Landgericht Saarbrücken Beschluss, 06. Dez. 2010 - 5 T 514/10

published on 06/12/2010 00:00
Landgericht Saarbrücken Beschluss, 06. Dez. 2010 - 5 T 514/10
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Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken – Zentrales Bereitschaftsgericht für das Saarland – vom 31.10.2010 – ZBG-AR 1645/10 – wird aufgehoben.

Gründe

A.

Der Betroffene ist afghanischer Staatsangehöriger, der am 30.10.2010 in dem ICE Paris – Frankfurt/Main ohne Reisepass und Visum nach Deutschland eingereist ist.

Das Amtsgericht Saarbrücken – Zentrales Bereitschaftsgericht für das Saarland – hat nach vorheriger persönlicher Anhörung des Betroffenen auf Antrag der Bundespolizeidirektion Koblenz, vertreten durch die Bundespolizeiinspektion Bexbach, durch Beschluss vom 31.10.2010 angeordnet, dass der Betroffene bis zum 29.01.2011 in Zurückschiebungshaft zu nehmen ist.

Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Betroffene sei gemäß § 14 Aufenthaltsgesetz unerlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig.

Es bestehe der Zurückschiebungshaftgrund der §§ 57 Abs. 3 in Verbindung mit 62 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz.

Die beantragte Freiheitsentziehung sei zur Sicherung der Zurückschiebung erforderlich, weil der Betroffene ohne Vollzug der Haft im Bundesgebiet untertauchen würde.

Der Betroffene habe diese Absicht durch den verbotenen Grenzübertritt schlüssig kund getan.

Die Haft sei damit das einzige geeignete Mittel, um sicher zu stellen, dass der Betroffene außer Landes gebracht werden könne.

Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene am 25. November 2010 Beschwerde eingelegt, mit der er geltend macht, er habe durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg Asyl beantragt.

Der Betroffene beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 31.10.2010

aufzuheben.

Die Zentrale Ausländerbehörde des Saarlandes beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Beschwerdeführer sei unerlaubt nach Deutschland eingereist. Deshalb sei der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz gegeben. Ebenso liege bei dem Beschwerdeführer der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz vor.

In dem Haftantrag sei ausgeführt, dass die Freiheitsentziehung erforderlich sei, weil der Beschwerdeführer ohne Vollzug der Haft untertauchen werde. Dies führe auch das Amtsgericht Saarbrücken in seinem Beschluss vom 31.10.2010 aus.

Der Beschwerdeführer habe bereits in Ungarn um Asyl nachgesucht.

Da er Ungarn unerlaubt verlassen habe, sei zu befürchten, dass er ein ähnliches Verhalten auch in Deutschland zeigen werde, sobald feststehe, dass er hier kein Bleiberecht erhalte.

Die für den 01.12.2010 vorgesehene Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn sei im Hinblick auf den Asylantrag vom 24.11.2010 unterblieben.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

B.

Die gemäß §§ 106 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz, 58, 59 FamFG zulässige Beschwerde des Betroffenen ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken.

1.

Der Aufenthalt des Betroffenen in Deutschland ist aufgrund seines Asylantrages vom 24.11.2010 gestattet (vgl. §§ 55 Abs. 1 S. 3, 26 a Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 2, 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 Asylverfahrensgesetz), so dass die gegen ihn verhängte Abschiebungshaft nicht aufrecht erhalten werden darf.

2.

Der Betroffene ist von Frankreich aus, einem sicheren Drittstaat im Sinne des § 26 a Asylverfahrensgesetz nach Deutschland eingereist. Deshalb hat er die Aufenthaltsgestattung gem. § 55 Abs. 1 S. 3 Asylverfahrensgesetz erst durch seinen förmlich gestellten Asylantrag erworben. Der Asylantrag ist am 24.11.2010 bei dem gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 Asylverfahrensgesetz zuständigen Bundesamt aus der Haft heraus gestellt worden.

3.

Der Asylantrag ist innerhalb der gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 Asylverfahrensgesetz maßgeblichen Monatsfrist gestellt worden. Der Betroffene ist am 30.10.2010 nach Deutschland eingereist. Die Antragstellung erfolgte am 24.11.2010.

Die Anordnung der Sicherungshaft ist – entgegen der Auffassung der Ausländerbehörde – nur nach § 62 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz, nicht jedoch nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz erfolgt.

In dem Beschluss vom 31.10.2010 ist ausgeführt, dass der Zurückschiebungshaftgrund der §§ 57 Abs. 3 i.V.m. 62 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz besteht, weil der Betroffene unerlaubt eingereist und deshalb vollziehbar ausreisepflichtig ist. Die Vorschrift des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz wird in dem Beschluss des Amtsgerichts nicht zitiert. Die Begründung des Beschlusses im Übrigen rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Amtsgericht die Freiheitsentziehung auch auf den Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz stützen wollte. Die Ausführungen des Amtsgerichts, die beantragte Freiheitsentziehung sei zur Sicherung der Zurückschiebung erforderlich, weil der Betroffene ohne Vollzug der Haft im Bundesgebiet untertauchen werde und diese Absicht durch den verbotenen Grenzübertritt schlüssig kundgetan habe, reicht dazu nicht aus. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der verbotene Grenzübertritt allein nicht den gemäß § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz erforderlichen Verdacht begründet, dass sich der betroffene Ausländer der Abschiebung entziehen will. Die erforderliche Absicht des betroffenen Ausländers, die Abschiebung zu verhindern oder ihr sonst zu entgehen, könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn der Betroffene mit einem gefälschten Pass eingereist wäre (vgl. dazu BayOblG NVwZ 1993, 811; OLG Stuttgart, NVwZ-Beil. 1995, 80; Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 62 Aufenthaltsgesetz Rdnr. 18) oder wenn sich der Wille des Betroffenen, sich der Abschiebung zu entziehen, aus einer Gesamtschau aller Umstände ergeben würde (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.10.2009, Az 34 Wx 64/09, zitiert nach juris Rdnr. 14; OLG München, OLG R München 2009, 672, zitiert nach juris, Rdnr. 12).

Derartige Erwägungen hat das Amtsgericht jedoch nicht angestellt. Seine Ausführung, die beantragte Freiheitsentziehung sei zur Sicherung der Zurückschiebung erforderlich, weil der Betroffene ohne Vollzug der Haft im Bundesgebiet untertauchen würde, lassen sich nicht auf § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz beziehen. Sie sind allenfalls dazu geeignet, die Erforderlichkeit der Haftanordnung als solche zu begründen.

4.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann auch nicht nachträglich fingiert werden, dass zum Zeitpunkt der Haftanordnung durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 30.10.2010 auch der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz vorgelegen hat (vgl. dazu OLG München, OLG R München 2009, 24 – 25, zitiert nach juris Rdnr. 16; OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.04.2009 – Az 20 W 129/09 ( www.asyl.net ). Dies widerspräche dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 Asylverfahrensgesetz. Danach kommt es für die Frage der Aufrechterhaltung der Sicherungshaft darauf an, ob die Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet worden ist. Nicht maßgeblich ist dagegen, ob sie auch nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Aufenthaltsgesetz hätte angeordnet werden können. Das Gebot der Rechtssicherheit verbietet eine extensive Auslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus.

5.

Somit ist Abschiebungshaft sei dem Eingang des Asylantrages des Betroffenen beim Bundesamt am 24. November 2010 ungerechtfertigt.

Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts war deshalb aufzuheben.

6.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 81, 430 FamFG nicht veranlasst, da die weitere Vollziehung der Abschiebungshaft erst aufgrund des aus der Haft heraus gestellten Asylantrages des Betroffenen unzulässig geworden ist.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen
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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen
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published on 01/03/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 183/11 vom 1. März 2012 in der Zurückschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AsylVfG § 14 Abs. 3 Satz 1, § 55 Abs. 1 Satz 1 a) Mit der förmlichen Asylantragstellung entsteht di
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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.