Landgericht Siegen Teilurteil, 25. Nov. 2013 - 1 O 216/12
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger Auskunft über die Höhe der abgezogenen Stornokosten zum Vertrag mit der Versicherungsnummer 030167118012 zu erteilen.
Die Entscheidung über den Klageantrag zu II. bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Im Übrigen werden die Klage mit dem Hauptantrag und die hilfsweise erhobene Stufenklage abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 € vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Beiträgen, die der Kläger auf eine fondsgebundene Lebensversicherung mit der Vertragsnummer 030167118012 leistete.
3Der Abschluss des Vertrages erfolgte nach dem sogenannten Policenmodell. Der Kläger stellte am 28.03.1995 einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten (Bl. 183). Mit Schreiben vom 10.04.1995 bestätigte die Beklagte den Antrag (Bl. 24). In diesem Schreiben fand sich in Fettdruck folgende Belehrung:
4Dem Abschluss dieses Vertrages können sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der beigefügten Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
5Dem Schreiben waren die Verbraucherinformationen gemäß § 10a VAG a.F. und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen beigefügt (Bl. 38 ff.).
6Der Kläger nahm in der Folge die Zahlung der vereinbarten Prämien auf. Mit Einzugsermächtigung vom 14.02.1996 (Bl. 184) gestattete er der Beklagten die Einziehung der Prämien zum 01.03.1996 von seinem neuen Konto. Er zahlte diese bis zum Oktober 2009. Mit Schreiben vom 22.10.2009 (Bl. 25) erklärte sein damaliger Rechtsanwalt den Widerspruch gemäß §§ 5a VVG a.F., 8 VVG, vorsorglich die Anfechtung und hilfsweise die Kündigung des Versicherungsvertrages. Der Kläger hatte bis zu diesem Zeitpunkt Prämien in Höhe von 8.896,62 € eingezahlt. Die Beklagte akzeptierte lediglich die hilfsweise Kündigung, teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16.11.2009 (Bl. 209) den errechneten Rückkaufswert in Höhe von 7.897,73 € mit und zahlte diesen in der Folge an den Kläger aus. Mit Schreiben vom 29.09.2011 erklärten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers erneut den Widerspruch gemäß §§ 5a VVG a.F. 8 VVG bzw. den Widerspruch nach § 355 BGB.
7Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf Rückzahlung seiner geleisteten Prämien zuzüglich gezogener Nutzungen abzüglich des geleisteten Rückkaufswertes zu. Es handele sich um einen bereicherungsrechtlicher Anspruch, da der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, jedenfalls durch seinen Widerspurch wirkungslos geworden sei. Er habe wegen des geltend gemachten Betrages auch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Beratungspflichtverletzung.
8Das in § 5a VVG beschriebene Policenmodell sei europarechtswidrig und daher nicht anzuwenden. Auch sei die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere sei § 5 Abs. 2 S. 4 VVG a.F. nicht richtlinienkonform, ihm stehe deshalb ein zeitlich unbefristetes Widerspruchsrecht zu. Eine richtlinienkonforme Auslegung genannter Vorschrift sei möglich, ohne dass diese zu einer solchen contra legen führen würde. Das Widerspruchsrecht sei nicht verwirkt, es fehle insoweit am notwendigen Umstandsmoment.
9Für den Fall, dass von der Wirksamkeit von § 5a VVG a.F. auszugehen sei, stehe ihm dann möglicherweise ein Zahlungsanspruch auf bei Berechnung des Rückkaufswertes zu Unrecht abgezogene Abschluss- und Stornokosten zu; er habe diesbezüglich einen Auskunfts- und gegebenenfalls eine Zahlungsanspruch.
10Der Kläger beantragt,
11I. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 9.257,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2011 zu zahlen.
12II. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 949,14 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
13Hilfsweise beantragt er,
14III. Die Beklagte wird verurteilt, ihm Auskunft
151. über das zum Zeitpunkt der Kündigung am 01.11.2009 vorhandene Deckungskapital ohne Verrechnung von Abschlusskosten
162. zugleich über die Höhe der abgezogenen Stornokosten
17sowie
183. über die ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären
19zum Vertrag mit der Versicherungsnummer 030167118012 zu erteilen.
20IV. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr erteilten Ansprüche durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen und gegebenenfalls durch die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern.
21V. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2009 zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen
24Die Beklagte behauptet, die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals habe vorliegend 4354,62 € betragen.
25Sie ist der Ansicht, das Policenmodell des § 5a VVg a.F. sei europarechtskonform. Weiterhin sei die Widerspruchsbelehrung wirksam. Darüber hinaus komme es auf die Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2 s. 4 VVG a.F. nicht entscheidungserheblich an, da die Nichtanwendung eine unzulässige Auslegung contra legem darstelle. Unabhängig hiervon habe der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt, da er diesen erst 14 Jahre nach Zahlung der ersten Rate erklärt habe. Weiterhin erhebt sie die Einrede der Verjährung. Der Kläger habe auch keine Auskunftsansprüche, da ein weiterer Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswertes nicht bestehe. Er habe bei vorzeitiger Vertragsbeendigung lediglich Anspruch auf einen Rückkaufswert in Höhe der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Der ausgezahlte Betrag übersteige diesen bereits.
26Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen, wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe
28Die zulässige Klage ist im Wesentlichen unbegründet. Der Kläger hat weder einen Bereicherungs- noch einen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der gezahlten Prämien. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht nur hinsichtlich der abgezogenen Stornokosten.
29I.
30Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gemäß § 812 BGB besteht nicht, da der Versicherungsvertrag den Rechtsgrund für die geleisteten Prämien darstellt. Die Parteien haben diesen wirksam geschlossen. Der Versicherungsvertrag wurde aufgrund des Antrags des Klägers vom 28.03.1995 und der Annahme durch unstreitige Übersendung des Versicherungsscheins gemäß § 5a Abs. 1 S.1 VVG, zunächst schwebend unwirksam, geschlossen. Der Kläger hat unstreitig nicht innerhalb eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie widersprochen; sein erklärter Widerspruch war verfristet. Der Rechtsgrund für die geleisteten Prämien ist demgemäß nicht durch die Erklärungen des Klägers vom 22.10.2009 und 29.09.2011 weggefallen. Weiterhin hat der Kläger den Versicherungsvertrag nicht wirksam gemäß § 119 Abs. 1 BGB angefochten; ein Widerrufsrecht stand ihm gleichermaßen nicht aus § 355 BGB zu
311.
32Die Kammer ist mit der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung der Ansicht, dass das in § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. beschriebene Policenmodell europarechtskonform ist und insbesondere keinen Widerspruch zu den Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung) bzw. der im Streitfall noch nicht einschlägigen RL 2002/83/EG darstellt (vgl. OLG München, Urteil vom 10.10.2013 Az: 14 U 1804/13; OLG Köln, Urteil vom 2.3.2012, Az: 20 U 178/11 20 U 178/11; OLG Celle, Urteil vom 9.2.2012, Az.: 8 U 191/11; OLG Hamm, Beschluss v. 24.8. 2011, Az: 20 U 50/11; OLG Stuttgart VersR 2012 1373).
33Die Regelung entspricht den Vorgaben des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96 EWG, nach denen dem Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss mindestens die in Anhang Buchstabe A aufgeführten Angaben mitzuteilen sind. § 5a VVG a.F. verlangt die Übergabe einer Verbraucherinformation gemäß § 10a VAG; diese entspricht den in Anhang Buchstabe A beschriebenen Angaben. Darüber hinaus ergibt sich aus der rechtlichen Konstruktion des § 5a VVG a.F., dass diese Angaben dem Versicherungsnehmer bereits vor Vertragsschluss zugehen, da der Vertrag bis zum Ablauf der 14-tägigen Widerspruchsfrist schwebend unwirksam bleibt. Diese rechtliche Konstruktion gewährleistet, dass die vertragliche Bindung des Versicherungsnehmers erst nach der gebotenen Verbraucherinformation eintritt (vgl. OLG Hamm aaO m.w.N.). Darüber hinaus wird hierdurch den Erwägungsgründen 20 und 23 der Richtlinie 92/96 EWG Genüge getan. Hiernach soll der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt werden, einen seinen Bedürfnissen entsprechenden Vertrag auszuwählen. Soweit er nach Erhalt der vorgeschriebenen Informationen zu der Erkenntnis gelangt, dass der beantragte Vertrag doch nicht seinen Bedürfnissen entspricht, so kann er das Wirksamwerden dieses Vertrages durch Ausübung seines Widerspruchsrechts verhindern.
34Die Einwendung des Klägers, diese Ansicht verkenne, dass der Versicherungsnehmer seine Auswahlentscheidung bereits getroffen habe und sich von dieser nicht mehr lösen werde (Bl. 7), führt zu keiner anderen Bewertung. Anhaltspunkte, die für diese Vermutung sprechen, werden bereits nicht vorgetragen, noch sind sie in dieser Ausschließlichkeit einzig aus dem Umstand ersichtlich, dass dem Versicherungsnehmer die notwendigen Informationen und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen erst nach Antragstellung zugehen.
35§ 5a VVG a.F. verstößt des Weiteren nicht gegen die Richtlinie 93/13/ EWG über missbräuchliche Klauseln, die insbesondere vorschreibt, dass der Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit haben muss, Kenntnis von allen Vertragsklauseln zu nehmen. Dies ist durch das Policenmodell hinreichend berücksichtigt, da der Versicherungsnehmer während der laufenden Widerspruchsfrist in die Lage versetzt wird, sämtliche Klauseln zu prüfen und gegebenenfalls von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Vor einer Überrumpelung, wie sie genannte Richtlinie vermeiden will, ist er demgemäß ausreichend geschützt.
36Unabhängig hiervon können genannte Richtlinien und die Richtlinie 92/49 EWG (Dritte Schadensversicherungsrichtlinie) nicht im Rahmen einer Auslegung dahingehend berücksichtigt werden, dass der Begriff „vor Vertragsschluss“ enger auszulegen wäre, als der in § 5a VVG Abs. 1 S. 1 VVG a.F. beschriebene. Voraussetzung für eine solche richtlinienkonforme Auslegung wäre, wenn sich eine offene oder wenigstens verdeckte Regelungslücke ergäbe (vgl. BGH NJW 2009, 427 m.w.N.), die sich bereits daraus ergeben kann, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausdrücklich seine Absicht bekundet hat, eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen, dieses Ziel aber verfehlt hat (vgl. OLG Stuttgart, aaO).
37Es ist davon auszugehen, dass in den genannten Richtlinienbestimmungen den Mitgliedsstaaten keine Vorgaben für die Regelung des Versicherungsvertragsrechts gemacht werden, sondern Vorgaben zur Versicherungsaufsicht erfolgen sollten. Entsprechende Erwägungsgründe ergeben sich in Nrn. 5 und 19 zu Artikel 31 und Anhang II. A der Richtlinie 92/96 EWG. In Erstgenanntem wird explizit darauf abgestellt, dass zu einer Harmonisierung der Aufsichtssysteme gelangt werden solle. In Zweitgenanntem wird darüber hinaus klargestellt, dass die den Mitgliedstaaten gelassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer darstellen (ebenso OLG Köln Beschluss vom 05.02.2010 Az: 20 U 150/09; OLG Stuttgart, aaO). Diesen Vorgaben hat der Gesetzgeber hinreichend durch § 10a VAG a.F. Genüge getan.
38Nichts anderes ergibt sich aus den Artt. 31 Abs. 1, 43 Abs. der Richtlinie 92/49/EWG. Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie in Verbindung Artikel 2 der Richtlinie 72/239 EWB findet sie auf Lebensversicherungen keine Anwendung.
39Im Übrigen hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss vom 28.03.2012 (IV ZR 76/11) lediglich Zweifel an der Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2 S.4 VVG a.F. zur Grundlage seiner Vorlage gemäß Art. 267 AEUV gemacht, nicht aber § 5 Abs. 1 S. 1 (vgl. hierzu Brand, VersR 2013, 1)
402.
41Der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien ist allerdings nicht bereits durch den Ablauf der Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. wirksam geworden. Die nach § 5a Abs. S. 1 VVG a.F. vorgeschriebene Belehrung ist nicht ordnungsgemäß erfolgt. Bei der bis zum 31.07.2001 gültigen Fassung genannter Norm bestand das Erfordernis, dass der Widerspruch in Schriftform erfolgen muss. Die in § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht schließt nach dem Sinnzusammenhang mit Abs. 1 S. 1 eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform ein (vgl. BGH NJW-RR 2004, 751). Hierauf weist die Belehrung in dem Annahmeschreiben der Beklagten vom 10.04.1995 nicht hin; der Verweis darauf, dass der Widerspruch abgesendet werden muss, ist nicht ausreichend. Voraussetzung ist für die Schriftform nicht die Unterschrift des Versicherungsnehmers, sondern das Vorliegen der Erklärung in verkörperter Form. Demgemäß reicht ein Widerspruch etwa per E-Mail nicht aus (vgl. OLG Braunschweig, WM 2000, 814). Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Verbreitung des Internets und damit die Nutzung von E-Mailkonten im streitgegenständlichen Zeitpunkt im Jahr 1995 weitaus weniger verbreitet als heutzutage war. Allein daraus, dass es weniger wahrscheinlich ist, dass der Versicherungsnehmer bereits zu diesem Zeitpunkt über einen Internetzugang verfügte, kann aber nicht geschlussfolgert werden, dass ein möglicher Irrtum auf dessen Seiten, denen eine hinreichend klare Widerspruchbelehrung gerade vorbeugen will, nicht auftreten kann. Darüber hinaus bräuchte es der expliziten Beschreibung der Schriftlichkeit nicht, wenn sich diese bereits aus dem Begriff der Absendung ergäbe (vgl. OLG Braunschweig, aaO). Eine Auslegung einer nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Belehrung über die formellen Anforderungen des Widerspruchs in eine konkludente Abbedingung des Schriftformerfordernisses gemäß § 15 A VVG a.F. zugunsten des Versicherungsnehmer ist nicht möglich und stünde, ohne dass weiterer Hinweis erfolgt, im diametralen Gegensatz zur von § 5a VVG a.F. bezweckten Informationsfunktion.
423.
43Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag ist jedoch gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 VVG a.F. wirksam geworden, da das Widerspruchsrecht des Klägers ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen ist. Der erstmals erklärte Widerspruch am 22.10.2009 war demgemäß verfristet.
44Auch bezüglich § 5 Abs. 2 S. 4 VVG a.F. ist davon auszugehen, dass aus oben erörterten Gründen ein Verstoß gegen europäisches Recht nicht vorliegt, da die fraglichen, oben erörterten, Richtlinien den Mitgliedsstaaten keine Vorgaben für das Versicherungsvertragsrecht machen, sondern die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht bezwecken (vgl. OLG Köln Urteil vom 25.11.2013 Az: 20 U 126/11).
45Soweit man dem, insbesondere vor dem Hintergrund der Vorlage des BGH zur Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2 S.. 4 VVG a.F. an den EuGH und der Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.07.2013 im diesbezüglichen Verfahren C-290/12 nicht folgt, ergibt sich kein anderes Ergebnis.
46Es kann nämlich dahinstehen ob genannte Norm europarechtswidrig ist, da selbst wenn dies der Fall wäre, sie im Streitfall anzuwenden wäre. Die Kammer folgt insoweit der zutreffenden obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG München, Urteil vom 10.10.2013, Az: 14 U 1804/13; Urteil vom 26.06.2013, Az: 14 U 103/13; OLG Celle Urteil vom 02.02.2012, Az: 8 U 125/11).
47Eine horizontale Drittwirkung von Richtlinien im Verhältnis zwischen Privaten scheidet gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV aus (vgl. etwa EuGH Urteil vom 14.07.1994, NJW 1994, 2473).
48Die mitgliedsstaatlichen Gerichte sind nach dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs. 3 AEUV jedoch verpflichtet, „unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Anwendungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt“ (EuGH, Urteil vom 04.07.2006, RS. C – 212/04, NJW 2006, 2465). Die Grenzen hiervon ergeben sich allerdings aus dem nationalen Recht. Demgemäß kann auch eine richtlinienkonforme Auslegung nicht contra legem erfolgen. (vgl. EuGH aaO; BVerfG, NJW 2012 669). Grenze der Auslegung ist im deutschen Recht ein entgegenstehender eindeutiger Wortlaut der Norm (vgl. BGH NJW 2012, 1073). Hiernach kann keine richtlinienkonforme Auslegung von § 5a VVG a.F. erfolgen, da insoweit der Wortlaut sowohl bezüglich des Policenmodells als auch dem Wegfall des Widerspruchsrechts nach Ablauf eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie eindeutig ist.
49Auch eine wortlautübersteigernde Rechtsfortbildung (vgl. hierzu BGH NJW 2009, 427; NJW 2012, 1073) kommt vorliegend nicht in Betracht. Selbst wenn man annähme, dass sowohl das Policenmodell, als auch die Fristenregelung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. europarechtswidrig wären, sich also aus oben beschriebenen Richtlinien, insbesondere aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 90/619/EWG, oder der Heininger Rechtsprechung des EuGH (NJW 2002, 281), die auf der Richtlinie 85/577/EWG beruht, ein ewiges Widerspruchsrecht ergäbe, so könnte § 5a VVG a.F. dennoch nicht im Rahmen der Rechtsfortbildung in diesem Sinne angewendet werden. Die Regelung wäre dann ihres Anwendungsbereichs beraubt. Dieser Widerspruch gegen die gesetzgeberische Entscheidung liegt jenseits der Grenzen einer zulässigen Rechtsfortbildung (vgl. OLG München aaO). Demgemäß könnte einer so gewollten Regelung nur durch den Gesetzgeber, nicht aber durch die Gerichte entsprochen werden.
50Nach alledem ist die Regelung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. auch vorliegend anzuwenden; der vom Kläger erklärte Widerspruch war verfristet und hat nicht zum Wegfall des Vertrages geführt.
514.
52Eine Unwirksamkeit des gesamten Vertrages ergibt sich nicht aus der Unwirksamkeit einzelner Klauseln der Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
53Die Klausel der § 3 Abs. 1 und 19 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, sind wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 BGB materiell unwirksam (BGH NJW 2012, 3023). Denn das Zillmerverfahren hat wirtschaftlich zur Folge, dass in der Anfangszeit der Versicherung kein Rückkaufswert und keine beitragsfreie Versicherungssumme vorhanden sind. Hierdurch wird das Recht des Versicherungsnehmers auf die Versicherungssumme unzulässig beeinträchtigt (BGH aaO). Eine kapitalbildende Lebensversicherung dient nicht nur der Absicherung des Todesfallrisikos, sondern auch der Kapitalanlage und Bildung von Vermögenswerten in Form der Ablaufleistung, des Rückkaufswerts und der prämienfreien Versicherungssumme. Dieses Vertragsziel darf auch im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht vereitelt werden (BGH NJW aaO).
54Die Unwirksamkeit der Klauseln hat jedoch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Versicherungsvertrages zur Folge. Vielmehr ist der Vertrag im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehen auszulegen, dass der Mindestrückkaufswert die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals betragen muss (vgl. BGH Urteil vom 12.10.2005, Az: IV ZR 245/03; BGH NJW 2012, 3023). Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof explizit auf die fondsgebundene Lebensversicherung erstreckt, mit der Maßgabe, dass es hierbei auf die Hälfte des ungezillmerten Fondsguthabens ankommt (vgl. BGH NJW-RR 2008, 187)
555.
56Der Kläger konnte den Versicherungsvertrag auch nicht gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB wirksam widerrufen. Auf die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Maßgeblich ist vielmehr das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung. Bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Vertrag handelt es sich zwar um ein Dauerschuldverhältnis, auf das gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist. Das gilt aber nicht für das Widerrufsrecht im Sinne von §§ 495 Abs. 1, 355 BGB. Das folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 229 § 9 EGBGB. Danach sind die vorzitierten Bestimmungen auf Dauerschuldverhältnisse nur anzuwenden, wenn diese nach dem 1. November 2002 entstanden sind. Es handelt sich insoweit um eine Spezialregelung im Verhältnis zu Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung, wonach die inhaltlichen Änderungen für Verbraucherverträge auf vor Inkrafttreten des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes entstandene Schuldverhältnisse keine Anwendung finden sollen (vgl. BT-Drucks. 14/9266 S. 50). Anderenfalls würde dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zugesprochen, das er nach der alten Rechtslage nicht hatte. Neue Widerrufsrechte sollten indes durch das Überleitungsrecht nicht geschaffen werden und sind mit der insoweit eindeutigen Regelung in Art. 229 § 9 EGBGB nicht vereinbar (vgl. BGH VersR 2007, 503; OLG Celle, Urteil vom 02.02.2012, Az: 8 U 125/11).
576.
58Auch ein etwaiges Anfechtungsrecht gemäß § 119 BGB liegt nicht vor. Inwieweit der Kläger einem Irrtum unterlegen sein will, ist nicht vorgetragen. Unabhängig hiervon wird genanntes Anfechtungsrecht durch die insoweit vorrangige Regelung eines Widerspruchsrechts nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. verdrängt (vgl. OLG des Landes-Sachsen Anhalt, Urteil vom 14.02.2013, Az: 4 U 63/12).
59II.
60Der Klägerin steht auch, kein Schadensersatzanspruch aus §§ 311 Abs. 1, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 282, 241 BGB zu.
61Eine Schadensersatz begründende Beratungspflichtverletzung der Beklagten liegt insoweit nicht vor. Die gebotene Aufklärung über die Folgen einer vorzeitigen Vertragsauflösung und die Verwendung der Prämien zur Deckung von Abschluss -und Verwaltungskosten in den ersten Jahren mit entsprechenden finanziellen Nachteilen im Falle frühzeitiger Vertragsbeendigung erfolgt über die schriftliche Verbraucherinformation nach § 10a VAG. Die Folgen ihres Fehlens bei Antragstellung ergeben sich (allein) aus § 5a VVG a. F., durch die der Versicherungsnehmer in solchen Fällen hinreichend geschützt ist, so dass daneben kein Raum für Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss gegeben ist Eine Beratungspflicht kommt allenfalls dann in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zusätzlicher Beratungsbedarf besteht. Dieser ist vorliegend jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich (vgl. OLG Hamm Beschluss v. 24.8. 2011 Az: 20 U 50/11)
62III.
63Der hilfsweise im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nur hinsichtlich des von der Beklagten nicht bestrittenen Stornoabzugs begründet.
641.
65Hinsichtlich des zum Zeitpunkt der Kündigung am 01.11.2009 vorhandenen Deckungskapitals ohne Verrechnung von Abschlusskosten sowie den ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären, besteht kein Auskunftsanspruch des Klägers. Es ist auszuschließen, dass der Kläger noch die Zahlung eines Mindestrückkaufswertes verlangen kann. Für den Fall, dass kein Hauptanspruch zu erwarten ist, kann es auch keine, auf Auskunft und zugehörigen Nachweis gerichtete, Hilfsansprüche zu seiner Geltendmachung geben (vgl. OLG Köln Beschluss vom 25.06.2010 Az: 20 U 199/09; Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Auflage, § 259 Rn. 7)
66Die Kammer folgt auch bezüglich der Frage inwieweit Abschlusskosten bei Berechnung des Rückkaufswertes berücksichtigt werden können, den zutreffenden Ausführungen des OLG München (Urteil vom 10.10.2013 Az: 14 U 1804/13).
67Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2012, 3023; Urteil vom 26.06.2013 Az: IV 39/10) ergibt sich nicht, dass die Abschlusskosten nicht dem Versicherungsnehmer auferlegt werden dürfen. Es ergibt sich lediglich, dass durch den Abzug der Abschlusskosten der mindestens auszuzahlende Betrag nicht unterschritten werden darf. Dieser setzt sich zusammen aus dem ungezezillmerten Deckungskapital abzüglich der laufenden Verwaltungskosten und des Risikoanteils der Lebensversicherung (vgl. BVerfG NJW 2006, 1783; BGH VersR 2005, 1565). Dieser Betrag ist vorliegend nicht unterschritten worden, da unstreitig weit mehr als 50 Prozent der geleisteten Prämien ausgezahlt wurde. Es ist demgemäß ein Betrag ausgezahlt worden, der über dem auszuzahlenden Mindestwert liegt, da von dem ungezillmerten Deckungskapital erörterte Beträge für die Risikoanteile und laufenden Verwaltungskosten abzuziehen sind. Der auszuzahlende Rückkaufswert ist deshalb in jedem Fall geringer als die Hälfte der gezahlten Prämien (BverfG aaO; BGH aaO).
68Genannte Rechtsprechung ist dahingehend zu verstehen, dass der wie erörtert erechnete Betrag, den Mindestanspruch darstellt, den der Versicherer bei der Auszahlung nicht unterschreiten darf. Ein Anspruch des Versicherungsnehmers bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrages auf mehr als den Mindestbetrag besteht nicht, soweit dieser – wie vorliegend – ausgezahlt worden ist.
69Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung eines höheren Rückkaufswertes. Demgemäß kommt es auf die Frage der Höhe der abgezogenen Abschlusskosten nicht an; diesbezügliche Auskunftsansprüche bestehen nicht.
702.
71Der Auskunftsanspruch hinsichtlich der Stornokosten ist begründet.
72§ 6 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen unterscheidet zwar hinreichend zwischen dem Rückkaufswert (§ 176 Abs. 3 VVG a.F.) und einem zu vereinbarenden Stornoabzug (§ 176 Abs. 4 VVG a.F.), die Unwirksamkeit der Klausel ergibt sich jedoch aus der Unwirksamkeit der Zillmerabrede in §§ 3 Abs. 1 19 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, da sich diese unmittelbar auf die Stornoabzugsklausel auswirkt (vgl. BGH NJW 2012, 3023; OLG Köln Urteil vom 30.11.2012 Az: 20 U 149/12). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt hierbei nicht in Betracht, da insoweit eine gesetzliche Regelung besteht. Stornoabzüge können gemäß § 176 Abs. 4 VVG a.F. nur erfolgen, wenn sie vereinbart sind. Ist diese Vereinbarung unwirksam, ergibt sich die Folge hieraus unmittelbar aus dem Gesetz; die Stornoabrede entfällt (vgl. BGH NJW-RR 2013, 228 m.w.N.). Ein Zahlungsanspruch des Klägers ist weiterhin nicht deshalb ausgeschlossen, weil der ausgezahlte Rückkaufswert den garantierten Mindestbetrag erreicht, da der Rückzahlungsanspruch unabhängig von diesem ist (vgl. BGH aaO).
73IV.
74Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
75V.
76Eine Vorlagepflicht des Gerichts an den EuGH besteht nicht. Eine solche würde gemäß Art. 267 Abs. 3 AUEV voraussetzen, dass die getroffene Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann. Dies ist offensichtlich bei einer erstinstanzlichen Entscheidung nicht der Fall.
77VII.
78Der Streitwert wird auf 12.257 € festgesetzt.
79Für den Hauptantrag in Höhe von 9.257 €, für den Hilfsantrag in Höhe von 3.000 €.
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(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.
(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.
(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.
(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.
(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.
(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.