Tenor
Die Beschwerde des ehemaligen Betreuers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24.08.2015 - Az.: 10 XVII (E) 257/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Der Betroffene, für den seit dem 15.04.2008 wegen eines ausgeprägten körperlichen und psychischen Abbausyndroms bei jahrelangem Alkoholabusus (Verdacht auf Korsakow-Syndrom) eine Betreuung angeordnet ist, leidet an einem fortgeschrittenen Grauen Star und Grünen Star.
Er lehnt seit November 2008 eine Augenoperation zur Regulierung seines Augeninnendrucks wegen des Grünen Stars ab.
Das Amtsgericht Saarbrücken - Betreuungsgericht - hat durch Beschluss vom 20.11.2008 seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zwecks stationärer Behandlung des Augenleidens durch regelmäßiges Applizieren von Augentropfen für die Dauer von sechs Wochen angeordnet und durch weiteren Beschluss vom 18.03.2011 ebenfalls eine 6-wöchige Unterbringung des Betroffenen zu dieser Behandlung genehmigt.
Ein von dem Betreuungsgericht eingeholtes augenärztliches Gutachten vom 15.12.2014 hat ergeben, dass bei dem Betroffenen ein fortgeschrittenes Glaukom (Grüner Star) mit chronisch erhöhtem Augeninnendruck vorliegt.
Bei regelmäßiger Augentropfenapplikation kann eine Normalisierung des Augeninnendrucks erreicht werden. Nur dadurch kann eine operative Behandlung zur Vermeidung der Erblindung des Betroffenen vermieden werden.
Der ehemalige, zwischenzeitlich entlassene Betreuer des Betroffenen, sein Bruder, hat durch Schreiben vom 16.05.2015 bei dem Betreuungsgericht die Genehmigung einer Operation beantragt, um das Erblinden des Betroffenen zu verhindern.
Das Betreuungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 24.08.2015 die Genehmigung verweigert und ausgeführt, hinsichtlich des Grauen Stars liege kein drohender erheblicher Gesundheitsschaden im Sinne des § 1906 Abs. 3 Nr. 3 BGB vor, da die drohende Erblindung durch das jederzeit mögliche Einsetzen von Kunstimplantaten reversibel sei.
Dagegen sei die Erblindung auf Grund des Grünen Stars nicht reversibel, jedoch sei die regelmäßige Verabreichung von Augentropfen ausreichend, um den Augeninnendruck auf einen Normalwert zu senken.
Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.07.2015 (Az.: XII ZB 89/15) könne eine ärztliche Zwangsbehandlung nur dann gerichtlich genehmigt werden, wenn neben der Notwendigkeit der medizinischen Maßnahme auch die Voraussetzungen einer freiheitsentziehenden Unterbringung des Betroffenen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlägen. Dies setze voraus, dass sich der Betroffene der medizinischen Zwangsmaßnahme durch Weglaufen räumlich entziehe.
Die Voraussetzungen der Zwangsunterbringung des Betroffenen seien weder ersichtlich, noch vorgetragen.
Gegen diesen am 29.08.2015 zugestellten Beschluss hat der ehemalige, sich damals noch im Amt befindliche Betreuer des Betroffenen durch Schreiben vom 16.09.2015 Beschwerde eingelegt.
Er führt aus, das Seniorenheim, in dem sich sein Bruder befinde, lehne es ab, ihm die erforderlichen Augentropfen zu verabreichen, weil sich der Betroffene dagegen mit Händen und Füßen wehre. Die Augentropfen müssten dreimal am Tag verabreicht werden.
Das Betreuungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die neue Betreuerin des Betroffenen hat auf die Anfrage der erkennenden Beschwerdekammer mitgeteilt, der Betroffene könne gehen, sie schließe nicht aus, dass er versuchen würde, aus dem Krankenhaus wegzulaufen, um einer Augen-OP zu entgehen.
Er lehne Hilfe ab und wehre sich gegen jegliche Art der Behandlung.
Der von der erkennenden Kammer eingesetzte Verfahrenspfleger des Betroffenen hat durch Schriftsatz vom 24.11.2015 mitgeteilt, er habe den Betroffenen am 24.11.2015 in dem Altenheim aufgesucht und ihm in Gegenwart einer Mitarbeiterin des Heimes erklärt, er werde erblinden, wenn er sich die Tropfen nicht verabreichen lasse. Auf seine Bitte habe sich der Betroffene schließlich die Tropfen geben lassen.
Nach der Auffassung des Verfahrenspflegers sei es durchaus möglich, den Betroffenen zur Duldung der Tropfen zu bewegen. Hierzu sei allerdings ein gewisser Zeitaufwand notwendig, da dem Betroffenen jedes Mal erklärt werden müsse, dass er die Tropfen nehmen müsse, andernfalls werde er erblinden.
Der Verfahrenspfleger lehnt einen zwangsweisen operativen Eingriff ab, zumal eine Operation unter Vollnarkose weitere Risiken mit sich bringe.
B.
Die gemäß §§ 303 Abs. 4, 58 ff FamFG zulässige Beschwerde des ehemaligen Betreuers ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
Das Betreuungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die beantragte Genehmigung der Zwangsmedikation des Betroffenen in Form einer Augenoperation gegen den Grünen Star nicht erfüllt sind.
Es kann für diese Entscheidung dahinstehen, ob die von dem Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 01.07.2015 (Az.: XII ZB 89/15) geforderten Voraussetzungen für die nach Ansicht des BGH neben der Genehmigung der Zwangsmedikation zwingend erforderliche Zwangsunterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfüllt sind. Dies ist deshalb nicht auszuschließen, weil - anders als in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - der Betroffene in der Lage wäre, sich der medizinischen Behandlung räumlich zu entziehen (vgl. dazu BGH, a.a.O., zitiert nach juris, Rdnr. 5).
Jedenfalls sind die Voraussetzungen für die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine zwangsweise erfolgende Augenoperation des Betroffenen deshalb nicht erfüllt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass bislang mit der notwendigen Sorgfalt und Intensität versucht worden ist, den Betreuten von der Notwendigkeit der Verabreichung der zur Behandlung des Grünen Stars erforderlichen Augentropfen zu überzeugen.
Bei der Genehmigung einer medizinischen Zwangsmedikation hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine überragende Bedeutung. Dies wird daran deutlich, dass mit § 1906 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch den Gesetzgeber die Überzeugung des Betroffenen vor die Ausübung des Zwangs gestellt worden ist. Deshalb ist zu fordern, dass der ernsthafte Versuch unternommen wird, den Betroffenen von der Notwendigkeit einer ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen. Dieser Versuch muss ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks durch eine überzeugungsfähige und überzeugungsbereite Person unternommen worden sein (vgl. BGH, Beschluss vom 04.06.2014 - Az.: XII ZB 121/14 -, juris, Rdnr. 15; BGH, Beschluss vom 30.07.2014 - Az.: XII ZB 169/14 -, juris, Rdnr. 15). Dieser ernsthafte Überzeugungsversuch ist nicht nur hinsichtlich der vorliegend verfahrensgegenständlichen Augenoperation zu fordern, sondern auch und erst recht für die Verabreichung der Augentropfen, die die Augenoperation zur Behandlung des Glaukoms entbehrlich macht.
Diesbezüglich hat das Vorgehen des Verfahrenspflegers, wie er es in seinem Schriftsatz vom 24.11.2015 schildert, gezeigt, dass bislang nicht die notwendigen Anstrengungen für einen ernsthaften Überzeugungsversuch gemacht worden sind. Der Verfahrenspfleger hat bei seinem Besuch am 24.11.2015 dem Betroffenen erklärt, er werde erblinden, wenn er sich die Tropfen nicht verabreichen lasse. Daraufhin hat der Betroffene auf die Bitte des Verfahrenspflegers der Verabreichung der Augentropfen zugestimmt.
Daran wird deutlich, dass es auch den Beschäftigten des Alten- und Pflegeheimes gelingen wird, die Zustimmung des Betroffenen zur Verabreichung der Augentropfen zu erhalten, wenn sie sich die erforderliche Zeit nehmen und sich die Mühe machen, dem Betroffenen die Folgen seiner Verweigerung vor Augen zu führen und wenn sie ihn um seine Zustimmung bitten.
Ein solches Gespräch, das lediglich den eigentlich selbstverständlich erscheinenden guten Willen und den notwendigen Zeitaufwand erfordert, ist vorrangig vor einer zwangsweisen Augenoperation.
Deshalb war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (vgl. dazu § 70 Abs. 2 FamFG) sind nicht erfüllt.