Vermögensauskunft abzunehmen. Dies hatte der Schuldner abgelehnt.
III.
14 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
15 
Nach dem sich die Rechtslage seit dem 1. Januar 2013 geändert hat, wird die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO zugelassen.
16 
Der Beschwerdewert folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO unter Berücksichtigung des in § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG ausgedrückten Rechtsgedankens, wonach der Streitwert höchstens auf 2.000,00 EUR festzusetzen ist. Dieser auf den Gläubiger zugeschnittene Rechtsgedanke wird vorliegend mangels anderer Anhaltspunkte auch zur Bewertung des Schuldnerinteresses (§ 25 Abs. 2 RVG) herangezogen.
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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published on 28/03/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 63/18 vom 28. März 2019 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104; ZPO § 802g a) Treibt der Gerichtsvollzieher vom Schuldner di
published on 12/10/2016 00:00

Tenor Die Vollziehung des Haftanordnungsantrags an das Amtsgericht K vom 10.2.2016 wird bis zum Abschluss des Verfahrens über den Einspruch aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Die Beschwerde wird zugelassen. 1Grün
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Annotations

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.

(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.

(1) Der verhaftete Schuldner kann zu jeder Zeit bei dem Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftortes verlangen, ihm die Vermögensauskunft abzunehmen. Dem Verlangen ist unverzüglich stattzugeben; § 802f Abs. 5 gilt entsprechend. Dem Gläubiger wird die Teilnahme ermöglicht, wenn er dies beantragt hat und seine Teilnahme nicht zu einer Verzögerung der Abnahme führt.

(2) Nach Abgabe der Vermögensauskunft wird der Schuldner aus der Haft entlassen. § 802f Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Kann der Schuldner vollständige Angaben nicht machen, weil er die erforderlichen Unterlagen nicht bei sich hat, so kann der Gerichtsvollzieher einen neuen Termin bestimmen und die Vollziehung des Haftbefehls bis zu diesem Termin aussetzen. § 802f gilt entsprechend; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.

(1) Zur Abnahme der Vermögensauskunft setzt der Gerichtsvollzieher dem Schuldner für die Begleichung der Forderung eine Frist von zwei Wochen. Zugleich bestimmt er für den Fall, dass die Forderung nach Fristablauf nicht vollständig beglichen ist, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft alsbald nach Fristablauf und lädt den Schuldner zu diesem Termin in seine Geschäftsräume. Der Schuldner hat die zur Abgabe der Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin beizubringen. Der Fristsetzung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner bereits zuvor zur Zahlung aufgefordert hat und seit dieser Aufforderung zwei Wochen verstrichen sind, ohne dass die Aufforderung Erfolg hatte.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann der Gerichtsvollzieher bestimmen, dass die Abgabe der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners stattfindet. Der Schuldner kann dieser Bestimmung binnen einer Woche gegenüber dem Gerichtsvollzieher widersprechen. Andernfalls gilt der Termin als pflichtwidrig versäumt, wenn der Schuldner in diesem Termin aus Gründen, die er zu vertreten hat, die Vermögensauskunft nicht abgibt.

(3) Mit der Terminsladung ist der Schuldner über die nach § 802c Abs. 2 erforderlichen Angaben zu belehren. Der Schuldner ist über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 1 und 2, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Einholung von Auskünften Dritter nach § 802l und der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft nach § 882c zu belehren.

(4) Zahlungsaufforderungen, Ladungen, Bestimmungen und Belehrungen nach den Absätzen 1 bis 3 sind dem Schuldner zuzustellen, auch wenn dieser einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; einer Mitteilung an den Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht. Dem Gläubiger ist die Terminsbestimmung nach Maßgabe des § 357 Abs. 2 mitzuteilen.

(5) Der Gerichtsvollzieher errichtet in einem elektronischen Dokument eine Aufstellung mit den nach § 802c Absatz 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Schuldner vor Abgabe der Versicherung nach § 802c Abs. 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Dem Schuldner ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen.

(6) Der Gerichtsvollzieher hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 und leitet dem Gläubiger unverzüglich einen Ausdruck zu. Der Ausdruck muss den Vermerk enthalten, dass er mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses übereinstimmt; § 802d Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Nach § 802f Abs. 6 dieses Gesetzes oder nach § 284 Abs. 7 Satz 4 der Abgabenordnung zu hinterlegende Vermögensverzeichnisse werden landesweit von einem zentralen Vollstreckungsgericht in elektronischer Form verwaltet. Die Vermögensverzeichnisse können über eine zentrale und länderübergreifende Abfrage im Internet eingesehen und abgerufen werden. Gleiches gilt für Vermögensverzeichnisse, die auf Grund einer § 284 Abs. 1 bis 7 der Abgabenordnung gleichwertigen bundesgesetzlichen oder landesgesetzlichen Regelung errichtet wurden, soweit diese Regelung die Hinterlegung anordnet. Ein Vermögensverzeichnis nach Satz 1 oder Satz 2 ist nach Ablauf von zwei Jahren seit Abgabe der Auskunft oder bei Eingang eines neuen Vermögensverzeichnisses zu löschen.

(2) Die Gerichtsvollzieher können die von den zentralen Vollstreckungsgerichten nach Absatz 1 verwalteten Vermögensverzeichnisse zu Vollstreckungszwecken abrufen. Den Gerichtsvollziehern stehen Vollstreckungsbehörden gleich, die

1.
Vermögensauskünfte nach § 284 der Abgabenordnung verlangen können,
2.
durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz dazu befugt sind, vom Schuldner Auskunft über sein Vermögen zu verlangen, wenn diese Auskunftsbefugnis durch die Errichtung eines nach Absatz 1 zu hinterlegenden Vermögensverzeichnisses ausgeschlossen wird, oder
3.
durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz dazu befugt sind, vom Schuldner die Abgabe einer Vermögensauskunft nach § 802c gegenüber dem Gerichtsvollzieher zu verlangen.
Zur Einsicht befugt sind ferner Vollstreckungsgerichte, Insolvenzgerichte und Registergerichte sowie Strafverfolgungsbehörden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist.

(3) Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung, welches Gericht die Aufgaben des zentralen Vollstreckungsgerichts nach Absatz 1 wahrzunehmen hat. Sie können diese Befugnis auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Das zentrale Vollstreckungsgericht nach Absatz 1 kann andere Stellen mit der Datenverarbeitung beauftragen; die datenschutzrechtlichen Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag sind zu beachten.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Inhalts, der Form, Aufnahme, Übermittlung, Verwaltung und Löschung der Vermögensverzeichnisse nach § 802f Abs. 5 dieses Gesetzes und nach § 284 Abs. 7 der Abgabenordnung oder gleichwertigen Regelungen im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sowie der Einsichtnahme, insbesondere durch ein automatisiertes Abrufverfahren, zu regeln. Die Rechtsverordnung hat geeignete Regelungen zur Sicherung des Datenschutzes und der Datensicherheit vorzusehen. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die Vermögensverzeichnisse

1.
bei der Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht nach Absatz 1 sowie bei der Weitergabe an die anderen Stellen nach Absatz 3 Satz 3 gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt sind,
2.
unversehrt und vollständig wiedergegeben werden,
3.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können und
4.
nur von registrierten Nutzern abgerufen werden können und jeder Abrufvorgang protokolliert wird.

(5) Macht eine betroffene Person das Auskunftsrecht nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in Bezug auf personenbezogene Daten geltend, die in den von den zentralen Vollstreckungsgerichten nach Absatz 1 verwalteten Vermögensverzeichnissen enthalten sind, so sind der betroffenen Person im Hinblick auf die Empfänger, denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, nur die Kategorien berechtigter Empfänger mitzuteilen. Das Widerspruchsrecht gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) 2016/679 findet in Bezug auf die personenbezogenen Daten, die in den von den zentralen Vollstreckungsgerichten nach Absatz 1 verwalteten Vermögensverzeichnissen enthalten sind, keine Anwendung.

(1) Der zuständige Gerichtsvollzieher ordnet von Amts wegen die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an, wenn

1.
der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist;
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde, oder
3.
der Schuldner dem Gerichtsvollzieher nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft oder Bekanntgabe der Zuleitung nach § 802d Abs. 1 Satz 2 die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde. Dies gilt nicht, solange ein Zahlungsplan nach § 802b festgesetzt und nicht hinfällig ist.
Die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis ist Teil des Vollstreckungsverfahrens.

(2) Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Der Gerichtsvollzieher stellt sie dem Schuldner von Amts wegen zu, soweit sie ihm nicht mündlich bekannt gegeben und in das Protokoll aufgenommen wird (§ 763 Absatz 1). Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet abweichend von § 186 Absatz 1 Satz 1 der Gerichtsvollzieher.

(3) Die Eintragungsanordnung hat die in § 882b Abs. 2 und 3 genannten Daten zu enthalten. Sind dem Gerichtsvollzieher die nach § 882b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 im Schuldnerverzeichnis anzugebenden Daten nicht bekannt, holt er Auskünfte bei den in § 755 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen ein, um die erforderlichen Daten zu beschaffen. Hat der Gerichtsvollzieher Anhaltspunkte dafür, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetragen oder ein bedingter Sperrvermerk gemäß § 52 des Bundesmeldegesetzes eingerichtet wurde, hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner auf die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 882f Absatz 2 hinzuweisen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In der Zwangsvollstreckung, in der Vollstreckung, in Verfahren des Verwaltungszwangs und bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Gegenstandswert

1.
nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen; soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, ist der geringere Wert maßgebend; wird künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen nach § 850d Absatz 3 der Zivilprozessordnung gepfändet, sind die noch nicht fälligen Ansprüche nach § 51 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen und § 9 der Zivilprozessordnung zu bewerten; im Verteilungsverfahren (§ 858 Absatz 5, §§ 872 bis 877 und 882 der Zivilprozessordnung) ist höchstens der zu verteilende Geldbetrag maßgebend;
2.
nach dem Wert der herauszugebenden oder zu leistenden Sachen; der Gegenstandswert darf jedoch den Wert nicht übersteigen, mit dem der Herausgabe- oder Räumungsanspruch nach den für die Berechnung von Gerichtskosten maßgeblichen Vorschriften zu bewerten ist;
3.
nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, und
4.
in Verfahren über die Erteilung der Vermögensauskunft (§ 802c der Zivilprozessordnung) sowie in Verfahren über die Einholung von Auskünften Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l der Zivilprozessordnung) nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird; der Wert beträgt jedoch höchstens 2 000 Euro.

(2) In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen.